Ludwig Stecher, Zukunftsperspektiven von Kindern ... - Lahn-Dill-Kreis
Ludwig Stecher, Zukunftsperspektiven von Kindern ... - Lahn-Dill-Kreis
Ludwig Stecher, Zukunftsperspektiven von Kindern ... - Lahn-Dill-Kreis
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<strong>Ludwig</strong> <strong>Stecher</strong>,<br />
Deutsches Institut für<br />
Internationale<br />
Pädagogische<br />
Forschung, Frankfurt<br />
<strong>Zukunftsperspektiven</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Kindern</strong><br />
und Jugendlichen,<br />
oder:<br />
<strong>von</strong> der Suche nach verlässlicher Ordnung in<br />
einer unsicheren Zeit
Die Studie (Steckbrief):<br />
• 6.392 Kinder und Jugendliche wurden befragt<br />
• Repräsentativ für alle 10- bis 18-Jährigen des<br />
Bundeslandes NRW (1,8 Millionen Kinder und<br />
Jugendliche)<br />
• Daten: standardisierte Fragebögen, Aufsätze,<br />
offene Fragen<br />
• 161 Schulen (allgemein bildende und berufliche<br />
Schulen)<br />
• 350 Schulklassen (4. bis 12. Jahrgangsstufe)
Null zoff & voll busy …<br />
Die Perspektive der Kinder<br />
und Jugendlichen …
…mit<br />
Hilfe der<br />
Kinder<br />
und<br />
Jugendlichen
Auf der Suche nach<br />
verlässlicher Ordnung …<br />
Lebensentwürfe
Stolz auf künftige Lebensleistungen<br />
Wir stellten folgende Frage:<br />
„Schreib mal zwei Dinge auf, auf die<br />
Du stolz bist, wenn du sie in deinem Leben<br />
Erreichst. Denke bitte dabei an die Zeit,<br />
In der du schon erwachsen bist.“
Stolz auf künftige Lebensleistungen<br />
Prozent<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Beruf Familie Materielles Bildung<br />
Mädchen<br />
Jungen
Stolz auf künftige Lebensleistungen<br />
Prozent<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Haus Persönlichkeit Sport<br />
Mädchen<br />
Jungen
Einen Teil der Kinder und Jugendlichen baten<br />
wir, einen Aufsatz zum Thema „So stelle ich<br />
mir meine Zukunft vor – Hoffnungen, Ängste,<br />
Wünsche“ zu schreiben.
Zitat aus einem Aufsatz<br />
• Wenn ich groß bin, möchte ich ein riesiges Haus<br />
haben und zwei gesunde Kinder. Dann noch ein<br />
Auto. Und mein größter Wunsch ist, dass meine<br />
ganze Familie gesund bleibt […] Ich habe Angst,<br />
wenn meine Mutter oder mein Vater krank wird<br />
und wenn mein Opa stirbt. Ich will so was gar<br />
nicht denken! Sonst bin ich glücklich aber noch<br />
glücklicher wäre ich, wenn ich ins Gymnasium<br />
gehen würde dann kann ich die Wünsche <strong>von</strong><br />
mir erfüllen! Ich würde gerne noch die ganze<br />
Welt erforschen! (Mädchen, 11 Jahre,<br />
Grundschule)
Weitere Befunde aus den Aufsätzen<br />
(Die folgenden Befunde beziehen sich auf die<br />
Aufsätze – allerdings nur auf Jugendliche, die die<br />
Berufsschule besuchen.)
Wünsche und Hoffnungen an die Zukunft<br />
Prozent<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Partnerschaft Kinder/<br />
Familie<br />
haben<br />
Beruf/ (genug) Geld<br />
Ausbildungsabschluss<br />
verdienen<br />
Mädchen<br />
Jungen
Beruf, Ausbildung, Partnerschaft und Familie<br />
bilden einen zentralen Orientierungs- und<br />
Ordnungsrahmen für die Zukunftsplanung<br />
heutiger Kinder und Jugendlicher. Mit<br />
Abstufungen gilt dies für Mädchen/junge<br />
Frauen ebenso wie für Jungen/junge<br />
Männer.
