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Inhaltsverzeichnis<br />
Grußwort – Leitende Regierungsschuldirektorin Heidemarie Goßmann .................... 2<br />
Grußwort - <strong>Kreis</strong>direktor Dr. Ansgar Hörster ............................................................... 4<br />
„Beratung der Schulträger bei schulorganisatorischen Maßnahmen und Begleitung<br />
von Schulen bei Gründung und Auflösung“<br />
Martin Risse/Dietrich Scholle/Peter Hofmeister, Bezirksregierung Münster ............... 6<br />
„Schulentwicklung – eine kommunale Herausforderung ?!“<br />
Prof. Dr. Ursula Tölle, Katholische Hochschule NRW .............................................. 17<br />
Zusammenfassung der Diskussionsrunde mit den Vertretern der Bezirksregierung 36<br />
Anhang ..................................................................................................................... 37<br />
• Übersicht der Schulentwicklungsplanungen im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
• Übersicht der Übergangsquoten auf die weiterführenden Schulen<br />
• Pressespiegel<br />
• Teilnehmer/-innen des Fachforums Schulentwicklungsplanung am 04.06.2012<br />
1
Grußwort – Leitende Regierungsschuldirektorin<br />
Heidemarie Goßmann<br />
Sehr geehrter Herr Dr. Hörster,<br />
meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />
als Regionalkoordinatorin der Bezirksregierung Münster<br />
für das Regionale Bildungsnetzwerk des <strong>Kreis</strong>es <strong>Borken</strong><br />
vertrete ich das Land NRW im Netzwerk.<br />
Ich begrüße Sie alle ganz herzlich zum Fachforum<br />
Schulentwicklungsplanung im Schloss Ahaus und freue<br />
mich, dass Sie als unmittelbar Betroffene eines<br />
Schulstrukturwandels, der auch im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
begonnen hat, so zahlreich der Einladung gefolgt sind.<br />
Die Bedingungen einer modernen Gesellschaft durch wachsende Anforderungen, die<br />
Verpflichtung zur Zukunftsfähigkeit und gleichzeitige Bewahrung guter Traditionen, die<br />
Herausforderungen des demografischen Wandels und die berechtigte Erwartung an ein<br />
hochwertiges Bildungsangebot und Bildungsgerechtigkeit in städtischen und ländlichen<br />
Räumen fordern eine umfassende Kooperation aller Verantwortlichen und Betroffenen.<br />
Parteiübergreifend wurde im sog. Schulkonsens des Landes NRW ein Rahmen für<br />
Veränderungsmodalitäten und für Kompromisslösungen entworfen, der nun Gestalter,<br />
Entwickler und Verantwortliche aufruft, miteinander zu beraten, über die Gemeindegrenzen<br />
hinaus zu kommunizieren und gegebenenfalls zu kooperieren. Die Kinder und Jugendlichen<br />
im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> erwarten ein qualitativ hochwertiges und wohnortnahes Tageseinrichtungs-<br />
und Schulangebot, damit sie in ihrer Unterschiedlichkeit bestmöglich und individuell gefördert<br />
und ihre Potentiale erkannt werden. Die Kinder und Jugendlichen von heute werden die<br />
Gesellschaft von morgen umso verantwortlicher gestalten und prägen, je mehr sie von einem<br />
Bildungsangebot profitieren und je mehr Respekt und Würde ihnen entgegengebracht<br />
werden.<br />
Die Erfahrungen von Lehrerinnen, Lehrern, Eltern, Schülerinnen und Schülern, von<br />
Kommunen und Schulaufsicht mit sich seit Jahren reduzierenden Schülerzahlen und einem<br />
selbstbewussten Elternwahlverhalten können dabei Grundlagen für eine Neukonstruktion<br />
werden.<br />
Bei allen Sorgen um den Erhalt von Schulen oder Schulformen, bei allen Verunsicherungen<br />
unter Lehrerinnen und Lehrern, weil der vertraut gewordene Dienstort evtl. gewechselt<br />
2
werden soll, bei allen Selbstzweifeln an den in der Vergangenheit erbrachten Anstrengungen<br />
und erworbenen Verdiensten sollten Chancen wahrgenommen werden, sich an der<br />
Gestaltung einer zukunfts- und leistungsfähigen Bildungslandschaft im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> zu<br />
beteiligen.<br />
Ich freue mich jetzt mit Ihnen auf die Vorträge meiner Kollegen aus den Dezernaten 48, 44<br />
und 42: Herrn Regierungsdirektor Martin Risse, Herrn Leitenden Regierungsschuldirektor<br />
Dietrich Scholle und Herrn Regierungsschuldirektor Peter Hofmeister.<br />
Und ich erwarte mit Ihnen zusammen ein spannendes Referat zur Schulentwicklung von<br />
Frau Prof. Dr. Ursula Tölle, Katholische Hochschule NRW in Münster.<br />
Ich wünsche Ihnen einen lebendigen Nachmittag mit den Referentinnen und Referenten und<br />
miteinander.<br />
Stellvertretend für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bildungsbüro des<br />
Bildungsnetzwerkes möchte ich Frau Büning für die intensive Vorbereitung des Forums und<br />
Herrn Schulamtsdirektor Werner für die Beratung des Bildungsbüros herzlich danken.<br />
Heidemarie Goßmann, LRSDín<br />
Bezirksregierung Münster<br />
3
Grußwort - <strong>Kreis</strong>direktor Dr. Ansgar Hörster<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />
als Vorsitzender des Regionalen<br />
Bildungsnetzwerkes im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
heiße ich Sie ganz herzlich zum<br />
Fachforum Schulentwicklungsplanung im<br />
Schloss Ahaus willkommen.<br />
Im Rahmen des Regionalen<br />
Bildungsnetzwerks haben wir heute<br />
bewusst Sie als Bürgermeister,<br />
Vertreterinnen und Vertreter der<br />
Bezirksregierung, aus Schulverwaltungen, Jugendhilfe und aus Politik, als Schulleitungen<br />
und Schulpflegschaftsvorsitzende eingeladen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Sie<br />
alle sind in unterschiedlicher Funktion aktiv an der Entwicklung der kommunalen Bildungs-<br />
und Schullandschaft vor Ort beteiligt. Ich freue mich, dass Sie der Einladung des<br />
Bildungskreises <strong>Borken</strong> so zahlreich gefolgt sind. Dieses zeigt, dass das Thema<br />
Schulentwicklungsplanung bei Ihnen vor Ort von aktueller und großer Bedeutung ist und wir<br />
mit der Einladung zu einem regionalen Austausch auf ein reges Interesse stoßen.<br />
Das Bildungssystem steht derzeit vor großen Herausforderungen: Der demografische<br />
Wandel mit auch bei uns deutlich sinkenden Schülerinnen- und Schülerzahlen, eine immer<br />
noch zu hohe Zahl von Jugendlichen ohne Schulabschluss, ein steigender Bedarf der<br />
Wirtschaft an gut qualifiziertem Nachwuchs sowie ein verändertes Schulwahlverhalten von<br />
Eltern fordern nach Veränderungen unserer Schullandschaft. Die Bildungspolitik stellt die<br />
Kommunen vor die Aufgabe, diesen neuen Anforderungen im Bildungswesen (neben<br />
weiteren anderen: ich nenne etwa den Inklusionsprozess) gerecht zu werden. Bei der<br />
Gestaltung dieser zukunftsorientierten kommunalen Bildungslandschaften kommt es<br />
verstärkt darauf an, neue Perspektiven in der Förderung und Unterstützung junger<br />
Menschen und ihrer Familien zu beschreiben und zu ermöglichen.<br />
Ein wesentlicher Baustein ist dabei eine verlässliche Kommunikationsstruktur der<br />
Verantwortlichen, die in unterschiedlichen Einrichtungen und Systemen für die Bereiche<br />
Bildung, Erziehung und Betreuung tätig sind. Notwendig ist heute mehr denn je über den<br />
eigenen Tellerrand zu blicken, Aktivitäten miteinander abzustimmen und gemeinsam das<br />
Wohl unserer Kinder und Jugendlichen im Blick zu behalten.<br />
4
Im Sommer 2011 hat die Landespolitik in NRW einen Schulkonsens erzielt und die<br />
Einrichtung von Sekundarschulen ermöglicht. Die neue Sekundarschule soll ein längeres<br />
gemeinsames Lernen aller Schülerinnen und Schüler in den Klassen 5 und 6 ermöglichen.<br />
Dabei sollen auch gymnasiale Standards im Unterricht gelehrt werden. Die neue Schulform<br />
soll mit Gymnasien oder Gesamtschulen kooperieren. Neben der neuen Sekundarschule<br />
wird es in NRW künftig weiter auch Gesamtschule, Realschule, Gymnasium und<br />
Hauptschule geben. In den meisten Kommunen im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> steht die<br />
Schulentwicklungsplanung aktuell auf der Tagesordnung und wird von der Öffentlichkeit,<br />
aber auch von allen unmittelbar Beteiligten und Betroffenen mit großem Interesse verfolgt.<br />
Auch der <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong>, auch und nicht zuletzt als Träger von sechs Berufskollegs,<br />
beschäftigt sich derzeit intensiv mit diesem Thema Schulentwicklungsplanung. Gerade die<br />
an allen Berufskollegs eingerichteten berufsbezogenen Bildungsgänge, die zum Abitur oder<br />
zur Hochschulreife führen, werden von Schülerinnen und Schülern gerne angenommen und<br />
bereichern seit Jahren unsere regionale Schullandschaft.<br />
Meine Damen und Herren, Schulentwicklungsplanung geschieht vor Ort in den Städten und<br />
Gemeinden und mit Blick auf die örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen. Die<br />
Auswirkungen der kommunalen Schulentwicklungsplanungen und die damit verbundenen<br />
aktuellen Veränderungen in der Schullandschaft haben aber zumeist auch unmittelbare<br />
und mittelbare Auswirkungen auf die benachbarten Kommunen. Auch vor diesem<br />
