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Demografieentwicklung - Gemischter Chor der Polizei Berlin e. V.

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<strong>Demografieentwicklung</strong><br />

FEBRUAR 2013<br />

Neue Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

an Politik und Gesellschaft<br />

Bayreuth<br />

„Irgendwann sitzen wir alle in Bayreuth<br />

zusammen und fragen uns, wir wir es nur<br />

irgendwo an<strong>der</strong>s aushalten konnten.“<br />

Friedrich Nietzsche<br />

Kulmbach<br />

Die Marktgrafenstadt mit Flair im Herzen<br />

Oberfrankens


Adventure Camps<br />

für Jugendliche<br />

im Alter von 11 bis 15 Jahren<br />

KOSTENLOSE<br />

TEILNAHME!<br />

www.kmdd.de<br />

Lust auf Mutproben und den ganz großen Kick. O<strong>der</strong> genau das Gegenteil:<br />

Gelangweilt herumhängen, mit sich und <strong>der</strong> Welt unzufrieden. Stimmungslagen<br />

wie diese motivieren so manchen Jugendlichen zum Griff nach Alkohol<br />

und illegalen Drogen. Was nur einmal aus einer Laune heraus probiert wird,<br />

kann schnell dazu führen, dass ein missbräuchliches Konsummuster über den<br />

ganzen weiteren Lebensweg aufrechterhalten wird.<br />

Mit unseren Adventure Camps bieten wir Jugendlichen abseits von Schule und<br />

Alltagstrott ein altersgemäßes Alternativangebot: Grenzerfahrungen, zum Beispiel<br />

beim Klettern, und das Gewinnen neuer Freundschaften draußen in <strong>der</strong><br />

Natur stärken Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Durch das Erproben und<br />

Erleben <strong>der</strong> eigenen Leistungsfähigkeit lassen sich die Jugendlichen begeistern.<br />

Auch das Erlernen von sozialen Fähigkeiten und die Bereitschaft, an<strong>der</strong>en zu<br />

helfen werden geför<strong>der</strong>t. So erfahren Jugendliche, dass <strong>der</strong> Erfolg einer Aktivität<br />

von einer guten Zusammenarbeit und gegenseitigem Vertrauen abhängt.<br />

Eingebunden in diese erlebnispädagogischen Elemente werden die Jugendlichen<br />

für die Themen Sucht, Drogen und Gewalt sensibilisiert. Durch interaktive<br />

Übungen, Kurzvorträge und Diskussionen wecken wir ihr Interesse. Gemeinsam<br />

mit Gleichaltrigen werden Sachverhalte kritisch hinterfragt und Problemlösungsstrategien<br />

entwickelt.<br />

„Mir hat das Camp sehr gut gefallen und ich werde viele Dinge mit nach Hause<br />

nehmen, z.B. dass Drogen keine Probleme lösen und dass man mit Teamarbeit<br />

sehr viel erreichen kann. Ich würde je<strong>der</strong>zeit wie<strong>der</strong>kommen.“<br />

(Jonas, 15 Jahre)<br />

„Teamwork war eine große Schwierigkeit für mich, aber durch das Camp habe ich<br />

gelernt, besser mit an<strong>der</strong>en umzugehen, ich habe viele neue Freunde gefunden<br />

und sehr viele hilfreiche Kenntnisse über Drogen gewonnen.“<br />

(Anne-Sophie, 13 Jahre)<br />

„Ich habe mitgenommen, dass Alkohol und Drogen immer schlechte Folgen<br />

haben. Man kann auch ohne sie Spaß haben. Die Camps sind auf jeden Fall sinnvoll<br />

und helfen Jugendlichen definitiv, die Finger von Drogen zu lassen.“<br />

(Niklas, 12 Jahre)<br />

Die Jugendlichen erhalten so positive Antworten auf die drängenden Fragen:<br />

„Wer bin ich?“, „Was kann ich?“, „Wie kann ich zu meiner Meinung stehen und<br />

auch mal gegen den Strom schwimmen?“. Im intensiven „Sich-selbst-Erleben“<br />

und im Austausch mit Gleichaltrigen wird Sucht- und Gewaltprävention zum Erlebnis.<br />

Unsere Adventure Camps basieren auf <strong>der</strong> Überzeugung, dass man<br />

Jugendliche nicht nur über die Gefahren des Drogenkonsums<br />

informieren, son<strong>der</strong>n auch in ihrer Persönlichkeit und Lebenskompetenz<br />

stärken muss, damit sie Alkohol und illegalen Drogen wi<strong>der</strong>stehen<br />

können.<br />

®


Peer-Education<br />

als Handlungsansatz<br />

zur Sucht- und Gewaltprävention<br />

®<br />

Cool sein und erwachsen wirken o<strong>der</strong> einfach nur, weil es die Freunde machen<br />

– aus Gruppenzwang. Mit Beginn <strong>der</strong> Pubertät ist es vor allem die Gruppe <strong>der</strong><br />

Gleichaltrigen und wenig Älteren, die so genannte Peergroup, die wesentlich<br />

zur Herausbildung jugendlicher Identität beiträgt und das Kennenlernen von<br />

Lebensstilen wie auch den Konsum von Rauschmitteln beeinflusst.<br />

Diese beson<strong>der</strong>e Rolle <strong>der</strong> Peergroup nutzen wir in unseren Adventure Camps.<br />

Aus den jährlich 300 jugendlichen Teilnehmern wählen wir gezielt bis zu<br />

25 beson<strong>der</strong>s engagierte Jugendliche aus und laden diese zu unserem weiterführenden<br />

Lea<strong>der</strong>ship Programm ein. Das Schulungsprogramm beinhaltet die<br />

drei Themenbereiche:<br />

• Wissen zu Sucht und Sucht-/Gewaltvorbeugung: Hintergründe und<br />

Argumentationen zum Themenbereich Sucht- und Gewaltvorbeugung<br />

werden vermittelt.<br />

• Kommunikation/Umgang mit Konflikten und Krisen: Die Jugendlichen<br />

lernen, Gruppendiskussionen zu führen und zu mo<strong>der</strong>ieren sowie mit<br />

Konflikten und Krisen umzugehen.<br />

• Persönliche Entwicklung: Die Jugendlichen lernen, sich selbst und<br />

an<strong>der</strong>e besser zu verstehen und werden in ihren sozialen Fertigkeiten<br />

gestärkt.<br />

Gezielt setzen wir diese Jugendlichen dann selbst als Peerlea<strong>der</strong> bzw. Juniorbetreuer<br />

bei unseren Adventure Camps ein. Denn Jugendliche tauschen<br />

ihre Erfahrungen und Meinungen gerade zu „heiklen“ Themen lieber mit an<strong>der</strong>en<br />

Gleichaltrigen aus. Und unser Handlungsansatz <strong>der</strong> Peer-Education zeigt<br />

Wirkung:<br />

Fast 54 Prozent unserer Jugendlichen geben an, dass die Teilnahme an den<br />

Adventure Camps bei ihnen zu einer kritischeren Einstellung zu Alkohol, Tabak<br />

und illegalen Drogen geführt hat!<br />

Ausführliche Informationen zu unseren Adventure Camps sowie den Zugang<br />

zum Online-Anmeldeportal finden Sie unter www.kmdd.de.<br />

Unterstützen Sie unsere Aktion<br />

„Sport gegen Gewalt und Drogen“<br />

im Behördenmagazin – Fachzeitschrift für <strong>Polizei</strong>beamte und den öffentlichen<br />

Dienst, damit wir auch zukünftig unsere vielfältigen Präventionsmaßnahmen<br />

umsetzen können. Vielen Dank!<br />

KEINE MACHT DEN DROGEN<br />

Gemeinnütziger För<strong>der</strong>verein e. V.<br />

Höchlstraße 4<br />

81675 München<br />

Folgen Sie uns auf Facebook<br />

Tel.: +49 89 2919335<br />

Fax: +49 89 29193399<br />

E-Mail: info@kmdd.de<br />

Web: www.kmdd.de


Vorwort<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

<strong>der</strong> demografische Wandel wird in den kommenden<br />

Jahrzehnten Deutschland tiefgreifend<br />

verän<strong>der</strong>n. Wir werden älter, wir werden<br />

weniger und unsere Gesellschaft wird vielfältiger.<br />

Dabei ist nicht die Frage, ob sich etwas<br />

än<strong>der</strong>n wird, son<strong>der</strong>n wie und was wir daraus<br />

machen. Was bedeutet diese Entwicklung<br />

für jeden Einzelnen und für unser Land<br />

als Ganzes?<br />

Die längeren Lebensspannen werden die Biografien<br />

<strong>der</strong> einzelnen Menschen auf neue<br />

Weise prägen. Die klassischen Lebensphasen<br />

werden vielfältiger und weniger klar abgrenzbar;<br />

Zeiten <strong>der</strong> Bildung, <strong>der</strong> Familie, des Berufs<br />

und des Ruhestands brauchen eine neue<br />

Flexibilität. Entscheidend ist: Für die allermeisten<br />

Menschen geht es um gewonnene<br />

Jahre für ein erfülltes Leben. Es kommt darauf<br />

an, sie auch als solche zu erkennen und zu<br />

nutzen. Das Verhältnis <strong>der</strong> Generationen<br />

muss sich an die gewandelten Umstände –<br />

deutlich mehr Ältere, weniger Junge – anpassen.<br />

Fragen <strong>der</strong> Weitergabe von Erfahrung,<br />

des Austausches zwischen den Generationen,<br />

<strong>der</strong> Betreuung und Pflege gewinnen an Gewicht.<br />

Dieser Prozess bietet zugleich Raum<br />

für neue Formen <strong>der</strong> gegenseitigen Hilfe, Zusammenarbeit<br />

und Bestätigung.<br />

Die sozialen Sicherungssysteme müssen ihre<br />

Schutzkraft unter den sich verän<strong>der</strong>nden<br />

Rahmenbedingungen bewahren, ohne die<br />

generationengerechte Verteilung von Chancen<br />

und Lasten aus dem Auge zu verlieren.<br />

Die langfristige Tragfähigkeit <strong>der</strong> Staatsfinanzen<br />

zu sichern, ist schon angesichts <strong>der</strong><br />

Schuldenkrise im Euroraum eine Aufgabe, die<br />

keinen Aufschub duldet. Vor dem Hintergrund<br />

<strong>der</strong> demografischen Verän<strong>der</strong>ungen erhält<br />

sie eine doppelte Dringlichkeit.<br />

Um bei einer kleiner und auch älter werdenden<br />

Erwerbsbevölkerung nachhaltiges<br />

Wachstum und unseren Wohlstand zu erhalten,<br />

werden sich Arbeitsleben und Wirtschaftsweise<br />

darauf ausrichten müssen, das<br />

kostbarste Kapital des Landes – unser Wissen<br />

und Können – optimal einzusetzen. So rückt<br />

noch mehr in den Mittelpunkt, was ohnehin<br />

im Zentrum je<strong>der</strong> Politik stehen sollte: die Fähigkeiten<br />

und Talente jedes Einzelnen, unabhängig<br />

von Herkunft und sozialem<br />

Hintergrund.Die Bundesregierung hat im Jahr<br />

2011 einen Bericht zur demografischen Lage<br />

und zukünftigen Entwicklung des Landes und<br />

ein Jahr später daraus ableitend eine Demografiestrategie<br />

vorlegt. Auszüge aus <strong>der</strong> Zusammenfassung<br />

bei<strong>der</strong> Berichte lesen Sie auf<br />

Seite 6.<br />

Eine Folge <strong>der</strong> demografischen Entwicklung<br />

ist die zunehmende Zahl älterer Menschen<br />

und die rasant steigende Gruppe <strong>der</strong> Hochbetagten.<br />

Laut einer Prognose des Statistischen<br />

Bundesamtes wird im Jahr 2030 etwa<br />

die Hälfte <strong>der</strong> Menschen hierzulande über 50<br />

und jede dritte älter als 65 sein. Die wertvollen<br />

Potentiale des Alters müssen erhalten,<br />

besser genutzt und vervielfältigt werden und<br />

zugleich muss die Lebensqualität im Alter geför<strong>der</strong>t<br />

werden. Welche Ziele sich eine Forschungsagenda<br />

unter dem Stichwort „Das<br />

Alter hat Zukunft“ gesetzt hat, können Sie<br />

auf Seite 11 nachlesen.<br />

Die Bevölkerungsentwicklung verläuft auf<br />

<strong>der</strong> Erdkugel diametral: Während auf <strong>der</strong><br />

Südhalbkugel die Bevölkerung wächst,<br />

nimmt sie auf <strong>der</strong> Nordhalbkugel ab. Welche<br />

Verän<strong>der</strong>ungen ergeben sich hieraus und wie<br />

muss die Politik regieren, hat Prof. Schnei<strong>der</strong><br />

in seinem Beitrag auf Seite 19 dargestellt.<br />

Können familienpolitische Maßnahmen demografierelevant<br />

sein? Lassen sich durch solche<br />

politischen Ziele die Geburtenraten<br />

beeinflussen? Antworten auf diese Fragen<br />

gibt Dr. Bujard in seinem Artikel auf Seite 44.<br />

Ist die durchschnittliche Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau<br />

in Deutschland weiterhin rückgängig o<strong>der</strong><br />

sind an<strong>der</strong>e Trends erkennbar? Gibt es Unterschiede<br />

zwischen west- und ostdeutschen<br />

Frauen? Das Max-Plank-Institut für demografische<br />

Forschung in Rostock hat hierzu eine<br />

Expertise erstellt. Die Ergebnisse können Sie<br />

auf Seite 49 nachlesen.<br />

Die Swinging Sixties mit den Schwerpunkten<br />

Beatles und Beat, Gammler und Provos, die<br />

heile Bravo-Welt und Hippies beinhalten den<br />

zweiten Teil auf Seite 53 <strong>der</strong> Serie <strong>der</strong> Jugendkulturen<br />

in Deutschland. Die Fortsetzung<br />

mit dem Untertitel “Aufstand <strong>der</strong><br />

Bildungseliten“ folgt in <strong>der</strong> Ausgabe 4/2013<br />

des Behördenmagazins.<br />

BOB-Initiativen in Deutschland verfolgen alle<br />

ein gemeinsames Ziel: Reduzierung <strong>der</strong> durch<br />

junge alkoholisierte Fahrerinnen und Fahrer<br />

verursachten schweren Verkehrsunfälle.<br />

Hierzu trafen sich die Mitglie<strong>der</strong> zu einem Erfahrungsaustausch<br />

auf Einladung des <strong>Polizei</strong>präsidiums<br />

Mittelhessen. Die Ergebnisse<br />

dieses Treffens hat Martin Ahlich auf Seite 59<br />

zusammengefasst.<br />

Warum werden Senioren öfter betrogen als<br />

jungere Menschen? Können jüngere Menschen<br />

besser erkennen, ob jemand vertrauenswürdig<br />

ist o<strong>der</strong> nicht? Hierzu gibt es eine<br />

Untersuchung <strong>der</strong> Universität von Kalifornien<br />

in Los Angeles. Die Ergebnisse sind in einem<br />

Bericht auf Seite 61 zusammengefasst.<br />

Es wird wohl <strong>der</strong> größte Terrorismusprozess<br />

seit den 1970er-Jahren. Vor dem Oberlandesgericht<br />

München findet wahrscheinlich im<br />

Frühjahr 2013 <strong>der</strong> Prozess gegen Beate<br />

Zschäpe und vier Helfer und Unterstützer<br />

statt. Allein 50 Anwälte und 57 Nebenkläger<br />

sind bislang als Prozessbeteiligte zugelassen.<br />

Vor welche logistischen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts<br />

gestellt ist, wird auf Seite 62 erläutert.<br />

Nach mancherlei Nachbesserungen hat das<br />

Bundeskabinett im Dezember 2012 die Reform<br />

<strong>der</strong> Flensburger Verkehrssün<strong>der</strong>kartei<br />

beschlossen. Wie dieses Zentralregister jetzt<br />

im Amtsdeutsch heißt und welche Neuerungen<br />

eingetreten sind, ist in einem Bericht auf<br />

Seite 63 dargestellt.<br />

Einer Studie zufolge verstoßen die meisten<br />

Richter bei Absprachen im Strafprozess<br />

gegen das Gesetz. Das Bundesverfassungsgericht<br />

verhandelte im November 2012 über<br />

die Zulässigkeit sogenannter Deals im Strafprozess<br />

aufgrund von Klagen dreier Beschwerdeführer.<br />

Die Ergebnisse dieser<br />

mündlichen Verhandlung und <strong>der</strong> Studie stellen<br />

wir auf Seite 66 dar.<br />

Am Anfang wurde aus Baracken in Eschborn<br />

bei Frankfurt gesendet. In diesem Jahr wird<br />

das ZDF 50 Jahre alt. Einzelheiten sind auf<br />

Seite 68 nachlesbar.<br />

Einen weiteren runden Geburtstag feierte am<br />

26.11.2012 <strong>der</strong> Film “Casablanca“. Vor 70<br />

Jahren wurde er uraufgeführt. Highlights dieses<br />

Films sind auf Seite 69 wie<strong>der</strong>gegeben.<br />

Wir wünschen Ihnen viel Spaß, informative<br />

Unterhaltung und Vergnügen beim Lesen; bei<br />

Bedarf können wir Ihnen weitere Exemplare<br />

dieser Ausgabe zur Verfügung stellen. Teilen<br />

Sie bitte dem Verlag die Anzahl <strong>der</strong> noch benötigten<br />

Hefte mit.<br />

Über Meinungsäußerungen und Leserbriefe<br />

würden wir uns sehr freuen.<br />

Ihr Redaktionsteam


6 Demografiebericht Bundesregierung<br />

11 Das Alter hat Zukunft<br />

Forschungsagenda <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

Bevölkerungsentwicklung und<br />

19 Bevölkerungspolitik<br />

Prof. Dr. Norbert F. Schnei<strong>der</strong>, Bundesinstitut für<br />

Bevölkerungsforschung<br />

22 Demografiepolitik<br />

Prof. Dr. Tilman Mayer, Universität Bonn<br />

26 Stadtvorstellung Bayreuth<br />

34 Stadtvorstellung Kulmbach<br />

Perspektiven einer familienorientierten<br />

44 Demografiepolitik<br />

Dr. Martin Bujard, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung<br />

Gibt es eine Trendumkehr in <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>zahl nach Geburtsjahrgängen<br />

49 in Deutschland?<br />

Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld, Max-Plank-Institut für<br />

demografische Forschung, Rostock<br />

22<br />

6<br />

34<br />

33<br />

Inhalt<br />

Februar<br />

53 Jugendkulturen in Deutschland, Teil 2<br />

Klaus Farin, Bundeszentrale für politische Bildung<br />

59 BOB-Initiativen<br />

Martin Ahlich, <strong>Polizei</strong>präsidium Mittelhessen<br />

Frühwarnsystem versagt – Warum<br />

61 Senioren oft betrogen werden<br />

62 Prozess <strong>der</strong> Superlative<br />

Flensburger Verkehrssün<strong>der</strong>datei wird<br />

63 entrümpelt<br />

65 Ein inszenierter Tod<br />

66 Deutliche Kritik am Deal in Strafprozessen<br />

68 Das ZDF wird 50<br />

69 70 Jahre Casablanca<br />

71 Musikindustrie<br />

26<br />

69<br />

68<br />

36


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

Demografiebericht<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung<br />

Im Folgenden werden die Aussagen<br />

zum demografischen Wandel in<br />

Deutschland, seinen Auswirkungen<br />

auf die einzelnen Politikbereiche und<br />

die damit verbundenen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

und Gestaltungsaufgaben zusammengefasst.<br />

Die durch die<br />

Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen<br />

können hier nur beispielhaft<br />

dargestellt werden. Im Einzelnen wird<br />

hierzu auf die ausführliche Fassung<br />

des Berichts verwiesen.<br />

Auftrag und Zielsetzung<br />

Der demografische Wandel in Deutschland ist<br />

gekennzeichnet durch eine niedrige Geburtenrate<br />

und den Rückgang <strong>der</strong> Bevölkerungszahl.<br />

Der erfreuliche Anstieg <strong>der</strong> Lebenserwartung,<br />

die damit verbundene Alterung<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung sowie <strong>der</strong> wachsende Bevölkerungsanteil<br />

mit Migrationshintergrund betreffen<br />

Deutschland mehr als an<strong>der</strong>e<br />

entwickelte Län<strong>der</strong>. Der demografische Wandel<br />

hat vielfältige Auswirkungen auf nahezu<br />

alle Lebensbereiche <strong>der</strong> Menschen in<br />

Deutschland und wird die gesellschaftliche<br />

und wirtschaftliche Entwicklung in den<br />

nächsten Jahrzehnten erheblich beeinflussen.<br />

Die Bundesregierung sieht daher in <strong>der</strong> Gestaltung<br />

des demografischen Wandels eine<br />

<strong>der</strong> großen Zukunftsaufgaben. Sie hat deshalb<br />

im November 2009 den Bundesminister<br />

des Innern beauftragt, bis zum Jahr 2011<br />

einen „Bericht <strong>der</strong> Bundesregierung zur<br />

demografischen Lage und künftigen Entwicklung<br />

des Landes“ und darauf aufbauend bis<br />

zum Jahr 2012 einen Vorschlag für eine ressortübergreifende<br />

Demografiestrategie <strong>der</strong><br />

Bundesregierung vorzulegen.<br />

Mit dem vorliegenden Demografiebericht<br />

beschreibt die Bundesregierung die<br />

demografische Entwicklung sowie die Auswirkungen<br />

des demografischen Wandels auf<br />

die einzelnen Lebens- und Politikbereiche.<br />

Der Bericht stellt die bisher eingeleiteten<br />

Maßnahmen des Bundes ressortübergreifend<br />

dar und zeigt künftige Handlungsschwerpunkte<br />

auf. Die Bundesregierung<br />

möchte damit zu einer breiten öffentlichen<br />

Diskussion zum demografischen Wandel beitragen.<br />

6 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Demografischer Wandel:<br />

