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Zahlenland?

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Gerhard Friedrich/Horst Munz<br />

29.07.2004<br />

Projekt- und Evaluationsbericht „Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>“<br />

Ein „ganzheitliches“ Frühförderkonzept am Beispiel elementarer Mathematik<br />

Zusammenfassung<br />

Für die Alterspanne zwischen drei und sechs Jahren bedarf es spezifischer didaktischer<br />

Konzeptionen. Anhand eines speziell für diese Altersgruppe entwickelten Konzeptes zur<br />

Vermittlung elementarer Mathematik zeigt unsere Studie, dass Vorschulkinder in weit<br />

größerem Umfang, als bisher erwartet wurde, in der Lage sind, sich ein fundiertes<br />

Grundverständnis des Zahlenraums von 1 bis 10 und darüber hinaus anzueignen.<br />

Der Aufbau mathematischer Handlungskompetenzen wird dabei von einem Prozess<br />

wachsender Sprachkompetenz begleitet. Von besonderer Bedeutung erscheint dabei der<br />

geringe zeitliche Rahmen, innerhalb dessen die Ergebnisse erzielt wurden. Besondere<br />

Beachtung verdient außerdem das gut durchdachte Untersuchungsdesign.<br />

Schlüsselbegriffe: Frühförderung, Elementarpädagogik, „ganzheitliches“ Lernen,<br />

Mathematikdidaktik, frühe Kindheit und Lernen, Handlungsorientierung, Experimental-<br />

Kontrollgruppen-Design<br />

Summary<br />

Children from age three to six need specific teaching methods. Research on a concept<br />

specifically designed to teach this age-group basic mathematics proves that preschoolers are,<br />

much more than it had been expected so far, able to acquire a profound understanding of the<br />

numbers from 1 to 10 and beyond.<br />

Parallel to the increase of the mathematical capabilities, language abilities increased, too. It is<br />

particularly interesting in what very short period of time the results had been achieved.<br />

Furthermore the thorough and well thought through research design is worth mentioning.<br />

Keywords: Early fostering, elementary education, “integrated” learning, didactics of<br />

mathematics, early childhood and learning, action orientation, test-control-group-design


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Rahmenbedingungen S. 3<br />

2. Das <strong>Zahlenland</strong>konzept: Eine „ganzheitliche“ Frühförderintention S. 4<br />

3. Die didaktische Grundidee S. 5<br />

4. Theoriehintergründe S. 5<br />

5. Akzeptanz bei Erzieherinnen, Erziehern und Eltern S. 7<br />

5.1 Die Antworten der Erziehrinnen und Erzieher S. 8<br />

5.2 Die Antworten der Eltern S. 8<br />

6. Das Untersuchungsdesign S. 9<br />

7. Ergebnisse der ersten Phase S. 11<br />

8. Ergebnisse der zweiten Phase S. 14<br />

9. Diskussion S. 24<br />

10. Effektivität S. 24<br />

11. Ausblick S. 25<br />

Veröffentlichungen S. 26<br />

Presseberichte S. 26<br />

Kontakt S. 26<br />

Anhang<br />

2


1. Rahmenbedingungen<br />

Die Durchführung des Projektes „Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>“ – es wird vom Ministerium<br />

für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg sowie von der Robert-Bosch-Stiftung<br />

gefördert – läuft seit Februar 2003.<br />

Vorrangiges Ziel des Projektes ist es, ein didaktisches Konzept zu entwickeln und zu<br />

evaluieren, welches zum Inhalt hat, den Zahlenraum von 1 bis 10 sowohl in die Lebenswelt<br />

der Kinder als auch in die pädagogische Arbeit im Kindergarten einzubinden. Dabei sollen<br />

nicht die Bildungsinhalte der ersten Klassenstufe aus dem Schulfach Mathematik in den<br />

Kindergarten vorverlegt werden, sondern es geht vielmehr darum, der kindlichen Neugierde<br />

sowie der Freude und der Ausdauer beim Lernen mit ausgewählten Inhalten zu begegnen.<br />

Die Kinder sollen mit Hilfe eines altersgemäßen Konzeptes einerseits in ihren<br />

mathematischen Kompetenzen bzw. in der Erweiterung ihres mathematischen<br />

„Handlungsspielraums“, andererseits aber auch in ihrer Sprachentwicklung gefördert<br />

werden. Für das pädagogische Fachpersonal bietet das Projekt eine Kompetenzerweiterung<br />

mit Blick auf den Bildungsauftrag der Kindergärten.<br />

Der Zeitraum Frühjahr 2003 bis Sommer 2003 gilt als erste Projektphase und der Zeitraum<br />

Sommer 2003 bis Sommer 2004 als zweite. Im Herbst 2004 soll die dritte und abschließende<br />

Phase beginnen.<br />

Für die beiden ersten Zeiträume wurden zwei Kindergärten (Projektkindergärten) zu<br />

Testzwecken ausgewählt. Die passenden Kontrollkinder wurden aus vier Kindergärten<br />

(Kontrollkindergärten) gewonnen.<br />

Das Projekt selbst wird jedoch aufgrund des großen Interesses und der positiven Resonanz<br />

zwischenzeitlich in mehr als 8 Kindergärten im Lahrer Raum angeboten. 1<br />

Erhebungen zur Akzeptanz des Projektes (bei Erzieherinnen, Erziehern und Eltern) wurden<br />

nur an solchen Kindergärten gemacht, die das Projekt mindestens einmal vollständig<br />

angeboten haben.<br />

Für die Evaluation der Lernfortschritte wurde jeweils zweimal, d. h. sowohl in<br />

Projektphase 1 als auch in Projektphase 2, mit vier festen Gruppen in den Projektkindergärten<br />

(Gruppengröße 9 bis 15 Kinder) gearbeitet. Die Gruppen trafen sich einmal in der Woche<br />

rund 50 bis 60 Minuten zu einem festen Termin, bei dem eine Zahl (gemäß unserem Konzept<br />

der „Zahl der Woche“) im Mittelpunkt stand. Insgesamt wurde also, dem Zahlenraum von 1<br />

bis 10 entsprechend, jede Gruppe nur 10 Stunden gezielt gefördert. Während der Woche<br />

wurden den Projektkindern die zur Zahl der Woche passenden Lernmaterialien in<br />

Freiarbeitsphasen zur Verfügung gestellt und die Erzieherinnen wiederholten Abzählreime,<br />

Spiele, Lieder und die Geschichten, wann immer sich ein situativer Zusammenhang ergab.<br />

Für die Durchführung der Projekthase 1 wurde ein Projektkindergarten im vorstädtischen und<br />

eher „ländlichen“ Einzugsgebiet von Lahr gewählt. Die Kinder dieses Kindergartens wechseln<br />

mit großer Wahrscheinlichkeit alle in die gleiche Grundschule, da sich diese im gleichen<br />

Gebäude befindet. 2 Die Eltern der Kinder kommen überwiegend aus sozial „behüteten“ und<br />

„sicheren“ Verhältnissen und der Anteil der Kinder von Spätaussiedlern liegt unter 15 %. Die<br />

Kontrollkinder der Projektphase 1 stammen aus zwei verschiedenen Kontrollkindergärten mit<br />

ähnlichen Beschreibungsmerkmalen.<br />

Informelle Gespräche mit den Erzieherinnen und Eltern sowie Eigenbeobachtungen ergaben<br />

in der Projektphase 1, dass über die Erkenntnisse der durchgeführten Tests hinausgehend<br />

mehrfach die Vermutung geäußert wurde, dass die Projektkinder ihre Sprachkompetenzen<br />

1<br />

2<br />

Landes- und bundesweit arbeiten bereits sehr viel mehr Kindergärten nach dem Konzept. Dies wissen wir<br />

aufgrund von Kontaktaufnahmen und Rückmeldungen.<br />

Dieses Auswahlkriterium ist im Hinblick auf die dritte Evaluationsphase von praktischem Vorteil. Hier soll<br />

es darum gehen, die Nachhaltigkeit der erzielten Ergebnisse zu untersuchen.<br />

3


verbesserten. Diese Hinweise führten dazu, dass wir die projektbedingten Veränderungen im<br />

Sprachverständnis, Sprachgedächtnis und in der Sprachproduktion in der zweiten Phase mit<br />

Hilfe eines Tests mit erfassen wollten.<br />

Zu diesem Zwecke wählten wir für die Projektphase 2 einen neuen Projektkindergarten aus,<br />

bei dem zu erwarten war, dass eine große Zahl an Kindern über schlechte und nicht<br />

altersgemäße Sprachkenntnisse verfügen. Die Motivation war hier, den erhofften Effekt<br />

deutlicher abbilden zu können. Im Projektkindergarten der zweiten Phase waren zurzeit der<br />