Berufswünsche<br />
Arzt/Ärztin<br />
Künstler/-in (z.B. Schauspieler/-in,<br />
Musiker/-in, Sänger/-in)<br />
Berufe bei Polizei, Feuerwehr<br />
Sportler/-in<br />
Gesundheitsberufe (Krankenpfleger/schwester,<br />
Arzthelfer/-in u. a.)<br />
Ingenieur/-in<br />
Sozialpflegerische Berufe (Erzieher/in,<br />
Sozialarbeiter/-in u. a.)<br />
Lehrer/-in<br />
Berufe des Wasser- und Luftverkehrs<br />
(Pilot)<br />
Habe keinen/ weiß noch nicht/ keine<br />
Angabe<br />
Mädchen/<br />
junge Frauen<br />
15%<br />
15%<br />
4%<br />
2%<br />
10%<br />
3%<br />
7%<br />
6%<br />
1%<br />
17%<br />
Jungen/<br />
junge Männer<br />
3%<br />
4%<br />
9%<br />
12%<br />
1%<br />
7%<br />
0%<br />
2%<br />
4%<br />
20%<br />
Gesamt<br />
9%<br />
9%<br />
7%<br />
7%<br />
5%<br />
5%<br />
4%<br />
4%<br />
3%<br />
19%
%<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Gewünschte Schulabschlüsse<br />
1991 1996 2001<br />
Hauptschulabschluss Hochschulreife
Wofür setzt Du Dich ein? - Kinder<br />
(Die 6 häufigsten Nennungen)<br />
für den Schutz <strong>von</strong> Tieren<br />
für meine Familie<br />
für den Schutz der Umwelt (Wald, Natur, Wasser)<br />
für Kinder, die <strong>von</strong> anderen <strong>Kindern</strong> geärgert werden<br />
für die Rechte <strong>von</strong> anderen Menschen<br />
für Gleichberechtigung (Mädchen, Jungen)<br />
Kinder<br />
(10 – 12 Jahre)<br />
60%<br />
52%<br />
50%<br />
47%<br />
33%<br />
27%
Wofür setzt Du Dich ein? – Jugendliche<br />
(Die 6 häufigsten Nennungen)<br />
für meine eigene Familie<br />
gegen Drogen<br />
für den Tierschutz<br />
für Menschenrechte<br />
für den Sport<br />
für Rechte der Kinder/ Jugend<br />
Jugendliche<br />
(13 – 18 Jahre)<br />
59%<br />
39%<br />
36%<br />
34%<br />
32%<br />
30%
Zitat aus den Aufsätzen<br />
Ich sorge mich um meine Familie und meine Freunde. Ich hoffe das<br />
meine Großeltern noch lange leben, da sie schon ziemlich alt sind.<br />
Meine eine Freundin raucht zum Beispiel. Ich habe Angst, das sie<br />
vielleicht dadurch sterben kann. Das habe ich schon einmal<br />
durchmachen müssen. Das möchte ich nicht noch einmal. Mein<br />
Bruder hat auch geraucht und ist daran wahrscheinlich gestorben.<br />
Deswegen finde ich Rauchen, Drogen nehmen oder sich besaufen<br />
total bescheuert. Man schädigt doch nur seinen Körper und macht ihn<br />
dadurch krank. Ich muss nicht solche Sachen machen um mich gut<br />
zu fühlen oder mit zu den Anderen gehören. Außerdem finde ich es<br />
total schrecklich, wenn der Regenwald immer wieder abgeholzt wird.<br />
Dadurch verändert sich das Klima der erde und die Pole werden<br />
schmelzen. Die Erde würde sich dadurch total verändern. Eigentlich<br />
sollte man sich für die Natur mehr einsetzen und sie schützen.<br />
(Mädchen, 14 Jahre, Gymnasium)
Auf der Suche<br />
nach<br />
verlässlicher<br />
Ordnung …<br />
in einer<br />
unsicheren Zeit
Einschätzung der<br />
gesellschaftlichen Zukunft
Die gesellschaftliche Zukunft<br />
"Man kann ja die Zukunft, wie das Leben für<br />
uns alle weitergehen wird, eher düster<br />
oder eher zuversichtlich sehen. Wie ist das<br />
bei Dir?"<br />
72%<br />
28%<br />
eher düster<br />
eher<br />
zuversichtlich
Die gesellschaftliche Zukunft – im Zeitvergleich<br />
Anteil der (16bis18jährigen)<br />
Jugendlichen,<br />
die die<br />
gesellschaftliche<br />
Zukunft<br />
optimistisch<br />
sehen<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
46%<br />
54%<br />
71%<br />
46%<br />
61%<br />
1981 1984 1991 1996 2001
Eine optimistische Generation …
… das wird (wahrscheinlich) eintreten<br />
Gewalttätige Konflikte werden das Leben<br />
zunehmend verunsichern<br />
Es wird immer weniger Arbeitsplätze geben<br />
Technik und Chemie werden die Umwelt<br />
zerstören<br />
Die wirtschaftlichen Krisen werden sich<br />
verschärfen<br />
Das tritt ‚bestimmt‘/<br />
‚wahrscheinlich‘ ein<br />
76%<br />
71%<br />
64%<br />
63%
Eine optimistische Generation …<br />
… sieht schwarz ...
Nicht nur ein Datum: der 11. September 2001
10- bis 18-<br />
Jährige<br />
Angst vor schlechten Nachrichten<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
46%<br />
vor dem 11.<br />
September 2001<br />
72%<br />
nach dem 11.<br />
September 2001
Reaktionen<br />
• Ich hab gedacht, ich wäre im falschen<br />
Film, doch dann begriff ich, was<br />
geschehen war. Ich zitterte am ganzen<br />
Körper als ich Nachrichten schaute. Mir<br />
war kalt und ich habe mich ganz leer und<br />
klein gefühlt. (Mädchen, 11 Jahre,<br />
Gymnasium)
Reaktionen<br />
• [Heute] habe ich immer noch Angst. Ich<br />
habe Angst, dass wenn niemand mehr so<br />
richtig dran denkt, dass sie uns dann<br />
angreifen. Ich bin doch noch viel zu jung.<br />
Ich möchte nicht das durchmachen, was<br />
meine Oma schon durchmachen musste.<br />
(Mädchen, 17 Jahre, Berufskolleg)
Reaktionen<br />
• 51% der Kinder und Jugendlichen<br />
erwarteten einen Krieg als Reaktion auf<br />
die Anschläge.<br />
• 33% rechneten mit weiteren<br />
Terroranschlägen.
