Yorcker Nr. 14 (April/Mai 2000) - Yorck Kino GmbH
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Start: 30.03.00<br />
Regie Eoin Moore<br />
Filmographie<br />
(Auswahl):<br />
1992 Child of Light<br />
1995 Storm Rising<br />
1996 9 1 /2 Minuten<br />
<strong>2000</strong> Conamara<br />
Buch Eoin Moore<br />
Jahr 1998<br />
land B R D<br />
Plus minus Null wird mit den Dogma-Filmen in<br />
Verbindung gebracht. Zu Recht, was Aufnahmetechnik,<br />
naturalistische Spielweise der Darsteller<br />
und den spontanen Umgang mit der<br />
Drehbuchidee betrifft. Daß dieser Film darüber<br />
hinaus eine erfrischende Sichtweise aufs Berliner<br />
Milieu hat, und so wenig moralisiert, macht<br />
daraus etwas mehr als eine deutsche Dogma-<br />
Version.<br />
Der Film ist schnell erzählt. Ein junger Bauarbeiter<br />
lernt zwei Prostituierte kennen, bleibt ihnen<br />
eine Weile verbunden, und als die Berührungspunkte<br />
erschöpft sind, geht das Leben wie vorher<br />
weiter.<br />
Eine Geschichte also von Leuten, die – von der<br />
Gesellschaft als zweitklassig eingestuft – beginnen,<br />
diese Wertung selbst zu verinnerlichen. Ihr<br />
Leben ist derart von äußeren Umständen bestimmt,<br />
daß sie kaum noch ernsthaft an Veränderungen<br />
denken. Doch diese Einstellung ist offensichtlich<br />
nicht nur an den Rändern der Gesellschaft<br />
vorzufinden. Es scheint für die heutige Zeit<br />
eine durchaus legitime und logische Form des<br />
Daseins darzustellen. Das alte Kampfwort von<br />
der „Überflußgesellschaft“ aus den 70ern könnte<br />
so zur „Unentschiedenheitsgesellschaft“ mutieren<br />
und damit eine Stimmung ausdrücken, wie sie<br />
anscheinend viele mit sich herumtragen.<br />
Für den Bauarbeiter Alex, souverän gespielt von<br />
Andreas Schmidt, und der Prostituierten Ruth,<br />
auch sie ganz wunderbar von Kathleen Gallego<br />
Zapata verkörpert, steht das Unentschlossene,<br />
Plus Minus Null<br />
Darstellerd<br />
Andreas Schmidt<br />
Tamara Simunovic<br />
Kathleen Gallego<br />
Zapata<br />
Matthias Schmidt<br />
Steffen Münster<br />
Kamera Bernd Löhr,<br />
Eoin Moore<br />
LÄNGE 81 min<br />
Halbherzige, ja fast Spielerische des Lebens im<br />
Vordergrund. Die dritte Hauptdarstellerin, Svetlana,<br />
hat als einzige ein klares Ziel vor Augen. Ihr<br />
Hintergrund ist auch ein völlig anderer. Sie<br />
kommt aus Bosnien, steht kurz vor der Abschiebung<br />
und möchte unbedingt in Berlin bleiben. In<br />
ihrem Leben ist wenig Platz für das unbefangene<br />
Spiel mit dem Zufall und dem (beinahe) sorglosen<br />
„floaten“ in unserer Staats- und Stadtlandschaft.<br />
Ein klarer Wink, daß nicht weit von der EU<br />
entfernt Menschen mit ganz anderen Problemen<br />
kämpfen.<br />
Aber auch ohne diese Gesellschaftskritik ist Plus<br />
minus Null ein bemerkenswerter Film. Absolut<br />
locker, wie aus dem Stand heraus gespielt. In nur<br />
elf Tagen abgedreht, mit einem Budget von sechzigtausend<br />
Mark.<br />
In einem Interview sagte Regisseur Eoin Moore,<br />
daß er in langen Vorgesprächen mit den Darstellern<br />
zunächst deren Filmcharakter geprägt hat.<br />
„Einen Eisberg der Figur bauen“, nannte er es,<br />
wovon man im fertigen Film lediglich die Spitze<br />
sehen soll und das andere nur erahnt. Das ist ihm<br />
wirklich gelungen. Die Figuren leben im Kopf der<br />
Zuschauer weiter.<br />
Ein empfehlenswerter Film also, der verschiedene<br />
Reize hat. Die Dogma-Ästhetik, Berlin-Flair mit<br />
internationaler, oder moderner gesagt, multikultureller<br />
Besetzung, gemacht von einem irischen<br />
Regisseur und ausgezeichnet mit verschiedenen<br />
Filmpreisen. Fehlt nur noch das Tüpfelchen auf<br />
dem i: das Votum der Zuschauer.<br />
Rosa<br />
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