Datenerhebung über 85 % „Spätaussiedlerkinder“ mit zum Teil gravierenden<br />

Sprachdefiziten. Im Extremfall besaßen die Kinder keine Deutschkenntnisse (2 Kinder), da<br />

sie gerade erst nach Deutschland gekommen waren.<br />

Natürlich wählten wir auch die Kontrollkinder aus Kindergärten aus, die vergleichbare<br />

soziokulturelle Bedingungen aufwiesen.<br />

2. Das <strong>Zahlenland</strong>konzept: Eine „ganzheitliche“ Frühförderintention<br />

Was schon Heinrich Pestalozzi (1746–1827) forderte – eine gute Erziehung müsse mit „Kopf,<br />

Herz und Hand“ erfolgen –, entspricht auch unseren modernen Ansichten. Informationen, so<br />

ist zu vermuten, werden dann am besten gespeichert, wenn sie auf möglichst vielfältige Weise<br />

dargeboten und verarbeitet werden. Doch so berechtigt dieser Anspruch nach „ganzheitlichem<br />

Lernen“ ist, ist doch oft unklar, was darunter verstanden werden soll.<br />

Meist wird Ganzheitlichkeit – ganz im Sinne von Pestalozzi – auf der Subjektseite, also<br />

beim Lernenden, angesiedelt. Ganzheitliches Lernen beinhaltet dabei das möglichst vielfältige<br />

Zusammenspiel verschiedener Sinne, z. B. Augen, Tastsinn, Gehör, Gleichgewichtssinn und<br />

Bewegungssinn. Der Wahrnehmungsprozess bildet dabei ein ganzheitliches Ereignis, bei<br />

dem unterschiedliche Sinne eine Gesamtempfindung hervorbringen. Diese entsteht wiederum<br />

nicht unabhängig von Gefühlen und Persönlichkeitsmerkmalen und wird mit bisherigen im<br />

Gehirn gespeicherten Erinnerungen und Erfahrungen verbunden.<br />

Es geht aber auch darum, den ganzen Menschen mit der ganzen Sache zusammenzubringen.<br />

Bezogen auf unseren Lerngegenstand des Zahlenraums von 1 bis 10 beinhaltet ganzheitliches<br />

Lernen auf dieser Objektseite die gesamte sinnliche Erfahrung der Bedeutungsvielfalt dieser<br />

zehn Grundzahlen. Wir thematisieren deshalb den Anzahl- und Ordnungsaspekt der Zahlen<br />

ebenso, wie wir etwa Verbindungen zu geometrischen Formen, musikalischen Strukturen und<br />

– vor allem – zur konkreten Lebenswelt der Kinder einfließen lassen.<br />

Für das lernende Kind (Subjektseite) bedeutet dies, dass das „ganze Kind“ lernt, also mit allen<br />

Sinnen, mit seiner Sprache, seiner Motorik usw., und für die Didaktik (Objektseite) bedeutet<br />

dies, dass es ihr gelingen muss, den Lerngegenstand in seiner gesamten Breite in die<br />

Lebenswelt der Kinder einzubetten.<br />

Aus den bisherigen Ausführungen sollte hervorgehen, dass sich das <strong>Zahlenland</strong>konzept<br />

keineswegs auf „rein“ mathematische Inhalte beschränken kann. Solch ein Vorgehen wäre<br />

ganz gewiss auch zum Scheitern verurteilt.<br />

Neben grundlegenden Inhalten der elementaren Mathematik, wir bewegen uns überwiegend<br />

im Zahlenraum von 1 bis 10, umfasst „Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>“ eine generelle Förderung<br />

der Wahrnehmung, der Merkfähigkeit, der Motorik, des gesamten Ausdrucksvermögens<br />

und vor allen der Sprache. Gerade die Sprachentwicklung wird beim Aufbau<br />

mathematischer Kompetenzen implizit wirksam mitgefördert, da sie sich dabei allein<br />

aufgrund des Wissenszuwachses stetig ausdifferenziert. Das Konzept beinhaltet aber auch<br />

Elemente einer musikalischen Früherziehung. Die Vermittlung elementarer Mathematik mit<br />

Hilfe musikalischer bzw. gesanglicher und rhythmischer Elemente sowie mit Hilfe von<br />

„Zahlengeschichten“ fördert die Sprachentwicklung, so ist zu vermuten, nachhaltig.<br />

4


Zusammenfassend möchten wir deshalb betonen, dass es sich aus unserer Sicht beim Konzept<br />

„Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>“ um ein „ganzheitliches“ Frühförderkonzept am Beispiel<br />

elementarer mathematischer Inhalte handelt.<br />

3. Die didaktische Grundidee<br />

Das Konzept bzw. die methodische Umsetzung des „<strong>Zahlenland</strong>es“ basiert auf einer<br />

einfachen Grundidee, nämlich auf der sehr konkreten Interpretation des aus der Didaktik<br />

der Mathematik stammenden Begriffs „Zahlenraum“. Dieser Begriff verweist auf den engen<br />

Zusammenhang der Zahlen zur Geometrie. Für diesen Zahlenraum von 1 bis 10 wurde nach<br />

einer mathematischen Systematik ein Ort geschaffen, in welchem die Zahlen „zu Hause sind“:<br />

das so genannte <strong>Zahlenland</strong>. 3<br />

In diesem „<strong>Zahlenland</strong>“ erhält jede Zahl von 1 bis 10 einen festen „Wohnort“ und in Form<br />

einer Zahlenpuppe einen spezifischen Charakter bzw. eine unverwechselbare Identität. Mit<br />

Hilfe dieser Zahlenpuppen, die in ihrer Form den einzelnen Ziffern nachempfunden sind und<br />

die zugleich den Anzahlaspekt der jeweiligen Zahl repräsentieren, lassen sich vielfältige<br />

Aktionen ausführen. (Die Puppe Eins trägt eine Zipfelmütze, die Zwei eine Brille ... die Neun<br />

besitzt 5 Zähne oben und 4 unten, die Zehn hat 2 mal 5 Finger.) Man kann sie sprechen und<br />

die Zahlenlieder singen lassen oder in vielfältige Spiele und insbesondere in die<br />

Handlungsabläufe unserer Zahlengeschichten integrieren.<br />

Das <strong>Zahlenland</strong> ist dementsprechend das pädagogische Äquivalent für den wissenschaftlichen<br />

Begriff des Zahlenraums. Im <strong>Zahlenland</strong> sind die Zahlen zu Hause, sie besitzen beseelte<br />

Eigenschaften und geben in personalisierter Weise ihre mathematischen Eigenschaften kund.<br />

4. Theoriehintergründe<br />

Seine methodischen Ideen schöpft das Projekt aus verschiedenen Wissensbereichen, von<br />

denen wir die drei wichtigsten in diesem Bericht aufführen möchten.<br />

Der erste Bereich ist die „Neurodidaktik“. Wir benutzen diesen Begriff als funktionalen<br />

Hilfsbegriff, um die Zusammenhänge zwischen den neurobiologischen Bedingungen des<br />

Menschen und seiner Lernfähigkeit zu beschreiben. Das Ziel einer Neurodidaktik wäre es<br />

demnach, eine Brücke zwischen relevanten Ergebnissen aus der Hirnforschung und der<br />

Pädagogik zu bauen. Die Schlüsselidee ist dabei die, dass die Plastizität des Gehirns – also<br />

seine materielle Form- oder Veränderbarkeit – in unauflöslicher Beziehung zueinander stehen.<br />

Wir sind der Überzeugung, dass erste Bausteine für diesen Brückenbau existieren.<br />

Aus der Hirnforschung wissen wir beispielsweise, dass unser Gedächtnissystem gegenüber<br />

Ereignissen oder Episoden besonders leistungsfähig ist. Dies gilt insbesondere, wenn die<br />

Ereignisse einen Neuigkeitswert besitzen und uns bedeutsam erscheinen. Aber wir können<br />

uns nicht nur die Ereignisse gut merken, sondern auch die Orte, an denen sie stattfanden.<br />

Diesen beiden Tatsachen versuchen wir dadurch Rechnung zu tragen, indem jede Zahl einen<br />

festen Ort im Raum erhält und wir unsere Grundzahlen zu „Zahlereignissen“ werden lassen.<br />

Aus diesem Grund arbeiten wir neben vielgestaltigen Spielen vor allem mit Zahlenliedern,<br />

Zahlengeschichten oder auch Abzählreimen mit dem Ziel, die Zahlen in episodische<br />