Hintergrund wollen wir heute die Gelegenheit geben, sich gemeinsam über die Prozesse und<br />
Erfahrungen vor Ort zu informieren und auszutauschen.<br />
Ich freue mich, dass es gelungen ist, die Herren Martin Risse, Dietrich Scholle und Peter<br />
Hofmeister von der Bezirksregierung Münster und Prof. Dr. Ursula Tölle von der<br />
Katholischen Hochschule NRW in diese Runde einzuladen.<br />
Ich bin mir sicher, dass sie uns wesentliche Impulse für die weiteren Planungen und<br />
Prozesse der Schulentwicklung mit auf den Weg geben können. Ich freue mich auf einen<br />
interessanten und spannenden Nachmittag und wünsche uns allen gute Gespräche.<br />
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
Dr. Ansgar Hörster, <strong>Kreis</strong>direktor<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
5
„Beratung der Schulträger bei schulorganisatorischen Maßnahmen<br />
und Begleitung von Schulen bei Gründung und Auflösung“<br />
Martin Risse/Dietrich Scholle/Peter Hofmeister,<br />
Bezirksregierung Münster<br />
(Martin Risse, Bezirksregierung Münster)<br />
(Peter Hofmeister, Bezirksregierung Münster)<br />
(Dietrich Scholle, Bezirksregierung Münster)<br />
6
„Schulentwicklung – eine kommunale Herausforderung ?!“<br />
Prof. Dr. Ursula Tölle, Katholische Hochschule NRW<br />
Vortrag zum „Fachforum Schulentwicklungsplanung“ am 04.06.2012; im Schloss Ahaus;<br />
Veranstaltung: <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong>, Bildungsbüro<br />
Einleitung<br />
Ich danke Ihnen für die<br />
Einladung und die Möglich-<br />
keit, Ihnen meine Gedanken<br />
und Erfahrungen zur Schul-<br />
entwicklung vorzutragen.<br />
Zugleich beglückwünsche<br />
ich Sie zu Ihrem ambitio-<br />
nierten Vorhaben heute, mit<br />
so vielen Menschen unter-<br />
schiedlichster beruflicher<br />
Herkunft und mit vielfältigs-<br />
ten Interessen den Auftakt zu machen für eine Kultur des gemeinsamen Planens und Entwi-<br />
ckelns. So wird schon hier im Raum erkennbar, was auch zukünftig Ihre Kooperation im<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> und unter den beteiligten Kommunen auszeichnen wird.<br />
Auch für mich ist das eine Herausforderung, Sie alle in Ihrer Verschiedenheit gleichermaßen<br />
anzusprechen und das herauszuarbeiten, was Sie verbindet und was Sie in Ihren Aufgaben<br />
stärkt.<br />
Da es in Planungs- und Entwicklungsprozessen besonders um gute Kommunikation geht,<br />
werde ich meinen Vortrag nicht ganz allein halten; neben einigen fachlichen Informationen,<br />
für die ich mich zuständig fühle, möchte ich Sie einladen, an bestimmten Stellen diese Ein-<br />
bahnkommunikation des Vortrags zu unterbrechen und sich selbst zu beteiligen.<br />
In einem ersten Teil möchte ich darstellen, welche aktuellen Herausforderungen – nicht nur<br />
im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> – nahe legen, Bildungsplanung und Schulentwicklung anders zu gestalten<br />
als in der Vergangenheit. Zugleich begründe ich ein Konzept qualitativer, nicht rein struktu-<br />
reller Veränderungen im Schulwesen –jenseits aller Schulformdebatten.<br />
Im zweiten Teil geht es dann um die praktische Gestaltung dieses Prozesses; hier sind Sie<br />
eingeladen, sich ein wenig zu beteiligen.<br />
17
1 Herausforderungen<br />
1.1 Veränderte Lebenswelten von Jugendlichen<br />
Wie wird sich unser Gesellschaft in Europa und weltweit entwickeln, worauf müssen wir un-<br />
sere Kinder und Jugendlichen vorbereiten? Sie müssen sich in der Welt von morgen zu recht<br />
finden und sich an deren Entwicklung aktiv beteiligen können.<br />
Für eine darauf ausgerichtete Bildung brauchen wir Wissen um die so genannten Mega-<br />
trends, die zentralen Antreiber für Politik, Umwelt, Wirtschaft, Gesundheit u.a.m..<br />
Diese im Detail zu beschreiben, ist hier nicht möglich. Lediglich zwei solcher Perspektiven<br />
möchte ich aufgreifen, eine soziologische, eine psychologische.<br />
1.1.1 Soziologische Perspektive:<br />
Biologisch betrachtet sind der Akzeleration, d.h. der Absenkung des Alters, hier des Jugend-<br />
alters vor Eintritt in das Erwachsenenleben Grenzen gesetzt. Die Pubertät kann nicht auf das<br />
fünfte oder siebte Jahr nach vorn gezogen werden; gottseidank.<br />
Doch in soziologischer Hinsicht beobachten wir eine Entgrenzung der Jugendphase nach<br />
vorn und hinten.<br />
Immer früher beginnen Kinder mit Bildungsprozessen, die sie in die Gesellschaft einführen:<br />
das Eintrittsalter in die Kindertagesstätten sinkt; das pädagogische Angebot dort, die so ge-<br />
nannte Elementarpädagogik wird ergänzt um organisierte Formen des Lernens und Wis-<br />
senserwerbs. Die Dauer der Schulzeit, insbesondere der Verbleib am Gymnasium ist ver-<br />
kürzt; die Absolventen des Schulsystems in Deutschland werden immer jünger.<br />
Wegen des anhaltenden Drucks auf dem Arbeitsmarkt dauert es zugleich immer länger, bis<br />
jungen Menschen nach Ausbildung oder Studium der Eintritt in das Erwerbsleben und damit<br />
in das selbst verantwortete und finanzierte Erwachsenenleben gelingt. Aus dieser Sicht ver-<br />
längert sich die Jugendphase bis zum 26. oder auch 28. Lebensjahr. Der „Bedarf bei Ju-<br />
gendlichen, einen Rückhalt in der Familie zu finden, (hat) offensichtlich zugenommen. 1<br />
Verändert hat sich auch die Bedeutung der ersten Ausbildung; junge Menschen rechnen<br />
inzwischen damit, dass diese ergänzt wird um eine zweite oder dritte, um eine Reihe von<br />
Zusatzqualifikationen und Weiterbildungen. Das Wort des lebenslangen Lernens ist für Be-<br />
rufsbiographien inzwischen eine Realität; insofern ist nie jemand ganz fertig.<br />
Während ich noch nach dem Abitur gefragt wurde: Was willst Du werden?, werden Jugendli-<br />
che heute eher gefragt: Was willst Du machen?<br />
1 Schröder, Leonhardt, 2011, S. 172<br />
18
Früher standen Überlegungen zur Lebens- und Berufswegplanung im Spannungsfeld von<br />
Tradition und Aufbruch; heute geht es um Mögliches und Unmögliches. Damit ist der Hori-<br />
zont jugendlicher Wünsche immer verbunden mit der Anpassung an Machbarkeit und Si-<br />
cherheit. Welche Rolle nimmt in diesem Zusammenhang die Schule ein?<br />
Allzu sehr fühlt sie sich m.E. im Zugzwang, Jugendlichen trotz schwierigerer Bedingungen in<br />
einem stark selektiven Ausbildungs- und Arbeitsmarkt den Einstieg in diese Welt zu ermögli-<br />
chen. Dafür sollen sie mit möglichst viel Wissen ausrüstet werden.<br />
Vielleicht beklagen die Kammern und Betriebe zu Recht den zu niedrigen Wissensstand ihrer<br />
Auszubildenden in Mathematik und Deutsch. Doch daraus unmittelbar erhöhte Ansprüche an<br />
die Schule abzuleiten, greift zu kurz. Deshalb ist es gut, dass sich Schulen immer mehr auch<br />
auf Kernkompetenzen und das „Lernen lernen“ ausrichten.<br />
Schulentwicklung im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> sollte den wachsenden Druck auf das Lernpensum und<br />
das Lerntempo im Blick haben und Formen des angemessenen Umgangs damit entwickeln.<br />
Denn Jugendliche sind nicht nur Schüler; dies ist nur eine ihrer Rollen.<br />
Für diejenigen, die eher praktisch, als kognitiv begabt sind, sollte es Schulen geben, die die-<br />
sen Zugang zur Entdeckung der Welt wählen, z.B. Werkrealschulen oder Produktionsschu-<br />
len. Sie haben die Chance, im notwendigen Wandel der Schullandschaft Ihres <strong>Kreis</strong>es jetzt<br />
auch solche Entwicklungen in Gang zu bringen.<br />
1.1.2 Psychologische Perspektive:<br />
Wie gesagt, Jugendliche sind nicht nur Schülerinnen und Schüler. Schule als zentrale An-<br />
laufstelle, die nach wie vor nahezu alle jungen Menschen erreicht, muss auch die Erfahrun-<br />
gen und Problemfelder aufgreifen, die sich aus der Jugendphase in psychologischer Hinsicht<br />
ergeben. Der 13. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung von 2009 hat die typi-<br />
schen Themen heutiger Adoleszenz aufgelistet: 2<br />
- Sexualität und Schwangerschaft<br />
- Medienkonsum<br />
- Alkohol – und Drogenkonsum<br />
- Gewalterfahrungen und Delinquenz<br />
- Psychische Gesundheit und Verhaltensauffälligkeiten<br />
- Essstörungen und Übergewicht<br />
- Depressive Erkrankungen<br />
- Selbstverletzendes Verhalten<br />
- Suizidalität<br />
- Soziale Lage und Bildungsarmut<br />
2 BMFSFJ, 2009a, S. 137<br />
19
Wenn Kommunen heute aus demographischen und finanziellen Gründen herausgefordert<br />
sind zur Schulentwicklung und dabei auch neue Schulen aufbauen, so sollten sie einen kla-<br />
ren Blick darauf haben, dass es solche Menschen sind, für die sie planen. So wird ein zu-<br />
nächst organisatorischer und quantitativ ausgerichteter Prozess zu einem qualitativen.<br />
Es wird zudem deutlich, dass ein solches Vorhaben neben den schulfachlichen und schulor-<br />
ganisatorischen Kompetenzen auch die Expertise der Jugendhilfe, der Jugendarbeit, der<br />
Soziologie und Psychologie benötigt. Dies ist ein wesentlicher Grund, warum Bildungsnetz-<br />
werke breit angelegt werden sollten.<br />
Insbesondere die Profession der Sozialen Arbeit kann ihr spezifisches Wissen über diejeni-<br />
