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BEllEtRIstIK | Frühjahr 2013<br />
Herr Roversi, woher nahmen Sie die Inspiration<br />
für Milano Criminale? Was fasziniert Sie an der<br />
Epoche und dem Schauplatz?<br />
Es waren die Menschen, die mich dazu inspiriert<br />
haben, dieses Buch zu schreiben: Kriminelle und<br />
Polizisten aus <strong>den</strong> 60er Jahren, die mich mit ihren<br />
Hel<strong>den</strong>taten in ihren Bann zogen, vor allem die<br />
Gangster, die von der Öffentlichkeit nicht nur als<br />
Kriminelle, sondern als Idole angesehen wur<strong>den</strong>.<br />
Allein wenn man die Namen der Hauptakteure<br />
dieser Zeit und ihre Verbrechen erwähnt, beschwört<br />
man eine Ära herauf. Ich versetzte mich in die Jahre,<br />
die von Hörfunk, Schwarzweißfernsehen und <strong>den</strong><br />
grünen Alfa-Romeo-Giulia-Polizeiautos bestimmt<br />
wur<strong>den</strong>, die nachts durch neblige Straßen rasten,<br />
in <strong>den</strong>en die kriminelle Unterwelt sich wie eine<br />
Schlange bewegte und atmete, während die „Guten“<br />
von der Polizei sich darauf vorbereiteten, diese Welt<br />
zu bezwingen.<br />
Existiert dieses Italien, von dem Sie erzählen,<br />
heute noch?<br />
Das erste Kapitel des Romans heißt „Das Ende<br />
der Ligera“. „Ligera“ war der Slangausdruck für<br />
die Mailänder Unterwelt, in der man aufgrund<br />
von Hunger stahl und keine Pistolen benutzte. Die<br />
Mentalität der Ligera verschwand gewissermaßen<br />
von einem Tag auf <strong>den</strong> anderen, als die Gangs zu<br />
schießen und zu töten begannen. Alles artete aus.<br />
Aber heute ist von dieser damaligen Stimmung nichts<br />
Die Inspiration zu<br />
Milano Criminale<br />
Das Buch beruht auf einer wahren Begebenheit: Am<br />
27. Februar 1958 überfallen sieben Bewaffnete mitten in<br />
Mailand einen Geldtransporter und erbeuten über 600 Millionen<br />
lire. Der Überfall geht in die Geschichte Italiens ein.<br />
Der tatort<br />
Der Überfall, von <strong>den</strong><br />
Menschen nur noch<br />
„la grande rapina“<br />
(„Der große Raub“)<br />
genannt, fand in der<br />
Via Osoppo, einer belebten<br />
straße im Mailänder<br />
Westen, statt. Die Polizei<br />
war machtlos.<br />
Die verDächtigen<br />
Nur drei tage später<br />
verkündete die Zeitung<br />
Corriere della Sera<br />
die erste Festnahme.<br />
Die Räuber waren<br />
geständig und schon<br />
im Oktober desselben<br />
Jahres konnte der Prozess<br />
beginnen. Die sieben<br />
Männer im Alter zwischen<br />
30 und 45 wur<strong>den</strong> zu<br />
Freiheitsstrafen bis zu<br />
17 Jahren verurteilt.<br />
Images<br />
Getty Malmivaara, Olli ©<br />
Die Presse<br />
mehr übrig. … Heute scheint Mailand eine ruhige<br />
Die Zeitungen im ganzen<br />
land überschlugen sich<br />
Stadt zu sein, in der aber alle großen Verbrecher-<br />
mit ihren schlagzeilen;<br />
organisationen ansässig sind und ihren Geschäften<br />
wochenlang kannten<br />
besonders die Mailänder<br />
nachgehen. In <strong>den</strong> Sechzigern war das anders: Es gab<br />
tageszeitungen kein<br />
eine Art Ehrencodex, der für die Gangster und die<br />
anderes thema.<br />
Polizisten gleichermaßen galt. Es war eine historische<br />
und romantisierte Unterwelt, die Mailand regierte.<br />
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