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Rudolf Feustel - Herbert Ullrich TOTENHÜTTEN DER ...

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Abb. 1:Nordhausen, Totenhütte, Profil.seiner südwestlichen Schmalseite. Die äußere Breite der Kammer betrug4,20 m, die erhaltene Länge ohne Gang 5,30 m; der Gang war in einerLänge von 1,15 m und einer Weite von 0,90 m vorhanden. Nach Aussagedes Baggerführers sollen nur wenige Skelette weggebaggert worden sein.Da das Grab schräg geschnitten wurde, kann man die Angabe als Hinweiswerten, daß die westliche Seite nur wenig verkürzt ist. Die Kammerkönnte somit etwa 6 m lang gewesen sein.Den Boden bedeckten recht sorgfältig gelegte SandsteinundvereinzeltMuschelkalkplatten. Die Neolithiker hatten diese aus 2-5 km Entfernunherantransportiert. An den Längsseiten zogen sich Trockenmauernentlang, die aus dem gleichen Material bestanden. Sie waren rund 0,50 mbreit und reichten maximal 0,45 m über das Pflaster. Unmittelbar auf denMauern ruhten Gipsknollen, die aus dem 5 km entfernt anstehenden Zechsteinstammen. Man sieht sie auf dem Photo besonders deutlich imWesten, während sie von der südlichen Mauer anscheinend der Pflugweggerissen hat. Im Südwesten lagerte auf dem Bodenpflaster eine 0,50bis 1,00 m breite flache Schwelle aus Steinplatten. Zuoberst breitete sichzwischen den Mauern eine annähernd gleichmäßig starke Schicht plattigerund knolliger Steine aus, die man wegen ihrer planlosen Anordnung alsVersturzmasse ansehen muß. - Auch im Südwesten war die Anlage teilweisegestört. Eine regelrechte Quermauer hatte hier allerdings wohlnicht bestanden. Wie zwei schrägliegende Platten östlich des Eingangsvermuten lassen, waren hier Steinplatten senkrecht aufgestellt und vonhinten mit anderen Steinen gestützt. An der südlichen Wand des Gangesstanden ebenfalls kleine senkrechte Platten, die an flachliegenden Steinenlehnten. Den Boden des nach der Grabkammer zu abfallenden Ganges bedecktemehrere größere Platten. Ob mit einigen ursprünglich die Öffnungzur Kammer verstellt war, ließ sich nicht erweisen. Zwischen Bodenbelagund Wand befand sich ein teilweise völlig steinfreier, schlitzartigerRaum von 0,10 m Breite, und im Bestattungsraum lagen bemerkenswerterwdie Skelette, abgesehen von einigen sicherlich sekundär ver-


lagerten Knochen, 0,25 m von den Mauern entfernt. Offenbar waren dieseZwischenräume mit Balken o. a. ausgefüllt gewesen; von der organischenSubstanz hat sich jedoch nichts erhalten. Auch von Pfostenlöchern fandsich keine Spur.Das geborgene Skelettmaterial stammt von 50 Individuen. Wenn mandazu die weggebaggerte Flache berücksichtigt, von der nur wenige Knochenaus der Abraumhalde geborgen werden konnten, so darf man durchausmit einer Belegung von annähernd 60 Toten rechnen - für die WalternienbKultur eine ungewöhnlich große Anzahl. Die Skelette fandensich in drei noch leidlich erkennbare Längsreihen angeordnet. Meist lagendie Knochen nicht mehr im anatomischen Zusammenhang und warendurch die herabgestürzten Dachsteine stark zertrümmert worden. Nur beiwenigen Skeletten bzw. Skelettresten hell sich erkennen, daß man dieLeichen ohne bestimmte Orientierung als mäßig bis stark gekrümmterechte oder linke Hocker beigesetzt hatte. Ihre Hände lagen vor der Brust.Die Zugehörigkeit der postkranialen Skelettelemente zu den einzelnenSchädeln ließ sich mit Ausnahme einiger langer Gliedmalienknochen nichtmehr ermitteln. Die Bergung der Skelette erfolgte in Anwesenheit vonDr. <strong>Ullrich</strong> und konnte nur nach Quadratmetern geschehen.In Anbetracht der großen Zahl der Bestatteten müssen die Beigabenals ärmlich bezeichnet werden: Im Nordosten fanden sich zwei Tassen,im Südwesten, über eine größere Fläche verteilt, Reste einer groben Tasse,und über die ganze Kammer verstreut einzelne Scherben von weiterenGefäßen sowie Feuersteinklingen. Zahlreiche durchbohrte Hundezähnewurden bei einem Kinderskelett gefunden.KleinfundeTasse; doppelkonisch mit scharfem Umbruch; leicht abgesetzter Standbodenschwach konkav; der Bandhenkel setzt oberhalb des Umbruchs an und endetunterhalb des Randes; unverziert; Bdm: 6,2, Dm: 12,0, Mdm: 9,0, H: 10,1 cm.Tasse; konisches Oberteil, leicht konvexer Bauch; auf dem Umbruch zwei(bis sechs ?) aufgesetzte Knubben; Boden schwach konkav; der Bandhenkelsetzt knapp oberhalb des Umbruchs an und endet unterhalb des Randes; Mündungwenig nach augen gebogen; unverziert; Bdm: 6,1, Dm: 11,4, Mdm:9,0, H: 10,2 cm.Tasse; der hohe konische Hals geht allmählich in die schräge Schulter über;sehr scharfer Umbruch; konischer Bauch; leicht abgesetzter ebener Standboden;der Bandhenkel reicht vom Hals- Schulter- Übergang bis 2 cm unterhalb desRandes; unverziert; Bdm: 4,7 Dm: 10,1, Mdm: 6,5, H: 9,7 cm.Vom übrigenRandscherbeScherbenmaterial sind anzuführen:mit nach oben weisender länglicher Knubbe.


Abb. 3: Nordhausen,Keramik. %Kleine S c h e r b e mit aufgesetzter scharfkantiger Leiste.Sc h e r b e mit horizontalem Riefenband.S c h e r b e mit horizontal und sparrenartig angeordneten Rillen.Kleine Sc h e r b e mit Furchenstichund Stichverzierung; die Einstiche sind miteinem vierkantigen spitzen Gerät hergestellt.4AnsatzevonBandhenkeln.7 F e u e r it e j n k II n g e n, z. T. mit vereinzelten lateralen Gebrauchsretuschen;unpatiniert grau, honiggelb oder weiblich.S p it z k II n g e; unregelmäßig feine Lateralretuschen; an der Spitze linksfächerförmige Steilretuschierungmit Gebrauchsglanz; ventral vorderer Teil glänzend.Do p p e is c h a b e r; unterschnitten; Feuerstein unpatiniert, fleckig grau.P f e II s p it z e; triangular, Basis leicht konkav; alle Kanten dorsal und z. T.ziemlich steil retuschiert; Spitze flächig retuschiert; hellgrauer Feuerstein.P f e II s p it z e; gerade, unretuschierte Basis; ungleichmäßig geschweifte Kantendorsal flach retuschiert; hellgrauer Feuerstein.P f e II s p it z e; triangulär; dorsal total und ventral die Spitze flächig retuschiert;gerade Basis ventral randretuschiert; hellbismittelgrauer durchscheinenderFeuerstein.Pf e II s p it z e; herzförmig; konkave Basis; Längsseiten dorsal grob flächigretuschiert; ventral äußerste Spitze und Basis flächenhaft übergreifend retuschiert;hellbismitteigrauer durchscheinenderFeuerstein.


Abb. 4: Nordhausen, Silexartefakte. '/jP f e II s p it z e; sehr lang; herzförmig; konkave Basis; dorsal und ventralrandlich bis flächig retuschiert; hellgrauer Feuerstein.P f e II s p it z e; herzförmig; konkave Basis; Widerhaken ungleich lang; Längskantengezähnt; dorsal und in geringerem Ausmaße auch ventral randlich bis Eflächig retuschiert; hellgrauer Feuerstein.38 T i e r z a h n, davon sind 29 durchbohrt und 8 so weit abgewittert, d4eventuell vorhanden gewesene Löcher nicht mehr zu sehen sind. Die meistenLöcher sind sanduhrförmig; mehrere scheinen aber auch einseitig gebohrt wor


den zu sein. Vier Wurzeln sind durch Schleifen quer zum Zahn abgeflachtworden. Ein Zahn ist nicht durchlocht. Auner zwei Caninen vom Fuchs und jeeinem von Dachs und Fischotter handelt es sich um Hundecaninen.2Rechter Teil einer durchbohrten M u s c h e 1s c h a 1e (Pectus maximus L.). DasStück wurde auf der Abraumhalde gefunden, könnte aber im weggebaggertenTeil des Grabhausesgelegen haben.Grabhütte von NiederbösaEin zweites Totenhaus wurde in der Gemarkung Niederbösa, Kr. Sondershausen,Flurteil "Am Burggraben", im Herbst 1958 entdeckt, weil derPflug mehrere Schädelknochen an die Oberfläche gerissen hatte. Nachder Meldung im März 1959 erfolgte sofort die vollständige Ausgrabung.3Die Fundstelle befindet sich auf dem oberen Teil des leicht abdachendenSüdwesthanges der flachen "Trebraer Höhe". Den hier anstehendenMuschelkalk bedeckt unmittelbar die flachgründige steinige humolehmigeAckererde. In den angewitterten Muschelkalk war die rechteckige,annähernd ostwestlich orientierte, 7,50 m lange, 3,60 m breite, im Westen0,22 und im Osten 0,30 m tiefe Grube des Grabhauses gearbeitet. DieGrube der im Südwesten liegenden Einzelbestattung war am südlichenRand nur 0,05 m in den gewachsenen Boden eingetieft; nach der großenKammer hin senkte sie sich jedoch, bis sie deren Sohle erreichte. Einezweite Einzelbestattung im Westen setzte sich dagegen mit einer Tiefe vondurchweg 0,10-0,12 m deutlich ab.Die unebene Sohle des Grabhauses bedeckte eine leicht von Westennach Osten einfallende, unterschiedlich mächtige Kalkplattenschicht mitvereinzelten zwischengelagerten Knochen. Offenbar hatte man nochSteine eingebracht, als schon zerfallene Skelette im Raum lagen. Aufdiesem Bodenpflaster ruhten die Reste von insgesamt 78 Individuen.Teilweise war der natürliche Zusammenhang der Skeletteile noch rechtgut gewahrt; deutlich liehen sich rechte und linke Hocker mit mäßig angezogenenBeinen, vereinzelt auch mit eng an die Oberschenkel gepreßtenUnterschenkeln und angewinkelten Armen sowie einige gestreckte SkeletteinRückenundBauchlage unterscheiden. Eine bestimmte Orientierungnahmen sie nicht ein. Die Bergung des Skelettmaterials erfolgte nach2) Die Tierzähne bestimmteHerr Dr. Kahike, Weimar.3) Für die zahlreichen Geländebegehungen,die u. a. zur Entdeckungdieses Grabhausesführten, für die Meldung und für die mannigfache Unterstützung der Ausgrabungsind wir dem örtlichen BodendenkmalpflegerHerrn O. Buschund der ArbeitsgemeinschafUrundFrühgeschichtevon Oberbösazu grofiem Dank verpflichtet.


Abb. 5: Niederbösa, Grundril%der Totenhütte.


einzelnen Komplexen, so daß für fast alle Bestattungen die Zusammengehörigkeitwerden kann.von Schädel und postkranialem Skelett als gesichert betrachtetZwischen der erhöhten Skelettlage und der Grubenwand befand sichein ca. 0,30 m breiter tieferer Raum; d. h., er enthielt nur vereinzelte,wohl sekundär verlagerte Knochen und über diesen schräg oder senkrechtstehende Steinplatten. Letztere dürften die Basis der Steinbedeckungdes Daches gebildet haben. Die übrigen "Dachsteine", die sich einst überdie gesamte Anlage verteilten, ergaben nur noch im Osten eine zusammenhängendeDecke; nach Westen waren sie mit Teilen der darunterliegendenSkelette schon weitgehend dem Ackerbau zum Opfer gefallen(s. FEUSTEL 1959, Tf. 37).An den Firstseiten des Totenhauses fand sich je ein Pfostenloch. Daswestliche hatte einen Durchmesser von 0,20 m und reichte nur 0,05 m inden gewachsenen Boden hinein; das östliche maf3 0,28 m im Durchmesserund war 0,10 m eingetieft.Auch diese Grabhütte enthielt nur wenige Beigaben. Relativ zahlreichfanden sich lediglich durchbohrte Hundezähne. Da sie sich über dieganze Kammer verteilten, werden die meisten Bestatteten, wie die westlicheNachbestattung, nur einen Zahn oder doch nur wenige solcheSchmuckstücke mitbekommen haben. Weit verstreut waren auch die Scherbenund Silices. Eine Ausnahme machten nur die Scherben einer Kanne,die sich auf einer kleineren Fläche konzentrierten. In dem südwestlichenEinzelgrab lagen der Rest eines unverzierten, sehr mürben Gefaßes undein fazettierter Axthammer; damit erweist es sich als schnurkeramischeNachbestattung. Eine ziemlich verwitterte durchbohrte Schmuckscheibeaus Knochen, die Knochenmeißel und eine Schußverletzung wurden erstbeim Waschen des Fundmaterials erkannt.KleinfundeKanne; ebener Standboden; flachausladendes Unterteil; scharfer tiefliegenderUmbruch; gewölbte Schulter; hoher zylindrischer Hals; der 4,8 cm breiteBandhenkel setzt am Schulter-Hals-Knick an und führt leicht schräg bis knappunterhalb der Mündung; auf dem Henkel 6 Längskanneluren; auf dem Halsein Band aus 9 Kanneluren, das beiderseits des Henkels endet; unmittelbar oberhalbdes Umbruchs sind noch zwei Paar kleine Knubben erhalten, ursprünglichwerden es wohl vier Paar gewesen sein; Bdm: 11,4, Dm: 22,4, Mdm: 13,3, H:21,3 cm.Randscherbemit Schnittlinien auf der Innenseite.Wandscherben von verschiedenen Gefäßen mit StichundFurchenstichverzierung.


Abb. 6: Niederbösa. %Scherbe mit Schnittfurchen.Kleine Randscherbe mit Kniffelung knapp unterhalb des Randes.Zahlreiche unverzierte W a n d s c h e r b e n, z. T. von groben SiedlungsgefScherben eines schwach gebrannten unverzierten schnurkeramischenGefäßes,Fazettierter Axthammer; Fazetten quer geschliffen; Durchbohrung doppel.konisch; L: 11,8, Br: 4,2, St: 3,5 cm.Artefakte aus rauchgiasartigem bis honiggelbem, z. T. auch aus heligrauemunpatiniertem oder nur schwach patiniertem nordischem Feuerstein:PfeIIspitze, herzförmig (?), Basis abgebrochen; beiderseits randundder Spitze flachenretuschiert.7 Klingen.17 Abschläge.Bruchstückeiner Zickzackklinge.Spitzklinge,partiell mit steiler Lateralretusche.KIInge mit ungleichmäßigen Lateralretuschen.an


Abb. 7: Niederbösa. 1/1


Spitzer klingenförmiger A b s c h 1 a g mit ungleichmä4igen Laterairetuschen.Kräftige K II n g e mit flachen, auf die Fläche übergreifenden Laterairetuschen;Ende durch dorsale und ventrale Abschläge meißelartig zugerichtet.Kurzes kräftiges K II n g e n g e r a t; Basisteil rechts durch steile Retuschen,links durch einen von der Oberseite geführten Schlag stielartig zugespitzt; Endelurch Lateralretuschen zu einem Bohrer oder Spitzschaber gestaltet; Spitze aufder Oberseite mit Gebrauchsglanz, der bis an die Retuschen heranreicht, aberdiese nicht mit überzieht (Sichelstein).Kegelstumpfförmige Knochentülle mit kegelförmigem Hohlraum;Abb. 8: Niederbösa,Knochenmeißel. 1/1Schmuckscheibe aus Knochen; annähernd rechteckig, alle Ränder leichtkonvex; in der Mitte zwei Bohrlöcher; Oberseite durch schwach eingebohrtePunkte verziert (stellenweise nur noch wenige Punkte zu erkennen); L: 8,1,Br: 2,9, St: 0,3 cm.Knochenmeißel;L: 8,2, Br: 1,9, St: 0,95 cm.Bruchstück eines K n o c h e n m e j ß e 15;L: 3,6, Br: 1,4, St: 0,6 cm.38 durchbohrte Hundezähne und 1 durchbohrter Schweinezahn (Caninu


Außerdem fanden sich vier Knochen von Haustieren (Rind, Schaf oder Ziege)und 15 Knochenvon Wildtieren:4RindRechtes Pelvisfragment1.' Phalanx links hinten IV3. Phalanx links hinten IIIDiese drei Knochen stammen von mindestens zwei adulten Rindern. Die erstePhalanx und das Pelvisfragment sind etwa so grob wie die Knochen von einemRind aus dem Opfermoor von Oberdorla mit einer errechneten WRH von 120bis 125 cm. Die dritte Phalanx stammt von einem größeren Tier.Schaf oder ZiegeRechtes Mandibulafragment. Pd 4 noch nicht gewechselt. Alter des Tieres 13/4bis 2 Jahre.Rothirsch1. Phalanx links vorn IIIFeidhaseLinkes distales HumerusfragmentKnochen etwas kleiner als der von einem adulten Weibchen aus der HalleschenVergleichssammlung.Rotfuchs5 linke Mandibulafragmente 16 rechte Mandibulafragmente çKnochenvon 9 TierenBei acht Tieren war das vollständige Ersatzgebif3 vorhanden. Sie sind älter alssechsMonate. Nur ein Fuchswar erst 4-5 Monate alt (Wechsel der Prämolaren).In der Größe sind keine Unterschiede gegenüber rezenten Füchsen zu verzeichnen.Die Knochenmaße liegen innerhalb der von GAFFREY (1953; 1961) angegebenVariationsreihen.HamsterRechte MandibulaEin Größenvergleich mit rezenten Stücken ergab, daß die Mandibula von einemkleinen oder jungen Tier stammt.AuswertungFundeWährend die Mandibula eines Hamsters evtl. von einem zufällig hierverendeten Tier stammen könnte, gehören die übrigen tierischen Resteunbedingt zur Totenausstattung. Es handelt sich dabei nicht lediglich umFleischbeigaben. Denn bemerkenswerterweise sind von drei Rinderknochezwei Phalangen, Rothirsch ist überhaupt nur durch eine Phalanx4) Die Bestimmungder Tierknochen führte freundlicherweiseHerr Dr. ManfredTeichert, Institut für Haustierforschungder Universität Halle/Wittenberg, durch.


elegt, und von Schaf/Ziege liegt ein Mandibulafragment vor. An alldiesen Knochen befand sich kaum Fleisch. Man muß deshalb annehmen,daß diese Opfergaben andere Bedeutung hatten. In den Bereich des Kultesgehören ohne Zweifel auch die Mandibeln von neun Rotfüchsen.Waren wir erst geneigt anzunehmen, daß3die Reste von Tieren stammen,welche in die Grabhäuser eingedrungen und hier verendet sind, so sprichtdas Fehlen der anderen Skeletteile eindeutig gegen eine solche Interpretation.- Tierzähne waren bereits im Paläolithikum und im Mesolithikumein beliebter Schmuck; in neolithischen Kulturen findet er sich oft in beträchtliMenge. In der Walternienburg- Bernburger Kulturgruppetrugen ihn besonders die Kinder und Jugendlichen (FISCHER 1956,S. 103) wie der Befund von Nordhausen erneut bestätigt. - Auch Muscheln,die oftmals durchbohrt sind, werden in vielen neolithischen Kulturgrupals Grabbeigaben angetroffen. Das in Nordhausen gefundeneStück gehört zu einer Art, welche an den europäischen Küsten des Atlantiklebt - sie fehlt in der Ostsee5 - und deutet damit kulturelle Beziehungenunserer Bevölkerung nach Nordwesten an. - PunktverzierteMuschelundKnochenscheiben, allerdings meist rund, wurden nicht seltenvon mitteldeutschen Schnurkeramikern getragen. - Knochenmeißel sind inspätneolithischen Kulturgruppen relativ häufige, in der Bandkeramik dagegenrecht seltene Werkzeuge. Vermutlich dienten sie etwa anstelle von"Schuhleistenkeilen" und ähnlichen steinernen Instrumenten zur Holzbearbeiweder- Die Knochentülle ist leider so stark korrodiert, da5 sichBearbeitungsnochAbnutzungsspuren erkennen lassen und ihrVerwendungszweck fraglich bleiben mue.Von den Feuersteingeräten verdienen die sieben langen triangulärenoder herzförmigen Pfeilspitzen besondere Beachtung. Eine Pfeilspitzesteckte noch 3,1 cm im proximalen Gelenk eines menschlichen Oberarmes(s. auch S. 195 if.). Sie klemmte fest im Schußloch, d. h. die Schneidender Spitze standen noch in unmittelbarem Kontakt mit dem Knochen.Dagegen sind die Breitseiten bis 0,4 cm vom Knochen entfernt. Da dieZerstörung der Knochensubstanz im Bereich der Silexschneiden am größtenist, wäre zu erwarten gewesen, daß hier die Spongiosa am stärkstenabgebaut worden ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie ein Ausguß desSchußloches ergab, ist dessen Wandung recht glatt vernarbt. Stellenweisezeigte sich ein äußerst schwach abgesetzter Streifen von etwa 1 mm Breite.Dieser Befund läßt darauf schließen, daß die Spitze fast völlig in harten5) Diese Angabe verdanke ich Herrn Prof. Dr. Jaeckel, Berlin, ZoologischesMuseum.


Holzteer (Birkenteer) eingebettet war, der sie am Schaft festkittete. DaHolzteer aseptisch wirkt - er wurde bis in unser Jahrhundert z. B. bei derWundbehandlung an Pferden angewandt - erklärt sich. warum es trotzdes Fremdkörpers zu keinem Abszeß gekommen war. Da andererseits derTeer vom menschlichen Körper nur langsam oder überhaupt nicht abgebautwurde, konnte es auch zu keinen nennenswerten Knochenwucherungenkommen. Die Pfeilspitze ist abgebrochen, als der Pfeilschaft nach derBrust hin gedrückt wurde, wie aus der Bruchfläche des Silex zu schlieljenist. - Unsere Pfeilspitze wird etwa so geschäftet gewesen sein wie Fundeaus dem Burgäschi-See, aus dem Täuffelen Moos, von Egolzwil und St.Aubin, bei denen noch die Originalschäftungen erhalten geblieben sind(REINERTH 1926, S. 109, Abb. 33i; ISCHER 1928, Abb. 27).6Pfeilspitzen, wie die beschriebenen, kommen in der Walternienburgerund Bernburger Gruppe nur selten vor (NIKLASSON 1925). SPROCK- HOFF(1930, S. 225 if.) hielt solche herzförmigen mit konkaver Basis fürausgesprochen bronzezeitlich; später wies er darauf hin, daß sie im nordischenKreise erstmals während der Steinkistenzeit auftreten (SPROCK- HOFF1938, S. 75). Es gibt aber schon in der DolmenundGanggrabzeitgemuschelte Wurfspeerspitzen, die den herzförmigen Pfeilspitzenweitgehend gleichen (SPROCKHOFF 1938, S. 67, Tf. 21,5). Neuerdingswurde in der dolmenzeitlichen Siedlung bei Boberg eine langgestreckte,total flächenretuschierte Pfeilspitze mit leicht eingezogener Basis gefunden.Diese Stücke dürfen natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, daßsolche Formen in der nordischen Megalithkultur nur vereinzelt auftreten.Wurde ihre Einführung vielleicht durch den herkömmlichen Gebrauchquerschneidiger Pfeilspitzen gehemmt? Auch in der Einzelgrabkulturfehlen im allgemeinen die herzförmigen Pfeilspitzen; wo sie erscheinen,werden sie als Fremdeinfluf3 (VOIGT 1953, S. 138, Tf. XIII,,) gewertetund der Glockenbecherzeit zugewiesen (STRUVE 1955, S. 66). Die Glockenbecselbst besitzt zahlreiche beiderseits schön flächenhaftretuschierte trianguläre und herzförmige Typen (FISCHER 1956, S. 166;OTTO 1950, Abb. 5,3, 7,4). Meist weniger sorgfältig bearbeitet und nichtgerade häufig sind die gleichartigen Pfeilspitzen der mitteldeutschenSchnurkeramiker. Nach Fischer sollen sie erst einem fortgeschrittenerenStadium dieser Kultur angehören (COBLENZ 1952, Abb. 5,8; LOEWE1957, Abb. 3, 12; HÖCKNER 1957, Abb. 56; FISCHER 1956, S. 128). Die6) Herrn Dr. R. Wyss, SchweizerischesLandesmuseumZürich, sind wir zu grobemDank verpflichtet.Er stellteuns groflzügig Photosvon bisher unveröffentlichtenNeufundenzur Publikationzur Verfügung.


