Insgesamt muß bei der Betrachtung der Flurformen berücksichtigt werden,das3sich das ursprüngliche Flurbild durch mehrfache Überformungenim Laufe der Jahrhunderte stark verändert hat, so da!j oft die Flurnamendie einzigen Zeugen sind, die noch auf die einst andersartige Struktureiner dörflichen Flur hinweisen.Ehemalige Waldausbreitung und mittelalterliche RodungenFür das Hochmittelalter wird das Gesicht des Kreises Weimar geprägtdurch die Fortsetzung des schon in der fränkischen Zeit begonnenen LandesausWaren in den vergangenen frühfeudalen Jahrhunderten vorallem die schwarzen und braunen Steppenböden des Keupers, die tonigmergelGesteinsböden des Pleistozäns, die Alluvialböden der FlueundBachauen sowie die klimatisch begünstigten Muschelkalkverwitterungsbödbei der Umwandlung in Dauerackerland bevorzugt worden,so richtete sich der Blick der Grundherren in der Zeit des vollentwickeltenFeudalismus nunmehr auch auf die MuschelkalkundBuntsandsteinflächen,deren weniger fruchtbare Böden bisher von einer durchgreifendenUmwandlung in Ackerland noch nicht erfaßt worden waren und dahernoch mehr oder weniger ausgedehnte Wälder trugen. Sowohl den weltlichenFeudalherren als auch den Klöstern ging es darum, die Waldgebietedurch Umwandlung in Ackerland einer ertragreicheren Nutzungzuzuführen (FUHRMANN 1962, S. 141).Für die Lokalisierung dieser RodungsundNeusiedlungstätigkeit ergibtsich aus der Lagerung der typischen Rodezeit- Ortsnamen auf -rodaund -hain (Isseroda, Gelmeroda, Kiliansroda, Mechelroda, Vollradisroda,Tannroda; Blankenhain) sowie des Ortsnamens Rottdorf zunächst einHinweis auf das südliche Kreisgebiet. Deutlicher wird das Bild der Verbreitunmittelalterlicher Rodungsvorgänge, wenn die Rod(e)- Flur- und-Wüstungsnamen herangezogen werden1'Außer dem Südkreis tritt auch der Höhenzug des Ettersberges klar hervor.In geologischer Sicht sind dies die Teile des Untersuchungsgebietes,die zum Bereich der MuschelkalkundBuntsandsteinformation gehören.Auch die auf Wald weisenden 14 Hain- Namen sowie die FlurnamenStocke und Stöckicht liegen im MuschelkalkundBuntsandsteingebiet11) Vgl. die Karte und das Verzeichnisder auf Wald und Rodung weisendenToponyme.
oder unmittelbar an dessen Rändern, wo die KarbonatundSandbödenin fruchtbarere Böden übergehen. Frei von Rode- Namen bleiben das gesamteKeupergebiet und die pleistozänen Ton-Mergel- Inseln im Nordkreissowie in dem breiten Streifen, der sich als Weimarer Grabenbruch in her-zyniscRichtung durch die Mitte des Untersuchungsgebiets zieht.Aus dem toponymischen Material ergibt sich somit ein Bild der Übereinstimzwischen mittelalterlicher Rodetätigkeit und der MuschelkalkundBuntsandsteinformation. Dabei fällt auf, das3 dort, wo sich auchheute noch größere zusammenhängende Waldkomplexe ausdehnen, Rode- Namenfehlen: auf dem Ettersberg, im Tannrodaer Buntsandsteinsattelsowie in der Muschelkaikzone zwischen Blankenhain, Bad Berka undÖttern. Daraus darf geschlossen werden, das3 die heutigen Waldflächenals wenn auch in ihrem Charakter durch den Eingriff des Menschenvöllig veränderte Kerne früherer größerer Waldgebiete betrachtet werdenkönnen, das3also die frühere Rodungsarbeit kaum wesentlich über dieGrenzen des heutigenDauerackerundWiesenlandes hinausgegangen seindürfte12. Die mittelalterlichen Rodungen setzten dort an, wo die geomorphologiund klimatischen Verhältnisse noch die Möglichkeit ackerbaulichNutzung versprachen, ließen aber die steileren Hänge und dieHöhenzüge der MuschelkalkundBuntsandsteinlandschaft unberührt. DieRealprobe weist auf dieses Verfahren deutlich etwa in der flachen Senkezwischen Berka und Hohenfelden, am Waldsaum des Ettersberges oderan den Rändern der bewaldeten limplatte.Bei dem Vergleich des Bildes, das aus dem Namenmaterial und derheutigen Waldausdehnung für die mittelalterliche Waldverbreitung gewonnewurde, mit der Karte SCHLÜTERS (1959-61, Karte 5) zeigt sichfür den Ettersberg und das südliche Kreisgebiet weitgehende Kongruenz.Divergenzen ergeben sich lediglich auf der Hochfläche zwischen 11m undSaale. Für Schlüter war die um- Saale- Platte zwischen dem MagdalaerGrabenbruch im Süden und der heutigen Kreisgrenze im ONO im Mittelalterwaldfrei. 6 Rode- Namen auf dieser Fläche (Ottstedt b. M., Lehnstedt,Hammerstedt, Hohlstedt, GrogundKleinschwabhausen), verschiedeneWaldinseln sowie eine 1119 erwähnte Waldung, die sich bis zu der WüstungWellendorf b. Ottstedt erstreckt hat (DOB. 1896, I, 1138; 0V. 1926,I, 15; vgl. ferner DOB. 1886, IV, 2141), lassen aber annehmen, daß auch12) Nur nördlichvon Troistedt sind wie der Vergleichälterer Katasterunterlagenmit den gegenwärtigenVerhältnissenzeigt Ödland und Weidetriften, die auf gerodetemBoden entstanden waren, am Ende des 19. und zu Beginn des 20.Jh. durchFichtenwaldkulturenneu aufgeforstetworden.