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Der Parlamentarische Rat und das Grundgesetz - Mitmischen.de

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sPezial<br />

www.b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz


Titelbild: anlässlich <strong>de</strong>r letzten sitzung <strong>de</strong>s<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es am 23. Mai 1949<br />

wer<strong>de</strong>n Fahnen mit <strong>de</strong>n Farben <strong>de</strong>r neuen<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland gehisst (Foto:<br />

Ullstein Bild)<br />

Festakt zur eröffnung <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>es im Bonner Museum Koenig am<br />

1. september 1948. am Rednerpult <strong>de</strong>r hessische<br />

Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Christian stock (sPD)<br />

inhalt<br />

1 Die situation<br />

<strong>Der</strong> Weg zum<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong><br />

6 Die Konstituierung<br />

abgeordnete <strong>und</strong><br />

arbeitsbedingungen<br />

10 Die arbeit<br />

F<strong>und</strong>ament für eine<br />

wehrhafte Demokratie<br />

20 Die entwicklung<br />

erfolgsgeschichte <strong>und</strong><br />

Vorbild<br />

im interview:<br />

Winfried Hassemer<br />

29 infotipps<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

ein Gr<strong>und</strong>gesetz für Deutschland<br />

<strong>Der</strong> Weg zum<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n


<strong>Rat</strong><br />

<strong>Der</strong> start in eine neue zukunft beginnt mit einer Vertreibung: Giraffen, Büffel <strong>und</strong><br />

an<strong>de</strong>re ausgestopfte Tiere im Bonner zoologischen Museum alexan<strong>de</strong>r Koenig wer<strong>de</strong>n<br />

hinter säulen unter großen Vorhängen versteckt. Denn <strong>de</strong>r große Museumssaal wird für<br />

Wichtiges benötigt: am 1. september 1948, Punkt 13 Uhr, beginnt hier <strong>de</strong>r Festakt zur<br />

eröffnung <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es. neun Monate später wird dieser <strong>Rat</strong> <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong> -<br />

gesetz vorlegen – die Verfassung <strong>de</strong>s west<strong>de</strong>utschen Teilstaates. seine Verabschie-<br />

dung ist die Geburtsst<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland. Und <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong> stock für<br />

eine nun 60-jährige erfolgsgeschichte.<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 1


Die siTUaTion<br />

es ist eine illustre Versammlung,<br />

die auf <strong>de</strong>n Holzstühlen Platz<br />

nimmt: ehemalige Abgeordnete<br />

<strong>de</strong>s Reichstags, Oberbürgermeister,<br />

Pro fessoren, Wi<strong>de</strong>rstandskämpfer, Ge -<br />

werkschaftsführer. Die Männer <strong>und</strong><br />

die – wenigen – Frauen sind festlich<br />

geklei<strong>de</strong>t. Aber vielen Gesichtern sind<br />

die Entbehrungen <strong>und</strong> inneren Verletzungen<br />

anzusehen, die die Zeit <strong>de</strong>s<br />

Nationalsozialismus verursacht hat.<br />

Über <strong>de</strong>m Festakt liegt eine gespannte<br />

Erwartungshaltung. Denn je<strong>de</strong>r im<br />

Saal spürt die Größe <strong>und</strong> Be<strong>de</strong>utung<br />

dieses Tages. <strong>Der</strong> Ministerpräsi<strong>de</strong>nt<br />

von Nord rhein-Westfalen Karl Arnold<br />

(CDU), <strong>de</strong>r die Festversammlung eröffnet,<br />

formuliert diese Erwartung so:<br />

„Wir beginnen mit dieser Arbeit<br />

in <strong>de</strong>r Absicht <strong>und</strong> <strong>de</strong>m festen Willen,<br />

einen Bau zu errichten, <strong>de</strong>r am En<strong>de</strong><br />

ein gutes Haus für alle Deutschen wer<strong>de</strong>n<br />

soll. Dieses Haus soll sich in zäher<br />

<strong>und</strong> mühsamer Arbeit aus <strong>de</strong>n Ruinen<br />

unserer zerstörten Städte <strong>und</strong> Dörfer<br />

erheben, wie sich <strong>de</strong>utsches Leben aus<br />

seinem Herzensgr<strong>und</strong> erheben muss zu<br />

neuem Leben <strong>und</strong> neuer Hoffnung.“<br />

Ruinen, Zerstörung, Hunger, Vertreibung,<br />

Unsicherheit – <strong>das</strong> ist <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n,<br />

auf <strong>de</strong>m <strong>das</strong> Neue entstehen soll.<br />

Gera<strong>de</strong> drei Jahre ist es her, <strong>das</strong>s<br />

Deutschland seinen tiefsten Fall erfahren,<br />

<strong>de</strong>n Krieg <strong>und</strong> die Verbrechen <strong>de</strong>s<br />

Na tionalsozialismus mit <strong>de</strong>r bedingungslosen<br />

Kapitulation <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schmach bezahlt<br />

hat, sich mit Hitlers Völkermord<br />

an <strong>de</strong>n Ju<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r zivilisierten Welt<br />

CHRoniK<br />

Foto: PA/akg-images<br />

16. april 1948 Marshallplan Wirtschaft-<br />

liches Wie<strong>de</strong>raufbauprogramm <strong>de</strong>r Usa für <strong>das</strong><br />

zerstörte Westeuropa<br />

2 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial<br />

ausgeschlossen zu haben. Die meisten<br />

Menschen sind mit <strong>de</strong>m Kampf um <strong>das</strong><br />

nackte Überleben beschäftigt. Und doch<br />

regt sich auch wie<strong>de</strong>r politisches Leben.<br />

Vorsichtig, unsicher, zögernd zunächst,<br />

aber doch auch hoffnungsvoll <strong>und</strong> voller<br />

I<strong>de</strong>ale. Denn eines eint Sieger, die nun<br />

über <strong>das</strong> in vier Besatzungszonen geteilte<br />

Deutschland herrschen, <strong>und</strong> Besiegte:<br />

Dem Hitler-Staat darf <strong>und</strong> kann nur ein<br />

friedliches <strong>und</strong> <strong>de</strong>mokratisches Deutschland<br />

folgen. So entstehen in allen Besatzungs<br />

zonen wie<strong>de</strong>r politische Par teien<br />

<strong>und</strong> ebenso Län<strong>de</strong>r, in <strong>de</strong>nen sich <strong>das</strong><br />

staatliche Leben mit Lan<strong>de</strong>spar lamenten<br />

<strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>s regie rungen neu zu organisieren<br />

beginnt. In <strong>de</strong>n Westzonen<br />

ist <strong>das</strong> Leitbild dieses Neuanfangs eine<br />

fö<strong>de</strong>rale, <strong>de</strong>mokratisch-parlamentari -<br />

sche Ordnung. In <strong>de</strong>r Ostzone hingegen<br />

bau en die Kommunisten immer<br />

rascher <strong>und</strong> konsequenter ein diktatorisches<br />

<strong>und</strong> zentralistisches System auf.<br />

Die Parteien wer<strong>de</strong>n bei nur formaler<br />

Selbstständigkeit zu einem sogenannten<br />

Demokratischen Block zusammengefasst,<br />

die fünf Län <strong>de</strong>r später aufgelöst<br />

<strong>und</strong> durch Bezirke ersetzt.<br />

Komplizierte Gemengelage<br />

Die eigentlichen Herren über <strong>das</strong><br />

Nachkriegs<strong>de</strong>utschland aber bleiben<br />

die Alliierten. Zunächst arbeiten die<br />

USA, Großbritannien, Frankreich <strong>und</strong><br />

die Sowjetunion noch zusammen, doch<br />

schon bald bricht die Einigkeit auseinan<strong>de</strong>r.<br />

Zu groß sind die i<strong>de</strong>ologischen,<br />

Die Monate bis zum <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong><br />

20. Juni 1948 Währungsreform in <strong>de</strong>n<br />

westlichen Besatzungszonen wird die D-Mark<br />

eingeführt<br />

Foto: Picture-Alliance/dpa<br />

politischen <strong>und</strong> machtstrategischen<br />

Ge gensätze unter <strong>de</strong>n ehemaligen Verbün<strong>de</strong>ten.<br />

<strong>Der</strong> Ost-West-Konflikt entsteht,<br />

später geht auf östlicher Seite<br />

ein „Eiserner Vorhang“ nie<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r<br />

„Kal te Krieg“ bricht aus. Was wird<br />

nun aus Deutschland, fragen sich viele<br />

Menschen im Westen wie im Osten<br />

<strong>de</strong>s in Zonen aufgeteilten Lan<strong>de</strong>s. Die<br />

Spaltung wirft ihre ersten Schatten.<br />

Bis <strong>de</strong>r <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong> in<br />

<strong>de</strong>r beschaulichen Universitätsstadt<br />

Bonn am 1. September 1948 zu seiner<br />

konstituieren<strong>de</strong>n Sitzung in <strong>de</strong>r wenige<br />

H<strong>und</strong>ert Meter vom Museum Koenig<br />

entfernten Pädagogischen Aka<strong>de</strong>mie zu-<br />

sammentritt, ist es noch ein weiter Weg.<br />

Viele Hür<strong>de</strong>n müssen genommen wer<strong>de</strong>n;<br />

zugleich verschärfen weitere wichtige<br />

Ereignisse die Gegensätze, die später<br />

zur Teilung Deutschlands führen:<br />

■ Um Deutschland wirtschaftlich wie<strong>de</strong>r<br />

auf eigene Beine zu stellen, legen<br />

die USA <strong>und</strong> Großbritannien im Jan<br />

uar 1947 ihre Besatzungszonen zur<br />

Bizone zusammen. Kurze Zeit später<br />

wird unter <strong>de</strong>r Kontrolle dieser<br />

bei<strong>de</strong>n Besatzungsmächte bereits <strong>de</strong>r<br />

Fr a n k f u r t e r W i r t s c h a f t s r a t mit ersten<br />

ge setz geberischen Befugnissen <strong>und</strong><br />

einem Exe kutivausschuss mit Di rek -<br />

to ren ge bil<strong>de</strong>t, die regierungs ähn liche<br />

Auf gaben wahrneh men – erste Vorformen<br />

eines größeren Staats gebil<strong>de</strong>s.<br />

Zu <strong>de</strong>n Direk toren gehört Ludwig<br />

Erhard, die spätere Ver kör perung <strong>de</strong>s<br />

„W i r t s c h a f t s w u n d e r s“.<br />

24. Juni 1948 Berlin-Blocka<strong>de</strong> Blocka-<br />

<strong>de</strong> Westberlins durch die sowjetunion (bis<br />

12. Mai 1949)<br />

Foto: Picture-Alliance/dpa


Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

■ Mitte 1948 verkün<strong>de</strong>n <strong>und</strong> initiieren<br />

die Amerikaner <strong>de</strong>n nach ihrem damaligen<br />

Außenminister benannten<br />

Mar shallplan, <strong>de</strong>r Europa wie<strong>de</strong>r<br />

auf helfen soll, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>m Westen<br />

Deutschlands. <strong>Der</strong> Osten muss<br />

sich dagegen auf Geheiß von Stalin,<br />

<strong>de</strong>r die Vorherrschaft <strong>de</strong>r Sowjetunion<br />

in Osteuropa gefähr<strong>de</strong>t sieht,<br />

von <strong>de</strong>m milliar<strong>de</strong>nschweren Hilfsprogramm<br />

selbst ausschließen.<br />

1. Juli 1948 Frankfurter Dokumente Über-<br />

gabe <strong>de</strong>r Frankfurter Dokumente durch die al-<br />

liierten an die Ministerpräsi<strong>de</strong>nten<br />

Foto: Picture-Alliance/dpa<br />

■ Nahezu zeitgleich fin<strong>de</strong>t die Währungs<br />

reform statt. In <strong>de</strong>n drei westlichen<br />

Besatzungszonen gilt ab <strong>de</strong>m<br />

20. Juni 1948 statt <strong>de</strong>r nahezu wertlosen<br />

Reichs mark nun die D-Mark.<br />

Je<strong>de</strong>r Bürger erhält 40 D-Mark<br />

„Kopf geld“. Schon am Tag nach <strong>de</strong>r<br />

Währungs reform sind die Schau fens<br />

ter <strong>de</strong>r Lä <strong>de</strong>n prall gefüllt. Drei Tage<br />

später folgt die Ostzone mit einer<br />

eigenen Wäh rungs reform – allerdings<br />

8. bis 10. Juli 1948 Rittersturzkonferenz<br />

erste Beratung <strong>de</strong>r Ministerpräsi<strong>de</strong>nten über<br />

die Frankfurter Dokumente<br />

Foto: Picture-Alliance/dpa<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

auftakt <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es: <strong>Der</strong><br />

nordrhein-westfälische Ministerpräsi<strong>de</strong>nt<br />

Karl arnold (rechts), eröffnungsredner auf<br />

<strong>de</strong>r Festversammlung, im Gespräch mit <strong>de</strong>m<br />

CDU-abgeordneten Theophil Kaufmann <strong>und</strong><br />

mit Fritz Ulrich (sPD), innenminister von<br />

Württemberg-Ba<strong>de</strong>n (links)<br />

ohne große Wirkung auf <strong>das</strong> Warenan<br />

gebot.<br />

■ Unmittelbar nach <strong>de</strong>n Wäh rungs reformen<br />

beginnt die Blocka<strong>de</strong> Berlins<br />

durch die So wjets. Nur mit Hilfe einer<br />

Luft brüc ke <strong>und</strong> von täglich H<strong>und</strong>erten<br />

„Ro sinenbombern“ können die Westalliierten<br />

die Versor gung West berlins<br />

aufrechterhalten. Knapp ein Jahr – bis<br />

zum 12. Mai 1949 – dauert die Blocka<strong>de</strong>,<br />

dann lenkt die Sowjetunion ein.<br />

■ Im April 1949 erweitert sich die<br />

Bizone durch <strong>de</strong>n Beitritt <strong>de</strong>r französischen<br />

Zone zur Trizone. Z u n ä c h s t<br />

nur aus rein wirtschaftlichen Interessen<br />

gegrün<strong>de</strong>t, wer<strong>de</strong>n Bizone<br />

<strong>und</strong> Trizone <strong>und</strong> ihre Institutionen<br />

jedoch am Beginn <strong>de</strong>s Kalten Krieges<br />

zu Vorläufergebil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esre<br />

publik Deutschland.<br />

In dieser komplizierten Gemen gelage<br />

ergreifen die drei Westalliierten die<br />

Initiative. Am 1. Juli 1948 übergeben<br />

sie im ehemaligen IG-Farben-Haus<br />

in Frankfurt, <strong>de</strong>m Hauptquartier <strong>de</strong>r<br />

10. bis 23. august 1948 V e r f a s -<br />

sungskonvent Vorbereitung <strong>de</strong>s Parlamenta ri-<br />

schen <strong>Rat</strong>es im Kloster Herrenchiemsee<br />

Foto: PA/akg-images<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 3


Die siTUaTion<br />

Freiheitsk<strong>und</strong>gebung<br />

am 9. september<br />

1948 vor <strong>de</strong>m<br />

Reichstagsgebäu<strong>de</strong><br />

mit <strong>de</strong>m appell<br />

<strong>de</strong>s Berliner<br />

Bürgermeisters<br />

ernst Reuter an die<br />

„Völker <strong>de</strong>r Welt“<br />

– ausdruck für <strong>de</strong>n<br />

Durchhaltewillen<br />

während <strong>de</strong>r Berlin-<br />

Blocka<strong>de</strong><br />

Foto: Ullstein Bild/Henry Ries<br />

amerikanischen Streitkräfte, <strong>de</strong>n elf Mi-<br />

nisterpräsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r west<strong>de</strong>ut schen Be-<br />

satzungszonen drei auf Schreibmaschine<br />

geschriebene Doku mente. Kern-<br />

punkt ist dabei <strong>de</strong>r Auf trag, bis zum<br />

1. September 1948 eine Verfassung geben<strong>de</strong><br />

Versammlung einzuberufen. Sie<br />

soll „eine <strong>de</strong>mokratische Verfas sungaus-<br />

ar beiten, die für die beteiligten Län<strong>de</strong>r<br />

eine Regierungsform <strong>de</strong>s fö<strong>de</strong> ralistischen<br />