Oderschnurkeramiker benutzten vor allem herzförmige neben triangulärenSpitzen (SCHROE<strong>DER</strong> 1951, S. 65, Tf. 25,26). In den meisten neolithischGruppen Mitteldeutschlands scheinen derartige Pfeilspitzenwenn nicht zu fehlen so doch recht selten zu sein. Dagegen liegen sie ingrößerer Zahl aus den hessischen Steinkammergräbern von Altendorf undCalden vor (JORDAN 1954, S. 20, Tf. 7b; UENZE 1951, S. 26, Abb. 26).In Süddeutschland werden sie in der Michelsberger Kultur (BERSU 1927,S. 54; BUTTLER 1938, Abb. 32,13), in der Rössener Kultur sowie mit dersüdwestdeutschen Stichkeramik angetroffen (STROH 1940, S. 78, Abb. 17,18, 20). Nach BUTTLER (1938, S. 32, Abb. 17) würden sich sporadischsogar in der Bandkeramik "alle vollneolithischen Formen, von der einfachenSpitze mit Randretusche bis zum flächig retuschierten Stück" finden,doch dürfte es sich dabei nur um seltene Einzelstücke handeln. Auchdas Frühneolithikum der Schweiz kennt triangulare und herzförmigePfeilspitzen (TSCHUMI 1949, S. 674 f., 680, 688; y. GONZENBACH1949, S. 49, Tf. 7).Wir können demnach diese Typen bis ins frühe Neolithikum zurückverfolgund es erhebt sich jetzt die Frage, ob sie sich erst innerhalbder Ackerbauer- Viehzüchter- Kulturen herausgebildet haben, oder ob sieschon in den mesolithischen Jägerkulturen entwickelt wurden, was vomökonomisch- pragmatischen Gesichtspunkt aus ja viel wahrscheinlicherwäre. Die Entwicklung kann dabei durchaus an verschiedenen Stellenunabhängig voneinander vonstatten gegangen sein. Wenn in der bandkeramiKultur trotz zahlreicher und teilweise recht umfangreicherSiedlungsgrabungen solche Pfeilspitzen ziemlich selten sind, so liegt derGedanke nahe, daß sie hier ,,Fremdgut" darstellen. Bei neolithischenKulturen, in denen die Jagd noch größere wirtschaftliche Bedeutung hat,könnten sie dagegen mit der autochthonen mesolithischen Wurzel zusammenhä(vgl. FEUSTEL 1957, S. 38 if.); die relative Fundarmut könnteteilweise auf Mangel an Siedlungsgrabungen zurückzuführen sein.Obwohl die triangulären und herzförmigen Silexpfeilspitzen anscheinendwährend eines langen Zeitraumes benutzt wurden, lassen sie dochnur in beschränktem Ausmaße eine technische Vervollkommnung erkennen;häufig sind "altertümliche" plumpe, nur lateral- retuschierte Exemplaremit "entwickelteren" schlanken, dorsal und ventral total flächenretuschvereint. Einzelfunde lassen sich darum ohne sonstige Anhaltspukaum zeitlich und kulturell einordnen.Von den drei Tassen aus Nordhausen läßt sich die kleinste mit der nocherkennbaren Schulter und dem sehr scharfen Umbruch der Stufe Walter-


nienburg II zuweisen. Die beiden anderen, doppelkonischen Tassen könnensowohl Wa II als auch Be I angehören. Warzenverzierung auf demUmbruch findet sich an einer gleichartigen Tasse von Quedlinburg, fürwelche NIKLASSON (1925, S. 27, Tf. XIX,6) ebenfalls die Stufen Wa 11/Be I in Anspruch nimmt. Im Gegensatz zu NIKLASSON (1925, S. 147 if.,181 f.), der Walternienburg- Bernburg als einheitliche Kultur auffaßt undin fünf aufeinanderfolgende Stufen gliedert, sehen FISCHER (1953, S. 174)und MILDENBERGER (1953, S. 57) darin zwei gleichartige Kulturgruppen,die sich nur mehr oder weniger durchdringen. Bernburg I undeventuell auch Walternienburg II stellen danach Kontakterscheinungenzwischen den beiden Gruppen dar, die im Gebiet von Nordhausen durchein bereits vor Jahren gefundenes Kollektivgrab der Stufe Wa I/II (STOL- BERG1932) und eine Steinkiste der Stufe Be II Niklasson'scher Gliederung(NIKLASSON 1925, S. 118) vertreten sind. Die Verzierungen derScherben aus den Grabhäusern von Nordhausen und Niederbösa lassenerkennen, daß3wir es hier mit der Walternienburger Gruppe zu tun haben.daß aber weiterhin eine Verwandtschaft zur Keramik der SalzmünderGruppe besteht, wird durch die Form der Henkelkanne von Niederbösaaufgezeigt (vgl. GRIMM 1938, Tf. III,,, V,t). Warzen auf dem Umbruchtrifft man sowohl auf Walternienburger als auch auf Salzmünder Gefäßenan, wenn auch nicht gerade häufig. Gebräuchlich sind dagegen bei Walternienburg BernburgKanneluren auf dem Hals, allerdings nicht in solchsauberer Ausführung. Die Kannelurenverzierung des Henkels scheint inMitteldeutschland unikat zu sein. Man findet aber Parallelen in der entwickeltkannelierten Keramik. Auch in der sogenannten SalzmünderGruppe Böhmens und Mährens ist Kannelierung gebräuchlich. Ob es sichdabei um einen Einfluß der ältesten Kannelierten Keramik handelt oderum eine lokale Parallelentwicklung der Salzmiinder, die jedoch nicht zurEntfaltung gekommen ist, läf3t sich noch nicht entscheiden.Die Bruchstücke der Tassen gestatten einen interessanten Einblick indie Technik der Herstellung solcher Gefäße. Zunächst hatte man einerunde Tonscheibe als Boden geformt. Darauf wurde ein trapezförmigerStreifen aufgesetzt. Durch das Festdrücken am Boden erhielt dieser inneneine ringförmige Fazette. Wie nun die andere Tasse erkennen läßt, hatteman am Umbruch das Oberteil angesetzt, wiederum festgedrückt, verstricheund den Umbruch scharf profiliert. Offenbar sind die Tassenfrei, ohne Formschüssel oder ähnliches modelliert worden. daß3 die beidenGefäße an den ,,Naht"stellen zerbrachen, ist wohl dem Umstand zu verdankendaß3 der Arbeitsgang unterbrochen wurde, der Ton oberflächlichetwas abgetrocknet und später nicht wieder genügend angefeuchtet wor


den ist, wodurch keine innige Verbindung der beiden Bauteile zustandekam.GrabbauAuch der Grabbau weist in die Walternienburger Gruppe, welche nebenanderen Grabtypen gerade im Umland des Harzes rechteckige MauerundHolzkammern errichtet hatte (FISCHER 1956, S. 90 if.). Bei demKollektivgrab von Nordhausen waren beide Bauweisen vereinigt. Ein1926 unweit davon in der gleichen Aue beim Kiesabbau gefundenes, anscheinsteinfreies Grab muß man als Holzkammer deuten. Es handeltesich dabei nicht um eine Doppelbestattung, wie von Fischer angenomwird, sondern es enthielt zahlreiche Bestattungen. Der ersteBerichterstatter schreibt von "einer Anzahl verschiedenen Skeletten angehörevöllig zermorschter Gebeine", und auf dem Grabungsfotolassen sich auch deutlich Reste von mindestens vier Individuen erkennen.Aus dem Foto ist ferner zu entnehmen, daß man nur einen Teil desGrabes freigelegt hatte (vgl. STOLBERG 1932). Bemerkenswerterweiselagen auf der kleinen ausgegrabenen Fläche reiche Beigaben, unter anderemzweiTontrommeln.Am Unterlauf der Helme grub GRIMM (1930) bei B e n n u n g e nein zur Hälfte zerstörtes, etwa 3X3 m grobes rechteckiges Totenhaus aus.Es enthielt Scherben der Stufen Wa I bis Be II. Die eine noch erhalteneLängsseite und die hintere Schmalseite wurden von einer 0,30 m breitenund 0,40 m hohen Trockenmauer gebildet. An der vorderen Schmalseitestanden die plattigen Steine senkrecht, und zwar zunächst in mehrerenReihen hintereinander, dann am Eingang als einfache Reihe. Regellosliegende Steine begrenzten einen kurzen, von der Schmalseite ausgehendenGang. - Reste von etwa 30 Skeletten reichten in wirrem Durcheinandebis an die Mauern heran. Das Ganze bedeckten Steine wie beiNordhausen und Niederbösa. - Weil die Skelette den Innenraum restlosausfüllten, ist anzunehmen, daß den Mauern ein Holzrahmen odereine Blockwand aufgesetzt war, welche die Dachhölzer trug. Bei einemkleinen Totenhaus von H a 1 d o r f in Hessen konnte BREMER (1922)auf den Mauern einen Blockbaurahmen nachweisen. An der Ostseite desGrabes von Bennungen könnten innerhalb der Steinsetzung senkrechteHölzer,also eine StaboderBohlenwand gestanden haben. Wie der Ganggebaut war, läßt sich nicht sagen. Da hier keine gut gesetzte Mauer bestand,ist anzunehmen, daß die Steine lediglich einen Holzbau von außenstützen sollten.


Ein weiteres Kollektivgrab, das durch einige Scherben Wa I zugewiesenwerden kann, ist von H o 1z s u ß r a , Kr. Sondershausen, bekannt. Dieostwestlich orientierte Anlage war rund 3X4 m grog. "Der Grund warmit Kalksteinplatten pflasterartig belegt; alle vier Seitenwände warendurch niedrige schrägstehende Platten begrenzt. Die Skelette in demGrab waren so angeordnet, daß die Schädel der ersten Reihe dicht aneinandund ganz an der Westseite lagen, während die Beine geradenach Osten gekehrt waren. Die nächste Gruppe von Gerippen lagzwischen denen der ersten, doch so, daß3 die Schädel nach der Ost-, dieFüße. nach der Westseite des Grabes gerichtet waren. Auf der aus diesenbeiden Reihen gebildeten Schicht fand sich eine zweite von Gerippen ingleicher Anordnung, indem eine Reihe von Schädeln nach der Ost-, eineandere nach der Westseite zu lag. Soweit erkennbar, fanden sich in jederReihe gegen acht Skelette, also im ganzen Grabe wohl 32. Sie lagen fastalle mit dem Gesicht nach unten gekehrt" (CAEMMERER 1940, S. 7 if.).Interessant ist die Konstruktion der Holzkammer vom K r e j e n -k op p bei D it † u r † (SCHIRWITZ 1935, S. 113 if.), die möglicherweiseebenfalls der Walternienburger Kultur zuzuweisen ist. Sie lag nordsüdlichorientiert unter einem Hügel und maß 2,40X2,00 m im Grundriß. DieHöhe soll 1,20 m betragen haben. Die Wände bestanden hier aus bis0,15 m starken, senkrechten Eichenbohlen; in 0,30 m Abstand zog sich einschwächerer Balken hin, der vielleicht als Widerlager für Schrägstützendiente. In die Kammer führte ein 2,80 m langer und 0,80 m breiter Gang.Die Wände wurden von 0,50 m hohen Eichenbohlen gebildet, auf denenfünf große Decksteine ruhten. Kammer und Gang waren mit Kalkplattengepflastert. Ein wirres Durcheinander von Skelettresten, die mehr oderweniger verbrannt waren, fand sich in der Kammer und im anschließendenTeil des Ganges.Grobe Mengen Leichenbrand und angekohlte Skeletteile enthielt auchein Kollektivgrab bei As p e n s t e d t, Kr. Halberstadt (EBERT 1955,S. 77 if., Abb. 7, Tf. IV,2, V, VI,2), das auf Grund der Gefäf3beigaben derBernburger Gruppe zugeordnet werden muß. Die rechteckige Anlage von3,30 m Länge und 2,50 m Breite war 0,72 m eingetieft. An der östlichenSchmalseite wies sie eine asymmetrisch angeordnete Auslappung auf, dieman vielleicht als Eingang deuten darf. Ob man eine daneben liegendeAnhäufung von Holzkohle, die einen Durchmesser von etwa 0,25 m hatte,für den Rest eines verbrannten Pfostens halten kann, bleibt fraglich. Anden vier Seiten des Grabes zog sich eine lockere Steinsetzung entlang, diebis 0,40 m eingetieft war.


schräg in den Boden eingelassenen Rofen beobachtet worden (WIEGAND1955, S. 214 if.)9. Auch die schnurkeramischen Grabbauten dürften mitRecht teils als Totenhütten, teils als Totenhäuser gedeutet worden sein(REINERTH 1928; BEHM- BLANCKE 1955, S. 63 if.). Es ist zu bedenken,daß die Mauern oder randlichen Steinsetzungen der Grabanlagen nurwenige Dezimeter hoch sind; bei einer horizontal darauf lagernden Deckewäre das oftmalige Nachbestatten äußerst beschwerlich, ja, manchmalkaum möglich gewesen. Höhere Holzwände, über welche dann steinbedeckStämme oder Bohlen gelegt waren, sind zumindest für Nordhausenebenfalls nicht anzunehmen; in einem solchen Falle dürften nämlichdie Deckensteine nicht unmittelbar den Mauern aufliegen, sondernmüßten von diesen durch eine Erdschicht mehr oder weniger deutlich getrenntsein. daß aber die spätneolithischen Grabanlagen nun nicht allenur einfache Dachhütten waren, wie man unter dem Eindruck der Grabhüttedes Fürstengrabes von Leubingen oftmals annimmt, sondern teilweiseschon als Häuser mit senkrecht aufgehenden, wenn auch niedrigenWänden angesprochen werden müssen, legen die Befunde von Haldorf,Bennungen und Seifartsdorf nahe. In dem Pflaster des Grabes IV vonSeifartsdorf (vgl. BEHM- BLANCKE 1955, Abb. 1) befinden sich an denLängsseiten Schlitzgräben, denen an beiden Enden je ein Pfostenlochvorgelagert ist. Noch eindeutiger ist der Befund bei dem Vorhallenhausvon Seifartsdorf, "Großer Stein", Grab III (vgl. KRETZSCH 1955, Abb. 9).Dort fanden sich an den Ecken Pfostenverfärbungen. Die darum stehendenSteinplatten ließen erkennen, daß die Pfosten senkrecht gestandenhaben müssen. Wie ein Grabungsphoto zeigt, reichte das Bodenpflasteran den Längsseiten (auf dem Photo ist nur eine Längsseite zu sehen) nichtbis an die randliche Steinsetzung heran, sondern lieb ebenfalls einenschmalen Schlitzgraben frei. Der Befund muß wohl folgendermaßen gedeutetwerden: Die Pfostenverfärbungen stammen von den Trägern derWandpfetten. Zwischen diesen Pfetten stand in dem Schlitzgraben einewenn auch wohl nur niedrige Wand; die höhere Steinumrahmung desGrabes sollte ihr Abgleiten nach außen verhindern. Aus konstruktivenErwägungen sind Ständer anzunehmen, welche die Firstpfette trugen. Dasie auf Steinen standen, liehen sie sich bei der Ausgrabung nicht nachweisenvielleicht sind sie auch übersehen worden. Die Holzkammer vomKreienkopp macht augenscheinlich, daß im Spätneolithikum schon verschiede9) Möglicherweiseist diese Anlage überhaupt der WalternienburgerGruppe zuzu


Abb. 9:Nordhausen, Rekonstruktionsversuche.technische Möglichkeiten bekannt waren und angewandtwurden.Die folgenden Rekonstruktionen der Oberbauten von Nordhausen undNiederbösa wurden zusammen mit Architekt Salzmann1° ausgearbeitet (s.auch FEUSTEL 1962): Die gleichmäßige Einsturzschicht der Dachsteinevon N o r d h a u s e n gibt einen Hinweis, daß das Dach relativ flach war;10) Herrn Dipl.Ing. Dieter Salzmann, Hochschulefür Architektur und BauweseninWeimar, bin ich für seine Mitarbeit und die Anfertigung der Rekonstruktionszeichnungzu grofiem Dank verpflichtet.


Abb. 10: Nordhausen,rekonstruiertes,Totenhausdie lichte Höhe mag etwa 1,50 m betragen haben. Da Pfosten und Ständernicht nachzuweisen waren, könnte man ein Dach aus sich gegenseitig abstützendSparren annehmen. Diese Konstruktion ist als Primitivformohne Langsaussteifung (Firstbaum o. a.) jedoch kaum denkbar; erst imlatenezeitlichen Hausbau sollen Frühformen des Sparrendaches auftreten(ZIPPELIUS 1953, S. 28). Bei dem Bau von Nordhausen werden Ständervorhanden gewesen sein, die auf den Steinplatten ruhten. Die bedeutendeLast der Stein- Erde- Bedeckung und die geringe Höhe des Daches machteneine Bodeneinspannung überflüssig. Es handelt sich um einen ausgesprochenSchwerkraftbau, bei dem vorwiegend vertikale Druckkräfte,kaum transversale Schubkräfte auftraten. Der in der Mitte der Stirnseiteliegende Eingang verbietet die Annahme der üblichen Ständerstellungean den beiden Enden der Firstpfette. Um den Eingang freizu halten, wird man die Stütze in Richtung Raummitte zurückgesetzthaben. Die andere Möglichkeit wäre, die Pfetten zu verdoppeln und dieStützen an die Seiten des Eingangs zu stellen, wobei die Pfetten gegeneinanderabgesteift werden müßten. Ob diese Gerüstform jedoch schon


in so früher Zeit auftrat, bleibt fraglich. Der 25 cm breite skelettfreieStreifen entlang der Mauer läßt vermuten, daß hier eine Wandkonstruktionoder der Ansatz zu einer solchen vorhanden war. Eine einfacheSchwelle ist wenig wahrscheinlich, weil dann die fast doppelte Höhe derTrockenmauern sinnlos wäre. Richtiger dürfte eine zweifache Schwellenlagesein, die mit etwa 40 cm Höhe knapp an die Mauerkrone reichte.daß sie überhaupt nötig war, ist durch ihre Funktion als Auflage derRofen begründet." Die Mauer diente lediglich als Widerlager; sie hatteden auf die Schwelle wirkenden geringen Seitenschub des Daches aufzufangeEine Überhöhung der Wand über die Mauer, indem drei Schwellenaufeinander gelegt wurden, so daß die Dachhölzer auf der Wand undmit ihren Enden auf der Mauer ruhten, wäre ebenfalls denkbar. Einesolche Konstruktion erfordert jedoch Eckverbindungen. Nach ZIPPELIUS(1954, S. 30 f.) erscheint die Blockbautechnik in Mitteleuropa erst währendder mittleren Bronzezeit. Die Entwicklung der Blockwand aus derangehobenen Schwelle der Dachhütte (PHLEPS 1942, S. 50) könnte aberdoch schon im späten Neolithikum erfolgt sein. Wir wiesen bereits daraufhin, daß BREMER (1922, S. 113) bei Haldorf Blockverbindung beobachtethat, und auch bei dem Haus der Kugelamphorengruppe von Oberwerschenwird vom Ausgräber NIQUET (1935, S. 126) diese Technik angenommwir können demnach auch für Nordhausen die Blockbautechniknicht ausschließen. Die Firstseiten werden mit RundoderSpalthölzernzugestellt gewesen sein. Diese stützen sich oben auf die erste Rofe; untenwaren außen senkrechte und dahinter waagerechte Steinpiatten hingepackt,innen bildete wohl die ursprünglich höhere Schwelle das Widerlager.Für die Wände des Einganges wird man nicht schwache Rundhölzerbenutzt haben, sondern kräftige halbierte Stämme oder breiteBohlen wie in dem Grab vom Kreienkopp, die bei relativ geringer Stärkeeine breite Deckfläche aufwiesen. Während sie unten in den Schlitz eingespawaren, wird die obere Aussteifung einfach durch quergelegteDeckenhölzer erreicht worden sein.Die Totenhütte von N i e d e r b o s a besah nach Lage der Ständermarkieeine Firstpfettenkonstruktion. Man könnte auch hier annehmedaß Bodenschwellen vorhanden und die Dachhölzer nicht wiedie echten Rofen (vgl. ZIPPELIUS 1953, S. 21) aufgehängt, sondern dem11) Es handelt sich bei dem vorliegenden Dach weder um ein reines "Rofendach"(aufgelegte Dachhölzer,die nur auf Biegung beanspruchtwerden), nochum ein reines"Sparrendach"(Sparren stützen sich gegenseitigab und werden an den Fußpunktengehalten; ihre Beanspruchungerfolgt auf Längskraft mit Biegung), sondern um eineMischkonstruktion.


Abb. 11: Niederbösa, Rekonstruktionsversuch.Firstbaum und den Schwellen aufgelegt waren. Es ist jedoch wahrscheinlicher,daß die Rofen wie in der Grabhütte von Leubingen einfach inden Fundamentgraben gestellt worden sind. Die Firstseiten wird man wiebei Nordhausen zugestellt haben.Die Grabhütten und -häuser liefern zweifellos Hinweise auf die Konstruktionder Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude. Dabei muß man aberberücksichten, daß entsprechend den unterschiedlichen Funktionen undder stärkeren Belastung mit mehr oder weniger großen Abweichungenzu rechnen ist. Wohnhäuser mit "Steinsockeln und Steinpflaster kommenbesonders imBereich der westundnordeuropäischen Megalithkultur vor(MENGHIN 1950, S. 109 f.); es zeigen sich also auch hierin Einflüsse,die vom Nordwesten in den mitteldeutschen Raum eingedrungen sind.Andererseits bestanden auch kulturelle Beziehungen nach Südosten.Die im archäologischen Material erfaßbare Walternienburger Gruppehat als solche vielleicht nur ein bis zwei Jahrhunderte bestanden. DieC'4-Datierungen betragen für die etwas ältere Salzmunder Gruppe, derenkulturelle Nachwirkung durch die Kanne von Oberbösa angedeutet wird,3011 ± 90 y. u. Zr., für die Bernburger Gruppe, welche zum größtenTeil jünger als die Walternienburger ist, 2603 ± 100 y. u. Zr. und fürdie nachfolgende Schnurkeramik, die schon gleichzeitig mit der Totenhüttevon Oberbösa existierte, 2564 ± 100 y. u. Zr. und 2150 ± 75 y. u.Zr. (vgl. BEHRENS 1962, S. 43. Abb. 1). Unsere Grabanlagen werdendemnach um ca. 2600 y. u. Zr. angelegt worden sein. Sie dienten nuretwa zwei Jahrzehnte lang 2 bzw. 3 Sippen als Bestattungsplatz; denn


Abb. 12: Niederbösa,rekonstruierte Totenhütte.Holzbauten, die mit einem dünnen Stein- Erde- Mantel bedeckt sind, derdie Niederschläge aufsaugt und so zur starken Durchfeuchtung des Holzesbeiträgt, fallen recht schnell Fäulnisprozessen zum Opfer und werden unbegehbAuf Grund anderer Erwägungen kommt <strong>Ullrich</strong> unabhängigvon uns zur gleichen Belegungsdauer.(<strong>Feustel</strong>)ZurAnthropologieder Walternienburger Bevölkerung 12Im Rahmen der seit einigen Jahren von Grimm und dem Verfassersystematisch durchgeführten anthropologischen Erforschung der neolithischenund frühbronzezeitlichen Bevölkerungen Mitteldeutschlands gelang-12) Eine eingehende anthropologischeBearbeitungder Schädelund des Skelettmateriaisbeider Kollektivgräberbehält sichder Verfasserzusammenmit der Untersuchungweiterer Skelette der Walternienburg-Bernburger Bevölkerung für einen späterenZeitpunkt vor.


ten bisher größere Skelettserien nur von den Bandkeramikern, SchnurkeramGlockenbecherleuten und Aunjetitzern zur Bearbeitung'3.Menschliche Skelettreste der Walternienburgerleute sind im anthropologischenSchrifttum kaum beschrieben'4 und in größerer Anzahl erst injüngster Zeit zutage gefördert worden.Die Schädel aus dem TotenhausvonNordhausenDer Erhaltungszustand der Schädel von Nordhausen ist im allgemeinennur mäßig gut. Besonders zahlreich sind stärkere Defekte im Gesichtsbzuweilen sind nur noch einzelne Schädelteile oder Fragmenteerhalten geblieben. Insgesamt konnten ein vollständiges und7 defekte Kranien, zwei beschädigte Kalvarien und 7 ebensolche Kaivariae(5 mit Gesichtsresten) sowie 13 Kalotten (davon 12 mit Gesichtsresten)geborgen werden. Von 9 Individuen liegen nur isolierte Teile desHirnschädels vor, von 9 weiteren ebenfalls einzelne Gesichtsschädelreste.Lediglich durch Gebißreste sind zwei Individuen belegt. Außerdem sindOberundUnterkieferbruchstücke von 27 Individuen vorhanden, die sichnicht mit der gewünschten Sicherheit einem bestimmten Schädel zuordnenlassen. Da diesen Kieferresten jedoch eine viel größere Anzahl vonSchädeln gegenübersteht, denen entweder OberundUnterkiefer odereiner von diesen bzw. nur eine Kieferhälfte fehlen, dürften sie mit großerWahrscheinlichkeit zu diesen Schädeln gehören. Die postkranialen Skelettrestesind ebenso wie das Schädelmaterial stark zertrümmert und lassensich mit Ausnahme einiger langer Gliedmaßenknochen den einzelnen Schädelnnicht mehrzuordnen.Um den vorliegenden zusammenfassenden Bericht, in dem in ersterLinie nur solche Ergebnisse mitgeteilt werden sollen, die grundlegendeBedeutung erlangen und auch für den Prähistoriker von Interesse sind,nicht übermäßig zu belasten, muß in diesem Rahmen von einer Beschreibungdes Erhaltungszustandes und der anthropologischen Charakteristikader einzelnenSchädel abgesehen werden.13) Bandkeramiker: GRIMM 1953, 19Mb; vgl. auch HEBERER 1939.Schnurkeramiker:GRIMM 1958, 1959a, 1961c, 1961d; vgl. auch HEBERER 1938.Glockenbecherleute:GERHARDT 1953; ULLRICH 1960.Aunjetitzer: ULLRICH 1962a; vgl. auch GRIMM 1959a, MÜLLER 1962.14) VIRCHOW 1884 (4 Schädelvon Tangermünde,1 Schädelvon Wilsleben); GÖTZE1936 (2 Schädelvon Biendorf).


Geschlecht - AlterEbenso wie die Feststellung der Anzahl der in einem Gräberfeld oderGrabkomplex bestatteten Individuen haben auch die Geschlechtsdiagnoseund die Bestimmung des Sterbealters der Bestatteten auf eine weitgehendVollständigkeit abzuzielen, wenn sie die Grundlage für einwandfreiemetrisch- morphologische Auswertungen und Populationsvergleicheeinerseits und eine AltersundSterbestatistik andererseits liefern sollen.Von den 50 Bestatteten, die noch ermittelt werden konnten, gehören31 Individuen (62 %) der adulten bis senilen Altersklasse an und könneneiner Geschlechtsdiagnose unterzogen werden. Zehn Schädel sind alsmännlich, 4 als sehr wahrscheinlich männlich, 3 Schädel als eher männlichals weiblich, 8 Schädel als weiblich, 5 als sehr wahrscheinlich weiblichund ein Schädel als eher weiblich als männlich zu bestimmen. Insgesamtsind 17 Erwachsenenschädel männlichen (54,8 %) und 14 weiblichenGeschlechts (45,2 %). Vergleicht man diese Werte mit den Angabenüber die Sexualrelation bei den Schnurkeramikern von Schafstädt (54,5 %Männer, 45,5 % Frauen nach Mathias) und Aunjetitzern von Großbrembach(54,4 % Männer, 45,6 % Frauen), ergibt sich eine nahezu völligeIdentität. Auch für die mittelundwestdeutsche Glockenbechergruppekonnte ein ähnliches Verhältnis (59 % Männer, 41 % Frauen) ermitteltwerden. Obwohl aus diesen wenigen Angaben noch keine endgültigenSchlüsse gezogen werden können, deuten sie doch darauf hin, d4 dasVerhältnis Männer : Frauen bei den mitteldeutschen endneolithischen Bevölkeruwar.(Walternienburger, Schnurkeramiker, Glockenbecherleute)und bei den Frühbronzezeitmenschen (Aunjetitzer) annähernd gleichDa in den letzten Jahren mehrfach gezeigt werden konnte, daß derObliterationsgrad der Schädelnähte für eine Altersdiagnose sich als sehrunzuverlässig erweist (vgl. ULLRICH 1962 a), wurde die Altersbestimmungder Erwachsenenschädel in erster Linie nach dem Abrasionsgradder Zähne (vor allem der Molaren) durchgeführt. Sie erbrachte 2 Senilis,13 Maturus, 16 Adultus, 10 Juvenis, 4 Infans II, 1 Infans I-II und 4 InfansI. Die Kindersterblichkeit (18 %) ist wesentlich geringer als in derfrühen Bronzezeit (Gemeinlebarn/N. Ö. 23,5 %, Schleinbach'N. t. 23,5 %,Nähermemmingen 42,5 %, Großbrembacher Aunjetitzer 36,1 %, Aunjetitzervon Wahlitz 16-25 2k)und entspricht etwa der der Bandkeramikervon Sondershausen (18,5 % nach Grimm). Eine Verallgemeinerung dieserWerte im Sinne einer während des Neolithikums niedrigeren Kindersterblichkeitals in der frühen Bronzezeit scheint jedoch nicht gerechtfertigt.