gen einbringen, die das Schulsystem vorzeitig oder mit schlechten Abschlüssen verlassen.<br />
Adressatenbezug, Empathie und dialogisches Verstehen als zentrale Zugänge der Profes-<br />
sion der Sozialen Arbeit bringen in einen gemeinsamen Prozess der Schulentwicklung In-<br />
nensichten aus der Welt der Jugendlichen ein. Wie empfinden bildungsbenachteiligte, sozial<br />
ausgegrenzte Jugendliche heute die Schule? Dazu eine Geschichte:<br />
„Ich habe geträumt. Nicht einen Traum von damals, sondern einen gegenwärtigen. (…) Ich<br />
sitze im Schlafanzug auf der Bettkante. Vor mir auf dem Teppich liegt ein Haufen dieser gro-<br />
ßen Spielzeug-Plastikzahlen für kleine Kinder. Ich soll sie, so die Aufgabe, „In die richtige<br />
Reihenfolge“ bringen. Das erscheint mir leicht, ich bin froh. Ich beuge mich vor und strecke<br />
die Arme nach den Zahlen aus. Da entdecke ich, dass meine Hände verschwunden sind.<br />
Aus meinem Schlafanzug ragen keine Hände mehr heraus. Die Ärmel sind leer. Aber nicht<br />
das Fehlen meiner Hände versetzt mich in Panik, sondern dass ich die Zahlen nicht ergreifen<br />
und die richtige Reihenfolgen bringen kann. Ich hätte es gekonnt.“ 3<br />
Gefühle, die mit Unvermögen und Versagen verbunden sind, behindern die für Lernprozesse<br />
notwendige Grundhaltung von Interesse, Neugier, Freude an Neuem und Freiheit des Den-<br />
kens.<br />
Auch wenn heute Unterricht deutlich offener und lebendiger geworden ist, müssen wir kon-<br />
statieren, dass Schülerinnen und Schüler und auch ihre Eltern unter Leistungsdruck und<br />
Versagensängsten leiden. Die ganze Zukunft scheint auf dem Spiel zu stehen, wenn eine<br />
Klassenarbeit mit mangelhaft bewertet wird – allein die Worte „mangelhaft“ und „ungenü-<br />
gend“ verweisen darauf, dass man den Ansprüchen nicht genügt.<br />
Zu sehr sind wir noch gewohnt, Schule von ihren Ansprüchen her zu denken, von den Lern-<br />
zielen, den zu vermittelnden Stoffen, den Prüfungen und Abschlüssen her.<br />
Dabei ist es fundamental wichtig für gelingende Lernprozesse, die Gedanken und Gefühle<br />
von Kindern und Jugendlichen zu verstehen und an ihnen anzuknüpfen. M.E. muss vor jeder<br />
Frage nach Inhalt und Didaktik die Frage stehen: Was ist los mit dem Jugendlichen, mit dem<br />
3 Pennac, 2009, S. 27<br />
20
Subjekt? Die Entwicklungspsychologie zeigt uns, wie sehr die Adoleszenz das Schülerdasein<br />
im Jugendalter prägt, insbesondere die Ambivalenzen von Nähe und Distanz.<br />
Dies möchte ich an ausgewählten Aspekten verdeutlichen:<br />
Die Notengebung ist nicht nur Belohnung für Erfolge, sondern auch Brandmarkung von<br />
Misserfolgen. Sie aktiviert die Unsicherheitsgefühle und ignoriert die Notwendigkeit eines für<br />
dieses Lebensalter typischen Narzismus, die altersentsprechende Selbstbewunderung. Ju-<br />
gendliche wollen ihre Stärke zeigen; sie überhöhen sich in ihrem Zwischenstadium des<br />
Nicht-mehr-Kindseins und Noch-Nicht-Erwachsenseins. Wir müssen Formen finden, Lernan-<br />
reize zu schaffen, die nicht rückblickend bewerten, sondern zu nächsten Schritten, zum<br />
Wachsen ermuntern. 4<br />
Im pädagogischen Prozess gilt es zu berücksichtigen, dass Jugendliche ihre biographischen<br />
Beziehungserfahrungen in das Feld der Schule übertragen. Mehr als früher suchen Jugend-<br />
liche heute den Rückhalt in ihren Familien (wie gesagt, auch begründet mit der Arbeits-<br />
marktlage). Vor diesem Hintergrund richten sie in der Schule ihre Erwartungen die „anderen<br />
Erwachsenen“, die Lehrkräfte – Lehrkräfte sollen genau so sein, wie die Eltern oder auch<br />
gerade anders; in jedem Fall hat die eigene Biographie eine große Bedeutung für die Bezie-<br />
hungsgestaltung in der Schule.<br />
Jugendliche aus sozial ausgegrenzten Familien machen häufig mehr schlechte als gute Be-<br />
ziehungserfahrungen; auch diese übertragen sie auf ihre Lehrerinnen und Lehrer. Im Sinne<br />
der sich selbst erfüllenden Prophezeiung verhalten sie sich so, dass sie am Ende als Versa-<br />
ger oder Verlierer herausgehen; dieses Muster kennen sie nur zu gut; hier sind sie sicher.<br />
An diesen wenigen Aspekten zeigt sich die elementare Bedeutung des psychologischen<br />
Wissens z.B. zur Reinszenierung von Konflikten für Lernprozesse und die Gestaltung von<br />
Schule.<br />
Diese und andere Aspekte können Eingang finden in die Weiterentwicklung der Schulland-<br />
schaft im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> und in die innere Ausgestaltung der Schulen; dafür benötigen Sie die<br />
Fachkenntnisse und Ideen aller am Schulleben Beteiligten – ein weiterer Grund für ein breit<br />
angelegtes Netzwerk in den einzelnen Städten und im <strong>Kreis</strong> insgesamt.<br />
Jugendliche sind motivierbar zur aktiven Mitgestaltung der Gesellschaft, wenn sie merken,<br />
dass sie ernst genommen werden. Auch an Schulentwicklungsprozessen können und sollten<br />
sie mitwirken.<br />
4 Schröder, 2011, S. 186 ff.<br />
21
1.2 Andere Vorstellungen von Bildung und Schule<br />
1.2.1. Schulformen und Schulwahlverhalten<br />
Der Trend zum Abitur ist ungebrochen; die Allgemeine Hochschulreife gilt nach wie vor als<br />
Königsweg in ein gelingendes Leben. Eine Abstimmung über die Schulformen findet mit den<br />
Füßen statt; die Hauptschule wird abgewählt, das Gymnasium hat Zulauf. Das müssen wir<br />
zur Kenntnis nehmen.<br />
Herr Dr. Hörster hat dazu in einem Vortrag am 19.1.2011 – und sicher seitdem auch mehr-<br />
fach an verschiedenen Stellen – einen klaren Blick auf die Realität im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> gewor-<br />
fen. Deshalb gehe ich an dieser Stelle nicht weiter darauf ein. Nach Durchsicht dieser Anga-<br />
ben bestätigt sich erneut mein Eindruck: wenn man keine Verlierer haben will, weder auf<br />
Seiten der Jugendlichen, noch auf Seiten der kleineren Kommunen, dann muss man ge-<br />
meinsam planen.<br />
Ein weiterer Zusammenhang sei an dieser Stelle nur erwähnt, aber nicht vertieft. Die Leis-<br />
tungsbemessungen von PISA, IGLU, TIMMS u.a. halten Deutschland einen ernüchternden<br />
Spiegel vor: der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Schulleistungen ist im weltweiten<br />
Vergleich dramatisch stark. Dies veranlasste Vernor Munoz, Sonderberichterstatter der UNO<br />
im März 2006 vor der Generalversammlung des Rates für Menschenrechte Deutschland eine<br />
deutliche Menschenrechtsverletzung vorzuwerfen. Ein starkes Stück, werden Sie sagen;<br />
und: davon hat man aber wenig gehört und gelesen. Es ist tatsächlich erstaunlich schnell<br />
abgehandelt worden, dieses peinliche Thema für ein Land der Dichter und Denker. Den<br />
ausführlichen Bericht seines Besuchs in Deutschland im Februar 2006 können Sie nachle-<br />
sen.<br />
Der Notwendigkeit von mehr Bildungsgerechtigkeit können und sollten Sie sich im <strong>Kreis</strong> Bor-<br />
ken stellen. Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, z.B. über Modellversuche zum längeren gemein-<br />
samen Lernen oder zur Entwicklung neuer Schulformen nachzudenken. Die Schulaufsicht<br />
wird Ihnen dazu Hinweise und Vorbilder angeben können. Vielleicht reisen Sie einmal ge-<br />
meinsam zu Schulen, die sich auf einen solchen Weg gemacht haben, nach Dortmund,<br />
Wiesbaden, Berlin, Hildesheim oder Münster. Laden Sie diese Schulleitungen zu sich ein.<br />
Lassen Sie sich anregen von den Internetdarstellungen der Schulen, die den Deutschen<br />
Schulpreis bekommen haben. – Vielleicht gehören Sie bald dazu?<br />
Dafür braucht es aber nicht nur Mut und Ideen; deutlich möchte ich an dieser Stelle Schul-<br />
aufsicht und Schulträger nennen, die Unterstützung leisten können in Form von Freiheit im<br />
Denken und Flexibilität im Ressourceneinsatz.<br />
22
1.2.2. Demographischer Wandel<br />
Ihnen liegen in vielfältiger Form Angaben zum demographischen Wandel im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
vor. Deshalb gehe ich darauf an dieser Stelle nicht im Detail ein. Deutlich ist geworden, wie<br />
sehr das Bildungsangebot im ländlichen Raum davon betroffen ist; in kleineren Kommunen<br />
kann das differenzierte Bildungsangebot, das über Jahre und Jahrzehnte engagiert aufge-<br />
baut wurde, nicht in Gänze erhalten werden. Die Vielfalt und die Zuwege für Kinder und Ju-<br />
gendliche werden eingeschränkt werden müssen.<br />
Daher ist der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger und der Politik mehr als verständlich,<br />
dass Errungene zu erhalten; darin sind sich vor Ort sicher die Meisten einig; unabhängig von<br />
Parteipolitik werden Sie dem Slogan „Kurze Beine – kurze Wege“ zustimmen. Und zugleich<br />
wissen Sie: die Macht des Faktischen, die Finanzierbarkeit steht dem entgegen.<br />
Als Allheilmittel gilt dann die Kooperation; beteiligt sind insgesamt 17 Kommunen, 18 Schul-<br />
träger und 5 Jugendhilfeträger. Nicht so leicht ist da die Frage zu beantworten: wer koope-<br />
riert am besten mit wem, damit möglichst wenig verloren geht und Gutes gewonnen wird?<br />
Ich habe den Eindruck, dass hier für Sie eine besonders große Herausforderung liegt, die<br />
