Lotperlenfreie Zone? – Eine Betrachtung - EPM Handels AG
Lotperlenfreie Zone? – Eine Betrachtung - EPM Handels AG
Lotperlenfreie Zone? – Eine Betrachtung - EPM Handels AG
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diger Dietrich, Technischer Leiter bei den<br />
Lackwerken Peters aus Kempen, und unterstreichen<br />
damit gleichzeitig die Forderung<br />
des <strong>EPM</strong>-Chefs: »Das liegt zum<br />
einen an der Qualität bzw. Reinheit der<br />
eingesetzten Rohstoffe, die von Charge<br />
zu Charge nur minimalste Abweichungen<br />
haben dürfen, und zum anderen an<br />
der Abstimmung der einzelnen Rohstoffkomponenten<br />
der Lackformulierungen<br />
untereinander. Daraus können große<br />
Unterschiede im Hinblick auf die Lotperlenbildung<br />
resultieren, daher sollte auch<br />
jeder Bestandteil eines Lötstopplacks<br />
hinsichtlich seines Einflusses auf die<br />
Entstehung von Lotperlen genauestens<br />
untersucht werden.«<br />
Bürstmodule haben sich nicht<br />
bewährt<br />
Also sind die Lackhersteller gefordert,<br />
die Anhaftung von Lotperlen durch geeignete<br />
Rezepturen deutlich zu minimieren<br />
oder, wenn möglich, zu eliminieren.<br />
Dabei darf allerdings nicht vergessen<br />
werden, dass die Aufgaben des Lötstopplacks<br />
auf der Leiterplatte nicht beeinträchtigt<br />
werden dürfen: die Lacke<br />
müssen als Isolierstoff über den nicht zu<br />
lötenden Stellen der Baugruppe funktionieren,<br />
sie müssen gegenüber dem flüssigen<br />
Lot beständig sein, auf den unterschiedlichen<br />
Untergründen fest haften<br />
bleiben und natürlich durch ihren Einsatz<br />
im Lötprozess Lötzinn einsparen.<br />
Nicht zu vergessen: die gute Umweltverträglichkeit<br />
und die immer öfter geforderte<br />
kostengünstige Verarbeitung. Vor<br />
diesem Hintergrund - und mit der Zielsetzung<br />
der Lotperlenminimierung - haben<br />
Kramer und Dietrich einige Versuche<br />
ausgeführt, bei der sie der Oberfläche<br />
des Lötstopplacks im mikroskopischen<br />
Bereich eine gewisse Rauhigkeit gegeben<br />
haben: »Wir haben die Oberfläche<br />
zunächst mit Bürstmodulen oder auch<br />
mit bestimmten chemischen Lösungen<br />
behandelt, haben dies aber schnell wieder<br />
aufgegeben, weil diese Verfahren<br />
nicht praxisgerecht sind und ausserdem<br />
leicht zu Schäden der Beschichtung führen<br />
können. Freigelegte Leiter würden<br />
oxidieren und die Zuverlässigkeit der<br />
Flachbaugruppe reduzieren, eine nachträgliche<br />
Bearbeitung der Lackoberfläche<br />
ist damit hinfällig«. Weitere Experimente<br />
mit Rezepturveränderungen<br />
durch Füllstoffe in den Lackwerken haben<br />
ergeben, dass sich durch den Einsatz<br />
von sehr feinen Füllstoffen auf der Lackoberfläche<br />
eine Mikrorauhigkeit erzeugen<br />
lässt, die bewirkt, dass im Vergleich<br />
zu Standardlacken tatsächlich weniger<br />
Lotperlen anhafteten: »Lotperlen von einer<br />
Größe von mehr als 0,2 mm konnten<br />
bei einer bestimmten Rezeptierung mit<br />
feinen Füllstoffen sogar vollständig beseitigt<br />
werden«, so die Ingenieure.<br />
No clean und VOC-frei<br />
Der zweite Hauptverursacher von Lotperlen<br />
mit einer Gewichtung von ca.<br />
20% ist eindeutig das Flussmittel. Auch<br />
hier gab es seit Einführung der no clean-<br />
Flussmittel erhebliche produktionstechnische<br />
Veränderungen, denn die Aufgabe<br />
der Halogene - das Aufbrechen der<br />
Oxyde - mußten nun andere Substanzen<br />
übernehmen. Das war die Geburtsstunde<br />
der - im Vergleich zu Halogen (Festkörperanteil<br />
15 - 20%) - festkörperarmen<br />
no clean Flussmittel (Festkörperanteil<br />