Grimm fand z. B. unter dem von ihm untersuchten schnurkeramischenMaterial von Schafstädt 35,3 % Kinder.Auffallend groß ist die Anzahl der in Nordhausen bestatteten Jugendlichen(20 %). Sie wird nur bei den Schnurkeramikern von Schafstädt undden Frühbronzezeitleuten von Schleinbach (jeweils 23,5 %) übertroffen.In Großbrembach (6,5 %), Nähermemmingen (7,5 %) und Sondershausenwaren nur wenige Jugendliche beigesetzt.Die Erwachsenenbevölkerung von Nordhausen (62 %) setzt sich aus51,6 % adulten, 41,9 % maturen und 6,5 % senilen Individuen zusammen.Eine stärkere Belegung der adulten Altersklasse gegenüber dermaturen finden wir auch auf den frühbronzezeitlichen Gräberfeldern vonGroßbrembach, Hamburg und Gemeinlebarn. Die Glockenbecherserie vonGerhardt (keine geschlossene Population!) enthält dagegen nur 26,9 %adulte Schädel (64,4 % matur). Auch bei den JungsteinzeitmenschenSchlesiens (ebenfalls keine geschlossene Population) ist der Anteil derMaturen (48,4 %) etwas höher als der der Adulten (45,3 %). Unter denBandkeramikern von Sondershausen erhielt Grimm in Übereinstimmungmit Nordhausen wiederum mehr adulte als mature Individuen. Der Anteilder Senilen entspricht bei Nordhausen etwa dem der schlesischen Jungsteinzeiund ist nur wenig kleiner als bei den Glockenbecherleuten.In Großbrembach erreichten nur 3,5 %, in Hamburg dagegen15,7 % aller Erwachsenen das senile Altersstadium. Im Vergleich zu denPaläolithikern ist bei den Neolithikern und Frühbronzezeitmenschen nichtnur die Sterblichkeit der Infantilen, Juvenilen und Adulten ganz beträchtlichvermindert worden, sondern es gehören auch viel mehr Individuender maturen und senilen Altersstufe an.Die Sterbehäufigkeit der Walternienburger von Nordhausen ist für die5-Jahresklassen aus Tabelle 1 ersichtlich und wird durch die Sterblichkeitskurgraphisch veranschaulicht. Die Sterblichkeitskurve zeigt zweiScheitelpunkte höchster Sterblichkeit (jeweils 18 % der Gesamtbevölkerung)im Alter von 11-15 Jahren und 36-40 Jahren und ein Sterblichkeitsminbei 26-30 Jahren.In Abb. 13 sind zum Vergleich die Sterblichkeitskurven für 94 JungsteinzeiSchlesiens (nach Euler und Werner in Abänderung vonGrimm) und für 94 Grof3brembacher Aunjetitzer eingezeichnet. Die größtenUnterschiede (besonders für den Altersbereich O-25 Jahre) ergebensich zwischen den Kurven für Nordhausen und Großbrembach: Währendbei den Aunjetitzern die Sterblichkeit von den O-5jährigen zu den 11-bisl5jährigen deutlich abnimmt, steigt sie bei den Walternienburgern erheblichan. Bis zu einem Alter von 21-25 Jahren ist dann für Nordhausen


ein Fallen, für Großbrembach ein Ansteigen der Sterblichkeitskurve zuverzeichnen. Diese markanten Differenzen in den Sterblichkeitsverhältnissender O-25jährigen beider Populationen dürften ihre Ursache inunterschiedlichen Lebensbedingungen und wohl auch in einem unterschiedlGesundheitszustand haben. Nach dem 25. Lebensjahr lassenbeide Kurven einen weitgehend angenäherten Verlauf erkennen. Lediglichdie Lage des Scheitelpunktes für den Erwachsenenbereich ist verschieden.Bei den Aunjetitzern liegt die größte Erwachsenensterblichkeit imAlter von 31-35 Jahren, bei den Walternienburgern dagegen in Übereinstimmit den Jungsteinzeitmenschen Schlesiens im Alter vonTabelle 1:Sterbehäufigkeitder Walternienburgervon Nordhausenund GrolU,AunjetitzerAlterin JahrennNordhausenProzentAunjetitzerGroßbrembach0- 5 3 6,0% 19,1%6 - 10 5 10,0% I 16,0%11 - 15 9 18,0% 6,4%16 - 20 7 14,0% 7,5%21 - 25 3 6,0% 12,7%26-30 2 4,0% 6,4%31 - 35 7 14,0% 14,9%36 - 40 9 18,0% 10,6%41-45 2 4,0% 3,2%46-50 1 2,0% 1,1%über 50 2 4,0 % 2,1 %36-40 Jahren. Die zwischen den Sterblichkeitskurven für die schlesischenNeolithiker und Walternienburgerleute sich ergebenden Unterschiede biszu dem Altersbereich von 25 Jahren bewegen sich im wesentlichen in derschon für die Großbrembacher Aunjetitzer aufgezeigten Richtung.Das durchschnittliche Lebensalter (= Sterbealter) konnte für dieWalternienburger Bevölkerung von Nordhausen zu 24,6 Jahren errechnetwerden. Für die Frauen ergibt sich ein Durchschnittswert von 22,8 Jahren,für die Männer von 26,0 Jahren. Entsprechende Vergleichswerte lassensich nur in sehr begrenzter Anzahl anführen. Bandkeramiker von SondershausenFrauen etwa 22 Jahre, Männer etwa 28 Jahre (GRIMM 1954 b);Jungsteinzeitmenschen Schlesiens: 27,5-28 Jahre (aus den Daten von


Euler und Werner berechnet); Aunjetitzer von Großbrembach: Frauen20,1 Jahre, Männer 21,3 Jahre; Neolithikum von Cypern, Khirokitia:21 Jahre (n. Kurth); frühe Bronzezeit Niederösterreichs: Frauen 20 Jahre,Männer 21,8 Jahre (n. Franz und Winkler); mittlere und jüngere BronzezeitMährens: 21,3 Jahre (LORENCOVA 1961); Bronzeundfrühe EisenzeitGriechenlands: 18 Jahre (dieser Wert n. Angel dürfte zweifellos zuniedrig ausfallen!); Hallstattzeit Tìsetice/Mähren: 25,3 Jahre (LOREN- CaVA1961); Rom vor 2000 Jahren: 22 Jahre (n. Pearson); AltslawenAbb. 13: Sterblichkeitskurvenfür die Walternienburgerleutevon Nordhausen(Nh) undNiederbösa (Nb), Jungsteinzeit-MenschenSchlesiens(JS) und Aunjetitzer von Grollbremb(Gbr).von Mikulèice/Südmähren: Frauen 25,1 Jahre, Männer 29,9 Jahre(STLOUKAL 1962); Mittelalter/England: 33 Jahre (n. Russel); DeutschesReich 1925: Frauen 58,6 Jahre, Männer 56,0 Jahre (n. Schenk). Aus diesenDaten, die sich hinsichtlich der Neuzeit noch beliebig erweitern lieben,wird deutlich ersichtlich, wie spärlich Angaben über das durchschnittlicheLebensalter bei ur-und frühgeschichtlichen Populationen und wie dringlichdeshalb solche Untersuchungen sind. Obwohl für das Paläolithikumkeine entsprechenden Vergleichswerte vorliegen, können wir doch mitziemlicher Sicherheit annehmen, daß3die Paläolithiker kein so hohes Alter


erreichten wie die Neolithiker. Sehr bemerkenswert erscheint, daß dieMenschen in der Frühbronzezeit ein niedrigeres durchschnittliches Lebensalteraufweisen als die Jungsteinzeitmenschen. Erst in der vollentwickeltenBronzezeit bzw. frühen Eisenzeit zeichnet sich der bis in die heutigeZeit währende Anstieg ab. Im Gegensatz zur heutigen Menschheit wurdenbei den Neolithikern und Frühbronzezeitleuten die Männer im Durchschnittälter als die Frauen.Vom Verfasser wurde in einer anderen Arbeit (ULLRICH 1962 a)der Versuch unternommen, für die Aunjetitzer Population von Großbrembachanhand der Anzahl der Bestatteten annehmbare und im Bereich desMöglichen liegende Schätzwerte der mittleren Bevölkerungszahl und Zeitdauerder Belegung des Gräberfeldes zu ermitteln. Danach kann für dieGroßbrembacher Aunjetitzer eine mittlere Bevölkerungszahl von 110 bis120 Individuen als am wahrscheinlichsten erachtet und die Zeitdauer derBenutzung des Gräberfeldes mit 20-30 Jahren angesetzt werden. Da ausbestimmten, in diesem Rahmen nicht näher zu diskutierenden Erwägungeneine längere Belegungszeit des Kollektivgrabes von Nordhausenals des Gräberfeldes von Großbrembach wenig an Wahrscheinlichkeit gewinntund zudem viele Fakten für eine wesentlich kürzere Bestattungszeitsprechen, darf nach vorsichtigen Berechnungen (die Sterblichkeit je1000 Einwohner und Jahr betrug 41 Individuen, bei Gro5brembach 49)eine mittlere Bevölkerungszahl von 60-80 Individuen bei vermutlich 15-bis 20jähriger Belegungszeit angenommen werden.Metrische Analyse - VergleicheDie Abnahme von Mgen erlauben 26 Erwachsenenschädel. Ebenfallsmeßbar sind noch einige infantile und frühjuvenile Schädel, die in dieserArbeit jedoch keine weitere Berücksichtigung finden können.Die weibliche Schädelserie (Tab. 2) ist in allen Dimensionen kleiner alsdie männliche. Während die relativen Geschlechtsdifferenzen für dieSchädellänge, Schädelbreite, kleinste und größte Stirnbreite sich mehroder minder um den Durchschnittswert von 5,5 % bewegen, sind dieweiblichen Mittelwerte für die Ohr- Bregma- Höhe nur 1 %, für die Hinterhauptsbdagegen 7,4 % und für die Kinnhöhe sogar 10 % kleinerals die männlichen. Einen annähernd gleichen Durchschnittswert der relativenGeschlechtsdifferenz in den Schädelmaßen zeigen ebenfalls dieBandkeramiker von Sondershausen und die mitteldeutschen Schnurkeramiker.Bei den Grof3brembacher Aunjetitzern sind die metrischen Ge-


schlechtsunterschiede am Schädel weniger deutlich ausgeprägt als bei denneolithischen Vergleichsgruppen.Die Walternienburger Schädel von Nordhausen sind als sehr lang,mittelbreit bis mäßig schmal und sehr hoch zu bezeichnen. Die Jochbogenbreite,Gesichtshöhe und Obergesichtshöhe deuten auf ein schmales,mittelhohes bis hohes Gesicht. Die Kinnhöhe der männlichen Schädelentspricht mit 32,7 mm etwa dem Durchschnittswert für rezente Europäer(32,5 mm nach Schuricht), die der weiblichen Kiefer liegt weitTabelle 2:Mittelwerte und Variationsbreiteneiniger Maße der Schädelvon Nordhausen(in mm)MaßeMännerM n vFrauenM n vGröfte Lange 195,8 14 182 - 213 186,0 7 180 - 193GröfsteBreite 141,8 14 123 150 134,1 8 125 - 141Kleinste Stirnbreite 98,4 7 93,5- 105,5 94,2 6 87,5- 99,5Gröfte Stirnbreite 124,6 8 119 - 133 117,5 4 113 - 120Biauricularbreite 123,6 10 109 - 135 115,3 3 -Gröfte Hinterhauptsbreite 113,6 10 105 - 123 105,2 5 99 - 110Ohr-Bregma-Höhe 123,4 11 115 - 134 122,3 6 116 - 133Obergesichtsbreite 103,6 8 99 - 108 103,3 3 -Jochbogenbreite 127,8 4 118 - 134 - - -Gesichtshöhe 118,5 4 116 - 122 - - -Obergesichtshöhe 71,3 8 69 - 73 - - -Orbitaibreite 40,5 9 38 - 43,5 - - -Orbitalhöhe 31,0 11 27,5- 34,0 - - -Nasenbreite 25,5 8 23 - 28 (24,8) 2 -Nasenhöhe 51,8 6 46 - 57 - - -Kinnhöhe 32,7 9 29,5- 37,0 29,3 7 27,0- 33,5darunter. Die Gruppenmitteiwerte der Indices (Tab. 4) kennzeichnen dieSchädel als dolichokran (langschädlig), gerade hypsikran (lang- hochschädhg),eben akrokran (schmal- hochschadlig), normalstirnig und eben eurymetop(kleinste Stirnbreite im Verhältnis zur größten Schädelbreite mäßiggroß). Das Gesicht ist als leptoprosop (hochgesichtig), das Obergesicht alsgerade lepten (hochobergesichtig) zu bewerten. Die Orbitae sind deutlichchamaekonch (niedrig), die Nase ist im Mittel gerade noch mesorrhin(mittelbreit). Auffallend niedrig ist der Transversale Craniofacial- Index(Jochbogenbreite im Verhältnis zur Schädelbreite sehr gering). Im Längen-


Breiten- Index gruppiert sich fast die Hälfte der Schädel (42,1 %) in derdolichokranen Indexklasse, und auch die als hyperdolichokran einzustufendenSchädel (26,3 %) weisen gröftenteils Indexwerte auf, die unmittelbaran der Grenze zu dolichokran liegen. Ultradolichokran und brachykransind jeweils 5,3 % der Schädel, Mesokranie ist mit 21 % vertreten.Als vorherrschende und typische Schädelform der Walternienburgerleuteist demnach Dolichokranie zu betrachten, wobei sich jedoch innerhalbdieser Population bereits eine gewisse Tendenz zur Mesokranie geltendzu machen scheint. Der aus fünf frühjuvenilen Schädeln ermittelte Längen- Breiten- Index(76,3) ist 3,5 Indexeinheiten größer als das Erwachsenenmittelund deutet auf eine Abnahme dieses Index während der juvenilenEntwicklungsphasedes Schädels hin.Für die vergleichend metrischen und auch morphologischen Betrachtungenstehen zwei Fragestellungen im Vordergrund des Interesses:1. Worin unterscheidet sich die Nordhäuser Walternienburger Populationvon den uns anthropologisch bisher näher bekannt gewordenen mitteldeutschneolithischen Bevölkerungen anderer Kulturgruppen, in welchenMerkmalen bestehen auffallende Übereinstimmungen? 2. Gibt esHinweise für eine Mitbeteiligung der Walternienburgerleute an der Entstehunder mitteldeutschen frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Bevölkerung?- Da aus dem engeren kulturellen Verwandtschaftsbereich derWalternienburger (d. h. Trichterbecherkultur mit Baalberger, Salzmünderund Bernburger Gruppe sowie Alttiefstichkeramik, Michelsberger undKugelamphorenkultur) bisher keine anthropologische Bearbeitung gröerergeschlossener Fundkomplexe vorliegt, können Vergleiche in ersterLinie nur mit den bodenständigen Bandkeramikern, Glockenbecherleutenund Schnurkeramikern durchgeführt werden. Dabei darf jedoch nicHtunberücksichtigt bleiben, daß den Mittelwerten der Mace und Indicesgrößtenteils nur wenige Individualdaten zugrunde liegen, die deren Aussagefähvon vornherein wesentlich einschränken. Sie können daherin erster Linie nur Hinweise geben, in welcher Richtung sich die Bautypikder Schädel einerseits und die Unterschiede gegenüber den Vergleichsgruppenandererseits bewegen, nicht aber als fixierte Gruppenmittelwertefür die Walternienburger Bevölkerung gewertet werden.Die männliche Walternienburger Bevölkerung von Nordhausen (Tab. 3) unterscheidsich in der Schädellänge, Hinterhauptbreite, Jochbogenbreite, Obergesichund Nasenbreite sehr deutlich, in der Schädelbreite und größten,Stirnbreite nur wenig von den Bandkeramikermännern von Sondershausen.Gegenübeden mitteldeutschen Schnurkeramikern bestehen in der Schädellänge,Schädelbreite, größten Stirnbreite, Biauricularbreite, Gesichtshöhe und Nasenhöhegrobe, in der Obergesichtshöhe und Orbitalhöhe geringe Unterschiede.


Beachtliche Differenzen zwischen den Werten der Walternienburger und AunjetitzerMänner ergeben sich in der Schadelbreite, Hinterhauptsbreite, Ohr- Bregma- Höhe,Jochbogenbreiteund Orbitaibreite. Ob es sich dabei um signifikanteUnterschiede handelt, müssen erst spätere Untersuchungen erbringen.Obwohl Grimm für die Bandkeramiker von Sondershausennoch keine Indexmittelwmitgeteilt hat, lassen sich aus den angegebenen Klassenmitteln zumindeseinige Vergleiche mit den Schädeln von Nordhausen herleiten. Für denLängen-Breiten- Index der Bandkeramiker (14,3 0/o hyperdolichokran, 57,2 0/0 dolichokrund 28,6 Ob mesokran) wird man danach einen etwas höheren MittelwertTabelle 3:Mittelwerte der männlichen Schädelserieder Walternienburgerleutevon Nordhausen,der Bandkeramiker von Sondershausen,der mitteldeutschen Schnurkeramikerund Aunjetitzervon Grofçbrembach(in mm)ManeWalternienburger BandkeramikerSchnurkeramiker AunjetitzerGröfte Lange 195,8 187,0 188,6 195,0GrößteBreite 141,8 139,4 133,5 134,8KleinsteStirnbreite 98,4 99,6 97,6 98,1Gröfte Stirnbreite 124,6 122,0 116,7 121,7Biauricularbreite 123,6 122,7 117,2 120,9Gröfte Hinterhauptsbreite 113,6 109,6 112,4 107,7Ohr-Bregma-Höhe 123,4 - - 118,9Obergesichtsbreite 103,6 - 104,6 106,3Jochbogenbreite 127,8 134,0 128,4 135,1Gesichtshöhe 118,5 117,9 115,4 119,9Obergesichtshöhe 71,3 68,6 69,2 71,4Orbitalbreite 40,5 - 41,3 42,0Orbitalhöhe 31,0 - 32,3 32,1Nasenbreite 25,5 23,5 25,5 25,4Nasenhöhe 51,8 50,4 49,6 52,1Kinnhöhe 32,7 32,8 32,9 33,3als bei Nordhausen vermuten können. Der Nasal-Index (Männer ebenleptorrhin, Frauen bereits mesorrhin) dürfte dagegen unter dem NordhäuserWert liegen. Im Transversalen FrontalundFrontoparietal-Index werden kaumgrößere Unterschiede zwischen beiden Vergleichsgruppen zu erwarten sein. Nachdem Obergesichts- Index sind die Bandkeramiker als mesen, die Walternienburgerals lepten einzustufen. Innerhalb der übrigen Vergleichsgruppen (Tab. 4)nähern sich die Nordhäuser Schädel im Mittelwert des Längen-Breiten- Indexnoch am ehesten dem der Schnurkeramiker, die Aunjetitzer sind viel langschädliger,die Glockenbecherleute dagegen erheblich kurzschädliger (LBI etwa 10 Indexeinhgrößer). Die nur auf drei Individualdaten basierenden Mittelwerte


des Längen-Höhen-Index und Breiten- Höhen-Index erlauben kaum Vergleiche(während der LHI mit dem der Schnurkeramiker und Aunjetitzer praktischgleich ist, sind die Differenzen im BHI sehr gros). Im Langen- Ohr-Bregma- Höhen- Indexnehmen die Nordhäuser Schädel eine intermediäre Stellung zwischenden Aunjetitzern und Glockenbecherleutenein. Der Transversale Frontal- Indexliegt weit unter dem der Schnurkeramiker, die Differenz zu den Aunjetitzernist gering. Der Gesichts-Index und Obergesichts-Index umfassen jeweilsTabelle 4:Mittelwerte der Schädelindicesder Walternienburger, Glockenbecherleute,Schnurkeramikerund Aunjetitzervon GrofbrembachIndicesWalternienburger Glockenbecherleute Schnurkeramiker AunjetitzerLängen-Breiten-Index 72,8 (19) 82,4 71,3 69,6Längen-Höhen-Index 75,1 ( 3) 77,5 75,4 75,2Breiten-Höhen- Index 98,1 ( 3) 94,4 103,7 106,6Langen-Ohr-Bregma-Höhen-Index64,0 (16) 66,7 - 61,8TransversalerFrontal-Index 80,8 ( 9) 80,9 83,5 81,9TransversalerFrontoparietal-Index 70,1 (10) 67,8 73,3 73,6Gesichts- Index 93,2 ( 3) 88,3 89,0 90,8Obergesichts- Index 55,9 ( 4) 53,3 52,9 54,8Orbital-Index 72,4 ( 8) 80,2 77,7 78,2Nasal-Index 50,4 ( 7) 50,0 51,3 47,8TransversalerCraniofacial-Index 88,6 ( 4) 89,5 95,3 98,1Jugofrontal-Index (72,8) ( 2) 76,4 76,8 75,4nur wenige Individualdaten, doch lassen deren Werte ein viel schmaleresundhöheres Gesicht und Obergesicht bei den Walternienburgerleuten als bei dengenannten Vergleichsgruppen vermuten. Auffallend niedrig ist der Orbital- Indexder Nordhäuser Schädel, der im allgemeinen 5-8 Indexeinheiten unter denVergleichswerten liegt. Im Nasal-Index ergibt sich ein größerer Unterschiedlediglich gegenüber den Grof3brembacherAunjetitzern. Der Transversale Cranlofacial- Indexist im Vergleich zu dem der Schnurkeramiker und Aunjetitzer(11 Indexeinheiten größer!) sehr niedrig.Nach den bisherigen metrischen Vergleichen unterscheiden sich dieWalternienburger Schädel von Nordhausen in den meisten Mittelwertender Mane und Indices recht deutlich von den bodenständigen GlockenbecherlSchnurkeramikern, Bandkeramikern und Aunjetitzern und


lassen sich gegenüber diesen Bevölkerungsgruppen hinreichend abgrenzen.Die größten Ähnlichkeitsbeziehungen bestehen dabei noch zu denBandkeramikern von Sondershausen.AllgemeineFormverhältnisseDie H in t e r h a u p t s a n s j c h t (Norma occipitalis) der WalternienburgerSchädel von Nordhausen stellt eine mittelbreit- hohe bis hohe,seltener schmal-hohe Bombenform mit nur schwach gewölbten Seitenwändendar. Schwach keilförmige bzw. hausförmige Hinterhauptsumrissesind kaum zu beobachten. Die Scheiteiwölbung ist bei völlig unbetonterParietalhöckerregion im allgemeinen mittelhoch und sehr gut ausgerundet(Rundscheitel), zuweilen auch hochrund bzw. (bei einem größeren Teil derSchädel) niedrig und flachgewölbt.In der O b e r a n s j c h t (Norma verticalis) dominiert die langgezogene,mittelbreite bis schmale Ovoidform. Die Stirn ist überwiegend schmal undflachgewölbt bis stark gerundet, seltener breit und abgeflacht. Die mäßiglangen, im Bereich der Kranznaht meist etwas eingebogenen Seitenwändedivergieren nach hinten mehr oder weniger stark, so daß3 die im Verhältniszur Stirnbreite recht grobe Schädelbreite im allgemeinen sehr weithinten liegt. Das Hinterhaupt ist entweder breit, mäßig lang bis kurz undabgestumpft bzw. voll ausgerundet oder mäßig lang bis lang ausgezogen,verschmälert zugespitzt und median flach abgesetzt.Für die S e it e n a n s i c h t (Norma lateralis) des Hirnschädels sindfolgende Formmerkmale charakteristisch: niedrige, selten mittelhohe, inbeiden Geschlechtern steil gestellte Unterstirn; Oberstirn niedrig bismäßig hoch und sehr flachgewölbt; ansteigender, flacher Scheitel (deutlicheScheitelhochwolbung) mit weit hinter der Porionsenkrechten gelegenemVertex; Hinterhaupt kurz bis mäßig lang, oberseits bis zumhochliegenden Lambda relativ steil abgeflacht; Occipitaloberschuppe )deutlich ausgewölbt, zuweilen auch steil- abgeflacht; eine lang ausgezogene,zugespitzte Hinterhauptskontur mit schräger oberseitiger Abflachungund ausgebuchteter Oberschuppe bzw. eine kurvoccipitale Hin-)terhauptskontur weniger häufig; Hinterhauptswulst im allgemeinen sehrhoch gelegen. Nur wenige Schädel erlauben eine Beurteilung der Formmerkmaledes Gesichtsskeletts: Gesichtsprofil tendiert zur Mesognathieund zu leichter Prognathie; Oberkiefer mäßig prognath, Alveolarpartieleicht vorgeschrägt; Nasenwurzel kaum oder nur wenig eingezogen,Nasenbeine deutlich vorspringend (bei einem Schädel fast horizontal!)


und im Profil konkav ausgeschwungen; Augenhöhle seitlich tief eingescJochbeinansatz weit vorn gelegen.In der V o r d e r a n s j c h t (Norma frontalis) erkennen wir einen auffallenniedrig- breiten, gut ausgerundeten und nach hinten erheblichan Breite zunehmenden Hirnschädel mit stark eingeschnürter kleinsterStirnbreite und deutlich abstehenden Stirnecken. Die Überaugenbögender männlichen Schädel sind deutlich, wenn auch nicht besonders kräftigmodelliert und nach oben leicht kantig abgesetzt, die der weiblichenSchädel nur schwach ausgeprägt. Das mehr mittelhohe Obergesicht neigteher etwas zum Grazilen als zur Robustheit. Die Orbitae sind vorwiegendrechteckig und niedrig, seltener hoch und von nahezu quadratischer Form.Ihre Längsachsen fallen nach außen zu merklich ab. Die Nasenöffnung istals mittelbreit bis schmal zu bezeichnen. Ein besonders markantes Merkmalfinden wir in den sehr flachen und stark lateral gestellten Jochbeinen.Der fast durchweg schmale Oberkiefer besitzt teils einen hohen, teils einenniedrigen, leicht verdickten Alveolarkamm; die Fossa caning ist mäßigtief. Weitere Formeigentümlichkeiten des Obergesichts lassen sich ausdem spärlichen Material nicht gewinnen.Der grazile bis sehr grazile U n t e r k i e f e r weist eine bedeutendeKinnhöhe auf, die besonders im Verhältnis zu der auffallend geringenCorpushöhe im Bereich der dritten Molaren sehr grof3 erscheint. DerBasalrand des Corpus ist vor allem im frontalen Bereich (Unterrand desKinndreiecks) vielfach stark verdickt, zuweilen sogar wulstartig vorgewöDas Kinndreieck ist im allgemeinen weich geformt und schwachmodelliert, das Profil in der Seitenansicht jedoch gut ausgeprägt, der Kinnvorspnach unten weit herabgezogen und meist senkrecht abgeflacht;die tiefe Kinnfurche ist sehr hoch gelegen. Der Alveolarkamm läßt häufigeine leichte Randverdickung erkennen; der Zahnbogen ist gut ausgerundet.Die an der Basis schmalen und nach oben zu deutlich bis stark gegabeltenniedrigen Äste mit den meist höckerig betonten und schwach evertiertenGonien sind in der Frontalansicht kaum oder nur wenig schräg gestellt.In Okklusionsstellung ist der Unterkiefer gegenüber dem Oberkiefer inden meisten Fällen deutlich vorgeschoben.Die in kurzen Zügen skizzierten allgemeinen Formverhältnisse derWalternienburger Schädel von Nordhausen können noch nicht als endgültigGruppenbild der Walternienburger Bevölkerung gewertet werden.Dazu bedarf es bei der Bearbeitung weiterer Schädelserien in zahlreichMerkmalen, besonders hinsichtlich der Formgestaltung des Gesichtnoch Ergänzungen und in einigen Punkten vielleicht aucheiner Korrektur.


Die vorläufigen kraniotypologischen Untersuchungen deuten auf einüberwiegend mediterranides Formgepräge (Grazil- Mediterranide) mitBeimischungen von nordischen Elementen (größtenteils dalofalische,weniger teutonordische Elemente) im Sinne der modernen idealen Leitbilderheutiger"Systemrassen# hin.Von den bereits bei der metrischen Analyse genannten Vergleichsgruppen stehendie Bandkeramiker von Sondershausen den Walternienburger Schädeln vonNordhausen auch morphologisch am nächsten. Die bei GRIMM (1954 b) abgebildeSchädel lassen in vielen Formmerkmalen deutliche Übereinstimmungenerkennen, z. B. Neigung zur Mesognathie und Alveolarprognathie des Oberkiefersflache und stark seitlich gestellte Jochbeine; sehr deutliche Höhenabnahmdes Unterkiefercorpus vom Kinn bis zur Ansatzstelle des Unterkieferastes;gut ausgeprägtes Positivkinn hohe, fast quadratische bzw. rechteckigniedrigOrbitae; schmale bis mitteibreite Nase; ovoidförmiger Vertikalumrißdes Schädelsmit deutlich nach hinten divergierenden Seitenwänden, schmalerStirn und kurzem, ausgerundetem Hinterhaupt; niedrige bis mittelhoch ausgerundScheitelwölbungin der Hinterhauptsansicht. Diese zwischen den Walternienund bandkeramischen Schädeln (nach Grimm mediterranid) vorhandenmorphologischen Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen dürfen ebensowie die metrischen jedoch (vorerst zumindest) nicht im Sinne einer genetischenVerwandtschaft beider Gruppen gewertet werden.Grobe Unterschiede in der allgemeinen Formgebung bestehen dagegen zwischenden Schädelnder Walternienburgerleute und denen der Großbrembacher Aunjetitzer.Diese weichen in folgenden Merkmalen von den Nordhäuser Schädeln ab:Hinterhauptsansicht - schmaler und höher; höhere und flachbogigerebis leicht gefirstete Scheitelwölbung; stärker nach unten konvergierende Seitenwändeerheblich größerer Anteil keilförmiger und hausförmiger Umrißformen.O b e r a n s j c h t - größere Formenmannigfaltigkeit; viel größerer prozentualerAnteil ellipsoider Umrißformen; breitere, flache Stirn; nur wenig divergierendnahezu gerade Seitenwände ohne Einschnürung im Kranznahtbereich;längeres und vielfach auch stärker zugespitztes Hinterhaupt. S e it e n a n s i c h t- höhere UnterundOberstirn; meist eine postcoronale Depression; Scheitellänger, jedoch nur selten eine Scheitelhochwölbung;länger ausgezogenesHinterhauptmit schragerer oberseitiger Abflachung, tiefer gelegenem Lambda, wenigersteil gestelltem Occipitale und stärker abgeknickter, gewölbter UnterschuppHinterhauptswulst tiefer; häufig eine prälambdoide Depression; Gesichtorthognath; Nasenwurzel eingezogener, Nasenbeine weniger vorspringend; Orbitalöffnmehr nach frontal gerichtet; leichte Oberkieferprognathie selten.V o r d e r a n s i c h t - höhere und vielfach beiderseits abgeflachte Hirnschädelwölbun; Stirnenge nicht scharf eingeschnitten; Hirnschädel nach hinten zu nurwenig verbreitert; Gesicht kräftiger modelliert; Unterrand der Orbita lateralhäufig ausgesackt; Augenhöhlenachsen schwächer geneigt; Nase schmaler undhöher. U n t e r k i e f e r - größeres und kräftigeres Corpus ohne beträchtlichenHöhenunterschied zwischen Kinnhöhe und Corpushöhe im Bereich der 3. Molaren;kräftigere, steiler gestellte, höhere und schwächer gegabelte Unterkieferäste;Kinn viel schwächer entwickelt, Kinngrube flacher; größere Kondylen-und


