Leider geil
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TELE 5: Wie kommt man auf die Idee, ein Buch zu schreiben, das ‚<strong>Leider</strong> <strong>geil</strong>‘ heißt?<br />
Richard Kropf: Im letzten Jahr war ich als Headautor von ‚Der letzte Bulle‘ beschäftigt.<br />
In der Serie geht es um einen Polizisten, der in den 80er-Jahren ins Koma fällt und<br />
dann in der heutigen Zeit wieder aufwacht, sich aber verhält wie früher, also politisch<br />
total unkorrekt. Im Frühjahr war ich dann noch auf dem Deichkind-Konzert in Berlin,<br />
da habe ich ‚<strong>Leider</strong> <strong>geil</strong>‘ zum ersten Mal live gehört – und da kam mir die Idee zu dem<br />
Buch. Es gibt ja schließlich eine Menge Dinge, die auf den ersten Blick völlig daneben,<br />
aber auf den zweiten eben <strong>geil</strong> sind.<br />
Sie haben sogar 55 Dinge gefunden. Alle autobiografisch?<br />
Viele Dinge habe ich selbst erlebt, andere haben mir Freunde erzählt. „Mit<br />
Nachtsichtgerät Auto fahren“ muss ich zum Beispiel unbedingt noch ausprobieren.<br />
Was ist denn das letzte „leider Geile“, das Sie selbst getan haben?<br />
Ich spiele in einer Freizeitmannschaft Fußball. Da ist es an jedem Wochenende wieder<br />
schön, mal den Gegner gepflegt wegzugrätschen. Das ist natürlich verpönt und keiner<br />
würde öffentlich zugeben, dass er das gern tut. Und dennoch ist es ein großer Spaß<br />
und auch eine Befreiung, mal ein ruppiges Foul zu begehen – vor allem wenn der<br />
Gegner besonders pomadig über den Platz stolziert.<br />
Und welchen Profi-Fußballer würden Sie gern mal weggrätschen?<br />
Cristiano Ronaldo! Für viele Hobby-Fußballer ist das eine polarisierende Figur, rein<br />
aufgrund des sehr überheblichen Auftretens. Früher war das in Deutschland Stefan<br />
Effenberg. So jemandem tut man gern mal weh. Aber: Ich spreche hier nicht von<br />
Kreuzbandrissen, sondern über Fouls mit einer „schönen“ Schürfwunde. Als Souvenir<br />
vom Wochenende, sozusagen.<br />
Ist es denn nicht „leider <strong>geil</strong>“, übers Ziel hinaus zu schießen?<br />
Wir fühlen uns doch alle dazu aufgerufen, verantwortungsbewusst zu leben.<br />
Andererseits testet man auch einfach gern mal Grenzen aus. Es geht halt immer um<br />
das richtige Maß. Wenn es ausartet, man andere ernsthaft gefährdet oder einen<br />
Behindertenwitz nach dem anderen reißt, dann ist das natürlich nur noch dämlich.<br />
Wie sind Sie bei der Themen-Wahl und beim Schreiben vorgegangen?<br />
Ich habe mir eine Liste im Iphone angelegt, wo ich alles reingeschrieben habe, was mir<br />
während der Zeit einfiel und interessant erschien. Den Tag in Jogginghose verbringen,<br />
Parties crashen, Geburtstagsgeschenke auf Ebay verticken. Die bin ich Punkt für<br />
Punkt durchgegangen. Ein paar Geschichten haben dann doch nicht funktioniert, und<br />
sind dann wieder rausgeflogen. „Endloswitze erzählen“ war zum Beispiel nicht so<br />
lustig wie gedacht. „Ein Hitler-Bärtchen ausprobieren“ hingegen schon.<br />
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Damit beschäftigen Sie sich im Bad?<br />
Ich glaube jeder Mann hat das schon mal gemacht, dass er, wenn er größere Flächen<br />
von Barthaaren weg mäht, einen kleinen Hitler-Schnauzer stehen lässt und kurz mal<br />
schaut, wie ihm der so steht. Sieht bei mir aber doof aus.<br />
War es schwer, den Ullstein-Verlag von der Buch-Idee zu überzeugen?<br />
Überhaupt nicht! Das Tolle ist ja auch, dass jeder, dem ich von dem Thema erzählt<br />
habe, sofort seine eigenen Erfahrungen und Ideen beigesteuert hat. Als ich in Köln mit<br />
einem Freund in einem 3 Sterne-Restaurant saß, fragten wir die Kellnerin, was sie<br />
denn „leider <strong>geil</strong>“ findet. Sie dachte kurz nach und sagte dann: „Wenn ich jetzt meine<br />
Bluse hochreiße und Ihnen meine Brüste zeige!“ Fanden wir ganz interessant, ist aber<br />
nicht im Buch gelandet.<br />
Wem empfehlen Sie das Buch?<br />
Ich glaube, dass das Thema einen Zeitgeist trifft. Viele Menschen meiner Generation,<br />
die um die 30-Jährigen, unterliegen einem starken Druck, sich politisch korrekt zu<br />
verhalten. Dieses Buch ist eine Mini-Rebellion dagegen – nämlich mal etwas zu tun,<br />