Typs schafft, die am besten geeignet<br />

ist, die gegenwärtig zerris sene Ein<br />

heit schließlich wie<strong>de</strong>rher zu stel len,<br />

<strong>und</strong> die Rechte <strong>de</strong>r beteilig ten Län-<br />

<strong>de</strong>r schützt, eine angemessene Zentral-<br />

instanz schafft <strong>und</strong> die Ga ran tien <strong>de</strong>r<br />

individuellen Rechte <strong>und</strong> Frei hei ten<br />

enthält.“<br />

Mit diesem Auftrag (<strong>de</strong>n sogenannten<br />

Frankfurter Dokumenten)<br />

beginnt die Uhr <strong>de</strong>r Staatswerdung<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik endgültig zu ticken.<br />

Nur noch zwei Monate sind es,<br />

bis <strong>de</strong>r <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong> dafür<br />

die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Weichen zu stellen<br />

4 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial<br />

hat. Und diese zwei Monate haben es<br />

in sich. Hektische Aktivitäten entfalten<br />

sich. Schon eine Woche nach <strong>de</strong>r<br />

Übergabe <strong>de</strong>r Frankfurter Dokumente<br />

treffen sich die Ministerpräsi<strong>de</strong>nten<br />

<strong>de</strong>r west<strong>de</strong>utschen Län<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m<br />

Rittersturz, einem Aussichtspunkt bei<br />

Koblenz, um über die Konsequenzen<br />

<strong>de</strong>r alliierten Initiative zu befin<strong>de</strong>n.<br />

Schon dabei kristallisieren sich drei<br />

Kernpunkte heraus, die auch die späteren<br />

Beratungen – etwa im Jagdschloss<br />

Nie<strong>de</strong>rwald – dominieren wer<strong>de</strong>n:<br />

■ Die Frankfurter Dokumente sollen<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich angenommen wer<strong>de</strong>n.<br />

■ Die Schaffung eines west<strong>de</strong>utschen<br />

Teilstaates erscheint wegen <strong>de</strong>r damit<br />

verb<strong>und</strong>enen Vertiefung <strong>de</strong>r Teilung<br />

Deutschlands problematisch.<br />

■ Um die <strong>de</strong>utsche Einheit nicht zu<br />

gefähr<strong>de</strong>n, soll es keine Verfassunggeben<strong>de</strong><br />

Versammlung, son<strong>de</strong>rn nur<br />

einen Par la mentarischen <strong>Rat</strong>, keine<br />

Ver fassung, son<strong>de</strong>rn höchstens ein<br />

Organisationsstatut o<strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong> ge setz<br />

sowie kein Volksreferendum geben.<br />

Was sind die leitbil<strong>de</strong>r?<br />

Streitpunkte zwischen <strong>de</strong>n Minis terprä<br />

si<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r west<strong>de</strong>utschen Län<strong>de</strong>r<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n drei Westmäch ten sind auch<br />

die Festlegung von Län <strong>de</strong>r grenzen<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> Besatzungsstatut mit weitgehen<strong>de</strong>n<br />

Rechten, <strong>das</strong> die Alliierten für<br />

sich beanspruchen.<br />

Viele weitere Fragen türmen sich<br />

im Vorfeld <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es<br />

auf. Soll <strong>das</strong> geplante Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

ein lockeres Provisorium, eine ausgearbeitete<br />

Verfassung o<strong>de</strong>r ein Mittel<br />

weg von bei<strong>de</strong>m sein? An welchen<br />

Vorbil<strong>de</strong>rn, an welchen Werten orientiert<br />

man sich? Wie stark <strong>und</strong> eigenständig<br />

darf o<strong>de</strong>r muss die angestrebte<br />

Demokratie wer<strong>de</strong>n?<br />

Auf die eigene <strong>de</strong>utsche Ge schichte<br />

zurückzugreifen, hilft nicht viel.<br />

Denn eine gewichtige <strong>de</strong>mokra tische


Tra dition hat Deutschland nicht zubieten.<br />

So wie <strong>de</strong>r berühmten Gie bel inschrift<br />

DEM DEUTSCHEN VOLKE<br />

am stark zerstörten Reichs tagsgebäu<strong>de</strong><br />

einige Buchstaben fehlen, fehlt vielen<br />

Men schen eine klare Orientierung.<br />

Kein W<strong>und</strong>er: Das kaiserliche Deutschland<br />

unter Wilhelm II. war ein monarchi<br />

scher Obrig keitsstaat; die kurzen<br />

14 Jahre <strong>de</strong>r anschließen<strong>de</strong>n Weimarer<br />

Republik (1919 bis 1933) mit ihren<br />

permanent wechseln<strong>de</strong>n Regierungen,<br />

ihren institutionellen Schwächen <strong>und</strong><br />

ihrer mangeln<strong>de</strong>n positiven Verankerungen<br />

im Bewusstsein <strong>de</strong>r Bürger eigneten<br />

sich auch nicht so recht als Vorbild;<br />

schließlich die Ka tas tro phe <strong>de</strong>s<br />

nationalsozialistischen Regimes un ter<br />

Adolf Hitler. Auf welche L e it b i ld e r s ol -<br />

lte da zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n?<br />

Vor dieser Frage steht auch <strong>de</strong>r<br />

Sach verständigenausschuss, <strong>de</strong>r zur<br />

Vor bereitung <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

Ra tes vom 10. bis 23. August 1948 im<br />

Kloster von Herrenchiemsee zusammentritt<br />

<strong>und</strong> später <strong>de</strong>n Titel Ve r f a s ­<br />

sungskonvent erhält. In <strong>de</strong>r Insel abge<br />

schie<strong>de</strong>nheit erarbeiten elf Politi-<br />

ker <strong>und</strong> Sachverständige – unter ihnen<br />

Adolf Süster henn <strong>und</strong> Carlo Schmid –<br />

wichtige Prinzipien für <strong>das</strong> neue Gr<strong>und</strong>gesetz,<br />

etwa die, <strong>das</strong>s die neue Republik<br />

eine „wehrhafte Demo kratie“ sein müsse,<br />

die Regierung von einer „arbeitsfähigen<br />

Mehrheit“ im Par la ment abhängig<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> Staats ober haupt neutral sein<br />

müsse.<br />

Umstritten ist zunächst, wie verbind<br />

lich die Herren chiemseer Be schlüsse<br />

sein sollen. Vor allem die SPD sieht<br />

in ihnen höchs tens „Vor ar beiten“, an<br />

die sich <strong>de</strong>r Par la mentarische <strong>Rat</strong> nicht<br />

zu halten habe. Doch die Ge schich te<br />

bestimmt an<strong>de</strong>rs: Viele Ge dan ken <strong>de</strong>r<br />

Klosterr<strong>und</strong>e wer<strong>de</strong>n später im Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

aufgenommen. ■<br />

i<br />

Frankfurter Dokumente<br />

im Volltext unter:<br />

www.b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong>/<br />

geschichte/parlhist/<br />

dokumente<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

Die Rolle <strong>de</strong>r alliierten<br />

Deutschland – eine<br />

befohlene Demokratie?<br />

Wer hat <strong>de</strong>n Anstoß gegeben, <strong>das</strong>s nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Welt krieges<br />

aus <strong>de</strong>n völlig rechtlosen <strong>und</strong> besetzten drei Westzonen wie<strong>de</strong>r ein Staat<br />

wur<strong>de</strong>? Waren es die besiegten Deutschen selbst o<strong>de</strong>r mussten sie von außen,<br />

von <strong>de</strong>n alliierten Mächten, zu ihrem Glück gedrängt wer<strong>de</strong>n? Ist die<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland eine „befohlene Demokratie“?<br />

Die Antwort auf diese Frage ist zwiespältig. Denn natürlich gab es bei<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Politikern <strong>de</strong>r ersten St<strong>und</strong>e <strong>de</strong>n heißen Wunsch, möglichst<br />

rasch wie<strong>de</strong>r zu eigenständigen Strukturen <strong>und</strong> größtmöglicher Souveränität<br />

zu kommen. Beson<strong>de</strong>rs die Ministerpräsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r drängten auf eine<br />

von <strong>de</strong>n Deutschen selbst zu schaffen<strong>de</strong> neue Ordnung.<br />

Aber ebenso richtig ist, <strong>das</strong>s die Handlungsfähigkeit <strong>de</strong>r Ministerpräsi<strong>de</strong>nten<br />

durch die Besatzung beschränkt blieb. Außer<strong>de</strong>m hatten sie<br />

Sorge, mit einer einseitigen Ausrufung <strong>de</strong>r Westzonen zu einem neuen Staat<br />

die Einheit Deutschlands zu gefähr<strong>de</strong>n. Diese Skrupel hatten die Westmächte<br />

nicht; sie ergriffen energisch mit <strong>de</strong>n Frankfurter Dokumenten die Initiative<br />

<strong>und</strong> machten konkrete Zeit- <strong>und</strong> Verfassungsvorgaben. So verlangten sie eine<br />

fö<strong>de</strong>ralistische Ordnung, eine angemessene Zentralmacht <strong>und</strong> Garantien für<br />

individuelle Rechte <strong>und</strong> Freiheiten. Kritiker sprachen von Anweisungen,<br />

Wohlwollen<strong>de</strong> von Hilfestellung.<br />

Die Militärgouverneure <strong>de</strong>r Westzonen bei einer sitzung <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es, von<br />

rechts: Marie-Pierre Kœnig (F), Brian H. Robertson (GB), lucius D. Clay (Usa)<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 5<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG


Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

Die KonsTiTUieRUnG<br />

Konstituierung <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es<br />

abgeordnete <strong>und</strong><br />

arbeitsbedingungen<br />

Unmittelbar nach <strong>de</strong>m Festakt im Museum Koenig konstituiert sich am 1. september 1948<br />

<strong>de</strong>r <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong> in <strong>de</strong>r benachbarten Pädagogischen aka<strong>de</strong>mie. Mit selbstbe-<br />

wusstsein gehen die 65 abgeordneten an die historische aufgabe. Diese erfor<strong>de</strong>rt im<br />

Bonn <strong>de</strong>r nachkriegszeit neben sachverstand <strong>und</strong> politischem Geschick auch die Fähig-<br />

keit zur improvisation, wenn es um Unterkunft, arbeitsmittel o<strong>de</strong>r Verpflegung geht.<br />

6 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial


im Plenum <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es:<br />

Konrad a<strong>de</strong>nauer (CDU), <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r konstituieren<strong>de</strong>n<br />

sitzung zum Präsi<strong>de</strong>nten gewählt wird<br />

Haben beim Festakt noch die feierlichen<br />

Töne überwogen, geht<br />

es nun rasch <strong>und</strong> hart zur Sache.<br />

Noch in <strong>de</strong>r Eröffnungssitzung kommt<br />

es fast zum Eklat, als <strong>de</strong>r KPD-Ab geord<br />

nete Max Reimann die sofortige<br />

Ein stellung <strong>de</strong>r Beratungen for<strong>de</strong>rt, weil<br />

<strong>de</strong>r <strong>Rat</strong> „kein Mandat vom <strong>de</strong>utschen<br />

Vol ke“ habe. Insgesamt ringen <strong>und</strong> fei-<br />

len die 65 Mitglie<strong>de</strong>r neun Monate am<br />

künftigen Gr<strong>und</strong>gesetz. Damit die Arbeit<br />

erfolgreich wird, sind umfangreiche<br />

Vor- <strong>und</strong> Hilfsarbeiten notwendig.<br />

Schon am ersten Tag wird <strong>de</strong>ut -<br />

lich, wer personell <strong>de</strong>n Parlamen tari<br />

schen <strong>Rat</strong> vor allem prägen wird:<br />

Kon rad A<strong>de</strong>nauer. Denn <strong>de</strong>r frühere<br />

lang jährige Kölner Oberbürgermeister<br />

<strong>und</strong> Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Preußischen Staats -<br />

rates wird zum Prä si<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>s Par la-<br />

mentarischen <strong>Rat</strong>es gewählt <strong>und</strong> besitzt<br />

dadurch erhebliche Einfluss mög-<br />

lichkeiten. Zu<strong>de</strong>m zeigt sich <strong>de</strong>r 72-<br />

Jährige unerschrocken auch gegenüber<br />

<strong>de</strong>n Alliierten. Bereits in seiner Eröffnungsansprache<br />

beweist er erhebliches<br />

Selbstbewusstsein: Zwar sei <strong>de</strong>r <strong>Parlamentarische</strong><br />

<strong>Rat</strong> „durch einen Akt <strong>de</strong>r<br />

Militärgouverneure“ einberufen, sagt<br />

er, aber nun „im Rah men <strong>de</strong>r ihm gestellten<br />

Auf gaben völlig frei <strong>und</strong> selbständig“.<br />

Anwe sen<strong>de</strong> Militärbeobachter<br />

ziehen da erstaunt die Augenbrauen<br />

hoch. Und noch eines gibt A<strong>de</strong>nauer,<br />

<strong>de</strong>r später erster B<strong>und</strong>eskanzler <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>esrepublik wird, <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es gleich zu<br />

Beginn mit auf <strong>de</strong>n Weg: Sie sollen<br />

sich im Bewusstsein <strong>de</strong>r „historischen<br />

Aufgabe“ unter „Gottes Schutz mit<br />

<strong>de</strong>m ganzen Ernst <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>m ganzen<br />