Winkeibreite; Fehlen von Alveolarverdickungen; Gonien verrundet; Unterkieferin Okklusionsstellung gegenüber dem Oberkiefer deutlich zurückgeschoben.Auch in kraniotypologischer Hinsicht zeichnen sich wesentliche Unterschiede ab,da die Großbrembacher Aunjetitzer Schädel überwiegend als nordisch anzusprethensind und nur eine geringe Beimischung mediterranider Elemente aufweisen.Die vorliegenden Untersuchungen vermögen anhand des derzeitigenFundmaterials demnach keine überzeugenden Hinweise für eine Beteiligunggelangten.der Walternienburgerleute an der Herausbildung der mitteldeutschenAunjetitzer zu liefern. Die grazil- mediterranen Elemente der GrobbrembaAunjetitzer dürften ihren Ursprung vielmehr in Bevölkerungsader mährischen Aunjetitzer haben, die nach einer Verschmelmit böhmischen Aunjetitzern in den mitteldeutschen RaumDas überwiegend mediterrane Formgepräge der WalternienburgerSchädel von Nordhausen deutet auf eine südliche oder südöstliche Herkunftder Träger der Walternienburger Kultur hin. Nordische Elementescheinen sich erst viel späterbeigemischt zu haben.PathologischeVeränderungenBei der Bearbeitung vorundfrühgeschichtlichen Skelettmaterialstreten in jüngster Zeit auch paläomedizinische Gesichtspunkte immermehr in den Vordergrund des Interesses. Um einen Einblick in die Belastungeiner Population mit Krankheiten, Körperfehlern, Unfallfolgenusw. zu gewinnen, kann man sich nicht mit der Beschreibung besondersmarkanter pathologischer Stücke, sogenannter "Kuriositäten", begnügenoder nur auf die Feststellung einer bestimmten Krankheit (z. B. Karies)beschränken, sondern muß alle an den Schädeln und postkranialen Skelettteilenerkennbaren krankhaften Veränderungen berücksichtigen. Als Ergebnissolcher Untersuchungen wird dann nicht nur die Belastung derDurchschnittsbevölkerung bestimmter Kulturperioden bekannt, sonderndarüber hinaus auch die Möglichkeit gegeben werden, über das zeitlicheAuftreten und die relative Häufigkeitszunahme bzw. Abnahme gewisserKrankheiten innerhalb der menschlichen Entwicklung Aussagen zumachen, die wiederum für die Beurteilung der sogenannten "Zivilisationskrankheund -schäden" medizinhistorische und auch grobe sozialhygieniBedeutungerlangen.Befunde am SchädelPathologische Veränderungen an der Innenfläche des Hirnschädels treten ingrößerer Anzahl nur in Form von porösen Stellen (1 Schädel), grubigen Ver-


tiefungen (3 Schädel) oder kleineren lokalen Perforationen mit Strukturveränderungender Tabula interna (2 Schädel) in Erscheinung. Ihre Ursachen könnenverschiedener Art (etwa Stoffwechselstörungen, entzündliche, tuberkulöse odertumoröse Prozesse) sein und lassen sich im einzelnen kaum genauer bestimmen.Bei einem in der rechten Schläfenundangrenzenden Scheitelbeingegend gelegenengrößeren Defekt (männlicher Schädel Nr. 44) scheint die Vermutung eineszu Lebzeiten des Individuums vorgenommenen operativen Eingriffes (harmonischerKonturverlauf und Vernarbung des Defektrandes) nicht unbegründetzu sein. Die am trepanierten Kranium Nr. 30 unmittelbar hinter der rechtenSchläfenschuppeerkennbare Öffnung wird möglicherweise als wachsende Schädeifrakturdes Kindesalters" (vgl. S. 191) betrachtet werden können.Offenbar auf eine Gewalteinwirkung zurückzuführen sind die kleinerenDeformationen im linken Gesichtsbereich des männlichen Schädels Nr. 35.Der Überaugenbogen weist über dem inneren Augenhöhlenrand einedeutliche Eindellung auf. Am Margo orbitalis der linken Oberkieferhälftebefindet sich ein wulstartig verdickter, stark vorgewölbter hoher Knochenkamm,der sich von einer vermutlich alten, vom innersten Abschnitt desunteren Augenhöhlenrandes zum linken Seitenrand der betont asymmetrischenknöchernen Nasenöffnung verlaufenden Frakturlinie bis zurSutura zygomaticomaxillaris erstreckt. Da bei der Verletzung der untereOrbitalrand nicht nur beschädigt, sondern auch frakturiert und größtenteils(zusammen mit dem Augenhöhlenboden) erheblich herabgedrücktworden ist (die Orbitalhöhe ist links 2,5 mm größer als rechts), dürftenicht unwahrscheinlich sein, daß3dabei ebenfalls das Auge verletzt wurde.Eine im Vergleich zur rechten Orbita zumindest in geringem Grade erkennbareAtrophie des oberen Augenhöhlenrandes, besonders des medialenAbschnitts, scheint sogar für eine Erblindung des Auges zu sprechen.Die an den noch erhaltenen Teilen der unteren Nasenbeinhälften zu beobachtendenFormveränderungen (in der Mitte beider Nasenbeine verlaufenderQuerwulst, unregelmäßige wulstartige Verdickung im Bereichder linken unteren Nasenbeinhälfte) sind als verheilte Nasenbeinfrakturzu deuten. Besonders erwähnenswert erscheint, dalj die unteren Teile derNasalia nicht gerade, sondern erheblich nach links verschoben (d. h.schräg nach rechts unten gerichtet) mit den oberen verwachsen sind. Nachden vorliegenden Befunden am linken Überaugenbogen, unteren Augenhöhlenrandund an den Nasenbeinen zu urteilen, sind die entsprechendenVerletzungen auf eine einmalige Gewalteinwirkung zurückzuführen. Eshandelte sich dabei vermutlich um einen auf das linke Auge gerichtetenderben Schlag, der mit einem nicht näher bekannten, am Ende aber offenbarrundlichen oder halbkugeligen Gegenstand (Dm: etwa 4-4,5 cm) ausgeführtwurde. Die vollständige Verheilung des Nasenbein-und Orbital-


defektes ist dahingehend zu bewerten, daß das Individuum die Verletzungennoch lange Zeit überlebt hat.Veränderungen am Gebiß und KauapparatSchädigungen des ZahnundKieferapparates nehmen unter den pathologischBefunden den weitaus größten Raum ein. Besonders häufig zubeobachten sind Karies, Zystenbildung und parodontische Veränderungenan denAlveolarkämmen.Karies: a Zähne konnten insgesamt bei 6-7 Individuen festgestelltwerden. Die sich daraus errechnende Karieshäufigkeit beträgt 19,4-22,6 % derErwachsenenbevölkerung (Mutungsbreite bei 99 % Sicherheit von 6,1 bzw.8,2 % bis 40,8 bzw. 44,4 Ob) oder 12-14 % der gesamten WalternienburgerPopulation von Nordhausen (Mutungsbreite für 99 0/0 Sicherheit von 3,7 bzw.4,9 % bis 26,7 bzw. 29,2 Ob). Von den mitteldeutschen Vergleichsserien gruppierensich innerhalb dieser Mutungsbreiten die Werte der Karieshäufigkeit für63 jungsteinzeitliche Schädel verschiedener Kulturgruppen (22,2 % n. Doerlich),die Bandkeramiker von Sondershausen (18,2 % n. Grimm), die Glockenbecherserievon Gerhardt (10,8 °/o) und die Gro!jbrembachcr Aunjetitzer (17,9 % n.<strong>Ullrich</strong>). Für die Berechnung der Kariesfrequenz (prozentualer Anteil der kariösenZähne) stehen 574 Zähne des Dauergebisses zur Verfügung. Von diesensind 11 kariös, d. h. 1,9 % (Mutungsbereich für 99 0/0 Sicherheit von 0,8-3,7 0/n).Die entsprechenden Vergleichswerte lauten: 1,3 % für die Bandkeramiker vonSondershausen, 2,7 °/o für die jungsteinzeitlichen Schädel nach Doerlich, 3,2 %für die Großbrembacher Aunjetitzer und 2,5 % für 56 bronzezeitliche Schädelnach Doerlich (Die Karieshäufigkeit beträgt bei dieser Serie 16,1 0/n).Bei einem Vergleich dieser Angaben ist zu berücksichtigen,daß3dem von DOER- LICH(1939) untersuchten jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Material jeweilsSchädel verschiedener Kulturgruppen zugrunde liegen, die übrigen Wertedagegen sich fast ausschließlich auf geschlossene Populationen beziehen. ImGegensatz zu der Feststellung von Doerlich, daß3der Prozentsatz der kariösenZähne und der Karieskranken in der Bronzezeit gegenüber dem Neolithikumabgenommen habe, deuten die für die bandkeramische, Walternienburger-, Glokkenbec undAunjetitzer- Bevölkerung Mitteldeutschlands genannten Werte(die den summarischen, nicht nach Populationen getrennten Angaben unbedingtvorzuziehen sind) auf eine deutliche Zunahme der Karieshäufigkeit und Kariesfrequeim mitteldeutschen Raum hin. Die recht hohe Karieshäufigkeit derBandkeramiker dürfte vielleicht auf die nicht sehr grobe Individuenzahl dieserGruppe zurückzuführen sein. Sollte bei einer Nachprüfung an weiteren neolithischund bronzezeitlichen Schädelserien die hier angedeutete Zunahme derKarieshäufigkeit und Kariesfrequenz sich bestätigen und statistisch sichern lassen,wird man die Ursache möglicherweise in dem Gebrauch von metallenen(bronzenen) Gegenständen zur Zubereitung und Aufnahme der Nahrung (z. B.Becher, Schalen, Messer) mit dem Beginn der Bronzezeit vermuten können.Herde: Zähne mit Zystenbildung an den Wurzelspitzen konnten bei 3 Individuenim Oberkiefer und bei einem im Unterkiefer registriert werden. Alle 4 Zy


sten sind nach buccal offen, die im Unterkiefer auch nach lingual. Bei der Erwachsenenbevölkder Großbrembacher Aunjetitzer wurden Zysten häufiger(17,3 ob) beobachtet als bei den Walternienburgerleuten von Nordhausen(12,9 0/n).P a r o d o n t o se : Von den Abwitterungserscheinungen und Beschädigungender Alveolarkämme unterscheiden sich deutlich Veränderungen, die als Parodontoseund deren Folgeerscheinungen anzusprechen sind. Solche Veränderungen(größtenteils freiliegende Zahnhälse, vollständig resorbierte Knochenscheidewandzwischen den Alveolen, Knochenlamellen über den Wurzeln vielfach zurückgebildet)zeigen 87,1 % der diagnostizierbaren Erwachsenengebisse(GroßbrembacherAunjetitzer 81,6 ob). Der auffallend hohe Prozentsatz an Parodontoseund ihr Auftreten bereits im juvenilen Alter (bei 4 Kiefern) lassen einenZusammenhang mit der Ernährungsweise der damaligen Bevölkerung als durchausmöglich erscheinen. Nicht ohne Bedeutung dürfte auch die Feststellung sein,daß die 14 Erwachsenenkiefer mit stärkerem Zahnsteinbelag ebenfalls parodontischeVeränderungen aufweisen.Die an 3 Unterkiefern vorhandene Auskrempung und Verbreiterung des Alveolarrandesim Molarenbereich sind sehr wahrscheinlich als Schutzreaktion desdurch die Kautätigkeit überbeanspruchten marginalen Paradontiums zu deuten.Bei 9 Individuen sind bereits zu Lebzeiten insgesamt 24-26 Zähne ausgefallenoder extrahiert worden; die Alveolen sind größtenteils vollständig geschlossen.Z a h n a n o m a 1j e n : Engstand im Frontzahnbereich (2 Unterkiefer); Schräglageeines 3. Oberkiefermolars; Torsion eines linken Oberkiefereckzahns; geringeAusbildung von Diastemata bei 3 Individuen; nicht angelegte 3. Molaren (zweimalbeiderseits im Unterkiefer, je zweimal einseitig im Oberbzw.Unterkiefer)bei 6 Individuen (in den meisten Fällen sind die Kiefer zu kurz, um einem3. Molaren genügend Platz zu bieten); kleine zapfenförmige 3. Molaren bei2 Individuen; fehlender rechter Unterkieferprämolar; prämolarisierte Kronenflächeeines Eckzahns; Vierwurzeligkeit eines 1. Oberkiefermolars; starke Exostosenbildung(Runzelung) am Gaumen.A b r a s 10 n: Die übermäßig starke Abrasion der Zähne steht in keinem Verhältniszu der heutiger Europäer, fügt sich aber sehr gut in die bei prähistorischenPopulationen allgemein sehr starken Abkauungserscheinungenein. Vielfachzeigen nicht nur die Molaren, sondern auch die Schneidezähne und Eckzähnebeider Kiefer eine hochgradige Abrasion (bei 8 Schädeln nur noch inForm kleiner plangeschliffener Stumpfe erhalten). Die Abschleifung der 1. Molarenist bei 6 Individuen so weit fortgeschritten, daß eine muschelförmige Vertiefungentstanden ist. Einige Zähne sind pulpageöffnet, von anderen nur nochWurzelreste vorhanden. Als Ursache für die starke Abkauung der Zähne inprähistorischer Zeit dürfte in erster Linie der durch die Zerkleinerung des Getreidesauf Mahlsteinen bedingte hohe Kieselsäuregehalt der Nahrung zu nennensein. Die zwischen den Walternienburgerleuten von Nordhausen und GroßbrembacherAunjetitzern bestehenden Unterschiede im Abkauungsgrad (bei den Walternienburgernbedeutend größer) und in der Abrasionsform der Zähne könntenauf einer bei beiden Populationen unterschiedlichen Nahrungszusammensetzungberuhen.


PathologischeVeränderungenam postkranialen SkelettBei einer ersten Durchsicht der postkranialen Skeletteile konnte besonim Bereich der Wirbelsäule bereits eine größere Anzahl pathologiscbzw. von der Norm abweichender Veränderungen festgestelltwerden.Fehlbildungen der Wirbelsäule treten fast ausschließlicham Kreuzbein in Erscheinung. Ein Sacrum aus Quadrat 8, dessen kaudaleEnde hinter dem 4. Foramen weggebrochen ist, besitzt einen vollstänoffenen Canalis sacralis mit einer größten Breite von 27,5 mm amoberen Ende und einer kleinsten von 4 mm in Höhe des Oberrandes des2. Foramens. Der Kreuzbeinkanal liegt demnach nicht in voller Breiteoffen, sondern wird beiderseits von mehr oder minder breiten Restleistender Verschlußbögen begrenzt, an denen sich im Bereich der ehemaligenWirbelbögen kleine Knochenzapfen befinden (am deutlichsten links oben;auf der rechten Seite ist an dieser Stelle ein größerer Substanzausbruchzu verzeichnen). Über dem größten Teil des rechten oberen Foramenserhebt sich bis zur Mitte des 2. Kreuzbeinsegments eine breite, zungenförmKnochenlamelle, die die Öffnung weitgehend überdacht; linksist sie schmaler und schwächer ausgeprägt. Nach einer Übersicht dereuropäischen Belegstücke für Wirbelsäulenveränderungen in prähistorischZeit von GRIMM (1959 b) ist das älteste Kreuzbein mit auf seinerganzen Höhe offenem Canalis sacralis in die Merowingerzeit zu datieren;DESSE/GIOT (1952) haben ein ebensolches Stück aus der Hallstattbzw.La Tene-Zeit (Saint- Frankreich) beschrieben. Das aus dem Skelettmateder Walternienburger Bevölkerung von Nordhausen bekannt geworKreuzbein ist somit als der bisher älteste Beleg für einen aufseiner ganzen Höhe offenen Kreuzbeinkanal zu werten.Häufiger unter prähistorischern Skelettmaterial sind Kreuzbeine mit nur teilweisoffenem Wirbelkanal anzutreffen. Das Fundgut aus Nordhausen enthält3 Kreuzbeine mit besonders hohem Hiatus sacralis: zweimal verläuft die kranialeVerschlußgrenze mindestens in Höhe des 3. Foramens, vermutlich jedochnoch höher; einmal ist der Wirbelkanal beiderseits offen (kranial bis zumUnterrand des obersten Lochpaares, kaudal bis in Höhe des 4. Foramens, d. h.eigentlich des 3., da dieses Sacrum eine Einschmelzung des 5. Lendenwirbels undsomit 5 Lochpaare aufweist). Bei einem weiteren Kreuzbein ist der 1. Wirbel1bogen stark erniedrigt, der Wirbelkanal unterhalb dieses Bogens geöffnet.Bei dem an den 5 Nordhäuser Kreuzbeinen beobachteten teilweisenoder vollständigen Freiliegen des Wirbelkanals handelt es sich nicht um


elanglose anatomische Variationen, sondern um Störungen in der Ausbildungder Wirbelbögen. Diese sind zugleich Hinweise auf Entwicklungsstörungenaus der frühembryonalen Zeit (Ausbildung des Neuralrohresund der Chorda dorsalis), so da6 z. B. in der rezenten Menschheitdas nächtliche Einnässen (Enurensis nocturna) und andere Verhaltensstörungenmit solchen anatomischen Charakteren korreliert sind" (GRIMM1959 b, S. 13). Neben mehr oder minder starken Schmerzen, besondersbei vollständig offenem Sacralkanal, können solche Schäden nicht seltenam Lebenden auch mit Störungen der normalen Nerventätigkeit (leichteLähmungen u. a.) verbunden sein. Zum anderen dürften sie auch für diepopulationsgenetische Charakterisierung der einzelnen KulturgruppenBedeutungerlangen.Ein Brustwirbel aus Qu. 3 besitzt einen stark verkürzten, am unteren freienEnde nur l4mm (t) langen Processus spinalis. Anzeichen, die auf eine Frakturhindeuten könnten, fehlen.Aufbrauchsschäden der Wirbelsäule äußern sich amNordhäuser Skelettmaterial in erster Linie in spondylotischen, von denZwischenwirbelscheiben und Bändern ausgehenden Veränderungen, wenigerin arthrotischen, d. h. an den Gelenken sich vollziehenden Deformationen.Extrem starke Veränderungen im Sinne einer Spondylosis deformanssind am 2.-5. Lendenwirbel des Skeletts Nr. 1 zu beobachten. Am OberundUnterrand der Wirbelkörper befinden sich gewaltige Knochenwucherungenin Form von Randzacken, Randwülsten und Knochenlamellen, dieteilweise eine Breite bis zu 17 mm (I) und eine Höhe von 15 mm (t) erreichen.An den Stellen stärkster Auswucherung (am 2. und 3. Lendenwirbelauf der linken, am 5. auf der rechten Seite, am 4. an der Vorderfläche)sind die Wirbelkörper deutlich komprimiert; die kompakte Ringzoneder Facies terminalis cranialis und caudalis ist stark nach untenherabbzw.nach oben aufgebogen, am 5. Lendenwirbel teilweise sogarvöllig in spongiöses Gewebe aufgelöst. In eine breite, muldenförmigeKnochenlamelle links am Oberrand des 3. Lendenwirbels paßt genaueine entsprechende Knochenbildung am Unterrand des darüber liegendenWirbels. Schwächere Randzacken und Randwülste sind noch an fünfweiteren Wirbeln des Skeletts Nr. 1, zwei unvollständigen Lendenwirbelnaus Qu. 7, einem Brustwirbelrest von Skelett Nr.40 und an zwei Brustwirbelnaus Qu. 3 zuerkennen.Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke (Arthrosis deformans) zeigen einAtlas aus Qu. 8, der 5. Lendenwirbel von Skelett Nr.1, die Kreuzbeine Nr. 1


(stark asymmetrisch) und Qu. 8 mit offenem Canalis sacralis. Bei Skelett Nr. 1(Mann im adulten Alter) treten somit spondylotische und arthrotische Deformationgleichzeitig in Erscheinung. Arthrosis des manubrio-sternalen Gelenksist am Schlüsselbeinvon Skelett Nr. 19 zu verzeichnen.Veränderungen an den langen Gliedmaßenknochensind nur am distalen Gelenk eines linken Oberarmknochens (Qu. 8) zubeobachten. Die Trochlea ist relativ schwach ausgeprägt und besitzt aufder Dorsalseite stark erniedrigte Ränder. Der Epicondylus radjahs istdorsal flächenartig verbreitert und am Übergang in das Capitulum humeriunregelmäßig und wulstartig gerunzelt. Eine Fossa radjahs ist nicht ausgeprägDiese vermutlich durch heftige Reibung von verlagerten Bändernoder Sehnen verursachten Formveränderungen könnten zu einer Verminderder Beweglichkeit im Ellenbogengelenk geführt haben.Die Belastung der Walternienburger Bevölkerung von Nordhausen mitKrankheiten, Körperfehlern, Unfailfolgen und von der Norm abweichendenVeränderungen im Bereich des Schädels und postkranialen Skelettserscheint ungewöhnlich hoch (78-80 %). Auch wenn wir nur diejenigenpathologischen Veränderungen näher in Betracht ziehen, die den betreffendenIndividuen zu Lebzeiten in irgendwelcher Weise "bewußt" gewordensind, sei es in Form von Schmerzen, Funktionsbehinderung oder bei"chirurgischen" Eingriffen (d. h. Karies, Herde, prämortale Zahnverluste,pulpageöffnete oder bis auf die Wurzel abradierte Zähne, Frakturen undVerletzungen am Schädel, Spondylose, Arthrose, Spina bifida der Kreuzbeineund Veränderungen im Ellenbogengelenk), ergibt sich noch eineBelastung von 34-50 % der Gesamtpopulation. Die Untersuchungenzeigen weiterhin deutlich, daß es sich bei den pathologischen Veränderungenam postkranialen Skelett zum größten Teil um schwere Schädigungenim Bereich der Wirbelsäule handelt, d. h. um solche Fehlbildungen(Sacrum bifidum) und Aufbrauchsschäden der Wirbelsäule (Spondylosis,Arthrosis), die bei der heutigen Menschheit in immer größeremAusmaße in Erscheinung treten. Auch am KieferundGebißapparat findensich neben Karies und weitverbreiteter Parodontose bereits in größererAnzahl Stellungsanomalien, die für den rezenten Menschen charakteristischsind. Diese Erkrankungen der Wirbelsäule und des Zahn- Kieferapparatesals "Zivilisationskrankheiten oder -schäden" bezeichnen zuwollen, wie es von einigen Forschern immer noch geschieht (besondersfür Spondylosis und Karies), dürfte nach den bisherigen paläopathologischengerechtfertigtUntersuchungen an prähistorischem Skelettmaterial nicht mehrerscheinen.


DieSkelettresteaus der Totenhütte von NiederbösaBesondere Beachtung verdienen zunächst zwei unmittelbar am KollekgelegenEinzelbestattungen, von denen die eine anhand des beigegebefazettierten Axthammers als schnurkeramisch identifiziertwerden konnte. Das am westlichen Ende an die südliche Längswand derGrabkammer angrenzende und deutlich als rechtsseitiger Hocker gekennzeichneSkelett war bei der Ausgrabung fast vollständig erhalten unddürfte nach den jetzt noch vorliegenden spärlichen Knochenresten'5 alssehr wahrscheinlich männlich zu bestimmen und der adulten Altersstufe(etwa 25 Jahre) zuzuweisen sein. Die im Bereich der UnterundOberstirnvorhandene rechtsseitige grobe Trepanationsöffnung und eine sehrwahrscheinliche Unterkiefergelenkkopffraktur (vgl. S. 195) verleihen diesemschnurkeramischen Schädelfund grobe paläopathologische Bedeutung.Bei der zweiten Einzelbestattung handelt es sich um ein direkt an die westlicheStirnseite der Totenhütte anschlieljendes Kindergrab, das wegenfehlender Beigaben kulturell nicht eingegliedert werden kann. Das rechteHockerskelett, von dem die meisten postkranialen Knochen und daslückenhafte Stirnbein, grobe Teile der Parietalia, ein Occipitairest, Basisfragmebeide defekte Wangenbeine und ein rechtes Unterkieferstückerhalten sind, gehörte einem etwa 7jährigen Kind (Inf ans II) an undzeigt auf dem rechten Parietale in Bregmanähe eine etwa daumennagelgrobeEindellung.Der Erhaltungszustand der aus dem Innenraum der Grabkammer geborgenenSkelette läßt ebenso wie bei Nordhausen sehr zu wünschen übrig. Nahezu alleSchädel sind durch die darüberliegende Steindecke stark zertrümmert wordenund meist nur in Form von Kalotten (n=25) oder einzelnen Hirnschädelteilen(n=20) mit Gesichtsresten vorhanden. Unter dem gesamten Material befindensich lediglich 2 Kranien und 8 Kalvariae mit Gesichtsresten,dafür um so zahlreicherisolierte Oberkiefer (n=7) und Unterkiefer (n==16) sowie einzelneKieferhälften (n=33) von insgesamt 55 Individuen, die sich nicht mehr mit dererforderlichen Sicherheit einem bestimmten Schädel zuweisen lassen. Da dievorliegenden Schädel fast ausnahmslosim Gesichtsbereich sehr grobe Defekteaufweisen, fehlen von 69 Individuen die Gebißreste mehr oder weniger vollständig(46 Oberkiefer, 37 Unterkiefer und 24 einzelne Kieferhälften), d. h.mehr Kiefer und Kieferteile als "überzählige Gebif3reste vorhanden sind. Auch15) Vorhandene Knochenteile:in der GlabellarundOrbitalregion unvollständige,defekte vordere Kalottenhälfte, linke Unterkieferhälfte und Fragment der rechten,geringe Oberkieferreste; vom postkranialen Skelett nur zahlreicher Kleinbruch undfünf Fragmente der Extremitätenknochen.- Der Rest ist nach mehrmaligen Umlagerungenim Museum nicht mehr aufzufinden.


Tabelle 5:Alter, Geschlechtund Körperhöhender Walternienburgerleutevon NiederbösaAlterKörpNr Ḅezeichnung Geschlecht Altersgruppen Jahren in (in cm)I. Nb. 1') 0 inf. II um 7IL 22) (männl.) adult (25) -1. Nb. 3 0 inf.I 4-52. 3/1 0 inf. II 8-93. 4 0 inf.I 4-54. 5 0 inf.I 2-35. 63) 1(9)1 -6. 6/1 0 inf. II 7-87. 7 (9) matur (40) 1508. 7/1 Q inf.II 8-99. 8 (9) (adult) (30-35) 15110. 8/1 Q inf. 11/juv. 1211. 9 ((5) matur 35-40 166-16712. 9/1 Q inf.I 4-513. 9/11 0 inf.I 2-314. 10 /9/ (matur) (über40) 148-14915. 10/1 /(5/ adult 20-25 16116. 11 /(9)/ juvenil 1717. 12 (9) (adult) (über20) (über150)18. 13 (9) adult (um 30) 15019. 13/1 0 juvenil 14-1520. 14 (5 adult 30-35 über 17221. 15 (-i-(5) senil über 50 16322. 16 9 matur 4523. 16/13) f(5/ - 171-17224. 16/11 0 inf.I 3-425. 174) ((5) adult (um 30) 16626. 19 (5 matur/senil um 50 168-16927. 19/1 Q inf. 11/juv. (10-12)28. 20 1(6)! (adult) (18-20) 167-16829. 21 /((5)/ adult (20) 16830. 21/1 Q inf. I (3-4)31. 21/11 0 inf. II 10-1132. 22 Q inf. I 4-533. 23 0 (inf. II) (6-8)34. 23/15) Q inf. I (2-3)35. 24 (9) matur 35 14836. 25 Q inf.II 10-12 -


Nr Ḅeziehung GeschlechtAltersgruppeninAlter Körp (in cm)37. Nb. 25/1 (3 adult 20 16538. 264) (3 matur (40) 16839. 28 9 matur 35-40 14640. 28/1 0 inf. 11/juv. 11-1341. 29 9 adult 20-25 14942. 29/1 (3 adult 30 17043. 30') 9 matur (über40) 14744. 30/1 Q inf.11 11-1245. 30/11 Q inf. I (2-3)46. (32)6) ((3) matur (35)47. 33 + (3 (adult) -48. 34 0 inf.I 2-349. 35 Q (inf. II) (6)50. 36 + (3 (adult) (20-25) 164-16551. 377) [9] juvenil um 1452. 387) +d matur um4553. 38/17) Q inf. II (7)54. 39 0 inf. II 8-955. 40 + (3 adult 30 16056. 40/1 0 (inf. 11/juv.) 12-1357. 41 9 adult 22 15158. 42 (9) matur (über 40) 14859. 42/1 0 inf. II 960. 43 (3 adult 30 166-16761. 43/1 9 (matur/sen) um 50 15062. 44 9 adult (18-20) 15463. 45 ((3) adult 30-3564. 46 9 adult 19-20 14765. 47 (3 adult 30-35 164-16566. 47/1 [9] juvenil 14-15 13967. 47/11 0 inf. I (3)68. (48)6) (9) adult (25-30)69. 49 (3 senil (über 50) 159-16070. (50)6) (+ (3) (adult) -71. 51 (3 adult 30-35 16572. 51/1 ((3) adult 20-25 16373. 51/11 0 inf. I 3474. 52 [(+9)) juvenil 16-18 149-15075. 52/1 ((3) matur 40-4576. 53 ((3) (adult) (25-30) 17077. 545) 9 matur um 4078. 558) Q inf. II (10) -


das postkraniale Skelettmaterial ist im allgemeinen schlecht erhalten; annäherndvollständige Skelette wurden nur in sehr geringer Zahl gefunden.Die Bestimmung der Anzahl der innerhalb der Totenhütte bestattetenIndividuen wurde dadurch sehr erschwert, daß die Skelette bis auf wenigeAusnahmen nicht mehr in natürlichem Zusammenhang lagen, sondernmehr oder minder weit verstreut waren und deshalb bei der Bergung desKnochenmaterials unvermeidbar größere Überlagerungen eintreten mußten.In mühevoller Kleinarbeit gelang es jedoch, trotz des allgemeinunbefriedigenden Erhaltungszustandes, die Schädelteile und postkranialenSkelettelemente individuenmäßig zu trennen und die jeweilige Zusammengehfestzustellen. Die dabei gewonnenen Ergebnisse lassenerkennen, daß3 im Kollektivgrab von Niederbösa mit sehr hoher Wahrscheinli78 Individuen beigesetzt worden sind (Tab. 5)16.Anmerkungen zur Tabelle 51) Aul%erhalbder Grabkammer (an der westlichen Stirnseite) gelegene Einzelbestattung.2) Auferhalb der Grabkammer (am westlichen Ende der südlichen Längswand)gelegeneEinzelbestattung.3) Schädelfehlt; auf dem Foto keine Schädelresteerkennbar.4) Die bei der Ausgrabungals Nr. 18, 27 und 31 bezeichnetenKnochen gehörenjeweilszu benachbartenIndividuen.5) PostkranialeSkelettrestefehlen.6) Schädelund postkraniale Skelettrestevon Nr. 32, 48 und 50 vorhanden gewesen,jedoch als solchenicht mehr auffindbar. Nach dem Foto zu urteilen, dürfte dasnummernloseStirnbein mit dem Unterkiefer zu Nr. 32, die Kalottezu Nr.48 unddas ebenfalls nummerniose Occipitale mit den Parietalresten möglicherweisezuNr.50 gehören.7) Postkraniale Skelettrestefehlen; Teile davon dürften jedoch unter den Knochenaus Ou. III vorhandensein.8) Schädelund postkraniale Skelettelementenummernlos,Fundlagedaher unbekannt.+ '3 = eher männlichals weiblich+ 9 = eher weiblich als männlich( ) = unsicherwegen schlechterErhaltung/ / = unsicherwegen ausschliefilicherBestimmungnach den postkranialenSkelettresten( ) = zweifelhaft wegen Jugendlichkeit- = nicht feststellbar16) Von einer Einzelbeschreibungder Schädelund postkranialen Skelettrestemullin diesem Rahmen ebenfalls abgesehenwerden.


