kostenlos abrufbar - Aktuelle Türkei Rundschau
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Der Generalstab erklärte, es wurden<br />
notwendige Schritte gegen den<br />
Staatsanwalt eingeleitet, es werde<br />
das Ergebnis des Ersuchen streng<br />
verfolgt. Der Leiter des polizeilichen<br />
Nachrichtendienstes, der er-klärte,<br />
dass der Staatsanwalt wisse, woran er<br />
sei, nämlich: „Der Dieb sei im eigenen<br />
Haus zu suchen“.<br />
Der Justizminister sagte, die Zurückweisung<br />
der Anklage seitens des<br />
zuständigen Gerichtes, wäre eine<br />
Möglichkeit die unangenehme Situation<br />
zu lösen. (Zurückweisung der Anklage<br />
ist in der <strong>Türkei</strong> erst seit 01.06.2006<br />
möglich) Somit wurde auch seitens des<br />
Ministers, der selbst unter Druck gesetzt<br />
wurde, auf das zuständige Gericht<br />
Druck ausgeübt. Das zuständige Gericht<br />
aber wies die Anklage nicht zurück.<br />
Der Druck nahm nicht ab, es<br />
fanden Gespräche zwischen dem<br />
Generalstab und der Regierung statt.<br />
Der Minister veranlasste Ermittlung<br />
gegen den Oberstaatsanwalt, den<br />
Vizeoberstaatsanwalt und gegen<br />
Staatsanwalt Ferhat Sarikaya von Van.<br />
Das Ergebnis der Ermittler war,<br />
dass beim Oberstaatsanwalt<br />
und beim Vizeoberstaatsanwalt<br />
Berichte in ATR - Ausgabe 76<br />
vom 09.01.2006<br />
(atr) - Das Mitte letzten Jahres in<br />
Kraft getretene neue Strafrecht<br />
der <strong>Türkei</strong> sollte eine Anpassung an<br />
Europäische Normen sicherstellen.<br />
Zunächst von der Europäischen Union<br />
positiv be-wertet, zeigte sich schon<br />
wenige Monate später, dass einzelne<br />
Paragraphen nicht nur aus europäischer<br />
Sicht, sondern auch nach Überzeugung<br />
fortschritt-licher türkischer Kräfte<br />
wenig zufriedenstellend waren.<br />
Eine Reihe von Anklagen und Prozessen<br />
machte deutlich, dass einzelne<br />
Paragraphen von konservativen und<br />
nationalistischen Kräften dazu genutzt<br />
<strong>Türkei</strong> aus türkischer Sicht<br />
Türkische Presse (Rückblick)<br />
<strong>Türkei</strong> auf dem Weg nach Europa<br />
Zur Situation der türkischen Justiz<br />
EU hat ein wachsames Auge<br />
Fortsetzung von Seite 7<br />
nichts zu beanstanden sei. Aber<br />
das Komitee hat dieses Ergebnis<br />
angezweifelt und beschlossen, dass<br />
neue Ermittler beauftragt werden<br />
sollten, und gegen Oberstaatanwalt<br />
und Vizeoberstaatsanwalt erneut zu<br />
ermitteln.<br />
Aber das Komitee hat dieses Ergeb-nis<br />
angezweifelt und beschlossen, dass<br />
neue Ermittler beauftragt werden<br />
sollten, und gegen Oberstaatanwalt<br />
und Vizeoberstaatsanwalt erneut zu<br />
ermitteln.<br />
Das Komitee berief sich auf den §69,<br />
letzter Absatz des Gesetzes der Richter<br />
und Staatsanwälte, das vorsieht, dass<br />
ein Richter oder Staatsanwalt vom<br />
Amt auch ausgeschlossen werden<br />
kann, selbst wenn sein Verhalten keine<br />
Straftat darstellen würde. Nämlich<br />
wenn sein Verhalten die Ehre seines<br />
Amtes verletzen konnte.<br />
Es ist nicht bekannt, dass bis jetzt<br />
