Gemeindebrief 1_2011 - Kirchengemeinde Wallau-Weifenbach
Gemeindebrief 1_2011 - Kirchengemeinde Wallau-Weifenbach
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Thema Kirche und Kunst<br />
Gott, den Schöpfer hinweisen. Oder das<br />
mittelalterliche Kruzifix auf dem Altar.<br />
Und dahinter verborgen – und nur für<br />
Eingeweihten vorhanden – drei Feuerzungen<br />
auf den Orgelpfeifen, die den<br />
Heiligen Geist symbolisieren.<br />
Es ist zwar schon einiges da an christlicher<br />
Symbolik und Kunst in unserer<br />
Kirche, wenn nicht sogar alles Wichtige –<br />
aber alles, abgesehen von Altarkreuz und<br />
Christusfenster, in so einer versteckten<br />
Form, dass es eines Vortrages oder einer<br />
Broschüre bedarf, um darauf aufmerksam<br />
zu werden.<br />
Kunst und Kirche<br />
Inwiefern braucht Kunst Kirche? Der eine<br />
oder andere mag überrascht sein über<br />
diese Fragestellung. Für diese Fragestellung<br />
gibt es gute Gründe.<br />
Bis heute lassen sich Künstlerinnen und<br />
Künstler dafür gewinnen, in und für<br />
Kirchen zu arbeiten. Was motiviert sie,<br />
solche Aufträge anzunehmen?<br />
Kirchen sind beliebte Ausstellungsorte.<br />
Unsere <strong>Kirchengemeinde</strong> hat das in<br />
2005 und 2008 durch die Künstlergemeinschaft<br />
<strong>Wallau</strong>er Colorit erfahren.<br />
Als Folge der Globalisierung sind einheimische<br />
Künstlerinnen und Künstler<br />
zurückhaltender geworden im Rezipieren<br />
1926/27 schuf der 1870 geborene Bildhauer, Dramatiker und Grafiker Ernst Barlach den<br />
‘schwebenden Engel‘ als Mahnmal für die Gefallenen des ersten Weltkriegs<br />
anderer Kulturen und Religionen. Sie<br />
besinnen sich stärker auf die eigenen<br />
deutschen und europäischen Wurzeln –<br />
auch ihre religiösen und christlichen<br />
Wurzeln. Wie verhält sich evangelische<br />
Kirche dazu? Ist nicht angesichts dieser<br />
Entwicklung ein stärkeres Engagement<br />
der Kirche in punkto Kultur angezeigt?<br />
Unsere <strong>Kirchengemeinde</strong> versucht das,<br />
indem sie gerne Gastgeberin ist für<br />
Kunstausstellungen wie auch für andere<br />
Veranstaltungen und Aktionen, mit Kirche<br />
und Kunst als eigenständigen Partnern.<br />
Inwiefern braucht Kunst die Kirche?<br />
Eigentlich nicht, wird der eine oder<br />
andere spontan antworten. Die Kunst hat<br />
sich – und das ist richtig – in Europa vor<br />
rund zweihundert Jahren von der Kirche<br />
emanzipiert. Die Museen sind sichtbarer<br />
Ausdruck eines autonom gewordenen<br />
Kunstbetriebs. Sie entwickelten sich zu<br />
einem Ort, an dem parallel zur Kirche<br />
Sinnfragen verhandelt werden.<br />
Wie aber können Kirche und Theologie<br />
der Kunst zu Nutze sein? Im Laufe der<br />
Geschichte hat die Theologie die Kunst<br />
immer wieder mit der Wirklichkeit dessen,<br />
worüber hinaus nichts Größeres<br />
gedacht werden kann, konfrontiert.<br />
So hat die Theologie die Kunst immer<br />
wieder zur bildnerischen Selbstreflexion<br />
herausgefordert.<br />
Wenn die Kunst heute durch Theologie<br />
und Kirche wenig bis keine Unterstützung<br />
mehr erfährt, so liegt das nicht an einem<br />
Mangel an Potential von Theologie und<br />
Kirche für die Kunst, sondern vor allem<br />
daran, dass die Theologie und Kirche bisher<br />
ihr künstlerisch relevantes Potential<br />
wenig zur Sprache bringen.<br />
Auch die Kunst kann davon profitieren,<br />
wenn sie sich gelegentlich an jenen Gott<br />
erinnert, der sich nicht auf ein Bild festlegen<br />
lässt, sondern der ganz andere ist.<br />
Die Kunst braucht Gott, um sich ihrer<br />
selbst bewusst zu werden und so<br />
menschliche Kunst zu bleiben.<br />
Kirche braucht Kunst –<br />
und Kunst braucht Kirche<br />
Oder um die Pfarrerin Margot Käsmann<br />
zu zitieren: »Religion und Kunst stellen<br />
gleichermaßen Fragen, die Menschen<br />
bewegen.« Was haben Kunst und Kirche<br />
als eigenständige Partner sich einander<br />
zu sagen? Es lohnt sich, sich in Zukunft<br />
mit beidem auseinander zu setzen, mit<br />
der Kirche und ihren Gedanken über Gott<br />
und die Welt und mit der Kunst und<br />
ihrem kritischen Ausdruck von Wirklichkeit<br />
und ihrer eigenen Zeitansage.<br />
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