Was Kunden morgen wollen
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Was Kunden morgen wollen
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8<br />
Konsumtrends<br />
<strong>Was</strong> <strong>Kunden</strong> <strong>morgen</strong> <strong>wollen</strong><br />
Fünf Trends werden in den kommenden Jahren das<br />
Einkaufsverhalten prägen. McKinsey zeigt, wie Unternehmen<br />
die Auswirkungen solcher Trends frühzeitig<br />
ermitteln – und damit Wettbewerbsvorteile erzielen.
Akzente<br />
2’10<br />
Neuer Konsum:<br />
Wenn dieser Junge<br />
erwachsen ist, beein� ussen<br />
Trends wie „Neuer<br />
Konsum“ und „Neue<br />
Verunsicherung“ sein<br />
Konsumverhalten.<br />
9
10<br />
Konsumtrends<br />
Von Florian Baumgartner, Peter Breuer<br />
und Dennis Spillecke<br />
Vorsprung durch Wissen: Erfolgreiche Hersteller und<br />
Händler fragen schon heute, was die Menschen in fünf<br />
bis zehn Jahren kaufen <strong>wollen</strong> – aber auch, wo und wie<br />
sie einkaufen werden. Denn künftige Verschiebungen bei<br />
<strong>Kunden</strong>präferenzen und Konsumverhalten verlangen<br />
frühzeitige Anpassungen in der Unternehmensstrategie.<br />
Derzeit gibt es eine Reihe grundlegender konsumrelevanter<br />
Entwicklungen, die sich in fünf Megatrends zusammenfassen<br />
lassen. Diese fünf Trends sind zwar für sich<br />
genommen nicht neu, in ihrem Zusammenwirken werden<br />
sie jedoch die <strong>Kunden</strong>bedürfnisse in den nächsten Jahren<br />
deutlich verändern (Gra� k 1).<br />
Neue Verunsicherung. Die Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
hat viele Menschen verunsichert und das Vertrauen in<br />
Institutionen erschüttert. Die Konsumenten reagieren<br />
darauf mit unterschiedlichen Strategien. Einige entdecken<br />
für sich eine „neue Bescheidenheit“, die im Über-<br />
� uss keinen Mehrwert sieht, andere ziehen sich zurück<br />
in die leichter zu kontrollierende „Komfortzone“ des<br />
Privaten. An Bedeutung gewinnt zudem ein Konsum, der<br />
ethisch vertretbar ist und Anbieter favorisiert, die neben<br />
Pro� tinteressen auch soziale Ziele verfolgen.<br />
Neue Online-Mobilität. Überall verfügbare, schnelle<br />
Breitbandzugänge und neue Formen der mobilen Kommunikation<br />
machen es möglich, jederzeit und überall<br />
ins Internet zu gehen und online einzukaufen. Im Zuge<br />
der Verschmelzung von virtueller und realer Identität<br />
wandelt sich auch der Konsument. So verlieren einseitige<br />
Werbebotschaften an Wirkung, während Dialog und Auseinandersetzung<br />
mit dem gut informierten Verbraucher<br />
immer wichtiger werden. Als „Prosumer“, der beispielsweise<br />
an Neuentwicklungen mitwirkt, wird der Konsument<br />
sogar produktiver Teil der Wertschöpfungskette.<br />
Neuer Öko-Zwiespalt. Viele Konsumenten schwanken<br />
zwischen der Einsicht, dass unsere natürlichen Lebensgrundlagen<br />
mehr Schutz benötigen, und dem Wunsch,<br />
sich persönlich möglichst wenig einzuschränken. Klimawandel<br />
und Ressourcenverknappung lassen Verbraucher<br />
verstärkt alte Gewohnheiten hinterfragen. Indizien dafür<br />
sind etwa die rasant gestiegene Nachfrage nach Bioprodukten<br />
oder der Zulauf zur LOHAS-Bewegung (Lifestyles<br />
of Health and Sustainability), die einen Lebensstil propagiert,<br />
der Ökologie und Nachhaltigkeit mit Genuss und<br />
Komfort versöhnt.<br />