Handlungsabläufe einzubetten.<br />

3<br />

Die dazu notwendige Raumgestaltung ist in jedem Kindergarten- oder Klassenzimmer mit verhältnismäßig<br />

einfachen Mitteln leicht durchführbar.<br />

5


Eine Geschichte über die Eins erzählt etwa von der Eins und ihrem Einhorn, dem der freche<br />

Zahlkobold Kuddelmuddel sein Horn gestohlen hat und das deshalb nun ein „Keinhorn“ ist.<br />

Die Geschichte der Zwei handelt davon, dass die Zwei sich darüber ärgert, weil die Menschen<br />

meinen, sie stottere, obwohl das gar nicht stimmt, denn alle alle Zweien Zweien reden reden<br />

so so wie wie sie sie.<br />

Es gibt eine Drei, die drei Wünsche erfüllen kann, eine kranke Vier, deren Krankheit dazu<br />

führt, das alle Viererdinge (Tischbeine, Autobereifung usw.) durcheinander geraten, oder eine<br />

Fünf, die internationalen Besuch von 5 Kindern aus den 5 Kontinenten bekommt usw.<br />

Korrespondierend zu diesen Zahlengeschichten arbeiten wir mit Zahlenliedern, die sich<br />

bezüglich des Textinhaltes an diesen Märchen orientieren, zugleich jedoch streng<br />

„mathematisch“ komponiert wurden. So singt die „Eins“ ihr Lied mit nur einem einzigen Ton<br />

im Einertakt. Die „Zwei“ entsprechend mit zwei Tönen im 2/4 Takt, die „Drei“ liebt den<br />

Walzer und kommt mit genau drei Tönen aus usw.<br />

Der zweite Bereich ist die Entwicklungspsychologie in Verbindung mit der<br />

Elementarpädagogik.<br />

Bei der Begegnung der Vorschulkinder mit der Welt der elementaren Mathematik bzw. der<br />

Zahlen arbeiten wir ganz bewusst mit so genannten Anthropomorphismen. Darunter versteht<br />

man ganz allgemein die Zuschreibung menschlicher Eigenschaften oder Verhaltensweisen auf<br />

nichtmenschliche Objekte oder auch Tiere. Seit Piaget spricht man in diesem Zusammenhang<br />

auch von Animismus. In unserem Konzept werden gezielt konstruierte Anthropomorphismen<br />

(in Form personalisierter Zahlen) als didaktische Hilfsmittel eingesetzt.<br />

Kinder der Alterstufe von 3 bis 6 Jahren betrachten die Dinge um sich herum wesentlich<br />

stärker emotional als rational und sie haben ihre eigene, altersbedingte kognitive Erlebnis-<br />

und Denkweise. Daher kommt es, dass sie Gegenständen Gefühle, Leben und Absichten<br />

unterstellen. Die Dinge der kindlichen Umwelt sind entweder brav oder böse, freundlich oder<br />

unfreundlich, sie schauen für das Kind vertrauenerweckend oder beängstigend aus.<br />

Kinder in diesem Alter sind außerdem vom magischen und finalistischen Denken geprägt.<br />

Dabei werden Vorgänge, die eine logische Ursache haben, als geheimnisvoll erlebt und so<br />

gedeutet, als könne man sie durch Zauberei, durch Magie und – vor allem – durch eigene<br />

Wünsche beeinflussen. Alles, was geschieht, hat einen bestimmten Zweck oder verfolgt eine<br />

bestimmte Absicht.<br />

Vor diesem entwicklungspsychologischen Hintergrund kann es beim Thema „Mathematik im<br />

Kindergarten“ nicht darum gehen, Inhalte des Grundschulunterrichts in typisch „fachlich<br />

orientierter“ Manier vorwegzunehmen. Uns geht es vielmehr darum, Kindern einen<br />

altersgemäßen Zugang zur Welt der Zahlen anzubieten.<br />

Bisherige Konzepte der mathematischen Früherziehung entwickeln ihre Ideen meist<br />

ausgehend von der Mathematik, erst danach wird nach konkreten Anwendungen in der<br />

Lebenswelt der Kinder gesucht. Es gilt, dieses Prinzip umzukehren, da die Mathematik eine<br />

eigene und sehr nüchterne Logik hat, welche das emotionale, magische, anthropomorphe<br />

und märchenhafte Denken unserer Kinder nicht berücksichtigt.<br />

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum der methodische Weg, die Grundlagen der<br />

elementaren Mathematik in eine fantasievolle Welt zu projizieren, in der die Zahlen in<br />

beseelter und personalisierter Weise ihre mathematischen Eigenschaften kundtun und in der<br />

z. B. auch ein Zahlenkobold sein Unwesen treibt und eine Zahlenfee fürs Rechnen zuständig<br />

ist, für die Kinder eine große Motivation darstellt.<br />

Der dritte Bereich ist die Didaktik der elementaren Mathematik. Hier bewegen wir uns auf<br />

verschiedenen Handlungs- und Erfahrungsbereichen, z. B. der Zahlenstadt, den Zahlengärten<br />

mit ihren besonderen Häusern und Türmen und dem Zahlenweg. Es geht darum, der Vielfalt<br />

verschiedener Zahlbedeutungen möglichst umfassend gerecht zu werden.<br />

6


Bei der Zahl Fünf sieht dies etwa so aus: Der Zahlengarten der Zahl Fünf befindet sich<br />

zwischen dem der Vier und dem der Sechs (ordinaler Zahlaspekt). Der Garten selbst ist als<br />

regelmäßiges Fünfeck konstruiert (geometrischer Aspekt) und kann an jeder Ecke verziert<br />

werden (Eins-zu-Eins-Zuordnung). Im Garten befindet sich ein Haus mit fünf Fenstern<br />

(kardinaler Zahlaspekt) und aufsteckbarer Hausnummer (Kodierungsaspekt) sowie ein<br />

Zahlenturm, mit dessen Hilfe Zahlzerlegungen (Rechenaspekt: 1 + 4 oder 3 + 2)<br />

veranschaulicht bzw. konstruiert werden können.<br />

Eine besonders erfolgreiche Methode, Kindern den Ordnungsaspekt der Zahlen erfahrbar zu<br />

machen, ist die Verwendung eines Zahlenweges, bei dem die Bewegung der Kinder als<br />

Stützfunktion in den mathematischen Lernprozess eingreift. Die Motorik spielt nachweislich<br />

eine große Bedeutung beim Verarbeiten, Speichern und Erinnern von Informationen. Dies<br />

bestätigen z. B. auch vielfältige Erfahrungen aus der Arbeit mit Kindern, die eine Lese-<br />

Rechtschreibschwäche haben. 4<br />

Die wichtigste Aktivität auf dem Zahlenweg ist deshalb das Gehen auf den Ziffern, verbunden<br />

mit lautem oder stillem Zählen. Kognitive Leistungen werden dabei unterstützt durch<br />

Bewegung: Wo stehe ich gerade auf dem Zahlenweg? Welche Zahl kommt vor mir und<br />

welche direkt hinter mir? Schafft es ein Kind diese Fragen ohne Hilfe zu beantworten –<br />

vielleicht sogar mit verbundenen Augen -, so hat es bereits ein abstraktes Bild des so<br />

genannten Zahlenstrahls verinnerlicht. Gerade für den Zahlenweg gibt es eine Fülle von<br />

Lernmöglichkeiten. In unserem Projekt benutzen wir den Zahlenweg von 0 bis 20.<br />

Die drei genannten Wissensbereiche sind hier exemplarisch genannt, um zu verdeutlichen,<br />

dass das „<strong>Zahlenland</strong>konzept“ seine Ideen aus verschiedenen Disziplinen schöpft.<br />

5. Akzeptanz bei Erzieherinnen, Erziehern und Eltern<br />

Ein wichtiges Anliegen erschien uns neben der Untersuchung der Lernergebnisse die<br />

Beantwortung der Frage, inwieweit unser Konzept auf Akzeptanz bei den Beteiligten (vor<br />

allem Elternakzeptanz und Erzieherinnen- bzw. Erzieherakzeptanz) stößt. Die Entwicklung<br />

bzw. Evaluation eines didaktischen Konzeptes macht längerfristig nur dann einen Sinn, wenn<br />

es die Chance hat, in die Alltagspraxis adaptiert zu werden. Eine „akademische<br />

Trockenübung“ erschien uns nicht erstrebenswert, selbst wenn sie die erhofften Lernerfolge<br />

liefern sollte.<br />

Verfolgt man solch einen Anspruch, ist es wichtig, das Konzept so zu konstruieren, dass es<br />

auf die didaktische Handlungskompetenz der Erzieherinnen und Erzieher zielt bzw. diese<br />

herausfordert. Ein Lernprogramm in Sinne einer lernpsychologischen Instruktionsanweisung<br />

erschien uns nicht erstrebenswert.<br />

Es gilt, ein methodisches Rahmenkonzept maximalen Inhaltes so vorzugeben, dass es situativ<br />

an die soziokulturellen und individuellen Voraussetzungen und Bedingungen angepasst<br />

werden kann. Diese Anpassung und Konkretisierung kann jedoch nur der Pädagoge vor Ort<br />

leisten.<br />

Aus diesem Grunde sollte das Konzept auch dafür offen sein, didaktische und methodische<br />