richtigen Konstellationen für kooperative Planungsprozesse herzustellen. Ich bin davon<br />
überzeugt, dass die Entscheidung über solche Bündnisse von unten wachsen muss, d.h.,<br />
dass sie Zeit braucht und nicht verordnet werden kann.<br />
1.2.3 Bildung – weit gefasst<br />
Schule ist immer und überall Thema, alle können mitreden, haben sie doch immer auch ei-<br />
gene Erfahrungen. Das macht es nicht nur leichter in der Schulentwicklung. Zudem liegen<br />
die Positionen oft weit auseinander: während die Anforderungen an Schulen oft geprägt sind<br />
von dem Interesse der Eltern, ihrem Nachwuchs durch einen hohen Schulabschluss einen<br />
optimalen Start in das Erwachsenenleben zu ermöglichen und von den Interessen der Wirt-<br />
schaft, die von der Schule die Ausbildung qualifizierter Arbeitskräfte erwartet, kritisieren<br />
Fachkräfte aus den Erziehungs- und Sozialwissenschaften eben diese deutliche Ausrichtung<br />
auf Abschlüsse und Verwertungszusammenhänge und fordern dagegen einen weiteren Bil-<br />
dungsbegriff, der neben formalen auch nonformale und informelle Lernprozesse umfasst.<br />
Die zurückgehende Relevanz des familiären Kontextes, anhaltende Probleme auf dem Ar-<br />
beitsmarkt und die neue Rolle des Individuums in globalen Zusammenhängen verschärfen<br />
den Erwartungsdruck an das System Schule; so gilt inzwischen als selbstverständlich,<br />
Schule solle nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Können und Haltung, d.h. soziale<br />
und personale Kompetenzen in einem wertegebundenen Kontext fördern. – Schule soll im-<br />
23
mer größer werdende Aufgaben erfüllen – und das in immer unübersichtlicheren Verhältnis-<br />
sen und bei immer schwierigeren pädagogischen Situationen.<br />
Dafür hat Schule bereits ihre klassischen Angebotsformen erweitert und nutzt eine Vielzahl<br />
außerschulischer Methoden. Lehrerinnen und Lehrer werden darin unterstützt von Erziehe-<br />
rinnen und Erziehern, den Mitarbeitenden von Beratungsdiensten wie der Schulpsychologie<br />
und Erziehungsberatung, von Kräften aus Wirtschaftsunternehmen, von semiprofessionellen<br />
Kräften z.B. im Ganztag und von Fachkräften der Sozialen Arbeit.<br />
Doch die Spannung bleibt zwischen der Ausrichtung auf das Subjekt im Sinne von allgemei-<br />
ner Menschenbildung, Freiheit und Emanzipation einerseits und der Orientierung an Erwar-<br />
tungen der Gesellschaft und insbesondere des Arbeitslebens andererseits.<br />
Eben diese Antinomie kennen wir aus der Geschichte von Bildung und Erziehung seit na-<br />
hezu 2500 Jahren, seit Platons Höhlengleichnis und bis hinein in die aktuelle Fachliteratur zu<br />
Bildung und Erziehung. Diese Geschichte von Bildung und Erziehung ist durchzogen von<br />
roten Fäden, die wir bis heute verfolgen können:<br />
- Bildung im Sinne von allgemeiner Menschenbildung und Verwertungsorientierung<br />
von Bildung<br />
- Die Rolle der Erwachsenen und die Rechte der Kinder<br />
- Freiheit und Zwang, Liebe und Autorität<br />
- Eine Bildung für alle<br />
- Wieviel Nähe ist erlaubt in pädagogischen Beziehungen?<br />
Gern würde ich den Blick in die Geschichte vertiefen, denn wir können viel daraus lernen, so<br />
z.B. von Comenius, dessen vor mehr als 350 Jahren veröffentlichte „Große Didaktik“ äußerst<br />
aktuell ist in ihren Ausführungen zu Bildungsgerechtigkeit, Subjektorientierung, Diversität,<br />
Lerntechniken und Lernkultur. 5<br />
Seit längerer Zeit erscheinen mehrfach jährlich Fachaufsätze zum Bildungsauftrag von<br />
Schule und Jugendhilfe. 6 Auch dieses Zusammenspiel ist für Ihren Auftrag der Schulentwick-<br />
lung in kommunaler Verantwortung relevant. Zusammenfassend lässt sich dazu festhalten:<br />
- Die Vermittlung von Wissen ist notwendig; hier ist die Schule Spezialistin.<br />
- Jugendhilfe und Jugendarbeit bringen ihre spezifischen Methoden und Inhalte ein,<br />
um die Entwicklung sozialer und personaler Kompetenzen zu fördern.<br />
5 Vgl. dazu u.a. Scheunpflug, 2008<br />
6 Genannt seien u.a. Texte von Göppel, Thiersch, Scherr, Pollert/Peter, Stuckstätte, Rademacker, Floerecke<br />
24
- Zu Beidem, der Schule und der Jugendhilfe kommen informelle Lernprozesse, für die<br />
Familien, Freunde, Peargruppen einzubeziehen sind.<br />
- Und schließlich gehören die gesellschaftlich relevanten Akteure als Bildungspartner<br />
dazu, insbesondere die Wirtschaft.<br />
In diesem Viereck aus Schule, Jugendhilfe, Familie und Pears sowie Gesellschaft und<br />
Wirtschaft vollzieht sich der Bildungsprozess, der an Schulen organisiert wird.<br />
Damit haben wir einen weiteren Hinweis, wer an der Schulentwicklung der Zukunft zu beteili-<br />
gen ist.<br />
1.3 Neue Anforderungen an Beteiligung<br />
Bürgerinnen und Bürger sind längst nicht mehr passive Zuschauer politischer Planungspro-<br />
zesse; das gilt nicht nur für das Thema Schule. Partizipation und Mitwirkung sind Gestal-<br />
tungsformen der Politik, die von der Verkehrsplanung über den Umweltschutz bis in das Feld<br />
der Kultur reichen. Doch für das Feld Schule ist ein besonders lebhaftes Interesse an Mitwir-<br />
kung zu beobachten, nicht selten von Politik und Verwaltung mit Sorge um den sogenannten<br />
„Schulfrieden“ betrachtet.<br />
Sie haben im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> die Möglichkeit, ein eigenes Verständnis solcher Mitwirkung zu<br />
entwickeln und das breite Interesse am Thema Schule so aufzugreifen, dass es konstruktiv<br />
genutzt wird.<br />
Eine solche Mitwirkung fängt in der Schule selbst an und Sie werden mir als Schulleitungen<br />
und Lehrkräfte vermutlich zustimmen, dass Sie sich Ihre Handlungsspielräume durchaus<br />
weiter vorstellen könnten. Schon die Raukommission hat in ihrer Denkschrift „Zukunft der<br />
Schule – Schule der Zukunft“ 7 den Nachteil einer sehr eingegrenzten Eigenverantwortung<br />
von Schulen für ihre Entwicklung benannt und die Dominanz der Strukturen vor den Inhalten<br />
kritisiert. Das wird Ihnen auch heute bekannt vorkommen.<br />
Die sehr weit reichenden Empfehlungen der Rau-Kommission von 1995 haben zum Modell-<br />
versuch Selbständige Schule geführt, der in Teilen auch nachhaltig die Schule als Akteurin in<br />
Veränderungsprozessen gestärkt hat. Hier könnten Sie an gute Erfahrungen anknüpfen und<br />
diese ausbauen.<br />
Das intern, in der Schule praktizierte und ernst genommene Verständnis von Mitwirkung ist<br />
unbedingte Voraussetzung dafür, auch andere, außerschulische Instanzen zur Mitwirkung<br />
einzuladen. Wenn Institutionen sich selbst in Daumenschrauben gefesselt fühlen, kann jeder<br />
Kooperationspartner als Bedrohung empfunden werden. Dieser Aspekt wird im 2. Teil ver-<br />
tieft werden.<br />
7 Bildungskommission NRW, 1995, S. 151 ff.<br />
25
Überleitung<br />
Zu Beginn meiner Ausführungen habe ich erwähnt, dass der heutige Nachmittag ein Bild<br />
sein kann zukünftiger Kooperationen, in denen in komplexen Netzwerken die Verschieden-<br />
heiten nicht aufgelöst werden sollen, sondern eingebracht werden in einen kreativen und<br />
lebendigen Prozess gemeinsamen Überlegens und Planens.<br />
Montaigne schrieb in seinem Essay über die Erfahrung: „So wie sich die Dinge uns zeigen,<br />
gibt es keine Eigenschaft von solcher Allgemeingültigkeit, wie die Verschiedenheit und Viel-<br />
falt.“ 8<br />
Verschiedenheit als Struktureigentümlichkeit menschlichen Lebens zu verstehen und sie als<br />
Reichtum zu nutzen, ist nichts anderes als Inklusion. Inklusion findet also auch in den Ko-<br />
operationen statt, die Sie zukünftig gestalten. Einen Ausflug in die Inklusive Schulpädagogik<br />
und die Arbeit der Kompetenzzentren verkneife ich mir an dieser Stelle. Stattdessen könnten<br />
wir zur Überleitung zum Teil II meines Vortrages diese Vielfalt einmal hier sichtbar ma-<br />
chen….<br />
Übung 1:<br />
….denn es ist wichtig, dass Sie und ich wissen, wer hier im Raum ist, mit welchen Aufgaben<br />
und Zielen, mit welchen Erfahrungen, Vorhaben und auch Befürchtungen, mit welchen Ver-<br />
pflichtungen und Interessen.<br />
Ich bitte nun nacheinander die genannten Personengruppen sich kurz zu erheben, so dass<br />
wir uns im wörtlichen Sinne ins Bild setzen.<br />
- Schulleiterinnen und Schulleiter<br />
- Elternvertreterinnen und – vertreter<br />
- Schulfachliche Dezernentinnen und Dezernenten<br />
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kommunalen Schulverwaltungen<br />
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kommunalen Jugendämter<br />
- Fraktionsvorsitzende in den Stadträten und im <strong>Kreis</strong>tag<br />
- Mitglieder der politischen Fachausschüsse für Schule und Jugend<br />
- Bürgermeister, Vorstände und <strong>Kreis</strong>direktoren<br />
- Mitglieder des Lenkungskreis zur regionalen Bildungslandschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Wer fehlt noch…?<br />
Welche Vielfalt! Aber auch: welche Komplexität! – Wir sind als Menschen geneigt, die uns<br />
umgebende Welt so zu ordnen, dass wir sie handhaben können. Dabei haben wir uns ange-<br />