Es gehört leider noch zu den Seltenheiten, um nicht zu sagen Kostbarkeiten,wenn dem Anthropologen fast gleichzeitig jeweils größere Skelettserienaus zwei vollständig ausgegrabenen prähistorischen Gräberfeldernoder Grabkomplexen zur Verfügung stehen. Ein solches Material ermöglichtnicht nur Populationsvergleiche in kraniometrisch- morphologischerHinsicht, sondern erlaubt anhand der paläodemographischen und paläopatholoBefunde auch Schlußfolgerungen hinsichtlich der Unterschiedein Altersschichtung, Lebenserwartung, Gesundheitszustand, Lebenswund sozialen Verhältnissen zwischen den zu vergleichendenBevölkerungen. Die in erster Linie unter diesem Aspekt an den Schädelnund Skeletten der Walternienburgerleute von Niederbösa'7 durchgeführtenUntersuchungen werden zum Teil jedoch, besonders in ihren kraniometrischmorphound kraniotypologischen Ergebnissen, wesentlich eingeschrända von beiden Populationen infolge schlechter Erhaltung vorwiegennur die Hirnschädel eine Beurteilung ermöglichten. BesondereBeachtung verdienen weiterhin solche Ergebnisse, die für die Charakterisierungder Walternienburgerleute als Kulturgruppe Bedeutung erlangenund das bereits anhand des Nordhäuser Fundkomplexes aufgezeigte Gruppenbildzu erweitern und zu ergänzen vermögen.PaläodemographischeAngabenAls unerläßliche Bedingung für paläodemographische Untersuchungensind in erster Linie die Vollständigkeit der zu bearbeitenden anthropologischSerie (d. h. vollständige Ausgrabung des jeweiligen Gräberfeldesoder Grabkomplexes) und eine möglichst genaue GeschlechtsundAltersbestimmung des Skelettmaterials zu werten. Von ACSADI/NEME- SKERI(1957) werden ebenfalls noch als archäologische Bedingung dieErmittlung der Chronologie der Bestattungen (genaue Datierung, Bestimmungder Zeitdauer der Belegung des Gräberfeldes) und die Kenntnisdes "natürlichen" oder "mechanischen Charakters" der Population (Bestattungspeiner Siedlungsgemeinschaft oder zusammengesetzte Einheit),die das Gräberfeld benutzte, genannt, doch lassen sich diese Kriterien fürdie prähistorische Zeit lediglich zum Teil oder überhaupt nur vermutungsweiseerbringen. Da bei neolithischen und bronzezeitlichen Gräberfelderndie Zeitdauer der Belegung nicht ermittelt werden kann, sind wir hinsichtlich17) Die menschlichenSkelettresteaus dem Kollektivgrab von Niederbösa konntenvom Verfassererst nach Abschlufides Manuskriptes über das Nordhäuser Materialbearbeitetwerden.


einiger Schlußfolgerungen für diese Zeit zu Schätzungen genötigt(ULLRICH 1962 a). Auch sind wir gezwungen anzunehmen, daß3 die aufeinem Gräberfeld Bestatteten eines natürlichen Todes gestorben sind undeiner Dorfbevölkerung angehörten, die alle ihre Toten auf eben diesemBegräbnisplatz beigesetzt hat.Es interessiert zunächst das Verhältnis Männer zu Frauen bei derWalternienburger Population von Niederbösa. Von den 44 Erwachsenenschädeund Skeletten konnten 11 als männlich und 10 als weiblich,9 als sehr wahrscheinlich männlich und 8 als ebenso weiblich und dierestlichen 6 Schädel als eher männlich als weiblich bestimmt werden. Entsprechden anderen neolithischen und frühbronzezeitlichen GräberfeldernMitteldeutschlands sind auch hier mehr Männer (59,1 %) alsFrauen (40,9 %) bestattet worden. Im Vergleich zu Nordhausen (54,8 %Männer, 45,2 % Frauen) ist die Zahl der männlichen Erwachsenen beiNiederbösa zwar etwas größer, die der weiblichen entsprechend kleiner,doch sind die Unterschiede zu gering, um ihnen größere Bedeutung beimessezu können.Tabelle 6:Altersgliederungder Walternienburger Bevölkerungvon Niederbösaund Nordhausen(Angaben in %)AltersgruppeNiederbösa(n = 78)Nordhausen(n = 50)Infans I 16,7 (13) 8,0Infans II 16,7 (13) 10,0Juvenis 10,3 ( 8) 20,0Adultus 33,3 (26) 32,0Maturus 17,9 (14) 26,0Senilis 5,1 ( 4) 4,0Die Altersstruktur der im Kollektivgrab von Niederbösa beigesetztenWalternienburgerleute unterscheidet sich sehr wesentlich von der derNordhäuser Bevölkerung (Tab. 6). Vor allem in der Sterblichkeit derKinder und Jugendlichen ergeben sich markante Differenzen, die sichin einer bei Niederbösa annähernd doppelt so groben Kindersterblichkeitund etwa die Hälfte betragenden Jugendlichensterblichkeit gegenüberder Nordhauser Population widerspiegeln. Die prozentualen Anteileder Altersgruppen Adultus, Maturus und Senilis erreichen dagegen bei


eiden Bevölkerungen größtenteils übereinstimmende Werte, lediglich derBereich der Maturen ist bei Nordhausen um etwa 8 % stärker besetzt. DieseErgebnisse erfahren bei Betrachtung der Sterbehäufigkeit beider Populationen(Tab. 7) eine weitere Präzisierung. Aus der untenstehenden Zusammenentnehmen wir, daß die bei Niederbösa im Vergleich zuNordhausen auffallend hohe Kindersterblichkeit in erster Linie aus derTabelle 7:Sterbehäufigkeitder Walternienburgerleutevon Niederbösaund NordhausenAlterin JahrenNiederbösa(n = 74)n ProzentNordhausen(n = 50)0- 5 13 17,6% 6,0%6 - 10 10 13,5 % 10,0 %11 - 15 9 12,2% 18,0%16 - 20 7 9,5% 14,0%21 - 25 6 8,2% 6,0%26 30 5 6,7% 4,0%31 - 35 9 12,2 % 14,0 %36 - 40 5 6,7% 18,0%41 - 45 4 5,4% 4,0%46-50 3 4,0% 2,0%über50 3 4,0 % 4,0 %großen Sterbehäufigkeit der 0-5 jährigen (mit fast 18 % der Gesamtbestattetzugleich die höchste Sterblichkeit) resultiert, die etwa dasDreifache der von Nordhausen beträgt. Die Sterbehäufigkeit der 11-bisl5jährigen ist wiederum bei Nordhausen annähernd um die Hälfte größer.Interessant ist auch eine Gegenüberstellung derjenigen Individuen, dieälter als 15 Jahre geworden sind: Niederbösa 56,7 %, Nordhausen 66 %.Das 40. Lebensjahr überlebten nur 13,4 % und 10 %. Im Erwachsenen- 1bereich ist nur für die 36-40jährigen mit der etwa dreimal so gronenSterblichkeit bei Nordhausen eine nennenswerte Differenz zu verzeichnen.Entsprechend den aufgezeigten Unterschieden in der Altersstruktur weichenauch die beiden Sterblichkeitskurven in ihrem Verlauf voneinanderab. Die mit dem Sterblichkeitsmaximum (0-5 Jahre) beginnende NiederbösaerKurve zeigt in ihrem annähernd gleichmäßigen Abfall bis in densenilen Altersbereich, der nur bei den 31-35jährigen infolge größerer


Sterblichkeit unterbrochen wird, im Vergleich zu den anderen dargestelltenSterblichkeitskurven einen etwas eigenartigen Verlauf, obwohl gewisseÄhnlichkeiten zu der der Großbrembacher Aunjetitzer nicht abzusprecsind. Gegenüber der Nordhäuser Kurve machen sich starkeAbweichungen vor allem für den Altersbereich von O-15 Jahren undhinsichtlich der Lage des Sterblichkeitsmaximums der Erwachsenenbevölkerung(Niederbösa bei 31-35 Jahren, Nordhausen bei 36-40 Jahren)geltend.Tabelle 8:Altersgliederungder Männer und Frauen der Walternienburgervon Niederbösaund Nordhausen(Anrvihç.,, in %)AltersgruppeNiederbösaMännerFrauenNordhausenFrauenMännerAdultus 68,0 47,0 71,4 35,3Maturus 20,0 47,0 28,6 52,9Senilis 12,0 6,0 - 11,8Bei einem Vergleich der Altersstruktur der Erwachsenen beider Populationen(Tab. 8) mutet besonders die Sterblichkeit in der adulten Altersklasseder Niederbösaer Männer sehr hoch an. Mit 68 % liegt sie weitüber dem entsprechenden Wert für die Frauen und beträgt nahezu dasDoppelte der Sterbehäufigkeit der adulten Männer von Nordhausen. Dementsprehaben bei annähernd gleichen Anteilen seniler Individuenin Nordhausen etwa 33 % mehr Männer das mature Alter erreicht. Fürdie Frauen zeichnet sich dagegen eine wesentlich andere Altersgliederungab. Während in Nordhausen über 70 % der Frauen im adulten Stadiumverstorben sind und nicht eine einzige als senil eingestuft werden konnte,verteilen sich in Niederbösa die Frauen zu gleichen Anteilen auf dieAltersgruppen Adultus und Maturus, außerdem gehören 6 % der GruppeSenilis an. Die aufgezeigten Unterschiede äußern sich ebenfalls in derAnzahl der das 30. bzw. 40. Lebensjahr (Angaben in Klammern) überlebendeerwachsenen Individuen: Niederbösa- Männer 56,6 % (21,8 %),Nordhausen- Männer 76,5% (23,5%), Niederbösa- Frauen 64,8% (29,4%),Nordhausen- Frauen 57,2 % (7,2 %).Die für die Erwachsenen berechneten Durchschnittsalter sprechen ebensowie die bisherigen Ergebnisse dafür, daß im Vergleich zu Nordhausen


die Niederbösaer Männer (33 Jahre) ein wesentlich niedrigeres, dieFrauen dagegen ein bedeutend höheres Durchschnittsalter (33,6 %) erreichte(Nordhausen: Männer 36,0, Frauen 29,8 Jahre). Sehr beträchtlichist dabei der Unterschied zwischen den Frauen und Männern von Nordhausenmit etwa 6 Jahren zugunsten der Männer, kaum dagegen beiNiederbösa, obwohl ein solcher (zumindest in geringem Grade) nach denbisherigen Betrachtungen ebenfalls zu erwarten wäre. Von besondererBedeutung ist weiterhin die Feststellung, daß3 in Niederbösa das Durchschnitder Frauen etwas größer ist als das der Männer. Nach denAbb. 14:Überlebensordnungder erwachsenenMänner und Frauen von Niederbösa.derzeitig vorliegenden Befunden an prähistorischem Skelettmaterial wurdenbei den Neolithikern und Bronzezeitleuten im Gegensatz zur heutigenMenschheit die Männer im Durchschnitt älter als die Frauen. Diese Tatsachewird meist damit zu erklären versucht, daß3 der physiologischeOrganismus der Frauen heute widerstandsfähiger sei als der der Männer.Allerdings dürften dabei auch soziale Verhältnisse eine nicht unwesentlicheRolle spielen. Obwohl im Falle Niederbösa aus der Überlebensordnunder Erwachsenen nach Geschlechtern sich für den Altersbereichvon etwa 27-40 Jahren eine größere Widerstandsfähigkeit des weiblichenOrganismus (die die Ausscheideordnung der Männer und Frauen darstellenKurven gehen in diesem Bereich deutlich auseinander) gegenüberden niederen und höheren Altersklassen abzuzeichnen scheint, mußdiese Frage zunächst noch offen bleiben.


Auf größere Unterschiede in den sozialen Verhältnissen beider Populationedeuten ebenfalls die Werte für die voraussichtliche mittlereLebenserwartung der Neugeborenen hin: Niederbösa 21,7 Jahre (5 21,1 J.,9 22,4 J.), Nordhausen 24,6 Jahre (3 26,0 J., 9 22,8 J.). Entsprechend derniedrigeren mittleren Lebensdauer der Niederbösaer Bevölkerung ist auchdie Sterblichkeit je 1000 Einwohner und Jahr größer. Sie beträgt 46 gegenüber41 bei Nordhausen. Die mittlere Bevölkerungszahl der Walternienburgervon Niederbösa dürfte bei annähernd gleicher Belegungszeit desGrabkomplexes wie bei Nordhausen (Hinweise auf eine kürzere oder längereBelegungszeit ergeben sich nicht), d. h. 15 bis 20 Jahre, etwa 113 bis85 Individuen18 betragen haben. Im Vergleich zur Walternienburger Populationvon Nordhausen (mittlere Bevölkerungszahl bei 15-20 Bestattungsjahrenetwa 80-60 Individuen) darf für Niederbösa demnach mit eineretwas größeren Dorfbevölkerung gerechnet werden.PaläopathologischeBefundeBei der Hinzuziehung paläopathologischer Befunde zur Beantwortungder Frage nach der "Aufbrauchsgeschwindigkeit" bzw. geschlechtsspezifischerphysiologischer Widerstandsfähigkeit des menschlichen Organismusin prähistorischer Zeit sowie zur Beurteilung der Belastung einerPopulation mit Krankheiten, Körperfehlern usw. ist zu berücksichtigen,daß nur ein geringer Teil organischer Krankheiten morphologische Veränderunan den Knochen, die uns als einziges Untersuchungsobjektvorliegen, zur Folge hat. Die in erster Linie zu beobachtenden degenerativenund entzündlichen KnochenundGelenkserkrankungen, Entwicklungsanund traumatischen Veränderungen stellen demzufolge nureinen Bruchteil der von den betreffenden Individuen während ihresLebens durchgemachten Krankheiten dar. Für die Beurteilung des Gesundheprähistorischer Populationen ist dieses jedoch dereinzig mögliche Weg. Da pathologische Veränderungen zu einem nichtunwesentlichen Teil aber auch als Folgen der allgemeinen Lebensbedingungen(Ernährung, Wohnverhältnisse, Arbeitsbedingungen usw.) auftreten,lassen sich aus paläopathologischen Untersuchungen und Vergleichenebenfalls Hinweise bzw. Schlüsse auf die soziale und wirtschaftlicheLage prähistorischer Bevölkerungen ziehen.18) Die nach der von ACSADI/NEMESKÊRI (1957) angegebenen Formel berechnetemittlere Bevölkerungszahliegt jeweils um etwa 10 % (entsprechen der Berücksichtigeines permanentenFaktors) höher.


Befunde am SchädelBei der im allgemeinen nur mäßigen (bis geringen) Wandstärke der NiederbösaerSchädel wird unsere Aufmerksamkeit besonders auf zwei im Bereich desNeurocraniums unregelmaijig (zonenhaft) verdickte und sich durch erheblicheKnochenstärke auszeichnende Stücke gelenkt, von denen der frühadulte, offenbärmännliche Schädel Nr. 36 diese Veränderungen am deutlichsten ausgeprägtzeigt: Frontale nahe der Coronarnaht 11 mm (5,5-6 mm)19; Parietale vor demTuber parietalis 12 mm (5 mm), an der Kranznaht 5 mm (5,5 mm); Occipitaleim oberen Schuppenteil 16-17 mm (6-8 mm); im Bereich der Schädelmedianen(Frontale, Parietalia) relativ dünn, nur 6-7 mm (normale Durchschnittswerte).In etwas schwächerer Ausprägung finden wir die zonenhaften Verdickungennoch am adult- männlichen Schädel Nr. 29/I und an den beiden matur/senillenNr. 10 und Nr. 49. Eine 9-11 mm dicke Wandstärke des Stirnbeins wurde auchbei Nr. 32 und 33 und eine Dicke des Occipitale an der Protuberantia von 24 mm(15 mm) an einem stark fossilisierten Hinterhauptsbruchstuck (Lesefund) gemessen.Diese Befunde wurden deshalb etwas ausführlicher mitgeteilt, da die Verteilungdieser Schädel im Kollektivgrab (vgl. S. 172 if.) zu der Vermutung berechtigdaß es sich hierbei gleichfalls wie bei einigen zahnundwirbelsäulenpathologischVeränderungen um familiäre Krankheitszeichen handelt.Das Gegenstück zu den bisher beschriebenen Schädeln liefert die unvollstäKalotte Nr. 2320. Sie ist äußerst zart und dünnwandig, beieiner größten Länge von etwa 190 mm mehr als 150 mm breit (LBI größerals 79) und gehört mit hoher Wahrscheinlichkeit einem H y d r o c e p h a -1u s leichten Grades an. Die Altersbestimmung stößt auf Schwierigkeiten,da Gebißreste fehlen und die Zugehörigkeit einiger postkranialer Skelettrestewohl sehr wahrscheinlich, aber nicht gesichert ist; die Diaphysenlängedes Femur spricht für ein Alter von etwa 6 Jahren. In der Oberansichterkennen wir eine mittellang- breite Sphenoidform mit weit hintenliegender größter Breite, schmalem Stirnpol und offenbar kräftiger Ausbeulungim Bereich der Tubera parietalia; die Norma occipitalis ist breitniedrig,bombenförmig. Die drei Hauptnähte des Schädels (eine Stirnnahtist nicht zu erkennen) klaffen keineswegs stellenweise, wie eigentlich zuerwarten wäre, sondern sind überall gut verzahnt. Dieser Zustand desSchädels spricht nach Weickmann, Chefarzt der Neurochirurgischen Klinikin Berlin- Buch, dafür, daß der Hydrocephalus leichten Grades zur Ausheilunggekommen ist und keine letale Folge gehabt hat, wie es andererseits19) Angabenin Klammern = mittlere Dickenmaßenach MARTIN-SALLER 1959,S. 1189.20) An den beiden Seitenwändensehr stark lückenhafteKalotteund isolierteslinkesWangenbein.Weitere Gesichts-und Gebißrestefehlen. Mit grofier Wahrscheinlichkeitdazugehörig:rechter Femurschaft, Tibiastücke, Beckenschaufel,Scapularest,Rippenfragmente,14 Wirbel.


für den von GRIMM/PLATHNER (1952) publizierten, etwa 5-6jährigenWalternienburger Hydrocephalus schweren Grades von Seeburgsehr wahrscheinlich ist. Die beiden Autoren konnten zeigen, in welchemGrade sich der Kauapparat und der Gesichtsschädel an den vergrößertenHirnschädelinhalt unter Funktionserhaltung anzupassen vermögen (halbseitigeNonokklusion ohne Störungen im Sinne einer Ernährungsbehinderung).Als das wesentlichste Ergebnis der Untersuchungen an den beidenHydrocephalen von Seeburg und Niederbösa ist jedoch der Hinweis aufeine grobe Hilfeleistung kranken Menschen gegenüber und eine grobeethische Einstellung der neolithischen Walternienburger Bevölkerung zuwerten, denn hydrocephale Kinder stellen infolge ihrer naturgemäßschlechten Lebensaussichten pflegerisch hohe Ansprüche.Als weitere pathologische Veränderungen konnten beobachtet werden: 1. grubige,poröse und grubig-poröse Stellen bzw. Zonen an der Innenfläche des Hirnschäde(7 Schädel); 2. je einmal Perforation der rechten Schläfenschuppe,desKeilbeinflügels und des Occipitale oberhalb der Protuberantia; 3. prämatureSynostoseder Sutura sphenofrontalis (Obliteration beginnt normalerweise nachdem 40. Lebensjahr) und S. sphenotemporalis am Infans 1-SchädelNr. 21/I. Darüberhinaus finden sich an den Schädeln noch Merkmale, denen zwar keinepathologische Bedeutung beizumessenist, die aber als "anatomische Variationen"insofern Beachtung verdienen, als für sie eine Vererbbarkeit nachgewiesenwerdenkonnte: 1. Sutura metopica bei Nr. 15 (seniler Mann, Naht teilweise verknöcheund Nr. 47/I (juvenil), d. h. 2,6 % der Gesamtbevölkerung (Nordhausen4 0/n); 2. linkes Drittel- Inkabein (Os incae demidium) bei Nr.43 von60 mm Basislänge und 40 mm Höhe; 3. Nahtknochen im hinteren Teil der Sagittalnahunmittelbar an das Lambda angrenzend (Nr. 33, 50) bzw. etwas weitervorn (Nr. 29/I), im Lambdabereich (Os apicis bei Nr. 42, 51/I und 54) bzw.Seitenbereich (meist rechts) der Lambdanaht (Nr. 10, 22, 23, 29/1, 29, 42, 55),insgesamt demnach an 11 Schädeln (=15,4 0/0, Nordhausen 20 0/n).Befunde am Gebiß und KauapparatSehr zahlreich zu beobachten sind auch am Niederbösaer Material Schädigungenund Anomalien der ZahnundKieferregion. Die Ergebnisse der K a r j e s untersuchun(von insgesamt 722 vorhandenen Zähnen sind 14-15 Dauerzähne undein Milchmolar bei 11-14 Individuen kariös) erbringen zwar gegenüber Nordhauseneine etwas höhere Karieshäufigkeit (Niederbösa: 14,1 -18,0 0/n,im Durchschnitt16 °/o der Gesamtbevölkerung bzw. 22,7-29,3 0/n, im Mittel 26% derErwachsenenbevölkerung; Nordhausen: 12-14 Ob bzw. 19,4-22,6 0/n) und Kariesfreq(Niederbösa: 2,2 0/o, Nordhausen: 1,9 ob) fügen sich aber sonstsehr gut in das bereits weiter oben vorgezeichnete Bild ein. In der Anzahl derZähne mit Zyste n b II dung (an 10-12 Zähnen bei 7-11 Individuen, d. h.bei 16-25 0/0 der Erwachsenen) ist im Vergleich zu den Nordhäuser Walternienburgerl(12,9 0/n) ebenfalls ein erhöhter Befall zu verzeichnen. Das gleichegilt für die noch zu Lebzeiten der Individuen offenbar infolge starken Karies-


efalls oder bis auf die Wurzeln vorangeschrittener Abrasion ausgefallenen undvielleicht sogar größtenteils extrahierten Zähne (50-62 Zähne bei 15-24 Individuen),deren meist geschlosseneAlveolen im Durchschnitt bei 45,8 0/o (34,1 %bis 54,5 Ob) der Erwachsenen nachgewiesenwerden können (Nordhausen 29,1 ob).In erster Linie sind davon die 1. und 2. Molaren, in weit geringerem Maße die3. Molaren und nur in wenigen Fallen die Prämolaren, Canini und Incisivi betroffen.P a r o do n t j s c h e Veränderungen und deren Folgeerscheinungentretenbei Niederbösa (63,6 % der Erwachsenen) dagegen wiederum in geringererHäufigkeit als in Nordhausen (87,1 0/n) in Erscheinung, auch Z a h n s t e j n -bildung (Niederbösa 31,8 %, Nordhausen 45,2 Ob) ist nicht ganz so zahlreich.Abweichungen vom normalen Zahnstatus treten vorwiegend in einer durch fehlende3. Molaren (4mal einseitig im OK, 7mal im UK; 1mal beiderseitig im OK,2mal im UK) bedingten Unterzahl in Erscheinung (31,8 % der Erwachsenen)und lassen sich weit zahlreicher als bei der Nordhäuser Populationen (19,3 °/o)beobachten. Obwohl keine Röntgenaufnahmen angefertigt wurden, dürften keineRetentionen vorliegen, sondern die Zähne überhaupt nicht angelegt worden sein,da die Kiefer viel zu kurz sind, um einem 3. Molaren ausreichend Platz zubieten. Die bei drei Individuen im Oberkiefer (einmal beiderseitig) und beieinem im Unterkiefer vorhandenen kleinen, zapfenförmigen 3. Molaren (Niederbösa9,1 % der Erwachsenen, Nordhausen 6,4 %) sprechen gleichfalls für diebei dieser Bevölkerung schon sehr deutlich wahrnehmbare Reduktion der Weisheitszähne.Weiterhin sind einmal ein persistierender linker oberer 2. Milchmolarund anhand der intakten Alveole an der linken Oberkieferhälfte vonNr. 52/I ein kleiner, zapfenförmiger, zweiwurzeliger 4. Molar nachweisbar.Unter den Stellungsanomalien nimmt die To r si o n zweifellos den ersten Platzein. Nach der Richtung der erfolgten Drehung des Zahnes können zwei Haupttypenunterschieden werden. 1. Buccale bzw. labiale Fläche des Zahnes nachmesial gedreht: vorwiegend beiderseitig im Unterkiefer, und zwar 3. Molaren(Nr. 19, 46, 47, UK,5), 2. Molaren (Nr. 29) und 2. Prämolaren (UK,3); einseitigim OberundUnterkiefer ein bzw. zwei benachbarte Zähne torsiert. 2. Buccalebzw. labiale Flache nach distal gedreht: Eckzahn bzw. 1. Prämolar beiderseitigim Oberkiefer (Nr. 51, 29/I); ein oder zwei benachbarte Zähne (II -' P2) einseitigim Oberkiefer, selten im Unterkiefer. Auffallend ist nicht nur die großeHäufigkeit gedrehter Zähne innerhalb der Niederbösaer Bevölkerung (52,3 0/0der Erwachsenen, Nordhausen 3,2 Ob), sondern auch der mehrfach übereinstimmendeTorsionsstatus.Eine Erblichkeit der Richtungstendenzund vielleicht auchdes Status der Torsion ist sehr wahrscheinlich. Weitere Stellungsanomalien: Engstandim Frontzahnbereich (7-8 Individuen, fast ausschließlichim Unterkiefer);schwach ausgeprägte Zahnlücken (4 Individuen); Kippstellung eines 3. Molars;weit gaumenständigeZähne zweimal.Die Abrasion der Zähne ist ähnlich der bei Nordhausen sehr stark. Bei 7 Schädelnzweisind mehr oder weniger nur noch stummelförmige Zähne erhalten, anSchädelnist eine starke Frontzahnabrasion zu verzeichnen. PulpageöffneteZähne sind nur in einem Kiefer, bis auf die Wurzeln abradierte oder zerstörtedagegen limai vorhanden.An den ZahnundKieferresten des Niederbösaer Materials lassen sich außerdemnoch einige Besonderheiten beobachten, deren Mitteilung beachtenswert


