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Gehörlose und Musik - Sinneserfahrungen

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Werkstatt - Projekt<br />

<strong>Gehörlose</strong> <strong>und</strong> <strong>Musik</strong> -<br />

<strong>Sinneserfahrungen</strong>


Projektgruppe<br />

Sandra Boyken, Karin Kaline, Isabel Faul, Sandra Wolfien<br />

Elisabeth Görbert, Martina Heubaum, Annelie Weiskopf


In diesem Projekt befassen wir uns mit der<br />

Lebenswelt <strong>Gehörlose</strong>r im Umgang mit <strong>Musik</strong>.<br />

Hierfür haben wir mehrere Interviews mit<br />

gehörlosen <strong>und</strong> schwerhörigen Partnern<br />

durchgeführt, die aus der deutschen<br />

Gebärdensprache in die deutsche Lautsprache<br />

übersetzt wurden. Des Weiteren haben wir<br />

Zitate bekannter gehörloser Künstler mit<br />

einfließen lassen.<br />

Im Anschluss folgt eine Zusammenfassung<br />

verschiedener Eindrücke in Form von Wort <strong>und</strong><br />

Bild.


Wie wurden die Interviews durchgeführt?<br />

Unsere Interviewgruppen bestanden aus mindestens<br />

zwei Personen. Eine Person leitete das Interview in<br />

Gebärdensprache, die andere notierte die Antworten<br />

des/ der Befragten.<br />

Warum haben wir die Interviews nicht gefilmt,<br />

sondern mitgeschrieben?<br />

Wir haben auf ein Mitfilmen verzichtet, da viele<br />

Menschen sich vor der Kamera nicht wohl fühlen. Uns<br />

war eine angenehme normale Gesprächssituation<br />

wichtiger.


Ergebnis vom Übersetzen der DGS in die<br />

Lautsprache<br />

Die deutsche Gebärdensprache hat eine<br />

andere Grammatik als gesprochenes Deutsch.<br />

Wir haben die Interviews übersetzt <strong>und</strong> dabei<br />

auf möglichst einfache Formulierungen<br />

geachtet.<br />

Zur Erklärung für Hörende: Da die deutsche<br />

Laut- <strong>und</strong> Schriftsprache für <strong>Gehörlose</strong> eine<br />

Fremdsprache ist, haben sie oft Probleme<br />

damit.


Vergleichbarkeit der Interviews<br />

Wir haben die Interviews in ihrer Form angeglichen.<br />

Dabei mussten wir teilweise Reihenfolgen ändern<br />

oder auch kürzen.<br />

Wir haben jedoch die Änderungen so gering wie<br />

möglich gehalten.


„Die <strong>Musik</strong> ist eine Sprache jenseits der<br />

Worte, sie ist universell. Sie ist die schönste<br />

Kunst, die es gibt, sie schafft es, den<br />

menschlichen Körper leibhaftig in<br />

Schwingungen zu versetzen.“<br />

--- Emmanuelle Laborit<br />

(gehörlose Schauspielerin)


Blitzlicht


1. Erfahrungen


1. Erfahrungen<br />

„Früher habe ich bei meinen Eltern<br />

meine Hand auf's Radio gelegt um<br />

<strong>Musik</strong> zu spüren.“<br />

--- Katja


1. Erfahrungen<br />

„Da ich den Text nicht verstehe, habe<br />

ich auch keinen Bezug zur <strong>Musik</strong>. Ich<br />

habe drei hörende Kinder. Sie hören<br />

<strong>Musik</strong> <strong>und</strong> erklären mir manchmal die<br />

Texte.“<br />

--- Nina


1. Erfahrungen<br />

„Ich war 'nur' schwerhörig – <strong>und</strong> doch habe<br />

ich von vielen Seiten das Gefühl vermittelt<br />

bekommen [...], dass ich aufgr<strong>und</strong> meiner<br />

Schwerhörigkeit keine innige Beziehung zur<br />

<strong>Musik</strong> aufbauen könne.“<br />

--- G<strong>und</strong>a Schröder<br />

(schwerhörige Audiotherapeutin)