8 Montaigne, 2009 (1588), S. 5<br />
26
wöhnt, zuerst auf Gleiches zu gucken und das von uns Verschiedene, das Andere, das<br />
Fremde auszudifferenzieren.<br />
Ich verstehe Ihr Vorhaben so, dass Sie Ihre Vielfalt nutzen möchten, damit sie mit Bildungs-<br />
angeboten der Vielfalt des Jugendalters begegnen können. 9<br />
2 Strategien<br />
Nachdem wir fachliche Notwendigkeiten erörtert haben, die zu einer qualitativen Ausrichtung<br />
von Schulentwicklung Anlass geben, werden im Folgenden Aspekte der Prozessgestaltung<br />
und Kommunikation in den Vordergrund gestellt. Wie können Schulentwicklungsvorhaben in<br />
einer Region wie dem <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> gelingen, die nach den besten Lösungen suchen und<br />
möglichst auf allen Seiten einen Gewinn herstellen?<br />
Zunächst stellt sich die Frage: Wer hat dafür die Federführung, die Verantwortung?<br />
Mit der bildungspolitischen Perspektive, Bildungslandschaften zu gestalten, wird nicht ein<br />
neues Projekt eingeführt, das ein zeitlich und inhaltlich begrenztes Vorhaben umsetzt. Viel-<br />
mehr geht es um ein Strukturprinzip, ein neues Verständnis von partizipativer Gestaltung<br />
gesellschaftlicher Handlungsbereiche.<br />
Häufig wird als Begründung dafür der 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung<br />
von 2005 angeführt; darin heißt es: „Ziel ist der Aufbau der kommunalen Bildungslandschaft<br />
als Infrastruktur für Kinder und Jugendliche, die getragen wird von Leistungen und Einrich-<br />
tungen der Schule, der Kinder- und Jugendhilfe, von kulturellen Einrichtungen, Verbänden<br />
und Vereinen, Institutionen der Gesundheitsförderung sowie von privaten und gewerblichen<br />
Akteuren vor Ort.“ 10<br />
Damit wird ein zentraler Gedanke aufgenommen, der bereits ab 1992 Gegenstand der Be-<br />
ratungen der erwähnten Raukommission in NRW war.<br />
Auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge bezeichnet die Kommune als<br />
„zentrale Plattform für die Bildung junger Menschen“, als einen „Ort, an dem schulisches,<br />
soziales und emotionales Lernen und Bilden stattfindet“, dessen Steuerung und Verzahnung<br />
die Kommunen verantwortlich übernehmen müssen.“ 11<br />
Damit wird einer Region die Eigenständigkeit und Verantwortung für ihre Planungsprozesse<br />
zugeschrieben. Die Region ist mehr als eine geografische Größe; sie ist ein Sozialraum, die<br />
Lebenswelt der Menschen. Dieser Gestaltungsauftrag ist Ausdruck eines Paradigmenwech-<br />
sels im Politikverständnis, das die Planungshoheit zurückgibt an die Beteiligten. Insbeson-<br />
dere für den Aufgabenbereich von Bildung und Schule ist dies mehr als angemessen;<br />
9 Weiterführende Literatur zu Netzwerken ist u.a. Meinhold-Henschel, 2010 und Feld, Timm C., 2011<br />
10 12. Kinder-und Jugendbericht 2005, S. 42<br />
11 Deutscher Verein, 2007<br />
27
schwierig bleibt, dass mit dieser Delegation von Verantwortung nicht zugleich der Einfluss<br />
auf Finanzen und Gesetze verbunden ist.<br />
Ein gemeinsamer Prozess der Schulentwicklung in einer Region kann aber nur gelingen,<br />
wenn er von allen gewollt und getragen ist; ihn zu verordnen hilft nichts; alle Beteiligten müs-<br />
sen überzeugt sein vom Sinn dieser Kooperationen und erkennen, dass sie tatsächlich Ein-<br />
fluss nehmen können.<br />
Im Folgenden nenne ich einige, ausgewählte Strategien für einen so gestalteten Prozess. Ich<br />
entnehme sie in Teilen der Fachliteratur zur Beratung, Organisationsentwicklung und Pro-<br />
zesssteuerung, besonders aber meiner praktischen Erfahrung in der Begleitung solcher<br />
komplexen Prozesse als Beraterin.<br />
2.1 Den Anfang gemeinsam gestalten<br />
Wir haben gesehen, wer an der Schulentwicklung beteiligt ist; einige fehlen sicher noch.<br />
Stellen Sie sich konkret eine Ihrer Städte vor. Vielleicht soll z.B. an deren Schulen das<br />
Ganztagsangebot ausgebaut und qualitativ verbessert werden.<br />
Wer ist bei diesem Vorhaben zu beteiligen, wer ist betroffen, wer kann welche Kompetenzen<br />
und Ressourcen einbringen?<br />
Ich empfehle, die Liste dieser Personen zunächst mithilfe nachvollziehbarer Kritierien zu er-<br />
stellen und dann diese Überlegungen allen gegenüber transparent zu machen und sie um ihr<br />
Einverständnis zu bitten. Das kostet Zeit und Kraft, vermeidet aber spätere Konflikte. Ziel<br />
dieser Anfangsphase muss es sein alles zu vermeiden, was Ungleichgewichte, Konkurren-<br />
zen und Machtkonstellationen anheizt. Denn was sich am Anfang etabliert, wird den Prozess<br />
über bleiben.<br />
Dazu ein Vergleich mit einer urmenschlichen Erfahrung, nämlich in der Familie und dabei der<br />
Geschwisterreihe. Ob Sie Älteste oder Jüngster sind oder die Sandwichposition haben, in<br />
jedem Fall prägen diese Konstellationen Ihre Beziehungen zu den Geschwistern und Ihr ei-<br />
genes Verhalten. Aus den Theorien zur Familientherapie wissen wir, wie sehr diese Ur-<br />
sprungsordnung spätere Bedeutungen und Funktionen prägt.<br />
Nicht anders ist es in Gruppen, Teams und Netzwerken: es hat viel Bedeutung, wer von An-<br />
fang an dabei war, wer später dazu kommt und wer zu sagen hat, ob jemand dazu eingela-<br />
den wird.<br />
28
2.2 Eigenes wahren und Gemeinsames nutzen<br />
Schulentwicklung ist – nicht nur im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> – eng verbunden mit Auflösungsängsten.<br />
Und trotzdem soll es gelingen, in Gesprächen mit anderen innere Spielräume und Freiheiten<br />
zu entwickeln, um Gewohntes in Frage zu stellen und Neues zu denken. Das ist eine der<br />
höchsten Anforderungen in diesem Prozess. Dazu brauchen Sie Zeit; allein, diese sich zu<br />
nehmen fällt schon schwer. Gleichwohl möchte ich Sie dazu anregen mit folgendem Bild aus<br />
einem Fachbuch der Organisationsentwicklung: Der Autor appelliert an die Beteiligten von<br />
Veränderungsprozessen, ihr hektisches Tempo zu drosseln und „dem Subtilen genauso viel<br />
Aufmerksamkeit zu widmen wie dem Dramatischen. Wenn man eine Wattpfütze betrachtet,<br />
sieht man zunächst fast nichts. Aber nach etwa zehn Minuten erwacht dieses Wattloch plötz-<br />
lich zum Leben. Diese Welt von wundervollen Geschöpfen ist die ganze Zeit über da, aber<br />
sie bewegt sich so langsam, dass wir sie nicht auf den ersten Blick wahrnehmen.“ 12 Zeit ist<br />
eine wichtige Ressource.<br />
Das Gemeinsame wahrzunehmen setzt zudem voraus, das Eigene zu kennen. Das lehren<br />
uns Entwicklungspsychologie und Psychoanalyse, deren Kategorien auch auf lernende Or-<br />
ganisationen und Netzwerke angewendet werden.<br />
Gelingende Persönlichkeitsentwicklung beginnt mit der Bildung der Ich-Identität; von deren<br />
Gelingen hängt fast alles ab. Damit die kindliche Psyche das menschliche Ich herausbilden<br />
kann, braucht es ein wohlwollendes, anerkennendes Gegenüber. 13 Desweiteren führt „die<br />
Integration der unterschiedlichen Emotionen“ zur Bildung der eigenen Identität. 14 Eng<br />
verbunden mit der Herausbildung der Ich-Identität sind Selbstbewusstsein und Selbstwert-<br />
gefühl. 15 Selbstbewusstsein bezeichnet die „reflexive Fähigkeit des Menschen, sich seiner<br />
selbst bewusst zu werden.“ 16 Diese Fähigkeit ist Voraussetzung dafür, sich auch die Identität<br />
und das Selbstbewusstsein anderer vorzustellen und sich in dieses einfühlen zu können.<br />
In der Übertragung auf eine kooperative Schulentwicklung heißt das zunächst, dass alle Be-<br />
teiligten sich ihrer selbst bewusst sein müssen, um ihre je eigene Geschichte, ihre spezifi-<br />
schen Aufträge und Fähigkeiten, ihre Möglichkeiten und Grenzen wissen müssen und diese<br />
mit innerer Zustimmung betrachten. Das so herausgebildete Profil ist ein erster und notwen-<br />
diger Schritt von Kooperation.<br />
Dies gilt für alle am Prozess Beteiligten. Daraus ergibt sich der 2. Schritt: mit innerer Sicher-<br />
heit und Gelassenheit (wörtlich genommen, ich kann andere gut so sein lassen), versetzen<br />
sich die Beteiligten in die Lage der jeweils anderen und beginnen zu verstehen, was deren<br />
12 Senge, 2001, S. 34 f.<br />
13 Vgl. List, 2009, S. 161 ff.<br />
14 Hülshoff, 2006, S. 279<br />
15 Vgl. ebenda<br />
16 Hülshoff, 2006, S. 281<br />
29
Identität prägt oder auch bedroht. Dieses einfühlende Verstehen macht echte Kommunika-<br />
tion möglich.<br />
Dazu eine kleine, eher lustige Übung, die Ihren Blick auf andere erweitern kann:<br />
Übung 2:<br />
Vermutlich kennen Sie diejenigen gut, die rechts und links neben Ihnen sitzen. Kennen diese<br />
auch Sie recht gut, zumindest in Ihrem beruflichen Zusammenhang? Sagen Sie Ihren beiden<br />
Nachbarn rechts und links doch einmal etwas von Ihnen, was diese ganz bestimmt nicht wis-<br />
sen oder erwarten. Tauschen Sie sich darüber aus. (Alles Gesagte bleibt in Ihren kleinen<br />
Gruppen!) 7 Minuten<br />
2.3 Transparenz und Reflexion<br />
Beide Worte sind verbunden durch das Wort Vertrauen, Vertrauen untereinander im Fall von<br />
Transparenz und Vertrauen in sich selbst im Fall der Reflexion.<br />