Neuer Konsum. Im Spannungsfeld von knappen Ressourcen<br />
– in Bezug auf Zeit und Geld – sowie hohen<br />
Ansprüchen ist ein neues Konsumverhalten entstanden,<br />
das auf Lifestyle und Individualität ausgerichtet ist. So<br />
wird der Konsum selbst für immer mehr Menschen zu<br />
einem Teil ihres Lifestyles. Er bietet Ablenkung und/<br />
oder Selbstvergewisserung: Einkaufen soll ein Erlebnis<br />
sein, dabei aber bequem und einfach (Convenience). Der<br />
Lifestyle-Aspekt spiegelt sich auch im „hybriden“ Einkaufsverhalten<br />
wider: Teure Anschaffungen gehen einher<br />
mit Schnäppchenjagd, weil beides je nach Situation zum<br />
Lebensstil des Konsumenten passt.<br />
Neue Lebensmodelle. Dieser Trend ist eng mit dem soziodemogra�<br />
schen Wandel verknüpft und umfasst zwei Aspekte:<br />
zum einen die Verzögerung der Lebensphasen und<br />
hier insbesondere das längere „Jungbleiben“, zum anderen<br />
die Fragmentierung der Gesellschaft durch Individualisierung,<br />
multikulturelle Bevölkerung sowie die Erosion<br />
von Familienbild und Geschlechterrollen. Diese seit Langem<br />
zu beobachtenden Entwicklungen haben sich zuletzt<br />
beschleunigt und werden auch künftig weitreichende<br />
Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten haben.<br />
Bei ihrer strategischen Planung stehen die Unternehmen<br />
vor einer doppelten Aufgabe: Zunächst geht es darum,<br />
den Ein� uss der Trends auf Konsumentenverhalten und<br />
Markt genauer zu untersuchen. Auf Grund der so gewonnenen<br />
Erkenntnisse lässt sich dann das eigene Nutzenversprechen<br />
überprüfen und gegebenenfalls anpassen.<br />
Auswirkungen der Trends analysieren<br />
Im ersten Schritt können Hersteller und Händler mit<br />
Hilfe einer Konsumentenbefragung heraus� nden, wie<br />
sich die Trends schon heute auf das <strong>Kunden</strong>verhalten<br />
auswirken. Diese Erhebung zielt ab auf die so genannten<br />
Kauftreiber, also auf jene Faktoren, die für den Kauf eines<br />
Produkts oder den Einkauf bei einem bestimmten Händler<br />
ausschlaggebend sind. Allerdings wird nicht nur nach<br />
herkömmlichen Kauftreibern wie Preis, Qualität oder<br />
Service gefragt, sondern auch nach trendbezogenen Faktoren<br />
wie etwa unternehmerischer Verantwortung des<br />
Anbieters oder Nachvollziehbarkeit der Produktherkunft.<br />
Aus den Umfrageergebnissen lassen sich wichtige Erkenntnisse<br />
ableiten: Erstens wird der gegenwärtige<br />
Ein� uss der Trends auf den Kaufprozess transparent.<br />
Zweitens macht eine Zeitreihenanalyse (sofern Marktforschungsergebnisse<br />
für mehrere Jahre vorliegen) Trendverschiebungen<br />
im Zeitverlauf sichtbar. Und drittens
Akzente<br />
2’10<br />
1. Fünf Trends verändern das Konsumverhalten<br />
Wirtschaftliche<br />
Instabilität<br />
„Neue<br />
Verunsicherung“<br />
Neue<br />
Bescheidenheit<br />
• Freiwilliger Verzicht<br />
• Gut ist gut genug<br />
Bedürfnis nach der<br />
Komfortzone<br />
• Retro<br />
• Cocooning<br />
Ethisch vertretbarer<br />
Konsum<br />
Soziodemografischer<br />
Basistrend<br />
„Neue Lebensmodelle“<br />
Quelle: McKinsey<br />
Technologischer<br />
Wandel<br />
„Neue Online-<br />
Mobilität“<br />
Digitalisiertes Leben<br />
• Social Software<br />
• Konvergenz von<br />
Privatem und<br />
Öffentlichem<br />
• „All apps on all<br />
screens“<br />
Neue <strong>Kunden</strong>macht<br />