dieser Paragraf gegen einen Richter<br />
oder Staatsanwalt angewandt wurde,<br />
weil der Inhalt seiner Anklage oder<br />
seines Urteils beanstandet wurde.<br />
Er wurde vielmehr angewandt,<br />
wenn jemand aus dem Beruf ein<br />
worden sind, allzu Freizügigkeit im<br />
Denken türkischer Staatsbürger in<br />
die Schranken zu weisen. Doch die<br />
Zeiten haben sich geändert und der<br />
Informationsaustausch zwischen der<br />
<strong>Türkei</strong> und den europäischen Staaten ist<br />
wesentlich intensiver geworden.<br />
Wie niemals zuvor ist die <strong>Türkei</strong><br />
mittlerweile ins Rampenlicht der<br />
Weltöffentlichkeit gerückt. Anzeigen<br />
und Prozesse gegen Intellektuelle<br />
und Journalisten, die ihre Meinung<br />
freizügig äußern, sind nicht mehr eine<br />
interne Angelegenheit der <strong>Türkei</strong>.<br />
Einzelne Nachrichten der letzten<br />
Tage lassen eine lebhafte Diskussion<br />
um einzelne Paragraphen des neuen<br />
türkischen Strafrechtes und seiner<br />
Anwendung schließen.Nicht nur der<br />
Seite 8 atr Nr. 119 - 01.01.2007<br />
R A<br />
„unehrenhaftes“ Leben geführt hat<br />
oder insgesamt sein Verhalten nicht<br />
mit seinem Beruf vereinbar war. Der<br />
Paragraf wurde m.E. auch für solche<br />
Situationen vorgesehen.<br />
Es hat sehr viele Anklagen in diesem<br />
Land gegeben, wo man hätte behauptet<br />
können, dass die Staatsanwälte<br />
politische Be-wegungsgründe haben.<br />
Es hat solche Anklagen gegeben,<br />
die die türkische Republik auf<br />
der internationalen Ebene in sehr<br />
schwierige Situation geführt hat. Aber<br />
bei diesen, hat keiner daran gedacht,<br />
die Staatsanwälte abzumahnen.<br />
Es hat in unserem Land immer wieder<br />
inhaltlich sehr problematischen<br />
Anklagen gegeben, entstanden, durch<br />
unausreichende Ermittlungen (oder<br />
besser gesagt: ohne Ermittlungen)<br />
Vergessen kann man in diesem<br />
Zusammenhang auch nicht die<br />
zahlreichen Fälle, in denen die türkische<br />
Republik wegen nicht fehlerfreiem<br />
Arbeiten vom Europäischen Gerichtshof<br />
für Menschenrechte zu sehr hohen<br />
Strafen verurteilt worden ist.<br />
Reform des türkischen Strafrechts: Art. 301 und 305<br />
Bis heute umstritten - EU fordert vollständige Streichung - in der <strong>Türkei</strong> kontroverse Meinungen<br />
Prozess gegen Orhan Pamuk, Preisträger<br />
des Friedenspreises des Deutschen<br />
Börsenhandels von 2005, sondern auch<br />
gegen andere Intellektuelle hat nicht nur<br />
in der Europäischen Union nachdenklich<br />
gemacht.<br />
Dabei ging es in der öffentlichen<br />
Diskussion in der <strong>Türkei</strong> zunächst weniger<br />
um die Frage, ob dieser Paragraph die<br />
Meinungsfreiheit einschränken würde<br />
oder nicht. Vielmehr wurde zunächst<br />
die Verantwortung für die Umsetzung<br />
zwischen den Gerichten und der Politik<br />
hin und her geschoben. Auf die Kritik<br />
der Europäer an diesem Paragraphen<br />
wurde von der Regierung mit dem<br />
Argument reagiert, dass die Gerichte<br />
für die Umsetzung zuständig seien.<br />
... weiter auf Seite 10