Ideen der Erzieherinnen und Erzieher aufzugreifen und umzusetzen.<br />

Um die Einstellung aller Beteiligten zum „<strong>Zahlenland</strong>“ zu erkunden, haben wir sowohl für die<br />

Erzieherinnen und Erzieher als auch für die Eltern der Projektkinder alle uns wichtig<br />

4<br />

Hans Joachim Michel (Hg.) FRESCH, Freiburger Rechtschreibschule, AOL Verlag 77839 Lichtenau.<br />

7


erscheinenden Aspekte in Fragen gekleidet. Am Ende lagen uns Antworten von insgesamt<br />

142 Eltern sowie 34 Erzieherinnen vor.<br />

5<br />

4.1 Die Antworten der Erzieherinnen<br />

Neben den Fragen zum engeren Bereich des Konzeptes 5 zielten wir bei den Erzieherinnen<br />

vor allem auch darauf ab, ob sie das Konzept für „alltagstauglich“ (s. Fragen 5, 6 und 7)<br />

halten und ob sie den Eindruck haben, dass sich bei den Kindern neben den Fortschritten<br />

im Bereich von Zahlen und Mengen auch ganz allgemeine Lernfortschritte beobachten<br />

lassen (Frage 11).<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

97<br />

100<br />

Die Antworten der Erzieherinnen<br />

94<br />

97<br />

87<br />

97<br />

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Ges<br />

Es fällt sofort auf, dass die Antwort „nein“ nie gegeben wird, bei 8 von 11 Fragen gibt es<br />

über 90 % Zustimmung. Die beteiligten Erzieherinnen stimmen also mit großer<br />

Mehrheit darin überein, dass das Projekt seinen Ansprüchen genügt, dass es Spaß macht,<br />

alltagstauglich ist und dass allgemeine Lernfortschritte zu beobachten sind. Alle befragten<br />

Erzieherinnen bejahen, dass es ihnen leicht fiele, das Konzept weiter zu empfehlen (Frage<br />

8), auch die Frage nach der Schlüssigkeit des Konzeptes (Frage 2) wird zu 100 % bejaht.<br />

Die Fragebögen können im Anhang eingesehen werden.<br />

77<br />

100<br />

ja<br />

tw<br />

nein<br />

97<br />

100<br />

86<br />

94<br />

8


4.2 Die Antworten der Eltern<br />

Die 5 Fragen an die Eltern versuchen deren Einstellung zum Konzept, deren Information<br />

über das Konzept und deren Eindrücke zur Wirkung des Konzeptes auf ihre Kinder zu<br />

erfassen.<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

100<br />

0<br />

86<br />

5<br />

Die Elternantworten<br />

88<br />

90<br />

1 1 0 1<br />

1 2 3 4 5 Ges<br />

Auch bei den Eltern sind „nein“-Antworten äußerst selten (die 5 % bei Frage 2 hängen<br />

mit der Erzählbereitschaft der Kinder zusammen, haben also nur indirekt etwas mit dem<br />

Projekt zu tun), alle Befragten befürworten das Projekt „<strong>Zahlenland</strong>“ (Frage 1).<br />

6. Das Untersuchungsdesign<br />

Zur Evaluation des Projektes „Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>“ bot sich zumindest für die erste<br />

Projektphase ein klassisches Experimental-Kontrollgruppen-Design mit zwei Testungen<br />

(vor Beginn des Projektes und danach; Pretest-Posttest-Design) an.<br />

Die Experimentalgruppe durchläuft das Projekt „Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>“, die<br />

Kontrollgruppe erhält diese spezifische Förderung nicht.<br />

Um einen eventuellen Projekt- bzw. „Trainingseffekt“ nachweisen zu können, lag es nahe,<br />

Testaufgaben aus Schuleingangsuntersuchungen zu verwenden.<br />

97<br />

ja<br />

teilw<br />

nein<br />

92<br />

9


Ausgewählt wurden Aufgaben aus dem „Kieler Einschulungsverfahren“ (KEV) 6<br />

� Mengen erfassen und Mengen herstellen<br />

� Farben- und Formauffassung<br />

� Zahlen nachsprechen, Zahlengedächtnis<br />

� Allgemeine Denkfähigkeit<br />

� Detailbeachtende Wahrnehmung<br />

Der „Test“ der ersten Phase umfasst 8 Aufgaben, in denen es maximal 31 Punkte zu erreichen<br />

gibt. Für eine zufrieden stellende Testdurchführungs- und Auswerteobjektivität wurde nicht<br />

zuletzt seitens der beteiligten Erzieherinnen Sorge getragen (standardisierte Anweisungen und<br />

klare Bepunktungsregeln).<br />

Das Untersuchungsdesign der Projektphase II gleicht dem der Phase I. Auch hier gibt es<br />

wieder eine Experimental- und eine Kontrollgruppe (Projektkinder PROKIS und<br />

Kontrollkinder KOKIS) und selbstverständlich zur Überprüfung des Effektes den Vortest<br />

und den Nachtest.<br />

Drei ganz wesentliche, die Aussagefähigkeit der Untersuchung deutlich erweiternde<br />

Unterschiede zur Projektphase I sind jedoch zu beachten:<br />

� Projektkinder und Kontrollkinder stammen aus Lahrer Kindergärten, die einen sehr<br />

hohen Anteil an Spätaussiedlerkindern aufweisen, an Kindern also, die mit der Sprache<br />

Deutsch zum Teil erhebliche Probleme haben. Die Rückmeldungen der Erzieherinnen aus der<br />

Phase I haben unsere Vermutung bestärkt, dass das <strong>Zahlenland</strong>konzept ein umfassendes<br />

Förderprogramm ist, d. h. dass Förderung auch im Bereich Sprache zu erwarten sein wird.<br />

Der Versuch, mit Kindern zu arbeiten, die sprachlich einen zum Teil erheblichen<br />

Entwicklungsrückstand aufweisen, erschien uns deshalb besonders reizvoll, zumal die<br />

Kindergartenstruktur in Lahr uns diese Möglichkeit eröffnete.<br />

� Jedem Projektkind wurde ein Kontrollkind zugeordnet, das ihm nicht nur in den<br />

Variablen Alter und Geschlecht glich, vielmehr musste diesmal auch der Vortest-<br />

Gesamtwert dem des Projektkindes gleichen oder zumindest sehr nahe kommen. Da in der<br />

Vortestphase sehr viele Kontrollkinder getestet werden konnten, war es möglich, diese<br />

strenge Zuordnung zu treffen. Das Arbeiten mit Paarlingen (matched pairs) muss bei einer<br />

Kontrolluntersuchung als ideal angesehen werden.<br />

� Die getesteten Dimensionen wurden um eine sprachliche erweitert. Aus dem<br />

Kieler Einschulungsverfahren (KEV) kam die Aufgabe 6 (Einzeluntersuchung) dazu, in der<br />

die Kinder aufgefordert werden, zu vorgelegten Bildern eine Geschichte zu erzählen. Aus<br />

den „diagnostischen Einschätzskalen“ (DES) 7 wurden 4 Aufgaben entnommen. In der einen<br />

Aufgabe wird kontrolliert, welche Inhalte aus einer vorgelesenen kurzen Geschichte die<br />

Kinder noch erinnern, die drei weiteren Aufgaben prüfen, inwieweit verbale Instruktionen<br />

unterschiedlicher Komplexität befolgt werden können.<br />

Erfasst werden also wesentliche Elemente sowohl der aktiven als auch der passiven<br />

Sprachkompetenz der Kinder.<br />

6<br />

7<br />

Fröse, Sigrun, Mölders, Ruth und Wallrodt, Wiebke: Das „Kieler Einschulungsverfahren“ (KEV), 1986,<br />

Weinheim: Beltz Test Gesellschaft.<br />

Barth, Karlheinz: Die diagnostischen Einschätzskalen (DES) zur Beurteilung des Entwicklungsstandes<br />

und der Schulfähigkeit, 2002, München, Basel: E. Reinhardt.<br />

10


7. Ergebnisse der ersten Phase<br />

In Projektphase I wurde in Gruppen gearbeitet, die relativ altershomogen waren.<br />

