begnadigung - Institut für Strafrecht und Kriminologie - Universität Bern

2. STRAFVOLLSTRECKUNG (OHNE BEDINGTE ENTLASSUNG UND BESONDERE VOLLZUGSFORMEN)
BEGNADIGUNG
FORMELL
NORM
VORHANDEN: � AG, BL, BS, BE, LU, NW, OW, SO, UR, ZG
� AR, AI, GL, GR, SH, SG, TG, ZH
�FR, GE, JU, NE, TI, VD, VS
Zusammenfassend: Alle Kantone verfügen über eine Norm
betreffend die Begnadigung.
REGELUNGSSTUFE
VERFASSUNG: � AG, BL, BS, BE, LU, NW, OW, SO, UR, ZG
� AR, AI, GL, GR, SH, SG, TG, ZH
� FR, GE, JU, NE, TI, VD, VS
GESETZ: � AG (nur Kompetenznorm in StPO, alles andere SpezialG
und V) BL, BS, BE, LU, SO, ZG
� AR, AI, GL, GR, SH, SG, TG, ZH
� FR, GE, JU, NE, TI, VD, VS
VERORDNUNG: � AG, BL, LU, NW, OW, SO, UR, ZG
� SG, TG
�
NUR VERORDNUNG: � SZ
�
�
zusammenfassend: Alle Kantone ausser SZ haben eine
Verfassungsbestimmung.
Auf Gesetzesstufe wird die Begnadigung in der kt. StPO
(AG, BE, LU, SO, ZG, AR, AI, GL, GR, SH, SG, TG, ZH, JU, NE,
VD), einem Spezialgesetz (AG, BS, FR, GE, NE, TI) oder im
EG StGB (BL, FR, VS) geregelt.
In den Kantonen SZ und UR wird die Begnadigung in der
StPO als V geregelt, womit SZ als einziger Kanton bzgl.
Begnadigung nur über eine V-Grundlage verfügt.
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Inventar des kantonalen Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsrechts XXXI, 1
Prof. Dr. A. Baechtold, Universität Bern, Institut für Strafrecht & Kriminologie

MATERIELL
BUNDESRECHT Art. 394 StGB
Das Recht der Begnadigung mit Bezug auf Urteile, die auf Grund dieses oder
eines andern Bundesgesetzes ergangen sind, wird ausgeübt:
a. […]
b. in den Fällen, in denen eine kantonale Behörde geurteilt hat, durch die
Begnadigungsbehörde des Kantons.
ANWENDUNGSBEREICH
AUSDRÜCKLICH INKL. � SO (StGB 42 und 100 bis )
MASSNAHMEN: �
�
AUSDRÜCKLICH EXKL. �
MASSNAHMEN: � SH
� VS
Art. 396 StGB
1 Durch Begnadigung können alle durch rechtskräftiges Urteil auferlegten
Strafen ganz oder teilweise erlassen oder die Strafen in mildere Strafarten
umgewandelt werden.
2 Der Gnadenerlass bestimmt den Umfang der Begnadigung.
AUSKLAMMERUNG KT. �
ÜBERTRETUNGSSTRAFRECHT: � TG, ZH (teils und sofern explizit gesetzlich statuiert)
� VD(Urteile Stufe Gemeinde ausgenommen)
zusammenfassend: Einzig SO unterstellt in der Sache die
Massnahmen (lediglich Massnahmen nach Art. 42, 100 bis
StGB) den Strafen gleich; In SH und VS sind die
Massnahmen von einer Begnadigung explizit
ausgenommen. Das Gros der Kantone erwähnt die
Massnahmen nicht.
TG, ZH und VD (nur für Gemeindestufe) schliessen die
Begnadigung für kt. Übertretungsstrafrecht aus.
VORAUSSETZUNGEN
BUNDESRECHT: Art. 395 StGB
1 Das Begnadigungsgesuch kann vom Verurteilten, von seinem gesetzlichen
Vertreter und, mit Einwilligung des Verurteilten, von seinem Verteidiger
oder von seinem Ehegatten gestellt werden.