Pflichtgefühl“ stellen.<br />

Bevor die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Parlamen<br />

tarischen <strong>Rat</strong>es mit ihrer Arbeit in<br />

Bonn beginnen können, müssen sie für<br />

diese Aufgabe bestimmt <strong>und</strong> ge wählt<br />

wer<strong>de</strong>n. Dafür haben die Westalliierten<br />

in ihren „Frankfurter Dokumenten“<br />

prä zise Vorgaben gemacht: Die Anzahl<br />

<strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r solle ermittelt wer<strong>de</strong>n,<br />

in<strong>de</strong>m die Gesamtzahl <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

nach <strong>de</strong>r letzten Volkszählung von<br />

1946 durch 750.000 o<strong>de</strong>r eine ähnliche<br />

Zahl geteilt wer<strong>de</strong>. Die eigentliche<br />

Wahl solle dann durch die elf west<strong>de</strong>utschen<br />

Landtage erfolgen. Zwischen<br />

<strong>de</strong>m 15. <strong>und</strong> 30. August folgen die<br />

Landtage <strong>de</strong>n Vorgaben <strong>und</strong> wählen 65<br />

Abgeordnete in <strong>de</strong>n <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>. Bei ihrer Auswahl wird stark auf<br />

politische Erfahrung <strong>und</strong> politischen<br />

Sachverstand geachtet, allerdings suchen<br />

die Parteien, möglichst großen<br />

Einfluss auf die Auswahl zu nehmen.<br />

Die 65 Abgeordneten <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>es verteilen sich fol-<br />

län<strong>de</strong>r <strong>und</strong> abgeordnete<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

gen<strong>de</strong>rmaßen auf die Parteien: CDU/<br />

CSU 27 Sitze; SPD ebenfalls 27 Sitze;<br />

FDP fünf Sitze; Deutsche Partei zwei<br />

Sitze; Zentrum zwei Sitze; KPD zwei<br />

Sitze. Hinzu kommen fünf nicht stimmberechtigte<br />

Abgeordnete aus Berlin,<br />

von <strong>de</strong>nen drei <strong>de</strong>r SPD sowie je einer<br />

<strong>de</strong>r CDU <strong>und</strong> FDP angehören.<br />

im Bewusstsein<br />

<strong>de</strong>r historischen aufgabe<br />

Wer sind nun die 61 Männer <strong>und</strong><br />

vier Frauen, die Schicksal <strong>und</strong> Zu kunft<br />

Deutschlands in die Hän<strong>de</strong> nehmen sollen?<br />

Kurz geantwortet, wer<strong>de</strong>n vor allem<br />

angesehene <strong>und</strong> be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Per sönlichkeiten<br />

in <strong>de</strong>n Parlamenta ri schen <strong>Rat</strong><br />

entsandt. Die CDU etwa schickt ihren<br />

Die 65 stimmberechtigten Abgeordneten für <strong>de</strong>n <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong> wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n<br />

elf Landtagen <strong>de</strong>r Westzonen gewählt<br />

Besatzungszonen:<br />

Britisch<br />

Französisch<br />

Amerikanisch<br />

Russisch<br />

Bremen (1)<br />

SPD: 1<br />

Hamburg (2)<br />

CDU: 1; SPD: 1<br />

Schleswig-<br />

Holstein (4)<br />

CDU: 2; SPD: 2<br />

Mecklenburg<br />

Bran<strong>de</strong>nburg<br />

Nie<strong>de</strong>rsachsen (9)<br />

SPD: 4; CDU: 2;<br />

mit<br />

DP: 2; LDP: 1<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen (17)<br />

Sachsen-<br />

CDU: 6; SPD: 6;<br />

Anhalt<br />

Zentrum: 2;<br />

KPD: 2; FDP: 1<br />

Neuausgabe<br />

Sachsen<br />

Hessen (6)<br />

Thüringen<br />

SPD: 3; CDU: 2;<br />

LDP: 1<br />

Berlin (5)<br />

Rheinland-<br />

(nicht stimm-<br />

1948-1949.<br />

Pfalz (4)<br />

berechtigt)<br />

<strong>Rat</strong><br />

CDU: 2; SPD: 2<br />

SPD: 3; CDU: 1;<br />

FDP: 1<br />

Saarland<br />

(seit 1947<br />

nominell unabhängig)<br />

Ba<strong>de</strong>n (2)<br />

Bayern (13)<br />

<strong>Parlamentarische</strong><br />

CDU: 1; SPD: 1<br />

CSU: 8; SPD: 4;<br />

FDP: 1<br />

<strong>Der</strong><br />

Württemberg-<br />

Hohenzollern (2) Württemberg-<br />

CDU: 1; SPD: 1 Ba<strong>de</strong>n (5)<br />

CDU: 2; SPD: 2;<br />

DVP/DPD: 1<br />

Feldkamp, F.<br />

erläuterungen:<br />

– Die fünf Berliner Mitglie<strong>de</strong>r nahmen wegen <strong>de</strong>s Vier-Mächte-Status <strong>de</strong>r Stadt nur<br />

Michael<br />

als Beobachter <strong>und</strong> Gäste teil.<br />

– DVP/DPD, LDP <strong>und</strong> FDP sind liberale Parteien, die sich im Dezember 1948 zur<br />

Freien Demokratischen Partei zusammengeschlossen haben. Quelle:<br />

einem Geleitwort von B<strong>und</strong>estagspräsi<strong>de</strong>nt Norbert Lammert; Göttingen 2008<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 7<br />

Grafik: DBT/Marc Men<strong>de</strong>lson


Die KonsTiTUieRUnG<br />

Unterkunft <strong>und</strong> Finanzen<br />

90 Gramm<br />

Kaffee-ersatz<br />

Im Bonner Zimmer nach weis hängt<br />

im Herbst 1948 ein weißer, mit<br />

Schreib maschine geschriebener Zettel.<br />

Er wirbt bei <strong>de</strong>n Bürgern <strong>de</strong>r<br />

Stadt Bonn um Quartier für Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n Ra-<br />

tes mit folgen<strong>de</strong>n Zeilen: „Für die<br />

Dau er <strong>de</strong>r Aufnahme Ihres Gastes<br />

stehen Ihnen pro Monat zusätzlich<br />

10 cbm Gas, 10 kHwh Strom sowie<br />

90 g Kaffee-Ersatz, 600 g Seifenpulver,<br />

150 g Wasch zu satzmittel<br />

zur Ver fügung.“<br />

Ursprünglich haben die Organisatoren<br />

<strong>de</strong>s Parlamen tari schen<br />

Ra tes gedacht, <strong>das</strong>s die Ar beit nur<br />

wenige Monate in An spruch nehmen,<br />

die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Parla mentarischen<br />

<strong>Rat</strong>es spätestens zu Weihnachten<br />

wie<strong>de</strong>r zu Hause sind. Des -<br />

halb sind viele Ab ge ord nete zunächst<br />

in Hotels <strong>und</strong> Pen sio nen untergekommen.<br />

Doch die kosten Geld,<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> ist knapp. 350 D-Mark erhalten<br />

die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Parla mentarischen<br />

<strong>Rat</strong>es zur Deckung <strong>de</strong>r<br />

lau fen<strong>de</strong>n Ausgaben, inklusive <strong>de</strong>r<br />

Bezahlung von Sek re tärin <strong>und</strong> eventuell<br />

Fahrer. Präsi <strong>de</strong>nt Konrad A<strong>de</strong>nauer<br />

bekommt <strong>de</strong>n dreifachen Betrag,<br />

muss aber da von seinen per-<br />

sön lichen Refe renten bezahlen. Für<br />

je<strong>de</strong>n Sitzungs tag gibt es zusätzlich<br />

30 D-Mark.<br />

Nicht viel, wenn man be<strong>de</strong>nkt,<br />

<strong>das</strong>s damit <strong>de</strong>r Lebens unterhalt in<br />

Bonn <strong>und</strong> am Heimat ort bestritten<br />

sowie <strong>de</strong>r berufliche Verdienstausfall<br />

kompensiert wer<strong>de</strong>n muss. Für Not<br />

lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Ab ge ordnete wird <strong>de</strong>shalb<br />

ein „Dreier ausschuss“ eingerichtet,<br />

<strong>de</strong>r ihnen mit konkreter <strong>und</strong> aktiver<br />

Hilfe unter die Arme greift.<br />

8 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial<br />

„starken Mann“ in <strong>de</strong>r britischen Zone<br />

Konrad A<strong>de</strong>nauer <strong>und</strong> <strong>de</strong>n christlichen<br />

Gewerkschaftsführer Jakob Kaiser in<br />

<strong>de</strong>n <strong>Rat</strong>, die SPD ihre herausragen<strong>de</strong>n<br />

Verfassungsexperten <strong>und</strong> Politiker Carlo<br />

Schmid, Georg August Zinn <strong>und</strong> Walter<br />

Menzel (SPD-Chef Kurt Schumacher<br />

kann aus Krankheitsgrün<strong>de</strong>n nicht teilnehmen),<br />

die FDP <strong>de</strong>n Publizisten (<strong>und</strong><br />

späteren B<strong>und</strong>espräsi<strong>de</strong>nten) Theodor<br />

Heuss <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Starjuristen Thomas<br />

Dehler, die CSU ihre „graue Eminenz“<br />

Anton Pfeiffer. Nur mit <strong>de</strong>r Entsendung<br />

von Frauen tut man sich schwer. Es gibt<br />

nur vier „Verfassungsmütter“: Helene<br />

Weber (CDU), Frieda Nadig (SPD),<br />

Elisabeth Selbert (SPD) <strong>und</strong> Helene<br />

Wessel (Zentrum).<br />

Das Durchschnittsalter <strong>de</strong>r Ab geordneten<br />

beträgt 55 Jahre, je<strong>de</strong>r dritte<br />

Abgeordnete ist 60 Jahre <strong>und</strong> älter.<br />

Wie auch heute in vielen Parlamenten<br />

überwiegt auch im <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong> mit 47 Abgeordneten die Zahl <strong>de</strong>r<br />

Berufsbeamten, Richter <strong>und</strong> Pro fes soren.<br />

Von <strong>de</strong>n 51 Aka<strong>de</strong>mikern haben<br />

32 ein juristisches Studium <strong>und</strong> elf ein<br />

wirtschaftswissenschaftliches Studium<br />

absolviert. 35 Abgeordnete haben einen<br />

Doktortitel. Etliche Abgeordnete können<br />

mit langer Parlamentserfahrung<br />

auf warten: So waren die Abgeordneten<br />

Paul Löbe, Wilhelm Heile <strong>und</strong> He lene<br />

Weber bereits Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Wei marer<br />

sitzverteilung im <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong><br />

Gemäß <strong>de</strong>r Sitzordnung in <strong>de</strong>r Pädagogischen Aka<strong>de</strong>mie in Bonn<br />

Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Nationalversammlung von 1919. 22<br />

Abge ordnete gehörten in <strong>de</strong>r Weimarer<br />

Republik einem Landtag o<strong>de</strong>r einem<br />

Provinziallandtag an. Über 25 Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es können<br />

sich auf wichtige Er fah rungen aus ihren<br />

Tätigkeiten im Nach kriegs<strong>de</strong>utschland<br />

stützen – in einer Lan<strong>de</strong>sregierung, im<br />

Wirtschaftsrat o<strong>de</strong>r im Verwaltungsrat<br />

<strong>de</strong>r Bizone.<br />

<strong>Parlamentarische</strong> strukturen<br />

Über die Partei- <strong>und</strong> Herkunftsgrenzen<br />

eint vor allem eines die Männer <strong>und</strong><br />

Frau en im <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>:<br />

Dem „Dritten Reich“ stan<strong>de</strong>n sie – oft<br />

um <strong>de</strong>n Preis von Karriere <strong>und</strong> Freiheit<br />

– skeptisch bis ablehnend ge genüber.<br />

Viele von ihnen wur<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r<br />

Machtübernahme <strong>de</strong>r National sozialis<br />

ten aus ihren Berufen entfernt o<strong>de</strong>r<br />

aus ihren Ämtern entlassen, an<strong>de</strong>re in<br />

„Schutzhaft“ genommen. Wegen ihres<br />

aktiven Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s gegen die Nazis<br />

mussten einige ins Ausland fliehen,<br />

an<strong>de</strong>re wur<strong>de</strong>n in Konzentrationslager<br />

verbracht. Insgesamt kann man sagen,<br />

<strong>das</strong>s kaum ein Abgeordneter <strong>de</strong>s<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es im „Dritten<br />

Reich“ von Drangsalierungen, Denunziation<br />

<strong>und</strong> Verfolgung verschont geblieben<br />

war. Nie wie<strong>de</strong>r hat es eine so<br />

stark von persönlichen Er fah rungen<br />

65 sitze<br />

(stimmberechtigte<br />

Mitglie<strong>de</strong>r)<br />

CDU/CSU<br />

27 Sitze<br />

SPD<br />

27 Sitze<br />

FDP<br />

5 Sitze<br />

5 Berliner Vertreter<br />

(nicht stimmberechtigt)<br />

Deutsche Partei<br />

2 Sitze<br />

Zentrum<br />

2 Sitze<br />

Kommunistische Partei<br />

Deutschlands (KPD)<br />

2 Sitze<br />

Grafik: DBT/Marc Men<strong>de</strong>lson


Die vier Frauen im<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>: Frie<strong>de</strong>rike nadig<br />

(sPD), elisabeth<br />

selbert (sPD),<br />

Helene Weber (CDU)<br />

<strong>und</strong> Helene Wessel<br />

(zentrum)<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

unter <strong>de</strong>m NS-Regime geprägte Delegation<br />

in Deutschland gegeben wie<br />

<strong>de</strong>n <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>.<br />

So wichtig Erfahrung <strong>und</strong> so<br />

stark <strong>de</strong>r Eifer für die bevorstehen<strong>de</strong><br />

historische Aufgabe ist – die Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es haben zunächst<br />

ganz banale Sorgen: Wo unterkommen<br />

im kleinen Bonn, <strong>das</strong> wie viele<br />

an<strong>de</strong>re Städte vom Krieg halb zerstört<br />

ist? Wovon leben, wenn <strong>das</strong> Geld knapp<br />

ist <strong>und</strong> die Lebensmittel teilweise noch<br />

immer rationiert sind? (Siehe Kasten.)<br />

In diesen Zeiten ist vor allem<br />

eines gefragt: Improvisation. Dies gilt<br />

sowohl für <strong>de</strong>n privaten Bereich als<br />

auch für die Organisation <strong>de</strong>s Parla mentarischen<br />

<strong>Rat</strong>es. Da müssen Stenografen<br />

<strong>und</strong> Se kretärinnen gesucht, Räume herge<br />

rich tet, Telefonleitungen gelegt <strong>und</strong><br />

Schreib ma terialien besorgt wer<strong>de</strong>n. Und<br />

<strong>das</strong> nicht nur für <strong>de</strong>n <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>, son<strong>de</strong>rn auch für ein Außenbüro<br />

<strong>de</strong>r Ministerpräsi<strong>de</strong>nten <strong>und</strong> für die eigenen<br />

Büros von Amerikanern, Briten<br />

<strong>und</strong> Franzosen, die alle genau <strong>und</strong><br />

teilweise auch argwöhnisch die Arbeit<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es verfolgen<br />

wollen.<br />

Zur Führung <strong>de</strong>r allgemeinen Arbeit<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es wird<br />

die Einrichtung eines Ältestenra tes, eines<br />

Geschäftsordnungsausschus ses <strong>und</strong><br />

eines Hauptausschusses beschlossen,<br />

<strong>de</strong>r die Koordinierung all dieser Aufga<br />

ben übernehmen soll. Da mit er hält<br />

d e r P a r l a m e n t a r i s c h e R a t p o l i t i s c h e<br />

<strong>und</strong> verwaltungstechnische Struktu ren,<br />

die bereits stark an ein rich tiges Par-<br />

lament erinnern. ■<br />

i<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

Protokolle <strong>de</strong>r Konstituierung<br />

in „<strong>Der</strong> <strong>Parlamentarische</strong><br />

<strong>Rat</strong> 1948–1949; Band 9:<br />

Plenum“, im Internet unter:<br />

http://books.google.<strong>de</strong><br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 9