Wie bereits erwähnt und auch aus der Veränderung des Untersuchungsdesigns ersichtlich, gab<br />

es Schwerpunkte in den Zielen der Projektphasen. So galt es in der ersten Phase zunächst<br />

einmal „nur“ den Nachweis zu führen, dass das Projekt „allgemeine Lernerfolge“ liefert.<br />

Wären diese nicht vorhanden, wäre eine Fortsetzung des Projektes natürlich sinnlos gewesen.<br />

Die Ergebnisse der ersten Projektphase werden in den folgenden Graphiken dargestellt, dabei bedeuten:<br />

pre: Gruppenmittelwert vor Projektbeginn<br />

post: Gruppenmittelwert nach dem Projekt<br />

PK: bezeichnet immer eine bestimmte Gruppe Projektkinder<br />

KK: bezeichnet immer eine bestimmte Gruppe Kontrollkinder (Kinder ohne Training)<br />

z.B. PK4;1: Projektkinder mit einem Durchschnittsalter von 4 Jahren u. 1 Monat<br />

SAF: Schulanfänger<br />

wbl: weiblich<br />

ml: männlich<br />

PROKIS: alle Kinder, die am Projekt teilgenommen haben<br />

KOKIS: alle Kontrollkinder (nicht gefördert)<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

Gruppenvergleiche<br />

pre post<br />

PK4;1 PK4;9 PKSAF PKml PKwbl PROKISKOKIS KK4;2 KK5;1 KKml KKwbl<br />

Hoch signifikante Verbesserungen 8 gibt es ausschließlich bei den PROKIS (Projektkinder), die Kontrollkinder<br />

(KOKIS) verschlechtern sich sogar tendenziell.<br />

Am meisten „profitieren“ jüngere Kinder bzw. Kinder mit niedrigen Ausgangswerten. Der Punktezuwachs bei<br />

den Jüngsten (PK4;1) ist in der Tat beachtlich, denn sie erreichen im PostTest fast das Niveau der Schulanfänger<br />

vor Beginn des Trainings. Man sollte sich vor Augen halten, dass der durchgeführte Test ein<br />

Schuleingangsverfahren und die benannte Kindergruppe gerade mal 4 Jahre alt ist.<br />

Mädchen profitieren in gleicher Weise vom Training wie Jungen, es fällt allerdings auf, dass die<br />

Kontrollmädchen tendenziell absinken.<br />

8<br />

Die Signifikanzprüfung erfolgt über die t-Verteilung nach einem t-Test für korrelierende Stichproben. Die<br />

Irrtumswahrscheinlichkeiten sind wie folgt definiert: 5 % = signifikant; 1 % = sehr signifikant und 0,1 % =<br />

hoch signifikant.<br />

11


In der folgenden Graphik „Differenzen pre/post“ werden die o. g. Befunde nochmals verdeutlicht, ein<br />

Projekteffekt wird sichtbar, ebenso die Tatsache, dass sich bei den Kontrollkindern „nichts bewegt“ hat.<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

-2<br />

10,8<br />

Differenzen pre/post<br />

7,4<br />

-0,3<br />

-1,6<br />

PK4;1 PK4;9 PKSAFPKml PKwbl PROKISKOKIS KK4;2 KK5;1 KKml KKwbl<br />

Aus den Graphiken „Alle Projektkinder“ u. „Alle Kontrollkinder“ lassen sich die Entwicklungen jedes einzelnen<br />

Kindes ablesen. Kein einziges Projektkind „verschlechtert“ sich, zwei halten das Pretestergebnis und die übrigen<br />

44 „legen z. T. ganz erheblich zu“.<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1<br />

3<br />

5<br />

7<br />

9<br />

11<br />

Alle Projektkinder (PROKIS)<br />

13<br />

15<br />

17<br />

19<br />

21<br />

23<br />

25<br />

27<br />

29<br />

31<br />

33<br />

35<br />

pre post<br />

37<br />

39<br />

41<br />

43<br />

45<br />

12


35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Alle Kontrollkinder (KOKIS)<br />

pre post<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20<br />

Wenn Veränderungen von Testleistungen dokumentiert werden sollen, bietet sich neben dem Vergleich der<br />

Gruppenmittelwerte auch die Darstellung der Veränderung der Quartilwerte an. Dies soll im Folgenden<br />

geschehen.<br />

Es bedeuten:<br />

Q0: der kleinste gemessene Wert<br />

Q1: das untere Quartil (25 % Quartil)<br />

Q2: der Median (50 % Quartil)<br />

Q3: das obere Quartil (75 % Quartil)<br />

Q4: der größte gemessene Wert<br />

Die anderen Symbole entsprechen dem bisher Dargestellten.<br />

Sehr eindrucksvoll wird belegt, dass sich die PROKIS deutlich nach oben verschieben, denn der niedrigste<br />

gemessene Wert liegt im Post-Test bei 10, Q1 post sowie Q2 post liegen sogar über Q2 und Q3 pre.<br />

Bei den KOKIS gibt es kaum Veränderungen der Quartilwerte, Q1 steigt leicht an, der niedrigste gemessene<br />

Wert (Q0) dagegen sinkt sogar ab.<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Quartilwerte im Vergleich<br />

PK pr<br />

PK po<br />

KK pr<br />

KK po<br />

13


8. Ergebnisse der zweiten Phase<br />

Eine weitere Veränderung gegenüber der Projektphase I ist darin zu sehen, dass mit den<br />

PROKIS in Projektphase II prinzipiell altersgemischt gearbeitet wurde.<br />

Gruppenvergleiche Projektphase II<br />

Testkennwerte<br />

� Die Gesamtleistung (Ges): Punktzahl in allen 13 Testaufgaben<br />

� Anschauungsgebundenes Denken (AD): Punktzahl in 7 Testaufgaben<br />

� Verbale Fähigkeiten (VF): Punktzahl in 6 Testaufgaben<br />

Verglichene Gruppen<br />

Wie bereits aus Phase I bekannt, hinzu kommen:<br />

b4: bis 4 Jahre alt (maximal 48 Monate)<br />

4b5: zwischen 4 und 5 Jahre alt (49 bis 60 Monate)<br />

ä5: älter als 5 Jahre (61 Monate und älter)<br />

schl: Kinder mit eher schlechten Vortestergebnissen<br />

mitt: Kinder mit mittelguten Vortestergebnissen<br />

gut: Kinder mit guten Vortestergebnissen<br />

Gruppenvergleich „Gesamtpunkte“<br />

Die Ergebnisse der Projektphase I bestätigen sich insofern, als auch diesmal Zuwächse nur auf Seiten der<br />

Projektkinder (13,9 vs. KK 0,4) (alle Zuwächse sind hoch signifikant gesichert) zu vermerken sind.<br />

Mädchen und Jungs profitieren in ähnlicher Weise, allerdings liegen die Zugewinne der Mädchen (14,8) etwas<br />

über denen der Jungs (13,2).<br />

Die ausgewählten Altersgruppen verbessern sich alle hoch signifikant, allerdings profitieren im Gegensatz zur<br />

Projektphase I diesmal eher die älteren Kinder in besonderer Weise. Die Zuwächse der 4b5 liegen bei 14,9, die<br />

der ä5 bei 14,1 und die der „Kleinen“ bei 11,6.<br />

In jedem Fall aber erreichen oder übertreffen die Jüngeren zum Projektende die Ausgangsleistungen der<br />

jeweils älteren Gruppe.<br />

Während die KK ml um 1,2 zulegen (das ist nicht signifikant), verschlechtern sich die KK wbl um 0,6. Dies ist<br />

ein interessantes Ergebnis am Rande, das wir aus der Projektphase I bereits kennen.<br />

14


45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

G pr<br />

G po<br />

Gesamtpunkte<br />

PROKIS KOKIS PK ml KK ml PK wbl KK wbl PK b4 KK b4 PK 4b5 KK 4b5<br />

Gruppenvergleich „anschauungsgebundenes Denken“<br />

In der Tendenz entsprechen die Ergebnisse beim anschauungsgebundenen Denken (AD) absolut dem<br />

Gesamtresultat. Zugewinne gibt es auch hier nur bei den Projektkindern (6,53 vs. KOKIS 0,2), auch hier sind<br />

alle Zuwächse hoch signifikant (Ausnahme PK b4 „nur“ signifikant) gesichert.<br />

Die Mädchen profitieren leicht mehr als die Jungs (6,9 vs. 6,3) und die älteren Kinder profitieren auch mehr<br />

als die ganz jungen (7 bzw. 7,2 vs. 4).<br />

Was für die Gesamtleistung zutrifft, gilt auch hier, die jeweils Jüngeren erreichen die Ausgangsleistung der<br />

jeweils Älteren.<br />

Auch in diesem Testbereich profitieren die KK ml (0,54) etwas (nicht signifikant), während dies bei den KK wbl<br />