erscheint: 1. verzögerter Durchbruch des Caninus und 2. Prämolars (Nr. 19/I,30/I) bzw. nur des P2 (Nr. 8/I); 2. zweiwurzeliger Caninus und sechshöckeriger1. oberer rechter Molar; 3. Auskrempung und Verbreiterung des Alveolarrandesim Molarenbereich zweier Unterkiefer; 4. Torus palatinus sagittalis (Gaumenwulsin starker Ausbildung; 5. auffallend schmaler und hoher Gaumen (Nr. 43).Ein schmal-hoher, spitzbogiger Gaumen ist vielfach als eine rein individuellehalbpathologischeoder sogar pathologische Erscheinung (bedingt durch Lutschen,mangelhafte Nasenatmung oder tiefer liegende Ursachen) zu betrachten.Befunde am postkranialen SkelettUnter den pathologischen und normabweichenden Veränderungen ampostkranialen Skelett verdienen die Wirbelsäulenbefunde besondBeachtung. Die zu den Aufbrauchsschäden zählenden spondylotiscDeformationen (Spondylosis deformans) sind nahezu doppelt sohäufig unter den Erwachsenen (22,7-25,0 %) wie in Nordhausen (12,9 %)und keineswegs nur auf das mature und senile Altersstadium (Nr. 7, 10,19, 24, 38) beschränkt, sondern in mindestens ein Drittel der Fälle bereitsbei adulten (Nr. 10/I, 21, 44 und 53 mit sehr starken Randzacken undWülsten), mitunter schon bei etwa 2ojährigen Individuen (z. B. Nr. 53)anzutreffen. Ein bevorzugtes Auftreten im männlichen Geschlecht läßtsich nicht beobachten. Außer an den Lendenwirbeln sind spondylotischeVeränderungen bei einigen Individuen auch an den BrustundHalswirbezu erkennen (bei dem senilen Mann Nr. 19 im gesamten Wirbelsäuleneinschließlich des Kreuzbeins) Arthrotische Deformationender kleinen Wirbelgelenke (Arthrosis deformans) sind bei 8 Individuen(18 % der Erwachsenen, Nordhausen 8,7-12,9 %) nachweisbar, wobei in5 Fällen spondylotische und arthrotische Auswüchse an ein und demselbenWirbel gleichzeitig festgestellt werden konnten. Auch bei der Arthrosisdeformans ist die relativ hohe Befallsfrequenz im (früh- )adulten Alter(Nr. 43, 44, 51, 53) erstaunlich.Die am Epistropheus Nr. 51 (adulter Mann) sichtbaren starken Asymmetrien,speziell im Bereich des Arcus dorsalis (links stark verdickt, auch linke Hälftedes Processus spinalis kräftiger) und Facies articularis caudalis (links erheblichvergrößert, 16X19 mm; rechts nur 10X9 mm), sind wohl auch noch unter diearthrotischen Veränderungen einzureihen. Nahezu entsprechende Deformationenzeigt der Epistropheus von Nr.24 (frühmature Frau), nur sind die Asymmetrienund die Gelenkflächenvergrößerung bedeutend geringer. Der vorhandene 3. Halswirbebesitzt ebenfalls eine vergrößerte linke kraniale Gelenkfläche.Ein sehr instruktives Beispiel eines Deckplatteneinbruchs liefert ein obererLendenwirbel der adulten Frau Nr. 29. Auf der kaudalen Terminalfläche des imSeitenwandbereich mäßig beschädigten Corpus ist eine ausgedehnte, flach trichterfölängliche Mulde erkennbar, die in der Mitte eine unregelmäßig


egrenzte, etwa 18 mm lange und 15 mm breite, weit in die Spongiosa hinabreichendeVertiefung aufweist. Die Böschungswände erscheinendünn und kleinporig(nicht sklerosiert), der Boden der Eintiefung läßt Spongiosastruktur sichtbarwerden. Um einen Deckplatteneinbruch geringen Grades handelt es sich beidem etwa linsengroßen Loch (steile Wände sklerosiert) auf der kranialen Terminalflächedes 5. Lendenwirbels von Nr. 29/I (SchmorlschesKnötchen).Die bisher mitgeteilten Wirbelsäulenbefunde lassen sich unter demÜberbegriff "Aufbrauchsschaden der Wirbelsäule" zusammenfassen undstellen nach GRIMM (1959 b) "mögliche anlagebedingte Veränderungen"dar. Ihnen gegenüber stehen die "sicher anlagebedingten" F e h 1 b i 1 -d u n g e n der Wirbelsäule, die sich bei unserem Material in erster Linieam Kreuzbein manifestiert haben. Die Tendenz zur mangelhaften Schliehungdes Wirbelbogens bzw. Kreuzbeinkanals ist innerhalb der NiederbösaerBevölkerung als besonders grob zu bezeichnen. Von 28 der Untersuchungzugänglichen Kreuzbeinen weisen 16 (57,1 %) einen erhöhtenoder hohen Hiatus sacralis auf, d. h. die obere Grenze des offenen Kreuzbeinkanalsliegt höher als die kaudale Begrenzung des 4. Foramenpaares.Am häufigsten reicht ein Hiatus sacralis bis in Höhe oder an den Oberranddes 4. Paares der Foramina sacralia (8mal), nur je zweimal biszwischen das 4. und 3. Foramenpaar, an die Mitte bzw. den Oberrand der3. Foramina; bei dem Sacrum Nr. 20 und Nr. 43 verläuft die untere Verschlußgrenzein Höhe des Unterrandes der 2. bzw. zwischen der 2. und1. Kreuzbeinöffnung. Somit erstreckt sich ein geschlossener Canalis sacralisin einer Häufigkeit von 42,9 % über eine Kreuzbein- Wirbelzahlvon 5, von 28,6 % über 4, von 21,4 % über 3 und von 7,1 % über 2 Segmenteund weicht von den bei GRIMM (1959 b) mitgeteilten Angaben(rezentes und mittelalterliches Material) zum Teil beträchtlich ab. Einvollständig offener Sacralkanal wie bei einem Kreuzbein von Nordhausenfindet sich unter dem Niederbösaer Material nicht vor, wohl aber kannan 8 Kreuzbeinen (28,6 %) eine meist stärkere, im Maximum bis in Höheder Mitte des 1. Foramenpaares reichende Aussparung (Erniedrigung) desobersten Wirbelbogens beobachtet werden. Ein direkter Häufigkeitsvergleichmit Nordhausen ist nicht möglich, doch erlauben die jeweils auf dieAnzahl der Erwachsenen bezogenen Kreuzbeine mit erhöhtem und hohemHiatus sacralis eine annähernde Gegenüberstellung (Niederbösa 36,4 %,Nordhausen 19,3 %).Bei der genaueren Betrachtung der Kreuzbeine wurde unsere Aufmerksamkeitauf die bei einigen Exemplaren sehr deutlich erkennbare Sacralisation des5. Lendenwirbels gelenkt. Die vorliegenden Stücke sind geeignet, einzelne Stadiendes Verschmelzungsprozessesetwas eingehender darzustellen. Am SacrumNr.43 hat der 5. LW noch weitestgehend seine ursprüngliche Form bewahrt und


ist nur im Bereich des sehr stark schaufelförmig verbreiterten Processuscostaricusmit dem (jetzt sehr defekten) oberen Teil der Pars lateralis des Kreuzbeinsknöchern verbunden gewesen. Ob der offenbar auch verdickte rechte Processuscostaricus ebenfalls mit dem Kreuzbein in fester Verbindung stand oder nur einelinksseitige Verschmelzung vorhanden war, läßt sich infolge Substanzverlustesan dieser Stelle nicht mehr entscheiden. An der Grenze zwischen 5. LW undSacrum ist eine grobe Aussparung des Kreuzbeinkanals zu beobachten, der andiesem Exemplar überhaupt nur einen Verschluß über knapp zwei Wirbelsegmaufweist. Bemerkenswert sind weiterhin die starke Abknickung des5. LW gegen das Kreuzbein in der Sagittalebene (Angulus lumbosacralis) unddie Asymmetrie in der Richtung der Facies terminalis sacralis (von links nachrechts abfallend), die eine zumindest wahrnehmbare Rechtsiordoseder Lendenwirbvollständig sacralisiert. Das einheitliche Kreuzbein besteht nunmehr aus 6 homogenevermuten läßt. - Im Prinzip das gleiche Stadium, d. h. eine unvollstänVerschmelzung des 5. Lendenwirbels mit dem Sacrum, repräsentiert dasintakte Kreuzbein Nr. 29. Hier liegt eine etwas asymmetrische (LW gegen dasSacrum etwas nach links- hinten herausgedreht) laterale Verschmelzung im Bereichdes Processus costaricus (an der Bildung der Facies auricularis beteiligt)und des kleinen Wirbelgelenks an der rechten Seite vor; außerdem ist der Processspinalis des LW kaudalwärts lamellenartig verbreitert. Der linke Processuscostaricus ist zwar auch verdickt, doch noch nicht verschmolzen. Ein teilweisFreiliegen des Kreuzbeinkanals im oberen Bereich ist auch hier zu verzeichDie Intersegmentalfugen sind ventral fast alle deutlich erkennbar, undzwischen LW und oberer Gelenkfläche des Sacrum ist nach dem dorsal etwa2 mm und ventral bis 5 mm hohen Zwischenraum zu urteilen, offenbar nocheine, wenn auch stark reduzierte Zwischenwirbelscheibe ausgebildet gewesen. -Bei den nunmehr zu demonstrierenden Kreuzbeinen ist der 5. Lendenwirbel mitdem Sacrum zu einem harmonischen Ganzen verwachsen und hat nicht nurseine Funktion als Wirbel, sondern auch seine Form vollständig verloren. Amkaudal defekten Sacrum Nr. 9 erinnern nur noch die beiden oberen keulenförmLateralfortsätze (ehemals Processus costaricus), die auf der Dorsalflächeben noch sichtbaren Grenzen im Bereich der Processusarticulares cauda-.und des Processus spinalis sowie die ventral offene Intersegmentalfuge I andie Wirbelstruktur des 1. Segments. - Bei Nr. 10 und 28 ist der 5. LendenwirbelSegmenten (Wirbeln) und besitzt nicht 4, sondern 5 Paar Foraminasacralia.Der Sacralisation des 5. Lendenwirbels ist die Lumbalisation des 1. Kreuzbeinsegmgegenüberzustellen, für die aus unserem Material ebenfalls ein Belegin Form eines vierwirbeligen Kreuzbeins (Nr. 20) beigebracht werden kann. Dasvöllig intakte Stück besitzt beiderseits nur 3 Foramina sacralia; eine Crista sacralisist nur im Bereich des obersten Segments ausgeprägt, der Kreuzbeinkanal etwazur Hälfte offen. Der Cornu ossis sacri endet beiderseits etwa auf der Mittedes letzten Segments, der Apex ossis sacri zeigt am Rande der Gelenkflächedeutliche Exostosenbildung. Da von Nr.20 nur einige Wirbel vorliegen, ist daslumbalisierte 1. Kreuzbeinsegment als Wirbel nicht faßbar.Die Sacralisation des 5. Lendenwirbels und Lumbalisation des 1. Kreuzbeinsezählen zu den segmentalen Variationen der Wirbelsäule,


die in zwei Variabilitätstypen auftreten und vor allem von KÜHNE(1931; 1959) eingehend untersucht wurden. Beim kranialen Typus sindalle variierenden Regionsgrenzen kopfwärts (z. B. Sacralisation), beimkaudalen Typus dagegen steißwärts (z. B. Lumbalisation) gerichtet. VonKühne konnte der Nachweis erbracht werden, daß nicht die Einzelvariantenals solche vererbbar sind, sondern die Richtungstendenz der Variabilitätder regionalen Grenzen der Wirbelsäule, wobei die Richtungstendenz,cranial' über die Richtungstendenz ,caudal' dominant ist" (KÜHNE!TSCHETSCHIN 1959, 5. 296). Obwohl diesen Wirbelsäulenvariationenkaum eine größere pathologische Bedeutung beizumessen ist, sind sie fürdie populationsgenetische Charakteristik der einzelnen Menschengruppendoch sehr wichtig. Interessant ist in dieser Hinsicht die Feststellung, daßsegmentale Wirbelsäulenvariationen bei den mitteldeutschen Bandkeramikern,Schnurkeramikern, Glockenbecherleuten und Aunjetitzern nochnicht beobachtet wurden, sondern bisher nur von der WalternienburgerBevölkerung bekannt und hier allerdings als typisch populationskennzeichnendesMerkmal zu bewerten sind. Die relative Häufigkeit dieserVariation beträgt bei Niederbösa 21,6 % (n=28 untersuchte Kreuzbeine),wobei das Verhältnis von sechswirbeligen (dominante kraniale Richtungstendenz)zu vierwirbeligen Kreuzbeinen (recessive kaudale Richtungstendenz)gleich 5 : 1 ist. Auch scheinen bei Niederbösa (13,6 % der Erwachsenen)die entsprechenden Variationen häufiger gewesen zu sein alsbei Nordhausen (zweimal Sacralisation, 6,5 % der Erwachsenen)21, obwohlein direkter Vergleich zwischen beiden Populationen hier ebenfallsnicht möglich ist.Bevor die an den übrigen postkranialen Skelettelementen zu beobachtendenpathologischen Veränderungen Erwähnung finden, sei noch auf die zum Teilbeträchtlichen Unterschiede in der Größe und dem Grad der sagittalen Krümmungder Kreuzbeine bei der Niederbösaer Bevölkerung hingewiesen. Nicht aufeine Sacralisation des 5. Lendenwirbels zurückführbar sind Brückenbildungen imBereich des 1. Wirbelbogens mit anschließender Perforation des Kreuzbeinkanalsbei Nr. 11, 26 und 29/I; an einem Sacrum aus Qu. III findet sich Brückenbildungin der Gegend des 4. Segments.Von den weiteren Pathologica verdient besonders die vollständige Verheilungeiner Fraktur im linken distalen Ulnabereich (Nr. 19) hervorgehoben zu werden,wobei das untere Bruchstückmit dem Ulnaschaft gegenüber diesem nach hinten21) Je ein Kreuzbein aus Qu. 7 und 8 von Nordhausenmit jeweils vollständig eingeschmolzenem5. Lendenwirbel. Sacrum Qu. 7: beiderseits4 Foramina erkennbar;trotz stärkerer Abwitterung im Bereichdes unteren rechten Seitenrandesist die medialeRundungdes rechten5. Foramens ventral und dorsal erhalten geblieben;Intersegmentalfugezwischen5. und 6. Segmentdeutlich sichtbar.


hochgeschobenund gleichzeitig nach medial-vorn abgebogen verwachsen ist.Deutliche Kallusbildung ist vorhanden. An den beiden linken Fibulae Nr. 53 und28 ist im Bereich der Facies dorsalis (unmittelbar am Capitulum beginnend) jeweilseine 40-45 mm lange, etwa 10 mm breite und bis zu 8 mm dicke Knochenlamel(Exostosenbildung) ausgeprägt. Die beiderseits sehr starke Retroversiondes Tibiakopfes bei der maturen Frau Nr. 28 deutet auf gewohnheitsmaßigesHocken, die übermäßig starke sagittale Krümmung des Manubrium sterni vonNr. 41 dagegen möglicherweise auf eine rachitische Bildung (,Hühnerbrust) hin.Mäßige Exostosenbildungenfinden sich sowohl an Fersenbeinen(Nr. 19, 42, Lesefund)als auch an anderen Knochen; eine atypische Krümmung weist das rechteSchlüsselbeinNr. 19 auf. Die Perforation des Manubrium sterni von Nr. 51 darfals Hemmungsbildung bezeichnet werden.Belastung beider PopulationenDie Beurteilung der Belastung beider Populationen mit Krankheiten,Körperfehlern, Unfailfolgen und normabweichenden Veränderungen gewinntbesonders im Hinblick auf die Beantwortung zweier Fragen größereBedeutung: 1. Bestehen nennenswerte Unterschiede in der Belastungbeider Walternienburger Bevölkerungen? 2. Vermögen die paläopathologischUntersuchungen brauchbare Hinweise zu erbringen, die auf einegrößere physiologische Widerstandsfähigkeit des weiblichen Organismusim Vergleich zu den Männern bei Niederbösa hindeuten? Für die Klärungdieser Fragen scheint es wichtig, noch einmal zu betonen, daß die amKnochenmaterial festgestellten pathologischen Befunde nur einen Bruchteiljener Krankheiten und Aufbrauchsschäden widerspiegeln, mit denendie betreffenden Individuen während ihres Lebens belastet gewesen sind.Auch ist uns in keinem Falle die Todesursache bekannt, die für unsereFragestellung ebenfalls von größter Wichtigkeit wäre.Die Gesamtbelastung der Walternienburger Bevölkerung von Niederbösamit an den Knochen erkennbaren pathologischen Symptomen undnormabweichenden Veränderungen liegt mit 66-77 % (52-60 Individuen)etwas unterhalb des Wertes für Nordhausen (78-80 %) bzw. ist mitdiesem gleichzusetzen. Auch unter Berücksichtigung der bedeutungsvollereBefunde (Hydrocephalus, Schädeldachverdickungen, Karies,Zysten, prämortale Zahnverluste, Spondylosis und Arthrosis deformans,Deckplatteneinbruch, hoher Hiatus sacralis, "Hühnerbrust", Frakturheilungergeben sich zwischen beiden Populationen keine nennenswertenUnterschiede (Niederbösa 41-51 %, Nordhausen 34-50 %). Die bei derNiederbösaer Dorfbevölkerung zu beobachtenden häufigeren Schädigungendes ZahnundKieferapparates und die in größerer Anzahl zu verzeichnAufbrauchsschäden und Fehlbildungen im Bereich der Wir-


elsäule deuten jedoch auf eine im Vergleich zu Nordhausen größere Anfälligkegewissen Krankheiten gegenüber und ein vermehrtes Auftretenvon Fehlbildungen hin. Im gleichen Sinne zu werten ist auch der Nachweis,daß bei den erwachsenen Neolithikern von Niederbösa sowohl ampostkranialen Skelett als auch in der Zahn- Kieferregion bedeutungsvollerepathologische Befunde jeweils in der Mehrzahl vorliegen (z. B. beider etwa 35jährigen Frau Nr. 24: Karies 2)


struktion wurde besonders der Entwicklung eines Verfahrens zur Untersuchunder Verwandtschaftsstruktur innerhalb einer Population grobeAufmerksamkeit geschenkt. Gleichzeitig und unabhängig voneinanderunternahmen Nemeskéri und der Verfasser den Versuch, mit Hilfe einer"Ähnlichkeitsdiagnose", wie sie in analoger Weise bei der Vaterschaftsbegutacund den Zwillingsuntersuchungen Verwendung findet, dieengeren und weiteren verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen deneinzelnen Individuen eines Gräberfeldes oder Grabkomplexes zu ermittelnBei der Bearbeitung des Skelettmaterials aus dem AunjetitzerGräberfeld von Großbrembach (ULLRICH 1962 a) konnten damit innerhalbder Gesamtheit der Bestatteten fünf Großfarnilien (d. h. hier imSinne einer Vereinigung von mehreren unmittelbar, also genetisch miteinandeverbundenen Kleinfamilien) mit insgesamt etwa 53 Kleinfamilienabgegrenzt werden. Es lassen sich aber nicht nur biologische Einheiten(d. h. Gruppen von Individuen, die im groben und ganzen gleichzeitiggelebt haben) und die Verwandtschaftsstruktur der einzelnen Bestatteteermitteln, sondern auch zahlreiche Hinweise und Aufschlüsseüber die Zusammensetzung, Entwicklung und Genetik der zu untersuchenBevölkerung gewinnen, z. B. darüber, ob die Population inihrer Ganzheit oder in ihren Teilen homogen oder heterogen ist, vonwelcher Generation an in welchem Grade eine Homogenität oder Heterogenitäterscheint. Damit erhalten wir jedoch sehr wesentliche Einblickein die während vorundfrühgeschichtlicher Zeit sich vollzogene strukturelleWandelbarkeit von Populationen und die Bevölkerungsdynamik.Da vom Verfasser bereits eine methodische Studie der Ähnlichkeits- Verwandtschaft(ULLRICH 1964 a) vorgelegt wurde, können wiruns hier auf die wesentlichsten Punkte konzentrieren. Besonders geeignetund am zuverlässigsten für die Bestimmung der Verwandtschaftsverhältnisseinnerhalb einer Bevölkerung sind die anatomischen Variationen, fürdie von zahlreichen Autoren die Erblichkeit in der Ausprägung dereinzelnen Variationen bereits hervorgehoben und nachgewiesen wordenist. Darüber hinaus zeigt sich jedoch, daß auch seltene pathologische Veränderunfür unsere Fragestellung große Bedeutung erlangen, zumalwenn ihr Auftreten bei nur zwei Individuen einer Population auf eineenge familiäre Bindung hindeutet. Das Prinzip der Diagnose besteht imwesentlichen darin, daß3 zwischen zwei Individuen um so engere verwandtsBeziehungen zu erwarten sind, je zahlreicher Übereinstimin stabilen und seltenen Variationen und pathologischenVeränderungen zu beobachten sind. Dabei ist der Arbeit mit dem Lageplander Gräber oder Bestattungen grobe Bedeutung beizumessen.


In der erwähnten Studie wurde zur Darstellung der Methode derÄhnlichkeitsdiagnose als Beispiel das Kollektivgrab von Niederbösa gewählt,wobei insgesamt nur 20 Merkmale diagnostisch ausgewertet wordensind. Diese Zahl ist natürlich viel zu gering, um die verwandtschaftlichenBeziehungen innerhalb des Kollektivgrabes optimal erfassen zukönnen, aber dennoch ausreichend, um den methodischen Weg und auchschon einige wesentliche Hinweise und Ergebnisse aufzuzeigen.Als Ausgangsbasis dient ein Schema des Kollektivgrabes mit der entsprechedem Übersichtsfoto eingetragenen Lage der Schädel und derVerteilung einiger anatomischer Variationen und seltener pathologischerBefunde. Eine genaue Betrachtung dieses Schemas läßt deutlich bestimmteZusammenhänge und Lagebeziehungen einzelner Merkmale und Merkmalskominnerhalb des Grabganzen sichtbar werden. So sindz. B. eine persistierende Stirnnaht und Stellungsanomalien der 3. Unterkiefermoausschließlich bei Individuen der südlichen linken, sehrkräftige Exostosenbildungen am proximalen Fibulaende, auffallend starkeAsymmetrien im Bereich des Arcus dorsalis und der Fades articulariscaudalis des Epistropheus und Deckplatteneinbrüche an Lendenwirbelkörperndagegen nur an Skeletten der in der nördlichen rechten KammerhälfteBestatteten zu beobachten. Das Vorhandensein von Nahtknochen,pathologischen Verdickungen der Schädelknochen, einigen Stellungsanomaliender Zähne (Engstand, distale Torsionsform, Diastemata) undeines Trochanter tertius am Femur konzentrieren sich hauptsächlich aneinigen Stellen der rechten Kammerhälfte, andere Merkmale wiederumin der linken. Die Deutung dieser Lagebeziehungen und Verteilung derMerkmale innerhalb des Kollektivgrabes berechtigt zu der Annahme, daßin der Totenhütte von Niederbösa zwei Verwandtschaftsgruppen (vielleichtGroßfamilien oder Sippen) ihre Toten an getrennten Stellen bestattetendie eine (Verwandtschaftsgruppe A) in der linken, die andere(Verwandtschaftsgruppe B) in der rechten Grabkammerhälfte. Bei einerder Absterbefolge der Dorfbevölkerung entsprechenden, im Inneren desKollektivgrabes von der hinteren Kammerwand zum Eingang (westlicheStirnseite) - oder in umgekehrter Richtung - hin fortschreitenden Belegungdes Grabes müßten die Erstbestatteten in der östlichen, dieZuletztbestatteten in der westlichen Kammerhälfte liegen, die einzelnenFamilienangehörigen demnach eine räumlich verschiedene, verwandt.nicht gebundene Lage einnehmen und die einzelnen Merkmaleund Merkmalskombinationen über die gesamte Grabfläche willkürlichverteilt sein. Für eine solche Bestattungsweise ergeben sich im vorliegendenFall aber keinerlei Hinweise.


Abb. 15: Verteilungeiniger diagnostischerMerkmale (Ähnlichkeits- Verwandtschaftsdiagnose)innerhalbdes KollektivgrabesvonNiederbösa.+ = persistierendeStirnnaht,V = pathologischverdickte Schädelknochen,= Nahtknochen,À = nichtangelegte3. Molaren,Z =Durchbruchsanomalieder Zähne,E = Engstandder Zähne,T = Torsionder Zähne(T8 = Torsion beider3. Unterkiefermolaren,Tm = mesiale TorsionsforniTd = distale Torsionsform),A = Asymmetrienam Epistropheus,Q = Verdickungenam proximalen Fibularende,= hoher Hiatus sacralis,K = Sacralisationdes 5. Lendenwirbels,Q = infantilbis frühjuvenil, Q = juvenil, s = senil.


In Abb. 15 sind ebenfalls Merkmale eingetragen, die mit annäherndgleicher oder wenig unterschiedlicher Häufigkeit sowohl bei Individuender rechten als auch solchen der linken Kammerhälfte in Erscheinungtreten, z. B. Sacralisation des 5. Lendenwirbels dreimal links und zweimalreckels (um KÜHNE 1981 KÜHNE/TSCHETSCHIN 1959 als dominantekraniale Richtungstendenz der segmentalen Wirbelsäulenvariationenzu bezeichnen), nichtangelegte 3. Molaren, sicher anlagebedingteFehlbildungen der Wirbelsäule (hoher Hiatus sacralis, erniedrigter 1. Wirbelbogendes Kreuzbeins). Da es sich dabei zum Teil um nachweisbarfamiliäre Merkmale handelt, dürfen sie als Hinweise auf eine genetischeVerbindung der beiden Verwandtschaftsgruppen untereinander in Anspruchgenommen werden. Einige dieser Merkmale sind in Abb. 16 nocheinmal isoliert dargestellt.Wenn wir in Abb. 15 jede zwischen benachbart liegenden Individuenvorhandene Übereinstimmung in einem diagnostischen Merkmal durcheine Linie kennzeichnen und so tür alle Merkmale verfahren, erhaltenwir ein weiteres Schema, das vor allem entsprechend der Anzahl der Verbindungsldie engeren oder weiteren verwandtschaftlichen Beziehungenzwischen diesen Individuen innerhalb einer Verwandtschaftsgruppewiderspiegelt. Dabei treten tür einige Bereiche der Grabkammer zwischenzwei oder mehreren benachbarten Individuen deutlich engere Verwandtschaftsbezin Erscheinung, die auf eine räumlich streng gegliedertefamilienweise Bestattung hinzudeuten scheinen, d. h. daß die Angehörigeneiner Familie innerhalb des Bestattungsareals der jeweiligenVerwandtschaftsgruppe alle an einer nur tür sie bestimmten Stelle beigesetztworden sind. Die eigenartige Lage und Verteilung der noch ganzbzw. nur teilweise im anatomischen Zusammenhang befindlichen Skelette(offenbar zuletztbestattete Individuen) innerhalb der Grabkammer undder beiden Verwandtschaftsgruppen bekräftigt unsere Annahme. Bei einerin beiden Verwandtschaftsgruppen von hinten nach vorn (oder umgekehrt)) erfolgten Belegung der Grabkammerhälften müßten sich die Zuletztbestazwangsläufig in Eingangsnähe (bzw. an der hinterenKammerwand) konzentrieren, sie liegen aber einzeln an verschiedenenStellen sowohl der linken (vollständiges Skelett Nr. 19; teilweiser anatomischerZusammenhang Nr. 9, 10, is, 43, 44) als auch rechten Grabhälfte(annähernd vollständige Skelette Nr. 20, 41, 52; teilweiser anatomischerZusammenhang Nr. 7, 26, 28, 29, 34, 50). Die Stellung derroten (linke bzw. rechte Hockerstellung oder gestreckte Körperlage)könnte bei den sehr engen Platzverhältnissen in der Kammer durchausräumlich bedingt gewesen sein (Nr. 52 als linker Hocker mit dem Kopf


Abb. Darstellungeiniger interfamiliärerVerwandtschaftsbeziehungenzwischenIndividuen derVerwandtschaftsgruppenund B.Sacralisation,2-Sakar Hiatus sacralis,Spondylosisdeformans,Nahtknochen,Torsion einiger Zähne(distale Torsionsform),nichtangelegte3. Molaren,Engstandder Zähne,Durchbruchsanomalieder Zähne.Von 2, 3, 4, und 8wurden nur einigeVerbindungslinieneingezeichnet.