1. Erfahrungen<br />

„Indem er [mein Vater] mich von klein auf<br />

in Konzerte mitnahm, wollte er mir seine<br />

Leidenschaft mitteilen, oder vielleicht<br />

wehrte er sich auch dagegen, dass ich<br />

taub war.“<br />

--- Emmanuelle Laborit<br />

(gehörlose Schauspielerin)


1. Erfahrungen<br />

„Hauptsache es sind<br />

viele Trommeln<br />

dabei. Das kann ich<br />

in der Brust spüren.<br />

Mit Beginn der<br />

Pubertät habe ich<br />

meine Leidenschaft<br />

für's Tanzen<br />

entdeckt. Ich tanze<br />

immer noch gerne.“<br />

--- Diana


2. <strong>Musik</strong>veranstaltungen


2. <strong>Musik</strong>veranstaltungen<br />

„Vor fünf Jahren habe ich ein Peter Maffay<br />

Konzert besucht. Die Texte wurden von<br />

Dolmetschern in Gebärdensprache übersetzt.<br />

Das war super, denn dadurch konnte man die<br />

<strong>Musik</strong> erleben <strong>und</strong> auch den Inhalt begreifen.“<br />

--- Irene


2. <strong>Musik</strong>veranstaltungen<br />

„Auch die Aufführung von <strong>Musik</strong><br />

beeinflußt mich. Die Lichteffekte, das<br />

Ambiente, die Leute im Saal, auch das<br />

sind Schwingungen.“<br />

--- Emmanuelle Laborit<br />

(gehörlose Schauspielerin)


2. <strong>Musik</strong>veranstaltungen<br />

„Mir gefällt es wenn der Bass stark ist, dann<br />

spüre ich die <strong>Musik</strong> auch besser. Der<br />

Rhythmus muss gleichmäßig sein, sonst kann<br />

ich nicht folgen.“<br />

--- Katja


2. <strong>Musik</strong>veranstaltungen<br />

„Ich trete selbst mit Liedern auf, die ich<br />

gebärde. Die Reaktionen der Leute<br />

sind super.“<br />

--- Steffen


3. Wahrnehmung


3. Wahrnehmung<br />

„Ich fühle die <strong>Musik</strong> im Bauch, aber<br />

auch in den Ohren.“<br />

--- Falko


3. Wahrnehmung<br />

„Ich fühle alles, ich benutze meinen<br />

ganzen Körper bei der Wahrnehmung<br />

von <strong>Musik</strong>. Die tieferen Töne fühle ich<br />

in den Beinen, im Bauch, die hohen<br />

Töne mit dem Gesicht, mit der Haut.“<br />

--- Sarah Neef<br />

(gehörlose Künstlerin)


3. Wahrnehmung<br />

„Wenn es nur laut ist, ohne Trommeln <strong>und</strong><br />

Bass, dann ist es für mich unangenehm.“<br />

--- Irene


3. Wahrnehmung<br />

„Ich habe einmal eine Klangschalentherapie<br />

mitgemacht – das war super. Ich konnte die<br />

Schwingungen total gut spüren. An den<br />

einzelnen Körperteilen <strong>und</strong> auch an den Füßen.<br />

Das ging durch den ganzen Körper hindurch.“<br />

--- Sabine


3. Wahrnehmung<br />

„Über meinen Körper nehme ich die <strong>Musik</strong><br />

auf. Mit den nackten Füßen auf dem Boden,<br />

an die Schwingungen geheftet, so sehe ich<br />

sie, in Farben.“<br />

--- Emmanuelle Laborit<br />

(gehörlose Schauspielerin)


4. <strong>Musik</strong>arten


4. <strong>Musik</strong>arten<br />

„Es heißt, Country Music klingt anders als<br />

Popmusik, <strong>und</strong> Blues klingt anders als Jazz<br />

oder klassische <strong>Musik</strong>. Und Rockmusik<br />

klingt anders als alles andere. Es ist alles so<br />

verwirrend.“<br />

--- Bonnie Poitras Tucker<br />

(gehörlose Juraprofessorin)