(-0,1) nicht zu erkennen ist.<br />

15


20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Anschauungsgebundenes Denken<br />

AD pr<br />

AD po<br />

PROKIS KOKIS PK ml KK ml PK wbl KK wbl PK b4 KK b4 PK 4b5 KK 4b5<br />

Gruppenvergleich „verbale Fähigkeiten“<br />

Das Kernstück der Projektphase II (das Miterfassen der Veränderungen der verbalen Fähigkeiten) bringt ein<br />

Ergebnis, das mit den zuvor genannten Trends absolut übereinstimmt. Dies bedeutet, dass offenbar auch im<br />

Bereich Sprache eine Förderung durch das <strong>Zahlenland</strong>konzept stattgefunden hat. Die mitgeteilten Ergebnisse<br />

sind auch hier wieder hoch signifikant bzw. in einem Fall (PF b4) sehr signifikant gesichert.<br />

Bei VF profitieren nun allerdings die Mädchen etwas stärker als die Jungs (8,5 vs. 7,9).<br />

Im Gegensatz zu AD haben hier die jüngeren PROKIS etwas mehr hinzugewonnen als die älteren (8,2 bzw. 8,9<br />

vs. 7,7).<br />

Die jeweils jüngere Gruppe übertrifft sogar die Ausgangsleistungen der jeweils älteren z. T. recht deutlich.<br />

Die Tendenz, dass die KK ml zwar nicht signifikant, aber immerhin in der Tendenz Zugewinne zu verzeichnen<br />

haben, zeigt sich bei den verbalen Fähigkeiten recht deutlich (0,7 vs. -1,1), die KK wbl verschlechtern sich sogar<br />

tendenziell.<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

VF pr<br />

VF po<br />

Verbale Fähigkeiten<br />

16


Gruppenvergleiche „Ausgangsleistung“<br />

Aus der Projektphase I war bekannt, dass besonders die Kinder mit schlechten Ausgangsleistungen (Vortest)<br />

hohe Zugewinne zu verzeichnen hatten. Dies ist in gewisser Weise auch nicht verwunderlich, da für Kinder mit<br />

recht guten Ausgangsleistungen „testbedingte“ Grenzen der Entwicklung nach oben bestehen.<br />

In der Projektphase II lässt sich dieser Effekt bei den Gesamttestleistungen (G) in etwa bestätigen, die<br />

„Schlechten“ (schl) verbessern sich um 14,2, die „Mittleren“ (mitt) um 15,5 und die „Guten“ (gut) „nur“ um 10,1<br />

Punkte.<br />

Die „Schlechten“ erreichen am Ende (G po) beinahe die Ausgangsleistungen der „Mittelguten“, die<br />

„Mittelguten“ ihrerseits übertreffen die Ausgangsleistungen der „Guten“.<br />

Auch beim anschauungsgebundenen Denken (AD) entdecken wir diesen Effekt (schl = 6,4, mitt = 6,8 und<br />

gut = 5) in ähnlicher Weise.<br />

Auch hier ist es so, dass die „Schlechten“ im Post-Test fast an die Pre-Test-Werte der „Mittelguten“<br />

heranreichen und jene am Ende die Ausgangsdaten der „Guten“ übertreffen.<br />

Bei den verbalen Fähigkeiten (VF) profitieren offensichtlich die „Schlechten“ am deutlichsten (9,9), gefolgt<br />

von den „Mittelguten“ (8,5) und den „Guten“ (5). Bei der Einzelauswertung der Tests konnte immer wieder<br />

festgestellt werden, dass es durch das Projekt gelingen kann, Kinder im wahrsten Sinne des Wortes „zum<br />

Sprechen“ zu bringen.<br />

Hier erreichen die „Schlechten“ das Niveau der Ausgangsleistungen der „Mittelguten“.<br />

Auch dies ist ein Beleg für den besonderen Fördereffekt des „<strong>Zahlenland</strong>es“ im Bereich der Sprache.<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Gruppenvergleiche "Ausgangsleistung"<br />

PK schl<br />

KK schl<br />

PK mitt<br />

KK mitt<br />

PK gut<br />

KK gut<br />

G pr G po AD pr AD po VF pr VF po<br />

Dokumentation der Entwicklung der einzelnen Kinder<br />

Anschauungsgebundenes Denken<br />

Bei den PROKIS bestätigt sich der Trend aus Projektphase I, d. h. wir können bei nahezu allen Kindern zum<br />

Teil deutliche Zugewinne feststellen. Lediglich bei 2 Kindern bleibt die Leistung gleich, ein Kind<br />

17


verschlechtert sich um einen Punkt. Da dieser Zugewinneffekt so deutlich zu Tage tritt und bei so gut wie allen<br />

Kindern zu beobachten ist, darf er in einen ursächlichen Zusammenhang mit dem <strong>Zahlenland</strong>konzept gebracht<br />

werden.<br />

Bei den KOKIS ist in Bezug auf mögliche Zugewinne wenig feststellbar. Bei den meisten Kindern bleiben die<br />

Leistungen nahezu unverändert, bei einigen gibt es allerdings etwas zu beobachten, was uns in dieser Stärke aus<br />

der Projektphase I nicht bekannt war. Sie verbessern sich leicht, und was noch auffälliger ist, einige<br />

verschlechtern sich z. T. auch.<br />

Beide Effekte scheinen mit Faktoren zusammenzuhängen, die unmittelbar in der Testsituation wirksam werden<br />

und die am ehesten mit dem Begriff Motivation resp. Leistungsmotivation zu belegen sein dürften. Die KOKIS<br />

in Projektphase II haben mehrheitlich einen deutlich problematischeren sozialen Hintergrund als die Kinder der<br />

Projektphase I und es war schwieriger, sie für die Testsituationen zu motivieren. Bei den PROKIS war dies<br />

zumindest beim Vortest ähnlich, beim Nachtest allerdings waren die Kinder fast ausnahmslos – auch dies ein<br />

Effekt des Programms – zur Teilnahme motiviert.<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1<br />

3<br />

5<br />

prAD<br />

poAD<br />

7<br />

9<br />

PROKIS Anschauungsgebundenes Denken<br />

11<br />

13<br />

15<br />

17<br />

19<br />

21<br />

23<br />

25<br />

27<br />

29<br />

31<br />

33<br />

35<br />

37<br />

39<br />

41<br />

43<br />

45<br />

18


20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1<br />

3<br />

5<br />

prAD<br />

poAD<br />

7<br />

Verbale Fähigkeiten<br />

9<br />

KOKIS Anschauungsgebundenes Denken<br />

11<br />

13<br />

15<br />

17<br />

19<br />

21<br />

23<br />

Bei den PROKIS sehen wir dasselbe Bild wie beim anschauungsgebundenen Denken, d. h. bis auf 3 Kinder gibt<br />

es zum Teil satte Zugewinne. Da auch diese Entwicklung quasi einheitlich verläuft, darf auch sie als<br />

Fördereffekt des „<strong>Zahlenland</strong>es“ angesehen werden.<br />

Die Instabilität der Testwerte der KOKIS, die sich zumindest bei einem Teil der Kinder bereits beim<br />

anschauungsgebundenen Denken gezeigt hat, wird bei den verbalen Fähigkeiten noch deutlicher. Dies ist<br />

allerdings nicht verwunderlich, denn sprachliche Leistungen zu erbringen setzt ein höheres Maß an Motivation<br />

voraus als dies bei den Aufgaben im Bereich AD der Fall ist.<br />

Festzuhalten bleibt dennoch, dass bei den KOKIS in keiner Weise ein gleichmäßiger Aufwärtstrend zu erkennen<br />

ist, wie wir dies bei den PROKIS konstatieren konnten.<br />

25<br />

27<br />

29<br />

31<br />

33<br />

35<br />

37<br />

39<br />

41<br />

43<br />

45<br />

19


35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1<br />

3<br />

3<br />

5<br />

5<br />

7<br />

Gesamtleistungen<br />

prVF<br />

poVF<br />

9<br />

prVF<br />

poVF<br />

7<br />

9<br />

11<br />

11<br />

13<br />

13<br />

15<br />

15<br />

PROKIS Verbale Fähigkeiten<br />

17<br />

19<br />

21<br />

23<br />

25<br />

27<br />

29<br />

31<br />

KOKIS Verbale Fähigkeiten<br />

17<br />

19<br />

21<br />

23<br />

Wie zu erwarten bestätigt sich im Gesamtergebnis bei den PROKIS der stabile und satte Aufwärtstrend. Es<br />

gibt nur ein einziges Kind, das sich leicht verschlechtert.<br />

Bedenkt man die Gesamtzahl der möglichen Punkte, dann gibt es bei den KOKIS überwiegend keine großen<br />

