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DER LETZTE SCHLIFF - Angele

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WORKSHOP KLINGE ÄTZEN UND SCHÄRFEN<br />

<strong>DER</strong> <strong>LETZTE</strong><br />

<strong>SCHLIFF</strong><br />

In der letzten Ausgabe haben wir aus einem Stück<br />

Damaststahl eine Klinge für ein Steckangelmesser<br />

gefeilt. Jetzt wird die Klinge geätzt und fertig<br />

gemacht.<br />

Text & Fotos: Hans J. Wieland • Fachliche Unterstützung: Heinrich Schmidbauer<br />

74 MESSER MAGAZIN


Die letzte Workshop-Folge<br />

endete damit, dass wir die fertig<br />

gefeilte und geschliffene Klinge<br />

zum Härten geschickt haben.<br />

Wenn man das Härten selber<br />

übernehmen will, braucht man<br />

(vor allem bei modernen rostfreien<br />

Stahlsorten) einen exakt<br />

regelbaren Härteofen – eine Anschaffung,<br />

die sich nur bei häufigem<br />

Gebrauch lohnt. Einfacher<br />

und sicherer ist es, die<br />

Klinge einer professionellen<br />

Härterei zu überlassen, die eine<br />

fachgerechte Wärmebehandlung<br />

durchführt. Materialhändler wie<br />

Stefan Steigerwald bieten ebenfalls<br />

einen entsprechenden Service<br />

an und lassen Klingen im<br />

Kundenauftrag härten. Auch<br />

unsere Klinge aus rostfreiem<br />

Damasteel-Damast (wird auf 59<br />

Grad Rockwell C gehärtet) haben<br />

wir zu Stefan Steigerwald<br />

geschickt.<br />

Wenn die Klinge vom Härten<br />

zurückkommt, empfiehlt es<br />

sich, zunächst einmal zu prüfen,<br />

ob ein so genannter Härteverzug<br />

aufgetreten ist. Es kann passieren,<br />

dass sich eine Klinge durch<br />

die Wärmebehandlung verzieht.<br />

Bei Damasteel ist das zum<br />

Glück sehr selten der Fall, und<br />

auch unsere Klinge kam gerade<br />

wie eine Eins zurück. Schiefe<br />

Klingen müssen vor der weiteren<br />

Bearbeitung vorsichtig gerade<br />

gerichtet werden.<br />

Um das schöne Wellenmuster<br />

unseres Damaststahls (der in<br />

Schweden pulvermetallurgisch<br />

6 7<br />

1<br />

Ausgangspunkt: So kommt unsere Damasteel-Klinge<br />

aus der Härterei. Vom Damastmuster sieht man noch<br />

kaum etwas.<br />

3<br />

Heißes Bad: Die Klinge wird per Zange vorsichtig in die Säure gelegt,<br />

ohne Spritzer zu erzeugen. Die Säure soll leicht dampfen, darf aber<br />

nicht kochen. Wenn Sie schäumt, muss die Hitze reduziert werden.<br />

erzeugt wird) sichtbar zu machen,<br />

muss die Klinge geätzt<br />

werden. Dabei wird sie einer<br />

Säure ausgesetzt, die die weicheren<br />

Anteile des Stahls stärker<br />

angreift als die härteren. So<br />

wird das Muster an der Oberfläche<br />

herausgearbeitet.<br />

Wir verwenden eine 37-prozentige<br />

Schwefelsäure. Wir geben<br />

etwa 0,25 bis 0,5 Liter der<br />

Säure in einen Edelstahltopf und<br />

Klarspülen: Nach dem gründlichen Abspülen in klarem Wasser ist das Ätzmuster schön zu erkennen. Je länger<br />

die Klinge in der Säure bleibt, desto tiefer wird die Ätzung. Wer den richtigen Zeitpunkt übersieht, riskiert,<br />

dass die Klinge an den Rändern „ausfranst“ und die Oberfläche beschädigt wird.<br />