Fakten und Trends<br />

Die Bevölkerung nimmt in Deutschland<br />

seit dem Jahr 2003 ab und ist<br />

bis Ende März 2011 auf 81,7 Millionen<br />

Einwohner gesunken. Ursächlich<br />

dafür ist, dass die Zahl <strong>der</strong><br />

Sterbefälle die Zahl <strong>der</strong> Geburten<br />

immer mehr übersteigt. Die hohen<br />

Sterbefallüberschüsse werden seit<br />

2003 nicht mehr von Wan<strong>der</strong>ungsüberschüssen,<br />

das heißt <strong>der</strong> Differenz<br />

zwischen Zuzügen nach und<br />

Fortzügen aus Deutschland, ausgeglichen.<br />

Dieser Trend wird sich in<br />

den kommenden Jahren fortsetzen.<br />

Nach den Modellberechnungen des<br />

Statistischen Bundesamtes wird die<br />

Bevölkerung bis 2060 auf 65 bis 70<br />

Millionen Menschen zurückgehen.<br />

Das wären bis zu 17 Millionen Einwohner<br />

weniger o<strong>der</strong> ein Rückgang um 15 % bis 21<br />

% innerhalb von 50 Jahren. Damit einher<br />

geht auch ein Rückgang <strong>der</strong> Bevölkerung im<br />

erwerbsfähigen Alter.<br />

Auch <strong>der</strong> Altersaufbau <strong>der</strong> Bevölkerung wird<br />

sich elementar verän<strong>der</strong>n. Bereits in den<br />

kommenden beiden Jahrzehnten wird <strong>der</strong> Anteil<br />

älterer Menschen an <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

deutlich steigen. Heute besteht die Bevölkerung<br />

mit jeweils einem Fünftel noch fast zu<br />

gleichen Teilen aus Kin<strong>der</strong>n und jungen Menschen<br />

unter 20 Jahren und aus 65-Jährigen<br />

und Älteren. Im Jahr 2030 werden die 65-Jährigen<br />

und Älteren bereits etwa 29 % <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

ausmachen. 2060 wird dann je<strong>der</strong><br />

Dritte (34 %) mindestens 65 Lebensjahre<br />

durchlebt haben.<br />

Die Alterung hat zwei Ursachen: Deutschland<br />

gehört seit vielen Jahren zu den Län<strong>der</strong>n mit<br />

geringen Geburtenzahlen. Nach einem Höhepunkt<br />

Mitte <strong>der</strong> 60er-Jahre, dem sogenannten<br />

Babyboom, sind die durchschnittlichen<br />

Geburtenzahlen kontinuierlich gesunken. Seit<br />

Mitte <strong>der</strong> 70er-Jahre befindet sich die Geburtenrate<br />

in Deutschland auf einem anhaltend<br />

niedrigen Niveau von durchschnittlich rund<br />

1,4 Kin<strong>der</strong>n je Frau. Sie liegt damit deutlich<br />

unterhalb <strong>der</strong> Quote von 2,1 Kin<strong>der</strong>n, die für<br />

den Ersatz <strong>der</strong> Elterngeneration notwendig<br />

wäre. Das niedrige Geburtenniveau geht<br />

unter an<strong>der</strong>em auf einen hohen Anteil kin-<br />

<strong>der</strong>loser Frauen, vor allem bei<br />

Hochqualifizierten, eine spätere Geburt <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong> sowie einen Wandel traditioneller<br />

Ausprägungen und Vorstellungen von Familie<br />

zurück.<br />

Daneben steigt seit über 150 Jahren die Lebenserwartung<br />

in Deutschland wie auch in<br />

an<strong>der</strong>en entwickelten Län<strong>der</strong>n um knapp drei<br />

Monate pro Jahr. Dieser Zugewinn an Lebensjahren<br />

beruhte zunächst auf dem Rückgang<br />

<strong>der</strong> Säuglings- und Kin<strong>der</strong>sterblichkeit.<br />

Seit über sechs Jahrzehnte findet <strong>der</strong> Zugewinn<br />

an Lebensjahren aber vor allem in den<br />

späten Lebensabschnitten statt. Zu dieser<br />

Entwicklung haben maßgeblich <strong>der</strong> gestiegene<br />

Wohlstand, verbesserte Arbeitsbedingungen<br />

und <strong>der</strong> medizinische Fortschritt<br />

beigetragen.<br />

Die bisherige Entwicklung <strong>der</strong> Lebenserwartung<br />

wird sich fortsetzen. Nach den Annahmen<br />

in den Modellrechnungen des<br />

Statistischen Bundesamtes steigt sie bei neugeborenen<br />

Jungen bis zum Jahr 2060 um<br />

acht auf 85 Jahre und bei neugeborenen<br />

Mädchen um sieben auf 89,2 Jahre. Zudem<br />

wird auch die statistisch zu erwartende Lebenszeit<br />

für die Menschen in den fortgeschrittenen<br />

Altersgruppen – die sogenannte<br />

fernere Lebenserwartung – weiter ansteigen.<br />

Die Chancen, ein hohes Lebensalter in Gesundheit<br />

zu erreichen, sind nicht für alle<br />

Menschen gleich. Zu den Ursachen <strong>der</strong> Un-


terschiede gehören Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

ebenso wie das Gesundheitsverhalten<br />

o<strong>der</strong> etwa Krankheiten in <strong>der</strong> Kindheit.<br />

Festzuhalten ist: Immer mehr Menschen erreichen<br />

ein hohes Alter bei immer besserer<br />

körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit,<br />

und die Anzahl <strong>der</strong> Lebensjahre, die die Menschen<br />

in Gesundheit verbringen, wächst.<br />

Deutschland war in den letzten Jahrzehnten<br />

ein Land mit starken Wan<strong>der</strong>ungsgewinnen.<br />

Sie haben den Alterungsprozess abgemil<strong>der</strong>t<br />

und den Prozess des Bevölkerungsrückgangs<br />

verzögert. Nachdem in den Jahren 2008 und<br />

2009 erstmals mehr Menschen Deutschland<br />

verließen als zugezogen waren, gab es im<br />

Jahr 2010 wie<strong>der</strong> einen Wan<strong>der</strong>ungsüberschuss<br />

von rund 128.000 Personen, <strong>der</strong> dem<br />

Durchschnitt <strong>der</strong> Jahre 2000 bis 2007 entspricht.<br />

Bei <strong>der</strong> negativen Wan<strong>der</strong>ungsbilanz<br />

<strong>der</strong> Jahre 2008 und 2009 spielte allerdings<br />

die Bereinigung <strong>der</strong> Mel<strong>der</strong>egister in diesem<br />

Zeitraum eine erhebliche Rolle. Die<br />

demografischen Entwicklungen verlaufen regional<br />

sehr unterschiedlich. Neben den Regionen<br />

mit Bevölkerungsrückgang stehen<br />

Regionen mit Bevölkerungszuwächsen. Alterung<br />

findet hingegen in allen Regionen statt,<br />

wenn auch mit unterschiedlicher Dynamik. Es<br />

zeichnet sich jedoch ab, dass beson<strong>der</strong>s periphere<br />

ländliche Regionen von dem<br />

demografischen Wandel betroffen sein werden.<br />

Viele ostdeutsche Regionen waren bereits<br />

in den vergangenen Jahren mit einem<br />

deutlichen – durch die Binnenwan<strong>der</strong>ung<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

verstärkten – Rückgang <strong>der</strong> Bevölkerung und<br />

einer starken Alterung konfrontiert. Zunehmend<br />

sind auch ländliche und städtische Regionen<br />

in Westdeutschland von dieser<br />

Entwicklung betroffen.<br />

Zur Alterung und zum Rückgang <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

kommen zwei weitere demografisch<br />

bedeutsame Entwicklungen hinzu. Erstens<br />

haben sich die Lebens- und Familienformen<br />

in Deutschland in den letzten Jahrzehnten erheblich<br />

gewandelt und sind vielfältiger geworden.<br />

Zweitens ist die Heterogenität <strong>der</strong><br />

Bevölkerung bezogen auf die Herkunft <strong>der</strong><br />

Menschen gewachsen. Der Anteil <strong>der</strong> Einwohner<br />

mit Migrationshintergrund nimmt zu<br />

und liegt <strong>der</strong>zeit bei fast einem Fünftel <strong>der</strong><br />

Gesamtbevölkerung. Dieser Trend wird sich<br />

fortsetzen. Die Verschiebung im Altersaufbau<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung in Deutschland erweist sich<br />

dabei als eine größere Herausfor<strong>der</strong>ung als<br />

<strong>der</strong> langfristige Bevölkerungsrückgang. Der<br />

Prozess lässt sich durch ansteigende Geburtenzahlen<br />

o<strong>der</strong> durch eine verstärkte Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

jüngerer Menschen lediglich<br />

abmil<strong>der</strong>n, nicht aber stoppen. Das hängt<br />

damit zusammen, dass die demografische Alterung<br />

bereits im heutigen Altersaufbau <strong>der</strong><br />

Bevölkerung angelegt ist. Sie beschleunigt<br />

sich mit dem Älterwerden <strong>der</strong> geburtenstarken<br />

Jahrgänge <strong>der</strong> Babyboomer-Generation.<br />

Familie und Gesellschaft<br />

Die Familie ist für die demografische Entwicklung<br />

von zentraler Bedeutung. Die Mehrheit<br />

<strong>der</strong> in Deutschland lebenden Menschen<br />

räumt <strong>der</strong> Familie einen hohen Stellenwert<br />

ein. Die Familie ist <strong>der</strong> Lebensbereich, in dem<br />

Zuneigung, Verantwortung, Zusammenhalt<br />

und Solidarität eine beson<strong>der</strong>e Rolle spielen.<br />

Eine starke Familienorientierung ist in allen<br />

Altersgruppen vorzufinden, und die Familie<br />

nimmt unter den persönlichen Lebenszielen<br />

eine wesentliche Position ein. Die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> generationenübergreifenden familiären<br />

Beziehungen hat – oft über räumliche Trennungen<br />

hinweg – im Laufe <strong>der</strong> vergangenen<br />

Jahrzehnte zugenommen.<br />

Die Lebensentwürfe und das Geburtenverhalten<br />

haben sich in den letzten Jahrzehnten<br />

verän<strong>der</strong>t. Damit einher geht auch ein gewandeltes<br />

Verständnis davon, was Familie ist.<br />

Neben <strong>der</strong> klassischen Familienform des verheirateten<br />

Paares mit Kin<strong>der</strong>n, die immer<br />

noch die häufigste Form partnerschaftlichen<br />

Zusammenlebens ist, haben nichteheliche Lebensformen<br />

o<strong>der</strong> Alleinerziehende eine zunehmende<br />

Akzeptanz als Familie erfahren.<br />

Ziel <strong>der</strong> Familienpolitik ist es, Familien zu<br />

schützen und zu för<strong>der</strong>n. Dazu gehört es, Familien<br />

zu stabilisieren, Armutsrisiken zu re-<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

duzieren und Familien- und Berufsleben in<br />

Einklang zu bringen. Deutschland verfügt<br />

über eine Vielzahl von staatlichen Maßnahmen<br />

und Leistungen, die Familien in unterschiedlichen<br />

Lebenslagen und Lebensphasen<br />

unterstützen. Im Jahr 2008 betrugen die familienbezogenen<br />

Leistungen des Bundes<br />

114,8 Milliarden Euro, davon waren 24 Milliarden<br />

Euro Geldleistungen für Familien. Die<br />

Bundesregierung för<strong>der</strong>t Familien finanziell<br />

zum Beispiel mit dem Mutterschaftsgeld,<br />

dem Elterngeld und dem Kin<strong>der</strong>geld, in <strong>der</strong><br />

Sozialversicherung durch die Anerkennung<br />

von Erziehungsleistung, in <strong>der</strong> Rentenversicherung<br />

durch die beitragsfreie Mitversicherung<br />

von Ehegatten und Kin<strong>der</strong>n in <strong>der</strong><br />

Gesetzlichen Krankenversicherung. Familien<br />

mit geringem Einkommen stehen Kin<strong>der</strong>zuschlag<br />

und Wohngeld zur Verfügung.<br />

Wichtige Voraussetzung zur Entscheidung für<br />

Elternschaft ist es, dass sich Beruf und Familie<br />

besser miteinan<strong>der</strong> vereinbaren lassen. Nach<br />

wie vor sind es überwiegend die Frauen, die<br />

familiäre Aufgaben übernehmen und dies in<br />

Einklang mit einer Erwerbstätigkeit bringen<br />

müssen. Viele Frauen verzichten zugunsten<br />

ihrer Erwerbstätigkeit auf Kin<strong>der</strong>, und viele<br />

Mütter verzichten auf eine Erwerbstätigkeit<br />

o<strong>der</strong> schränken ihre Berufstätigkeit auf Dauer<br />

ein. Beides, berufliche Entwicklung und Familie,<br />

sind jedoch wichtige Lebensziele von<br />

Frauen. Zudem bietet die Erwerbstätigkeit<br />

den mehrheitlich gut ausgebildeten Frauen<br />

und Müttern die Chance, die wirtschaftliche<br />

Stabilität <strong>der</strong> Familien zu sichern. Ferner sind<br />

Frauen und Mütter eine wichtige Erwerbspersonengruppe<br />

auf dem Arbeitsmarkt, <strong>der</strong>en<br />

Potenzial noch unzureichend genutzt wird.<br />

Für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />

ist <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung eine<br />

8 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

wichtige Komponente. Neben frühkindlicher<br />

Betreuung sind vor allem auch flexiblere Betreuungsangebote,<br />

zum Beispiel Ganztagsbetreuung<br />

für Schulkin<strong>der</strong>, erfor<strong>der</strong>lich. Denn<br />

fast jede zweite Familie mit Schulkin<strong>der</strong>n hat<br />

Schwierigkeiten, Beruf und Familie in eine<br />

gute Balance zu bringen. Eine familienfreundliche<br />

Arbeitswelt trägt dem<br />

demografischen Wandel in doppelter Hinsicht<br />

Rechnung. Beschäftigte gewinnen dadurch<br />

mehr Zeit für ihre Familie, und die Rahmenbedingungen<br />

für die Familiengründung werden<br />

verbessert. Zugleich ist es für eine<br />

wirtschaftlich zukunftsfähige Gesellschaft<br />

unerlässlich, das Potenzial gut ausgebildeter<br />

Frauen und Mütter zu nutzen. Viele Unter-<br />

nehmen haben bereits erkannt, dass Angebote<br />

zur Vereinbarung von Familie und Beruf<br />

ein wichtiger Standortfaktor im Wettbewerb<br />

um die besten Arbeitskräfte sein können. Die<br />

Bundesregierung unterstützt beson<strong>der</strong>s den<br />

Ausbau <strong>der</strong> frühkindlichen Bildung und Betreuung,<br />

neue Wege zur Entwicklung familienfreundlicher<br />

Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

und eine familienbewusste Personalpolitik.<br />

Mit dem Anstieg <strong>der</strong> Lebenserwartung bei<br />

immer besserer Gesundheit verlängert sich<br />

die aktive Altersphase. Den Menschen in <strong>der</strong><br />

Nacherwerbsphase kommt <strong>der</strong> Zugewinn an<br />

Lebenszeit am stärksten zugute. Sie können<br />

und wollen sich mit ihren Potenzialen weitaus<br />

stärker für Familie, Nachbarschaft und<br />

Gesellschaft einbringen als bisher. Auf die Erfahrung<br />

und das Engagement <strong>der</strong> Älteren<br />

kann Deutschland nicht verzichten. Die verlängerte<br />

gemeinsame Lebenszeit <strong>der</strong> Generationen<br />

verän<strong>der</strong>t die Familienbeziehungen<br />

(Großeltern – Enkelkin<strong>der</strong>) und bietet neue<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Weiterbeschäftigung und<br />

des bürgerschaftlichen Engagements im<br />

Alter. In Regionen, die beson<strong>der</strong>s von Alterung<br />

und Bevölkerungsrückgang betroffen<br />

sind, kann das Engagement gerade <strong>der</strong> älteren<br />

Menschen dazu beitragen, wichtige Infrastrukturen<br />

zu erhalten. Doch nicht nur<br />

Ältere, son<strong>der</strong>n auch die Jüngeren wollen<br />

sich für die Gesellschaft engagieren. Damit<br />

die Menschen in Deutschland unabhängig<br />

von ihrem Alter ihren Wunsch nach bürgerschaftlichem<br />

Engagement umsetzen können,<br />

sind die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen<br />

weiter zu verbessern.<br />

Migration und Integration<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Menschen, die nach Deutschland<br />

ein- o<strong>der</strong> auswan<strong>der</strong>n, ist eine weitere<br />

Einflussgröße für die demografische Entwicklung.<br />

Nachdem in den Jahren 2008 und 2009<br />

mehr Menschen Deutschland verlassen<br />

haben als eingewan<strong>der</strong>t sind, gab es im Jahr<br />

2010 wie<strong>der</strong> mehr Zuzüge. Bei entsprechenden<br />

Rahmenbedingungen ist zu erwarten,<br />

dass sich <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>ungssaldo in den nächsten<br />

Jahren wie<strong>der</strong> zwischen jährlich 100.000<br />

und 200.000 Personen einpendeln wird.<br />

Während <strong>der</strong> Familiennachzug und auch <strong>der</strong><br />

Zuzug von Spätaussiedlern seit Jahren<br />

rückläufig sind, gibt es bei <strong>der</strong> Arbeitsmigration<br />

in einigen Bereichen eine verstärkte Zuwan<strong>der</strong>ung.<br />

So ist die Zahl <strong>der</strong> Zustimmungen<br />

zu einem Aufenthaltstitel für<br />

Akademiker sowie für leitende Angestellte<br />

und Spezialisten auf 13.477 im Jahr 2010 gestiegen.<br />

Deutschland benötigt in den kommenden<br />

Jahren voraussichtlich eine verstärkte Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

von Fachkräften und Hochqualifizierten,<br />

um negative Auswirkungen<br />

eines drohenden Fachkräftemangels auf Produktivität<br />

und Wachstum abzumil<strong>der</strong>n. Um<br />

die Attraktivität Deutschlands für<br />

Hochqualifizierte und Fachkräfte noch weiter<br />

zu steigern, wird die Bundesregierung bürokratische<br />

Hin<strong>der</strong>nisse für qualifizierte Arbeitnehmer<br />

abbauen und die Rahmenbedingungen<br />

für ihre Nie<strong>der</strong>lassungs- und<br />

Aufenthaltserlaubnis verbessern und prüfen,<br />

wie <strong>der</strong> Zugang von ausländischen Hoch -<br />

qualifizierten und Fachkräften zum deutschen<br />

Arbeitsmarkt noch systematischer an<br />

den Bedürfnissen des deutschen Arbeitsmarktes<br />

ausgerichtet und nach zusammenhängenden,<br />

klaren, transparenten und<br />

gewichteten Kriterien wie Bedarf, Quali -<br />

fizierung und Integrationsfähigkeit gestaltet<br />

werden kann. Wie viele Arbeitskräfte, differenziert<br />

nach Berufen und Quali fikationen, in<br />

einer bestimmten Region und Branche in<br />

Deutschland in Zukunft gebraucht werden,


ist nur schwer zu prognostizieren, da <strong>der</strong> Arbeitskräftebedarf<br />

unter an<strong>der</strong>em von <strong>der</strong><br />

konjunkturellen Entwicklung abhängig ist.<br />

Auch können nur in begrenztem Umfang differenzierte<br />

Aussagen über mögliche künftige<br />

Arbeitskräfteengpässe getroffen werden. Die<br />

dazu aktuell vorliegenden Projektionen und<br />

Einschätzungen variieren mitunter sehr stark.<br />

Derzeit wird ein Instrumentarium zur Feststellung<br />

des aktuellen und perspektivischen<br />

Arbeitskräfte-bedarfs nach Branchen, Regionen<br />

und Qualifikationen (Jobmonitor) mit<br />

Hilfe wissenschaftlicher Unterstützung entwickelt.<br />

Aus den Ergebnissen dieses Jobmonitors<br />

werden noch stärker zielgerichtete und<br />

bedarfsgerechte Maßnahmen abgeleitet werden<br />

können.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Fortzüge Deutscher hat sich seit<br />

den 70er-Jahren nahezu verdreifacht. Im Jahr<br />

2010 wurden 141.000 Fortzüge Deutscher registriert.<br />

Gleichzeitig wurden 115.000 Zuzüge<br />

von Deutschen nach Deutschland<br />

registriert, von denen <strong>der</strong> weit überwiegende<br />

Teil deutsche Rückkehrer sind. Die Abwan<strong>der</strong>ung<br />

ist vor dem Hintergrund einer fortschreitenden<br />

Globalisierung und zunehmen<strong>der</strong><br />

internationaler Verflechtungen zu sehen. Die<br />

Jedes Alter zählt<br />

Bereits in diesem und im nächsten Jahrzehnt<br />

wird die Bevölkerung in Deutschland deutlich<br />

altern und auch zurückgehen. Für fast alle<br />

Bereiche unseres Landes und unser Zusammenleben<br />

hat das erhebliche Folgen:<br />

Die längeren Lebensspannen werden die Biografien<br />

vielfältiger machen. Die Weitergabe<br />

von Erfahrung, <strong>der</strong> Austausch zwischen den<br />

Generationen, Betreuung und Pflegegewinnen<br />

an Gewicht. Die gewonnenen Jahre bieten<br />

zugleich Raum für neue Formen <strong>der</strong><br />

gegenseitigen Hilfe, Zusammenarbeit und Bestätigung.<br />

Es wird noch dringlicher, die Staatsfinanzen<br />

tragfähig zu halten und die<br />

Schutzkraft <strong>der</strong> sozialen Sicherungssysteme<br />

zu bewahren. Da die Bevölkerung im erwerbsfähigen<br />

Alter erheblich abnimmt, müssen wir<br />

das kostbarste Kapital Deutschlands – unser<br />

Wissen und Können – optimal einsetzen,<br />

wenn wir den Wohlstand sichern wollen.<br />

Aus dem demografischen Wandel ergeben<br />

sich große Aufgaben, aber auch Chancen. Vor<br />

diesem Hintergrund verfolgt die Bundesregierung<br />

mit ihrer Demografiestrategie drei übergreifende<br />

Ziele:<br />

Bundesregierung unterstützt vorübergehende<br />

Fortzüge ins Ausland zum Erwerb von<br />

Qualifikationen. Die dauerhafte Auswan<strong>der</strong>ung<br />

Deutscher wird hingegen häufig als Verlust<br />

empfunden. Daher setzt sich die<br />

Bundesregierung dafür ein, den bereits abgewan<strong>der</strong>ten<br />

eine Rückkehr in die Heimat zu erleichtern.<br />

Integrationspolitik zielt darauf ab,<br />

Zuwan<strong>der</strong>ern eine gleichberechtigte Teilhabe<br />

am wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen<br />

Leben in Deutschland zu ermöglichen<br />

und zugleich den sozialen<br />

Zusammenhalt zu stärken. Die staatlich geför<strong>der</strong>ten<br />

Integrationsmaßnahmen sind auf<br />

Chancengleichheit ausgerichtet, das heißt<br />

Schaffung <strong>der</strong> Bedingungen, die Teilhabe am<br />

wirtschaftlichen und sozialen Leben ermöglichen.<br />

Sie richten sich an alle Migranten mit<br />

rechtmäßigem Aufenthaltsstatus und Bleibeperspektive,<br />

unabhängig von ihrer nationalen,<br />

ethnischen o<strong>der</strong> religiösen Herkunft. Das im<br />

September 2010 veröffentlichte bundesweite<br />

Integrationsprogramm enthält eine Bestandsaufnahme<br />

<strong>der</strong> Integrationsangebote auf <strong>der</strong><br />

Ebene des Bundes, <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Kommunen<br />

und <strong>der</strong> freien Träger sowie Empfehlungen für<br />

<strong>der</strong>en Weiterentwicklung in den Handlungs-<br />

Die Demografiestrategie <strong>der</strong> Bundesregierung - Zusammenfassung<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Jedem Einzelnen entsprechend seiner<br />