Veränderungen. Die Schwankungen nach unten und nach oben, die wir schon bei AD und VF festgestellt<br />

haben, gibt es logischerweise auch bei den Gesamtleistungen zu dokumentieren.<br />

25<br />

27<br />

29<br />

31<br />

33<br />

33<br />

35<br />

35<br />

37<br />

37<br />

39<br />

39<br />

41<br />

41<br />

43<br />

43<br />

45<br />

45<br />

20


60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

PROKIS Gesamtleistungen<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1<br />

3<br />

5<br />

7<br />

prGes<br />

poGes<br />

prGes<br />

poGes<br />

9<br />

11<br />

13<br />

KOKIS Gesamtleistungen<br />

15<br />

Veränderung der Messwertreihen<br />

Anschauungsgebundenes Denken<br />

17<br />

19<br />

21<br />

23<br />

25<br />

27<br />

29<br />

31<br />

33<br />

35<br />

37<br />

39<br />

41<br />

43<br />

45<br />

21


25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

PKADpr<br />

KKADpr<br />

PKADpo<br />

KKADpo<br />

Anschauungsgebundenes Denken<br />

Quartilwerte im Vergleich<br />

Q 0 Q 1 Q 2 Q 3 Q 4<br />

Sehr deutlich ist zu erkennen, dass sich bei den KOKIS die Quartilpunkte praktisch nicht verändern, d. h. sie<br />

liegen beim Post-Test quasi auf demselben Wert wie beim Pre-Test.<br />

Bei den PROKIS dagegen verändern sich alle Quartilwerte außer Q0. Zum Teil sind die Veränderungen<br />

beachtlich, sie dokumentieren eindrucksvoll die Zugewinne der gesamten Gruppe.<br />

Verbale Fähigkeiten<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

PKVFpr<br />

KKVFpr<br />

PKVFpo<br />

KKVFpo<br />

Verbale Fähigkeiten<br />

Quartilwerte im Vergleich<br />

Q 0 Q 1 Q 2 Q 3 Q 4<br />

Auch hier ein ganz ähnliches Bild. Bei den KOKIS ist kaum eine Veränderung auszumachen (Q1 und Q4 fallen<br />

22


im Vergleich zum Pre-Test sogar leicht ab), bei den PROKIS sind positive Veränderungen bei allen, in<br />

erheblicher Größe bei den Quartilwerten 1–3 auszumachen.<br />

Gesamttestwerte<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

PKGpr<br />

KKGpr<br />

PKGpo<br />

KKGpo<br />

Gesamttest<br />

Quartilwerte im Vergleich<br />

Q 0 Q 1 Q 2 Q 3 Q 4<br />

Wie zu erwarten bestätigen sich bei den Gesamtwerten die deutlichen Tendenzen aus AD und VF. Wesentliche<br />

Verschiebungen der Quartilpunkte (eindeutig nach oben) gibt es wiederum nur bei den PROKIS.<br />

9. Diskussion<br />

Die Projekterfahrungen zeigen, dass eine Altersdifferenzierung die Fördereffekte in unserem<br />

Projekt nicht begünstigen. Da sich sowohl in Phase I als auch in Phase II ähnlich positive<br />

Effekte bei den PROKIS eingestellt haben, war es offensichtlich unerheblich, ob innerhalb<br />

einer Gruppe Kinder mit ähnlichem oder ganz unterschiedlichem Lebensalter anzutreffen<br />

waren.<br />

Es scheint so, dass die „Welt der Mathematik“ bzw. die „Welt der Grundzahlen“ verbunden<br />

mit praktischen Könnenserfahrungen einen hohen Eigenmotivationswert für Kinder dieser<br />

Alterstufe besitzen.<br />

Der Fördereffekt<br />

Die Hinweise aus der Projektphase I, dass mit dem „<strong>Zahlenland</strong>“ quasi automatisch auch eine<br />

Sprachförderung stattzufinden scheint, können mit den Zahlen der Projektphase II<br />

eindrucksvoll als belegt angesehen werden.<br />

Die Aussage, dass das <strong>Zahlenland</strong>konzept ein umfassendes Förderprogramm ist, welches<br />

nicht nur auf die Entwicklung des Zahlbegriffs bei Kindern reduziert werden darf, gewinnt<br />

mit Blick auf die Projektphase II immer mehr an Gewicht. Hätten wir geeignete Testaufgaben<br />

auch für andere Bereiche (z. B. Rhythmus) gefunden, so wäre es nicht erstaunlich gewesen,<br />

wenn auch in diesen Bereichen die PROKIS im Gegensatz zu den KOKIS „zugelegt“ hätten.<br />

Nimmt man die Ergebnisse der beiden Projektphasen zusammen, müssen wir festhalten, dass<br />

durch die Arbeit mit dem „<strong>Zahlenland</strong>“ neben spezifischen (z. B. Zahlbegriff, Mengen- und<br />

23


Formauffassung) auch ganz allgemeine (z. B. Sprachförderung) Fördereffekte zustande<br />

kommen. Diese Effekte können mit dem vorgestellten Untersuchungsdesign ganz eindeutig<br />

belegt werden.<br />

Im Gegensatz zu vielen Projekten im Bereich der Pädagogik, deren Effizienz zwar behauptet<br />

oder durch Befragungen der Beteiligten „belegt“ werden, haben wir hier „harte Daten“<br />

(Testergebnisse) vorgelegt, die es erlauben, die Hypothese eines mehrfachen<br />

Fördereffektes aufrecht erhalten zu können. Nicht mehr, aber auch nicht weniger können<br />

wir aufgrund der empirischen Datenlage aussagen.<br />

10. Effektivität<br />

Zur Frage der Effektivität des <strong>Zahlenland</strong>konzeptes sollte bedacht werden, in welch kurzer<br />

Zeit sich die dargestellten Erfolge abzeichneten. Das <strong>Zahlenland</strong>programm wurde in 11<br />

Wochen durchgeführt (aufgrund von Ferien- oder Feiertagen verlängerte sich der geplante<br />

10-wöchige Förderzeitraum in beiden Projektkindergärten um genau eine Woche). Auch<br />

wurden in den Einzelstunden in Gruppen mittlerer Größe (9 bis 15 Kindern) und dabei sowohl<br />

in altersgruppierten Gruppen (3- bis 4-Jährige, 4- bis 5-Jährige und 5- bis 6-Jährige in der<br />

ersten Phase) als auch altersgemischten Gruppen (in der zweiten Phase) gearbeitet.<br />

Offensichtlich hatte die Variable der Gruppenzusammensetzung nach spezifischen<br />

Altersklassen oder in altersgemischten Gruppen keinen nennenswerten Einfluss auf die<br />

erzielten Ergebnisse.<br />

Die nachgewiesenen Lernzuwächse ereigneten sich insofern in beachtlich kurzer Zeit und<br />

dabei in Gruppengrößen, die in Kindergärten realisierbar sind.<br />

Nimmt man zu den empirischen Befunden die Ergebnisse der Akzeptanzbefragungen hinzu,<br />

so scheint uns das Förderkonzept auch unter Effektivitätsaspekten gut geeignet, in den Kanon<br />

elementarpädagogischer Bildungsmaßnahmen aufgenommen zu werden, denn es zeigt<br />

deutliche Fördereffekte, es wird gut angenommen und erscheint den Erzieherinnen und<br />

Erziehern für den ganz normalen Kindergartenalltag tauglich. Dieser Aspekt kann nicht stark<br />

genug betont werden, denn eine ganze Reihe von Trainingsprogrammen funktioniert leider<br />

nur unter „Laborbedingungen“, bzw. der Transfer auf die Alltagssituation z. B. in der Schule<br />

gelingt nur sehr unvollkommen.<br />

11. Ausblick<br />

In der sich nun anschließenden dritten Projektphase ist unter anderem vorgesehen, die<br />

teilnehmenden Kinder in der Grundschule wissenschaftlich zu begleiten und zu klären, ob sie<br />

in der Schule besser zurechtkommen als Kinder, die nicht mit diesem Konzept gefördert<br />

worden sind. (Evaluation in Bezug auf den Übergang in die Grundschule und in Bezug auf die<br />

Nachhaltigkeitswirkung der erzielten Ergebnisse). Bezüglich des Übergangs in die<br />

Grundschule ist die Hypothese dabei die, dass die geförderten Kinder aufgrund ihres<br />

Wissensvorsprungs einen nachhaltigen schulischen Vorteil haben werden. Es spricht vieles<br />

dafür, dass das kulturelle Wissen, welches Kinder bereits mit in die Schule bringen, eine der<br />

wichtigsten Größen dafür ist, wie erfolgreich die weitere Schulkarriere verlaufen wird.<br />