Die aRBeiT<br />

Die arbeit <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es<br />

F<strong>und</strong>ament für eine<br />

wehrhafte Demokratie<br />

am 8. Mai 1949 – <strong>de</strong>m Jahrestag <strong>de</strong>r bedingungslosen Kapitulation Deutschlands<br />

vier Jahre zuvor – wird <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz vom <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong> verabschie<strong>de</strong>t.<br />

Davor liegen harte Monate <strong>de</strong>r arbeit, auseinan<strong>de</strong>rsetzung, Kontroverse, ja auch <strong>de</strong>s<br />

scheiterns. in manchem ist man sich zwar einig: Die Fehler von Weimar dürfen sich<br />

nicht wie<strong>de</strong>rholen, <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>rechte sollen im Verfassungsgefüge verankert wer<strong>de</strong>n.<br />

Bei an<strong>de</strong>ren Punkten wird jedoch zäh gerungen: etwa bei <strong>de</strong>n län<strong>de</strong>rkompetenzen –<br />

<strong>und</strong> auch bei <strong>de</strong>r Hauptstadtfrage.<br />

i<br />

<strong>Parlamentarische</strong>r <strong>Rat</strong><br />

Informationen zu <strong>de</strong>n<br />

Nach kriegsjahren <strong>und</strong><br />

zum <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong> (mit Film- <strong>und</strong><br />

Audioaufnahmen)<br />

www.dhm.<strong>de</strong>/lemo/html/<br />

nachkriegsjahre<br />

10 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial<br />

Belastet wird <strong>de</strong>r schwierige<br />

Prozess <strong>de</strong>r Verfassungsgebung<br />

nicht zuletzt dadurch, <strong>das</strong>s die<br />

Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es<br />

zwar frei in ihrer Meinung sind,<br />

die Ergebnisse ihrer Beratungen aber<br />

von <strong>de</strong>n Militärgouverneuren <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>n Regierungen <strong>de</strong>r drei Westmächte<br />

akzeptiert <strong>und</strong> abgesegnet wer<strong>de</strong>n<br />

müssen.<br />

Später wird man <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>ge setz<br />

als die freiheitlichste Verfassung rühmen,<br />

die Deutschland je hatte. Aber<br />

die Debatten im <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong> selbst verlaufen oft kompliziert,<br />

schwierig, bisweilen geprägt von gegenseitigem<br />

Misstrauen. Neben <strong>de</strong>r<br />

Kernfrage, wie viel Staat geschaf-<br />

Das schlüssel-<br />

gremium: arbeit im<br />

Hauptausschuss <strong>de</strong>s<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>es<br />

fen wer<strong>de</strong>n könne <strong>und</strong> dürfe, ohne<br />

Deutschland als Einheit aufzugeben,<br />

geht es vor allem um die Architektur<br />

<strong>de</strong>s künftigen Staatsgebil<strong>de</strong>s, um <strong>das</strong><br />

Kräf teverhältnis zwischen B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

Län<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> um die Verteilung <strong>de</strong>r<br />

Staatsfinanzen. Die 65 gewählten Mit-<br />

glie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n Ra tes<br />

machen es sich in ihrem Haupt ausschuss<br />

<strong>und</strong> in <strong>de</strong>n Fachausschüssen<br />

nicht leicht. Am En<strong>de</strong> aber steht ein<br />

Ent wurf, <strong>de</strong>ssen beherrschen<strong>de</strong> Merkmale<br />

ein umfangreicher Katalog <strong>de</strong>r<br />

Gr<strong>und</strong> rechte je<strong>de</strong>s Bürgers, ein entschei<strong>de</strong>nd<br />

vom Parlament bestimmtes<br />

Regierungssystem <strong>und</strong> die fö<strong>de</strong>rative<br />

Glie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s neuen Staates in B<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Län<strong>de</strong>r sind.


Die innere organisation<br />

Um überhaupt arbeitsfähig zu sein,<br />

sucht <strong>de</strong>r <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong> zunächst<br />

nach belastbaren Arbeits struk -<br />

turen. Er orientiert sich dabei sowohl<br />

bei <strong>de</strong>r Geschäftsordnung als auch<br />

bei <strong>de</strong>r Einrichtung eines Ältestenrats<br />

am Reichstag <strong>de</strong>r Wei marer Repu blik,<br />

da es aus <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>s National so zialis<br />

mus verständlicherweise keine Strukturen<br />

gibt, an die anzuknüpfen nahegelegen<br />

hätte. Das Plenum, for mal<br />

eigentlich <strong>das</strong> „Herz“ <strong>de</strong>s Par la men tarischen<br />

<strong>Rat</strong>es, tagt nur selten. Seine<br />

Rolle übernimmt häufig <strong>de</strong>r Hauptaus<br />

schuss, <strong>de</strong>ssen Aufgabe die Koordination<br />

aller Arbei ten ist. Er soll da-<br />

für sorgen, <strong>das</strong>s die in <strong>de</strong>n Fach aus-<br />

schüssen erarbeiteten Abschnitte für <strong>das</strong><br />

neue Gr<strong>und</strong>gesetz zu einem homogenen<br />

Ge samtentwurf zusammengefasst wer<strong>de</strong>n.<br />

So fin<strong>de</strong>n viele Gr<strong>und</strong> satz<strong>de</strong>batten<br />

in diesem Haupt aus schuss statt. Als<br />

Fach gremien wer<strong>de</strong>n sechs Ausschüsse<br />

eingesetzt:<br />

- Ausschuss für Gr<strong>und</strong>satzfragen<br />

- Ausschuss für Organisation <strong>de</strong>s<br />

B<strong>und</strong>es sowie Verfassungsgerichtshof<br />

<strong>und</strong> Rechtspflege<br />

- Ausschuss für Zuständigkeits abg<br />

r e n z u n g<br />

- Ausschuss für Finanzfragen<br />

- Ausschuss für Wahlrechtsfragen<br />

- Ausschuss für <strong>das</strong> Besatzungsstatut<br />

erste Gr<strong>und</strong>sätze<br />

Bereits in <strong>de</strong>r ersten Plenarsitzung am<br />

8. <strong>und</strong> 9. September 1948 wer<strong>de</strong>n<br />

wichtige Gr<strong>und</strong>lagen für <strong>das</strong> zu schaffen<strong>de</strong><br />

Gr<strong>und</strong>gesetz erörtert. Man orientiert<br />

sich dabei an <strong>de</strong>n Vorlagen <strong>de</strong>s<br />

Chiemseer Verfassungskonvents einer<br />

wehrhaften Demokratie, einer vom<br />

Par lament abhängigen Regierung, eines<br />

neutralen B<strong>und</strong>espräsi<strong>de</strong>nten, eines<br />

für alle Staatsgewalt bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Gr<strong>und</strong>rechtskatalogs, einer klaren Gewaltenteilung<br />

<strong>und</strong> einer unabhängi -<br />

gen Rechtssprechung. Bei aller Unter-<br />

s c h i e d l i c h k e i t d e r P a r t e i e n u n d P e r -<br />

sonen gibt es eine breite Konsenslinie:<br />

Weimar darf sich nicht wie<strong>de</strong>rholen.<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 11<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG


Die aRBeiT<br />

<strong>Der</strong> <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong> in <strong>de</strong>r Presse<br />

12 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial


PaRlaMenTaRisCHeR RaT<br />

Die neue zeitung wur<strong>de</strong> von 1945 bis 1955 in <strong>de</strong>r amerikanischen Besatzungszone von <strong>de</strong>r<br />

amerikanischen Besatzungsmacht herausgegeben. sie erscheint en<strong>de</strong> september 1948 mit kurzen<br />

stellungnahmen aller 65 Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es.<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 13


Die aRBeiT<br />

Konrad a<strong>de</strong>nauer<br />

<strong>Der</strong> Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Er ist die prägen<strong>de</strong> Kraft <strong>de</strong>s Par lamentarischen<br />

<strong>Rat</strong>es. Als einer <strong>de</strong>r wenigen<br />

hat <strong>de</strong>r damals 72-Jährige von<br />

Beginn an erkannt, welche Chan cen<br />

<strong>und</strong> Möglichkeiten ihm <strong>de</strong>r Vorsitz im<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong> bietet. Und er<br />

nutzt sie. 1949 wird Konrad A<strong>de</strong>nauer<br />

zum ersten B<strong>und</strong>eskanzler <strong>de</strong>r neuen<br />

B<strong>und</strong>es re publik Deutschland, ein<br />

Jahr später zum CDU-Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

gewählt.<br />

Sein Aufstieg kommt nicht von<br />

ungefähr. Schon in <strong>de</strong>r Weimarer<br />

Republik gehört <strong>de</strong>r 1876 geborene<br />

A<strong>de</strong>nauer zu <strong>de</strong>n starken Persön lichkei<br />

ten Deutschlands. Als Oberbürger<br />

meister seiner Heimatstadt Köln<br />

<strong>und</strong> als Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Preußischen<br />

Staats rats besitzt er überregionalen<br />

Ein fluss. Seine Karriere wird 1933<br />

vom NS-Regime unterbrochen. Bis<br />

1945 verbringt er Rosen züchtend<br />

die Jah re unter Hitler in seinem<br />

Haus in Rhön dorf bei Bonn.<br />

Als B<strong>und</strong>eskanzler von 1949<br />

bis 1963 prägt A<strong>de</strong>nauer eine ganze<br />

Epoche. Innenpolitisch mit <strong>de</strong>m Ausbau<br />

<strong>de</strong>r sozialen Marktwirtschaft <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r erfolgreichen Einglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Vertriebenen, außenpolitisch mit <strong>de</strong>r<br />

Westbindung Deutschlands <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Erringung <strong>de</strong>r staatlichen Souveränität.<br />

A<strong>de</strong>nauer stirbt 91-jährig am<br />

19. April 1967.<br />

14 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

Zumin<strong>de</strong>st verfassungsrechtlich sollen<br />

die Strukturfehler <strong>de</strong>r ersten <strong>de</strong>utschen<br />

Republik vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Aber es wer<strong>de</strong>n auch schon erste<br />

Konflikte sichtbar, die sich später<br />

durch die weiteren Beratungen <strong>de</strong>s Par-<br />

lamentarischen <strong>Rat</strong>es ziehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Etwa die Frage, wie Deutschland über-<br />

haupt unter einer Besatzungsherr schaft<br />

zur Geburt eines <strong>de</strong>mokratischen Staats-<br />

wesens kommen könne; wie weit <strong>das</strong><br />

Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene<br />

Gründung eines Weststaates die<br />

Einheit Deutschlands gefähr<strong>de</strong>; wie<br />

die Finanzhoheit zwischen B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

Län<strong>de</strong>rn zu regeln sei sowie die Frage<br />

über <strong>de</strong>n Einfluss von Kirche <strong>und</strong><br />

Eltern auf <strong>das</strong> Schulwesen. Das Stichwort<br />

„Konfessionsschule“ bewegt später<br />

noch Jahrzehnte die b<strong>und</strong>esrepublikanische<br />

Bildungspolitik.<br />

Präambel <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>rechte<br />

Im Ausschuss für Gr<strong>und</strong>satzfragen ist<br />

die Arbeit beson<strong>de</strong>rs intensiv. 36 Sit -<br />

zungen sind nötig, um zu einem Abschluss<br />

zu kommen. Im Mittel punkt<br />

steht die Formulierung <strong>de</strong>r Präambel,<br />

die <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>gesetz vor ange stellt wer<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n An spruch Deutsch lands<br />

auf Einheit offenhalten soll, sowie die<br />

Beratung <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>rechte.<br />

Bei <strong>de</strong>r Präambel geht es darum,<br />

Ausgangspunkt <strong>und</strong> Ziel <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>ge<br />

setzes zu ver<strong>de</strong>utlichen, also die ein-<br />

geschränkte Souveränität ebenso zu<br />

beschreiben wie <strong>das</strong> Streben nach <strong>de</strong>r<br />

Einheit Deutschlands. Deshalb heißt<br />

es im ersten, von <strong>de</strong>r SPD vorgelegten<br />

Entwurf:<br />

„Die nationalsozialistische Zwing-<br />

herrschaft hat <strong>das</strong> <strong>de</strong>utsche Volk seiner<br />

Freiheit beraubt. (…) Dem <strong>de</strong>utschen<br />

Volk aber ist <strong>das</strong> unverzichtbare Recht<br />

auf freie Gestaltung seines nationalen Le -<br />

bens geblieben. Die Besetzung Deutsch-<br />

lands durch frem<strong>de</strong> Mächte hat die<br />

Ausübung dieses Rechtes schweren Einschränkungen<br />

unterworfen.“<br />

Klar, <strong>das</strong>s diese Passage <strong>de</strong>n<br />

Alliierten nicht gefällt. Als „frem<strong>de</strong><br />

Mächte“ verstehen sie sich nicht, son<strong>de</strong>rn<br />

als Geburtshelfer eines neuen<br />

Staates. Deshalb wird dieser Anfang<br />

auch wie<strong>de</strong>r gestrichen. Statt<strong>de</strong>ssen<br />

beginnt die Präambel nun mit einer<br />

Anrufung Gottes:<br />

„Im Bewusstsein seiner Verantwortung<br />

vor Gott <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Menschen,<br />

von <strong>de</strong>m Willen beseelt (…)“<br />

Umstritten ist auch <strong>das</strong> Provisorische<br />

<strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes. Durch<br />

die Betonung <strong>de</strong>r Vorläufigkeit („Das<br />

Gr<strong>und</strong>gesetz verliert seine Gültigkeit<br />

an <strong>de</strong>m Tage, an <strong>de</strong>m eine Verfassung<br />

in Kraft tritt, die vom <strong>de</strong>utschen Volke<br />

in freier Entscheidung beschlossen<br />

wor<strong>de</strong>n ist.“) wer<strong>de</strong> <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

zu einer bloßen Übergangsbestimmung<br />

<strong>de</strong>gradiert, entwerte es sich als Verfassung<br />

gewissermaßen selbst, meinen<br />

Kritiker. An<strong>de</strong>re betonen, <strong>das</strong>s ge-<br />

ra <strong>de</strong> <strong>de</strong>r provisorische Charakter wich-<br />

tig für die noch offene Zukunft<br />

Deutschlands sei. Theodor Heuss vermisst<br />

am Gr<strong>und</strong>gesetz die „Magie <strong>de</strong>s<br />

Wortes“. <strong>Der</strong> Vorschlag <strong>de</strong>r SPD, lieber<br />

ganz auf die Präambel zu verzichten,<br />

erhält keine Mehrheit.<br />

Gr<strong>und</strong>rechte <strong>und</strong> Prinzipien,<br />

die unverrückbar sind<br />

Wer für <strong>de</strong>n Namen Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

verantwortlich zeichnet, ist übrigens<br />

heute nicht mehr festzustellen. Reinhold<br />

Meier, <strong>de</strong>r Ministerpräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s damaligen<br />