Vertrauen untereinander, das ist beinahe eine Plattitüde, ist notwendiges Gestaltungsmerk-<br />
mal von Verhandlungen und Planungen. Wir sprechen von offener und transparenter Kom-<br />
munikation und meinen damit, dass die Beiträge des Gegenübers transparent, d.h. durch-<br />
sichtig sein sollen. Das Wort transparent wird übrigens seit dem 18. Jahrhundert auch in ei-<br />
nem 2. Wortsinn verwendet, nämlich für das Spruchband, das Transparent, auf dem ich<br />
meine Meinung kundtue. So soll Kommunikation stattfinden: ich sehe klar, welche Position<br />
mein Gegenüber vertritt. Nichts ist versteckt oder im Dunkeln.<br />
Dafür gibt es noch ein zweites Wort, das Sie überraschen wird: Kommunikation ist einfältig.<br />
Das Wort einfältig ist ein Bildwort, das Röcke aus früheren Zeiten bezeichnet, die keine oder<br />
nur eine Falte hatten. In diesen Röcken konnte nichts versteckt werden; einfältig ist also der,<br />
der nichts versteckt.<br />
Formen transparenter, einfältiger Kommunikation in Ihrem Zusammenhang sind z.B. abge-<br />
stimmte Protokolle, die für alle im Netz zugänglich sind. Eine wichtige Verabredung kann<br />
auch sein, keine Gespräche und Entscheidungen außerhalb verabredeter Orte zu führen.<br />
Reflexion habe ich als Voraussetzung genannt im Sinne von Vertrauen in sich selbst; ge-<br />
meint ist, dass ich über mich und mein Tun selbstkritisch nachdenken kann, ohne mich dabei<br />
grundsätzlich in Frage zu stellen oder meine Existenz zu gefährden. Dieser Aspekt korres-<br />
pondiert mit den vorhergehenden Ausführungen zur Ich-Identität.<br />
Auch hier nutze ich noch einmal die Etymologie, die Herkunft des Wortes Reflexion. In ihm<br />
enthalten ist das lateinische Wort flectere für biegen, beugen. Daher meint die geistige Re-<br />
flexion, sich zurückwenden zu können. Um im Bild zu bleiben: biegen kann sich nur Material,<br />
das einerseits weich, d.h. veränderlich genug ist, zugleich aber gerade darin eine innere<br />
Stabilität aufweist, die das Brechen verhindert.<br />
30
Die an den Konsultationen zur Schulentwicklung Beteiligten sollten in diesem übertragenen<br />
Sinne eine Identität haben, die flexibel und stabil zugleich ist.<br />
Für Sie gemeinsam könnte hilfreich sein, Arbeitssitzungen immer mit dem Ritual eines<br />
Rückblicks zu beenden, in dem Sie betrachten, was gut gelungen ist und was Sie anders<br />
machen könnten.<br />
2.4 Der fremde Blick<br />
Die folgenden Gedanken basieren auf der Systemtheorie. In aller Munde ist die Systemische<br />
Beratung und auch die systemische Schulentwicklung. 17 Die Systemtheorie, die das systemi-<br />
sche Denken begründet, basiert ihrerseits auf dem Konstruktivismus. Es handelt sich hier um<br />
Erkenntnistheorien, also im theoretische Vorstellungen davon, wie unsere Erkenntnisse zu-<br />
stande kommen.<br />
Der Konstruktivismus, wie das Wort sagt, geht davon aus, dass die Wirklichkeit nicht so wirk-<br />
lich ist, wie wir glauben. Wir konstruieren sie im Kopf, wir machen uns ein Bild von ihr. Wirk-<br />
lichkeit an sich gibt es nicht, sagt Watzlawick. 18<br />
Wie können wir dann aber miteinander kommunizieren? Wir brauchen doch zumindest an-<br />
nähernde Sicherheiten über das, wovon wir sprechen.<br />
Beschreiben lässt sich aber nur das, was ich beobachten kann. Wenn ich behaupte, ich hätte<br />
recht mit meiner Beschreibung der Wirklichkeit, so kann sich das nur auf meine Sicht der<br />
Dinge beziehen, nie einen generellen Wahrheitsanspruch erheben.<br />
Denn mein Blick kann unmöglich vollständig sein; ich blende manches aus, auf anderes fällt<br />
mein Blick sofort.<br />
Das, was in einer solchen ersten Beobachtung nicht wahrgenommen wird, nennt man den<br />
blinden Fleck. Den haben wir alle, immer wieder.<br />
Wenn wir Wirklichkeit, z.B. die schulische Wirklichkeit vor Ort möglichst weitgehend erken-<br />
nen wollen, dann müssen wir unseren blinden Fleck verkleinern.<br />
Die Systemtheorie führt dafür die Beobachtung 2. Ordnung ein, den fremden Blick eines<br />
Dritten auf den, der beobachtet. Dieser ist nicht Teil des Geschehens und richtet seinen Blick<br />
nicht auf das Geschehen selbst, sondern allein auf den 1. Beobachter. Ihm gibt er Hinweise<br />
auf das, was er möglicherweise ausblendet. Er stellt Fragen und formuliert Hypothesen, um<br />
den Horizont des Beobachters zu erweitern. Die Genauigkeit der Wirklichkeitswahrnehmung<br />
erhöht sich mit der Beobachtung 3. Ordnung.<br />
Konkret für unseren Zusammenhang kann das heißen, dass Sie in Ihrer Stadt und im <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Borken</strong> eine Lenkungsgruppe zur Schulentwicklung einrichten, vielleicht gibt es sie schon.<br />
Diese plant schrittweise den Prozess der Schulentwicklung, indem sie die Sichtweisen aller<br />
17 Vgl. u.a. Saldern, 2010<br />
18 Vgl. Watzlawick 1996<br />
31
Beteiligten wie ein großes Puzzle zusammenträgt. Sie ergänzen sich in ihren jeweiligen<br />
Sichtweisen und sind sich gegenseitig Beobachter 2. Ordnung. Erhalten Sie sich in diesem<br />
Sinne Ihren fremden Blick und stellen neugierige, interessierte Fragen. Für die Lenkungs-<br />
gruppe können Sie auch einen externen Prozessberater bitten, Sie zu begleiten. Sie berich-<br />
ten ihm von dem, was Sie sehen und er wird Ihnen Fragen und Hinweise geben, durch die<br />
Sie Ihren Blick auf das richten, was Sie bisher nicht sehen konnten.<br />
2.5 Herausforderungen annehmen<br />
Ziel der heutigen Veranstaltung ist, Ihr Interesse für vielfältige Zusammenarbeit und zur<br />
Kommunikation über traditionelle Grenzen hinweg zu wecken. Das ist leicht gesagt und<br />
schwerer getan, denn auf allen Seiten gibt es Druck,<br />
- bei den Lehrkräften und Schülern mit Blick auf die Lernerfolge und die Abschlüsse<br />
- bei den Schulleitungen in ihrer komplexen Leitungsaufgabe, unter dem Druck, die ei-<br />
gene Schule auf dem Markt zu behaupten<br />
- bei Kommunen, die mit immer weniger Mitteln immer höheren Ansprächen gerecht<br />
werden sollen und wollen<br />
- bei allen wegen des demografischen Wandels und der Folgen für die lokale<br />
Bürgergesellschaft<br />
Wie sollen wir in einer Atmosphäre von Stress und Druck, von Unsicherheiten und Unklar-<br />
heiten offen auf andere zugehen, offen Problemen ins Gesicht sehen.<br />
Viel lieber würden wir doch wegsehen – und wenn das nicht möglich ist, möglichst schnell zu<br />
einfachen Lösungen kommen.<br />
Die Organisationsentwicklung kennt dazu einen markanter Satz: „Der bequemste Ausweg<br />
erweist sich zumeist als Drehtür.“ 19 Dazu wieder eine Geschichte: „In der modernen Version<br />
einer alten Sufi-Geschichte trifft ein Passant auf einen Betrunkenen, der auf Händen und<br />
Knien unter einer Straßenlaterne herumrutscht. Er bietet seine Hilfe an und stellt fest, das<br />
der Betrunken nach seinen Hausschlüsseln sucht. Nach einer ganzen Weile fragt er: „Wo<br />
sind Ihnen die Schlüssel denn runtergefallen?“ Der Betrunkene antwortet, dass er sie vor<br />
seiner Haustür verloren hat. „Und warum suchen wir dann hier?“ fragt der Passant. „Weil“,<br />
entgegnet der Betrunkene, „vor meiner Haustüre kein Licht ist.“<br />
Für alle Menschen ist es angenehmer, auf vertraute Lösungen zurückzugreifen und sich an<br />
das zu halten, was sie am besten kennen. Manchmal liegt der Schlüssel tatsächlich unter der<br />
Straßenlaterne; aber sehr häufig müssen wir im Dunkeln herumtappen, um ihn zu finden.<br />
19 Senge, 2001, S. 79<br />
32
Wenn die Lösungen für jedermann offensichtlich wäre oder tatsächlich direkt vor unsere<br />
Nase läge, hätte man sie schließlich längst gefunden.“ 20<br />
Kennen Sie solche Erfahrungen?Übung 3:<br />
Welches Problem sähen Sie am liebsten heute, über Nacht gelöst? Berichten Sie davon<br />
demjenigen, derjenigen, die unmittelbar hinter Ihnen sitzt. Auch dieser Austausch bleibt unter<br />
ihnen.<br />
7 Minuten<br />
2.6 Erfolge feiern / Perspektiven entwickeln<br />
Zum Schluss ein Gedanke, der auch das Ende von Planungsabschnitten in den Blick nimmt.<br />
Es ist wichtig, Erfolge zu feiern, d.h. sich gemeinsam darüber zu bewusst werden, dass Ih-<br />
nen Gutes gelungen ist und sich Ihre Anstrengungen gelohnt haben. Das gehört dann auch<br />
in die Öffentlichkeit.<br />
Nehmen Sie erfolgreiches Arbeiten nicht einfach als Selbstverständlichkeit hin.<br />
So stelle ich mir vor, dass Sie in zwei Jahren vielleicht wieder hier sind, nicht ganz so viel<br />
sitzen und zuhören müssen, sondern bei einem tollen Buffet lebhaft in Gespräche vertieft<br />
sind.<br />
Dazu noch eine letzte kleine Aufgabe an Sie:<br />
Übung 4:<br />
Stellen Sie sich Folgendes vor:<br />
Am 4. Juni 2014 berichtet die Aktuelle Stunde des WDR-Regionalfernsehens um 19.30 Uhr<br />
von einer Veranstaltung im Schloss von Ahaus, an der Sie teilgenommen haben. Nach<br />
zweijähriger Arbeit in verschiedenen Arbeitsgruppen sind alle zusammengekommen und<br />
blicken zurück auf die Bildungs- und Schulentwicklung im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong>. Grundlage der Be-<br />
richterstattung des WDR ist ein ausführlicher Pressetext. Welcher Satz von Ihnen sollte darin<br />