24


Weiter sollen zwei Kindergärten im Gesamt verglichen werden: der zentrale<br />

Projektkindergarten, in dem das Konzept zum steten Bestandteil täglicher Arbeit geworden<br />

ist, und ein Kontrollkindergarten, bei dem dies nicht der Fall ist.<br />

Eine konzeptionelle Weiterentwicklung (z. B. mit Mathematik im Freien bzw. im Pausenhof)<br />

und inhaltliche Ausdehnung des gesamten Projektes (z. B. auch im Hinblick auf Team- bzw.<br />

Sozialkompetenz) ist steter Bestandteil der weiteren Verwirklichung.<br />

25


Veröffentlichungen zum Thema<br />

Friedrich, G. (2003). Die Zahlen halten Einzug in den Kindergarten. Ein Projekt zur<br />

mathematischen Frühförderung. In: Herder Verlag; Kindergarten heute, Januar (S.<br />

34–40).<br />

Friedrich, G. u. Bordihn, A. (2003). Spot: So geht´s – Spaß mit Zahlen und Mathematik im<br />

Kindergarten. Sonderheft der Zeitschrift „kindergarten heute“. Freiburg: Herder Verlag.<br />

Friedrich, G. (2003). Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>. Wo Kinder spielend Mathematik lernen. In:<br />

Forum Schule, Landesinstitut für Schule NRW, Ausgabe 2/2003 (S. 27).<br />

Friedrich, G. (2004). Die Brücke von zwei Seiten her bauen. Was kann die Neurodidaktik der<br />

Erziehung bieten? In: Theorie und Praxis der Sozialpädagogik. Ausgabe 2/2004 (S.<br />

36–38).<br />

Friedrich, G. u. Galgóczy, V. (2004). Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>. Eine spielerische Entdeckungsreise<br />

in die Welt der Mathematik. Freiburg: Christophorus.<br />

Friedrich, G. u. Munz, H. (2004). Mit den Zahlen auf Du und Du. Vorschulkinder entdecken<br />

das <strong>Zahlenland</strong>. In: Magazin Schule, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport BW,<br />

Frühjahr 2004 (S. 24–25).<br />

Friedrich, G. u. Munz, H. (2004). <strong>Zahlenland</strong> im Kindergarten. Ein ganzheitliches<br />

Förderkonzept am Beispiel elementarer Mathematik. In: KiTa aktuell; NRW, Ausgabe.<br />

4/2004 (S. 86–89).<br />

Internetseite: www.kuhbach.de (Link: <strong>Zahlenland</strong> im Kindergarten)<br />

Berichte in der Presse<br />

Die ZEIT; Nr. 40/03. Im Land der märchenhaften Zahlen.<br />

Gehirn & Geist; Nr. 4/2003. (Das Magazin für Psychologie und Hirnforschung). Spektrum<br />

der Wissenschaft. Reportage: Zahlenspiele im Kindergarten.<br />

Gesundheit (Apothekenzeitschrift); September 2003. Mit Mathe auf Du und Du. Reportage<br />

über ein badisches Modellprojekt.<br />

Frankfurter Rundschau; Nr. 257/2003). Geh’ zur Drei. Warten auf den Zahlenmann.<br />

Spielen und lernen (Die Zeitschrift für Eltern und Kinder); März 2004. Reportage: Spielend<br />

lernen im <strong>Zahlenland</strong>.<br />

Badische Zeitung; 24.06.04. Meine Freunde leben im <strong>Zahlenland</strong>. In Kuhbach beschäftigen<br />

sich Kindergartenkinder seit eineinhalb Jahren mit Mathematik – und zeigen<br />

erstaunliche Resultate.<br />

Mittelbadische Presse; 29.06.04. Die Eins trägt eine Zipfelmütze. Mit dem Projekt „Komm<br />

mit ins <strong>Zahlenland</strong>“ soll Kindern der Mathematik-Zugang erleichtert werden.<br />

Schwarzwälder Bote; 23.07.04. Schritt für Schritt hinein ins <strong>Zahlenland</strong>. Schon die Kleinsten<br />

Lernen in Lahr spielerisch die Mathematik kennen / Bundesweit einzigartiges Projekt.<br />

Landesschau aktuell Baden-Württemberg; 27.07.04. Kurzreportage in den<br />

Landesnachrichten<br />

Die lokale Presse (Lahrer Zeitung, Offenburger Tageblatt und Badische Zeitung) hat<br />

mehrfach und umfangreich über das Projekt informiert.<br />

Kontakt<br />

Email: friedrich-lahr@t-online.de und Horst.Munz@ifk.kv.bwl.de oder<br />

Kiga.Kubach@gmx.de<br />

26


Kindergarten Kuhbach; Frau Schönle-Walter; Schulstraße 4; 77933 Lahr<br />

Anhang:<br />

Wie bereits erwähnt, folgen nun die Fragebogen, die den Eltern („Fragen an die Eltern“)<br />

und den Erzieherinnen und Erziehern („Fragen an die Erzieherinnen und Erzieher“)<br />

vorgelegt wurden.<br />

OBERSCHULAMT FREIBURG<br />

– Schulpsychologische Beratungsstelle in Offenburg –<br />

„Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>“<br />

Fragen an die Eltern<br />

Liebe Eltern,<br />

wir bitten Sie, pro Frage jeweils nur eine für Sie zutreffende Antwort anzustreichen.<br />

1. Befürworten Sie es, wenn im Kindergarten das Projekt „Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>“<br />

durchgeführt wird?<br />

ja teilweise nein<br />

2. Hat Ihnen Ihr Kind zu Hause von diesem Projekt erzählt?<br />

ja ein wenig nein<br />

Kinder sind unterschiedlich, die einen erzählen oft, andere seltener und wieder andere so gut<br />

wie nie etwas davon, was sie im Kindergarten erlebt haben.<br />

Zu welcher Gruppe gehört Ihr Kind eher?<br />

es erzählt oft es erzählt selten es erzählt nie<br />

3. Wenn Ihnen Ihr Kind etwas von seinen Erlebnissen im Projekt erzählt hat, waren die<br />

Schilderungen positiv?<br />

ja teilweise nein<br />

4. Haben Sie den Eindruck, dass Ihr Kind Dinge gelernt hat, die auf die Schule vorbereiten?<br />

ja teilweise nein<br />

27


5. Haben Sie den Eindruck, dass Ihrem Kind die Teilnahme am Projekt gut getan hat?<br />

ja teilweise nein<br />

Vielen Dank für Ihre Mitarbeit!<br />

OBERSCHULAMT FREIBURG<br />

– Schulpsychologische Beratungsstelle in Offenburg –<br />

„Komm mit ins <strong>Zahlenland</strong>“<br />

Fragen an die Erzieherinnen und Erzieher<br />

Wir bitten Sie, pro Frage jeweils eine für Sie zutreffende Antwort anzustreichen.<br />

1. Das Projekt stellt den Versuch dar, Kindern eine positive Herangehensweise an<br />

Mathematik zu ermöglichen.<br />

Glauben Sie, dass der Projektansatz diesem Anspruch gerecht wird?<br />

ja teilweise nein<br />

2. Ist das Konzept für Sie schlüssig und verständlich?<br />

ja teilweise nein<br />

3. Lässt das Konzept genügend Freiraum, auch eigene Ideen umzusetzen?<br />

ja teilweise nein<br />

4. Hat Ihnen die Durchführung Spaß gemacht?<br />

ja teilweise nein<br />

5. Halten Sie die Durchführung des Konzeptes auch im Alltag Ihrer Einrichtung für möglich?<br />

ja teilweise nein<br />

6. Erlebten Sie das Projekt als eine Bereicherung Ihrer pädagogischen Arbeit?<br />

28


ja teilweise nein<br />

7. Würden Sie das Konzept gerne zu einem beständigen Teil Ihrer Arbeit machen?<br />

ja teilweise nein<br />

8. Fällt es Ihnen leicht, das Konzept weiter zu empfehlen?<br />

ja teilweise nein<br />

9. Die meisten Kinder waren mit Freude bei der Sache.<br />

ja nein<br />

10. Die meisten Kinder werden durch das Konzept für Zahlen in der Umwelt sensibilisiert.<br />

ja nein<br />

11. Die meisten Kinder haben über ein mathematisches Grundverständnis hinausgehend<br />

auch ganz allgemeine (Lern-)Fortschritte gemacht (z. B. Wahrnehmung, Konzentration,<br />

Sprache, Selbstbewusstsein etc.).<br />

ja nein<br />

Vielen Dank für Ihre Mitarbeit!<br />

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