Lebenssituation und seines Alters die<br />

Chance geben, seine Fähigkeiten zu entwickeln<br />

Wachstumsdynamik, Innovationskraft<br />

und Wohlstand erhalten.<br />

Den Zusammenhalts in unserem Land<br />

bewahren – zwischen Jungen und Alten,<br />

Gesunden und Kranken, Einheimischen<br />

und Zugewan<strong>der</strong>ten, aber auch zwischen<br />

Regionen, Städten und Dörfern.<br />

Im Mittelpunkt <strong>der</strong> Demografiestrategie stehen<br />

die Lebensbereiche, in denen die Menschen<br />

die Auswirkungen des demografischen<br />

Wandels ganz unmittelbar erfahren: Familie,<br />

Arbeit, Alter. Insgesamt umfasst die Strategie<br />

sechs Handlungsfel<strong>der</strong>, in denen die Bundesregierung<br />

jeweils ein Bündel von Maßnahmen<br />

auf den Weg bringt; Maßnahmen zur<br />

Gestaltung des demografischen Wandels, die<br />

längerfristig angelegt sind:<br />

1. Familie als Gemeinschaft stärken.<br />

Ein Ziel <strong>der</strong> Bundesregierung ist es, die Zeitsouveränität<br />

von Familien zu erhöhen, u.a.<br />

durch<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

fel<strong>der</strong>n sprachliche Integration, Bildung, Arbeit<br />

und gesellschaftliche Integration.<br />

Wichtigste bundespolitische Einzelmaßnahme<br />

ist <strong>der</strong> Integrationskurs als Grundangebot<br />

für alle bereits hier lebenden und neu<br />

zuwan<strong>der</strong>nden Migranten zur Vermittlung<br />

von Sprachkenntnissen und Alltagsorientierungswissen.<br />

Der Integrationskurs ist seit seiner<br />

Einführung durch das Zuwan -<br />

<strong>der</strong>ungs gesetz im Jahre 2005 auf gute Resonanz<br />

gestoßen. Bis Ende 2010 haben über<br />

900.000 Personen eine Berechtigung zur Teilnahme<br />

erhalten, fast 700.000 Personen<br />

haben bereits den Kurs begonnen und mehr<br />

als die Hälfte dieser Teilnehmer hat ihn mittlerweile<br />

erfolgreich abgeschlossen.<br />

Um bestehende Unterschiede zwischen Personen<br />

mit und ohne Migrationshintergrund<br />

in den Kern-bereichen <strong>der</strong> Integration zu verringern,<br />

ist es erfor<strong>der</strong>lich, dass in allen Politikbereichen<br />

das Thema Integration als<br />

Handlungspflicht verstanden wird und Zuwan<strong>der</strong>ung,<br />

wie nach dem Aufenthaltsgesetz<br />

vorgesehen, unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Aufnahme-<br />

und Integrationsfähigkeit sowie <strong>der</strong><br />

wirtschaft-lichen und arbeitsmarktpolitischen<br />

Interessen Deutschlands erfolgt.<br />

u eine flexiblere Elternzeit, die auch eine<br />

Großelterzeit umfassen soll,<br />

u die stärkere Nutzung von Lebensarbeitszeitkonten,<br />

um mehr Raum für Zeiten zu<br />

schaffen, in denen man Verantwortung in <strong>der</strong><br />

Familie übernehmen kann,<br />

u die Prüfung von Möglichkeiten, haushaltsnahe<br />

Dienstleistungen besser zu för<strong>der</strong>n.<br />

2. Motiviert, qualifiziert und gesund<br />

arbeiten.<br />

Die Bundesregierung will die Entwicklung<br />

einer Kultur des erfüllten längeren Arbeitslebens<br />

unterstützen – z. B: durch<br />

u eine gesundheitliche Präventionsstrategie<br />

mit betrieblichem Schwerpunkt,<br />

u den Aufbau regionaler Weiterbildungsallianzen,<br />

u Rahmenbedingungen, um die Verteilung<br />

<strong>der</strong> Arbeitszeit über den Lebenslauf und den<br />

Übergang in die Rente individueller gestalten<br />

zu können.<br />

3. Selbstbestimmtes Leben im Alter.<br />

Schwerpunkte sind hier u.a.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 9


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

u ein ressortübergreifendes Gesamtkonzept,<br />

um das Wissen und die Lebenserfahrung<br />

<strong>der</strong> Älteren besser zu aktivieren sowie<br />

ein langes, selbstbestimmtes Leben in <strong>der</strong> gewohnten<br />

Umgebung zu ermöglichen.<br />

u <strong>der</strong> Aufbau einer Nationalen Allianz für<br />

Menschen mit Demenz einschließlich <strong>der</strong> Unterstützung<br />

von Hilfenetzwerken vor Ort<br />

4. Lebensqualität in ländlichen Räumen<br />

und integrative Stadtpolitik.<br />

Zwei wichtige Maßnahmen sind<br />

u die Entwicklung eines nationalen Koordinierungsrahmens<br />

für die För<strong>der</strong>instrumente<br />

<strong>der</strong> EU, des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, um Regionen,<br />

die beson<strong>der</strong>s vom demografischen<br />

Wandel betroffen sind, gezielter zu unterstützen.<br />

u die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Breitbandstrategie,<br />

um bis 2018 eine flächendeckende Versorgung<br />

mit 50 MBit/s zu erreichen.<br />

5. Grundlagen für nachhaltiges Wachstum<br />

und Wohlstand sichern.<br />

Dazu wird die Bundesregierung u. a.<br />

u vorrangig die Bildungspotentiale in allen<br />

Lebensphasen för<strong>der</strong>n,<br />

u ihr Fachkräftekonzept jährlich überprüfen<br />

und weiterentwickeln,<br />

u mit einem Maßnahmenbündel dazu beitragen,<br />

dass in Deutschland eine echte Willkommenskultur<br />

entsteht und sich die<br />

10 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Potentiale des europäischen Arbeitsmarktes<br />

besser nutzen lassen,<br />

u systematisch eine Grün<strong>der</strong>kultur und<br />

damit die Bereitschaft von Menschen stärken,<br />

unternehmerisch tätig zu werden.<br />

6. Handlungsfähigkeit des Staates erhalten.<br />

Als zentrale Bestandteile <strong>der</strong> Demografiestrategie<br />

wird die Bundesregierung<br />

u auch im Hinblick auf kommende Generationen<br />

die Schuldenregel umsetzen und die<br />

öffentlichen Haushalte und Sozialversicherungen<br />

weiter konsolidieren,<br />

u die Attraktivität<br />

des öffentlichen<br />

Dienstes steigern und<br />

ihn zum Vorreiter für<br />

eine familienfreundliche<br />

und altersgerechte<br />

Personalpolitik<br />

machen.<br />

Die Gestaltung des<br />

demografischen Wandels<br />

kann nur gelingen,<br />

wenn sich daran<br />

alle staatlichen Ebenen,gesellschaftlichen<br />

Akteure sowie<br />

die Bürgerinnen und<br />

Bürger beteiligen.<br />

Die Strategie beschreibt<br />

deshalb auch<br />

die Fel<strong>der</strong>, in denen die Bundesregierung mit<br />

Län<strong>der</strong>n und Kommunen, Verbänden, Sozialpartnern<br />

und an<strong>der</strong>en Organisationen <strong>der</strong> Zivilgesellschaft<br />

gemeinsame Antworten<br />

entwickeln und umsetzen will.<br />

Die Bundesregierung hat den Dialogprozess<br />

am 24 April 2012 mit einer Demografietagung<br />

im Kanzleramt angestoßen. Im Herbst<br />

sollen bei einem Demografiegipfel die konkreten<br />

Ziele und Arbeitsstrukturen für die Zusammenarbeit<br />

vereinbart werden.<br />

Zahlreiche Informationen zur Demografiestrategie<br />

finden Sie auf <strong>der</strong><br />

Themenseite<br />

www.jedes-alter-zählt.de.<br />

ProCurand, um sich<br />

im Alter sicher und gut<br />

versorgt zu fühlen<br />

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Seniorenzentrum „Haus von Leveling“<br />

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Das Alter hat Zukunft<br />

I. Ziele <strong>der</strong> Forschungsagenda<br />

Der demografische Wandel verän<strong>der</strong>t unser<br />

Land. Die durchschnittliche Lebenserwartung<br />

in Deutschland ist heute so hoch wie nie<br />

zuvor – und sie wird voraussichtlich noch<br />

weiter steigen. Zugleich sinkt die Bevölkerungszahl<br />

aufgrund einer anhaltend niedrigen<br />

Geburtenrate. Die Folge ist ein deutlicher<br />

Wandel in <strong>der</strong> Altersstruktur unseres Landes.<br />

Laut Prognose des Statistischen Bundesamtes<br />

wird im Jahr 2030 etwa die Hälfte <strong>der</strong><br />

Menschen hierzulande über 50 und fast jede<br />

dritte Person älter als 65 Jahre sein.<br />

Fragen bündeln<br />

Die Bundesregierung fasst mit <strong>der</strong> vorliegenden<br />

Agenda relevante Fragestellungen <strong>der</strong><br />

Forschung zum demografischen Wandel zusammen<br />

und zeigt wichtige Handlungsfel<strong>der</strong><br />

auf. Im Fokus stehen ältere Menschen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

diejenigen, die sich in den letzten<br />

Jahren ihres Berufslebens befinden o<strong>der</strong> bereits<br />

aus dem Berufsleben ausgeschieden<br />

sind. Dabei nehmen wir auch übergreifende<br />

gesellschaftliche Fragestellungen und Auswirkungen<br />

auf die Gesellschaft in den Blick.<br />

Ältere Menschen sind heute meist besser<br />

ausgebildet, leistungsfähiger und vitaler als<br />

noch vor wenigen Jahrzehnten. Ein steigen<strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Seniorinnen und Senioren kann<br />

und will bis ins hohe Alter aktiv am gesellschaftlichen<br />

Leben teilnehmen. Individuelle<br />

Lebensstile und vielfältige Lebensentwürfe<br />

ersetzen das überkommene, eher negativ besetzte<br />

Altersbild. Dies ist unlängst auch vom<br />

Sechsten Altenbericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

unterstrichen worden.<br />

Forschung ressortübergreifend und<br />

interdisziplinär ausrichten<br />

Mit den in dieser Forschungsagenda formulierten<br />

Maßnahmen setzt sich die Bundesregierung<br />

dafür ein, die wertvollen Potenziale<br />

des Alters zu erhalten, zu nutzen und zu vervielfältigen<br />

und zugleich die Lebensqualität<br />

im Alter zu för<strong>der</strong>n. Hiervon profitieren nicht<br />

nur die älteren Menschen selbst, son<strong>der</strong>n alle<br />

Generationen. Die Bundesregierung richtet<br />

die Forschungsprogramme konsequent auf<br />

die Herausfor<strong>der</strong>ungen und Potenziale einer<br />

Gesellschaft des längeren Lebens aus:<br />

•<br />

Wir haben bereits im Rahmenprogramm<br />

„Gesundheitsforschung“ einen Schwerpunkt<br />

auf die Verbesserung <strong>der</strong> Prävention,<br />

Diagnose und Therapie von<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Krankheiten gelegt, die beson<strong>der</strong>s im<br />

Alter auftreten.<br />

Wir richten ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk<br />

auf demenzielle Erkrankungen sowie auf<br />

die Unterstützung von Pflegebedürftigen<br />

und die Entlastung von Pflegenden. Zum<br />

Beispiel mit einer Zukunftswerkstatt zum<br />

Thema Demenz und dem „Modellprogramm<br />

zur Verbesserung <strong>der</strong> Versorgung<br />

Pflegebedürftiger“ greift das zuständige<br />

Fachministerium diese Fragen konkret<br />

auf.<br />

Wir beachten auch die Rolle von Ange-<br />

hörigen in <strong>der</strong> Pflege, indem wir Maßnahmen<br />

zu ihrer Entlastung und<br />

Unterstützung weiterentwickeln, zum<br />

Beispiel im Projekt „Potenziale und Risiken<br />

in <strong>der</strong> familialen Pflege alter Menschen“.<br />

Wir richten das Programm „Informati-<br />

ons- und Kommunikationstechnologien<br />

2020“ entsprechend aus: Geför<strong>der</strong>t werden<br />

die Entwicklung von Mobilitätsund<br />

Kommunikationstechnologien, die<br />

die gesellschaftliche Teilhabe älterer<br />

Menschen unterstützen, sowie Innovationen,<br />

mit denen Wohn- und Lebensräume<br />

altersgerecht gestaltet werden.<br />

Wir för<strong>der</strong>n die Entwicklung neuartiger<br />

Lösungen zur Anpassung kommunaler<br />

und sozialer Infrastrukturen. In Forschungsprojekten<br />

und Modellversuchen<br />

werden die Themen öffentlicher Personenverkehr,<br />

Planung und Bau von Verkehrsinfrastruktur,<br />

Mobilitätssicherung im<br />

Alter und Verkehrssicherheit adressiert.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 11


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

•<br />

•<br />

Wir werden die Forschungsprogramme<br />

zum lebenslangen Lernen, zur Arbeitsplatzgestaltung,<br />

zu Produktionstechnologien<br />

und zu innovativen Dienst -<br />

leistungen so weiterentwickeln, dass ältere<br />

Menschen künftig ihr Wissen und<br />

ihre Erfahrungen noch besser und länger<br />

in die Gesellschaft einbringen können –<br />

sei es beruflich, privat o<strong>der</strong> im Ehrenamt.<br />

Wir werden im Rahmenprogramm<br />

„Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften“<br />

verstärkt die Beschäftigung<br />

mit den Grundsatzfragen einer<br />

älter werdenden Gesellschaft för<strong>der</strong>n.<br />

Mit diesen Forschungsaktivitäten führen wir<br />

die relevanten wissenschaftlichen Disziplinen<br />

zusammen und rücken diejenigen Handlungsfel<strong>der</strong><br />

in den Mittelpunkt, die für ältere<br />

Menschen von beson<strong>der</strong>er Bedeutung sind:<br />

Mobilität und Kommunikation, längere Beschäftigungsfähigkeit,<br />

Wohnen, Gesundheit<br />

und Plege sowie gesellschaftliches und kulturelles<br />

Engagement.<br />

II. Schwerpunkte <strong>der</strong><br />

Forschungsagenda<br />

Forschungsfeld 1:<br />

Grundsatzfragen einer Gesellschaft<br />

des längeren Lebens<br />

Forschung, die darauf abzielt, Konzepte, Modelle<br />

und Lösungen für eine Gesellschaft des<br />

längeren Lebens zu finden, muss sich an <strong>der</strong><br />

Frage orientieren, in welcher Gesellschaft wir<br />

künftig leben wollen. Der geistes- und sozialwissenschaftlichen<br />

Forschung kommt bei<br />

dem gesellschaftlichen Verständigungsprozess<br />

über diese Frage eine tragende Rolle zu.<br />

Die Wissensbasis ausbauen<br />

Basis für die erfolgreiche Gestaltung einer<br />

älter werdenden Gesellschaft ist das Wissen<br />

um die weitere demografische Entwicklung.<br />

Die Bundesregierung wird daher auch künftig<br />

die Erforschung <strong>der</strong> Ursachen und Konsequenzen<br />

des demografischen Wandels för<strong>der</strong>n.<br />

Die Weiterentwicklung geeigneter<br />

Methoden, <strong>der</strong> Ausbau hierfür erfor<strong>der</strong>licher<br />

statistischer Systeme, <strong>der</strong> interdisziplinäre<br />

Austausch, die internationale Vernetzung und<br />

<strong>der</strong> Wissens- und Technologietransfer in die<br />

Praxis stehen dabei im Mittelpunkt.<br />

Ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk richten wir auf<br />

die Lebenssituation älterer Menschen, einschließlich<br />

<strong>der</strong> schnell wachsenden Gruppe<br />

<strong>der</strong> Hochbetagten. Wichtig sind auch geschlechterspezifische<br />

Analysen, um beste-<br />

12 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

hende und sich abzeichnende<br />

Ungleichheiten in<br />

<strong>der</strong> Lebenssituation von<br />

Seniorinnen und Senioren<br />

zu ermitteln und<br />

auszugleichen. Auf<br />

Grundlage dieser Erkenntnissewerden<br />

wir die<br />

bereits ergriffenen<br />

Maßnahmen<br />

zur Gestaltung des<br />

demografischen<br />

Wandels anpassen<br />

und ergänzen.<br />

Ein realistisches<br />

Bild<br />

vom Alter<br />

etablieren<br />

Viele Menschen fürchten das<br />

Alter und eine Gesellschaft, in<br />

<strong>der</strong> immer mehr Ältere immer<br />

weniger Jüngeren gegenüberstehen.<br />

Allzu leicht rücken jedoch<br />

bei einer solchen<br />

Betrachtungsweise die Probleme<br />

in den Vor<strong>der</strong>grund und<br />

verstellen den Blick auf die<br />

Chancen. Die Bundesregierung<br />

unterstützt daher die Forschung über die kulturellen<br />

Rahmenbedingungen von Altersbil<strong>der</strong>n<br />

und zur Schaffung und Verbreitung<br />

realistischer Altersbil<strong>der</strong>. Damit wollen wir<br />

ein Umdenken anstoßen und ein differenziertes<br />

Bild vom Alter und einer Gesellschaft des<br />

längeren Lebens zeichnen – weg von Klischees<br />

und Stereotypen. Von Bedeutung sind<br />

dabei auch die Auswirkungen von Än<strong>der</strong>ungen<br />

gesetzlicher Rahmenbedingungen etwa<br />

durch die Formulierung eines gesetzlichen<br />

Verbots von Altersdiskriminierung. Es gilt,<br />

Vorurteile ab- zubauen, sich dem Thema Alter<br />

unbefangen zu nähern und anzuerkennen,<br />

dass eine älter werdende Gesellschaft an<strong>der</strong>s<br />

strukturiert sein wird als die heutige. Dies eröffnet<br />

jedoch neue Perspektiven und Chancen<br />

– in sozialer, kultureller und individueller<br />

Hinsicht.<br />

Generationenkonflikte erkennen<br />

und entschärfen<br />

Eine Gesellschaft des längeren Lebens muss<br />

sich auch <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Verteilung von<br />

Lasten und Ressourcen stellen. Wir unterstützen<br />

daher die vorsorgliche Erforschung des<br />

Selbstverständnisses <strong>der</strong> Generationen und<br />

<strong>der</strong> Rollen, die sie jeweils für sich beanspru-<br />

chen und einnehmen.<br />

Damit för<strong>der</strong>n<br />

wir<br />

nachhaltige Lösungsansätze<br />

für Gerechtigkeit und Solidarität<br />

zwischen den Generationen. Zusätzlich<br />

zur elementaren Frage nach materieller Absicherung<br />

geht es uns auch um die Entwicklung<br />

einer Kultur <strong>der</strong> gegenseitigen und<br />

generationenübergreifenden Wertschätzung.<br />

Eine solche Kultur soll die Potenziale einer<br />

jeden Generation sichtbar machen und dabei<br />

vor allem den Blick auf die Beiträge älterer<br />

Menschen für Familie und Gesellschaft richten,<br />

die allzu oft als selbstverständlich angesehen<br />

werden.<br />

Akzeptanz technologischer<br />

Lösungen bedenken<br />

Bei <strong>der</strong> Entwicklung und dem Einsatz von<br />

technologischen Lösungen müssen auch<br />

ethische, rechtliche und soziale Gesichtspunkte<br />

von vornherein bedacht und berücksichtigt<br />

werden – insbeson<strong>der</strong>e dort, wo<br />

Technologien beispielsweise neuartige Assistenzfunktionen<br />

für den Menschen übernehmen.<br />

Die Bundesregierung wird daher<br />

bei allen ihren Maßnahmen auch die Forschung<br />

zur Akzeptanz und zu den Akzeptabilitätsbedingungen<br />

neuer technologischer<br />

Anwendungen für eine Gesellschaft des längeren<br />

Lebens unterstützen.