• Einflussreiche<br />
Netzwerke<br />
• Prosumer<br />
„Junge Alte“<br />
• Spätere Übernahme von<br />
Verantwortung<br />
• Längeres Jungbleiben<br />
zeigt eine Simulation, wie sich die zunehmende Bedeutung<br />
eines Trends auf das <strong>Kunden</strong>verhalten auswirken<br />
würde und in welchen Kauftreibern das größte Potenzial<br />
für ein Unternehmen liegt. Da diese Erhebung nicht nur<br />
für die eigenen Marken, sondern auch für die mehrerer<br />
Wettbewerber durchgeführt wird, kann das Management<br />
schließlich ermitteln, wie das Unternehmen heute im<br />
Vergleich zur Konkurrenz abschneidet und wie zukunftssicher<br />
der Marktauftritt mit Blick auf die Trends ist.<br />
Mögliche Ergebnisse einer solchen Marktforschung<br />
veranschaulicht Gra� k 2 (Seite 12): McKinsey hat im<br />
Januar 2010 Konsumenten zu ihrem Einkaufsverhalten<br />
bei Lebensmitteleinzelhändlern befragt. Hierbei handelt<br />
es sich um eine kleine, aber sehr aufschlussreiche<br />
Stichprobe: Es hat sich gezeigt, dass die Megatrends<br />
schon heute fünf der zehn wichtigsten Kauftreiber bestimmen.<br />
Vor allem die Trends „Neue Verunsicherung“ und<br />
„Neuer Konsum“ haben großen Ein� uss auf die Einkaufs-<br />
Ökologischer<br />
Wandel<br />
„Neuer Öko-<br />
Zwiespalt“<br />
Grünes Bewusstsein<br />
• Zurück zur Natur<br />
• Green & Clean<br />
LOHAS<br />
• Gesunder und<br />
nachhaltiger<br />
Lebensstil<br />
• Wunsch nach<br />
Genuss und<br />
Komfort<br />
Wertewandel<br />
„Neuer Konsum“<br />
Konsum als Lifestyle<br />
• Einkauf als Erlebnis<br />
und Genuss<br />
• Convenience<br />
(Auswahl, Benutzerfreundlichkeit)<br />
• Wellness,<br />
Körperkult<br />
Hybrider Konsument<br />
• Kombination von<br />
Discount und<br />
Premium<br />
Fragmentierte Gesellschaft<br />
• Individualisierung/Ich-Fokussierung<br />
• Kleinere Haushalte<br />
• Multikulturelle Gesellschaft<br />
• Angleichung der Geschlechterrollen<br />
stättenwahl – stärkster Anreiz überhaupt ist Convenience,<br />
also der Komfort beim Einkauf. Zudem ergab ein Vergleich<br />
der Ergebnisse mit einer Konsumentenbefragung von<br />
2006, dass die trendbezogenen Kauftreiber an Bedeutung<br />
gewinnen, während klassische Faktoren wie der Preis<br />
nicht mehr so stark ins Gewicht fallen. Fast jeder zweite<br />
Befragte legt heute mehr Wert auf regionale und exotische<br />
Angebote („Neue Lebens modelle“) als noch 2006.<br />
Besonders interessant sind die Auswertungen für einzelne<br />
Lebensmittelhändler in Deutschland: Wie gut gelingt<br />
es den verschiedenen Unternehmen, trendbezogene<br />
<strong>Kunden</strong>bedürfnisse zu befriedigen? Hier tut sich eine<br />
beträchtliche Kluft auf zwischen Verbraucher- und Supermärkten<br />
auf der einen und Discountern auf der anderen<br />
Seite. Während die Konsumenten die klassischen<br />
Händler und insbesondere Edeka positiv bewerten,<br />
schneiden Aldi & Co bei der Trendabfrage insgesamt<br />
unterdurchschnittlich ab und lassen auch untereinander<br />
11
12<br />
Konsumtrends<br />
2. Die Trends „Neue Verunsicherung“ und „Neuer Konsum“ zählen bereits zu<br />
den drei wichtigsten Kauftreibern<br />
Bedeutung aggregierter Kauftreiber, 2010<br />
Korrelation mit Aussage „Dort erledige ich den Großteil meiner Einkäufe“<br />
Convenience 0,44<br />
Neue Verunsicherung<br />
Neuer Konsum<br />
Sortiment<br />
Qualität<br />