4. <strong>Musik</strong>arten<br />

„Ich habe keine Vorstellung von<br />

<strong>Musik</strong>arten.“<br />

--- Peter


4. <strong>Musik</strong>arten<br />

„Ich kenne Bezeichnungen für<br />

unterschiedliche <strong>Musik</strong>arten, aber habe kein<br />

Gefühl für die einzelnen Stilrichtungen. Sie<br />

zu unterscheiden ist schwierig.“<br />

--- Katja


4. <strong>Musik</strong>arten<br />

„Es gibt keine verschiedenen<br />

Gebärden für <strong>Musik</strong>arten.“<br />

--- Ingo


5. Emotion


5. Emotion<br />

„<strong>Musik</strong> ist eine w<strong>und</strong>ervolle Sache.<br />

Ich könnte ohne <strong>Musik</strong> nicht leben,<br />

sie ist einfach in mir.“<br />

--- Evelyn Glennie<br />

(spätertaubte <strong>Musik</strong>erin)


5. Emotion<br />

„<strong>Musik</strong> hat keine emotionale Bedeutung<br />

für mich, auch in meinem Alltag spielt sie<br />

keine Rolle.“<br />

--- Peter


5. Emotion<br />

„<strong>Musik</strong> macht mich fröhlich,<br />

wenn ich dazu tanzen kann.“<br />

--- Maria


5. Emotion<br />

„Die <strong>Musik</strong> dringt in mich, setzt sich dort<br />

fest <strong>und</strong> beginnt in meinem Innern zu<br />

spielen.“<br />

--- Emmanuelle Laborit<br />

(gehörlose Schauspielerin)


6. Aktive Selbsterfahrung


6. Aktive Selbsterfahrung<br />

„Ich liebe es sehr im Auto <strong>Musik</strong> zu hören.<br />

Man kann die Vibrationen spüren wenn man<br />

im Auto etwas anfasst.“<br />

--- Sabine


6. Aktive Selbsterfahrung<br />

„In der DDR hatten wir im <strong>Gehörlose</strong>nverband<br />

immer <strong>Musik</strong> an. Ich war das gewohnt.“<br />

--- Falko


6. Aktive Selbsterfahrung<br />

„Ich habe mir früher einen Stuhl mit Boxen<br />

gebaut. Dann habe ich oft darauf gesessen<br />

<strong>und</strong> die Vibrationen gespürt. Aber ich<br />

musste ihn wegwerfen. Er war meinen Eltern<br />

zu laut.“<br />

--- Kai


6. Aktive Selbsterfahrung<br />

„Ich habe die ganze Nacht getanzt, den Körper<br />

an die Barriere gedrängt, im Rhythmus<br />

vibrierend. Die anderen, die Hörenden, sahen<br />

mich erstaunt an. Sie müssen geglaubt haben,<br />

ich sei verrückt.“<br />

--- Emmanuelle Laborit<br />

(gehörlose Schauspielerin)


6. Aktive Selbsterfahrung<br />

„Eines Abends spielte mein Onkel Fifou, der<br />

<strong>Musik</strong>er war, Gitarre [...]. Er will mich an der<br />

Gitarre teilhaben lassen <strong>und</strong> sagt, ich soll auf den<br />

Griff beißen. Ich beiße, <strong>und</strong> er beginnt zu spielen.<br />

[...] Meine Zahnabdrücke sind immer noch auf der<br />

Gitarre meines Onkels zu sehen.“<br />

--- Emmanuelle Laborit<br />

(gehörlose Schauspielerin)


7. Ausblicke


7. Ausblicke<br />

„Manchmal ist es einfach ein Problem für<br />

Hörende, dass der Inhalt eines Liedes für<br />

<strong>Gehörlose</strong> vollkommen egal ist.“<br />

--- Katja


7. Ausblicke<br />

„Um <strong>Musik</strong> für <strong>Gehörlose</strong> zugänglicher zu<br />

machen, sollte man sie visuell darstellen,<br />

z.B. durch Gebärden, Fotos, Gegenstände,<br />

Farben <strong>und</strong> weitere künstlerische Mittel.“<br />

--- Peter


„Ich beobachte lieber die Bäume, Tiere oder<br />

Gegenstände.<br />

Das ist für mich wie <strong>Musik</strong><br />

– beruhigend <strong>und</strong> entspannend –<br />

Wenn sich zum Beispiel ein Baum im Wind wiegt<br />

– mal langsam, mal schnell –<br />

gibt er einen Rhythmus an.“<br />

--- Peter


Wir danken allen, die an unserem<br />

Projekt mitgearbeitet haben!

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