Forschungsfeld 2:<br />

Kompetenzen und Erfahrungen<br />

älterer Menschen für<br />

Wirtschaft und Gesellschaft<br />

nutzen<br />

Möglichst lange die eigenen Erfahrungen,<br />

Zeit und Kraft in eine sinnvolle Tätigkeit<br />

einzubringen, ist befriedigend<br />

für den Einzelnen und eine wertvolle<br />

Ressource für die gesamte Gesellschaft.<br />

Zwar lassen Reaktionsgeschwindigkeit<br />

und körperliche<br />

Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter<br />

meist nach, mögliche Defizite werden aber<br />

durch eine hohe soziale und fachliche Kompetenz<br />

sowie den kontinuierlichen Aufbau<br />

eines breiten Wissens- und Erfahrungsschatzes<br />

entlang <strong>der</strong> Bildungs- und Erwerbsbiografie<br />

ausgeglichen.<br />

Dies bedeutet eine große Chance für die Wissensgesellschaft,<br />

die nicht nur auf die Vermehrung<br />

von Erkenntnissen, son<strong>der</strong>n auch<br />

auf die Einordnung und Bewertung dieser Erkenntnisse<br />

angewiesen ist. Durch den engagierten<br />

Einsatz erfahrener Arbeitskräfte kann<br />

möglichen Produktivitätsverlusten und einem<br />

demografisch bedingten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts<br />

entgegengewirkt werden.<br />

Hier gilt es zudem, die Beschäftigungspotenziale<br />

von erwerbslosen älteren Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmern zu aktivieren.<br />

Die Bundesregierung verstärkt ihre Forschungs-<br />

und Entwicklungsmaßnahmen zur<br />

Nutzung des Wissens und einer höheren Erwerbsbeteiligung<br />

älterer Menschen, damit<br />

die spezifischen, oftmals brach liegenden Potenziale<br />

noch besser genutzt werden können<br />

– ob beruflich, privat o<strong>der</strong> im Ehrenamt. So<br />

werden wir Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit<br />

und Fortschritt auch in einer älter<br />

w e r d e n d e n<br />

Gesellschaft erhalten<br />

und<br />

sogar ausbauen.<br />

Kompetenzen<br />

erhalten, för<strong>der</strong>n<br />

und erweitern<br />

Ältere Menschen<br />

lernen an<strong>der</strong>s als<br />

junge. Das<br />

menschliche Gehirn<br />

benötigt<br />

daher altersspezifische<br />

Stimuli<br />

für das Lernen<br />

einerseits aber<br />

auch für die Erhaltung<br />

und<br />

Entwicklung <strong>der</strong><br />

Beschäftigungsfähigkeitan<strong>der</strong>erseits.<br />

Wir treiben<br />

die Erforschung<br />

des lebenslangen<br />

Lernens voran<br />

und för<strong>der</strong>n die<br />

Entwicklung altersspezifischer<br />

Konzepte, die sich an<br />

den individuellen Bedürfnissen<br />

und Fähigkeiten orientieren. Dazu gehören<br />

die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Medienkompetenz und<br />

die Nutzung elektronischer Lernsysteme, um<br />

maßgeschnei<strong>der</strong>te und nachhaltige Lernprozesse<br />

zu ermöglichen. So tragen wir dazu bei,<br />

dass Menschen auf ihrem gesamten aktiven<br />

Lebensweg im Betrieb, Ehrenamt o<strong>der</strong> auf<br />

freischaffen<strong>der</strong> Basis ihre Kompetenzen nicht<br />

nur erhalten, son<strong>der</strong>n auch anpassen, erneuern<br />

und erweitern können. Dabei werden wir<br />

auch untersuchen, wie ein über den Beruf hinausgehendes,<br />

bürgerschaftliches Engagement<br />

gestärkt und gestaltet werden kann.<br />

Die Vorteile altersgemischter Teams<br />

nutzen<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen,<br />

dass aus unterschiedlichen Altersstrukturen<br />

zusammengesetzte Teams ein Erfolgsfaktor<br />

im Wettbewerb sein können. Alle Beteiligten<br />

können voneinan<strong>der</strong> lernen und profitieren.<br />

Die Erforschung des effizienten Zusammenwirkens<br />

von Gruppen unterstützt insbeson<strong>der</strong>e<br />

auch kleine und mittlere Unternehmen<br />

dabei, Belegschaften und jedes einzelne<br />

Teammitglied in generationenübergreifenden<br />

Gruppen optimal einzusetzen. Zusammen mit<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

<strong>der</strong> Entwicklung von flexiblen Modellen für<br />

ein weiter verbessertes Gesundheitsmanagement<br />

sichert dies die Wirtschaftlichkeit und<br />

Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong> Unternehmen, unterstützt<br />

<strong>der</strong>en Ausbau und führt zu mehr Zufriedenheit<br />

bei Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmern.<br />

Arbeitsmodelle und Personalgewinnung<br />

überdenken<br />

Um die Integration älterer Menschen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

auch erwerbsloser Älterer, und ihrer<br />

Kompetenzen in Arbeitsprozesse zu unterstützen,<br />

för<strong>der</strong>n wir eine alterssensible und<br />

geschlechterdifferenzierte Personalpolitik.<br />

Gemeinsam mit Unternehmen entwickeln wir<br />

mo<strong>der</strong>ne Konzepte für die Personalgewinnung,<br />

das Talentmanagement und die Betriebsorganisation<br />

sowie wegweisende<br />

Arbeitszeitmodelle. Mit diesen Maßnahmen<br />

werden unterschiedliche Bildungs- und Erwerbsbiografien<br />

sowie Kompetenzprofile<br />

auch alters- und geschlechtsspezifisch berücksichtigt<br />

und in einem ganzheitlichen<br />

Konzept integriert. Mit einem demografieorientierten<br />

Personalmanagement, das alle Altersstufen<br />

berücksichtigt, kann eine<br />

Gesellschaft des längeren Lebens ihre unternehmerische<br />

Innovationsfähigkeit erhalten<br />

und eine höhere Erwerbsbeteiligung Älterer<br />

unterstützen.<br />

Individuelle Fähigkeiten gezielter<br />

nutzen<br />

Um vorhandene Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

im Berufsalltag zu unterstützen, för<strong>der</strong>t die<br />

Bundesregierung die Entwicklung von technischen<br />

Assistenzsystemen, die insbeson<strong>der</strong>e<br />

ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei<br />

ihren Aufgaben unterstützen. Diese Systeme<br />

sind als „Fähigkeitsverstärker“ zu verstehen,<br />

welche die körperlichen Fertigkeiten o<strong>der</strong> das<br />

Wissenspotenzial von Arbeitnehmerinnen<br />

und -nehmern individuell ergänzen. Wir wollen,<br />

dass Wissen und Fertigkeiten zum Wohle<br />

des einzelnen Menschen und auch für den<br />

gesamtgesellschaftlichen Produktionsprozess<br />

gezielt ausgebaut werden.<br />

Forschungsfeld 3:<br />

Älter werden bei guter Gesundheit<br />

Dank verbesserter Lebensbedingungen und<br />

guter medizinischer Versorgung sind wir dem<br />

Menschheitstraum eines langen, gesunden<br />

Lebens heute näher denn je. Je<strong>der</strong> Mensch<br />

will möglichst lange in guter Gesundheit<br />

leben und den Eintritt von Krankheiten so<br />

weit wie möglich hinauszögern. Mit dem An-<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 13


Bild: Petra Bork / pixelio.de<br />

14 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

stieg <strong>der</strong> Lebenserwartung erhöht sich jedoch<br />

auch die Zahl <strong>der</strong> Menschen, die an im Alter<br />

vermehrt auftretenden Krankheiten leiden.<br />

Dazu gehören vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen,<br />

muskoskelettale und Krebserkrankungen<br />

sowie Diabetes mellitus,<br />

Demenzen und Depressionen. Häufig liegen<br />

auch mehrere Erkrankungen gleichzeitig vor.<br />

Daher liegt einer <strong>der</strong> zentralen Schwerpunkte<br />

des „Rahmenprogramms Gesundheitsforschung“,<br />

das die Bundesregierung im Dezember<br />

2010 verabschiedet hat, auf <strong>der</strong><br />

Verbesserung <strong>der</strong> gesundheitlichen Versorgung<br />

älterer Menschen.<br />

Die Grundlagen des Alterns erforschen<br />

Der Alterungsprozess und das Auftreten von<br />

Krankheiten im Alter werden durch ein komplexes<br />

Zusammenspiel von persönlichen Anlagen,<br />

<strong>der</strong> Umwelt und dem Lebensstil<br />

beeinflusst. Auch <strong>der</strong> sozioökonomische Status,<br />

soziale Stressfaktoren, <strong>der</strong> Familienstand<br />

und das Wohnumfeld gelten als Einflussgrößen.<br />

Um die Gesundheit zu för<strong>der</strong>n und möglichst<br />

lange zu erhalten, unterstützt die<br />

Bundesregierung die weiterführende lebenswissenschaftliche<br />

Grundlagenforschung zu<br />

den Mechanismen des Alterns. Ziel ist die<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Diagnose, Therapie und<br />

Prävention <strong>der</strong> im Alter relevanten Beeinträchtigungen<br />

und Krankheiten.<br />

Gesundheit för<strong>der</strong>n und Krankheiten<br />

vorbeugen<br />

Untersuchungen zeigen, dass Prävention und<br />

Gesundheitsför<strong>der</strong>ung in jedem Lebensalter<br />

sinnvoll und effektiv sind. Die Bundesregierung<br />

för<strong>der</strong>t daher die Entwicklung, Erprobung<br />

und Evaluation neuer<br />

Präventionsmaßnahmen wie auch die Verbesserung<br />

bestehen<strong>der</strong> Gesundheitsangebote für<br />

ältere Menschen. Ziel ist es, die individuelle<br />

Eigenverantwortung zu steigern, Erwerbsmin<strong>der</strong>ungen<br />

zu vermeiden, die Zahl <strong>der</strong> Pflegebedürftigen<br />

zu verringern, körperliche wie<br />

kognitive Fähigkeiten zu erhalten und dadurch<br />

die Lebensqualität bis ins hohe Alter zu<br />

verbessern. Hierbei för<strong>der</strong>n wir auch die Ernährungsforschung<br />

und entwickeln Lösungsansätze<br />

für altersspezifische Symptome, etwa<br />

das mit zunehmendem Alter verän<strong>der</strong>te Appetit-<br />

und Durstempfinden und die damit verbundenen<br />

Mangelerscheinungen.<br />

Diagnose- und Therapieansätze<br />

verbessern<br />

Im „Rahmenprogramm Gesundheitsforschung“<br />

för<strong>der</strong>t die Bundesregierung die Ent-<br />

wicklung innovativer Medizinprodukte und<br />

Behandlungsansätze für spezifische Beeinträchtigungen<br />

und Krankheiten im Alter.<br />

Dabei achten wir beson<strong>der</strong>s auf Mehrfacherkrankungen<br />

und Wechselwirkungen von Medikamenten.<br />

Hilfreich sind beispielsweise<br />

hochauflösende bildgebende Verfahren, die<br />

eine frühzeitige und genaue Diagnose ermöglichen.<br />

Mit intelligenten Implantaten, die<br />

etwa individuell und automatisch Wirkstoffe<br />

dosieren, mit neuen Arzneimitteln und minimalinvasiven<br />

Methoden werden zielgerichtete<br />

und weniger belastende Therapien<br />

möglich.<br />

Auch mit <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> individualisierten<br />

Medizin tragen wir zu einer besseren Behandlung<br />

altersspezifischer Erkrankungen<br />

bei. Mobile Diagnostik- und telemedizinische<br />

Unterstützungssysteme bieten älteren Patientinnen<br />

und Patienten die Möglichkeit einer<br />

komfortableren Gesundheitsversorgung im<br />

häuslichen Umfeld. Dies ist beson<strong>der</strong>s im<br />

ländlichen Raum wichtig. Um den Transfer<br />

von Wissen und Technologie in die Praxis zu<br />

beschleunigen und effektiver zu gestalten,<br />

för<strong>der</strong>n wir die Einbindung forschungsintensiver<br />

Unternehmen in interdisziplinäre Netzwerke,<br />

wie etwa in <strong>der</strong> medizinischen<br />

Biotechnologie.<br />

Funktionen unterstützen und positiv<br />

stimulieren<br />

Wir unterstützen die Entwicklung technischer<br />

Assistenzsysteme, die Funktionsverluste detektieren<br />

und helfen, diese zu kompensieren.<br />

Sensoren können beispielsweise mit Hilfe<br />

einer Analyse von Bewegungsmustern erkennen,<br />

ob eine Person zu stürzen droht, und stabilisierende<br />

Handlungen zur Sturzvermeidung<br />

anregen. Auch bei <strong>der</strong> häuslichen Rehabilitation<br />

können technische Assistenzsysteme eine<br />

wichtige Rolle spielen, zum Beispiel physiotherapeutische<br />

Trainingssysteme bei Schlaganfallpatientinnen<br />

und -patienten. Durch<br />

gezielte Stimulation <strong>der</strong> betroffenen Gliedmaßen<br />

kann die Bewegungsfähigkeit oftmals<br />

deutlich verbessert und die Mobilität wie<strong>der</strong><br />

hergestellt werden. Darüber hinaus för<strong>der</strong>n<br />

wir die Entwicklung von Lösungen, die zu<br />

einer besseren Vernetzung älterer Menschen<br />

und ihrer Angehörigen mit den behandelnden<br />

Ärztinnen und Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern<br />

beitragen.<br />

Evidenzbasierte<br />

Gesundheitsversorgung<br />

Je<strong>der</strong> kranke Mensch soll eine sichere und<br />

wirksame Therapie erhalten. Dabei steht das<br />

Gesundheitssystem vor <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung,


die altersgerechte Versorgung medizinisch<br />

und organisatorisch zu verbessern, gleichzeitig<br />

aber die Ausgaben zu begrenzen. Die Bundesregierung<br />

treibt die Versorgungsforschung<br />

voran und stellt sicher, dass sowohl<br />

neue als auch etablierte Verfahren auf<br />

ihre Wirksamkeit hin geprüft werden, um<br />

sinnvolle und wirksame Maßnahmen gezielt<br />

anzuwenden. Die Kosten-Nutzen-Relation<br />

von Behandlungen wird in klinischen Studien<br />

und vor allem im Versorgungsalltag dokumentiert.<br />

Alle Aktivitäten zielen auf den Erhalt<br />

einer nachhaltigen Exzellenz im<br />

Gesundheitssystem.<br />

Forschungsfeld 4:<br />

Gesellschaftliche Teilhabe: Mobil und<br />

in Verbindung bleiben<br />

Mobilität darf keine Frage des Alters sein. In<br />

jedem Lebensalter wollen sich Menschen<br />

möglichst frei, sicher und autark in ihrer Umgebung<br />

bewegen – auch wenn sie möglicherweise<br />

körperlich beeinträchtigt sind.<br />

Genauso wichtig wie <strong>der</strong> Zugang zu lebenswichtigen<br />

Einrichtungen sind Kontakt und<br />

Austausch mit den Mitmenschen. Mit neuen<br />

Lösungen für mehr Mobilität schafft die Bundesregierung<br />

dafür die Voraussetzungen. In<br />

Kombination mit mo<strong>der</strong>nen Informationsund<br />

Kommunikationstechnologien erreichen<br />

wir so, dass Menschen sich auch im Alter mitten<br />

im Leben bewegen und ihre Erfahrungen,<br />

Kenntnisse und Wünsche in die Gesellschaft<br />

einbringen können. Dabei för<strong>der</strong>n wir auch<br />

die Entwicklung entsprechen<strong>der</strong> Geschäftsmodelle<br />

und sorgen mit geeigneten Maßnahmen<br />

dafür, dass ältere Menschen mit den<br />

neuen technischen Möglichkeiten souverän<br />

umgehen und sie optimal nutzen können.<br />

Dies gilt auch im Hinblick auf ein selbstbestimmtes<br />

Handeln als Verbraucher angesichts<br />

neuer Geschäftsformen in <strong>der</strong> digitalen Welt,<br />

neuer Angebote und neuer Märkte, zum Beispiel<br />

in Bereichen wie Telekommunikation<br />

o<strong>der</strong> Gesundheit und Pflege.<br />

Mobil in <strong>der</strong> Stadt<br />

Wer das Leben eigenständig gestalten will,<br />

braucht Bewegungsspielraum – ob zu Fuß,<br />

beim Radfahren, im öffentlichen Personennahverkehr<br />

o<strong>der</strong> im Auto. In vielen Städten<br />

und Gemeinden fällt es älteren Menschen jedoch<br />

oft schwer, barrierefrei und selbstständig<br />

einzukaufen, zur Arztpraxis o<strong>der</strong> zum<br />

Restaurant zu gelangen. Wir stärken diese im<br />

Alltag so wichtige Mobilität im persönlichen<br />

Umfeld, indem wir bei <strong>der</strong> Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> Verkehrsinfrastruktur ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk<br />

auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> älteren Ge-<br />

neration legen. Dabei untersuchen wir, wie<br />

die Verkehrssicherheit, aber auch die Orientierungs-<br />

und Fortbewegungsfähigkeit von<br />

älteren Menschen mit Hightech-Hilfen unterstützt<br />

werden können, zum Beispiel durch<br />

technische Begleit- und Führsysteme o<strong>der</strong><br />

personalisierte Navigationssysteme. Unser<br />

Ziel sind intelligente und barrierefreie Mobilitätsangebote<br />

und -infrastrukturen, die auf<br />

die spezifischen Bedürfnisse älterer Menschen<br />

zugeschnitten, leistungsfähig und bezahlbar<br />

sind.<br />

Komfortabel und sicher im Auto<br />

Die Fahrtüchtigkeit nimmt mit fortschreitendem<br />

Alter oft ab. Wir wollen, dass ältere<br />

Menschen sich weiterhin sicher im Straßenverkehr<br />

bewegen können. Assistenzsysteme<br />

im Auto können helfen, körperliche Unzulänglichkeiten<br />

und das mangelnde Vertrauen<br />

in die eigenen Fahrkünste zu kompensieren.<br />

Deshalb för<strong>der</strong>n wir die Weiterentwicklung<br />

unterstützen<strong>der</strong> Technologien in diesen Bereichen,<br />

um sie speziell an die Erfor<strong>der</strong>nisse<br />

von Seniorinnen und Senioren anpassen zu<br />

können.<br />

Unkompliziert unterwegs mit dem<br />

öffentlichen Personennahverkehr<br />

Öffentliche Verkehrsmittel und private Verkehrsanbieter<br />

sind nicht nur eine gute und<br />

Ressourcen schonende Alternative zur Fahrt<br />

mit dem eigenen Auto, sie sind vor allem unverzichtbar<br />

zur Sicherung eines selbstbestimmten<br />

Alltags vieler älterer Menschen. Wir<br />

entwickeln deshalb technische Systeme und<br />

intelligente Dienstleistungen im öffentlichen<br />

Personennahverkehr, die sich auch an den<br />

Wünschen und Möglichkeiten <strong>der</strong> älteren Generation<br />

orientieren. Dazu gehören eine individuelle<br />

Routenplanung und eine flexible<br />

Kombination aus Linienverkehr, auf individuelle<br />

Bedarfe angepasst Rufbus-Systeme und<br />

eine Beför<strong>der</strong>ung bis an die Haustür, die auch<br />

bei körperlichen Einschränkungen bequem<br />

und sicher genutzt werden können.<br />

Gut informiert auf Reisen<br />

Seniorinnen und Senioren sind heute mobiler<br />

denn je und bewegen sich nicht nur in ihrer<br />

gewohnten Umgebung. Wir entwickeln die<br />

Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

so weiter, dass älteren Menschen auch<br />

auf Reisen fernab <strong>der</strong> vertrauten Pfade eine<br />

intuitive Orientierung möglich wird – trotz<br />

frem<strong>der</strong> Situationen, Sprachen o<strong>der</strong> Transportmittel.<br />

Wird die Navigation einfacher,<br />

steigt auch das Sicherheitsempfinden und äl-<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

tere Menschen können ihren Aktionsradius<br />

weiter ausdehnen.<br />

Immer richtig verbunden<br />

Wer Kontakte hat, bleibt länger fit und kann<br />

auch an<strong>der</strong>en Anregungen geben und helfen.<br />

Auch körperlich eingeschränkte o<strong>der</strong> allein<br />

lebende ältere Personen sind dazu in <strong>der</strong><br />

Lage, wenn sie mo<strong>der</strong>ne Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien nutzen. Mit<br />

Familie, Freunden, Arzt o<strong>der</strong> Ärztin sprechen,<br />

sie dabei sogar sehen, sich über tagesaktuelle<br />

Geschehnisse informieren o<strong>der</strong> sich in<br />

Netzwerken begegnen – so bleiben Menschen<br />

in Verbindung. Hierfür wollen wir leichtere<br />

Zugänge entwickeln, die den<br />

individuellen Bedürfnissen und technischen<br />

Fähigkeiten <strong>der</strong> Benutzerinnen und Benutzer<br />

entsprechen.<br />

Zuverlässig auch in den Regionen<br />

Der demografische Wandel wird sich in einzelnen<br />

Regionen unterschiedlich schnell und<br />

unterschiedlich stark auswirken. Im ländlichen<br />

Raum, wo die Entfernungen größer und<br />

die Infrastrukturen dünner sind, sorgen wir<br />

gemeinsam mit den regionalen Akteuren<br />

dafür, dass die Grundversorgung mit örtlichen<br />

Leistungsangeboten gewährleistet<br />

bleibt. Mit einer Kombination von individuell<br />

angepassten haushaltsnahen Diensten und<br />

Angeboten verbessern wir somit auch hier<br />

für ältere Menschen die Chance zur Mobilität<br />

und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.<br />

Wir schaffen die Voraussetzungen für den<br />

Aufbau multifunktionaler Anlaufstellen, die<br />

sich mit persönlicher Betreuung und unterstützt<br />

von Tele-Diensten um die Versorgung<br />

älterer Menschen im Alltag kümmern. Typische<br />

Alltagstätigkeiten wie Behördengänge,<br />

Post, medizinische Betreuung o<strong>der</strong> Bestellungen<br />

können so an einem zentralen Ort erledigt<br />

werden.<br />

Forschungsfeld 5: Sicher und unabhängig<br />

wohnen<br />

Menschen brauchen Schutz, Sicherheit und<br />

Geborgenheit. Vor allem im Alter sind eine<br />

vertraute Umgebung und ein individueller<br />

Rückzugsort wichtig. Benötigt werden Wohnräume,<br />

die funktional, ökonomisch und ökologisch<br />

sind, über ein gesundes Raumklima<br />

verfügen und eine Wohnkultur nach eigenen<br />

Vorlieben und Bedürfnissen ermöglichen. Wir<br />

untersuchen, wie die eigenen vier Wände<br />

auch im letzten Lebensabschnitt so gestaltet<br />

werden können, dass sich die Bewohnerinnen<br />

und Bewohner möglichst lange in ihrem<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 15