2 - 4%). Diese gravierende Veränderung<br />
bedeutete gleichzeitig, dass die<br />
Lötqualität deutlich besser werden<br />
musste, um das gleiche stabile Ergebnis<br />
wie bisher zu erzielen: die Meßlatte lag<br />
nach wie vor bei einer Fehlerquote von<br />
100 ppm. Also waren die Flussmittelhersteller<br />
gefordert - und sind es heute immer<br />
noch.<br />
Die primäre Aufgabe des Flußmittels<br />
ist es, den Aufschmelzvorgang des Lots<br />
zu unterstützen, die Werkstoffoberflächen<br />
sauber zu halten und die Oxyd-<br />
schichten, die sich unter Lufteinwirkung<br />
auf fast allen Metallen bilden, zu beseitigen;<br />
gleichzeitig setzt es die Oberflächenspannung<br />
des Lotes herab, und<br />
auch das wirkt sich günstig auf eine geringere<br />
Lotperlenbildung aus. Im Handel<br />
sind sowohl wasser- als auch alkoholba-<br />
FERTIGUNG<br />
sierende Flussmittel erhältlich, wobei<br />
sich in der Praxis - speziell beim bleifreien<br />
Löten - die wasserbasierenden, VOCfreien<br />
Flussmittel durchzusetzen scheinen.<br />
»Die Gründe hierfür liegen auf der<br />
Hand,« erklärt der technische Berater Peters.<br />
Zum einen sind wasserbasierende,<br />
VOC-freie Flussmittel umweltfreundlicher<br />
und vertragen sich daher auch besser<br />
mit bleilosen Legierungen, zum anderen<br />
sparen sie den Unternehmen Geld,<br />
denn für alkoholbasierende Flussmittel<br />
müssen gezielte Sicherheitsvorkehrungen<br />
getroffen werden. Beispielsweise<br />
müssen diese Art Flussmittel in speziellen<br />
Sicherheitsschränken bei einer bestimmten<br />
Temperatur lagern, und außerdem<br />
muss es gesondert entsorgt werden.<br />
Vielen ist das einfach zu umständlich.<br />
Mal bei Coca-Cola nachgefragt?<br />
Auch wenn die neuen Flussmittel in der<br />
Regel gut sind und bereits seit vielen<br />
Jahren erforscht werden: die Technologie<br />
steht noch relativ am Anfang, die<br />
bleifreie Zeit ist gerade erst angebrochen.<br />
Doch leider gibt es im immerwährenden<br />
Preiskampf auch schwarze Schafe<br />
unter den Herstellern, vor denen man<br />
sich noch nicht einmal schützen kann.<br />
Diese Erfahrungen muß <strong>EPM</strong>-Chef und<br />
Maschinenlieferant Isler leider immer<br />
wieder machen. Die Hauptursache für<br />
diesen Umstand ist in seinen Augen klar:<br />
„Wenn Sie die Flussmittelhersteller nach<br />
der Rezeptur ihrer Flussmittel fragen,<br />
könnten Sie genauso gut Coca Cola um<br />
deren Rezept bitten. Kein einziger Hersteller<br />
legt die Rezepturen seiner Flussmittel<br />
offen, und es ist völlig unverständlich,<br />
dass das in diesem Umfang noch erlaubt<br />
ist. <strong>Eine</strong>rseits verstehe ich natürlich,<br />
dass jemand mit einer besonderen<br />
Rezeptur seine Wettbewerbsfähigkeit<br />
schützen und erhalten will, aber andererseits<br />
müssen die Elektronikfertiger<br />
und Maschinenhersteller doch wenigstens<br />
die Chance bekommen, sich vor ungewollten<br />
und sogar zerstörend wirkenden<br />
Ingredienzen zu schützen. Wir haben<br />
es gerade erst erlebt, dass ein Flussmittelhersteller<br />
seinem Flussmittel als<br />
Festkörper Chlor untergemischt und diese<br />
Tatsache verschwiegen hat, mit dem<br />
Ergebnis, dass ganze Maschinenteile<br />
weggefressen wurden. Da reden wir<br />
dann nicht nur von dem Defekt, der an<br />
der Maschine entstanden ist, sondern<br />
gleichzeitig von einem Produktionsausfall,<br />
und das wird dann richtig teuer. So<br />
ein Verhalten findet Isler einfach unverantwortlich:<br />
»Hier wird eine Grenze<br />
deutlich überschritten«.<br />
SMT 8-9/2006 23