… das wird (wahrscheinlich) eintreten<br />
Gewalttätige Konflikte werden das<br />
Leben zunehmend verunsichern<br />
Die Menschen werden friedlicher<br />
und gewaltfreier zusammenleben<br />
Das tritt ‚bestimmt‘/<br />
‚wahrscheinlich‘ ein<br />
Vor dem<br />
11. Sept.<br />
68%<br />
Das tritt ‚bestimmt nicht‘/<br />
‚wahrscheinlich nicht‘ ein<br />
Vor dem<br />
11. Sept.<br />
75%<br />
Nach dem 11.<br />
Sept.<br />
82%<br />
Nach dem 11.<br />
Sept.<br />
83%
Der 11. September hat tiefe Spuren der<br />
Unsicherheit und der Angst bei den <strong>Kindern</strong><br />
und Jugendlichen hinterlassen.
Eine optimistische Generation …<br />
… sieht schwarz ...<br />
… in einer unsicheren Zeit.
Nichts ist sicher …<br />
Da meine Eltern sich letzten<br />
Sommer getrennt haben, lebe<br />
ich jetzt mit meiner Mutter und<br />
meiner Schwester allein. Ich wünsche mir <strong>von</strong> ganzem<br />
Herzen, dass meine Eltern sich wieder versöhnen. Jedes<br />
zweite Wochenende müssen wir zu meinem Papa.<br />
Wenn Mama und Papa telefonieren hören wir Mama<br />
immer durchs ganze Haus schreien. (Mädchen, 11<br />
Jahre, Gymnasium)<br />
Trennung der<br />
Eltern
Nichts ist sicher …<br />
• Schule: Als erstes möchte ich<br />
die Qualifikation zum Abi schaffen<br />
mit einem Notendurchschnitt <strong>von</strong><br />
mindestens 2. Dann wird das Abi in Angriff genommen.<br />
… Ich hoffe, dass ich das Abi schaffe und dann auf der<br />
Uni in Dortmund Info Studieren kann. Meine größte<br />
Sorge ist, dass ich das alles nicht schaffe, dass ich eine<br />
zu hohe Leistung bringen muss, und unter diesem<br />
Leistungsdruck zerbreche. (Junge, 16 Jahre,<br />
Realschule)<br />
Leistungs-<br />
druck
Nichts ist sicher …<br />
Tod<br />
Namenlos - Im Moment weiß ich<br />
überhaupt nicht, wie es weitergehen soll. Vor einigen Tagen ist mein<br />
Vater verstorben und es reißt einem die Beine unter dem Körper<br />
weg. Meine Mutter und ich sind nun allein ... Alles wird anders.<br />
Nichts ist wie vorher. ... Die Zukunft ..., das ist Dienstag. Der Tag<br />
der Beisetzung. Und vielleicht hört dann die Leere auf und der<br />
Schmerz fängt an. Ich weiß nicht, wie ich es schaffen werde. Gleich<br />
werde ich meinen Vater in der Trauerhalle besuchen gehen ... Und<br />
anschließend muss ich zur Arbeit gehen. Bis jetzt noch undenkbar.<br />
Aber es muss gehen irgendwie. Für mich hat die Zukunft noch<br />
keinen Namen.“ (Mädchen, 18 Jahre, Berufskolleg)
Kinder möchte ich<br />
auch haben … ein<br />
guter Vater sein.
Lernen ist wichtig<br />
… ich habe mir viel<br />
für mein Leben<br />
vorgenommen.
Die Zukunft macht<br />
mir Angst – keine<br />
Arbeit, Terror …
Mein Wunsch: Dass<br />
Gott immer mein<br />
Freund bleibt.
Ich will Boxer<br />
werden … für<br />
meine Familie tu ich<br />
alles.
Wenn ich groß bin<br />
werde ich Sängerin.<br />
Das ist mein<br />
Traum.
Anstelle eines Schlusswortes<br />
• Als größten Zukunftswunsch habe ich mir<br />
eigentlich nur einen Ausbildungsplatz, einen<br />
festen Arbeitsplatz und eine kleine Familie<br />
vorgestellt. Angst habe ich eigentlich nur davor,<br />
im späteren Leben allein zu sein, keine Arbeit zu<br />
haben und auf Stütze leben zu müssen. Sorgen<br />
mache ich mir um meine Kinder (wenn ich denn<br />
mal welche haben sollte) und was aus ihnen<br />
wird. Worauf ich hoffe, auf eine bessere,<br />
friedlichere Welt und Zukunft. (Junge 18 Jahre,<br />
Berufskolleg)
Herzlichen Dank<br />
Für Ihre<br />
Aufmerksamkeit