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Wat ts nog Romeins<br />
tn de stadsplannen ?<br />
Prof. Dr Edith Ennen<br />
Seitdem der grosse Wiener Historiker Alfons Dopsch in seinem 1918<br />
bis 1920 zuerst erschienenen Werk "Wirtschaftliche und soziale Grundlagen<br />
der europäisohen Kulturentwicklung von Cäsar bis auf Karl den<br />
Grossen" die Kulturkonstanz von der Römerzeit bis zum Mittelalter<br />
über die Germaneneinfälle hinweg behauptet hat, ist die Diskussion<br />
über diese Frage nicht verstummt. Dopsch hatte zu sehr ins Allgemeine<br />
gesprochen. Wir haben unterdessen gelernt, genauer hinzusehen, Mass<br />
und Bedeutung der beobachteten einzelnen Zusammenhänge richtig abzuwägen<br />
und vor allem die landschaftlichen Unterschiede in der Bewahrung<br />
des antiken Er bes zu berücksichtigen. War auoh die Erschütterung des<br />
Lebensgefüges der antiken W e1t-infolge der Völkerwanderung allgemein<br />
- das kann man ebensowenig leugnen, wie man heute noch an<br />
eine völlige Katastrophe glauben kann -<br />
so bildete sich doch ein grosser<br />
Unterschied heraus zwischen den Gebieten, deren Bevölkerung überwiegend<br />
romanisch blieb und denen, deren Bevölkerung überwiegend<br />
germanisch wurde. In Südeuropa, wo die Germanen nur eine kleine<br />
Minderheit darstellten, blieb die dort schon seit J ahrhunderten eingewurzelte<br />
Urbanität der Lebensformen, der städtischen Wohn- und Siedelweise<br />
vor allem, trotz eines allgemeinen kultureHen Nieveaurückgangs<br />
und trotz des Untergangs einzelner Städte und städtischer Einrichtungen<br />
erhalen. Im Raum zwischen Seine und Rhein wurde der gesamte Lebenszuschnitt<br />
ländlich, trotz des Ueberdauerns vieler Einzelelemente der<br />
römischen Zivilisation ~ von Anbaupflanzen wie der Rebe, Teehuiken<br />
im Gewerbe, Handelsbräuchen, Geldwesen -, auoh trotz des Ueberstehens<br />
städtischer Siedlungen. Das ganze Gebiet stellt eine Uebergangsund<br />
Mischzone dar zwischen dem romanisohen Erhaltungsgebiet im<br />
Süden und dem von römischer Stadtkultur nicht durchformten rechtsrheinischen<br />
Germanien. In dieser Uebergangszone erlitt die städtische<br />
Zivilisation der Römerzeit, die hier fast ein halbes J ahrtausend das<br />
Leben bestimmt hatte, eine tiefe Erschütterung aber doch keine völlige<br />
Auslöschung. Das antike Erbe wur.de - wenigstens in Einzeidementen<br />
und schwerpunktweise - bewahrt.<br />
Das Problem der Kulturkonstanz im Maasland, einem Teilgebiet jener<br />
grossen Uebergangszone, können wir hier nicht in voller Breite erörtern<br />
sondern nur exemplarisch an Hand einer besouders wichtigen Einzelfrage,<br />
der Kontinuität der Stadtsiedlungen. Die römisohe Zivilisation war<br />
eine eminent städtische Zivilisation; die Stadt war im römischen Rei eh<br />
das Organisationsprinzip des öffentliohen Lebens; das <strong>Land</strong> hatte in der<br />
klassisohen Zeit der römischen civitas keine politische Eigenbedeutung.<br />
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