Bild: Gerda Mahmens / pixelio.de<br />

Zuhause wohlfühlen. Dabei ist auch das unmittelbare<br />

Wohnumfeld von Bedeutung.<br />

Wohnen ohne Barrieren<br />

Im Alter än<strong>der</strong>n sich viele Bedürfnisse. Häuser,<br />

Wohnungen und Wohnumfeld müssen<br />

entsprechend angepasst werden. Damit in<br />

Zukunft genügend geeigneter Wohnraum für<br />

die ältere Generation zur Verfügung steht,<br />

untersucht die Bundesregierung den <strong>der</strong>zeitigen<br />

Bestand sowie den künftigen Bedarf an<br />

geeigneten Wohnungen für Seniorinnen und<br />

Senioren. Darüber hinaus unterstützen wir<br />

Modellvorhaben im altersgerechten Wohnungsumbau.<br />

Hierbei för<strong>der</strong>n wir auch die<br />

Entwicklung von Lösungsansätzen zum kostengünstigen<br />

Abbau bestehen<strong>der</strong> Barrieren<br />

in Gebäuden. Dabei achten wir auf die Qualität<br />

<strong>der</strong> Bausubstanz, die Ausstattung und<br />

Einrichtung des Wohnraumes sowie die Lage<br />

<strong>der</strong> Wohnung und <strong>der</strong>en Anbindung an Versorgung<br />

und Dienstleistungen. Im Mittelpunkt<br />

stehen Produkte und Dienste, die von<br />

älteren Menschen uneingeschränkt genutzt<br />

werden: von <strong>der</strong> Wohnungseinrichtung über<br />

die Unterstützung bei Tätigkeiten des tägli-<br />

16 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

chen Lebens bis zum sicheren Bewegen in<br />

<strong>der</strong> Wohnumgebung und im Wohnquartier.<br />

Selbstbestimmt und sicher im Alltag<br />

Ältere Menschen benötigen ein sicheres und<br />

stimulierendes Wohnumfeld – auch um ihre<br />

Angelegenheiten möglichst lange ohne die<br />

praktische o<strong>der</strong> rechtliche Unterstützung an<strong>der</strong>er<br />

selbst besorgen zu können. Hochentwickelte<br />

technische Systeme bieten ihnen die<br />

Möglichkeit eines langen selbstbestimmten<br />

Lebens in <strong>der</strong> eigenen Wohnung, beispielsweise<br />

über Personenerkennung, als Erinnerungshilfe,<br />

zur Überwachung von Aktivitätsniveau<br />

und Gesundheitszustand o<strong>der</strong> als<br />

Kraftverstärkung. Für Sicherheit sorgt etwa<br />

ein über Sensoren gesteuertes Hausnotrufsystem,<br />

das im Fall von Stürzen automatisch den<br />

Rettungsdienst informiert. Aufsteh- und Führungshilfen<br />

können Seniorinnen und Senioren<br />

die Orientierung in <strong>der</strong> Wohnumgebung erleichtern.<br />

Die Bundesregierung för<strong>der</strong>t Lösungen,<br />

die eine weitestgehend intuitive<br />

Bedienung ermöglichen. Ziel sind robuste,<br />

leistungsfähige und lernende Assistenzsysteme,<br />

die einfach und preiswert nachzurüsten<br />

sind, die Privatsphäre achten und auf kombinierten<br />

Sensoren, intelligenter Datenauswertung<br />

und kognitiven Prinzipien basieren.<br />

Mehr Lebensqualität durch die<br />

Verbindung von Technik und<br />

Dienstleistungen<br />

Ein Zuhause muss Geborgenheit und die Erfüllung<br />

<strong>der</strong> Grundbedürfnisse bieten. Dazu<br />

gehören Sauberkeit, die Versorgung mit Lebensmitteln<br />

o<strong>der</strong> auch die Wartung von Geräten.<br />

Hausarbeiten wie die Reinigung <strong>der</strong><br />

Wohnung werden bei älteren Personen häufig<br />

von Angehörigen o<strong>der</strong> Dienstleistern erledigt.<br />

Die Bundesregierung schafft zusätzlich<br />

neue Versorgungsansätze, die technische Innova-tionen<br />

mit den von Menschen erbrachten<br />

Dienstleistungen kombinieren. Dazu<br />

untersuchen wir, wie technische Systeme die<br />

Arbeit von Dienstleistern unterstützen und<br />

welche Geschäftsmodelle geeignet sind, entsprechende<br />

Produkte zu etablieren. Durch die<br />

Kombination von Technik mit menschlicher<br />

Fürsorge stellen wir die soziale Komponente<br />

und Achtung <strong>der</strong> menschlichen Würde in <strong>der</strong><br />

Betreuung sicher.


Alt und Jung wohnen zusammen –<br />

in <strong>der</strong> Stadt und auf dem Land<br />

Vom Miteinan<strong>der</strong> <strong>der</strong> Generationen profitieren<br />

alle. Die Bundesregierung entwickelt deshalb<br />

mo<strong>der</strong>ne und wegweisende<br />

Wohnkonzepte, in denen unterschiedliche Altersgruppen<br />

zusammenwohnen. Hierfür werden<br />

zum einen innerstädtische Quartiere als<br />

lebenswerter Raum für Jung und Alt gestaltet.<br />

Wir schaffen räumliche Bedingungen<br />

dafür, dass auch ältere Menschen in den<br />

Städten wohnen bleiben, weil sie die Qualitäten<br />

städtischer Quartiere schätzen und<br />

wie<strong>der</strong>entdecken.<br />

Zum an<strong>der</strong>en unterstützen wir mit unserem<br />

„Aktionsprogramm regionale Daseinsvorsorge“<br />

die Entwicklung von Strategien für<br />

ländlich strukturierte, zum Teil stark schrumpfende<br />

Modellregionen, mit denen den infrastrukturellen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen des<br />

demografischen Wandels durch eine vorausschauende<br />

und kooperative Regionalstrategie<br />

begegnet werden kann. Wir wollen<br />

älteren Menschen ein nachbarschaftliches<br />

„Tür an Tür“ ermöglichen. Hierfür entwickeln<br />

wir Konzepte, die sowohl im realen Lebensumfeld<br />

als auch mit Hilfe von Informationsund<br />

Kommunikationstechnologien – etwa<br />

durch altersgerechte Internet-Plattformen für<br />

soziale Netzwerke – eingesetzt werden. Über<br />

soziale Interaktion för<strong>der</strong>n wir so die Zusammengehörigkeit<br />

und schaffen eine Kultur <strong>der</strong><br />

Unterstützung zwischen Alt und Jung.<br />

Forschungsfeld 6: Mit guter Pflege<br />

zu mehr Lebensqualität<br />

Mit dem allgemeinen Anstieg <strong>der</strong> Lebenserwartung<br />

wird auch die Zahl <strong>der</strong> Pflegebedürftigen<br />

künftig zunehmen. Im Jahr 2010 waren<br />

in Deutschland bereits 2,4 Millionen Menschen<br />

pflegebedürftig. Prognosen des Statistischen<br />

Bundesamtes zufolge wird diese Zahl<br />

bis 2020 auf 2,9 Millionen und bis 2030 auf<br />

etwa 3,4 Millionen ansteigen. Somit rückt die<br />

dauerhafte Sicherstellung <strong>der</strong> menschenwürdigen<br />

Pflege in einer Gesellschaft des<br />

längeren Lebens in den Fokus.<br />

Die Forschung kann hier einen wesentlichen<br />

Beitrag liefern, beispielsweise zum Erhalt<br />

einer möglichst lang andauernden Selbstständigkeit<br />

o<strong>der</strong> zur Unterstützung <strong>der</strong> Pflegekräfte.<br />

So können Belastungen aller<br />

Beteiligten verringert und die Lebensqualität<br />

von Betroffenen, Angehörigen und Pflegekräften<br />

verbessert werden. Die Bundesregierung<br />

hat in ihrer Forschungs- und<br />

Innovationspolitik deshalb bereits Akzente im<br />

Bereich <strong>der</strong> Pflege gesetzt, die weitergeführt<br />

und überarbeitet werden sollen.<br />

Erhalt <strong>der</strong> Selbstständigkeit<br />

älterer Menschen<br />

Wichtige Komponenten für ein menschenwürdiges<br />

Leben auch im hohen Alter sind <strong>der</strong><br />

Erhalt und die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Selbstständigkeit.<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen, die<br />

sich mit den Ursachen <strong>der</strong> Pflegebedürftigkeit<br />

und möglichen Präventionsstrategien beschäftigen,<br />

sind deshalb von beson<strong>der</strong>er Bedeutung.<br />

Ebenso relevant sind<br />

Forschungsvorhaben, die eine Verbesserung<br />

bestehen<strong>der</strong> Interventionsstrategien und die<br />

Entwicklung neuer übergreifen<strong>der</strong> Versorgungskonzepte<br />

nach dem Grundsatz „ambulant<br />

vor stationär“ verfolgen. Darüber hinaus<br />

stehen Pflegeforscher vor <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

offene Fragen zu beantworten, die sich<br />

mit den Folgen von steigen<strong>der</strong> (Multi-) Morbidität<br />

unter Pflegebedürftigen beschäftigen.<br />

Entlastung von Pflegebedürftigen<br />

und Pflegenden<br />

Der ambulanten häuslichen Pflege gilt ein<br />

beson<strong>der</strong>es Augenmerk. Viele Menschen in<br />

Deutschland wünschen sich, auch im Falle<br />

einer Pflegebedürftigkeit zuhause zu leben.<br />

Pflegende Angehörige sind oft stark beansprucht<br />

und zum Teil auch überlastet.<br />

Sie brauchen eine gezielte Begleitung, vor<br />

allem wenn sie zusätzlich noch für eine eigene<br />

Familie sorgen und berufstätig sind. Die<br />

familialen Ressourcen in <strong>der</strong> Pflege müssen<br />

gezielt gestärkt werden. Technische Assistenzsysteme<br />

können hier sinnvolle Lösungen<br />

zur Entlastung bieten. Durch die Forschungsför<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung werden Angebote<br />

entwickelt, die Technik und<br />

Dienstleistungen auf neue Weise miteinan<strong>der</strong><br />

kombinieren und so Pflegebedürftige, Angehörige<br />

und Pflegekräfte im Alltag unterstützen.<br />

Dabei entstehen Prozess- und Produktinnovationen,<br />

mit denen Pflegemaßnahmen erleichtert<br />

werden können, beispielsweise<br />

durch die Integration von neu- und weiterentwickelten<br />

Systemen zur automatischen<br />

Notfallerkennung, zur verbesserten Pflegedokumentation<br />

o<strong>der</strong> auch zur intelligenten Medikamentendosierung.<br />

Gezielt und<br />

verantwortungsvoll eingesetzt, unterstützen<br />

Assistenzsysteme Pflegebedürftige und tragen<br />

maßgeblich zu <strong>der</strong>en Selbstständigkeit<br />

und Sicherheit bei, etwa durch Lokalisierung,<br />

Navigation o<strong>der</strong> eine Erinnerungsfunktion.<br />

Darüber hinaus för<strong>der</strong>t die Bundesregierung<br />

Forschungsprojekte, die dazu beitragen, internationale<br />

Erfahrungen und Ansätze zur<br />

Optimierung des Praxishandelns in die familiale<br />

Pflege zu integrieren, und so neben an-<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

<strong>der</strong>en gewaltpräventiven Projekten einen<br />

wichtigen Beitrag zur Vermeidung problematischer<br />

Pflegebeziehungen leisten. Um Menschen<br />

auch dort begleiten zu können, wo<br />

an<strong>der</strong>e Maßnahmen an ihre Grenzen stoßen,<br />

för<strong>der</strong>n wir zudem die Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

palliativen Versorgung. Dabei beachten wir<br />

beson<strong>der</strong>s die speziellen Bedürfnisse von Demenzkranken.<br />

Oberstes Gebot <strong>der</strong> gesamten<br />

Pflege- und Versorgungsforschung ist die<br />

Achtung <strong>der</strong> menschlichen Würde, Integrität<br />

und Privatsphäre.<br />

Gut qualifiziert und informiert<br />

für eine bessere Pflege<br />

In <strong>der</strong> Langzeitpflege sind <strong>der</strong>zeit mehr als<br />

890.000 Beschäftigte tätig. Zukünftig wird<br />

angesichts <strong>der</strong> wachsenden Nachfrage eine<br />

zusätzliche Zahl an Pflegekräften benötigt.<br />

Bereits jetzt entfaltet die Bundesregierung<br />

vielfältige Aktivitäten, um den künftigen Bedarf<br />

zu sichern. Wir werden auch durch die<br />

Pflegeforschung verstärkt dazu beitragen,<br />

dass das Berufs- und Beschäftigungsfeld <strong>der</strong><br />

Pflege mo<strong>der</strong>n, leistungsfähig und attraktiv<br />

weiterentwickelt wird.<br />

Fundiertes Wissen für die Praxis<br />

Forschung soll auch dazu beitragen, eine fundierte<br />

Wissensgrundlage für pflegerisches<br />

Handeln zu entwickeln. Ein effizientes und<br />

hochwertiges Versorgungssystem braucht<br />

den schnellen Transfer von wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen und Innovationen in die<br />

Praxis. Hier wird die Bundesregierung verstärkt<br />

Anstrengungen zur För<strong>der</strong>ung unternehmen.<br />

Aber nicht nur die professionellen<br />

Pflegekräfte, son<strong>der</strong>n auch die pflegenden<br />

Angehörigen sind auf fundiertes Wissen angewiesen.<br />

Die Bundesregierung unterstützt<br />

För<strong>der</strong>projekte, in <strong>der</strong>en Mittelpunkt gezielte<br />

Patienteninformationen und Schulungsprogramme<br />

zum Beispiel für chronisch Kranke<br />

stehen. Durch die Vermittlung von Wissen<br />

und Kompetenzen wird <strong>der</strong> eigenverantwortliche<br />

Umgang mit <strong>der</strong> eigenen Pflegesituation<br />

geför<strong>der</strong>t.<br />

III. Internationale Vernetzung<br />

<strong>der</strong> Forschungsagenda<br />

Die Entwicklung zu einer Gesellschaft des<br />

längeren Lebens vollzieht sich nicht nur in<br />

Deutschland. Der demografische Wandel ist<br />

auch in vielen an<strong>der</strong>en Industriestaaten<br />

schon heute Realität. Nicht zuletzt bei unseren<br />

europäischen Nachbarn sowie in Län<strong>der</strong>n<br />

wie Japan, Kanada und Korea ist die Bevölkerungsalterung<br />

bereits sehr fortgeschritten.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 17


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

Im Einklang mit <strong>der</strong> Strategie <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

zur Internationalisierung von Wissenschaft<br />

und Forschung werden wir die<br />

nationalen För<strong>der</strong>schwerpunkte durch Kooperationen<br />

mit wichtigen Partnerlän<strong>der</strong>n<br />

und Institutionen innerhalb und außerhalb<br />

Europas ausbauen. So för<strong>der</strong>n wir den Austausch<br />

über Erfolgsmethoden (so genannte<br />

„best practices“), die Entwicklung gemeinsamer<br />

Ansätze und Maßnahmen, die Nutzung<br />

von Synergieeffekten sowie eine enge<br />

Verzahnung nationaler und internationaler<br />

Initiativen.<br />

Die Bundesregierung beteiligt sich aktiv an<br />

<strong>der</strong> Entwicklung des Europäischen Rahmenprogramms<br />

für Forschung und Innovation<br />

„Horizon 2020“. Mit ihm werden auf <strong>der</strong><br />

Basis <strong>der</strong> EU-Strategie „Europa 2020“ die<br />

Grundlagen für die nächsten Schritte in <strong>der</strong><br />

europäischen Zusammenarbeit geschaffen<br />

und auch gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen,<br />

die die weitere Entwicklung Europas und seiner<br />

Mitgliedsstaaten betreffen, thematisiert.<br />

Dabei bringen wir die von uns angeregte Gemeinsame<br />

Programmplanungs-Initiative<br />

„Mehr Jahre, Bessere Leben – Die Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

und Potenziale des demografischen<br />

Wandels“ voran. Diese Initiative will<br />

die nationalen Forschungsaktivitäten <strong>der</strong> europäischen<br />

Staaten zum demografischen<br />

Privatpraxis<br />

Prof. Dr. med. habil. Wolfgang Pries<br />

Internist, Kardiologe, Angiologe<br />

Praxis und Tagesklinik:<br />

Hermann-Aust-Straße 16<br />

Tel. 0 82 47 – 3 31 88<br />

Fax 0 82 47 – 33 44 71<br />

D-86825 Bad Wörishofen<br />

E-Mail: w.pries@web.de<br />

18 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Wandel koordinieren und damit effektiver<br />

und effizienter gestalten.<br />

Außerdem wird sich Deutschland weiter an<br />

<strong>der</strong> Gemeinsamen ProgrammplanungsInitiative<br />

zu neurodegenerativen Erkrankungen<br />

beteiligen und sich bei <strong>der</strong> Konzeption und<br />

Umsetzung von gemeinsamen europaweiten<br />

För<strong>der</strong>programmen für ein gesundes und unabhängiges<br />

Leben engagieren.<br />

Ziel unserer Forschungs- und Innovationskooperationen<br />

ist es, die Zusammenarbeit in<br />

Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zu<br />

optimieren und Synergieeffekte zu erzeugen.<br />

Hierzu werden wir inhaltliche Anknüpfungspunkte<br />

identifizieren und mit den jeweiligen<br />

Partnern zusammen ausarbeiten und umsetzen.<br />

Dabei können auch Kooperationen über<br />

Europa hinaus hilfreich sein, insbeson<strong>der</strong>e<br />

mit Län<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en Gesellschaften ähnliche<br />

Alterungsprozesse durchlaufen.<br />

IV. Umsetzung <strong>der</strong><br />

Forschungsagenda<br />

Mit <strong>der</strong> vorliegenden Agenda will die Bundesregierung<br />

in den kommenden Jahren<br />

einen entscheidenden Impuls für Forschung<br />

und Entwicklung zum demografischen Wandel<br />

setzen. Ziel ist es, grundlegende Fragen<br />

<strong>der</strong> gesellschaftlichen Teilhabe älterer Men-<br />

schen zu erforschen und innovative Lösungen,<br />

einschließlich neuer Produkte und<br />

Dienstleistungen, für ein langes und gesundes<br />

Altern zu entwickeln.<br />

Im Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung stehen nicht<br />

technologische Einzelergebnisse, son<strong>der</strong>n die<br />

Umsetzung von innovativen Lösungen, die<br />

auch soziale, ethische, rechtliche und an<strong>der</strong>e<br />

gesellschaftliche Aspekte umfassen und zumeist<br />

von Nutzerbedürfnissen angetrieben<br />

werden. Geför<strong>der</strong>t werden vorrangig Verbundprojekte,<br />

die alle notwendigen Forschungsdisziplinen<br />

einbeziehen. Die Vergabe erfolgt im<br />

Wettbewerb, das heißt, ihr geht in <strong>der</strong> Regel<br />

eine öffentliche Bekanntmachung voraus, in<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> jeweilige Themenausschnitt und weitere<br />

spezielle Kriterien genannt werden.<br />

Die Forschungsagenda ist zunächst auf einen<br />

Zeitraum von fünf Jahren bis zum Ende des<br />

Jahres 2016 ausgerichtet. Sie soll am Ende<br />

<strong>der</strong> ersten För<strong>der</strong>periode evaluiert und gegebenenfalls<br />

nach einer Anpassung <strong>der</strong> operativen<br />

Ziele über das Jahr 2016 hinaus<br />

fortgesetzt werden.<br />

Herausgeber: Bundesministerium für Bildung<br />

und Forschung (BMBF)<br />

Referat Demograischer Wandel;<br />

Mensch-Technik-Kooperation<br />

53170 Bonn<br />

Keine Macht den Drogen e.V. und das Behördenmagazin bedanken sich für die Unterstützung


Bevölkerungsentwicklung<br />

und Bevölkerungspolitik<br />

Prof. Dr. Norbert F. Schnei<strong>der</strong><br />

Aktuell leben etwa sieben Milliarden Menschen<br />

auf <strong>der</strong> Erde. Die Weltbevölkerung<br />

wächst <strong>der</strong>zeit jährlich in einer Größenordnung,<br />

die annähernd <strong>der</strong> Einwohnerzahl<br />

Deutschlands entspricht. In den kommenden<br />

Dekaden wird die Weltbevölkerung weiter<br />

zunehmen, allerdings wird die Wachstumsrate<br />

deutlich sinken. Gegenwärtig findet das<br />

Wachstum <strong>der</strong> Weltbevölkerung vor allem auf<br />

<strong>der</strong> Südhalbkugel statt. Auf <strong>der</strong> Nordhalbkugel,<br />

insbeson<strong>der</strong>e in Europa und in einigen<br />

asiatischen Län<strong>der</strong>n, namentlich Südkorea<br />

und Japan, schrumpft dagegen die Bevölkerung.<br />

Im Zuge dieser Entwicklung wird <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Bevölkerung Europas an <strong>der</strong> Weltbevölkerung<br />

weiter abnehmen. Bereits in den<br />

letzten vierzig Jahren hat er sich von damals<br />

zwanzig auf heute elf Prozent beinahe halbiert.<br />

Mit <strong>der</strong> Schrumpfung geht auch eine Alterung<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung einher, die in einigen<br />

Län<strong>der</strong>n, wozu auch Deutschland zählt, beson<strong>der</strong>s<br />

rasch erfolgen wird. So wird das Medianalter<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung in Deutschland 1<br />

von heute etwa 45 Jahren in den kommenden<br />

vier Jahrzehnten voraussichtlich auf 52<br />

steigen. Das Medianalter <strong>der</strong> Weltbevölkerung<br />

beträgt zum Vergleich <strong>der</strong>zeit etwa 29<br />

Jahre, es wird sich bis 2050 laut Vorausberechnungen<br />

<strong>der</strong> Vereinten Nationen auf 38<br />

Jahre erhöhen.<br />

Die Bevölkerungsentwicklung ist ein vielschichtiger,<br />

beständig ablaufen<strong>der</strong> Prozess,<br />

<strong>der</strong> durch strukturelle (z.B.: wirtschaftliche<br />

und politische Situation) und kulturelle (z.B.:<br />

Verhaltensnormen, Geschlechterrollen) Faktoren<br />

sowie durch episodenhafte Ereignisse<br />

(z.B.: politische Umstürze, Epidemien) beeinflusst<br />

wird. Richtung, Tempo und Ausmaß <strong>der</strong><br />

Bevölkerungsentwicklung variieren zwischen<br />

Län<strong>der</strong>n, meist sind aber auch beträchtliche<br />

Divergenzen innerhalb von Län<strong>der</strong>n beobachtbar.<br />

So sind regelmäßig regionale Unterschiede,<br />

etwa zwischen städtischer und<br />

ländlicher Bevölkerung, und sozialstrukturelle<br />

Divergenzen etwa zwischen ethnischen<br />

Gruppen o<strong>der</strong> zwischen sozialen Milieus,<br />

feststellbar. Bevölkerungsentwicklung als Gesamtprozess<br />

ist die Folge des Zusammenwirkens<br />

<strong>der</strong> bestehenden Bevölkerungsstruktur<br />

mit drei demografischen Grundprozessen:<br />

dem Fertilitäts-, dem Mortalitäts- und dem<br />

Wan<strong>der</strong>ungsgeschehen. Einfluss hat zudem<br />

<strong>der</strong> Wandel <strong>der</strong> Familie.<br />

Häufig werden beim Thema Bevölkerungsentwicklung<br />

nur Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Größe<br />

und des Medianalters einer Bevölkerung in<br />

den Fokus gerückt. Solche Betrachtungen<br />

sind jedoch verkürzend. Die Bevölkerungsentwicklung<br />

umfasst alle Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Größe und <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Bevölkerung. Es<br />

geht um Fragen von Wachstum und Zusammensetzung<br />

einer Population sowie ihre Verteilung<br />

im Raum. Der Aufbau einer<br />

Bevölkerung wird neben <strong>der</strong> Altersstruktur<br />

wesentlich durch die Geschlechter- und die<br />

Bildungsstruktur, die ethnische Zusammensetzung,<br />

die Struktur <strong>der</strong> Haushalts- und Lebensformen<br />

sowie die regionale Verteilung<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung bestimmt. Auch eine in ihrer<br />