Abb. 17;SchematischeDarstellungder verwandtschaftlichenBeziehungenzwischenbenachbartliegendenIndividuenjeweils innerhalbderVerwandtschaftsgruppenund B.


im Süden und Nr.41 als rechter Hocker mit dem Kopf im Norden liegenunmittelbar benachbart), wie sich andererseits auch Uberschichtungen derSkelette (unterer Rumpfabschnitt und Beine von Nr.28 über den gestrecktenunteren Gliedmaßen von Nr. 26) haben nicht vermeiden lassen.Die weitere Präzisierung der verwandtschaftlichen Beziehungen innerhalbder beiden Verwandtschaftsgruppen führt zum Erkennen des Verwandtsder einzelnen Individuen untereinander. Sie hat mitder Ermittlung der engsten verwandtschaftlichen Bindungen (Mutter -Kind bzw. Vater - Kind, Geschwister) zu beginnen und dann allmählichzu den weiteren und zur Analyse der beiden Elternteile (bzw. "Mann undFrau") fortzuschreiten. Diese ermöglichen zunächst die Gruppierung undAbgrenzung von einzelnen Familien (Kleinfamilien) und gestatten ebenfalls,interfamiliäre Verwandtschaftsbeziehungen aufzuzeigen, die ihrerseitswiederum Hinweise dafür liefern, ob mehrere Familien zu Familienverbändzusammengeschlossen gewesen sind. Besondere Aufmerksamkeitist nunmehr den genetischen Verbindungen zwischen den beiden Verwandtszu widmen, die vor allem in den interfamiliärenVerwandtschaftsbeziehungen zwischen diesen faßbar werden. So sindz. B. im einzelnen zu analysieren, welche Individuen aus der einen in deranderen Verwandtschaftsgruppe und umgekehrt Aufnahme fanden, obes nur Männer bzw. Frauen oder Individuen beiderlei Geschlechts gewesensind. Als Endergebnis dieser Analyse erhält man dann die Verwandtsder im Kollektivgrab bestatteten Dorfbevölkerungin ihrer optimalen Erfaßbarkeit dargestellt, und zwar im Idealfall inForm eines der Belegungszeit entsprechenden Ausschnittes aus einem"Stammbaum" mit den vorhandenen Querverbindungen und den einzelnenGenerationsfolgen. Eine vollständige Erschließung und Aufschlüsselungaller Verwandtschaftsbeziehungen ist selbst bei sehr gutem Erhaltungszustanddes gesamten Skelettmaterials nicht zu erwarten. Zum anderenist in Betracht zu ziehen, da.daßnur von einem Teil der Kleinfamilien alleAngehörigen auf dem Bestattungsplatz beigesetzt sind, von einem anderendagegen nur einige Familienangehörige, während die übrigen noch gelebthaben, als dieser aufgegeben worden ist.Für das Kollektivgrab von Niederbösa bleibt das verwandtschaftlicheStrukturbild der bestatteten Individuen infolge der viel zu geringen Anzahlder diagnostischen Merkmale sehr unvollständig und in weiten Teilenzudem überaus problematisch und darf nur als erster Versuch (I) in dieserRichtung gewertet werden. Bei der Analyse des Verwandtschaftsgradessind ebenfalls die jeweiligen Sterbealter im Verhältnis zur gesamtenBelegungszeit des Kollektivgrabes und der relative Erhaltungszustand


der Skelette zu berücksichtigen. An zwei Beispielen soll dieses im Rahmender hier gegebenen Möglichkeiten zu erläutern versucht werden. Dieunmittelbar benachbart liegenden Individuen Nr.29 (Sterbealter 20 bis25 Jahre) und Nr. 29/I (Sterbealter etwa 30 Jahre) stimmen in sechs deruntersuchten Merkmale überein (Nahtknochen, Torsion der Zähne, fehlende8. Molaren, Deckplatteneinbruch an den Lendenwirbelkörpern,hoher Hiatus sacralis und Brückenbildung im Bereich des 1. KreuzbeinsegmentsDieser Befund scheint bei annähernd gleichem Sterbealter zunächsttür Bruder und Schwester" zu sprechen. Zieht man jedoch in Betracht,, daß3 Nr.29 offenbar erst gegen Ende der Belegungszeit der Grabkammergestorben ist (der noch teilweise anatomische Zusammenhangspricht dafür), Nr. 29 /l dagegen vermutlich am Anfang, also wahrscheinlich10-15 Jahre früher bestattet worden sein dürfte (postkraniale Skelettresteohne jeglichen Zusammenhang), so war zur Startbereit des MannesNr. 29 /l die Frau Nr. 29 höchstens 15 Jahre, vermutlich aber nur 10 Jahrealt. Es bestand demnach ein Altersunterschied von etwa 20 Jahren, derzusammen mit anderen Befunden die Diagnose Vater - Tochter" zumindestsehr viel wahrscheinlicher macht. Außerdem weist Nr.29 die alsdominante segmentale Wirbelsäulenvariation zu bezeichnende Sacralisationdes 5. Lendenwirbels auf, die bei Nr. 29 /l tesla Innerhalb derVerwandtschaftsgruppe A zeigen die beiden Männer Nr. 19 und 47 unddie Frau Nr. 46 die gleiche Stellungsanomalie der 8. Unterkiefermolaren(diese sind im ganzen Kollektivgrab nur bei diesen drei Individuen vorhanden)) und alle besitzen einen Trochanter tertius am Femur. Im Sterbealterweicht Nr. 19 (um 50 Jahre) jedoch beträchtlich von Nr. 47 (30 bis35 Jahre) und vor allem Nr. 46 (19-20 Jahre) ab. Diese für die Diagnose"Geschwister" zu großen Altersunterschiede werden jedoch weitestgehendausgeglichen, wenn man berücksichtigt, Nr. 19 (Skelett in vollständigerund anatomischer Erhaltung) erst am Ende der Belegungszeit,die beiden anderen aber schon sehr viel früher (schätzungsweise 15 Jahre)gestorben sein dürften.Obwohl sich der Verfasser aus den bereits angeführten Gründen derUnzulänglichkeit und Problematik der Darstellung der sehr wahrscheinlichenund selbst nur möglichen verwandtschaftlichen Beziehungen innerhalbdes Kollektivgrabes von Niederbösa in Form eines der Belegungszeitentsprechenden Ausschnittes aus einem "Stammbaum" bewußt ist,wurde dieser Versuch trotzdem unternommen. Vor allem wird ersichtlich,daß die Anzahl der diagnostischen Merkmale besonders zum Erkennen !von interfamiliären Verbindungen zwischen beiden Verwandtschafts


Abb. 18: Versuch einer Darstellungdes sehr wahrscheinlichenVerwandtschaftsgradeszwischen Individuen innerhalb jeder der beiden Verwandtschaftsgruppen.


Abb. 19: Versucheiner Darstellungdes wahrscheinlichen(dicke Linie) und möglichenVerwandtschaftsgrades(dünne Linie) innerhalbder WalternienburgerBevölkerungvonNiederbösa (Erläuterungenhierzu siehe Text).


gruppen, wie sie nach den bisherigen Betrachtungen sehr zahlreich bestanhaben dürften, völlig unzureichend ist. In Übereinstimmung mitder offenbar nicht ganz eine Generation währenden Belegungszeit des Kollektivsetzen sich beide Verwandtschaftsgruppen (vgl. Abb. 19) jedochim wesentlichen nur aus Individuen zweier Generationen zusammen,wobei in der Verwandtschaftsgruppe A (durchschnittliches Sterbealter24 3 Jahre) die P-Generation zahlenmäßig die Fi-Generation überwiegt,in der Verwandtschaftsgruppe B (Durchschnittsalter 20 ,9 Jahre) ist esdagegen gerade umgekehrt. Größere Unterschiede zwischen beiden Gruppenbestehen weiterhin in der Anzahl der beigesetzten Männer undKinder (Gruppe A: 10 Männer, 9 Frauen, 12 Kinder; Gruppe B: 16 Männer,Frauen, 21 Kinder) und im durchschnittlichen Lebensalter. DieseBefunde wird man vielleicht in dem Sinne deuten können, daß3 der VerwandA hinsichtlich des Ursprungs der WalternienburgerDorfbevölkerung von Niederbösa eine primäre Bedeutung und gegenüberder (etwas jüngeren) Verwandtschaftsgruppe B auch eine zentraleStellung im Dorfleben beizumessen ist.Bei unseren bisherigen Betrachtungen blieb die Frage unberücksichtigt,ob die Skelette (bzw. speziell die Schädel), vor allem der im Kollektivgrabzuerstbestatteten Individuen, die keinen anatomischen Zusammenhangmehr erkennen lassen, alle noch annähernd die Stelle in der Totenhütteeinnehmen, an der die Toten beigesetzt worden sind, oder bei dennachfolgenden Bestattungen ein teilweises Beiseiteräumen cker früher bestatteIndividuen vorgenommen wurde. Nach den anhand der ÄhnlichkeitsbeigebrachtenHinweisen auf die Bestattungsder Walternienburger Bevölkerung von Niederbösa ist eineweitestgehend primäre Lage der Schädel anzunehmen, wobei eine geringeVerlagerung einzelner Schädel durchaus möglich erscheint. Anzeichen, dieauf ein absichtliches Beiseiteräumen einzelner Skelette hindeuten (z. B.Anhäufungen von Schädeln an bestimmten Stellen innerhalb oder an denLängsseiten der Totenhütte), fehlen.Für das Kollektivgrab von Nordhausen wurden entsprechend Abb. is(Niederbösa) ebenfalls die Lage der Schädel und einige anatomische Variationenin ein Schema eingezeichnet. Die Anzahl der diagnostischen Merkmaleist hier jedoch viel zu gering (Schädelmaterial sesi schlecht erhalten,, Kiefer-undund Gebißreste in sehr vielen Fällen einem bestimmten Individuumnicht mehr zuzuordnen, postkraniale Skeletteile individuenmäßignicht zu trennen), um auch nur annähernde Aussagen zu ermöglichen.Im Vergleich zur Bestattungsweise im Kollektivgrab von Niederbösa


persistierendeStirnnaht,nichtangelegte3. Molaren,Nahtknochen,senil,trepanierterSchädel.Abb.20: Verteilung einiger diagnostischerMerkmale (Ahnlichkeits-Verwandtschaftsdiagnosinnerhalb des Kollektivgrabesvon Nordhausen.


erscheint lediglich die Vermutung berechtigt, daß in der Totenhütte vonNordhausen drei Verwandtschaftsgruppen ihre Toten in jeweils getrenntenArealen (Längsreihen) bestatteten. Die Anordnung der Skelette in dreiLängsreihen und die Beobachtung, daß jede dieser an verschiedenen StellenSkelette in vollständigem bzw. teilweisem anatomischem Zusammenhangerkennen läßt, sprechen jedenfalls dafür.Metrisch-morphologischeVergleichsanalyseSchädelUnterschiede in der absoluten Dimensionierung der Schädel beiderSerien (Tab. 9) bestehen, sofern die geringe Anzahl der Individualwerteüberhaupt Schlußfolgerungen zuläßt, lediglich in einigen HirnschädelmacenDie Niederbösaer Männerschädel sind länger (Mittelwert200,3 mm, Variationsbreite 193-207 mm) und höher, im Bereich desStirnbeins, der Auricularia und des Hinterhauptbeins jedoch zum Teilbeträchtlich schmaler als das Nordhauser Vergleichsmaterial, die Frauenschäddagegen merklich kürzer, ein wenig niedriger und ebenfalls stirnundhinterhauptschmaler. Die Mittelwerte der männlichen Gesichtsschädelmastimmen bis auf die bei Niederbösa etwas gröliere Kinnhöheauffallend gut überein. Die relativen Geschlechtsdifferenzen bewegen sichbei beiden Serien nicht in der gleichen Größenordnung, sondern sind beiden Schädeln von Niederbösa im allgemeinen viel geringer, nur in derSchädellänge (Frauenschädel durchschnittlich 21 mm kürzer!) und Ohr- Bregma- Höhewesentlichgrößer.Die Mittelwerte der Indices (Tab. 10) kennzeichnen die NiederbösaerSchädel als dolichokran, hypsikran, normalstirnig, noch metriotop (Nordhauseneben eurymetop), lepten, mesokonch (Nordhausen: chamaekonch)und mesorrhin. Populationsunterschiede ergeben sich nur im Orbital- Indexund Transversalen FrontalundFrontoparietal- Index. Als dietypische Schädelform ist auch hier die Dolichokranie zu bezeichnen, dienoch etwas ausgeprägter als bei Nordhausen zu sein scheint, zumal diedort sich geltend machende Tendenz zur Mesokranie bei Niederbösaoffenbar geringer ist (nur 15,4 % mesokrane Schädel gegenüber 21 %bei Nordhausen). Die bei der Niederbösaer Schädelserie gegenüber Nordhausenerkennbaren metrischen Abweichungen kommen in einigen Fällen


Tabelle 9:Mittelwerte einiger Mafe der Schädelvon Niederbösaund Nordhausen(in mm)ManeMännerNiederbösaNordhausenFrauenNiederbösaNordhausenGröl%teLänge 200,3 (6) 195,8 179,3 (6) 186,0GrößteBreite 140,4 (7) 141,8 134,4 (9) 134,1KleinsteStirnbreite 94,1 (7) 98,4 95,3 (3) 94,2Größte Stirnbreite 116,3 (6) 124,6 115,3 (3) 117,5Biauricularbreite 118,0 (3) 123,6 (115,5) (2) 115,3Größte Hinterhauptsbreite 110,5 (9) 113,6 103,0 (3) 105,2Ohr-Bregma-Höhe 127,5 (4) 123,4 120,0 (6) 122,3Obergesichtsbreite 104,1 (6) 103,6 102,5 (4) 103,3Obergesichtshöhe (70,0) (2) 71,3 -Orbitalbreite 41,0 (5) 40,5 -Orbitalhöhe 31,3 (5) 31,0 -Nasenbreite 24,2 (5) 25,5 (24,8)Nasenhöhe (51,0) (2) 51,8 -Kinnhöhe 33,7 (16) 32,7 29,8 (8) 29,3Winkeibreite UK 96,0 (7) 89,0 (4)KondylenbreiteUK 122,5 (4) - -Tabelle 10:Indexmittelwerteder Schädelvon Niederbösaund NordhausenIndices Niederbösa NordhausenLängen-Breiten-Index 72,4 (13) 72,8Längen-Ohr-Bregma-Höhen-Index 64,3 (10) 64,0Transversaler Frontal-Index 82,3 ( 7) 80,8TransversalerFrontoparietal-Index 68,3 ( 7) 70,1Obergesichts- Index 56,1 ( 2) 55,9Orbital-Index 77,8 ( 6) 72,4Nasal-Index 49,7 ( 3) 50,4


(größteStirn-und unck Biauricularbreite, Orbital-Index, Transversaler Frontal-Inde) den schnurkeramischen Mittelwerten recht nahe, in anderen (besongrößte Schädellänge) bleiben sie ohne Vergleich.In den allgemeinen Formverhältnissen des Schädels lassen sich trotzübereinstimmendem einheitlichem Grundbautypus bei beiden Populationendoch einige markante Abweichungen beobachten, die auf eine etwasunterschiedliche typologische Zusammensetzung der Niederbösaer undNordhäuser Walternienburgerleute hinzudeuten scheinen. - Die Normaverticalis der Niederbösaer Schädel besitzt eine ausschließlich ovoideGrundform und zeigt einen schmalen, überwiegend flachbogigen bisrundlichen Stirnpol, mäßig lange, flachgewölbte, im allgemeinen etwasschwächer als bei Nordhausen divergierende Seitenwände (Eindellung imKranznahtbereich im Vergleich zu Nordhausen sehr selten) und in beidenGeschlechtern deutlich abstehende Stirnecken; die gröijte Schädelbreiteliegt etwas weiter vorn als bei Nordhausen. Das Hinterhaupt ist mäßiglang, zugespitzt und median rundlich (Occipitalschuppe vielfach leicht angehoseltener abgeflacht bzw. eingedellt. - In der Norma occipitalisist der keilförmige Umriß zahlreicher vertreten, die Scheitelwölbung niedrigerund breiter, die Seitenwände sind bei der Bombenform noch schwächerkonvex gestaltet als bei Nordhausen. - Norma lateralis: Unterstirnsteil bis sehr steil (auch im männlichen Geschlecht), Oberstirn höher,Grenze zwischen beiden deutlich markiert; Scheitelhochwölbung nicht sogut ausgeprägt und seltener; schwache postcoronale Depressionen (fehlenbei Nordhausen) häufiger zu beobachten; Hinterhaupt insgesamt wohletwas kürzer; oberseitige Abflachung meist leicht konvex gewölbt, Kontursetzt sich ohne Unterbrechung bis an die Unterschuppe hin tart; Occipitalobersjedoch kaum ausgebuchtet (bei einigen Schädeln leichteBathrocephalie); kurvoccipitale Hinterhauptsumrisse fehlen. Hinweise aufFormmerkmale des Gesichts lassen sich dem Material kaum abgewinnen.Nasenbeinansatz sehr flach und hoch gelegen; sehr hoher und betonterNasensattel; obere Nasenbeinenden steil gestellt, untere deutlich vorsprin; Jochbeinansatz im Gegensatz zu Nordhausen sehr weit vorn;hoher bis mittelhoher, leicht vorgeschrägter (prognather) Alveolarkammdes Oberkiefers; seitlicher Orbitalrand tick eingeschnitten. Norma frontalis:Hirnschädel mittelhoch (höher als bei Nordhausen) und breit bismittelbreit, mit hochausgerundeter, selten flacher Scheitelwölbung unddeutlich (9) bis kräftig (d) abstehende Stirnecken; Überaugenbögen ganzschwach oder gerade tastbar (9) bis kräftiger (cs), dabei kaum nach obenzu kantig abgesetzt; sehr beträchtliche Interorbitalbreite, besonders anmännlichen Schädeln. Gesicht: Nasenbeine im Sattelbereich sehr schmal


und deutlich eingeschnürt, an der Nasenwurzel und gegen das freie Endezu stark verbreitert; Lateralität der smr flachen Jochbeine ebenfallsdeutlich ausgeprägt; Orbitae groß, mehr quadratisch bis rechteckig-hoch(höser und größer als bei Nordhausen), Längsachsen nach außenschwächer abfallend; Nase meist mesorrhin; Oberkiefer sehr breit bisauffallend schmal, Alveolarkamm kaum verdickt; Fossa canina tief. -k : größer, massiger und grober modelliert als bei Nordhausen;; Corpushöhe im Bereich der 3. Molaren im Verhältnis zur Kinnhöheebenfalls sesi viel kleiner, doch nicht so niedrig wie an den NordhäuserUnterkiefern; Basalrand im. allgemeinen kaum verdickt, nur medialwärtsetwas (bei Nordhausen vielfach stark verdickt); Gonien oft verrundetoder leicht höckerig evertiert, nur selten stark höckerig; Unterkieferästenur schwach ausgewinkelt, höher als bei Nordhausen, dennochschmal; Incisura mandibulae weniger tief; Astwinkel relativ schräg;Kinn ebenfalls weich modelliert (nicht so weich wie bei Nordhausen),doch öfter betont höckerig abgesetzt, im Profil stärker vorspringend;Zahnbogen sehr gut ausgerundet; Frontzähne zuweilen sich weit über dasübrige Kronenrelief hinaus erhebend, d. h. Kaufläche im Frontzahnbereichstark ansteigend.Die bisherigen vergleichenden kraniologischen Untersuchungen zeigendeutlich, dali die Walternienburger Populationen von Nordhausen undNiederbösa sowohl in metrischer als auch morphologischer Hinsicht demgleichen Grundbautypus angehören, aber dennoch zum Teil markanteMerkmale aufweisen, in denen sich die beiden typologisch keineswegseinheitlichen Bevölkerungen voneinander unterscheiden. Im Vergleich zuden Schädeln von Nordhausen dürften die Walternienburgerleute vonNiederbösa ein heterogeneres Typenspektrum, offenbar im Sinne einerstärkeren Beimischung nordischer Elemente (vermutlich mehr teutonordischeals fälische), erkennen lassen.KörperhöheDie Bestimmung der Körperhöhe konnte nur an 20 männlichen(Methode nach Breitinger) und 15 weiblichen Individuen (Methode nachPearson) der Niederbösaer Bevölkerung durchgeführt werden. Die Ergebnissesind in Form von Individualdaten in Tab. dargestellt. Die Körperhöheder Männer beträgt bei einer Variationsbreite von 160-172 cm imDurchschnitt 166 ,0am (noch mittelgroß); jeweils 25 % sind als untermittelgroßund mittelgroß, 30 % als übermittelgrof3 und 20 als gras


zu bezeichnen. Für die Körperhöhe der Frauen ergeben sich folgendeWerte: Mittelwert 149,3 cm (gerade untermittelgroß), Variationsbreitevon 146-154 cm; 33,3 % klein, 60,0 % untermittelgroß, 6,7 % mittelgroß.Ein direkter Vergleich der nach den einzelnen Methoden der Körperhöhenberzielten Werte ist nicht ohne weiteres möglich, da dasdiesen Verfahren zugrunde liegende Ausgangsmaterial eine zu unterschiedKörperundGliedmaßenproportionierung aufweist. KURTH(1954) hat sich mit dem Problem der Vergleichbarkeit der Körperhöhenals erster eingehend befaljt und aus seinen Untersuchungsergebnisseneine Faustregel zur Angleichung der Körperhöhenwerte an eine "mittlereLinie" (= Ergebnisse für Männer nach Breitinger) abgeleitet. Der nachentsprechender Umrechnung der einzelnen Individualdaten erhaltene bereinigtWert beträgt für die Körperhöhe der Frauen nunmehr 151,8 cm.Damit verringert sich die Geschlechtsdifferenz zwischen männlicher undweiblicher Körperhöhe zwar etwas, bleibt mit 14 cm aber dennoch sehrgroß.Tabelle 11:Bereinigte Körperhöhen (Umrechnungauf "mittlere Linie nach Kurth)einiger neolithisch-bronzezeitlicher mitteldeutscherPopulationen(Angaben in cm)Population Männer Frauen Duff. AutorBandkeramiker/Sondershausen166,0 152,0 14,0 GRIMM 1953Glockenbecherleute 169,8 158,5 11,3 GERHARDT 1953Schnurkeramiker/Schafstadt 164,5 156,3 8,2 GRIMM 1959Walternienburger/Niederbösa 166,0 151,8 14,2AunjetitzerfcroAbrembach 171,1 156,7 14,4 ULLRICH 1962Innerhalb der bis jetzt anthropologisch durchforschten mitteldeutschenneolithischen Bevölkerungsgruppen (Tab. 11) entsprechen die Walternienburgerlvon Niederbösa weitestgehend den Bandkeramikern von SondershDie größten Abweichungen bestehen gegenüber der vor allemim weiblichen Geschlecht großwüchsigeren Glockenbecherbevölkerung. ZuBeginn der frühen Bronzezeit zeichnet sich dann im Vergleich zum Neolithikuauch im mitteldeutschen Raum eine erneute Körperhöhenzunahmab (ULLRICH 1962 a).


ZusammenfassendeBetrachtungenDie in diesem Rahmen zwischen den beiden Walternienburger Populationenvon Nordhausen und Niederbösa durchgeführten Vergleichsuntersucin paläodemographischer, paläopathologischer und krani. morphologHinsicht haben trotz der Zugehörigkeit beiderBevölkerungen zu dem gleichen anthropologischen Grundbautypusdoch eine Reihe markanter Unterschiede ergeben. Im Vergleich zu derWalternienburger Bevölkerung von Nordhausen sind im Kollektivgrabvon Niederbösa bei etwa gleicher Belegungszeit nicht nur etwa 50 %mehr Tote beigesetzt (Niederbösa 78, Nordhausen über 50 Individuen),sondern es darf auch eine um durchschnittlich 25-35 Individuen größereDorfbevölkerung (Niederbösa 85-113, Nordhausen 60-80 Individuen alsmittlere Bevölkerungszahl) und ein Unterschied in der Gruppierung derPopulation (Niederbösa zwei, Nordhausen vermutlich drei Verwandtschaftsgrvermutet werden. Bei einer um 2,9 Jahre niedrigerenmittleren Lebenserwartung der Neugeborenen (Niederbösa 21,7, Nordhausen24,6 Jahre) ist die Kindersterblichkeit doppelt (für 0-5jährigesogar dreimal!), die Mortalität der Jugendlichen dagegen nur halb sogrob. Insgesamt erreichen 33 % weniger Männer, dafür aber 24 % mehrFrauen das mature Lebensalter; demzufolge ist bei Niederbösa auch dasdurchschnittliche Lebensalter der erwachsenen Frauen etwas größer (Niederbösa33,6, Nordhausen 29,8 Jahre) als das der Männer (Niederbösa 33,Nordhausen 36 Jahre). Das Sterblichkeitsmaximum der Erwachsenen liegtnicht bei 36-40 Jahren (Nordhausen), sondern bei 31-35 Jahren; dieSterblichkeit je 1000 Einwohner und Jahr (Niederbösa 46, Nordhausen 41)ist größer. Einige paläopathologische Befunde deuten auf eine größere Anfälligkeitgegenüber gewissen Krankheiten und ein vermehrtes Auftretenvon Fehlbildungen im Bereich der Wirbelsäule hin, auch sind die einzelnenIndividuen gleichzeitig mit einer größeren Anzahl bedeutungsvollererpathologischer Veränderungen belastet. Bei Niederbösa darf für die Frauenim Alter von etwa 27-40 Jahren gegenüber den Männern eine etwasgrößere physiologische Widerstandsfähigkeit des Organismus vermutetwerden. Das Verhältnis von Männer zu Frauen beträgt bei Niederbösa59,1 : 40,9, bei Nordhausen 54,8 : 45,2.Die kraniometrisch- morphologischen Befunde erbringen bei übereinstimmendGrundbautypus des Schädels in einigen metrischen (z. B.einige Hirnschadelmaße, besonders Schädellänge, relative Geschlechtsdifferenzin den Maßen) und zahlreichen morphologischen Merkmalenzum Teil markante Populationsunterschiede.