Neuer Öko-Zwiespalt<br />
Neue Lebensmodelle<br />
Preis<br />
Neue Online-Mobilität<br />
Angebote<br />
Einkaufserlebnis<br />
<strong>Kunden</strong>karte<br />
Quelle: McKinsey<br />
kaum Differenzierung erkennen (Gra� k 3). Mehr noch:<br />
Eine Zukunftssimulation deutet darauf hin, dass sich diese<br />
Kluft noch vergrößern wird und die Discounter massiv<br />
unter Druck geraten könnten.<br />
Zukunftsthesen entwickeln<br />
Um die Marktforschungsergebnisse zu validieren und das<br />
künftige Konsumentenverhalten genauer zu prognostizieren,<br />
emp� ehlt sich im nächsten Schritt die Erarbeitung<br />
geschäftsbezogener Zukunftsthesen im Rahmen von<br />
Expertenworkshops. Die Teilnehmer übersetzen dabei<br />
die Auswirkungen von Trends in konkrete Aussagen<br />
zu Konsumenten und Märkten – und leiten daraus Konsequenzen<br />
für das Unternehmen ab.<br />
Sechs Zukunftsthesen und ihre potenziellen Folgen für<br />
Unternehmen illustrieren, wie das Resultat eines solchen<br />
Expertenworkshops am Beispiel des Lebensmitteleinzelhandels<br />
aussehen kann:<br />
0,20<br />
0,24<br />
0,27<br />
0,26<br />
0,30<br />
0,30<br />
0,30<br />
0,29<br />
0,34<br />
Trendbezug<br />
0,43<br />
0,43<br />
1. Keine Preisführerschaft ohne Kostenführerschaft. Diese<br />
These resultiert aus der neuen Fähigkeit des Konsumenten,<br />
bald per Handy jederzeit die Preise der Händler<br />
vergleichen zu können. Als Preisführer wird sich daher<br />
künftig pro� lieren, wer nicht nur in der Wahrnehmung<br />
der <strong>Kunden</strong>, sondern tatsächlich die niedrigsten Preise<br />
bietet – und das gelingt nur mit minimalen Kosten. Konsequenz:<br />
Händler, die heute auf „gefühlte“ Preisführerschaft<br />
setzen, müssen entweder ihr Nutzenversprechen<br />
anpassen oder die Kostenführerschaft erlangen.<br />
2. <strong>Kunden</strong>kontaktpunkte werden allgegenwärtig. Der<br />
Handel wird dem Wunsch seiner <strong>Kunden</strong> nach Convenience<br />
mit immer mehr Kontaktpunkten entgegenkommen.<br />
Zugleich lässt die wachsende Bedeutung des<br />
Internets die Bereitschaft zum Online- und kanalübergreifenden<br />
Einkauf weiter steigen. Konsequenz: Lebensmittelhändler<br />
werden beim <strong>Kunden</strong>kontakt wie auch im<br />
Kaufprozess ideenreich oder zumindest anpassungsfähig
Akzente<br />
2’10<br />
3. Discounter schneiden insgesamt in den Trenddimensionen eher schwach ab<br />
und zeigen weniger Differenzierung untereinander<br />
Zustimmung zu ausgewählten trendbezogenen Aussagen<br />
Abweichung vom durchschnittlichen Top-2-Box-Rating 1 in Prozentpunkten<br />
Trend<br />
Neue<br />
Verunsicherung<br />
Neue<br />
Online-<br />
Mobilität<br />
Neuer<br />
Öko-Zwiespalt<br />
Neuer<br />
Konsum<br />
Neue<br />
Lebensmodelle<br />
Aussage<br />
Das Geschäft hält, was es verspricht<br />
Einkauf vermittelt Gefühl<br />
persönlicher Nähe<br />
Händler geht verantwortungsvoll mit<br />
<strong>Kunden</strong>daten um<br />
Händler nutzt moderne Technologie,<br />
um mir den Einkauf zu erleichtern<br />
Händler bietet gute Auswahl an Bioprodukten<br />
Händler bietet Produkte für Gesundheitsbewusste<br />
an<br />
Ich genieße es, in diesem Geschäft<br />
einzukaufen<br />
Händler bietet sowohl hochwertige als<br />
auch sehr günstige Produkte<br />
Die Geschäfte sind seniorenfreundlich<br />
Die Geschäfte sind kinder-<br />