Lan<strong>de</strong>s Württemberg-Ba<strong>de</strong>n,<br />

sagt es 1948 so:<br />

„Da kam irgendjemand mit <strong>de</strong>m<br />

Wort ‚Gr<strong>und</strong>gesetz‘ anstelle von Verfassung.<br />

Wie vom Himmel gefallen<br />

stand <strong>das</strong> Wort vor uns <strong>und</strong> bemächtigte<br />

sich unserer Köpfe <strong>und</strong> Sinne,<br />

gewiss nicht <strong>de</strong>r Herzen.“<br />

Weitgehen<strong>de</strong> Übereinstimmung<br />

herrscht im Ausschuss darüber, <strong>das</strong>s


Grafik: DBT/Marc Men<strong>de</strong>lson<br />

Gremien <strong>und</strong> abläufe<br />

organisation <strong>und</strong> arbeitsweise <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es im Überblick<br />

Hauptausschuss<br />

Vorsitz: Carlo Schmid (SPD)<br />

– Zusammenfassung <strong>und</strong> Beratung<br />

<strong>de</strong>r Ergebnisse <strong>de</strong>r Fachausschüsse<br />

– Erarbeitung eines Gesamtentwurfs<br />

Entwurf zur Debatte weitergeleitet<br />

Die Alliierten<br />

Militärgouverneure von<br />

Frankreich,<br />

Großbritannien <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />

Vereinigten Staaten<br />

– müssen <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

zustimmen<br />

– unterhalten Verbindungsbüros<br />

beim <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong><br />

Ältestenrat<br />

– Klärung von Verfahrens-<br />

<strong>und</strong> Geschäftsordnungsfragen<br />

Besprechungen<br />

mit Delegationen<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>es<br />

nach <strong>de</strong>m brutalen Miss brauch <strong>de</strong>r<br />

Ve r f a s s u n g d u r c h d i e N a t i o n a l s o z i a -<br />

listen im neuen Gr<strong>und</strong>gesetz Ver fassungs<br />

gr<strong>und</strong> rechte <strong>und</strong> Prinzipien stehen<br />

sollen, die unverrückbar sind. Dies<br />

gilt in erster Linie für die in Artikel 1<br />

nie<strong>de</strong>rgelegte Menschenwür<strong>de</strong> <strong>und</strong> die<br />

Gr<strong>und</strong> rechtsbindung <strong>de</strong>r staatlichen<br />

Gewalt. Nie mand, auch nicht <strong>de</strong>r Gesetzgeber<br />

mit Zweidrittelmehrheit, soll<br />

diese elementaren Gr<strong>und</strong>sätze aushebeln<br />

können.<br />

Das Gleiche gilt für die Prinzipien<br />

<strong>de</strong>r Demokratie, <strong>de</strong>r Volkssouveränität,<br />

<strong>de</strong>r Gewaltenteilung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r fö<strong>de</strong>ralistischen<br />

Glie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik.<br />

Auch hier verfügt <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz in<br />

Ar tikel 79 ein klares <strong>und</strong> absolutes<br />

Ver än<strong>de</strong>rungsverbot:<br />

„Eine Än<strong>de</strong>rung dieses Gr<strong>und</strong>gesetzes,<br />

durch welche die Glie<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>s B<strong>und</strong>es in Län<strong>de</strong>r, die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Mitwirkung <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r<br />

Gesetzgebung o<strong>de</strong>r die in <strong>de</strong>n Artikeln<br />

1 <strong>und</strong> 20 nie<strong>de</strong>rgelegten Gr<strong>und</strong>sätze<br />

berührt wer<strong>de</strong>n, ist unzulässig.“<br />

benennen<br />

Mitglie<strong>de</strong>r<br />

Plenum<br />

– Debatte<br />

– Beschluss <strong>de</strong>s<br />

Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />

mit einfacher<br />

Mehrheit<br />

Fraktionen<br />

CDU/CSU<br />

SPD setzen ein<br />

FDP<br />

DP<br />

KPD<br />

Zentrum<br />

Zu <strong>de</strong>n 19 Gr<strong>und</strong>rechten, die am<br />

Anfang <strong>de</strong>s neuen Gr<strong>und</strong>gesetzes stehen<br />

<strong>und</strong> sich stark an die Bill of Rights<br />

<strong>de</strong>r amerikanischen Verfassung <strong>und</strong> die<br />

Erklärung <strong>de</strong>r Menschenrechte <strong>de</strong>r Vereinten<br />

Nationen anlehnen, gibt es im<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong> zwar viele Diskus<br />

sionen, aber letztlich ist man sich<br />

doch relativ schnell über <strong>de</strong>ren Be <strong>de</strong>utung<br />

<strong>und</strong> Notwendigkeit einig. Anfangs<br />

umstritten sind die Gleich berechtigung<br />

von Männern <strong>und</strong> Frauen – hier verlangen<br />

SPD <strong>und</strong> KPD gleichen Lohn für<br />

gleiche Arbeit –, <strong>das</strong> Asylrecht <strong>und</strong> –<br />

beson<strong>de</strong>rs stark – <strong>das</strong> Elternrecht, bei<br />

<strong>de</strong>m CDU <strong>und</strong> CSU for<strong>de</strong>rn, <strong>das</strong>s bei<br />

Erziehung <strong>und</strong> Ausbildung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />

<strong>das</strong> Elternrecht über <strong>de</strong>m Recht <strong>de</strong>s<br />

Staates stehen müsse.<br />

Die institutionen<br />

leiten Ergebnisse<br />

weiter<br />

Wahl<br />

Um die Organisation <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>es <strong>und</strong><br />

seiner Organe gibt es zwar viel Be-<br />

ra tungsbedarf, aber letztlich wird doch<br />

Einigkeit erzielt. Nur bei <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

Sechs Fachausschüsse<br />

– Gr<strong>und</strong>satzfragen<br />

– Organisation <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>es sowie Verfassungsgerichtshof<br />

<strong>und</strong> Rechtspflege<br />

– Zuständigkeitsabgrenzung<br />

– Finanzfragen<br />

– Wahlrechtsfragen<br />

– Besatzungsstatut<br />

Präsidium<br />

Präsi<strong>de</strong>nt: Konrad A<strong>de</strong>nauer (CDU/CSU)<br />

1. Vizepräsi<strong>de</strong>nt: Adolph Schönfel<strong>de</strong>r (SPD)<br />

2. Vizepräsi<strong>de</strong>nt: Hermann Schäfer (FDP)<br />

Interfraktionelle Gesprächskreise,<br />

Kommissionen <strong>und</strong> Ausschüsse<br />

– Klärung von strittigen Fragen<br />

– Ausarbeitung mehrheitsfähiger Kompromisse<br />

– Redaktion von Gr<strong>und</strong>gesetz-Entwürfen<br />

Län<strong>de</strong>rvertretung, ihren Finanz- <strong>und</strong><br />

Gesetzeszuständigkeiten verhaken sich<br />

die Parteien dauerhaft. Da ist es kaum<br />

verw<strong>und</strong>erlich, <strong>das</strong>s auch heute noch<br />

B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Län<strong>de</strong>r in Fö<strong>de</strong>ralismuskommissionen<br />

um Macht <strong>und</strong> Einfluss<br />

streiten. Als künftige Verfassungs i n s -<br />

titutionen wer<strong>de</strong>n festgeschrieben:<br />

■ B<strong>und</strong>estag: Seine Abgeordneten sollen<br />

in allgemeiner, unmittelbarer,<br />

freier, gleicher <strong>und</strong> geheimer Wahl<br />

gewählt wer<strong>de</strong>n. Sie sind Vertreter<br />

<strong>de</strong>s ganzen Volkes, an Aufträge <strong>und</strong><br />

Weisungen nicht geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nur<br />

ihrem Gewissen unterworfen. <strong>Der</strong><br />

zeitweise favorisierte Terminus Volkstag<br />

wird zugunsten von Bun <strong>de</strong>s tag<br />

zurückgenommen.<br />

■ B<strong>und</strong>esregierung: Das Amt <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>es<br />

kanzlers wird mit klarer Macht<br />

ausge füllt („<strong>Der</strong> B<strong>und</strong>eskanzler be -<br />

stim mt die Richtlinien <strong>de</strong>r Politik.“),<br />

er schlägt auch die Minister vor,<br />

zugleich aber ist er vom Vertrauen<br />

<strong>de</strong>s Par laments abhängig. Um die<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 15


Die aRBeiT<br />

Carlo schmid<br />

<strong>Der</strong> Weichensteller<br />

<strong>Der</strong> 1896 in Perpignan/Frankreich<br />

geborene Carlo Schmid – seine Mutter<br />

ist Französin – gilt als I<strong>de</strong>altypus<br />

zwischen Politiker, Professor <strong>und</strong><br />

„homme <strong>de</strong> lettre“. Hitler steht <strong>de</strong>r<br />

pro mo vierte Jurist ablehnend gegenüber.<br />

<strong>Der</strong> Nationalsozialismus sei eine<br />

„Philosophie von Viehzüchtern,<br />

an gewandt am verkehrten Objekt“,<br />

sagt er öffentlich. Als Soldat in Frankreich<br />

überlebt Carlo Schmid die NS-<br />

Zeit.<br />

Nach <strong>de</strong>m Krieg wird er stellvertreten<strong>de</strong>r<br />

Staatspräsi<strong>de</strong>nt <strong>und</strong> Justiz<br />

minister in Württemberg-Hohenzollern.<br />

Als Mitglied <strong>de</strong>s Her ren-<br />

chiem seer Verfassungs kon vents sowie<br />

als Fraktionsvorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r SPD<br />

<strong>und</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Haupt aus schusses<br />

stellt er im <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong> entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Weichen.<br />

Von 1949 bis 1972 verschreibt<br />

sich Carlo Schmid <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>espolitik,<br />

als Abgeordneter, Minister <strong>und</strong> Vizepräsi<strong>de</strong>nt<br />

<strong>de</strong>s B<strong>und</strong>estages. Beson<strong>de</strong>rs<br />

engagiert betreibt er sein Leben lang<br />

die <strong>de</strong>utsch-französische Aussöhnung.<br />

Frankreich bleibt auch privat ein<br />

wich tiger Bezugspunkt von Schmid,<br />

so gilt er als einer <strong>de</strong>r besten Überset<br />

zer <strong>de</strong>r Werke von Bau<strong>de</strong>laire <strong>und</strong><br />

Malraux. Carlo Schmid stirbt am<br />

11. Dezember 1979 in Bonn.<br />

16 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

Regierung mög lichst stabil zu halten,<br />

kann <strong>de</strong>r Regierungschef nur<br />

durch ein kon struktives Misstrauensvotum<br />

ge stürzt wer<strong>de</strong>n, <strong>das</strong> heißt,<br />

mit <strong>de</strong>m Aussprechen <strong>de</strong>s Misstrauens<br />

muss <strong>das</strong> Parlament zugleich<br />

einen neuen B<strong>und</strong>eskanzler wählen.<br />

■ B<strong>und</strong>espräsi<strong>de</strong>nt: Dieses Amt ist lange<br />

umstritten. Auf keinen Fall wollen<br />

die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Par la men tarischen<br />

<strong>Rat</strong>es ein starkes, direkt gewähltes<br />

<strong>und</strong> mit einem Not verordnungsrecht<br />

ausgestattetes Staats oberhaupt wie<br />

in <strong>de</strong>r Wei ma rer Republik. Zeitweise<br />

wird ein Bun <strong>de</strong>s präsidium favorisiert,<br />

<strong>das</strong> aus <strong>de</strong>n Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>estages<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esrates sowie <strong>de</strong>m<br />

B<strong>und</strong>eskanzler bestehen soll. Erst<br />

spät verständigt man sich auf die heutige<br />

Form <strong>de</strong>s Präsi<strong>de</strong>ntenamtes.<br />

■ B<strong>und</strong>esverfassungsgericht: S e h r b e -<br />

wusst einigt man sich auf die Ins titution<br />

eines höchsten Verfassungsg<br />

e r i c h t s . S e i n e H aup t au f g ab e i s t d i e<br />

Über prüfung von B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>s<br />

recht auf seine Vereinbarkeit mit<br />

<strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>gesetz. Zu<strong>de</strong>m kann je<strong>de</strong>r ,<br />

<strong>de</strong>r sich in seinen Gr<strong>und</strong>rechten verletzt<br />

fühlt, sich mit einer Ver fas sungsbeschwer<strong>de</strong><br />

an <strong>das</strong> Gericht wen<strong>de</strong>n.<br />

■ B<strong>und</strong>esrat: Über eine zweite Kammer,<br />

ihre Zusammensetzung <strong>und</strong> ihre<br />

F u n k t i o n e n w i r d i m P a r l a m e n t a r i -<br />

schen <strong>Rat</strong> lange, heftig <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

gestritten. Es stehen sich<br />

Bun <strong>de</strong>srats- <strong>und</strong> S e n a t s l ö s u n g gegen<br />

über. Die Befürworter <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>es<br />

ratsprinzips plädieren für eine aus<br />

Vertretern <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>s re gierungen<br />

be setzte zweite Kammer, die umfassend<br />

an <strong>de</strong>r Gesetzgebung <strong>und</strong> an<br />

<strong>de</strong>r politischen Willensbildung beteiligt<br />

ist. Bei <strong>de</strong>n An hängern <strong>de</strong>s<br />

Senatsprinzips herrscht eher <strong>de</strong>r G e -<br />

danke <strong>de</strong>s Honoratioren kabinetts<br />

vor. Dabei soll je<strong>de</strong>s Land die gleiche<br />

Anzahl von nicht weisungs geb<strong>und</strong>enen<br />

Mitglie<strong>de</strong>rn entsen<strong>de</strong>n,<br />

<strong>de</strong>r Senat unabhängig von Wahl pe ri -<br />

o<strong>de</strong>n sukzessive erneuert wer<strong>de</strong>n. Die<br />

Entscheidung für die B<strong>und</strong>es ratslösung<br />

fällt schließlich durch kompli-


zierte Verhand lun gen, vor allem zwischen<br />

<strong>de</strong>m bayerischen Ministerpräsi<strong>de</strong>nten<br />

Hans Ehard (CSU) <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

no rd rh e i n -w e s t f ä l i s c h e n I n n e n m i n i s -<br />

ter Walter Menzel (SPD).<br />

Als eine <strong>de</strong>r zentralen Leh ren aus <strong>de</strong>r<br />

Weimarer Republik wer<strong>de</strong>n die Parteien<br />

erstmals im Verfassungstext in<br />

ihrer Funktion anerkannt, bei <strong>de</strong>r politischen<br />

Willensbildung <strong>de</strong>s Vol kes mitzuwirken.<br />

Obwohl sich <strong>de</strong>r Par la mentarische<br />

<strong>Rat</strong> in einem – neben <strong>de</strong>r Ar beit<br />

am Gr<strong>und</strong>gesetz vor gelegten – Entwurf<br />

für ein Wahl gesetz gegen eine Fünf-<br />

Prozent-Sperrklausel ausspricht, wird<br />

diese vor <strong>de</strong>r ersten B<strong>und</strong>estags wahl<br />

1949 auf Beschluss <strong>de</strong>r Minis terpräsi<strong>de</strong>nten<br />

<strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r im Wahlrecht verankert.<br />

Die Klausel soll eine Partei e n z e r -<br />

splitterung à la Weimar verhin<strong>de</strong>rn.<br />

Zu<strong>de</strong>m wird im Wahlgesetz <strong>das</strong> personalisierte<br />

Verhält niswahlrecht festgelegt.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong> folgt<br />

<strong>de</strong>m Vorschlag <strong>de</strong>s Herrenchiemseer<br />

Verfassungskonvents <strong>und</strong> bestimmt die<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

arbeit im Büro:<br />

<strong>Der</strong> DP-abgeordnete<br />

Wilhelm Heile<br />

(Mitte), rechts<br />

<strong>de</strong>r spätere<br />

B<strong>und</strong>esminister<br />

Hans-Joachim von<br />

Merkatz<br />

Farben Schwarz-Rot-Gold zu B<strong>und</strong>esfarben<br />

<strong>und</strong> zur B<strong>und</strong>esflagge. Diese<br />

Farben seien nicht die Farben <strong>de</strong>r Wei-<br />

marer Republik, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Einheits- <strong>und</strong> Freiheitsbewegung <strong>de</strong>s<br />

beginnen<strong>de</strong>n 19. Jahrh<strong>und</strong>erts, heißt<br />

es zur Begründung.<br />

Desinteresse im land<br />

Erstaunlicherweise fin<strong>de</strong>n die Bera tungen<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es, obwohl<br />

es dabei doch um die staatliche<br />

Zukunft Deutschlands geht, in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />

wenig Resonanz. Die Presse<br />

berichtet zwar über Streit <strong>und</strong> Fortschritt<br />

im <strong>Rat</strong>, aber im Vor<strong>de</strong>r gr<strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>s öffentlichen Interesses stehen nicht<br />

Verfassungsfragen, son<strong>de</strong>rn Alltags probleme:<br />

Wie sich die Wohnungs situation<br />

verbessern lässt, wie man mit <strong>de</strong>r neuen<br />

Währung auskommt, ob man für höhere<br />

Löhne streiken soll.<br />

In einer Untersuchung <strong>de</strong>s Instituts<br />

für Demoskopie im März 1949<br />

in West<strong>de</strong>utschland zeigen nur 21 Prozent<br />

<strong>de</strong>r Befragten großes Interesse,<br />

während 33 Prozent nur wenig <strong>und</strong> 40<br />

Prozent überhaupt nicht an <strong>de</strong>r Verfassungsarbeit<br />

interessiert sind. Von einer<br />

breiten, vom Volk getragenen <strong>de</strong>mokratischen<br />

Verfassungs ge bung kann<br />

also kaum gesprochen wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong><br />

Zeit setzt ihre eigenen Akzente.<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

einflüsse von außen<br />

arbeit an <strong>de</strong>n<br />

nachrichten <strong>de</strong>s<br />

kommen<strong>de</strong>n Tages:<br />

Presse korres-<br />

pon <strong>de</strong>n ten beim<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong><br />

Das relativ geringe Interesse <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Bevölkerung be<strong>de</strong>utet nicht, <strong>das</strong>s<br />

<strong>de</strong>r <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong> unbeeinflusst<br />

<strong>und</strong> abgeschottet von Ein flussversuchen<br />

von außen seiner Arbeit nachgeht. Im<br />

Gegenteil: Schon im <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong> wer<strong>de</strong>n Einflüsse sichtbar, die auch<br />

später <strong>das</strong> politische Leben <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

nachhaltig bestimmen wer<strong>de</strong>n.<br />

In erster Linie sind es die alliierten<br />

Mächte, die immer wie<strong>de</strong>r ihre Stimme<br />

erheben <strong>und</strong> zu bestimmten Struk turen<br />

<strong>und</strong> Formulierungen mah nen. Aber<br />

auch die neu o<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r gegrün<strong>de</strong>ten<br />

Parteien mischen sich in die Beratungen<br />

<strong>de</strong>utlich ein. Massiven Einfluss versuchen<br />

auch die Ministerpräsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r<br />

Län<strong>de</strong>r sowie Kirchen <strong>und</strong> Gewerkschaf<br />

ten zu nehmen.<br />

Die alliierten Mächte greifen<br />

mehrfach konkret in die Verfas sungsarbeit<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es ein.<br />

Im November 1948 erinnern sie nachdrücklich<br />

an die Einhaltung <strong>de</strong>r von<br />

ihnen in <strong>de</strong>n Frankfurter Do ku menten<br />

nie<strong>de</strong>rgelegten Gr<strong>und</strong> sätze. Spä-<br />

ter intervenieren sie, weil sie einen<br />

man geln<strong>de</strong>n Fö<strong>de</strong>ralismus in Form<br />

einer zu großen Zentralgewalt zu Las-<br />

ten <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r zu ent<strong>de</strong>cken glauben.<br />

Im März 1949 wird in einem alliierten<br />

Memorandum erneut auf die<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 17


Die aRBeiT<br />

Theodor Heuss<br />

<strong>Der</strong> Vermittler<br />

Als erster B<strong>und</strong>espräsi<strong>de</strong>nt gehört<br />

Theodor Heuss zu <strong>de</strong>n heraus ra gen<strong>de</strong>n<br />

Persönlichkeiten <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>es republik<br />

Deutschland. In <strong>de</strong>n zehn Jahren<br />

seiner Präsi<strong>de</strong>ntschaft (1949 bis<br />

1959) prägt er <strong>das</strong> Amt durch Wür<strong>de</strong>,<br />

Geist <strong>und</strong> Humor weit über die formalen<br />

Rechte <strong>de</strong>s Staats ober haupts<br />

hinaus. Er trägt damit ent schei <strong>de</strong>nd<br />

dazu bei, Vor ur teile <strong>de</strong>r Weltöf fentlichkeit<br />

gegen die Deut schen abzubauen.<br />

Heuss wird am 31. Januar 1884<br />

in Brackenheim/Württemberg als<br />

Sohn eines Straßenbaumeisters geboren.<br />

Er studiert Nationalökonomie,<br />

engagiert sich beruflich aber als<br />

Jour nalist <strong>und</strong> Politiker. Von 1924<br />

bis 1933 ist er Mitglied <strong>de</strong>s Reichstags,<br />

in <strong>de</strong>r NS-Zeit zieht er sich als<br />

Privatgelehrter zurück.<br />

Im <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong> ist er<br />

mit seinem weltbürgerlichen Hu manis<br />

mus oft meinungsbil<strong>de</strong>nd <strong>und</strong> vermittelt<br />

oft erfolgreich zwischen <strong>de</strong>n<br />

Po sitionen von CDU <strong>und</strong> SPD. 1949<br />

einigen sich die Parteien rasch auf <strong>de</strong>n<br />

FDP-Vorsitzen<strong>de</strong>n Heuss als ersten<br />

B<strong>und</strong>espräsi<strong>de</strong>nten. Heuss stirbt am<br />

12. Dezember 1963 in Stuttgart.<br />

18 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

Bild rechts: Die<br />

sPD-abgeordneten<br />

Rudolf-ernst<br />

Heiland, Karl Kuhn,<br />

adolf ehlers, Hans<br />

W<strong>und</strong>erlich <strong>und</strong><br />

Friedrich Maier<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

Not wen dig keit einer klareren Aufteilung<br />

<strong>de</strong>r Gesetzgebungs- <strong>und</strong> Verwaltungshoheit<br />

auf B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>se<br />

b e n e v e r w i e s e n .<br />

Auch wenn es um die alliierte<br />

Ein mischung im <strong>Rat</strong> immer wie<strong>de</strong>r<br />

Streit gibt, <strong>de</strong>r zu heftigen parteipolitischen<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen bis zu einem<br />

Misstrauensantrag gegen Konrad<br />

A<strong>de</strong>nauer führt, bleibt <strong>de</strong>r tatsächliche<br />

Einfluss <strong>de</strong>r alliierten Interventionen<br />

auf <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz umstritten, da sie<br />

in <strong>de</strong>r Sache im <strong>Rat</strong> letztlich auf eine<br />

mehrheitliche Zustimmung stoßen.<br />

Die psychologische Wirkung allerdings<br />

wird von nieman<strong>de</strong>m bestritten.<br />

Zu <strong>de</strong>n wesentlichen <strong>de</strong>utschen<br />

Gruppen, die auf die Beratungen zum<br />

Gr<strong>und</strong>gesetz Einfluss nehmen, gehören<br />

neben <strong>de</strong>m Berufsbeamtentum <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>n kommunalen Verbän<strong>de</strong>n die Gewerk<br />

schaften <strong>und</strong> Kirchen. Den Gewerkschaften<br />

geht es vor allem um die<br />

Verankerung einer Sozial- <strong>und</strong> Wirt-<br />

schaftsordnung im Gr<strong>und</strong>gesetz, was<br />

ihnen nur teilweise gelingt. Erfolg-<br />

rei cher sind da die katholische <strong>und</strong><br />

evangelische Kirche, die mit direkten<br />

Interventionen, aber auch mit Kanzelworten<br />

für <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>s menschlichen<br />

Lebens <strong>und</strong> für <strong>das</strong> Recht <strong>de</strong>r<br />

Eltern, über die Erziehung ihrer Kin<strong>de</strong>r<br />

zu bestimmen, eintreten. Die SPD rügt<br />

später, die Verfassung sei „im Schatten<br />

<strong>de</strong>s Kölner Domes“ gemacht wor<strong>de</strong>n.<br />

Die katholischen Bischöfe meinen dagegen<br />

noch am Tage <strong>de</strong>r Verkündung<br />

<strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes, ihren Mahnungen<br />

sei nicht genügend Gehör geschenkt<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Die letzte Krise<br />

Zu einer schweren Krise kommt es<br />

im Frühjahr 1949. Es geht dabei um<br />

die Kompetenzen <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

um die Zustimmung <strong>de</strong>r Alliierten<br />

zum Gr<strong>und</strong>gesetz. Vor allem die SPD<br />

sieht zu viele Zugeständnisse an die<br />

Siegermächte, sie wirft Unionspolitikern<br />

vor, „Erfüllungspolitiker <strong>de</strong>r Al-<br />

liier ten“ zu sein. Erst als die drei West -


mächte Zustimmung zum vorliegen<strong>de</strong>n<br />

Gr<strong>und</strong>gesetzentwurf signalisieren,<br />

entspannt sich die Lage wie<strong>de</strong>r. A<strong>de</strong>nauer<br />

spricht von einem „abgekarteten<br />

Spiel“ zwischen SPD <strong>und</strong> <strong>de</strong>r britischen<br />

Regierung. Am En<strong>de</strong> aber ist auch er<br />

beruhigt. Ahnt er doch, <strong>das</strong>s er in <strong>de</strong>r<br />

neuen Republik eine führen<strong>de</strong> Rolle<br />

spielen wird. Außer<strong>de</strong>m, so <strong>de</strong>r pfiffige<br />

„Alte von Rhöndorf“, beschließe man<br />

ja „nur <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>und</strong> nicht die<br />

Zehn Gebote“.<br />

Die Verabschiedung<br />

Wenige Tage später, am 8. Mai 1949,<br />

wird <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz mit 53 gegen<br />

12 Stimmen angenommen. Es ist kurz<br />

vor Mitternacht, genau 23.55 Uhr, als<br />

im Saal <strong>de</strong>r Pädagogischen Aka<strong>de</strong>mie<br />

die historische Entscheidung für ein<br />

neues Deutschland fällt. Genau vier<br />

Jah re zuvor hat Deutschland mit <strong>de</strong>r<br />

Kapitulation <strong>und</strong> <strong>de</strong>m totalen Zu-<br />

sammenbruch seine dunkelsten St<strong>und</strong>en<br />

erlebt. ■<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

Die Hauptstadtfrage<br />

Bonn o<strong>de</strong>r Frankfurt?<br />

Was soll die provisorische Haupt stadt <strong>de</strong>r neuen Republik sein? Über diese<br />

Frage entbrennt im Ja nu ar 1949 im Par la mentarischen <strong>Rat</strong> ein heißer Streit.<br />

Die alte Haupt stadt Berlin – da sind sich alle einig – kommt aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s<br />

Viermächte sta tus <strong>und</strong> ihrer Insellage in <strong>de</strong>r So wjetzone nicht in Frage. Im<br />

Rennen sind Kassel, Stutt gart, vor allem aber Bonn <strong>und</strong> Frank furt.<br />

Es wird mit harten Bandagen gefightet in diesem Kampf um Geld <strong>und</strong><br />

Ehre. Konrad A<strong>de</strong>nauer wirbt mit aller List für Bonn – nicht nur, weil er<br />

gleich nebenan in Rhöndorf wohnt. Die linksrheinische kleine Uni ver si tätsstadt<br />

symbolisiere mehr als an<strong>de</strong>re <strong>das</strong> Provisorische <strong>de</strong>s vor läufigen Regierungssitzes,<br />

stehe für rhei nische Liberalität <strong>und</strong> habe ohne hin <strong>de</strong>n Vorteil,<br />

schon Sitz <strong>de</strong>s Parlamenta rischen <strong>Rat</strong>es zu sein, lauten seine Argu mente.<br />

Die SPD favorisiert <strong>das</strong> großstädtische Frank furt als zugleich wichti gen Indus<br />

trie standort <strong>und</strong> – mit <strong>de</strong>r Pauls kir che – einem be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Sym bol<br />

<strong>de</strong>utscher <strong>de</strong>mokratischer Tradition. Nach einer Besichtigungsreise einer<br />

eigens gegrün<strong>de</strong>ten Fin dungs kommission schei<strong>de</strong>n Stutt gart <strong>und</strong> Kas sel<br />

aus <strong>de</strong>m Rennen aus. Nun wird umso heftiger zwischen Bonn <strong>und</strong> Frankfurt<br />

gekämpft. Am 10. Mai 1949 ist die St<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r Entscheidung: In geheimer<br />

Ab stim mung erhält Bonn mit 33 von 62 gültigen Stimmen die<br />

knappe Mehrheit, auf Frankfurt entfallen 29 Stimmen. Die Bonner jubeln –<br />

so wie sie 42 Jahre später trauern, als <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>estag nach <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Einheit wie<strong>de</strong>r Berlin zur Hauptstadt <strong>und</strong> zum Parlaments- <strong>und</strong> Re gierungssitz<br />

erklärt.<br />

Beigetragen zum Sieg Bonns hat eine angebliche Äußerung <strong>de</strong>s SPD-<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n Kurt Schu macher, die von einer Presse agen tur unmittelbar<br />

vor <strong>de</strong>r Ab stim mung verbreitet wird: Eine Wahl Frankfurts be<strong>de</strong>ute eine<br />