Gesamtheit nach Alter und Größe stabile Bevölkerung<br />

kann sich somit rasch wandeln,<br />

etwa indem Binnenwan<strong>der</strong>ungen zu einer<br />

merklichen Umverteilung <strong>der</strong> Bevölkerung im<br />

Raum führen o<strong>der</strong> ein Wandel in <strong>der</strong> Bildungsbeteiligung<br />

die sozialstrukturelle Zusammensetzung<br />

verän<strong>der</strong>t.<br />

Seit dem Altertum befassen sich Menschen<br />

mit dem Zusammenhang von Bevölkerungswachstum<br />

und gesellschaftlicher Wohlstandsentwicklung.<br />

Grob sortiert lassen sich<br />

die meisten dieser Betrachtungen als Varianten<br />

auf einer Dimension verorten. Je nach<br />

theoretischer Perspektive wird das (weitere)<br />

Wachstum <strong>der</strong> Bevölkerung als notwendige<br />

Voraussetzung für die Wohlstandsentwicklung<br />

einer Gesellschaft gesehen – o<strong>der</strong> als<br />

<strong>der</strong>en hauptsächliche Bedrohung. Über Richtung<br />

und Intensität <strong>der</strong> Relation bestehen unterschiedliche<br />

Auffassungen, aber stets wird<br />

ein Zusammenhang unterstellt. Wissenschaftlich<br />

exakt ist dies bislang jedoch nicht<br />

nachgewiesen worden. Es existiert keine belastbare<br />

empirische Evidenz, dass ein unmittelbarer<br />

Zusammenhang zwischen<br />

Bevölkerungswachstum und Wohlstandsentwicklung<br />

besteht. Grundsätzlich kann von<br />

hochkomplexen Wirkungszusammenhängen<br />

zwischen Bevölkerungs- und Gesellschaftsentwicklung<br />

ausgegangen werden, wobei<br />

neben wirtschaftlichen vor allem kulturelle,<br />

soziologische und psychologische Faktoren<br />

bedeutsam sind. Mithin sind die immer wie<strong>der</strong><br />

anzutreffenden Überlegungen über optimale<br />

Bevölkerungsgrößen o<strong>der</strong> über die<br />

Tragfähigkeitsgrenze <strong>der</strong> Erde obsolet. Wir<br />

wissen heute, dass nicht in erster Linie die<br />

Zahl, son<strong>der</strong>n das Verhalten <strong>der</strong> Menschen<br />

den Zusammenhang zwischen Bevölkerungsentwicklung<br />

und Prosperität wesentlich mo<strong>der</strong>iert.<br />

Verstärkt wird in <strong>der</strong> Gegenwart <strong>der</strong><br />

Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Zusammensetzung<br />

einer Bevölkerung und <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Entwicklung thematisiert. Hierbei<br />

finden die Bildungs- und Altersstruktur beson<strong>der</strong>e<br />

Aufmerksamkeit. Im Hinblick auf die<br />

Altersstruktur wird meist davon ausgegan-<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 19


gen, dass im Zuge einer voranschreitenden<br />

Alterung die Innovationskraft einer Bevölkerung<br />

abnimmt und alternde Bevölkerungen<br />

im globalen Wettbewerb gegenüber jüngeren<br />

zurückfallen. Diese Position ist weit verbreitet,<br />

jedoch ebenfalls ohne ausreichende empirische<br />

Evidenz. Nicht belegt ist, ob die<br />

Innovationsfähigkeit gut ausgebildeter und<br />

weithin gesun<strong>der</strong> älterer Menschen tatsächlich<br />

signifikant geringer ist. Als sicher kann<br />

gelten, dass das Marktpotential älter werden<strong>der</strong><br />

Industriegesellschaften bislang systematisch<br />

unterschätzt wird. Große Kohorten<br />

materiell gut situierter älterer Menschen<br />

haben eine enorme Kaufkraft und können mit<br />

ihren spezifischen Bedürfnissen zur Entwicklung<br />

neuer Märkte und damit auch zu einer<br />

hohen gesellschaftlichen Innovationskraft<br />

beitragen.<br />

Im Hinblick auf die Auswirkungen <strong>der</strong> Bildungsstruktur<br />

und damit auch <strong>der</strong> sozialstrukturellen<br />

Zusammensetzung von Bevölkerungen<br />

auf die gesellschaftliche Entwicklung<br />

sind zwei Diskurse erkennbar. Beim einen<br />

besteht weithin Einigkeit, dass Bildungsinvestitionen<br />

sinnvoll und lohnend sind. Umstritten<br />

ist jedoch, wie diese Investitionen am besten<br />

getätigt werden können. Einige Experten argumentieren,<br />

dass Bildungsinvestitionen<br />

einen höheren Ertrag erbringen, wenn sie in<br />

die Breite fließen und eine grundständige Bildung<br />

für alle zum Ziel haben, an<strong>der</strong>e dagegen<br />

auf Elitenför<strong>der</strong>ung. Der zweite Diskurs ist<br />

unter dem Stichwort „Vermeidung von Dequalifizierung“<br />

mit zwei Themen befasst.<br />

Beim ersten Thema geht es um qualitative Zuwan<strong>der</strong>ung,<br />

also um mögliche staatliche Strategien,<br />

die Zuwan<strong>der</strong>ung von Menschen mit<br />

erwünschten Qualifikationen und Kenntnissen<br />

gezielt zu för<strong>der</strong>n, beim zweiten um die<br />

Frage, ob „die Falschen die Kin<strong>der</strong> bekommen“.<br />

Hintergrund dieser Position ist die Annahme,<br />

dass sich Kin<strong>der</strong> aus sozial schwachen<br />

Milieus nicht in dem Maße zu Leistungserbringern<br />

entwickeln werden wie an<strong>der</strong>e Kin-<br />

20 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

<strong>der</strong>. Dieser Zusammenhang ist, soweit er empirische<br />

Evidenz besitzt, politisch beeinflussbar<br />

und kann durch gezielte Bildungs- und<br />

För<strong>der</strong>initiativen abgeschwächt werden.<br />

Damit verliert diese Frage, jenseits ihrer ethischen<br />

Problematik, auch an Plausibilität.<br />

Versuche, die Bevölkerungsentwicklung durch<br />

politisches Handeln gezielt zu beeinflussen,<br />

sind Teil <strong>der</strong> menschlichen Zivilisationsgeschichte.<br />

Sie waren meist durch Annahmen<br />

motiviert, dass Politik unmittelbar Einfluss auf<br />

die Bevölkerungsentwicklung nehmen kann<br />

und dass ein Wachstum <strong>der</strong> Bevölkerung die<br />

gesamtstrategische und regionalpolitische<br />

Bedeutung einer Nation stärkt und ihre Wohlstandsposition<br />

verbessert.<br />

Entgegen <strong>der</strong> Annahme<br />

einer unmittelbaren<br />

Einflussnahme verlaufen<br />

demografische Entwicklungen<br />

meist<br />

langfristig. Sie beruhen<br />

auf stabilen Zusammenhängen<br />

und Abläufen<br />

o<strong>der</strong> folgen, wie<br />

generative Entscheidungen,<br />

recht stabilen<br />

Handlungsmustern und<br />

Präferenzstrukturen.<br />

Jedoch sind sie nicht<br />

schicksalhaft determiniert<br />

und stehen daher politischer Einflussnahme<br />

prinzipiell offen. Allerdings kann nicht<br />

davon ausgegangen werden, dass Einflussversuche<br />

kurzfristig signifikante Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Bevölkerungsentwicklung hervorrufen;<br />

auch sind unmittelbare Effekte singulärer<br />

Maßnahmen selten zu erwarten. Politische<br />

Akteure in mo<strong>der</strong>nen Gesellschaften<br />

sind mithin gehalten anzuerkennen, dass nur<br />

längerfristig ausgerichtete Handlungsstrategien<br />

geeignet sind, angestrebte Verän<strong>der</strong>ungen<br />

zu zeitigen.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Entwicklung und Etablierung demografiepolitischer<br />

Handlungsstrategien ist<br />

zu berücksichtigen, dass die Bevölkerungsentwicklung<br />

einem speziellen Trägheitseffekt,<br />

dem „demografischen Momentum“, unterliegt,<br />

da demografische Handlungsweisen<br />

früherer Kohorten die weitere Entwicklung<br />

einer Bevölkerung langfristig auch dann beeinflussen,<br />

wenn sich das Verhalten jüngerer<br />

Kohorten grundlegend verän<strong>der</strong>t hat. So können<br />

Bevölkerungen trotz eines Anstiegs <strong>der</strong><br />

Geburtenrate schrumpfen. Dies kann, jenseits<br />

von Wan<strong>der</strong>ungsverlusten, dann geschehen,<br />

wenn zahlenmäßig kleine Elterngenerationen,<br />

trotz erhöhter Geburtenraten, im Vergleich<br />

zu den Großelternkohorten kleinere<br />

Kin<strong>der</strong>kohorten hervorbringen.<br />

Staatliches Handeln im Bereich <strong>der</strong> Bevölkerungspolitik,<br />

das zeigen die historischen Erfahrungen,<br />

ist missbrauchsgefährdet. Daher<br />

sind die Ziele, Strategien und Maßnahmen<br />

bevölkerungspolitischen Handelns im gesellschaftlichen<br />

Konsens zu entwickeln. Vor dem<br />

Hintergrund <strong>der</strong> Beschlüsse zur Weltbevölkerungsentwicklung<br />

auf <strong>der</strong> Ersten und <strong>der</strong><br />

Dritten Weltbevölkerungskonferenz, die 1974<br />

in Bukarest und 1994 in Kairo stattfanden,<br />

stellt sich freilich die Frage, ob Staaten überhaupt<br />

legitimiert sind, aktiv auf die Bevölkerungsentwicklung<br />

einzuwirken. Mit dem<br />

„World Population Plan of Action“ wurde<br />

1974 beschlossen, dass alle Paare und Individuen<br />

das Recht auf freie Entscheidung über<br />

Anzahl und Altersunterschied ihrer Kin<strong>der</strong><br />

haben. Das heißt, die Entscheidung für Kin<strong>der</strong><br />

obliegt allein <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> Paare<br />

und darf nicht durch staatliche Institutionen<br />

zielgerichtet beeinflusst werden. Einige Län<strong>der</strong><br />

lehnen deshalb eine explizite Fertilitätspolitik<br />

ab.<br />

1994 wurde zudem festgestellt, dass bevölkerungsbezogene<br />

Ziele und Politiken integrale<br />

Bestandteile <strong>der</strong> kulturellen,<br />

ökonomischen und sozialen Entwicklung<br />

eines Landes sind. Es heißt weiter, dass als


allgemeines Ziel bevölkerungspolitischen<br />

Handelns die Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

<strong>der</strong> Menschen und nicht die Erreichung<br />

einer für wünschenswert erachteten Größe<br />

o<strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Bevölkerung anzusehen ist.<br />

Die Beschlüsse mahnen zur politischen Zurückhaltung,<br />

bedeuten jedoch auch, dass Bevölkerungspolitik<br />

als eine Kernaufgabe von<br />

Politik gesehen werden kann.<br />

Bezogen auf die gegenwärtige demografische<br />

und bevölkerungspolitische Situation in<br />

Deutschland stellen sich vornehmlich zwei<br />

Fragen: Erstens: Ist eine aktive und zielgerichtete<br />

Steuerung <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

legitim und wünschenswert? Zweitens:<br />

Soll bevölkerungspolitisches Handeln eine<br />

Anpassung <strong>der</strong> gesellschaftlichen Strukturen<br />

an den demografischen Wandel anstreben<br />

o<strong>der</strong> versuchen, die Bevölkerungsentwicklung<br />

so zu beeinflussen, dass die bestehenden<br />

gesellschaftlichen Strukturen und<br />

Institutionen stabilisiert werden?<br />

Ein völliger Verzicht auf bevölkerungspolitisches<br />

Handeln, so können die aktuellen Positionen<br />

zusammenfassend interpretiert<br />

werden, scheint nicht angeraten – das gilt<br />

global, national und regional. Aus heutiger<br />

Sicht scheinen indirekte Formen <strong>der</strong> Beeinflussung<br />

<strong>der</strong> Bevölkerungsentwicklung adäquater<br />

zu sein als direkte Maßnahmen. Ihre<br />

Ziele sind es, durch die Gestaltung <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen indirekt<br />

auf Handlungsweisen einzuwirken sowie die<br />

wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen<br />

Strukturen an die Dynamik <strong>der</strong> Bevölkerungsentwicklung<br />

anzupassen und so <strong>der</strong>en Folgen<br />

besser bewältigen zu können. Es steht also<br />

nicht primär die „Anpassung“ <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

an vorhandene Strukturen, son<strong>der</strong>n die<br />

angemessene Adaption <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Strukturen an den Wandel <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

im Fokus. Allgemeines Ziel kann es sein,<br />

die Wahlfreiheit <strong>der</strong> Lebensführung sicherzustellen.<br />

Konkretes Handlungsziel hierfür ist<br />

die Beseitigung jener (Infra-)Strukturen, die<br />

diese Wahlfreiheit in unerwünschter Weise<br />

einschränken, um auf diesem Wege die Lebensqualität<br />

<strong>der</strong> Menschen zu erhöhen.<br />

Ausgangspunkt und Grundlage einer mo<strong>der</strong>nen<br />

Bevölkerungspolitik sind Erkenntnisse,<br />

die sich aus <strong>der</strong> langfristigen demografischen<br />

Entwicklung ableiten lassen. Dazu gehört die<br />

Feststellung, dass <strong>der</strong> demografische Wandel<br />

nicht auf Wachstum und Schrumpfung <strong>der</strong><br />

Bevölkerung reduzierbar ist und Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

ebenfalls relevant sind. Eine erfolgversprechende<br />

Bevölkerungspolitik ist also nicht vordringlich<br />

auf Fragen <strong>der</strong> Quantität, son<strong>der</strong>n<br />

auch auf Fragen <strong>der</strong> „Qualität“ und beson<strong>der</strong>s<br />

des Verhaltens <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> einer Bevölkerung<br />

auszurichten. Im Zentrum einer<br />

darauf fokussierten Politik kann eine weitere<br />

För<strong>der</strong>ung von Bildung und Ausbildung <strong>der</strong><br />

Menschen mit dem Ziel stehen, die Individuen<br />

auf diese Weise zu befähigen, sich zu<br />

ihrem eigenen Wohlbefinden möglichst gut<br />

in die Gesellschaft zu integrieren und damit<br />

auch zur kollektiven Wohlstandssteigerung<br />

beizutragen.<br />

Mo<strong>der</strong>ne und schrumpfende Gesellschaften<br />

sind gehalten, über Zuwan<strong>der</strong>ungen ebenso<br />

nachzudenken wie dafür Sorge zu tragen,<br />

dass nicht, wie dies gegenwärtig in Deutschland<br />

<strong>der</strong> Fall ist, erhebliche Teile <strong>der</strong> nachwachsenden<br />

Geburtskohorten aufgrund<br />

sogenannter fehlen<strong>der</strong> „Ausbildungsreife“<br />

langfristig nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfügung<br />

stehen werden. Derzeit hat etwa<br />

je<strong>der</strong> sechste junge Erwachsene in Deutschland<br />

keinen Berufs- o<strong>der</strong> Ausbildungsabschluss,<br />

und es ist zu befürchten, dass sich<br />

viele dieser Personen zu dauerhaften Leistungsempfängern<br />

am Rande <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

entwickeln werden. Darin besteht möglicherweise<br />

ein größeres Problem als in <strong>der</strong> Dynamik<br />

<strong>der</strong> Schrumpfung. Das Phänomen <strong>der</strong><br />

mangelhaften Ausbildungsreife ist nicht neu;<br />

neu ist, dass für diese Personen aufgrund des<br />

großflächigen Wegfalls von Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

für „Ungelernte“ kaum noch<br />

Arbeitsplätze angeboten werden.<br />

Beim Thema Zuwan<strong>der</strong>ung ist festzuhalten,<br />

dass Migrationspolitik immanenter Bestandteil<br />

einer mo<strong>der</strong>nen Bevölkerungspolitik ist.<br />

Sie kann mit dem Ziel betrieben werden, den<br />

Standort Deutschland beson<strong>der</strong>s für Hochqualifizierte<br />

attraktiver zu machen. Hierbei<br />

bestehen erhebliche Spielräume. Ziel von Migrationspolitik<br />

kann es nicht sein, die<br />

Schrumpfung und Alterung <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

in Deutschland durch intensive Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

zu stoppen, sie kann diese Entwicklungen nur<br />

abmil<strong>der</strong>n. Dies verdeutlicht ein Blick auf die<br />

zur Stabilisierung <strong>der</strong> Bevölkerungszahl erfor<strong>der</strong>liche<br />

rechnerische Netto-Zuwan<strong>der</strong>ung.<br />

Sie liegt für die kommenden fünfzig Jahre<br />

jährlich bei 350 bis 400 Tausend Personen.<br />

Unter Berücksichtigung <strong>der</strong> jährlichen Abwan<strong>der</strong>ung<br />

in Höhe <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Größenordnung<br />

wären bis zum Jahr 2060 insgesamt<br />

etwa 40 Millionen Zuwan<strong>der</strong>er erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Deutliche Spuren wird <strong>der</strong> demografische<br />

Wandel in Deutschland im Hinblick auf regionale<br />

Disparitäten entfalten. Die von<br />

Schrumpfung beson<strong>der</strong>s betroffenen Regionen<br />

Ostdeutschlands werden innerhalb eines<br />

Vierteljahrhun<strong>der</strong>ts einen Bevölkerungsrückgang<br />

von zum Teil über 40 Prozent erfahren.<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

Diese Entwicklungen werden eine Neubestimmung<br />

des Begriffs <strong>der</strong> „Gleichwertigkeit<br />

<strong>der</strong> Lebensverhältnisse“ und eine Neugestaltung<br />

<strong>der</strong> staatlichen „Daseinsvorsorge“ erfor<strong>der</strong>lich<br />

machen. Angesichts <strong>der</strong><br />

bevorstehenden Schrumpfung wird in einigen<br />

Regionen die Grundversorgung <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

mit sozialen Infrastrukturen nicht<br />

mehr in bisheriger Weise flächendeckend sichergestellt<br />

werden können. Antworten auf<br />

die Fragen eines sozialverträglichen Rückbaus<br />

und eines tendenziellen Rückzugs des<br />

Staates aus <strong>der</strong> Fläche werden gefunden<br />

werden müssen.<br />

Mo<strong>der</strong>ne Gesellschaften können auf bevölkerungspolitische<br />

Maßnahmen nicht verzichten,<br />

solche Maßnahmen sind jedoch achtsam<br />

zu entwickeln und einzusetzen, um <strong>der</strong> Gefahr<br />

des Missbrauchs zu begegnen.<br />

Die Bevölkerung in Deutschland wird aller<br />

Voraussicht nach rasch schrumpfen. Allerdings<br />

ist damit zu rechnen, dass gegen 2040<br />

eine Bevölkerungsgröße erreicht wird, die <strong>der</strong><br />

des Jahres 1960 entspricht. Es wird also im<br />

Hinblick auf die Bevölkerungsgröße kein Neuland<br />

betreten. Schrumpfung ist per se keine<br />

substanzielle Bedrohung. Sie hat womöglich<br />

sogar positive Begleiterscheinungen, etwa<br />

größere gesellschaftliche Teilhabechancen für<br />

den Einzelnen. Bedrohungs- o<strong>der</strong> gar Katastrophenszenarien,<br />

wie sie zahlreich kursieren,<br />

sind im Hinblick auf die Größe <strong>der</strong><br />

Bevölkerung nicht angebracht. Der demografische<br />

Wandel, wie er gegenwärtig in<br />

Deutschland stattfindet, stellt beson<strong>der</strong>s hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> Alterung und <strong>der</strong> starken regionalen<br />

