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mnel'halb der alten eine zweite von nur 2 km Länge aufgeführt, die sich<br />
besser verteidigen liess. Sie umEchloss aber immer noch eine Fläche von<br />
25 ha - zum Vergleioh sei gesagt, dass der ca. 300 n. Chr. urn Paris<br />
eilig errichtete Mauerring knapp 10 ha einschloss. Aber auch dieses<br />
verkieinerte Tongem war von den geschwächten Kräften der Bevölkerung<br />
nicht mehr zu halten. Vermut1ich hat der fränkische Vorstoss von 388<br />
Tongern schon wieder sehr mitgenommen. Wie Münzfunde ausweisen,<br />
war der Ort noch bis zur Mitte des 5. Jhds. bewohnt; der endgültige<br />
Zusammenbruch des Römerreiches ~ 486 besiegte der Merowingerkönig<br />
Chlodwig den Römer Syagrius, der die Römerherrschaft im nordwest·<br />
lichen Gallien noch eine Zeitlang weitergeführt batte - liess Tongem<br />
als verlassenes von den Franken gemierlenes riesiges Trümmerfeld zu·<br />
rück. Tongerns späterstellte mittelalterliche Stadtmauern zeigen keine<br />
Anknüpfung an die römisohen, die antiken Baulichkeiten sind geschwunden<br />
und werden von den mittelalterlichen geschniUen. Also ein negativer<br />
Befund. -<br />
Wir dürfen ihn nicht verallgemeinern, beohachten wir doch schon im<br />
7. Jhd. das Hervortreten der Plätze an der mittleren Maas, triU uns<br />
Verdun an der oberen Maas sogar schon im 6. Jhd. als herleutender<br />
Fernhandelsplatz und Wohnsitz reicher Kaufleute entgegen. Das Aufsteigen<br />
der an der Maas gelegenen Orte in fränkischer Zeit und das<br />
Zurücktrelen der alten Römerstädte an der <strong>Land</strong>strasse Köln-Bavai<br />
Boulogne - von dem Genter Historiker Jean Dhondt jüngst eindrucksvoll<br />
herausgestellt - ist ein Anzeichen und eine Folge des Uebergewichts,<br />
das die Wasserwege im Fernverkehr der fränkischen Zeit über<br />
die in der Folge zugewachsenen Fernstrassen der Römer erhielten. Die<br />
genannten Orte an der Maas waren zudem eine Schiffstagereise voneinander<br />
entfernt, also natürliche Rastorte des Handels. Die überwiegendc<br />
Bedeutung der Flussstrassen beobachten wir ebenso an der Seine und an<br />
der Schelde. Auch der Strassenknotenpunkt Bavai ging in den Kämpfen<br />
des 4. Jhds. so gut wie unter und spielt als Stadt nie wieder eine Rolle;<br />
dafür kommt einige Kilometer entfernt Cambrai seit dem 4. Jhd. hoch;<br />
ähnlich liegt das Verhältnis zwischen Famars-Fanum Martis und Valencwnnes.<br />
Eine zwei te allgemeine F olgerung, die wir aus dem Bruch in der Siedlungsgeschichte<br />
Tongerns ziehen müssen, scheint mir die: die Grösse<br />
einer antiken civitas war dem Fortbestand der Siedlung in der fränkischen<br />
Zeit im W ege; mit einer riesigen steinernen Trümmerwüste konnten<br />
die fränkischen Bauernkrieger niohts anfangen; sie konnten sie nicht<br />
instandsetzen. Dagegen konnten sie eine kleine befestigte Siedlung, eine<br />
Burg, unterhalten und verteidigen. Die Burg war den Germanen bereits<br />
vertraut, als sie noch keine Städte besassen. Noch urn 1100 ist das Wort<br />
"Burg" im niederrheinischen Gebiet die deutschsprachige Bezeichnung<br />
für Stadt; erst nach 1100 kommt allmählich daneben das Wort "Stadt"<br />
auf; ·das der Dichter Heinrich von Veldeke in seinem " Servatius" bereits<br />
ausschliesslich verwendet.<br />
Nun endlich kann ich eine positive Antwort auf die mir gesteUte Frage<br />
geben: die kleinen burgartigen Römerorte an der mittlercn Maas konn-<br />
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