4<br />

WORKSHOP KLINGE ÄTZEN UND SCHÄRFEN<br />

erhitzen ihn auf einem Campingkocher.<br />

Die Menge ist abhängig<br />

von der Topfgröße. Der<br />

Topf sollte etwa zu einem Drittel<br />

gefüllt sein. Die Säure ist<br />

mehrfach verwendbar und kann<br />

nach der Anwendung wieder in<br />

die Flasche zurückgefüllt werden<br />

(mit Trichter und Gummihandschuhen!).<br />

Achtung: Das Ätzen muss<br />

unbedingt im Freien durchge-<br />

2<br />

Ätzlösung: Wir erhitzen 37-prozentige Schwefelsäure<br />

in einem Edelstahltopf auf dem Campingkocher (wie<br />

man auf dem Foto sieht, war es gerade Winter).<br />

5<br />

Kontrolle: Die Klinge wird mehrfach<br />

aus dem Topf genommen<br />

und der aktuelle Stand geprüft.<br />

führt werden, weil die Säure<br />

wirklich „ätzende“ Dämpfe produziert,<br />

die man auf keinen Fall<br />

einatmen sollte! Auch in gut<br />

gelüfteten Räumen drohen gesundheitliche<br />

Gefahren!<br />

Die optimale Temperatur der<br />

Säure liegt bei rund 60 Grad.<br />

Sie sollte leicht dampfen, aber<br />

auf keinen Fall kochen. Wenn<br />

die Säure die richtige Temperatur<br />

hat, legen Sie vorsichtig die<br />

Klinge hinein. Dabei sollte man<br />

sehr umsichtig vorgehen, um<br />

keine Spritzer zu produzieren.<br />

Da man direkten Hautkontakt zu<br />

Säure vermeiden sollte, empfiehlt<br />

es sich, eine Zange zu verwenden.<br />

Die Klinge muss je nach gewünschter<br />

Ätztiefe etwa 10 bis<br />

20 Minuten in der Säure verbleiben.<br />

Die Zeit ist auch abhängig<br />

vom Zustand und der Temperatur<br />

der Säure. Zwischendurch<br />

nimmt man die Klinge immer<br />

wieder heraus und kontrolliert<br />

den Stand. Wenn man sie zu lan-<br />

MESSER MAGAZIN 75


WORKSHOP KLINGE ÄTZEN UND SCHÄRFEN<br />

Grau ind Grau: Vor dem<br />

Schleifen ist die Oberfläche<br />

gleichmäßig grau gefärbt,<br />

erst durch das<br />

Finish entsteht der<br />

schöne Kontrast.<br />

8<br />

ge im Säurebad lässt, wird der<br />

Stahl zu stark angegriffen und<br />

beginnt, an den Rändern „auszufransen“,<br />

vor allem im Bereich<br />

der Schneide, wo das Material<br />

nur eine Stärke von 0,5 bis 1,0<br />

Millimetern aufweist.<br />

Wie stark man die Klinge<br />

ätzt, ist nicht zuletzt eine Frage<br />

des persönlichen Geschmacks.<br />

Wenn die gewünschte Ätztiefe<br />

erreicht ist, wird die Klinge im<br />

Wasserbad gründlich abgespült<br />

und anschließend abgetrocknet.<br />

Sie zeigt jetzt einen gleichmäßigen<br />

Grauton, in dem die Struktur<br />

des Stahls deutlich zu erkennen<br />

ist.<br />

Nun folgt der Schliff: Mit<br />

einem Schleifpapier der Körnung<br />

800 bis 1200 wird die<br />

Oberfläche der Klinge abgeschliffen.<br />

Wir verwenden als<br />

Schleifhilfe ein Vierkantholz,<br />

über das ein Streifen Schleifpapier<br />

gespannt wird. Das sorgt einerseits<br />

für eine gerade Auflagefläche,<br />

andererseits verhindert es<br />

13<br />

76 MESSER MAGAZIN<br />

9 10<br />

Finish: Die obere (harte) Schicht wird mit Schleifpapier<br />

und einer Schleifhilfe blank geschliffen.<br />

Verletzungen: Wer per Hand ohne<br />

Hilfe schleift, riskiert es, mit<br />

der Klingenspitze durch das<br />

Schleifpapier direkt in den Finger<br />

zu stoßen.<br />

Durch den Schliff wird der<br />

obere, härtere Teil der Klingenstruktur,<br />

der beim Ätzen weniger<br />

stark angegriffen wurde, ge-<br />

Kleiner Trick: Zum Bearbeiten des Rückens wird die<br />

Klinge so eingespannt, dass die Spitze gerade zwischen<br />

den Backen verschwindet.<br />

glättet und poliert. Die tiefer liegenden,<br />

weicheren Schichten<br />

behalten dagegen ihren dunkleren<br />

Farbton. So wird das Damastmuster<br />

optisch herausgearbeitet.<br />

Wenn man nur eine geringe<br />

Ätztiefe erzeugt hat, sollte<br />

man beim Schleifen aufpassen,<br />

dass man nicht zu viel Material<br />

11 12<br />

14 15<br />

Fertig für den letzten Schliff: Nachdem das schöne Ätzmuster deutlich herausgearbeitet<br />

wurde, wickeln wir Klebeband um die Angel, um einen besseren Griff zu haben.<br />

Quer: Auch die Angel und das Ricasso werden poliert,<br />

ohne die Kante am Übergang abzutragen.<br />

abträgt – sonst ist das schöne<br />

Muster gleich wieder dahin.<br />

Nun fehlt an unserer Klinge<br />

nur noch eines: die Schärfe. Wir<br />

haben an der „Wate“, der späteren<br />

Schneide, eine Stärke von<br />

0,5 Millimetern stehen lassen.<br />

Nun rücken wir dem Material<br />

mit der Diamantfeile zu Leibe.<br />

Starke Optik: Wir haben die Klinge für die Fotos besonders<br />

kräftig geätzt. So entsteht auch am Klingenrücken<br />

ein ausgeprägtes, reliefartiges Muster.<br />

Frei Hand: Per Diamantfeile wird die Schneide abwechselnd<br />

auf beiden Seiten gleichmäßig geschärft.