Disparitäten eine große<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung dar, die es anzunehmen und<br />

zu bewältigen gilt. Falsch wäre es, die Wucht<br />

und Dynamik <strong>der</strong> zukünftigen Entwicklungen<br />

zu unterschätzen o<strong>der</strong> gar zu ignorieren.<br />

Wenn es gelingt, passende Antworten auf die<br />

Folgen <strong>der</strong> Bevölkerungsentwicklung für<br />

Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Sozialstatt und Zivilgesellschaft<br />

durch aktiv gestaltendes<br />

staatliches, bürgerschaftliches und privatwirtschaftliches<br />

Handeln zu finden, dann beinhaltet<br />

<strong>der</strong> demografische Wandel auch die<br />

Chance zur zukunftsorientierten gesellschaftlichen<br />

Fortentwicklung Deutschlands.<br />

1 Das Alter, das die Bevölkerung in eine jüngere und in<br />

eine ältere Hälfte teilt<br />

Norbert F. Schnei<strong>der</strong><br />

Professor für Soziologie;<br />

Direktor des Bundesinstitutes für<br />

Bevölkerungsforschung<br />

Friedrich-Ebert-Allee 4, 65185 Wiesbaden<br />

Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 21


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

Demografiepolitik<br />

Prof. Dr. Tilman Mayer<br />

Demografiepolitik stellt ein neu entstandenes<br />

Politikfeld (policy) dar, mit dem auf verschiedenen<br />

Ebenen – Bund, Land, Kommunen –<br />

und in verschiedenen Ressorts auf die demografischen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen geantwortet<br />

werden soll.<br />

Eine Antwort auf Bundesebene ist <strong>der</strong> seit<br />

Oktober 2011 verliegende „Bericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

zur demografischen Lage und<br />

künftigen Entwicklung des Landes“. Dem Bericht<br />

folgt im Frühjahr des Jahres 2012 ein<br />

Vorschlag für eine Demografiestrategie.<br />

Im „Ausblick“ des Berichts heißt es: „Die<br />

Bundesregierung versteht ihren Demografiebericht<br />

und – darauf aufbauend – die Demo-<br />

22 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

grafiestrategie als Beiträge zur Entwicklung<br />

einer ebenenübergreifenden Demografiepolitik<br />

für Deutschland und zu einer insgesamt<br />

nachhaltigen Entwicklung. Sie wird ausgehend<br />

von <strong>der</strong> bestehenden Zusammenarbeit<br />

im Rahmen ihrer Demografiestrategie auch<br />

Vorschläge unterbreiten, wo und in welcher<br />

Form eine zusätzliche ebenen- und maßnahmenübergreifende<br />

Koordinierung in Bezug<br />

auf Handlungsfel<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lich ist.“ 1 Weiter<br />

heißt es dort programmatisch richtig, Demografiepolitik<br />

sei eine „langfristige Gestaltungsaufgabe“<br />

(ebd.).<br />

Wer den Begriff Demografiepolitik verwendet,<br />

erkennt an, dass Politik auf den demografischen<br />

Wandel Einfluss nehmen kann und<br />

muss. Wie groß dieser Einfluss ist, bleibt aus<br />

wissenschaftlicher Sicht seit Jahrzehnten umstritten<br />

und hängt zudem auch vom jeweils<br />

anstehenden Konzept ab. Mit dem Begriff <strong>der</strong><br />

Demografiepolitik wird jedenfalls zum Ausdruck<br />

gebracht, dass Politik sich nicht länger<br />

neutral o<strong>der</strong> in Distanz zum demografischen<br />

Prozess verstehen kann. Auch nichts zu tun<br />

wäre eine Entscheidung.<br />

Deshalb hält die Bundesregierung in dem erwähnten<br />

„Ausblick“ des Demografieberichtes<br />

fest: „Um die Chancen des demo -<br />

grafischen Wandels zu nutzen und die Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

positiv zu gestalten, wird<br />

die Bundesregierung ihre demografiepolitischen<br />

Aktivitäten mit einer Demografiestrategie<br />

(…) ressortübergreifend koordinieren.“<br />

2<br />

Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen,<br />

Demografiepolitik zu betreiben: Eine gestalterische<br />

und anpassende Strategie. Die Strategien<br />

unterscheiden sich dabei grob nach<br />

•<br />

•<br />

•<br />

dem zeitlichen Horizont ihrer Ziele und<br />

Maßnahmen<br />

den ihnen zugrunde liegenden „Vorstellungen“<br />

von <strong>der</strong> politischen Wirkungskraft<br />

und Reichweite sowie<br />

den institutionellen und organisatorischen<br />

Konsequenzen.<br />

Eine gestalterische Demografiepolitik versucht,<br />

auf den demografischen Prozess proaktiv<br />

einzuwirken, ungeachtet <strong>der</strong> Frage, in<br />

wieweit Politik dazu in <strong>der</strong> Lage ist. Das legt<br />

den Akzent auf die Einflussnahme auf den<br />

demografischen Wandel, auf dessen Gestaltung<br />

und nimmt die demografischen Entwicklungen<br />

als Ganzes in den Blick. Eine<br />

gestalterische Demografiepolitik ist im Zweifel<br />

optimistisch, was die mittel- o<strong>der</strong> langfristigen<br />

Effekte eines <strong>der</strong>artigen Politikansatzes<br />

angeht, und nimmt die Entwicklungen nicht<br />

als Schicksal hin. Die gestaltende Demografiepolitik<br />

impliziert eine Generationenpolitik,<br />

die sich in diesen langen Zeiträumen abspielen<br />

muss. 3 Diese Vorgabe setzt eine strategische<br />

Herangehensweise – eine Demografiestrategie<br />

(s.u.) – voraus, d.h. es gilt,<br />

Ziele zu setzen, die in diesem Wandlungsprozess<br />

erreicht werden sollen. Die Ziele können<br />

auch in einer Korrektur von bisherigen Entwicklungen<br />

liegen. So wären Ziele etwa, das<br />

Geburtendefizit deutlich zu reduzieren, eine<br />

stabile Zahl von Zuwan<strong>der</strong>ern zu erreichen,<br />

angepasst an den Alterungsprozess die Lebensarbeitszeit<br />

auszuweiten sowie gleichzeitig<br />

im sinkenden Anteil jüngerer Menschen<br />

eine höhere Bildungsbeteiligung zu erreichen.<br />

Eine Demografiepolitik, die weniger korrektiv-gestalterisch<br />

angelegt ist, beschränkt sich<br />

an<strong>der</strong>erseits weitgehend darauf, anpassungsbezogene<br />

Prozesse zu initiieren, also in<br />

schrumpfenden Räumen den sogenannten<br />

Rückbau zu bewerkstelligen, die Verwaltung<br />

vor Ort mobil zu machen, Infrastruktureinrichtungen<br />

und Versorgungssysteme zu konzentrieren,<br />

Daseinsvorsorge auch weiterhin<br />

zu ermöglichen u.a.m. Eine solche Herangehensweise<br />

geht auf die aktuellen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

ein, analysiert treffend den Verlauf<br />

des demografischen Wandels und widmet<br />

sich <strong>der</strong> konkreten Machbarkeit in kurz- bis<br />

mittelfristiger Perspektive. Das strategische<br />

Vorgehen bedeutet in diesem Fall stärker das<br />

Koordinieren von Maßnahmen. 4<br />

Man kann also bei <strong>der</strong> Demografiepolitik unterscheiden<br />

zwischen


1<br />

2<br />

einer Langfristpolitik, die sozusagen regenerativ<br />

angelegt ist, eine pronatalistische<br />

Komponente enthält,<br />

bildungspolitisch anspruchsvoll angelegt<br />

ist, Migrationssteuerung mit qualitativen<br />

Erwartungen zu betreiben sucht,<br />

und<br />

einer Politik auf Sicht, die mehr mit Anpassungsfragen,<br />

Verwaltung des Wandels,<br />

Vorbereitung auf Rückbaumaßnahmen<br />

beschäftigt ist.<br />

Exkurs: Unstrittig ist die klare Abgrenzung<br />

<strong>der</strong> Demografiepolitik von einer Bevölkerungspolitik.<br />

Bevölkerungspolitik besteht<br />

jenseits rechtsstaatlich vertretbarer Maßnahmen<br />

auf Interventionen, etwa in <strong>der</strong><br />

Form von Abtreibungsverboten, <strong>der</strong> Begrenzung<br />

freier Partnerwahl und weiterer<br />

qualitativer Eingriffe, die im Sinne einer<br />

Eugenik oktroyiert werden. Bevölkerungspolitik<br />

zielt eindeutig auf das Wachstum<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung insgesamt – während<br />

Demografiepolitik schon erfolgreich wäre,<br />

würde es ihr gelingen, auch nur den<br />

Schumpfungsprozess mittelfristig aufzufangen<br />

o<strong>der</strong> abzubremsen. Die Sache <strong>der</strong><br />

Bevölkerungspolitik ist in Deutschland<br />

aufgrund <strong>der</strong> Politik des Dritten Reiches<br />

und als inhaltliches Konzept ohnehin nicht<br />

vertretbar.<br />

Nun kommt <strong>der</strong> Bundesregierung <strong>der</strong> Verdienst<br />

zu, einen Demografiebericht vorgelegt<br />

zu haben, <strong>der</strong> den demografischen Ist-Zustand<br />

überhaupt erfasst und eine verantwortungsvolle<br />

Sammlung einschlägiger Daten<br />

aufbereitet.<br />

Da aus dem Bericht eine Demografiestrategie<br />

entwickelt werden soll, seien deshalb zur<br />

weiterführenden Lageanalyse und Erkenntnisgewinnung<br />

unter strategischen Gesichtspunkten<br />

folgende identifiziert:<br />

Den größten Umfang des Berichts nehmen<br />

Anpassungsstrategien ein, die aufzeigen,<br />

welche Maßnahmen vor Ort erledigt werden<br />

sollten, um weiterzukommen.<br />

Auffallend ist aber auch eine Mobilisierungsstrategie,<br />

d.h. ein mehrfacher Appell an die<br />

Gesellschaft, dass aus ihr heraus Initiativen<br />

erfolgen müssen, um den Wandel bewältigen<br />

zu können. Der Rückzug des Staates als Leistungsverwaltung<br />

5 ist an vielen Stellen realistischerweise<br />

angekündigt.<br />

Deutlich kritisch ist allerdings doch anzumerken,<br />

dass eine eigentliche Korrekturstrategie,<br />

<strong>der</strong> man sich verschreiben muss, nicht ohne<br />

weiteres bisher erkennbar ist. Natürlich lässt<br />

sich über das Ausmaß korrigieren<strong>der</strong> Eingriffe<br />

diskutieren, auch im Parteienwettbewerb.<br />

Nur dürfte es kaum nachvollziehbar sein,<br />

dass zwar eine Lageanalyse vorgenommen<br />

wird, dann aber aus <strong>der</strong> Lage keine sachadäquate<br />

Konsequenz in <strong>der</strong> beanspruchten strategischen<br />

Dimension vollzogen wird. Die<br />

Bundesregierung muss vielmehr nachdrücklich<br />

ermutigt werden, die Kraft zu diesem<br />

Neuansatz aufzubringen. Die Opposition<br />

sollte bei dieser elementaren Aufgabe ihrerseits<br />

die Chance nutzen, konstruktiv und<br />

kreativ den Prozess zu beför<strong>der</strong>n.<br />

Wie lässt sich <strong>der</strong> Spielraum – im engeren<br />

und im weiteren Sinne – entwickeln bzw. unterscheiden,<br />

den eine Demografiepolitik politisch<br />

neu eröffnet? Folgende<br />

Differenzierung bietet sich an: Integration<br />

des Politikfeldes, als zusätzliches (Querschnitts-)Politikfeld<br />

und als eigenständiges<br />

Politikfeld.<br />

Demografiepolitik lässt sich in die bestehenden,<br />

themenverwandten Politikfel<strong>der</strong> integrieren.<br />

Alle Ressorts betreiben dann<br />

Demografiepolitik, so wie Umweltpolitik früher<br />

einmal überall verteilt war. Der integrative<br />

Ansatz hätte den Vorteil, dass viele von<br />

dem neuen Politikansatz profitieren könnten.<br />

Mit einem zusätzlichen Politikfeld Demografiepolitik<br />

täte sich ein Ansatz auf, <strong>der</strong> die bestehenden<br />

Politikfel<strong>der</strong> um ein Neues<br />

ergänzte. Es ließe sich eine Art arbeitsteilige<br />

Herangehensweise feststellen. Allerdings mit<br />

<strong>der</strong> Gefahr, dass <strong>der</strong> Querschnittscharakter<br />

den Herausfor<strong>der</strong>ungen des Demografieprozesses<br />

nicht gewachsen ist.<br />

Eine avancierte Position von Demografiepolitik<br />

würde das Politikfeld als organisatorisch<br />

eigenständiges konzipieren. Das bedeutet,<br />

das Politikfeld würde auch institutionell eine<br />

Konzentration <strong>der</strong> Beobachtungs- und Handlungserfor<strong>der</strong>nisse<br />

als allein zielführend ansehen.<br />

Letztlich verlangte dieser Ansatz auch<br />

haushalterisch eine Kompetenzzuschreibung.<br />

Familien-, Frauen-, Jugend-, Alten-, Generationen-,<br />

Emanzipations-, Gleichstellungs-, Integrations-,<br />

Migrationspolitik u.a.m. sind die<br />

– sicherlich gut vertretbaren, spezifisch sinnvollen<br />

und hier unbestritten- unterschiedlichen<br />

Ansätze (und Bezeichnungen von<br />

Ministerien), die nun von einer Demografiepolitik<br />

überwölbt werden. Es kommt nicht zu<br />

einem Einschmelzen <strong>der</strong> für wichtig erachteten<br />

Politikansätze. Der Neuansatz bedeutet,<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

dass man eine Art Superversion aufbaut, die<br />

nötig ist, um dem Wandlungsprozess gewachsen<br />

zu sein.<br />

Eine demografiepolitische Agenda umfasst<br />

mindestens die folgenden bereits diskutierten<br />

Maßnahmen und Ziele:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Verlängerung <strong>der</strong> Lebensarbeitszeit,<br />

gesundheitsgestützte Erhöhung <strong>der</strong><br />

Leistungsfähigkeit Älterer im Erwerbsleben,<br />

Weiter- o<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>beschäftigung von<br />

Eltern in/nach Erziehungsphasen,<br />

mehr Angebote von höherer Teilzeitbeteiligung<br />

im Erwerbsleben durch Erziehende,<br />

Anwerbung hochqualifizierter Migranten<br />

(Fachkräftesicherung),<br />

höhere Anerkennung von Erziehungsleistungen<br />

in <strong>der</strong> Alterssicherung,<br />

alterssicherungsbezogener Ausbau von<br />

Rückstellungen (Pensionen).<br />

Machbarkeit<br />

Essentials einer<br />

Demografiepolitik<br />

Zwar werden Linien z.B. aus <strong>der</strong> Familienpolitik<br />

und vielen weiteren Politikfel<strong>der</strong>n ausgezogen,<br />

die schon angelegt sind, aber<br />

Demografiepolitik – zumindest im Sinne<br />

einer Synopse gedacht – führt zusammen,<br />

was bisher getrennt voneinan<strong>der</strong> verhandelt<br />

und betrieben wurde. Die Machbarkeit ist<br />

nicht das Problem.<br />

Kompetenz<br />

Es muss Politiker geben, die den demografischen<br />

Wandel überschauen können.<br />

Ebenen<br />

Eine Demografiepolitik erfasst die ganze Bevölkerung<br />

und ist deshalb auf <strong>der</strong> Bundesebene<br />

erfor<strong>der</strong>lich zu entfalten. Zugleich<br />

werden auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> und<br />

<strong>der</strong> Kommunen demografiepolitische Konzepte<br />

und Programm bereits aufgelegt.<br />

Erfahrung<br />

Aus den bestehenden Politikfel<strong>der</strong>n können<br />

Erfahrungen eingebracht werden, wobei<br />

zweifelsfrei die meisten demografierelevanten<br />

Erfahrungen im Bundesministerium für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorliegen<br />

dürften. Zusätzliche Kenntnisse in den<br />

Bereichen Alterung, Migration und das dazu-<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 23


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

gehörende politisch-gouvernementale, operative<br />

Wissen lassen sich organisieren.<br />

Messbarkeit des Erfolgs<br />

Erfolge im demografischen Wandel, <strong>der</strong> gar<br />

seitens <strong>der</strong> Politik bedingt sein soll, messen<br />

zu wollen, ist nicht einfach. Ein Erfolgsset<br />

dürfte das Folgende sein, das graduell unterschiedlich<br />

stark in <strong>der</strong> Öffentlichkeit o<strong>der</strong> im<br />

politischen Wettbewerb mitgetragen werden<br />

dürfte:<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

Anhebung <strong>der</strong> durchschnittlichen Kin<strong>der</strong>zahl<br />

pro Frau<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Lebensarbeitszeit, um die<br />

Alterssicherung länger als zur Zeit zu gewährleisten<br />

Vereinbarkeit von beruflichen und familiären<br />

Leistungen durch adäquate Rahmenbedingungen<br />

gewährleisten<br />

Steuerlich bessere Entlastung von Menschen<br />

mit Kin<strong>der</strong>n (Familiensplitting)<br />

Neue Akzentuierung von Gleichstellungspolitiken,<br />

die das Vorhandensein<br />

von Kin<strong>der</strong>n berückschtigen<br />

Ergänzende, produktivitätsför<strong>der</strong>nde Zuwan<strong>der</strong>ung,<br />

die Fachkräfte sichert<br />

Gesundheitsstand <strong>der</strong> älteren Generation<br />

zusätzlich erhöhen.<br />

Institutionelle Konsequenz: -structure follows<br />

strategy-<br />

Es kann keine Überraschung mehr sein, zu<br />

konstatieren, dass ein neuer Politikansatz aus<br />

24 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

einem Guss erfolgen und insofern am besten<br />

in einer Hand liegen sollte. Sofern die Chance<br />

besteht, das breite Spektrum <strong>der</strong> Demografiepolitik<br />

zu konzentrieren und überwiegend<br />

in eine Hand zu geben, sollte es das Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend (BMFSFJ) sein. Auch um ein Zeichen<br />

zu setzen bzw. um die Aufgabenerfüllung<br />

überwiegend einem Ressort zuzusprechen,<br />

das sich bereits ohnehin stark mit demografischen<br />

Prozessen beschäftigt. Das BMFSFJ<br />

müsste ausgebaut werden und zu seiner<br />

Stärkung im neuen Politikfeldkontext haushalterisch<br />

die entsprechende Zuständigkeit<br />

zugebilligt bekommen.<br />

Das BMFSFJ müsste als Instanz fungieren, die<br />

den demografischen Wandel in eine gesellschaftserhaltende,<br />

den Zusammenhalt <strong>der</strong><br />

Gesellschaft gewährleistende Richtung<br />

bringt. Insgesamt würde damit eine Demografiestrategie<br />

konsequent institutionell unterfüttert.<br />

Neben Arbeit und Soziales,<br />

Wirtschaft, Bildung, Umwelt, Verteidigung<br />

u.a. träte Demografie als neues Regierungssegment<br />

und Politikfeld integrativ hinzu.<br />

„Der demografische Wandel und seine Gestaltung<br />

sind ein komplexer Prozess. Demografiepolitik<br />

ist daher eine langfristige<br />

Gestaltungsaufgabe“ 6 Dabei sind folgende<br />

Punkte zu bedenken:<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Demografische Prozesse dürfen nie als<br />

quasi schicksalsartige, determinierte und<br />

unbeeinflussbare Prozesse festgeschrieben<br />

werden. Denn wenn es keine Spielräume<br />

für ein konstruktives politisches<br />

Handeln gäbe, wäre die Entwicklung<br />

einer Demografiestrategie ein überflüssiges<br />

Unterfangen.<br />

Ein notwendiger, aber sicherlich kein hinreichen<strong>der</strong><br />

Ansatz wäre es, den Strom<br />

bzw. die Richtung des demografischen<br />

Prozesses zu kanalisieren. Die gestalterische<br />

Einflussnahme auf den demografischen<br />

Wandel in seiner ganzen Breite<br />

ist das Gebot <strong>der</strong> Stunde.<br />

Eine demografiepolitische Agenda, ressortübergreifend,<br />

ist bereits angedacht<br />

und kann sicherlich das bekannte Set<br />

von Maßnahmen umfassen.<br />

Demografiepolitik steht für die Erkenntnis,<br />

dass <strong>der</strong> demografische Wandel<br />

kaum aus nur begrenzten Politikfel<strong>der</strong>n<br />

heraus gestaltbar ist, die zwar alle ihre<br />

spezifische Berechtigung haben, aber<br />

einer übergeordneten Strategie bedürfen.


5<br />

Die Durchsetzung <strong>der</strong> geplanten Demografiestrategie einer lockeren<br />

Querschnittspolitik zu überantworten, ließe an <strong>der</strong> Erfolgsmöglichkeit<br />

sehr zweifeln. Aufgaben müssen konzentriert,<br />

nicht verteilt werden. Das bedeutet keinen Dispens für an<strong>der</strong>e<br />

Ressorts, im Gegenteil, sie sind nun auf Augenhöhe angehalten,<br />

demografische Faktoren zu beachten.<br />

Demografiepolitische Konzepte bedürfen <strong>der</strong> Einbettung in ein gesellschaftliches<br />

Klima, welches<br />

• das Kin<strong>der</strong>haben für selbstverständlich ansieht und viel mehr<br />

als bisher mit trägt,<br />

• Migration nicht einfach als Gefahr diskutiert,<br />

• in <strong>der</strong> Alterung auch Chancen sieht,<br />

• die regenerative Entscheidung als Leistung für die gesamte<br />

Gesellschaft goutiert und deshalb<br />

• Eltern im Erwerbsleben beson<strong>der</strong>s för<strong>der</strong>t, darunter beson<strong>der</strong>s<br />

die Frauen.<br />

•<br />

Das Mediensystem hat ebenfalls in gesellschaftsklimatischer Hinsicht<br />

eine nicht zu unterschätzende, Richtung gebende, Bedeutung.<br />

Neben <strong>der</strong> wichtigen und neutralen Berichtspflicht sollte darauf<br />

geachtet werden, dass weniger normativ vorgegeben wird, wie<br />

gelebt werden woll.<br />

Schließlich ist auch in diesem sensiblen, den Menschen unmittelbar<br />

betreffenden Sektor <strong>der</strong> Gesellschaft darauf zu achten, dass es zu<br />

keinen Dogmatisierungen o<strong>der</strong> Ideologisierungen von Konzepten<br />

kommt. Es gibt viele legitime Ansätze. 7<br />

Es sollte aber Konsens im Ziel bestehen, dass <strong>der</strong> Bevölkerungswandel<br />

seitens <strong>der</strong> Politik einer konzeptionellen Begleitung bzw.<br />

Steuerung bedarf, die den Erhalt wie den Zusammenhalt <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

als gemeinsames normatives Ziel zur Grundlage hat.<br />

Tilman Mayer<br />

Professor für politische Theorie, Ideen- und Zeitgeschichte an <strong>der</strong><br />

Universität Bonn;<br />

Präsident <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für Demographie<br />

Universität Bonn<br />

Lennèstr. 25, 53113 Bonn<br />

1 Bundesministerium des Innern (2011): Demografiebericht, Bericht<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung zur Demografischen Lage und zukünftigen<br />

Entwicklung des Landes, Seite 245<br />

http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2011/demografiebericht.pdf?_blob=publicationFile<br />

2 Ebd. S. 242<br />

3 Vgl. dazu auch Tilman Mayer (2011): Demografiepolitik – gestalten<br />

o<strong>der</strong> verwalten? In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur<br />

Wochenzeitung „Das Parlament“. 10-11, S. 18<br />

4 Ebd.<br />

5 Bundesministerium des Innern (2011): Demografiebericht, Bericht<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung zur Demografischen Lage und zukünftigen<br />

Entwicklung des Landes, Seite 211<br />

http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2011/demografiebericht.pdf?_blob=publicationFile<br />

7 Dass die generative Entscheidung nur eine <strong>der</strong> Eltern sein kann<br />

und nicht, wie in <strong>der</strong> Bevölkerungspolitik, staatlich ertrotzt wird,<br />

es also um die freie Verwirklichung des Kin<strong>der</strong>wunsches geht, charakterisierte<br />

eine mo<strong>der</strong>e Demographiepolitik.<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 25