vorkommen?<br />
Schreiben Sie ihn auf die bereitliegenden Karten. Vielleicht verwahren Sie diese Karte in der<br />
Akte, in der sie zukünftig Dokumente zum Prozess der Schulentwicklung in <strong>Borken</strong> abheften.<br />
Ich komme zum Schluss und hoffe, dass der ein oder andere Gedanke Sie angesprochen<br />
hat. Sie müssen ja nicht alles behalten oder beherzigen, eine Auswahl reicht völlig, denn<br />
sicher wählen Sie auch hier Verschiedenes aus und ergänzen sich darin zukünftig gegensei-<br />
tig.<br />
20 Ebenda<br />
33
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen sehr einen gelungenen Prozess der Schulentwicklung in<br />
ihren Kommunen und im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> insgesamt und hoffe, dass ich davon Begeisterndes<br />
höre und lese. Machen Sie anderen vor, wie es gehen könnte!<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />
Literaturverzeichnis<br />
Bildungskommission NRW, 1995, Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft, Denkschrift der<br />
Kommission „Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft“ beim Ministerpräsidenten des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen, Neuwied, Kriftel, Berlin<br />
BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Gesundheit (Hrsg.), 12.<br />
Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung; Bildung, Betreuung und Erziehung vor und<br />
neben der Schule, Drucksache 15/6014, Berlin<br />
BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Gesundheit (Hrsg.), 2009,<br />
13. Kinder- und Jugendbericht; Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die<br />
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland; Drucksache 16/12860, Berlin<br />
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, 2007,<br />
Diskussionspapier zum Aufbau kommunaler Bildungslandschaften,<br />
http://www.jena.de/fm41/bildungslandschaften.pdf)<br />
Feld, Timm C., 2011, Netzwerke und Organisationsentwicklung in der Weiterbildung,<br />
Bielefeld (bes. S. 19-27)<br />
Hülshoff, Thomas, 2006, Emotionen, München<br />
Meinhold-Henschel, Sigrid, 2010, Engagement macht Schule: Erfolgsfaktoren für die Arbeit<br />
in regionalen Bildungsnetzwerken, in: Wondratschek, Kerstin (Hrsg.), 2010, Freiwillige an<br />
Schulen, Grundlagen und Perspektiven für die Arbeit mit regionalen Bildungsnetzwerken,<br />
Weinheim und München, S 9-26<br />
Montaigne, Michel de, 2009 (1588), Von der Erfahrung, München<br />
List, Eveline, 2009, Psychoanalyse, Wien<br />
Pennac, Daniel, 2009, Schulkummer, 3. Auflage, Köln<br />
Saldern, Matthias von, 2010, Systemische Schulentwicklung, Von der Grundlegung zur<br />
Innovation, Norderstedt<br />
Scheunpflug, Annette, 2008, „Die Schulen können und müssen verbessert werden“,<br />
Anregungen nach Comenius für die Diskussion neuer Lernkultur, in: Stadler-Altmann, Ulrike;<br />
Schindele, Jürgen; Schraut, Alban (Hrsg.), 2008, Neue Lernkultur – neue Leistungskultur,<br />
Bad Heilbrunn, S. 41-53<br />
34
Senge, Peter M., 2001, Die Fünfte Disziplin, Kunst und Praxis der lernenden Organisationen,<br />
Stuttgart<br />
Schröder, Achim; Leonhardt, Ulrike, 2011, Wegweiser Kooperation zwischen Jugendarbeit<br />
und Schule, Wie Jugendarbeit schulisches Lernen erweitert, Schwalbach/ Ts.<br />
Watzlawick, Paul, 1996 (1976), Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung,<br />
Verstehen, München<br />
Prof. Dr. Ursula Tölle<br />
Supervisorin (DGSv)<br />
Katholische Hochschule NRW<br />
Abteilung Münster<br />
Fachbereich Sozialwesen<br />
Piusallee 89<br />
48 147 Münster<br />
Telefon: 0251 41 767 42<br />
Email: u.toelle@katho-nrw.de<br />
Privat:<br />
Schmüllingstraße 1<br />
48 159 Münster<br />
Telefon: 0251 212578<br />
www.supervision-toelle.de<br />
35
Zusammenfassung der Diskussionsrunde mit den Vertretern der<br />
Bezirksregierung<br />
Nachbesetzung der Leitungsstelle in einer Schule<br />
Die Bezirksregierung weist darauf hin, dass bei der Auflösung einer Schule die ehemalige<br />
Schulleitung nicht einfach die Leitungsposition an einer neu gegründeten Schule überneh-<br />
men kann. Hier müssen schulrechtliche Rahmenbedingungen eingehalten werden, die ein<br />
Ausschreibungsverfahren der neuen Schulleitungsstelle und die weiter bestehenden Lei-<br />
tungsaufgaben in der sich auflösenden Schule berücksichtigen.<br />
Darüber hinaus würde die Person, die diese beiden Rollen übernimmt durch diese unter-<br />
schiedlichen Aufgaben besonders belastet und ggf. überfordert sein. Somit ist es sinnvoll,<br />
dass ein deutlicher Schnitt gemacht wird und etwas Neues beginnen kann.<br />
Verschiedene kommunale Schulträger weisen trotzdem auf die Wichtigkeit hin, die Prozesse<br />
einer Neugründung und einer Auflösung von Schulen vor Ort kooperativer zu gestalten.<br />
Möglicher Zeitpunkt bei der Besetzung der Schulleitung einer neuen Schule<br />
Ein guter Zeitpunkt für die Besetzung der Schulleitungsstelle einer neu zu gründenden<br />
Schule ist die Jahreswende vor dem konkreten Anmeldeverfahren. Dafür ist es notwendig,<br />
dass die Grundsatzentscheidung getroffen worden ist, die Stelle neu auszuschreiben oder<br />
Personal von anderen Schulen zu versetzen. Dieses kann aber nur in jedem Einzelfall und<br />
für jeden Standort individuell beantwortet werden.<br />
Beteiligung der Gymnasien an dem Prozess der Schulentwicklungsplanung in<br />
der Bezirksregierung<br />
Das zuständige Dezernat 43 für die Gymnasien ist bisher noch nicht bei den Planungen be-<br />
teiligt. Auf Nachfrage erläuterte die Bezirksregierung, dass im nächsten Jahr der „jour fixe“<br />
zur Schulentwicklungsplanung um das Dezernat 43 ergänzt wird.<br />
Geplante Einbindung der Schulpsychologie bei der Auflösung von Schulen<br />
Auf die Frage, ob die Schulpsychologie von den Planungen bei den anstehenden Schulauf-<br />
lösung beteiligt zu werden, bereits informiert worden ist, verweist die Bezirksregierung auf<br />
den noch zu ermittelnden Fortbildungsbedarf der aufzulösenden Schulen. Nach Feststellung<br />
dieser Bedarfe soll die Schulpsychologie einbezogen werden.<br />
Schlussbemerkung<br />
Die Bezirksregierung weist zum Ende der Diskussionsrunde darauf hin, dass es im Schul-<br />
sektor viel Personalbewegung im <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> geben wird. Lokalbezogene Modelle sind<br />
zwar denkbar, aber systemisch nicht machbar. Der gesamte <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong> gerät in Bewe-<br />
gung und wird auch über Regierungsbezirksgrenzen stattfinden.<br />
36
Anhang<br />
37
Übergangsquoten auf die weiterführenden Schulen der Kommunen des<br />
<strong>Kreis</strong>es <strong>Borken</strong> für das Schuljahr 2010/11<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Ahaus<br />
Bocholt<br />
<strong>Borken</strong><br />
Gescher<br />
Gronau<br />
Heek<br />
Heiden<br />
Isselburg<br />
Legden<br />
Raesfeld<br />
Reken<br />
Rhede<br />
Schöppingen<br />
Stadtlohn<br />
Südlohn<br />
Velen<br />
Vreden<br />
19,1<br />
15,1<br />
26,2<br />
24,6<br />
26,6<br />
24,1<br />
23,6<br />
21,6<br />
17,5<br />
24,1<br />
22,9<br />
21,5<br />
19,5<br />
40,5<br />
47,6<br />
58,1<br />
54,1<br />
58,0<br />
44,8<br />
41,2<br />
43,5<br />
38,8<br />
38,2<br />
37,2<br />
44,2<br />
46,3<br />
43,1<br />
44,3<br />
41,8<br />
45,8<br />
44,3<br />
9,5<br />
31,8<br />
1,1<br />
5,6<br />
41,3<br />
45,9<br />
35,5<br />
34,3<br />
37,1<br />
38,2<br />
24,3<br />
28,6<br />
31,5<br />
36,3<br />
40,9<br />
41,2<br />
41,7<br />
33,0<br />
25,0<br />
33,2<br />
30,8<br />
32,3<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Hauptschulen Realschulen<br />
Gymnasien Integrierte Gesamtschule<br />
sonstige Schulen<br />
0,9<br />
4,4<br />
1,0<br />
0,2<br />
2,0<br />
4,7<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,2<br />
0,4<br />
1,6<br />
1,0<br />
1,6<br />
0,7<br />
0,5<br />
0,4<br />
1,9<br />
in %<br />
Quelle: IT.NRW<br />
39
Bei den Übergangsquoten von der Grundschule auf die weiterführenden Schulen für die ein-<br />
zelnen Gemeinden des <strong>Kreis</strong>es <strong>Borken</strong> sind die hohen Übergangsquoten auf die Haupt-<br />
schule in Heek, Isselburg, Legden, Raesfeld und Schöppingen auffällig. Die amtliche Statistik<br />
gibt die Daten auf der Schulebene aus. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die<br />
fünf existierenden Verbundschulen in der Statistik weiterhin als Hauptschulen ausgewiesen<br />
werden. Auf der Ebene der Bildungsgänge stellt sich die Situation mit dem Realschulzweig<br />
an den Verbundschulen aber anders dar. Dies führt zu der eher verwirrenden Situation, dass<br />
an den Standorten mit einer Verbundschule Übergangsquoten zu Hauptschulen von über<br />
40% ausgewiesen werden. Nach Rückmeldung von eigenen Zahlen aus diesen fünf Kom-<br />
munen lässt sich sagen, dass ca. zwei Drittel der Schüler, die in der Übersicht als Wechsler<br />
zur Hauptschule ausgewiesen werden, den Realschulzweig besuchen und nur ein Drittel<br />
dieser Schüler den Hauptschulzweig besucht.<br />