2 Bei politischen Verbrechen und Vergehen und bei Straftaten, die mit einem
politischen Verbrechen oder Vergehen zusammenhängen, ist überdies der
Bundesrat oder die Kantonsregierung zur Einleitung des
Begnadigungsverfahrens befugt.
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3 Die Begnadigungsbehörde kann bestimmen, dass ein abgelehntes
Begnadigungsgesuch vor Ablauf eines gewissen Zeitraums nicht erneuert
werden darf.
SCHRIFTLICHE FORM: � AG, BS, NW, OW, SO (Ausnahme für Inhaftierte), UR, ZG
� AR, AI, GL, GR, SH, SG
� VS
MÜNDLICHE FORM: �
�
�
MÜNDL./ODER � BE
SCHRIFTLICH: �
� JU
KEINE REGELUNG: � BL, LU, SZ, TG
� ZH
� FR, GE, NE, VD
SPERRFRIST � BS (Kommission), BE (Begnadigungsbehörde), LU (Parl
GEM. STGB 395/III selbständig oder auf Antrag Kommission), NW
MÖGLICH: (grundsätzlich 6 Monate), SO (1 Jahr)
� GL (indiv. durch Begnadigungsbehörde), TG (Parl-Komm
bzw. Parl: kann-Norm)
� GE (Parl), VS (1 Jahr)
AUFSCHIEBENDE WIRKUNG � BL (mit Entscheid ParlKommPräsident), BE
MÖGLICH: (sofern erstes Gesuch und FHS < 3 Monate oder Busse
und Strafe nicht schon angetreten), NW (bei wichtigen
Gründen durch Vollzugsbehörde möglich), OW (gem.
Anordnung Justizdirektor), SO (Entscheid Vorsteher Bau-
und Justizdep.), UR (RR), ZG (RR, wenn Vollzug noch
nicht begonnen)
� AR (RR), AI (RR), SH (Vollstreckungsbehörde kann
anordnen), SG (Dep.), TG (Dep.)
� FR (Dep.), JU (bei Bussen, Strafe bis 3 Monate, erstem
Begnadigungsgesuch), VD (Dep.), VS (RR)
zusammenfassend: In den Kantonen AG, BS, NW, OW, SO
(Ausnahme für Inhaftierte), UR, ZG, AR, AI, GL, GR, SH, SG
und VS muss das Begnadigungsgesuch schriftlich
eingereicht werden, in BE und JU ist auch der mündliche
Weg möglich. Keine Formvorschrift in den Kantonen BL, LU,
SZ, TG, ZH, FR, GE, NE, VD.
Sperrfristen zur Einreichung eines erneuten
Begnadigungsgesuches können in BS, BE, LU, GL, TG, GE
angeordnet werden, resp. existieren in NW (6 Monate), SO
(12 Monate) und VS (12 Monate).