Nie <strong>de</strong>r lage für A<strong>de</strong>nauer <strong>und</strong> seine CDU. A<strong>de</strong> nauer verbreitet dieses Gerücht<br />

sofort <strong>und</strong> bewegt damit die eigene Fraktion zu einer klaren Entscheidung<br />

für Bonn. Die Stadt am Rhein wird fünf Jahrzehnte politisches<br />

Zentrum <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik.<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

am Tag <strong>de</strong>r<br />

Verabschiedung<br />

<strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong> ge set zes<br />

(23. Mai 1949):<br />

Blick auf die<br />

Pädagogische<br />

aka<strong>de</strong>mie in Bonn,<br />

sit zungs ort <strong>de</strong>s<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>es<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 19


Die enTWiCKlUnG<br />

Das Gr<strong>und</strong>gesetz von 1949 bis heute<br />

erfolgsgeschichte<br />

<strong>und</strong> Vorbild<br />

als <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz in Kraft tritt, beginnt für Deutschland ein neuer abschnitt seiner Geschichte.<br />

Die Hoffnungen sind groß – doch die ersten schritte <strong>de</strong>r jungen Demokratie im Westen sind noch<br />

unsicher. Heute ist aus <strong>de</strong>m Provisorium eine erfolgs geschichte gewor<strong>de</strong>n: als Basis einer stabilen<br />

Demokratie mit einer lebendigen Verfassungswirk lich keit, in <strong>de</strong>r sich immer wie<strong>de</strong>r erweist, wie<br />

mo<strong>de</strong>rn, robust <strong>und</strong> entwicklungsfähig <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz ist.<br />

20 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial


Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

auch die Vertreter<br />

Berlins bekennen<br />

sich zum Gr<strong>und</strong> ge-<br />

setz: <strong>de</strong>r Berliner<br />

oberbürgermeister<br />

ernst Reuter bei <strong>de</strong>r<br />

Unterzeichnung.<br />

Rechts otto suhr,<br />

nichtstimmberechtigtes<br />

Berliner<br />

M i t g l i e d d e s<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>es<br />

<strong>Der</strong> letzte Akt im Grün dungs -<br />

ka non steht noch aus: Die <strong>Rat</strong>ifizierung<br />

<strong>und</strong> Verkündung <strong>de</strong>s<br />

Gr<strong>und</strong>gesetzes. Da die Verfas sungsmüt<br />

ter <strong>und</strong> -väter eine Volks abstimmung<br />

abgelehnt haben, wird <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>gesetzentwurf<br />

<strong>de</strong>s Parlamen tarischen<br />

<strong>Rat</strong>es allen elf Landtagen zur <strong>Rat</strong>ifizierung<br />

vorgelegt. Innerhalb von drei<br />

Tagen – vom 18. bis 21. Mai 1949 –<br />

stimmen alle Landtage <strong>de</strong>m Entwurf<br />

zu – mit Ausnahme <strong>de</strong>s Bay erischen<br />

Landtags. In lei<strong>de</strong>nschaft lichen Dis -<br />

kus sionen begrün<strong>de</strong>n CSU-Abge ord nete<br />

ihre Abneigung gegen <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz,<br />

<strong>de</strong>m sie mangeln<strong>de</strong>n Fö<strong>de</strong>ralismus vorwerfen.<br />

Doch scheitern lassen wollen<br />

die Bayern <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz auch nicht.<br />

Sie lassen sich ein Hintertürchen offen:<br />

Wer<strong>de</strong> <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz in zwei Dritteln<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Län<strong>de</strong>r angenommen,<br />

soll „die Rechtsver bindlich keit dieses<br />

Gr<strong>und</strong> gesetzes auch für Bayern anerkannt“<br />

wer<strong>de</strong>n. Genau so geschieht es.<br />

Am 23. Mai 1949 fin<strong>de</strong>t daraufhin<br />

die Schlusssitzung <strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>es mit <strong>de</strong>r feierlichen Ver-<br />

kündung <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes in Bonn<br />

statt. <strong>Der</strong> Festakt – er wird von allen<br />

<strong>de</strong>utschen R<strong>und</strong>funkstationen direkt<br />

übertragen – wird von Orgelspiel <strong>und</strong><br />

Chorälen umrahmt. Präsi<strong>de</strong>nt Kon rad<br />

A<strong>de</strong>nauer betont in seiner Anspra che,<br />

<strong>das</strong>s trotz <strong>de</strong>r auferlegten Beschrän-<br />

VoRBilD FÜR anDeRe länDeR<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

kungen die Entscheidung zum Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

„auf freiem Willen“ <strong>und</strong> „auf<br />

<strong>de</strong>r freien Entscheidung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />

Volkes“ beruhe. Dann sagt er:<br />

„Heute, am 23. Mai 1949, beginnt<br />

ein neuer Abschnitt in <strong>de</strong>r wechselvollen<br />

Geschichte unseres Volkes.<br />

Heute wird nach <strong>de</strong>r Unterzeichnung<br />

<strong>und</strong> Verkündung <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />

die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland in die<br />

Geschichte eintreten. Wer die Jahre<br />

seit 1933 bewusst erlebt hat, (…) <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>nkt bewegten Herzens daran, <strong>das</strong>s<br />

heute, mit <strong>de</strong>m Ablauf dieses Tages,<br />

<strong>das</strong> neue Deutschland entsteht.“<br />

Nach jeweiligem Aufruf unterzeichnen<br />

zunächst die Abgeordneten<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es, danach<br />

die Ministerpräsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r elf Län<strong>de</strong>r<br />

die Originalausfertigung <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes.<br />

Nur die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r KPD-<br />

Fraktion weigern sich, „die Spaltung<br />

Deutschlands“ zu unter schrei ben.<br />

erfüllte Hoffnungen<br />

Heute liegt die Originalfassung <strong>de</strong>s<br />

Gr<strong>und</strong>gesetzes im Panzerschrank <strong>de</strong>s<br />

Direktors beim Deutschen B<strong>und</strong>estag.<br />

Sie wird je<strong>de</strong>s Mal hervorgeholt, wenn<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>espräsi<strong>de</strong>nt <strong>und</strong> <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>eskanzler<br />

ihren Amtseid vor <strong>de</strong>n Mitglie<br />

<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>estages <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Bun-<br />

<strong>de</strong>srats ablegen.<br />

Wäre <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz eine Han<strong>de</strong>lsware, könnte Deutschland gute Geschäfte<br />

machen. Denn trotz seiner bald 60 Jahre gilt <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz bei<br />

vielen Staaten als fortschrittlich <strong>und</strong> <strong>de</strong>mokratisch vorbildlich. Nicht wenige<br />

Län<strong>de</strong>r haben bei ihrer staatlichen Neuorientierung Anleihen beim<br />

Gr<strong>und</strong>gesetz genommen. So gibt es etwa in Ungarn, aber auch in Polen,<br />

Slowenien <strong>und</strong> seit einem Jahrzehnt in Belgien analog zu Deutschland ein<br />

konstruktives Misstrauensvotum. Spanien hat nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Franco-<br />

Herrschaft massiv vom Gr<strong>und</strong>gesetz „abgeschrieben“. Nach <strong>de</strong>m Wegfall<br />

<strong>de</strong>s Ost-West-Konfliktes orientieren sich auch viele mittel- <strong>und</strong> osteuropäische<br />

Staaten am <strong>de</strong>utschen Gr<strong>und</strong>gesetz. Beson<strong>de</strong>rer Exportschlager dabei:<br />

die Gr<strong>und</strong>rechte <strong>und</strong> die Verfassungsgerichtsbarkeit.<br />

Die Attraktivität <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes ist dabei nicht auf Europa beschränkt.<br />

Auch die Südafrikaner haben sich beim Gr<strong>und</strong>gesetz bedient,<br />

vor allem bei <strong>de</strong>n Fö<strong>de</strong>ralismusbestimmungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r zweiten Kammer.<br />

Und Neuseeland hat mit <strong>de</strong>r personalisierten Verhältniswahl <strong>das</strong> <strong>de</strong>utsche<br />

Wahlrecht übernommen.<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 21


Die enTWiCKlUnG<br />

Fast 60 Jahre sind seit<strong>de</strong>m vergangen.<br />

Aus <strong>de</strong>n unsicheren An fän-<br />

gen ist eine ungeahnte Erfolgs geschichte,<br />

aus <strong>de</strong>m dauerhaften Pro visorium<br />

eine freiheitliche, offene <strong>und</strong> stabile<br />

Demokratie gewor<strong>de</strong>n, die ihren Platz<br />

in <strong>de</strong>r Welt gef<strong>und</strong>en hat, von ihr respektiert<br />

<strong>und</strong> bew<strong>und</strong>ert wird. Vor al-<br />

lem aber hat sich die Hoffnung <strong>de</strong>s Parlamenta<br />

ri schen <strong>Rat</strong>es, mit <strong>de</strong>r S t a at s -<br />

werdung West <strong>de</strong>utschlands die Ein heit<br />

in Frei heit Deutschlands nicht zu gefähr<strong>de</strong>n,<br />

erfüllt – wenn auch erst nach<br />

40 Jah ren. Die Wie<strong>de</strong>rvereinigung <strong>de</strong>s<br />

geteilten Deutschlands war nicht nur<br />

Ziel, son<strong>de</strong>rn ist auch Höhepunkt unserer<br />

jüngsten Verfassungsgeschichte.<br />

Denn mit <strong>de</strong>m im Einigungsvertrag vom<br />

31. August 1990 geregelten <strong>und</strong> zum<br />

3. Oktober 1990 vollzogenen Bei tritt<br />

<strong>de</strong>r DDR ist <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz zur gesamt<strong>de</strong>utschen<br />

Verfassung gewor<strong>de</strong>n.<br />

Zunächst nur unzulänglich legitimiert,<br />

hat <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz seine<br />

22 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial<br />

eigentliche <strong>de</strong>mokratische Bestätigung<br />

erst durch die öffentliche Anerkennung<br />

in jahrzehntelanger Verfassungspraxis<br />

erfahren. Heute gilt <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

als freiheitlichste <strong>und</strong> fortschrittlichste<br />

Verfassung, die Deutschland je besessen<br />

hat. Für einige Staaten ist <strong>das</strong><br />

Gr<strong>und</strong>gesetz zum Vorbild für eigene<br />

Verfassungsvorhaben gewor<strong>de</strong>n (siehe<br />

Kasten). In Deutschland selbst hat sich<br />

im Wesensgehalt<br />

unverän<strong>de</strong>rt geblieben<br />

<strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz zwar an verän<strong>de</strong>rte gesellschaftliche<br />

Wertvorstellungen <strong>und</strong><br />

an Entwicklungen, die durch Deutschlands<br />

Stellung in Europa <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Welt bedingt sind, angepasst, im Wesens<br />

gehalt aber ist es unverän<strong>de</strong>rt<br />

ge blieben <strong>und</strong> hat so für Sta bi lität<br />

<strong>und</strong> Ak zeptanz gesorgt. Verglichen<br />

mit an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn in Europa ist<br />

Deutsch land mit seinen kontinuierlichen<br />

Regierungen – acht Kanzler in<br />

60 Jahren – <strong>und</strong> seiner stabilen Partei<br />

enlandschaft, die <strong>de</strong>nnoch für die<br />

Grün dung neuer Parteien wie Die Grü-<br />

Abbildungen: Picture-Alliance/dpa<br />

seiten <strong>de</strong>r Urschrift<br />

<strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes:<br />

links die Präambel,<br />

rechts die Unterschriften<br />

<strong>de</strong>s<br />

Präsidiums <strong>de</strong>s<br />

<strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>es<br />

nen offen geblieben ist, ein Hort <strong>de</strong>r<br />

Beständigkeit.<br />

Wichtige Stationen <strong>de</strong>r Anpassung<br />

<strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes an eine verän<strong>de</strong>rte<br />

Verfassungswirklichkeit sind:<br />

■ Pariser Verträge <strong>und</strong> die Wehr verfassung:<br />

Mit Inkrafttreten <strong>de</strong>r Pa riser<br />

Verträge en<strong>de</strong>t im Mai 1955 endgültig<br />

die Besatzungsherrschaft, die<br />

B<strong>und</strong>esrepublik erhält die Sou veränität<br />

(es bleiben alliierte Vor be haltsrechte<br />

bis zur <strong>de</strong>utschen Einheit).<br />

Ein Jahr später verabschie<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>e stag nach h e f t i g e n A u s e i n a n -<br />

<strong>de</strong>rsetzungen die Wehr verfassung <strong>und</strong><br />

damit die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen<br />

für <strong>de</strong>n Auf bau einer<br />

Wehrpflichtarmee.<br />

■ Notstandsgesetze: Zur Errei chung<br />

<strong>de</strong>r vollen Souveränität gehört auch<br />

<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Alliierten gefor<strong>de</strong>rte Er -<br />

lass einer Not standsverfassung. Sie<br />

regelt 1968 im Kern, wer im Ver -<br />

tei digungsfall <strong>das</strong> Sagen hat. Viele<br />

Kritiker fürchten starke Son <strong>de</strong>rrech<br />

te <strong>de</strong>r Exekutive. Am En<strong>de</strong> aber<br />

wahrt <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>estag mit <strong>de</strong>m „Ge -<br />

mein samen Ausschuss“ als Not parlament<br />

seine Rechte.<br />

■ Reform nach <strong>de</strong>r Einheit: E n t g e -<br />

gen <strong>de</strong>n Vorstellungen von SPD <strong>und</strong>


Foto: Picture-Alliance/Uli Deck „legitimation<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

im interview: Winfried Hassemer<br />

durch zusammenleben“<br />

<strong>Der</strong> ehemalige Vizepräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts über die leistungen <strong>und</strong> Vorzüge <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />

<strong>und</strong> über die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s artikels 146<br />

Blickpunkt spezial: Im Herbst 1948 begannen im <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong> die Arbeiten zum Gr<strong>und</strong>gesetz. Was<br />

hat im Rückblick <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong> gesetz geleistet?<br />

Winfried Hassemer: Es gab viele gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong> Ent wicklungen,<br />

die <strong>de</strong>n Zu stand unseres Staatswesens nach <strong>de</strong>m<br />

Zweiten Weltkrieg geformt haben. Das Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

war nur ein Faktor – freilich ein sehr gewichtiger, betrachtet<br />

man einmal die Wirkungen von „Verfassung“<br />

für <strong>das</strong> Gemeinwesen in unserer Geschichte <strong>und</strong> bei unseren<br />

Nach barn. So wird man sagen können, <strong>das</strong>s innerer<br />

Frie<strong>de</strong>, Stabilität <strong>de</strong>r Institutionen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Stellenwert<br />

von „Gerechtigkeit“ in <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>es republik sich auch<br />

<strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>gesetz ver danken.<br />

Blickpunkt: Sind auch Versäumnisse festzustellen? Hätte<br />

es etwa nach <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rvereinigung einer Gr<strong>und</strong> re form<br />

bedurft?<br />

Hassemer: Das Gr<strong>und</strong>gesetz hat die künftige Entwicklung<br />

erstaunlich gut vorausgesehen – bis auf bestimmte Berei<br />

che, etwa in <strong>de</strong>r Wirtschaft. Die Wie<strong>de</strong>rvereinigung<br />

war <strong>de</strong>shalb eher ein Anlass für eine feierliche Be stä tigung<br />

<strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong> gesetzes im vereinigten Deutschland als<br />

für eine Gr<strong>und</strong> reform. Ich habe aber Ver ständnis für<br />

diej enigen, die fürchten, eine Ent scheidung einer so<br />

kom ple xen Gr<strong>und</strong>frage könnte – wie wir <strong>das</strong> auch <strong>de</strong>r-<br />

zeit in „Eu ropa“ sehen – aus <strong>de</strong>n falschen Grün<strong>de</strong>n negativ<br />

aus fallen. Dennoch: Scha<strong>de</strong>.<br />

Blickpunkt: Über <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz ist nie vom Volk direkt<br />

abgestimmt wor<strong>de</strong>n. Ist <strong>das</strong> ein Geburtsfehler?<br />

Hassemer: Nein. Natürlich liegt es nahe <strong>und</strong> ist es <strong>de</strong>mokratisch<br />

selbstverständlich, über eine Ver fassung direkt abzustimmen,<br />

bevor sie in Kraft tritt; <strong>das</strong> ist auch meine<br />

Meinung. An<strong>de</strong>rerseits gibt es gera<strong>de</strong> bei einer Verfassung<br />

so etwas wie eine „Legiti mation durch Zu sammenleben“:<br />

durch die alltäg liche, auf einem breiten Konsens beruhen<strong>de</strong>,<br />

im öffentlichen Streit über Einzelheiten immer wie<strong>de</strong>r bestätigte<br />

Zustimmung zur Verfas sungswirklichkeit.<br />

Blickpunkt: Warum behält sich <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz in Artikel<br />

146 vor, durch Volksabstimmung eine neue Verfassung zu<br />

beschließen?<br />

Hassemer: Das Bonner Gr<strong>und</strong>gesetz ist auch durch Vorläufigkeit<br />

<strong>und</strong> Offenheit gekennzeichnet; gera<strong>de</strong> <strong>das</strong> hat<br />

ihm nach meiner Meinung eine lebendige <strong>und</strong> belastbare<br />

Stabilität verliehen. Sieht man <strong>das</strong> so, dann lässt sich Artikel<br />

146 als feierliche <strong>und</strong> öffentliche Erinne rung daran verstehen,<br />

<strong>das</strong>s auch die gelebte Verfassung <strong>de</strong>r förmlichen Zustimmung<br />

<strong>de</strong>s Volkes bedarf <strong>und</strong> bis dahin eben vorläufig<br />

ist. Mehr sollte ein Verfassungstext nicht anordnen.<br />

zur Person<br />

Professor Winfried Hassemer (2. von<br />

links), Jahr gang 1940, gilt als einer<br />

<strong>de</strong>r profiliertesten Juristen Deutschlands.<br />

Seit 1996 war er Richter am<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht, ab 2002<br />

bis zu seiner Pensionierung im Mai<br />

2008 als Vizepräsi<strong>de</strong>nt <strong>und</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s Zweiten Senats.<br />

Foto: *<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 23


Die enTWiCKlUnG<br />

Richtfest zum Bau<br />

<strong>de</strong>s Plenarsaals<br />

<strong>de</strong>s B<strong>und</strong>estages<br />

in Bonn 1949.<br />

im Hintergr<strong>und</strong><br />

die arbeiter im<br />

stahlgerüst<br />

Foto: Erna Wagner-Hehmke/HDG<br />

Bünd nis 90/Die Grünen, die eine<br />

gr<strong>und</strong> legen<strong>de</strong> Reform <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong> gesetzes<br />

samt an schließen<strong>de</strong>r Volks abstim<br />

mung anstreben, setzen Union<br />

<strong>und</strong> FDP eine paritätisch besetzte<br />

„G e m e i n s a m e Ve r f a s s u n g s ko m m i s -<br />

sion von B<strong>und</strong>estag <strong>und</strong> B<strong>und</strong>es rat“<br />

durch, die sich auf wenige Än <strong>de</strong> rungen<br />

beschränkt. Sie betreffen einmal<br />

die Präambel <strong>und</strong> die Neuverteilung<br />

<strong>de</strong>r Sitze im B<strong>und</strong>esrat, zum an<strong>de</strong>ren<br />

mo<strong>de</strong>rate Verän<strong>de</strong>rungen wie die „tatsäch<br />

liche“ Durchsetzung <strong>de</strong>r Gleichberechtigung<br />

von Frauen <strong>und</strong> Männern,<br />

ein Diskri minierungs ver bot be -<br />

hin<strong>de</strong>rter Bürger <strong>und</strong> die Auf nahme<br />

<strong>de</strong>s Umweltschutzes als Staats ziel.<br />

Kritiker bemängeln, <strong>das</strong>s eine historische<br />

Chance vertan wird.<br />

■ Europa: Die fortschreiten<strong>de</strong> Inte gration<br />

Europas verlangt auch Kor rektu<br />

ren <strong>und</strong> Ergänzungen am Gr<strong>und</strong>gesetz.<br />

So wer<strong>de</strong>n 1992 ein europapolitischer<br />

Gr<strong>und</strong>satzartikel, ein<br />

K o m mu n a l wa h l r e c ht f ü r E U - B ü r g e r<br />

24 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial<br />

<strong>und</strong> eine Ermächtigung zur Aufgabenüber<br />

tragung an die Euro päische<br />

Zentralbank eingefügt.<br />

■ Privatisierungen: Im Zeichen <strong>de</strong>r<br />

Pri vatisierung von bisher ausschließlichen<br />

Staatsunternehmen wer<strong>de</strong>n<br />

Anfang <strong>de</strong>r 90er-Jahre Regelungen<br />

für <strong>de</strong>n Luft verkehr, die Post <strong>und</strong><br />

die Bahn beschlossen.<br />

■ Asylrecht: Um <strong>de</strong>n Zustrom von jährlich<br />

r<strong>und</strong> 400. 000 Asyl bewer bern<br />

ein zudämmen, ringt sich <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>es<br />

tag 1993 nach heftigem Streit<br />

zu Ein schrän kungen <strong>de</strong>s Asylrechts<br />

durch.<br />

■ Innere Sicherheit: Um <strong>de</strong>r anwachsen<strong>de</strong>n<br />

organisierten Kriminalität besser<br />

zu begegnen, wird 1998 die Unver<br />

letzlichkeit <strong>de</strong>r Wohnung eingeschränkt.<br />

Weil sie die elektronische<br />

Überwachung von Wohnungen (Stichwort<br />

„Gro ßer Lauschangriff“) ab lehnt,<br />

tritt die Justizministerin zurück.<br />

■ Frauen in <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>eswehr: Im Zuge<br />

<strong>de</strong>r Gleichberechtigung dürfen auch<br />

Frauen seit 2000 freiwillig in <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>eswehr<br />

Dienst mit <strong>de</strong>r Waffe leisten.<br />

■ Fö<strong>de</strong>ralismusreform: Um <strong>das</strong> Zu sammenspiel<br />

von B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Län<strong>de</strong>rn effizienter<br />

zu gestalten <strong>und</strong> <strong>das</strong> politische<br />

System entscheidungs- <strong>und</strong> handlungsfähiger<br />

zu machen, wer<strong>de</strong>n im<br />

Jahre 2006 insgesamt 25 Gr<strong>und</strong> gesetz<br />

artikel reformiert. So mit han<strong>de</strong>lt<br />

es sich bei <strong>de</strong>r Fö <strong>de</strong>ra lis musreform<br />

um die größte Ver fas sungsän<strong>de</strong>rung<br />

seit 1949. ■<br />

i<br />

Fö<strong>de</strong>ralismusreform<br />

Online-Dossier zur größten<br />

Gr<strong>und</strong>gesetzän<strong>de</strong>rung seit<br />

1949:<br />

www.blickpunkt-b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong><br />

(Rubrik spezial-archiv)


infotipps<br />

Dokumente<br />

Frankfurter Dokumente<br />

vom 1. Juli 1949<br />

www.b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong>/geschichte/<br />

parlhist/dokumente<br />

Gr<strong>und</strong>gesetz von 1949<br />

Urfassung vom 23. Mai 1949<br />

www.documentarchiv.<strong>de</strong>/brd.html<br />

allgemeine information<br />

B<strong>und</strong>estag online<br />

Chronik <strong>und</strong> Eckpunkte <strong>de</strong>r Geschichte<br />

<strong>de</strong>s Parlamentarismus<br />

www.b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong>/geschichte<br />

Deutsches Historisches Museum<br />

bietet Infos <strong>und</strong> Tondokumente unter:<br />

www.dhm.<strong>de</strong>/lemo/html/<br />

nachkriegsjahre<br />

alle Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n <strong>Rat</strong>es<br />

http://<strong>de</strong>.wikipedia.org<br />

infomaterial bestellen<br />

Infomaterial <strong>und</strong> Broschüren über die<br />

Arbeit <strong>de</strong>s Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />

sowie Flyer, Poster, CD-ROMs <strong>und</strong><br />

DVDs können Sie per Post o<strong>de</strong>r Tele<br />

fon bestellen o<strong>de</strong>r bequem per<br />

Maus klick auf ihren Bildschirm holen<br />

<strong>und</strong> herunterla<strong>de</strong>n.<br />

Bestellung per Post:<br />

Deutscher B<strong>und</strong>estag<br />

– Referat Öffentlichkeitsarbeit –<br />

Platz <strong>de</strong>r Republik 1<br />

11011 Berlin<br />

Gr<strong>und</strong>gesetz heute<br />

zuletzt geän<strong>de</strong>rt am 28. August 2006<br />

www.b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong>/gr<strong>und</strong>gesetz<br />

B<strong>und</strong>esarchiv<br />

Recherche von Dokumenten online<br />

www.b<strong>und</strong>esarchiv.<strong>de</strong><br />

Protokolle im Volltext<br />

abrufbar unter:<br />

http://books.google.<strong>de</strong><br />

Publikationen im Volltext<br />

<strong>Der</strong> <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz für die Bun <strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland 1948–1949 – von<br />

Michael F. Feldkamp<br />

www.kas.<strong>de</strong><br />

(Rubrik Publikationen)<br />

lehren aus <strong>de</strong>r Geschichte<br />

<strong>de</strong>r Weimarer Republik bei <strong>de</strong>r Demokratiegründung<br />

<strong>de</strong>s <strong>Parlamentarische</strong>n<br />

<strong>Rat</strong>es 1948/49 – von Hans Mommsen<br />

http://library.fes.<strong>de</strong><br />

(Digitale Bibliothek)<br />

Bestellung per Telefon o<strong>de</strong>r Fax:<br />

Telefon: (0 30) 2 27-3 20 72 <strong>und</strong><br />

-3 53 90<br />

Fax: (0 30) 2 27-3 62 00<br />

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PDF-Download <strong>und</strong><br />

Onlinebestellung unter<br />

www.b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong>/interakt/infomat<br />

Dort fin<strong>de</strong>n Sie eine aktuelle<br />

Übersicht aller Informationen<br />

(Broschüren, CD-ROMs etc.).<br />

DeR PaRlaMenTaRisCHe RaT<br />

impressum<br />

Herausgeber:<br />

Deutscher B<strong>und</strong>estag,<br />

Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />

Chefredaktion:<br />

Britta Hanke-Giesers<br />

(Leiterin Referat Öffentlichkeitsarbeit)<br />

Koordination:<br />

Michael Reinold, Sylvia Bohn<br />

(Referat Öffentlichkeitsarbeit)<br />

Telefon: (0 30) 2 27-3 78 68<br />

Fax: (0 30) 2 27-3 65 06<br />

E-Mail: michael.reinold@b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong><br />

Beauftragte agentur:<br />

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Telefon: (0 30) 6 50 00-2 20<br />

Fax: (0 30) 6 50 00-1 92<br />

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Geschäftsführung:<br />

Dipl.-Kfm. Harald Zulauf<br />

Redaktion:<br />

Helmut Spörl (Leiter),<br />

Klemens Vogel, Birgit Lettenbauer<br />

autor:<br />

Sönke Petersen<br />

art Direction:<br />

Sylvia Müller, Anita Drbohlav<br />

Produktion:<br />

René Hanhardt<br />

onlineproduktion:<br />

Sebastian Krei<strong>de</strong>weiß<br />

lektorat:<br />

Katleen Krause<br />

Druck:<br />

Koelblin Fortuna, Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n<br />

Redaktionsschluss:<br />

25. Juli 2008<br />

Bildnachweis:<br />

Erna Wagner-Hehmke/Hehmke-Winterer,<br />

Düsseldorf; Haus <strong>de</strong>r Geschichte, Bonn:<br />

S. 1, 3 (oben), 5, 6, 9, 11, 14, 16–20, 24<br />

Die Texte aus Blickpunkt B<strong>und</strong>estag gibt es<br />

auch im Internet: www.blickpunkt-b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong><br />

Ein Nachdruck <strong>de</strong>r Texte mit Quellenangabe kann<br />

kostenlos vorgenommen wer<strong>de</strong>n, jedoch wird um<br />

Zusendung eines Belegexemplars gebeten.<br />

© Deutscher B<strong>und</strong>estag, Berlin 2008<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Diese Publikation wird vom Deutschen Bun <strong>de</strong>stag<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r parlamentarischen Öf fentlichkeitsarbeit<br />

herausgegeben. Eine Ver wen dung<br />

für die eigene Öffentlichkeitsarbeit von Parteien,<br />

Fraktionen, Mandatsträgern o<strong>de</strong>r Wahl bewer<br />

bern – insbeson<strong>de</strong>re zum Zwecke <strong>de</strong>r Wahlwerbung<br />

– ist gr<strong>und</strong>sätzlich unzulässig.<br />

sPezial BliCKPUnKT BUnDesTaG 25


Foto: Picture-Alliance/akg-images<br />

RUBRiK<br />

Für die Menschen in <strong>de</strong>n west<strong>de</strong>utschen Besatzungszonen ist es <strong>de</strong>r start in eine neue<br />

zukunft: am 1. september 1948 wird in Bonn <strong>de</strong>r <strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong> eröffnet. seine<br />

Mitglie<strong>de</strong>r haben <strong>de</strong>n auftrag, eine Verfassung für Deutschland auszuarbeiten. am 23.<br />

Mai 1949 ist es so weit: Das Gr<strong>und</strong>gesetz wird verkün<strong>de</strong>t – die Geburtsst<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland. BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial zeigt, wie <strong>de</strong>r<br />

<strong>Parlamentarische</strong> <strong>Rat</strong> mit seiner arbeit <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>stein für unsere Demokratie gelegt<br />

hat. Wie gehen die abgeordneten ihre aufgabe an? Unter welchen Bedingungen arbeiten<br />

sie, drei Jahre nach <strong>de</strong>r größten Katastrophe <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Geschichte? Und welche<br />

lehren wer<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m scheitern <strong>de</strong>r Weimarer Republik gezogen?<br />

www.b<strong>und</strong>estag.<strong>de</strong><br />

26 BliCKPUnKT BUnDesTaG sPezial

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