16 17<br />

Tipp: Man kann einfach die Klinge umdrehen, da die<br />

Feile in beiden Richtungen arbeitet.<br />

Vorher wickeln wir einige Lagen<br />

Klebeband um den Griff,<br />

um einen besseren Halt zu haben.<br />

Mit ein wenig Übung kann<br />

man das Schärfen mit der Diamantfeile<br />

aus der freien Hand<br />

vornehmen. Man setzt die Feile<br />

in einem Winkel zwischen 15<br />

und 30 Grad an und zieht sie<br />

18<br />

gleichmäßig über die Kante. Abwechselnd<br />

werden so beide Seiten<br />

bis auf 0,0 mm geschliffen,<br />

man wechselt jeweils auf die andere<br />

Seite, wenn dort ein Grat<br />

fühlbar ist.<br />

Der Winkel hängt von der<br />

späteren Verwendung des Messers<br />

und vom Können des Be-<br />

Abschließende Politur: Das Nachpolieren auf der Schwabbelscheibe<br />

bringt eine noch feinere Oberfläche auf die Schneidkante und sorgt für<br />

maximale Schärfe und Schneideigenschaften.<br />

19<br />

Vorsicht: Die Schwabbelscheibe darf nie gegen die Schneide laufen, weil<br />

sie sich sonst verfängt und schlimme Verletzungen verursachen kann!<br />

Feine Schärfe: Um die Schneide zu glätten, wird sie<br />

mit einem feinen Naturstein abgezogen.<br />

WORKSHOP KLINGE ÄTZEN UND SCHÄRFEN<br />

nutzers ab: Je flacher der Winkel,<br />

desto schärfer die Schneide.<br />

Allerdings wird sie mit kleiner<br />

werdendem Winkel auch immer<br />

empfindlicher. Wer auf Nummer<br />

sicher gehen will, wählt den<br />

Winkel etwas größer, wer auf<br />

Schärfe setzt, macht ihn kleiner.<br />

Welchen Winkel man auch<br />

MATERIAL- UND<br />

WERKZEUGLISTE:<br />

Edelstahltopf, Campingkocher,<br />

0,25-0,5 l Schwefelsäure 37 %,<br />

Zange, kleine Wanne für<br />

Wasserbad, Schleifpapier<br />

Körnung 800-1200,<br />

Schleifhilfe (Holzleiste etc.),<br />

Klebeband, Diamantfeile,<br />

Wetzstein fein, Ständerbohrmaschine<br />

(alternativ Handbohrmaschine<br />

im Halter),<br />

Schwabbelscheibe<br />

FERTIG<br />

wählt, immer gilt: Wichtig ist,<br />

dass er möglichst konstant eingehalten<br />

wird. Wer hier unsicher<br />

ist, kann auf Schleifgeräte<br />

zurückgreifen, die den Winkel<br />

fest vorgeben, aber mehr Spaß<br />

macht es aus der freien Hand.<br />

Anschließend wird die<br />

Schneide mit einem feinen Naturstein<br />

abgezogen. Er glättet<br />

die Schneide und sorgt für eine<br />

feine Schärfe. Die abschließende<br />

Politur auf der Schwabbelscheibe<br />

macht die Sache perfekt.<br />

Aber Achtung: Das Abziehen<br />

der Schneide an der<br />

Schwabbelscheibe (wir haben<br />

dazu eine Handbohrmaschine in<br />

einen Halter gespannt) ist potenziell<br />

gefährlich! So lange die<br />

Drehrichtung der Scheibe von<br />

der Schneide weg zeigt, besteht<br />

keine Gefahr, doch wenn man<br />

nicht aufpasst und die Scheibe<br />

gegen die Schneide läuft, besteht<br />

das große Risiko, dass sich<br />

die Schneide „fängt“ und unkontrollierbar<br />

mitgerissen wird.<br />

Nun ist unsere Klinge fertig<br />

geschliffen, gehärtet, geätzt, gefinisht<br />

und geschärft. Jetzt kann<br />

der Griff montiert werden. Wie<br />

das geht, haben wir Ihnen bereits<br />

in der Ausgabe 5/2006 gezeigt.<br />

Dann fehlt nur noch eine<br />

Scheide. Dazu mehr im nächsten<br />

Heft. <<br />

Unser fertiges Werk: Die Steckangel-Klinge<br />

ist geschliffen, gehärtet,<br />

geätzt, gefinisht und geschärft.<br />

Jetzt kann ein Griff montiert werden,<br />

und das Messer ist komplett.<br />

MESSER MAGAZIN 77

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