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Leseprobe - Verlag JHW Dietz Nachf.

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Elementen einer Deutschlandpolitik, die auch ihre Unzulänglichkeiten<br />

haben musste, da sich das Gewicht der Besatzungsmacht nun einmal<br />

kaum überspielen ließ.<br />

Muss ich noch einmal daran erinnern, dass wir nicht nur diplomatisiert,<br />

sondern, wo es darauf ankam, uns unserer Haut gewehrt haben.<br />

Oder soll ich mich gar noch dafür rechtfertigen müssen, dass man mir<br />

eine Stasi-Laus in den Kanzlerpelz setzte! 18<br />

Ich bitte darum, wenn wir ehrlich mit der Vergangenheit umgehen<br />

wollen, dass wir gerade die internationalen Zusammenhänge nicht aus<br />

dem Auge verlieren. Unsere Bemühungen waren eingebettet in eine<br />

westliche Entspannungspolitik, die auf Sicherung des Friedens abzielte<br />

und dem Ringen um Menschenrechte einen gesamteuropäischen Bezugspunkt<br />

schaffen sollte. Das war der Sinn der Schlussakte von Helsinki,<br />

Sommer 1975, und es darf inzwischen als quasi gerichtsnotorisch gelten,<br />

dass davon Wirkungen ausgegangen sind. Oder wollte jemand widersprechen<br />

und behaupten, dies habe nicht auch zur Überwindung der<br />

kommunistischen Regime beigetragen! 19<br />

Seit Beginn des Umbruchs versuche ich, uns vor Pharisäertum und<br />

Denunziantenwesen zu bewahren. Ein vergeblicher Versuch? Das will<br />

ich nicht glauben. Sondern ich setze weiter darauf, dass wir über den<br />

bitteren Erfahrungen aus beiden Diktaturen den Sinn von Demokratie<br />

nicht vergessen. Wir können uns doch nicht damit abfinden, zum Objekt<br />

von Leuten zu werden, die mit (dubiosen) Akten handeln – wobei<br />

immer wieder darauf hingewiesen werden muss, dass Papier allein keinen<br />

Beweis führen kann – und sich als Wahrheitszeugen andienen, die<br />

sie nicht sind. 20<br />

Damit wir uns richtig verstehen: Wer zurechenbares Unrecht begangen<br />

hat, muss dafür geradestehen. Er wird geltend machen können, auf<br />

welche Weise er in welche Verstrickung geriet. Er muss sich jetzt in einem<br />

Rechtsstaat verantworten, der keine wie auch immer vom Recht<br />

18 Diese Bemerkung bezieht sich auf die »Guillaume-Affäre«, die im Mai 1974 den<br />

Rücktritt Brandts als Bundeskanzler auslöste. Brandts Sicht der Hintergründe und<br />

Folgen dieses Spionagefalls sind in einer Neuauflage seiner Memoiren breiter dargestellt:<br />

Willy Brandt, Erinnerungen. Mit den »Notizen zum Fall G«, Frankfurt am<br />

Main/Berlin 1994; vgl. dazu auch Seebacher, Brandt, S. 260 ff.; Merseburger, Brandt,<br />

S. 657 ff.<br />

19 Vgl. zu den Abrüstungsverhandlungen in den 1970er Jahren und zu den Ergebnissen<br />

der Konferenz von Helsinki: Wilfried Loth, Helsinki, 1. August 1975. Entspannung<br />

und Abrüstung, München 1998; Stöver, Kalter Krieg, S. 381 ff.<br />

20 Vgl. dazu Dokument 54, Anm. 14.<br />

825 55. Zur Sache: Deutschland

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