und familienfreundlich<br />
1 Anteil der Befragten, die mit „stimme zu“ oder „stimme voll und ganz zu“ geantwortet haben<br />
Quelle: McKinsey<br />
sein müssen. Dazu gehört auch, mögliche Kanalkon� ikte<br />
zwischen Online- und Filialangebot zu lösen.<br />
3. Regionalisierung statt Standardisierung. Die fragmentierte<br />
Gesellschaft erfordert eine immer feinere<br />
Segmentierung – auch geogra� sch. Händler mit regional<br />
und sogar lokal zugeschnittenen Angeboten erzielen<br />
bereits Erfolge. Konsequenz: Unternehmen werden sich<br />
bemühen, die Klientel vor Ort mit neuen, maßgeschneiderten<br />
Ladenformaten ebenso anzusprechen wie mit<br />
modularen Sortimenten (etwa mit spezi� schen Ländermodulen<br />
in Gegenden mit hohem Migrantenanteil).<br />
4. <strong>Kunden</strong> vertrauen <strong>Kunden</strong>. Der zunehmende Ein� uss<br />
von <strong>Kunden</strong>bewertungen sowie jederzeit und überall verfügbare<br />
Produktinformationen lassen die Autorität der<br />
Marken als Qualitätsgaranten schwinden. Konsequenz:<br />
Für die Unternehmen wird Mundpropaganda als Marketinginstrument<br />
immer bedeutsamer. Sie werden sich<br />
- 25% Ø<br />
+ 25%<br />
• Konsumenten<br />
schätzen Discounter<br />
in den<br />
Trend di men sio-<br />
nen insgesamt<br />
unterdurchschnittlich<br />
gut ein<br />
• Kein Anbieter<br />
differenziert sich<br />
klar vom Rest<br />
Discounter<br />
verstärkt um positive <strong>Kunden</strong>bewertungen und deren<br />
Verbreitung bemühen und auf negative Bewertungen<br />
offensiver reagieren. Umgekehrt können Händler<br />
die <strong>Kunden</strong>kommentare aber auch zur Sortimentsoptimierung<br />
nutzen.<br />
5. Rosinenpicken statt <strong>Kunden</strong>loyalität. Das Internet<br />
macht den Markt immer transparenter und erleichtert<br />
es so den Konsumenten, die besten Angebote zu � nden.<br />
Dank der Ausweitung des Bestell- und Abholservices lassen<br />
sich zudem künftig mehrere Händler schnell und bequem<br />
nutzen. Konsequenz: Händler werden versuchen,<br />
ihre <strong>Kunden</strong> enger an sich zu binden, etwa mit attraktiveren<br />
<strong>Kunden</strong>kartenprogrammen, Aktionen wie Bündelpreisen<br />
oder Mengenrabatten und � exiblen Lieferkosten.<br />
6. Vertrauen wird zum Preisfaktor. Die zunehmende<br />
Verunsicherung der Konsumenten macht Vertrauen zu<br />
einem kostbaren Gut, für das die Menschen auch bereit<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
13
14<br />
Konsumtrends<br />
„Ökologischer Wandel“: Hier kaufen die LOHAS – Bio-Supermarkt in Hamburg.<br />
sind, einen höheren Preis zu zahlen. So <strong>wollen</strong> sich die<br />
<strong>Kunden</strong> auf Qualität, Herkunft und Verträglichkeit der<br />
Produkte verlassen können. Konsequenz: Händler werden<br />
durch Formatveränderungen und Sortimentsanpassungen<br />
– etwa durch Fokus auf Produkte aus der Region<br />
oder Transparenz hinsichtlich Artikelherkunft und -zusammensetzung<br />
– einen Preisaufschlag erzielen können.<br />
Nutzenversprechen anpassen, Maßnahmen ableiten<br />
Auf Basis dieser Analysen gilt es schließlich, das Nutzenversprechen<br />
des Unternehmens zu überprüfen und<br />
gegebenenfalls an neue Anforderungen anzupassen. Das<br />
neue Wertversprechen bildet seinerseits den Rahmen,<br />
auf den sich künftig sämtliche Maßnahmen beziehen<br />