Auffällig ist außerdem die große Spannweite der Kommunen bei den Übergängen auf das<br />
Gymnasium. Weiterführende Aussagen und Erklärungen bedürfen einer genaueren Analyse.<br />
40
Übergangsquote auf die Hauptschule für das Schuljahr 2010/11<br />
65,0%<br />
60,0%<br />
55,0%<br />
50,0%<br />
45,0%<br />
40,0%<br />
35,0%<br />
30,0%<br />
25,0%<br />
20,0%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Übergangsquote auf die Realschule für das Schuljahr 2010/11<br />
50,0%<br />
45,0%<br />
40,0%<br />
35,0%<br />
30,0%<br />
25,0%<br />
20,0%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Übergangsquote auf das Gymnasium für das Schuljahr 2010/11<br />
50,0%<br />
45,0%<br />
40,0%<br />
35,0%<br />
30,0%<br />
25,0%<br />
20,0%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Quelle: IT.NRW<br />
Quelle: IT.NRW<br />
Quelle: IT.NRW<br />
41
Pressespiegel<br />
<strong>Borken</strong>er Zeitung, 06. Juni 2012<br />
42
Teilnehmer/-innen des Fachforums<br />
Schulentwicklungsplanung am 04.06.2012<br />
Amshoff Brigitte Jugendamt, Stadt Gronau<br />
Bauer Stefanie Berufskolleg Canisiusstift, Ahaus<br />
Beine Dr. Theodor Mitglied (SPD) des Rates der Stadt Isselburg<br />
Bergenthal Alexander Bildungsbüro, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Borgmann Gisela Bildungsbüro, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Brand Werner Kompetenzteam, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Brands Michael Priv. Gymnasium Mariengarden, <strong>Borken</strong>-Burlo<br />
Brinkhaus Josef<br />
Mitglied des Lenkungskreises Regionales Bildungsnetzwerk,<br />
Schulleiter Berufskolleg <strong>Borken</strong><br />
Brubach Karl-Heinz Schulleiter Losbergschule, Stadtlohn<br />
Brüggemann Dr. Thomas Erster Beigeordneter, Gemeinde Velen<br />
Brzoska Adam<br />
Bücker Gabi Bildungsbüro, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Büning Elisabeth Bildungsbüro, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Büter Felix Bürgermeister, Stadt Ahaus<br />
Schulpflegschaftsvorsitzender Hans-Christian-Andersen-Schule,<br />
Rhede<br />
Capitain Kurt Schulleiter Overbergschule, Reken<br />
Cichon Sandra Erste Beigeordnete, Stadt Gronau<br />
Dirks Günther Mitglied (FDP) des Rates der Stadt <strong>Borken</strong><br />
Dreischenkemper Hermann Mitglied (Bündnis 90/Die Grünen) des Rates der Gemeinde Reken<br />
Eckerth Hans Joachim Mitglied (SPD) des Rates der Gemeinde Velen<br />
Fischer Karl-Heinz Mitglied (UWG) des Rates der Gemeinde Reken<br />
Flüchter Wilfried Schulleiter Mariengymnasium, Bocholt<br />
Gemsa Bernhard Schulleiter Geschwister-Scholl-Gymnasium, Stadtlohn<br />
Geuting Jürgen FB Schule, Bildung, Kultur und Sport, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Giesing Veronika Mitglied (CDU) des Rates der Stadt Isselburg<br />
Goßmann Heidemarie Obere Schulaufsichtsbehörde - Bezirksregierung Münster<br />
Grevenbrock Michael Schulleiter Priv. Schönstätter Marienschule, <strong>Borken</strong><br />
Groß-Bölting Hedwig Owweringschule, Stadtlohn<br />
Große-Berg Franz-Josef Mitglied (CDU) des Rates der Stadt Ahaus<br />
Grote Michaele Schulleiterin Berufskolleg Lise Meitner, Ahaus<br />
Grotendorst Andreas Bürgermeister, Gemeinde Raesfeld<br />
Gunsing Dina Fachbereichsleiterin Allg. Verwaltung, Stadt Isselburg<br />
Hahne-<br />
Stiegelbauer<br />
Birgit Schulleiterin Maria-Sibylla-Merian-Realschule, <strong>Borken</strong>-Weseke<br />
Helmich Ulrich Bürgermeister, Gemeinde Heek<br />
Henseler Torsten Bildungsbüro, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
43
Heselhaus Jörg Leitung Allg. Verwaltung, Gemeinde Raesfeld<br />
Hill Wolfgang Mitglied (UWG) des Rates der Gemeinde Reken<br />
Hilverling Ute Schulpflegschaft Geschwister-Scholl-Gymnasium, Stadtlohn<br />
Hofmeister Peter Obere Schulaufsichtsbehörde - Bezirksregierung Münster<br />
Homann Rudolf Schulleitung Anne-Frank-Realschule, Ahaus<br />
Hörster Dr. Ansgar <strong>Kreis</strong>direktor <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Humberg Theo Mitglied (CDU) des Rates der Stadt Vreden<br />
John Martina<br />
Mitglied des Lenkungskreises Regionales Bildungsnetzwerk,<br />
Schulleiterin Kreuzschule, Heek<br />
John Burkhard Mitglied (CDU) des Rates der Stadt Gronau<br />
Jürgens Sonja Mitglied (SPD) des Rates der Stadt Gronau<br />
Keesen Oliver Stellvertr. Schulleiter Driland-Kolleg, Gronau<br />
Kemper Bernd Erster Beigeordneter, Stadt Vreden<br />
Kirchner Ulrich Schulleiter Berufskolleg Bocholt-West<br />
Kissenkötter Martin Schulleiter Franziskusschule, Ahaus<br />
Klein Martin Kreuzschule Heek<br />
Kleweken Friedhelm Bürgermeister, Gemeinde Legden<br />
Knecht Beate Friedensschule, Rhede<br />
Koddebusch Dr. Michaela Schulpflegschaft Werner-von-Siemens-Gymnasium, Gronau<br />
König Anne Mitglied (CDU) des Rates der Stadt <strong>Borken</strong><br />
Köppen Angela Schulleiterin Hoimar-von-Ditfurth-Realschule, Vreden<br />
Krandick Hubert FB Schule, Jugend, Sport und Kultur, Stadt Vreden<br />
Kühlkamp Hermann Erster Beigeordneter, Stadt Ahaus<br />
Lammers Jürgen FB Allg. Verwaltung, Schule, Jugend und Kultur, Gemeinde Heek<br />
Lammersmann Bernhard Mitglied (FDP) des Rates der Gemeinde Reken<br />
Lefering Hermann FB Bildung, Kultur, Sport, Stadt Ahaus<br />
Lenz Herbert FB Schule, Kultur und Sport, Gemeinde Legden<br />
Lueg Dirk Jugendamt, Stadt Bocholt<br />
Lührmann Rolf Bürgermeister, Stadt <strong>Borken</strong><br />
Lütkecosman Josef Schulleiter Berufskolleg für Technik Ahaus<br />
Mai Eva-Maria Schulpflegschaft Mariengymnasium, Bocholt<br />
Midboe Judith Schulamt für den <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Mittag Lothar Bürgermeister, Stadt Rhede<br />
Möllenbeck Elisabeth FB Jugend und Familie, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Niehoff Wilhelm Carl-Sonnenschein-Realschule, Gronau-Epe<br />
Nienhaus Stefan Haupt- und Personalamt, Gemeinde Reken<br />
Pettirsch Karlheinz Bürgermeister, Stadt Stadtlohn<br />
Pieper Josef Mitglied (CDU) des Rates der Stadt Gronau<br />
Pöpping Johannes Fachbereich Bildung, Kultur und Freizeit, Stadt <strong>Borken</strong><br />
44
Punsmann Hubert Leitung FB Schule, Bildung, Kultur und Sport, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Ricking Norbert Mitglied (SPD) des Rates der Stadt Gronau<br />
Rieke Mechthild<br />
Mitglied des Lenkungskreises Regionales Bildungsnetzwerk,<br />
Schulleitung Johann-Walling-Schule<br />
Risse Martin Obere Schulaufsichtsbehörde, Bezirksregierung Münster<br />
Rößing Michael Hans-Christian-Andersen-Schule, Rhede<br />
Schäffer Achim Schulleiter Realschule der Stadt Rhede<br />
Schilde Silvia Stellv. Schulleiterin Städtische Realschule Gescher<br />
Schmeing Aloys Mitglied (CDU) des Rates der Stadt Ahaus<br />
Scholle Dietrich Obere Schulaufsichtsbehörde - Bezirksregierung Münster<br />
Schulte Renate Mitglied (UWG) des Rates der Stadt Ahaus<br />
Schweers Michael Obere Schulaufsichtsbehörde - Bezirksregierung Münster<br />
Schwingenheuer Beate Obere Schulaufsichtsbehörde - Bezirksregierung Münster<br />
Seifen Helmut Schulleiter Werner-von-Siemens-Gymnasium, Gronau<br />
Stödtke Werner Gemeinde Südlohn<br />
Stroetmann Matthias Schulleiter Alexanderschule, Raesfeld<br />
Strothmann Hans-Dieter Stellv. Bürgermeister Gemeinde Raesfeld<br />
Sylla Michael Regionale Schulberatungsstelle <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Telgmann Bernd<br />
Mitglied des Lenkungskreises Regionales Bildungsnetzwerk,<br />
Schulleitung Gymnasium Georgianum<br />
Terwiel Jutta Bildung und Soziales, Stadt Rhede<br />
Tölle Prof. Dr. Ursula Katholische Hochschule NRW<br />
Tünte Karl-Heinz Mitglied (CDU) des Rates der Gemeinde Raesfeld<br />
Uphoff Gottfried Erster Beigeordneter, Gemeinde Reken<br />
van der Linde Christian Leitung Fachbereich Jugend und Familie, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Vedder Christian Bürgermeister, Gemeinde Südlohn<br />
Verwendel Sabine Schulpflegschaft Maria-Sibylla-Merian-Realschule, <strong>Borken</strong>-Weseke<br />
Vortkamp Anneliese Schulleiterin Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule, Ahaus<br />
Voß Cordula Owweringschule, Stadtlohn<br />
Voß Ansgar Stellv. Schulleiter Anne-Frank-Realschule, Ahaus<br />
Walters Ulrich Schulleiter Bischöfl. Canisiusschule, Ahaus<br />
Wantia Beatrix Bischöfl. Canisiusschule, Ahaus<br />
Weddeling Ruth Bildungsbüro, <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Wehmschulte Reinhard Schulleiter Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung Ahaus<br />
Wehning Günter Fachbereich Schule, Kultur und Sport, Stadt Stadtlohn<br />
Weilinghoff Franz-Josef Fachdienst Schule und Sport, Stadt Gronau<br />
Wellekötter Julia Schulverwaltung, Stadt Stadtlohn<br />
Werner Siegfried Schulamt für den <strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Winhuysen Kläre Mitglied (SPD) des Rates der Stadt Vreden<br />
45
<strong>Kreis</strong> <strong>Borken</strong><br />
Bildungsbüro<br />
Burloer Str. 93<br />
46325 <strong>Borken</strong><br />
Tel. 02861 – 82 2353<br />
www.bildungskreis-borken.de