Dienen und gewinnen
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Unterwegs – Passantenhilfe Bern<br />
Denen helfen, die sonst nichts haben<br />
Für Menschen, die nirgends mehr willkommen sind, bietet die Heilsarmee unkomplizierte Unterstützung<br />
an: Die Passantenhilfe kümmert sich um Menschen in Not.<br />
Seev Levy versorgt die drei Slowaken mit dem Notwendigsten. Es ist eine pragmatische Hilfe, die in der Berner Passantenhilfe angeboten<br />
wird. Nahrungsmittel, Kleidung <strong>und</strong> in seltenen Fällen kleine Geldbeträge. Es ist ein Ort, an dem akute Not gelindert wird.<br />
Es ist 9.30 Uhr – <strong>und</strong> vor der Passantenhilfe<br />
Bern stehen bereits drei Männer an.<br />
In wenigen Augenblicken werden sie eingelassen;<br />
derweil trinken Seev Levy <strong>und</strong><br />
Manfred Jegerlehner ihren Morgentee aus.<br />
Levy ist der Leiter der Stelle, Jegerlehner<br />
arbeitet dort als Sozialdiakon. Eine Tasse<br />
Tee am Morgen gehört zu ihrem täglichen<br />
Ritual. Und ist kein Selbstzweck: Die Zeit<br />
wird genutzt, um sich über Klienten auszutauschen,<br />
sich gegenseitig fachliche Unterstützung<br />
zu geben oder auch, um über<br />
besonders schwierige Fälle zu reflektieren.<br />
Levy <strong>und</strong> Jegerlehner verbindet dabei ein<br />
besonderes Band, wie letzterer erzählt.<br />
„Ich war einst Klient hier, denn ich war ein<br />
Fixer. Mein Weg zurück ins Leben war lang.<br />
Und ich bin unendlich dankbar, dass ich<br />
heute hier arbeiten darf”, sagt Manfred Jegerlehner.<br />
Sein Chef sitzt nebenan <strong>und</strong> lächelt<br />
verständnisvoll. Eine wohl einzigartige<br />
Arbeitsbeziehung: Man kannte sich früher<br />
als Klient <strong>und</strong> Hilfeleistender, <strong>und</strong> arbeitet<br />
heute Hand in Hand zusammen.<br />
Mit zum Team gehört auch Majorin Käthiruth<br />
Burkhardt, die sich hier freiwillig engagiert.<br />
Seev Levy charakterisiert die Dritte im<br />
B<strong>und</strong>e so: „Sie ist eine Person, die sofort<br />
6 «dialog» · Monatszeitschrift der Heilsarmee · April 2011<br />
Helfer in der Not. Manfred Jegerlehner (links)<br />
<strong>und</strong> Seev Levy von der Passantenhilfe.<br />
den Zugang zum Herzen eines Menschen<br />
findet.”<br />
Die Passantenhilfe ist ein Ort, wo akute Not<br />
gelindert wird. Das zeigt sich auch am Beispiel<br />
der drei Männer, die hier heute Hilfe<br />
suchen: Es sind Menschen aus der Slowakei,<br />
die sich ihr Leben mit Strassenmusik<br />
verdienen. Sie wollen zurück in die Heimat<br />
fahren, ihr Auto ist kaputt, die Reparatur<br />
veranschlagt auf 600 Franken. Seev Levy<br />
hört sich die Geschichte geduldig an – <strong>und</strong><br />
hilft dann mit einem kleinen Geldbetrag.<br />
Zudem dürfen sich die Männer mit Essen<br />
<strong>und</strong> Kleidern eindecken. Das Gespräch ist<br />
fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> entspannt. Zufrieden ziehen<br />
die drei Männer von dannen. Später sagt<br />
Seev Levy: „Diese Menschen haben nichts.<br />
Zuhause werden sie diskriminiert, in der<br />
Schweiz haben sie keine Zukunft.”<br />
Geholfen wird auf der Passantenhilfe pragmatisch.<br />
Und neutral. Egal ob Schweizer<br />
oder Ausländer, egal ob Frau oder Mann,<br />
egal ob Christ oder Buddhist. Manfred<br />
Jegerlehner betont das: „Wir wollen den<br />
Menschen ohne Vorurteile gegenübertreten.<br />
Auch wenn sie selbst an ihrem Schicksal<br />
schuld sein mögen: Es liegt nicht an<br />
uns, zu werten. Sondern zu helfen.”<br />
Die drei Slowaken, die hier den Arbeitstag<br />
der drei Passantenhelfer eingeläutet haben,<br />
seien ein „unkomplizierter Fall”, sagt Seev<br />
Levy. Nicht immer ist die Lösungssuche<br />
so einfach. Doch mag ein Fall auch noch<br />
so anspruchsvoll sein: Das Team von der<br />
Passantenhilfe lässt sich davon nicht beeindrucken.<br />
Hier hat man Geduld <strong>und</strong> Verständnis<br />
für die Klienten – manchmal über<br />
Jahre. Ausserordentliches Engagement im<br />
Dienste derjenigen Menschen, denen sonst<br />
niemand hilft: Die drei von der Passantenhilfe<br />
sind ein eindrückliches Beispiel dafür.<br />
Sven Gallinelli<br />
Bilder: Martin Heimann