müssen. Diese Maßnahmen sind branchenindividuell zu<br />
entwickeln.<br />
Zur Erarbeitung kurzfristiger Maßnahmen bietet sich –<br />
um beim Beispiel des Lebensmitteleinzelhandels zu blei-<br />
ben – das „Handels-Pentagon“ an: Preis, Service, Convenience,<br />
Einkaufserlebnis und Sortiment. Für jedes dieser<br />
Elemente hilft die skizzierte quantitative Marktforschung<br />
zu ermitteln, welchen Nachholbedarf das Unternehmen<br />
gegenüber welchen Wettbewerbern hat.<br />
Grundlage für die Entwicklung langfristiger Maßnahmen<br />
ist ein Abgleich zwischen der bisherigen Positionierung<br />
und dem neuen Nutzenversprechen (Gap-Analyse), bei<br />
dem das Unternehmen Bereiche mit Anpassungsbedarf<br />
identi� ziert. Die Maßnahmen selbst lassen sich dann<br />
anhand der vier zentralen strategischen Hebel gliedern:<br />
Vertriebskanäle. Wie möchten die <strong>Kunden</strong> am liebsten<br />
einkaufen (etwa in Filialen, von zu Hause aus oder mobil<br />
im Internet)?<br />
Filialnetz. Welche Filialdichte wird an welchen Standorten<br />
benötigt (etwa in Innenstadtlagen,in Bürovierteln)?
Akzente<br />
2’10<br />
Ladenformat. Mit welchem Filialtyp lassen sich die<br />
strategischen Ziele am besten erreichen (durch große<br />
Märkte, Klein� lialen, Kioske, Discounter)?<br />
Markenpositionierung. Wo sollten die Prioritäten<br />
innerhalb des Handels-Pentagons liegen (in Sortiment,<br />
Service, Preis)?<br />
Ein solches ganzheitliches Vorgehen, das quantitative<br />
mit qualitativen Analysen kreativ kombiniert, hilft<br />
Unternehmen bei der schwierigen Aufgabe, ihr kurz-<br />
und langfristiges Handeln auf ein solides Fundament<br />
zu stellen. Denn nur wer neue gesellschaftliche Entwicklungen<br />
und <strong>Kunden</strong>wünsche frühzeitig erkennt<br />
und sein Geschäft darauf ausrichtet, wird sich in<br />
einem schärfer werdenden Wettbewerb behaupten.<br />
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?<br />
Die Autoren freuen sich auf Ihre Zuschrift.<br />
Bitte E-Mail an: dennis_spillecke@mckinsey.com<br />
Autoren<br />
Kernaussagen<br />
1. Die wichtigsten konsumrelevanten<br />
Trends sind: die Verunsicherung<br />
vieler Menschen, das<br />
mobile Internet, ein geschärftes<br />
ökologisches Bewusstsein,<br />
die Lifestyle-Orientierung sowie<br />
neue Lebensmodelle.<br />
2. Hersteller und Händler können<br />
die Auswirkungen dieser und<br />
anderer Trends auf ihr Geschäft<br />
mit Hilfe quantitativer und<br />
qualitativer Analysen ermitteln.<br />
3. Auf Basis dieser Analysen<br />
lässt sich das Nutzenversprechen<br />
rechtzeitig anpassen – statt von<br />
Trends überrascht zu werden,<br />
pro� tiert das Unternehmen vom<br />
veränderten Konsumverhalten.<br />
1 Dr. Florian Baumgartner ist Berater im Münchner Büro von McKinsey. Er ist Mitglied des<br />
deutschen Konsumgüter- und Handelssektors und berät Klienten in den Bereichen Strategie<br />
und Einkauf.<br />
2 Dr. Peter Breuer ist Partner im Kölner Büro und Leiter des deutschen Konsumgüter- und<br />
Handelssektors von McKinsey. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt im Bereich Strategieentwicklung<br />
und operative Verbesserungsprogramme.<br />
3 Dr. Dennis Spillecke ist Partner im Kölner Büro und Mitglied des Konsumgüter- und<br />
Handelssektors sowie der Marketing & Sales Practice von McKinsey.<br />
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