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ZUSTÄNDIGE BEHÖRDE
PARLAMENT: � AG, BL, BS (auf Antrag Begnadigungskommission/
Ratsmitglieder und Empfehlung/ Vorschlag des
verurteilenden Gerichts, sofern FHS 1 Jahr und mehr, ist
FHS< 1 Jahr, kann Kommission nur bei Ablehnung
endgültig entscheiden), BE, LU, NW, , SZ (bei
Verbrechen/Vergehen gegen Staat &
Landesverteidigung oder im Zusammenhang damit auf
Antrag Begnadigungskommission), SO (inkl. Art. 42,
100 bis StGB), UR, ZG (gem. Verf. nur für politische
Verbrechen und Vergehen)
� AR, AI, GL, GR, SH, SG, TG (FHS > 5 Jahre), ZH
� FR, GE (FHS > 6 Monate, Bussen > CHF 5000,
Nebenstrafen > als 2 Jahre), JU, NE, VD, VS
ABSCHLIESSENDE � AG (FHS < 1 Jahr, Busse bis CHF 10'000, Nebenstrafe
VERANTWORTLICHKEIT StGB 51-56, BL (Geldbussen), BS (nur bei Ablehnung
DER BEGNADIGUNGS- und FHS < 1 Jahr), LU (sofern Parl oder RR keinen
KOMMISSION: Gegenantrag stellen), SZ (für alles, was nicht
Verbrechen/Vergehen gegen Staat oder
Landesverteidigung)
� TG (ZHS < 5 Jahre, Bussen)
� NE (Gefänigsstrafen bis 6 Monate, Haftstrafen, Bussen bis
CHF 5000)
REGIERUNG: � BE (RR für Bussen bis CHF 500), OW (für Geldbussen), SO
(GFS < 6 Mte, Haftstrafen, Busse), UR (FHS bis 6 Mte)
� AI (FHS < 3 Mte und Bussen), GL (FHS < 6 Mte, Bussen)
GR (FHS < 18 Mte, Bussen, alle kantonalrechtlichen
Verurteilungen), SG (FHS < 5 Jahre, Bussen),
� JU (Bussen von CHF 101-1000, bis CHF 100 Zuständigkeit
beim Justizdepartement)
VORBEHANDLUNG DURCH � AG, BL, BE, LU, OW, SZ, SO, UR (RR; inkl. Antrag an
DEPARTEMENT: ParlKomm), ZG (Bericht, Antrag ans Parl)
� AR, AI, GL, GR (evt. Vernehmlassung Gericht,
Strafvollzugsorgane), SG, TG
� FR, JU (RR), NE (RR), VD
VORBEHANDLUNG DURCH � BS, LU, NW, SO (Antrag an Parl), SZ (Antrag an Parl), UR
KOMMISSION: (inkl. Antrag an Parl), ZG (Bericht, Antrag an Parl)
� AR (inkl. Justiz-RR mit beratender Stimme, Antrag an
Parl) GL, GR, SH (kann Vernehmlassung RR und Gericht
einholen), SG, TG
� FR (Bericht an Parl), GE, JU, NE (Bericht und Antrag), VS
(Bericht und Antrag)
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BEDINGUNGEN UND � AG, BE, BL, BS, SO, SZ, ZG (RR)
WIDERRUF: � AI (RR), SH (Parl), TG
�
SPEZIELLES
zusammenfassend: In allen Kantonen ist grundsätzlich das
Parlament zuständig. In AG, BL, BS, LU, SZ (alles, was weder
Verbrechen/Vergehen gegen Staat oder Landesverrat
resp. damit im Zusammengang stehend) und TG
(Freiheitsstrafen bis 5 Jahre) verfügt die
Parlamentskommission über eine abschliessende
Teilzuständigkeit.
In den Kantonen BE, OW, SO, UR, AI, GL, GR, SG
(Freiheitsstrafen bis 5 Jahre), JU verfügt die Exekutivspitze
über eine abschliessende Teilzuständigkeit.
� Im Kanton BE kann die Behörde v.A.w. begnadigen,
wobei eine Ausschlagung bei erfolgter Umwandlung
der Strafe nicht möglich ist.
� Im Kanton SG ist Parl erst ab 5 Jahre FHS zuständig –
interessant ist, dass dies in StPO-G geregelt ist, da gem.
KV lediglich der RR für Begnadigung zuständig ist.
� § 56 Abs. 2 der zürcherischen Staatsverfassung
statuiert, dass Begnadigung einzig durch das
Parlament erfolgen kann. Weiter wird in § 491 StPO-ZH
geregelt, dass der Regierungsrat bloss bei
lebenslänglichem Zuchthaus, politischen Verbrechen
und Vergehen, sowie, wenn Richter aufgrund StGB-BT
an ein besonderes Mindestmass der Zuchthausstrafe
gebunden ist, das Geschäft dem Parlament zu
unterbreiten habe, andernfalls er selbst über
Vorlegung oder Abweisung entscheidet. Diese
Bestimmung in der StPO kommt einem Widerspruch zu
§ 56 Abs. 1 der Verfassung gleich.
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