Trepanationen - VerletzungenTrepanationenBereits bei der Bergung des Knochenmaterials aus dem Kollektivgrabvon Nordhausen wurde unsere Aufmerksamkeit besonders auf einenSchädel mit eigenartig gestaltetem und zugleich ungewöhnlich großemDefekt im Bereich des Hirnschädels gelenkt. Das stark lückenhafte männlichadulteKranium Nr. 30 lag mit dem hinteren Teil der Schädelbasisund dem Zahnbogen des Oberkiefers horizontal auf einer Steinplatte ander linken Längswand der Grabkammer, das vorhandene linke Unterkieferunmittelbar davor. Die Öffnung des mit Erde ausgefülltenund in mehrere Teile zerbrochenen, jedoch in seiner ursprünglichen Formerhaltenen Hirnschädels war nach oben gerichtet und an ihren Rändernvollständig verkrustet. Nach dem Freipräparieren im Museum für UrundFrühgeschichte in Weimar konnte der riesige Defekt im Schädeldachbereials Trepanation identifiziert werden. Von einer genauen Beschreibungdes Fundstücks kann in diesem Rahmen abgesehen werden, da dieseschon an anderer Stelle gegeben wurde (ULLRICH 1964 b, ULLRICH!WEICKMANN 1963) und zudem die zahlreichen Fotos die Strukturverhältnisin den einzelnen Randbezirken der Trepanation sehr gut erkennlassen.Der in der Draufsicht längsovale Schädeldachdefekt entspricht weitestgehender Umrißform des Schädels in der Norma verticalis und besitztbei einer größten Breite von 130-132 mm eine größte außere Länge von165 mm (nur 25 mm kleiner als die größte Schädellänge!); die Internamaneerreichen 153 mm und 121-122 mm. Die Höhe des abgetragenenStückes läßt sich nicht mehr bestimmen, doch fehlen nicht nur die gesamteOberstirn und der obere Abschnitt der Unterstirn, sondern auch großeTeile beider Parietalia. Da die Defektränder unzweideutige Spuren einerartifiziellen Bearbeitung und an einzelnen Stellen auch deutliche Hinweiseauf eine dem Eingriff folgende osteoplastische Reaktion zeigen, bestehtkein Zweifel, daß die Öffnung intravital angelegt worden ist und es sichum eine Trepanation handelt, und zwar die größte prähistorische Trepanationdie bisher gefunden wurde.Die Beurteilung abgelaufener Heilungsprozesse wird am vorliegendenFundstück besonders dadurch sehr erschwert, dais zwischen der vorderenund hinteren Partie des rechten Trepanationsrandes einerseits und derlinken und rechten Schädelseite andererseits auffallend grobe Unterschiein der Randstruktur zu verzeichnen sind. Den sichersten Heilungs


efund liefert der frontale Bereich der rechten Stirnbeinhälfte mit seinemsehr gut verrundeten, stark sklerosierten Außenrand, der vollständig geschlossenen,, von einer kompakten Vernarbungsschicht überzogenen Diploeund dem größtenteils scharfgratigen Cerebrairand. Immerhin mit hoherWahrscheinlichkeit, wenn auch nicht mit Sicherheit, sind die sekundärenStrukturveränderungen am Trepanationsrand vorn rechtsparietal (unmittelbarhinter dem grasen Substanzausbruch) und in geringerer Ausdehnungan der gegenüberliegenden linken Randseite als osteoplastischerVorgang zu deuten. Ein völlig anderes Aussehen zeigt dagegen der hintererechtsparietale Trepanationsrand, an dem Heilungsvorgänge vollständigfehlen. Etwa senkrecht zur Knochenoberfläche verläuft eine bisauf die untersten Diploezellagen reichende glatte, gleichmäßig geschwungeneSchnittfläche mit nur am vorderen und hinteren Ende verrundetem,sonst aber scharf Außenrand und offenen Diploezellräumen; dieTabula interna ist als 4-9 mm breite, nach der Öffnung hin zugespitzte,geglättete Knochenlamelle stehen geblieben. Auch an einigen anderen Stellensind noch geringe Reste eines solchen Knochensaumes erkennbar, derursprünglich offenbar einen geschlossenen Ring bildete. Auf der senkrechtenSchnittfläche und der Knochenlamelle sowie auf dem vorderen rechtsparietalenRandstück und der sich nach hinten anschließenden Knochenpartiesind deutlich Schleif-und und Kratzspuren sichtbar, die offenbar vondem Trepanationsinstrument (Feuersteingerät) herrühren. Die stärkereGlättung des freiporigen (offene Diploe), leicht verwittert aussehendenlinksparietalen Trepanationsrandes dürfte, da die Knochenoberfläche deslinken Scheitelbeins noch relativ gut erhalten und weniger korrodiert istals rechts, nur schwerlich allein durch Verwitterungseinwirkung zu erklärensein, sondern vielmehr das Ergebnis eines in diesem Bereich erfolgtenosteolytischen Prozesses darstellen, der durch eine Knochenrandosteomyelitisnoch verstärkt wurde. Im Verlaufe des Heilungsprozessesgehen den osteoplastischen Reaktionen (Bildung einer äußerst widerstandsfähigenKnochennarbe), die als zuverlässiges Kriterium tür dieintravitale Durchführung einer Trepanation gelten, auch am Schädel ähnlichder Frakturheilung an den Extremitätenknochen osteolytische Vorgängevoran, die mit einer Entkalkung der Wundränder verbunden sind.Diese stärker entkalkten Knochenteile werden daher dem Verwitterungsprozeßgleichfalls stärker anheimfallen als die gesunden Knochenpartien.Wenn auch der in der Draufsicht des Schädels in seiner Gesamtheitharmonische Randverlauf des Trepanationsdefektes und der ursprünglichoffenbar auf der ganzen rechten (und vielleicht auch linken) seitevorhandene, von der Interna gebildete Knochensaum zunächst tür eine


gleichzeitige Abtragung des ganzen Schädeldachstückes zu sprechenscheinen, zwingen die verschiedenen Heilungsphasen des Knochenrandes(besonders vorn rechtsfrontal und hinten rechtsparietal) doch zu der Annahm, daß die Trepanation in mindestens zwei zeitlich getrennten Operationeausgeführt worden ist. Der erste größere Eingriff im Stirnbeinundvorderen Parietalbereich ist mit Sicherheit mehrere Monate überlebtworden (nach Anda sollen osteoplastische Reaktionen bis zum eindeutigenNachweis etwa 8 Monate Zeit benötigen). Was die zeitlich etwas spätererfolgte zweite Trepanation in der hinteren Scheitelbeinregion betrifft,so kann nach den Befunden am Schädel nicht behauptet werden, daß derPatient während oder unmittelbar nach der Operation gestorben ist. Diesehr wahrscheinlichen osteolytischen Veränderungen deuten auf eine zumindkurze Überlebenszeit hin. Die Grenze zwischen beiden Eingriffenist auf dem rechten und auch linken Trepanationsrand deutlich nachweisbar(Richtungsänderung in der Schnittführung) und befindet sich etwaüber dem hinteren Ende der Schläfenschuppennaht.Die am Nordhäuser Schädel vorhandenen Randstrukturen schließen diein prähistorischer Zeit gebräuchlichste Schabemethode (Abtragung desKnochens von der Fläche her zur Erzielung kleiner bis mittelgroßerovalärer Defekte mit stark abgeschrägten Rändern) zur Herstellung einersa groben Trepanationsöffnung aus. Nach der gemeinsam mit HerrnChefarzt Dr. Weickmann durchgeführten Untersuchung unseres Fundstückkommt nach den bisherigen Ergebnissen der Annahme die größteWahrscheinlichkeit zu, daß3 jeweils mit Hilfe eines größeren Feuersteingeräteine der Form des abzutragenden Schädeldachstückes entsprechendin sich geschlossene, breite und tiete Knochenrinne angelegtwurde, wobei im Inneren ein größerer Knochenteil rondellartig erhaltenblieb und zuletzt ausgebrochen wurde. Dabei besteht die größte Gefahrin der Abhebung des Knochenstückes über den oberen Pfeilblutleiter(Sinus sagittalis superior), da eine Verletzung desselben wegen des hohenBlutverlusts meist tödlich ist. Der bei dieser Technik erzielte U-förmigeRinnenquerschnitt hinterläßt nach dem Ausbrechen des Medianstückeseine ziemlich steil durchtrennte Tabula externa und Diploe und eine breite,lamellenartige, gegen das Lumen unregelmäßig begrenzte Tabula interna.Eine entsprechende, allerdings spiegelbildliche Form zeigen auch dieRänder des (in unserem Falle nicht mehr vorhandenen) rondellartigenMittelteils. Eigentlich ist es kein typisches Schneiden, sondern wir können 'uns den Vorgang so vorstellen, daß3 das aus Feuerstein bestehende Trepanat(vermutlich der Form eines Klingenkratzers mit U-Förm, kantigem Unterende ähnlich) durch gleichmässiges Hin-und-


Herbewegen (Schneid-Schabetechnik) in der vorgezeichneten Linienführungimmer tiefer in den Knochen eindringt, bis schließlich in der Rinnenmittedie Knochenlamelle ganz dünn geworden ist. Da der Knochen nichtvollständig durchtrennt wird, besteht keine Gefahr, daß das Trepanationsgerätzu tief hinabgleitet und eine Verletzung der Hirnhäute hervorruft.Eine endgültige Entscheidung über die bei der Nordhäuser Trepanationzur Anwendung gelangte Technik wird sich erst herbeiführen lassen, wenndie von uns vorgesehenen Trepanationsversuche mit entsprechendenFeuersteingeraten durchgeführt worden sind. Ob nach dem ersten frontalenund vor allem nach dem zweiten parietalen operativen Eingriff derextrem grase Defekt durch Auflegen einer künstlichen, etwa der Formdes abgetragenen Knochenbezirkes entsprechenden und auf dem Knochen-Saumaufliegenden Kapsel bedeckt oder nur die Kopfhaut über das andieser Stelle nur noch von der harten Hirnhaut geschützte Gehirn gezogenwurde (nach Ansicht von Weickmann sei ein Weiterleben dadurch durchausmöglich gewesen), entzieht sies unserer Kenntnis.Von größtem Interesse ist zweifellos die zugleich am schwierigsten zubeantwortende Frage nach dem Motiv zu einem solchen heroischen Eingriff.Ein unmittelbar hinter der rechten Schläfenschuppe gelegener größererKalottendefekt schien in diesem Zusammenhang von besondererzu sein. ist von unregelmäßiger Form, etwa mm langund 15 mm hoch und besitzt leicht wellige, scharfrandige bis gezackteDefektränder, an denen Tabula externa und interna ohne Ausbildungeiner Diploe verschmolzen zu sein scheinen; außerdem ist der obereRand mäßig nach außen gebogen (leicht klaffend). Da der Knochen indiesem Bereich dünner als auf der Gegenseite ist und der Röntgenbefundeine Asymmetrie zugunsten der rechten seite aufweist, lag die Möglichkeiteiner Entwicklungsstörung des Schädels durchaus im Bereich einerDiskussion. In erster Linie wurde dabei an eine wachsende Schädelfrakturdes Kindesalters gedacht, wie sie von PIA/TONNIS (1958) beschriebenwurde. Es handelt sich hierbei um ein in den ersten Lebensjahrenerfolgtes Trauma, bei dem die Haut intakt bleibt, der Schädelfrakturiert, und das Epicranium und die Hirnhäute zerreiben. Die durchdie gleichzeitige Hirnverletzung durch Schwellung, Ödem oder Blutungbedingte Volumvermehrung im Schädelinneren führt zu einer Drucksteigerung,, wodurch die Bruchränder auseinandergedrängt werden undbreit klaffen. Erst im Spätstadium, d. h. um das 20 .-25. Lebensjahr herum,treten nennenswerte Funktionsstörungen in Form von Anfällen epileptischerArt auf, die dann meist den Anlaß tür eine ärztliche Behandlung


darstellen. Unter der Annahme einer solchen wachsenden Schädelfrakturim vorliegenden Falle, dürfte es als sehr wahrscheinlich zu betrachtensein, daß3 die im Spätstadium der Verletzung sich einstellenden Anfälleepileptischer Art die mögliche Ursache für die Ausführung der Trepanationgewesen sind. Es darf dann weiterhin vermutet werden, daß3nach derersten gut überstandenen Trepanation erneut Anfälle auftraten, denen manmit einer zweiten Trepanation zu begegnen versuchte. Als sicher darfgelten, da(3 der zweite, ebenso wenn nicht noch gefahrvollere operativeEingriff nicht ohne zwingenden Grund erfolgte. Denkbar wäre natürlichauch, dan die Frontaltrepanation am hinteren Ende zu eitern begann,während sie vorn vernarbte (der sichere Heilungsbefund im Stirnbeinbereischließt einen osteomyelitischen Prozeß an anderer Stelle der Trepanakeineswegs aus), wodurch sich eine weitere Operationdringend erforderlich machte, um den Gefahrenherd zu beseitigen. Unverständbleibt dann jedoch, weshalb wiederum ein so grobes Kalottenstückentfernt wurde.Erneute Untersuchungen am Objekt haben gegen die hier vorgetrageneund zunächst für sehr wahrscheinlich gehaltene Hypothese jedoch größereBedenken geltend werden lassen, die uns veranlagten, ihr nunmehr nureine sehr geringe Wahrscheinlichkeit einzuräumen (ULLRICH! MANN1963). Die Schädelasymmetrie könnte bei dem schlechten Erhaltungsder rechten Seite auch zwanglos als postmortale Veränderungzu erklären sein, und im Bereich des Unterrandes und hinterenSeitenrandes des Defektes zeichnen sich bei Betrachtung im Auflichtmikroskopauf der Außenseite Strukturen ab, die sehr gut durch verwitterungsbedingAbsplitterung von Knochensubstanz entstanden sein könnten.Einige Besonderheiten der parietotemporalen Kalottenöffnung (z. B. dünnereKnochenwandung; zugespitzt- scharfer, leicht klaffender Oberrand)bleiben von diesen Einschränkungen jedoch unberührt und scheinen -nach Meinung des Verfassers - doch für eine intravitale Entstehungdieses Defektes zu sprechen. Vielleicht werden wir nach der im Hinblickauf die Motivfrage durchzuführenden Inspektion aller erreichbaren mitteldeutsTrepanationen auch in dieser Frage etwas klarer sehen.Die an dem Walternienburger Männerschädel von Nordhausen in zweioperativen Eingriffen mit Erfolg vorgenommene Trepanation darf als eine,wenn nicht d i e chirurgische Meisterleistung des neolithischen Menschenbezeichnet werden. Es scheint nicht zufällig zu sein, daß sie nicht imklassischen Trepanationsiand Frankreich, sondern gerade in jenem Gebietgefunden wurde, in dem zu damaliger Zeit die höchsten Heilungs


Solga i(tass 90 erzielt worden sind. Wir dürfen vermuten, M6während des Neolithikums in unserem Raum sm eine hochqualifizierteTrepanationsschule" herausgebildet hatte, der angesichts der vorgelegtenTrepanation große chirurgische und auch gute anatomische Kenntnissezugeschrieben werden können. Das Erstaunlichste ist jedoch, Ms die Trepanationvon Nordhausen, die offenbar aus medizinischer Indikation herausvorgenommen wurde, mit der Absicht zu heilen (therapeutische Handlung),mit zu den ältesten mitteldeutschen Trepanationen gehört, wennnicht sogar die älteste dieses Gebietes darstellt, die prähistorische Trepanationskundeverfügthier also über noch keine "traditionsreiche praktische Erfahrung"dürfte.Unter dem Nordhäuser Material befinden sich ebenfalls noch zwei inhohem Mace trepanationsverdächtige Schädel. Am Abwitterungsbruchranddes Stirnbeins von Nr. 25 und 35 ist jeweils eine halbelliptische bzw.halbovale Öffnung bzw. Einsparung mit einem äußeren Durchmesser von80-40 mm vorhanden, die einer Trepanationsöffnung recht nahe kommt.Der Verdacht wird durch eine gewisse Abschrägungsfläche um die Öffnungherum noch bekräftigt. Zum anderen könnte es sich bei dem gegenüberdem umliegenden Knochengewebe stärker verwitterten Randbezirkwie am linken Trepanationsrand des Kraniums Nr.30 sehr wahrscheinlichebenfalls um einen osteologischen Prozel3 handeln. Eine endgültigeEntscheidung darüber, Sier Trepanationen vorliegen, läst sies jedochnicht fällen.Trepanationen aus dem Kollektivgrab von Niederbösa sind nur von derschnurkeramischen Nachbestattung Nr. westlichen Ende der südlichenLängswand bekannt. Obwohl das Skelett bei unseren bisherigenBetrachtungen unberücksichtigt blieb, scheint eine Beschreibung und Diskussionder Trepanation im Zusammenhang mit dem Nordhäuser Fundin diesem Rahmen gerechtfertigt. Leider sind nicht nur die meistenSkeletteile, sondern auch grobe Abschnitte des Schädels verlorengegangen,, was um so bedauerlicher ist, als sich darunter auch die untere(orbitale und glabellare) Begrenzung der Trepanationsöffnung befindet.An dem erhaltenen Schädelstück erkennen wir eine wohl etwas oberhalbdes linken Stirnbeinhöckers beginnende und sich dann schräg überdie obere Frontalhälfte (Oberstirn) bis etwa zum Schnittpunkt der Kranznahtmit der rechten Schläfenlinie in gleichmäßigem Bogen erstreckendeSchnittfläche (Sehnenlänge 95 mm), die nach einer kurzen, engen Rundung(nur einige Millimeter ins rechte Parietale hineingreifend) mit nahezugeradem Verlauf in Richtung auf den rechten Processus zygomaticus nach


vorn abbiegt. Das während der Ausgrabung angefertigte Lagefoto desrechtsseitigen Hockerskeletts zeigt deutlich, daß die Trepanationsöffnunglinks bis an den Überaugenbogen herabreichte. Da für die untere rechtsfrontalBegrenzung ähnliche Verhältnisse anzunehmen sind (dafür sprichtauch die Richtung der Schnittfläche in diesem Bereich), dürfen wir vermuten,derda(3 der Vorderrand der Trepanationsöffnung unmittelbar oberhalbder beiden Überaugenbögen und des Glabellarbereichs, d. h. entlangGlabellarundSupraorbitalrinne verlief. Ob dabei auch die Stirnhöhleneröffnet worden sind, entzieht sich unserer Kenntnis. Die Größedes Defektes läßt sich zahlenmäßig nicht mehr festlegen (größte erhalteneBreite an den vorderen Bruchstellen innen 81 mm, außen 94 mm), dochsind nicht nur fast die gesamte rechte UnterundOberstirn, sondernauch der größte Teil der linken Stirnbeinhälfte entfernt worden. Außerder Größe ist vor allem die Lokalisation dieser Öffnung äußerst ungewöhdenn es sind nur sehr selten operative Eingriffe im Bereichder Unterstirn vorgenommen worden.Form, Verlauf und Randstruktur der großen bogenförmigen Schnittflächeweisen sehr grobe Ähnlichkeiten mit dem hinteren rechtsparietalenTrepanationsrand des Nordhäuser Schädels auf. Ebenso wie bei diesemist der Knochen im Bereich der Tabula externa und Diploe etwa senkrechtzur Oberfläche durchtrennt worden und die Tabula interna als einallerdings nur schmaler, aber nach dem Lumen ebenfalls zugespitzterKnochensaum stehengeblieben. Der Außenrand ist größtenteils scharf,zuweilen aber auch leicht verrundet. Die senkrechte Schnittfläche ist zwarstellenweise geglättet, zeigt aber auf ihrem gesamten Verlauf eine offeneDiploezellstruktur. Osteoplastische Reaktionen sind an diesem und auchdem übrigen Randstück der Trepanationsöffnung also nicht nachweisbar.Die Technik der Schädeleröffnung scheint nach der Randstruktur zu urteilendie gleiche wie bei unserem Nordhäuser Schädel gewesen zu sein,nur dürfte im vorliegenden Fall die Knochenrinne eine wesentlich geringereBreite gehabt haben. Das vorsichtige Vorgehen bei der Abtrennungdes groben Stirnbeinbezirkes (davon zeugt in erster Linie der vonder Tabula interna gebildete und fast überall vorhandene Knochensaum)spricht für eine intravitale Durchführung der Trepanation. Dieser zu Lebzeitendes Individuums vorgenommene operative Eingriff ist allerdingsnicht oder nur ganz kurze Zeit überlebt worden.Hinweise auf das Trepanationsmotiv sind an den vorliegenden Schädelrestennicht erkennbar, wohl aber verdienen einige recht eigenartige undmarkante Veränderungen am linken Unterkieferast besonders hervor-


gmoden zu werden. Es temi der gesamte Processus articularis, und dieBruchstelle ist von einer kompakten Corticalisschicht (Neubildung) überzogen.Dieser Befund deutet auf eine ausgeheilte Fraktur im Bereich desGelenkkopfansatzes hin, doch sind am Zahnbogen der linken Kieferhälfte(Sie rechte ist leider ebenfalls verlorengegangen) keinerlei Anzeicheneines im Zusammenhang mit einer solchen Fraktur zu erwartendenKreuzbisses zu beobachten. Weitere, aber offenbar nicht mit der zu vermutendenGelenkkopffraktur in Verbindung zu bringende Veränderungenbestehen in einer sehr starken Reduktion der hinteren Asthälfte, für diebis jetzt noch keine Erklärung gefunden werden konnte22. Das auf derInnenfläche des Astes normalerweise in der mitte zwischen Vorder-undundHinterrand gelegene Foramen mandibulare befindet sich an unseremFundstück direkt am hinteren Rand. Auch der Processus muscularis unddie Asthöhe weisen eine geringe Reduktion auf, wie überhaupt der gesamteAst im Vergleich zu dem kräftigen, muskelmarkenreichen Corpusüberaus grazil erscheint. Eine Reduktion (Atrophie) des Unterkieferastesgreift im allgemeinen jedoch am Vorderrand gleichermaßen wie amHinterrand an.VerletzungenUnsere Aufmerksamkeit soll in erster Linie auf die im rechten Humerusdes männlich-adulten Individuums Nr.51 von Niederbösa eingeheilteFeuersteinpfeilspitze gelenkt werden (s. auch s. 118 e.). Sie ist auf derVorderseite des proximalen Endes im Bereich des Collum anatomicum(links unterhalb des Tuberculum minus, unmittelbar unter dem Caputrand)) tief in den Humerus eingedrungen. Um die Pfeilspitze herum isteine grö6ere Öffnung von unregelmässig länglich-elliptischer bis schwachovoider Form (Länge an der Oberfläche mm, größte Breite 9 mm) vorhanden,die sich nach dem Knocheninneren zu sichtbar verengt. Währendim Bereich der beiden Lateralkanten der Pfeilspitze die Knochensubstanzbis an diese herantritt, bleibt über deren Ventral-undunck linken Dorsalflächeein augen etwa 1 5-2 mm und über ihrer rechten Dorsalflächesogar bis zu 4 mm breiter Zwischenraum ausgespart. Die äußeren Ränderder Öffnung sind mehr oder minder stark verrundet und glatt dis runzeligvernarbt, stellenweise auch mit ganz kleinen Osteophyten besetzt. Der22) Herrn ProfessorDr. Nasteff, KieferchirurgischeKlinik, und Herrn Dr. R. Zuhrt,Poliklinik für konservierende Stomatologieder Charite Berlin, bin ich für die Begutachtungder Unterkieferveränderungendankbar.


um die Öffnung anschließende Knochenbezirk last keine auffallendenBesonderheiten erkennen.Die Innenwände der bis zu 81 mm tiefen Öffnung sind überall gutvernarbt, freie Spongiosa ist an keiner Stelle mehr nachweisbar. ImGegensatz zu der stars korrodierten Oberfläche des Schaftes und auchdes Caput sind die Außenrander und die Auskleidung der Öffnung sehrgut erhalten und zeigen keine Verwitterungserscheinungen (die im gesamteBereich der Wundöffnung neugebildete Corticalis-Schicht besitzteine größere Festigkeit als die normale Kompakta). Im Röntgenfoto wirdan einigen Stellen (über der linken oberen Pfeilspitzenkante und im Bereichdes oberen und seitlichen Randes des Knochenhohlraumes) ein etwa05 mm breiter, dunkler, verwaschen granulierter, nahezu strukturloserHeilungs-Vernarbungsstreifen recht deutlich sichtbar, der sich scharf vonder helleren, feinmaschigen Struktur des übrigen Knochengewebes abhebt.Nach den ermittelten Befunden hat somit eine vollständige Ausheilungder Verletzung stattgefunden. Veränderungen, die auf einen ossären Prözeß(Ostitis, Periostitis, Osteomyelitis) hindeuten könnten, sind im gesamteWundbereich nicht vorhanden23. Der Heilungsprozeß verlief demnachglatt und ohne Komplikationen und dürfte in seinem zeitlichen Ablaufetwa dem einer normalen Knochenfraktur entsprochen haben, d. h.von der Verletzung bis zur vollständigen Ausheilung (Neubildung derCorticalis-Schicht) wird man eine Zeit von 3-4 Wochen vermuten können.nach der Verletzung ein entzündlicher Prozeß im Bereich der darübergelegenen Weichteile eintrat, kann nicht mehr festgestellt werden.Als sicher darf aber gelten, daß eine solche Entzündung, wenn sie überhauptstattgefunden hat, nicht bis zum Periost und zur Kompakta desKnochens vorgedrungen ist,Unter der Annahme, daß die Flugrichtung des Pfeiles dem Normalfalleiner weiten Flachbahn entsprach und die Pfeilspitze in sehr flachemWinkel von oben auf den Knochen auftraf, läßt sich mit einiger Wahrscheinlauch die Bewegungslage des Armes zur Zeit der Verletzungermitteln. Diese ergibt sich aus der Einstellung der im Humerus eingekeiltPfeilspitze in die zu erwartende Flugbahn. Der Oberarm warmäßig nach vorn angehoben und nur leicht vom Körper abgespreizt, dieHand in Supinationsstellung (d. h. die flache Hand nach oben gedreht)und der Unterarm offenbar mäßig angewinkelt. Nur bei einer solchen23) Herrn ProfessorDr. Kettler und Oberarzt Dr. Werner (PathologischesInstitutder Charite Berlin) sowie Herrn Dr. Neute (ChirurgischeKlinik der Charite) bin ichfür die Begutachtungdes Objektszu Dank verbunden.


Bewegungslage des Armes konnte die Pfeilspitze (sie trat nicht genausenkrecht von vorn, sondern etwas nach vorn links abweichend auf denKörper) in der vorliegenden Form in das proximale Humerusende eindringen. .Ob es sich dabei um eine kriegerische Verletzung gehandelt hat,läßt sich nicht mehr entscheiden, ist aber wahrscheinlich.Eingeheilte Feuersteinspitzen in urgeschichtlichen Menschenknochensind relativ selten. WILKE (1936) erwähnt nur eine Tibia aus einemDolmen von Font-Rial, Dept. Aveyon, mit einer von Knochenwucherungenumgebenen Flintpfeilspitze sowie solche in Wirbeln von Gisement, Dept.Riege, aus der Grotte des Castellet unweit ärles und der Grotte desCroizard, Dept. Marne, und in dem frühbronzezeitlichen Schädel vonEllrich bei Tschierschneck unweit von Camburg (eingeteilte Flintstückchenin der Nähe des rechten Parietalhöckers). In einem menschlichen Wirbelaus einer Kaverne der Lozere steckt eine von links her eingedrungeneneolithische Pfeilspitze VALLO 1954).Ein linkes Bruchstück des 1. Kreuzbeinsegments von Skelett Nr.40 ausNordhausen zeigt auf der Innenseite (Facies pelvina) eine schräg vonaußen nach innen zum Unterrand des l. Foramens ziehende mm lange,schmale Kerbe (Schnittmarke), die nach den glatt vernarbten Innenwändenzu urteilen intravital entstanden sein muß. Möglicherweise umeine Pfeilspitzenverletzung handelt es sich bei dem an der linken Seitenflächedes Wirbelkörpers Nr.29 von Niederbösa am Oberrand beginnendenund von hinten nach vorn schräg verlaufenden, etwa 14 mm langen,nach innen zugespitzen Einschnitt, der keinerlei Heilungsspuren aufweist.(Eine Beschädigung bei der Ausgrabung ist auszuschließen, da sich in derKerbe deutliche Kalksinterspuren befinden). Offenbar auf postmortaleManipulationen zurückzuführen sind an einem proximalen Humerusendeaus Qu. 8 von Nordhausen ein zwischen Tuberculum majus und minusangebrachter tiefer, runder Einstichkanal( s mm Durchmesser, 13-16tief) mit allseits freier Diploezellstruktur und die etwa cm unterhalbdieses Kanals vorhandenen beiden parallelen, dicht nebeneinanderliegenden,etwa mm langen Schnittmarken (eine weitere scheint schräg vomEinstichloch aus abwärts zu ziehen). Deutlich Schnittflächen und Schnittmarkenglaubt man weiterhin an dem in zahlreichen Bruchstücken vorliegendenmännlich-maturen Schädel Nr.22 von Nordhausen wahrzunehmen.An dem ebenfalls männlichen Schädel Nordhausen Nr. 16 sindgrößere schwarze Brandstellen zu beobachten, und an den Schädeln Nr. 1.32 und 47 von Niederbösa konnten Eindellungen festgestellt werden, dievermutlich als Hiebmarken zu identifizieren sind.


Im Anschlug an diese Feststellungen liegt natürlich der Gedanke anabsichtliche oder rituelle Tötung (wie sie für die Frau aus der angeblichenDoppelbestattung von Nordhausen nach FISCHER [1956) möglich zu seinscheint), Kannibalismus, Leichenzerstückelung usw. nahe, doch vermögenwir zunächst nur die Befunde zu registrieren, aber noch keine Vermutungenanzustellen und Schlußfolgerungen zu ziehen.24(<strong>Ullrich</strong>)LiteraturA n d a, T. (1951): Recherches archéologiques sur la pratique médicale desHongrois a l'époque de la conquete du pays (Acta Archaeol. Acad. Sci.Hung. 1), Budapest.A c s a d j, G./J. Nemeskéri (1957): Paläodemographische Probleme amBeispiel des frühmittelalterlichen Gräberfeldes von Halimba-Cseres Korn.Veszprém/Ungarn (Homo 8).Behm-Blanke, G. (1955): Die schnurkeramische Totenhütte Thüringens,ihre Beziehungen zum Grabbau verwandter Kulturen und zum neolithischenWohnbau (Alt- Thüringen 1), Weimar.B e h r e n s, H. (1962): C 14 - Daten für das mitteldeutsche Neolithikum(JS 46), Halle.B e r s u, G. (1927): Funde der Michelsberger Kultur von der Altenburg beiNiedenstein (Germania XI), Bamberg.Bremer, W. (1922): Ein Haus und Grab der jüngeren Steinzeit bei Haldorf,Kr. Melsungen, Reg. Bez. Cassel (Germania VI),Bamberg.B o u 1 e, M./H. V a 11 oi s (1954): Fossile Menschen. Baden-Baden.B u t t 1e r, W. (1938): Der donaulandische und der westische Kulturkreis derjüngeren Steinzeit. Berlin/Leipzig.C a e m m e r e r, E. (1940): Überblick über die VorundFrühgeschichte desSondershäuser Gebietes, besonders auf Grund der Funde im städtischenMuseum(Mitt. d. Ver. f. dt. Geschichtsu.Altertumsk. in Sondershausen10),Sondershausen.Coblenz, W. (1952): Schnurkeramische Gräber auf dem Schafberg Niederkainabei Bautzen (Arbeitsu.Forschungsber.z. sächs. Bodendenkmalpflege 2),Dresden.24) Für die freundliche Überlassungdes Skelettmaterialsaus den Kollektivgrabernvon Nordhausenund Niederbösazur anthropologischenBearbeitung,die hilfsbereiteUnterstützung und die liebenswürdige Gastfreundschaftim Museum für UrundFrühgeschichteThüringensin Weimar ist der Verfasserdem Institutsleiter, Herrn ProfessorDr. G. Behm-Blancke, und dem Ausgräber,Herrn Dr. R. <strong>Feustel</strong>, zu großemDank verbunden. Gleichzeitiggilt der Dank Herrn ChefarztDr. F. Weickmann,StädtischesKlinikum Berlin-Buch (NeurochirurgischeKlinik), der an der Bearbeitungdestrepanierten Schädelsvon Nordhausensehr mafgeblich mit beteiligt gewesenist.


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