was jeglicher Vernunft widerspricht. Und viele Leser, die ihre Guilty Pleasures<br />
versteckt haben, werden vielleicht Dinge entdecken, die sie genauso oder ähnlich<br />
erlebt haben.<br />
Was ist für Sie denn im Fernsehen „leider <strong>geil</strong>“?<br />
Wenn man abends kaputt nach Hause kommt und sich dann von lauter Unsinn<br />
berieseln lässt, der fürs eigene Leben komplett irrelevant ist und doch eine gewisse<br />
Faszination ausübt. Mir ergeht es so, dass ich dann bei Sendungen wie ‚Das perfekte<br />
Promi-Dinner‘ oder einer Gabelstaplerdoku auf Kabel 1 hängen bleibe.<br />
Wie wichtig ist Qualitäts-Fernsehen für Sie?<br />
Natürlich sollte das Programm eines Fernsehsenders in erster Linie nicht „leider <strong>geil</strong>“,<br />
sondern nur <strong>geil</strong> sein. Ich finde, man sollte mehr neue Erzählformen und<br />
ungewöhnliche Ideen testen, die auch anecken. Das Internet bietet so unendlich viele<br />
unterschiedliche Unterhaltungs-Möglichkeiten an, während die Sehgewohnheiten<br />
beim Fernsehen total eingefahren sind. Es schalten immer weniger Zuschauer ein,<br />
weil dort nach immer gleichem Strickmuster verfahren wird.<br />
Ist Fernsehen also un<strong>geil</strong> für Sie?<br />
Was TELE 5 gerade macht, finde ich schon sehr empfehlenswert und cool. Leute wie<br />
Kalkofe, Stuckrad-Barre und auch Christian Ulmen verstehen es einfach, das<br />
Publikum zu überraschen. Und das macht gutes Fernsehen eben auch aus.<br />
Was sehen Sie sonst noch gern?<br />
Ich freue mich tierisch auf die letzten „Breaking Bad“-Folgen. Ansonsten bin ich im<br />
Comedy-Bereich ein großer Fan von ‚The Office‘ und ‚Extras‘ mit Ricky Gervais. Louis<br />
C.K. ist auch großartig.<br />
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Wie beurteilen Sie denn die Zukunft des Fernsehens gerade im Hinblick auf die neuen<br />
Medien?<br />
Ich glaube nicht, dass das Fernsehen irgendwann ausstirbt. Dafür haben die<br />
Menschen immer noch ein zu großes Bedürfnis, sich über Sendungen auszutauschen,<br />
die sie gleichzeitig gesehen haben, wie über ein Fußballspiel oder den neuen ‚Tatort‘.<br />
Meiner Meinung nach aber wird es künftig mehr Nischensender geben, die ein<br />
spezielles Publikum ansprechen. Das Fernsehen wird sich verändern. So wie sich<br />
jeder im Internet seine gewünschten Inhalte aussuchen kann, so wird sich auch das<br />
Fernsehen in dieser Hinsicht breiter aufstellen, etwa indem man über Apps einzeln<br />
buchbare Inhalte anbietet.<br />
Würde man Ihr Buch verfilmen, wer wäre der perfekte Hauptdarsteller?<br />
Matthias Schweighöfer! Wird von seiner Freundin verlassen und lebt ein Wochenende<br />
lang ohne Rücksicht auf Verluste.<br />
Sie standen auch mal als Schauspieler vor der Kamera, hatten Ihren ersten Auftritt mit 14<br />
Jahren neben Götz George. Ein Vorbild für Sie?<br />
Auf jeden Fall ein toller Schauspieler. Und Götz George war insofern ein Vorbild für<br />
mich, als dass ich damals unbedingt Schauspieler werden wollte – und er daraufhin zu<br />
mir sagte: „Du machst erst mal die Schule fertig!“ An diesen Rat habe ich mich<br />
gehalten.<br />
Sie haben dann als Schauspieler eine Ausbildung am berühmten Strasberg Institute<br />
absolviert. Damit konnten Sie sicher beeindrucken<br />
Das Thema wäre eher eine Option für einen zweiten Band, der dann heißen könnte:<br />
‚<strong>Leider</strong> doch nicht so <strong>geil</strong>‘. Das Strasberg-Institute hat ein sehr gutes Renommee, war<br />
aber eher enttäuschend für mich: Dort war zur gleichen Zeit die Freundin eines<br />
deutschen Weltfußballers. Frappierend talentfrei. Und andere Leute, die die Schule nur<br />
ihres Namens wegen besuchten. Was die Ausbildung zum Schauspieler betrifft, gibt<br />
es mit Sicherheit bessere Möglichkeiten. Aber ich habe damals dort auch eine Writing<br />
Class besucht, und insofern hat sich der Trip für mich gelohnt.<br />
An was schreiben Sie zurzeit?<br />
am Drehbuch zu einer Kino-Komödie. Vom Humor her geht das auch in die<br />
Richtung ‚<strong>Leider</strong> <strong>geil</strong>‘. Mehr darf ich noch nicht verraten!<br />
Autor: Steffen Wulf<br />
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