Eine Stadt stellt sich vor - Bayreuth<br />

Bayreuth<br />

„Irgendwann sitzen wir alle in Bayreuth zusammen<br />

und fragen uns, wir wir es nur<br />

irgendwo an<strong>der</strong>s aushalten konnten.“<br />

Richard Wagner<br />

Friedrich Nietzsche<br />

Das beschauliche Dasein <strong>der</strong> fränkischen Kleinstadt fand ein Ende,<br />

als 1876 die Richard-Wagner-Festspiele ihren Anfang nahmen. Schon<br />

1873 hatte Richard Wagner sein Wohnhaus, von ihm „Wahnfried“<br />

genannt, bezogen. Die Stadtväter erhofften sich von den Festspielen<br />

zurecht eine starke Belebung und Fortentwicklung. Nach dem Tod<br />

Wagners wurde das Festspielunternehmen von seiner Witwe Cosima<br />

fortgeführt. Hochrangige Musiker und Literaten, aber auch immer<br />

mehr Prominenz aus Wirtschaft und Politik unter den Besuchern sorgten<br />

dafür, dass sich die Bayreuther Festspiele ab 1888 im kulturellen<br />

und gesellschaftlichen Leben Europas fest etablierten.<br />

26 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Festspielhaus


Richard-Wagner-Jubiläum<br />

Bayreuth 2013<br />

Rund um den 200. Geburtstag Richard Wagners<br />

bietet die Stadt Bayreuth ein vielfältiges Kulturprogramm<br />

„Bayreuth 2013 – Da steckt Wagner drin!“ –<br />

Unter diesem Motto feiert die Stadt Bayreuth<br />

mit einem vielfältigen Programm den 200. Geburtstag<br />

Richard Wagners, dem die Stadt ihre<br />

weltweite Bekanntheit zu verdanken hat.<br />

Schon 1850 äußerte Richard Wagner erstmals die Idee, seine Opern-<br />

Tetralogie Der Ring des Nibelungen im Rahmen beson<strong>der</strong>er „Festspiele“<br />

aufzuführen. Doch erst das Mäzenat des bayerischen Königs<br />

Ludwig II., <strong>der</strong> Wagner und seine Musik vergötterte, ermöglichte ihm<br />

über 25 Jahre später im oberfränkischen Bayreuth die Realisierung<br />

seines Lebenstraums: 1876 fand im eigens hierfür errichteten Festspielhaus<br />

die Uraufführung des Rings statt. Kurz vor seinem Tod<br />

konnte er „hier, wo mein Wähnen Frieden fand“, wie die Inschrift auf<br />

<strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>seite seines Bayreuther Wohnhauses Wahnfried lautet,<br />

auch noch sein letztes Werk, Parsifal, vollenden.<br />

Das kürzlich von <strong>der</strong> UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Markgräfliche<br />

Opernhaus (erbaut 1748) war <strong>der</strong> Anlass für Richard Wagner,<br />

auf <strong>der</strong> Suche nach geeigneten Aufführungsorten für seinen Ring<br />

1871 <strong>der</strong> Stadt Bayreuth einen Besuch abzustatten, er hatte von dessen<br />

enormer Bühnengröße gehört. Jedoch waren Orchestergraben<br />

und Zuschauerraum für seine Pläne zu klein, ihm gefiel aber die Stadt.<br />

Bereits ein Jahr später – ein visionärer Bürgermeister hatte ihm das<br />

Grundstück am Grünen Hügel geschenkt – dirigierte er zur Grundsteinlegung<br />

seines Festspielhauses Beethovens Neunte Symphonie<br />

im Markgräflichen Opernhaus.<br />

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Eine Stadt stellt sich vor - Bayreuth<br />

Am 22. Mai 2013 jährt sich <strong>der</strong> Geburtstag des Komponisten und<br />

Grün<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Bayreuther Festspiele zum 200. Mal, sein Todestag am<br />

13. Februar 1883 zum 130. Mal – ein willkommener Anlass für die<br />

Stadt Bayreuth, Interessierte und Wagnerbegeisterte aus <strong>der</strong> ganzen<br />

Welt nach Bayreuth einzuladen, um an diesem wichtigsten seiner<br />

Wirkungsorte sein Jubiläum zu begehen.<br />

Christian Thielemann dirigiert im Festspielhaus am Geburtstag des<br />

Jubilars das Orchester <strong>der</strong> Bayreuther Festspiele – mit hochrangigen<br />

Solisten. Im Anschluss gibt es ein Geburtstagsfest für alle (Veranstalter:<br />

BF Medien GmbH).<br />

Während des gesamten Jahres 2013 bietet ein groß angelegter Programm-Reigen<br />

mit Konzerten, Musiktheaterproduktionen bis hin zu<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 27


Eine Stadt stellt sich vor - Bayreuth<br />

chen Zugang zu Richard Wagners Musik, seinem musikdramatischen<br />

Werk und seinen Lebensstationen – in Zusammenarbeit mit vielen<br />

Bayreuther Kultureinrichtungen.<br />

Wagner – szenisch<br />

Das Jubiläumsjahr eröffnen die sieben Blechbläser von Mnozil Brass<br />

mit einer „Wagner-Blech-Comedy“. Die Uraufführung von HOJO-<br />

TOHO – ein Auftragswerk <strong>der</strong> Stadt Bayreuth – findet am 6. Januar<br />

in <strong>der</strong> Stadthalle statt. Die Produktion unter Regie von Philippe Arlaud<br />

verneigt sich einerseits vor dem großen Meister, an<strong>der</strong>erseits wird<br />

auch <strong>der</strong> theatralen Umsetzung – mit einem gewissen Augenzwinkern<br />

– gehöriger Platz eingeräumt.<br />

Musiktheater im besten Sinne verspricht „Rheingold-Feuerland“ im<br />

Mai 2013. Das Ensemble <strong>der</strong> Neuköllner Oper präsentiert ein Stück<br />

nach Motiven des Ring des Nibelungen, die Musik von Simon Stockhausen<br />

verbindet darin Rückbesinnung und Neukomposition.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s nähert sich Stefan Kaminski (deutscher Synchronsprecher<br />

des Kermit im aktuellen Muppets-Film) dem Ring. An vier Abenden<br />

im August lässt er die vier Teile als Live-Hörspiel-Theater<br />

erklingen, indem er fließend von einer Rolle in die nächste schlüpft<br />

und so akustisch ein ganzes Schauspiel-Ensemble ersetzt.<br />

Dahingegen arbeitet „Der Ring an einem Abend“ mit einem tatsächlichen<br />

Ensemble, zeigt aber das Monumentalwerk in einer Kurzfassung<br />

von vier Stunden. Für das Jubiläumsjahr wird es eine<br />

Neuproduktion des Werks geben, unter <strong>der</strong> Regie von Philippe Arlaud,<br />

die musikalische Leitung hat Nicolaus Richter. Premiere ist am 24.<br />

Juli.<br />

Die Bayreuther Festspiele bringen 2013 die bereits angekündigte<br />

Neuinszenierung des Ring des Nibelungen heraus. In Kooperation mit<br />

<strong>der</strong> Oper Leipzig werden im Jubiläumsjahr Wagners Frühwerke Die<br />

Feen, Das Liebesverbot und Rienzi – teilweise konzertant – durch die<br />

BF Medien GmbH produziert.<br />

Wagner –<br />

symphonisch bis vokal<br />

2013 werden herausragende Orchester, Chöre und Solisten zu Gast<br />

in Bayreuth sein, um Werke Richard Wagners in verschiedenen Interpretationen<br />

und Traditionen erlebbar zu machen, beson<strong>der</strong>s auch<br />

neben Werken seiner Zeitgenossen.<br />

Mitte Juni gibt sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks<br />

München unter <strong>der</strong> Leitung von Andris Nelsons die Ehre. Auf<br />

28 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

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Eine Stadt stellt sich vor - Bayreuth<br />

dem Programm stehen Wagners Wesendonck-Lie<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Sopranistin<br />

Christianne Stotijn, Ouvertüre und Bacchanal aus Tannhäuser<br />

sowie Dvořaks 8. Symphonie.<br />

Natürlich darf im Wagner-Jubiläumsjahr die Bayerische Staatsphilharmonie<br />

nicht fehlen: Die Bamberger Symphoniker, die sich seit ihrer<br />

Gründung den Werken Wagners widmen, präsentieren in einem exklusiven<br />

Konzert konzertante Auszüge aus <strong>der</strong> Ring-Tetralogie unter<br />

Leitung von Chefdirigent Jonathan Nott.<br />

Einen großen Abend verspricht die Sächsische Staatskapelle Dresden<br />

unter ihrem neuen Chefdirigenten Christian Thielemann zur Festspielzeit.<br />

Auf dem Programm stehen Ouvertüren und Vorspiele zu Hollän<strong>der</strong>,<br />

Tannhäuser, Rienzi und Lohengrin sowie „Isoldes Tod“ des<br />

kürzlich verstorbenen H.W. Henze. Der Tenor Johan Botha, in Bayreuth<br />

zuletzt aus Siegmund zu hören, interpretiert das Gebet des Rienzi<br />

und die Rom-Erzählung aus dem Tannhäuser.<br />

Wagners einziges Oratorium „Das Liebesmahl <strong>der</strong> Apostel“ stellt das<br />

Festival Musica Bayreuth als Beitrag zum Wagnerjahr vor. Ergänzt<br />

wird das Programm durch Chöre aus Opern von Wagner, Meyerbeer,<br />

<strong>der</strong> ihn stark beeinflusste, und Verdi.<br />

Einen Lie<strong>der</strong>abend präsentiert Annette Dasch, die Elsa aus Neuenfels<br />

Lohengrin-Inszenierung (am Klavier: Wolfram Rieger), einen weiteren<br />

Adrian Eröd, Beckmesser in Katharina Wagners Meistersinger-Inszenierung.<br />

Er interpretiert Lie<strong>der</strong> von Wagner, Britten und Schumann<br />

(am Klavier: Eduard Kutrowatz).<br />

Höhepunkte des kammermusikalischen Programms markieren Konzerte<br />

des Trio Parnassus zum Todestag Wagners am 13. Februar mit<br />

<strong>der</strong> Uraufführung einer Auftragskomposition <strong>der</strong> Stadt Bayreuth, des<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 29


Eine Stadt stellt sich vor - Bayreuth<br />

Anima String Quartet, des Klavierduo Tal/ Groethuysen und, veranstaltet<br />

von Steingraeber & Söhne, ein Abend mit Fazil Say, <strong>der</strong> sich<br />

ganz Wagner-Paraphrasen und -Adaptionen verschreibt.<br />

Ein weiteres Highlight des Sommers wird mo<strong>der</strong>iert von Götz Alsmann:<br />

Unter dem Motto „Wagner für alle“ gibt die Staatskapelle<br />

Weimar ein Open-Air-Konzert auf dem Marktplatz <strong>der</strong> Stadt – umsonst<br />

und draußen.<br />

Wagner für die Jugend und<br />

Education-Programm<br />

Das Mahler Chamber Orchestra (MCO) ist ein führendes internationales<br />

Kammerorchester, das weltweit auf den bedeutenden Bühnen<br />

spielt. Im Richard-Wagner-Jubiläumsjahr 2013 wird es zum einen ein<br />

großes Orchesterkonzert mit Werken von Wagner und Schumann,<br />

zum an<strong>der</strong>en auch ein kammermusikalisches Konzert <strong>der</strong> Mahler<br />

Chamber Soloists geben. Darüber hinaus engagieren sich die Musiker<br />

des MCO zunehmend im sozialen und pädagogischen Bereich, so<br />

dass auch in Bayreuth ein großes Education-Projekt zu den Themen<br />

„Wie funktioniert ein Orchester“ und „Programmheftgestaltung“<br />

stattfinden wird.<br />

Auch die Produktion von „Der Ring an einem Abend“ lädt dazu ein,<br />

einen Tag lang hinter die Kulissen zu schauen. Ganz im Zeichen <strong>der</strong><br />

Jugend stehen auch die Aufführungen des Young Philharmonic Orchestra<br />

Jerusalem Weimar, das junge Musikstudenten aus Deutschland<br />

und Israel unter <strong>der</strong> Leitung von Michael San<strong>der</strong>ling<br />

zusammenführt, sowie die <strong>der</strong> jungen deutsch-französischen philharmonie,<br />

ein professionelles Nachwuchsorchester unter <strong>der</strong> musikalischen<br />

Leitung von Nicolaus Richter. Als Botschafter Bayreuths wird<br />

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30 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

es zum Jubiläum <strong>der</strong> Elysée-Verträge eine Tournee nach Paris, Straßburg,<br />

<strong>Berlin</strong>, Leipzig und Budapest antreten.<br />

Einen Überblick über diese und alle weiteren Education-Projekte und<br />

Veranstaltungen für Kin<strong>der</strong> gibt es in <strong>der</strong> Broschüre „Junges Publikum“.<br />

Darüber hinaus gibt es ein attraktives und buntes Rahmenprogramm<br />

mit Ausstellungen, Vorträgen, Seminaren und Lesungen<br />

sowie Führungen, beson<strong>der</strong>en Erlebnisprogrammen und Reiseangeboten<br />

rund um Richard Wagner, sein Leben und Wirken. Beson<strong>der</strong>es<br />

Augenmerk gilt dabei dem Haus Wahnfried, wo trotz Baustelle die<br />

Wan<strong>der</strong>ausstellung „Götterdämmerung – König Ludwig II. und seine<br />

Zeit“ vom 26. Juli bis 29. September präsentiert wird.<br />

Gestaltet und realisiert wird das äußerst vielfältige Programm zum<br />

Richard-Wagner-Jubiläum 2013 insbeson<strong>der</strong>e von den zahlreichen<br />

Partnern <strong>der</strong> Stadt Bayreuth: Anthroposophische Gesellschaft Bayreuth,<br />

BF Medien GmbH, Deutsch-Polnische Gesellschaft, Haus <strong>der</strong><br />

Bayerischen Geschichte, Hochschule für evangelische Kirchenmusik,<br />

Internationale Siegfried-Wagner-Gesellschaft, Jazzforum Bayreuth,<br />

Kirchenmusik an <strong>der</strong> Schlosskirche, Kulturfreunde Bayreuth, Kulturund<br />

Sozialstiftung Bayreuther Osterfestival, Marionettentheater<br />

Operla, Mozartgemeinde Bayreuth, Musica Bayreuth, Opernstudio<br />

Oberfranken, Richard-Wagner-Museum, Richard-Wagner-Stipendienstiftung,<br />

Richard-Wagner-Verband Bayreuth, Städtische Musikschule<br />

Bayreuth, Steingraeber & Söhne KG, Studiobühne Bayreuth,<br />

Tonkünstlerverband Bayreuth, Tourist-Information Bayreuth, Universität<br />

Bayreuth, Volkshochschule Bayreuth sowie Zeit für Neue<br />

Musik.<br />

Weitere Informationen gibt es auf www.wagnerstadt.de sowie in <strong>der</strong><br />

druckfrisch erschienenen, zweiten Auflage <strong>der</strong> Broschüre zum Richard-Wagner-Jubiläumsjahr<br />

2013.


Veranstaltungen 2013<br />

Bayreuther Osterfestival<br />

(29. März bis 7. April)<br />

Das Osterfestival bietet hochkarätige Konzerte <strong>der</strong> Internationalen<br />

Jungen Orchesterakademie von Klassik bis Jazz. Die Einnahmen werden<br />

<strong>der</strong> Kultur- und Sozialstiftung Internationale Junge Orchesterakademie<br />

zur Verfügung gestellt, die einen Beitrag zur Heilung<br />

chronisch kranker und krebskranker Kin<strong>der</strong> leistet.<br />

Frühlingsfest<br />

(30. März - 07. April 2013)<br />

Mit einem Böllerschuss, dem Verkauf von Überraschungskuverts und<br />

einem offiziellen Bieranstich im Festzelt auf dem Volksfestplatz beginnt<br />

traditionell das Bayreuther Frühlingsfest. Spektakuläre Fahrgeschäfte,<br />

vielfältige Veranstaltungen und ein buntes musikalisches<br />

Programm sorgen eine Woche lang für Kirmesatmosphäre.<br />

Musica Bayreuth<br />

(Mai 2013)<br />

Die klassische Konzertreihe mit Orchesterkonzerten, Kammerkonzerten<br />

und Solistenabenden ist seit Jahrzehnten eine feste Konstante im<br />

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Kulturleben <strong>der</strong> Stadt und eines <strong>der</strong> großen Kulturereignisse außerhalb<br />

<strong>der</strong> Festspiele. Die Musica bietet ein vitales und abwechslungsreiches<br />

Programm – von Barock bis Gegenwartsmusik.<br />

Maisel's Weißbierfest<br />

(02.-05. Mai 2013)<br />

Ein Festvergnügen für Bayreuth und die ganze Region: Die Brauerei<br />

Gebrü<strong>der</strong> Maisel lädt alljährlich zum Feiern auf das Brauereigelände<br />

ein. In über zwei Jahrzehnten hat das Weißbierfest stets an Attraktivität<br />

gewonnen und ist zugleich eine <strong>der</strong> größten Auftaktveranstaltungen<br />

in die Open-Air-Saison. Tausende von Besuchern sind an den<br />

vier Tagen auf dem Brauereihof an <strong>der</strong> Hindenburgstraße zu Gast.<br />

Und für jede Generation ist etwas dabei.<br />

Bayreuther Volksfest<br />

(17. Mai- 27. Mai 2013)<br />

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Eine Stadt stellt sich vor - Bayreuth<br />

Bayeuth bietet an elf Tagen über Pfingsten eines <strong>der</strong> größten Volksfeste<br />

in Franken. Mit rund 50 Schaustellergeschäften, zwei Festzelten<br />

und erlebnisreichen Rahmenprogrammen, zum Beispiel Feuerwerke<br />

zum Auftakt und Abschluss, einem Familientag, <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Miss<br />

Volksfest o<strong>der</strong> attraktiven Boxveranstaltungen ist das Volksfest ein<br />

beliebter Treffpunkt für Jung und Alt.<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 31


Eine Stadt stellt sich vor - Bayreuth<br />

Bayreuther Bürgerfest<br />

(05.-07. Juli 2013)<br />

Das Bürgerfest findet alljährlich am ersten Juliwochenende im historischen<br />

Zentrum Bayreuths statt. Neben dem Bayreuther Volksfest ist<br />

es das Highlight <strong>der</strong> Festsaison schlechthin. Hatte das Bürgerfest<br />

1977 noch als eintägiges Straßenfest begonnen, so entwickelte es<br />

sich rasch zur beliebtesten Festveranstaltung im sommerlichen Bayreuth.<br />

Heute ist es eine dreitägige Megaveranstaltung mit bis zu<br />

120.000 Besuchern.<br />

Künstlermarkt<br />

(07.07.2013)<br />

Eingebettet ins Bayreuther Bürgerfest lädt <strong>der</strong> Künstlermarkt Kunstschaffende<br />

und Kunstliebhaber aus nah und fern zum Schauen, Staunen,<br />

Diskutieren und Kaufen ein. Künstler aus <strong>der</strong> Region und darüber<br />

hinaus präsentieren sich mit ihren Arbeiten im Bereich <strong>der</strong> Malerei,<br />

Grafik und Plastik dem Bayreuther Publikum.<br />

Afro-Karibik-Festival<br />

(18.-21. Juli 2013)<br />

Das Afro-Karibik-Festival ist ein großes Straßenfest in <strong>der</strong> Bayreuther<br />

Innenstadt. Musik aus Afrika und <strong>der</strong> Karibik, dazu traditionelle Speisen<br />

aus diesen Län<strong>der</strong>n und ein Markt, <strong>der</strong> mehr einem Basar gleicht:<br />

Vier Tage darf auf dem Stadtparkett gefeiert und getanzt werden.<br />

"Wakadjo" - lass' uns tanzen - heißt das Motto und feurige Rhythmen<br />

heizen den Besuchern regelmäßig ein. An über 50 Waren- und<br />

Kulinarikständen wird die afrikanische und karibische Kultur präsentiert.<br />

Der Eintritt ist an allen Tagen frei!<br />

Richard-Wagner-Festspiele<br />

(25. Juli bis 28. August 2013)<br />

Alljährlich im Sommer wird Bayreuth zum kulturellen Zentrum <strong>der</strong><br />

künstlerischen Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Musik Richard Wagners. Die<br />

Bayreuther Festspiele haben die Stadt ebenso international bekannt gemacht<br />

wie ihre Sänger, Dirigenten, Regisseure und Bühnenbildner. Rufen<br />

die Fanfarn zum Beginn <strong>der</strong> Richard-Wagner-Festspiele, strömt ein internationales<br />

Publikum zum Festspielhaus auf den Grünen Hügel.<br />

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Sommernachtsfest<br />

(27. Juli 2013)<br />

Eines <strong>der</strong> schönsten und mit Sicherheit romantischsten Feste Frankens<br />

ist das Bayreuther Sommernachtsfest in <strong>der</strong> Eremitage, das alljährlich<br />

Ende Juli/Anfang August den weitläufigen Park in eine riesige Festwiese<br />

verwandelt. An alte, markgräfliche Traditionen anknüpfend,<br />

wurde dieses Fest 1969 wie<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Taufe gehoben. Heute zieht<br />

es als Aktien-Pilsner-Sommernachtsfest viele Tausend Besucher in seinen<br />

Bann.<br />

Festival Junger Künstler<br />

(August 2013)<br />

Das internationale Jugend-Festspieltreffen – heute Festival junger<br />

Künstler Bayreuth – hat im Laufe <strong>der</strong> Jahre viele tausend Studenten<br />

aus über 80 Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Erde willkommen geheißen. Es wird alljährlich<br />

zur Festspielzeit zum Forum <strong>der</strong> internationalen Begegnung und<br />

zum Experimentierfeld für neue Ideen in fast allen Disziplinen <strong>der</strong><br />

Kunst.<br />

Theater auf Touren<br />

(Oktober bis Dezember)<br />

Im Rahmen des von <strong>der</strong> Stadt angebotenen Herbstabonnements, das<br />

in <strong>der</strong> Regel in den Monaten Oktober bis Dezember stattfindet, werden<br />

interessante Schauspiel- sowie Opernproduktionen von Tourneetheatern<br />

präsentiert.<br />

Bayreuther Christkindlesmarkt<br />

(29.11. - 23.12.2013)<br />

Rund um den Neptunbrunnen am Markt, vor dem Hintergrund <strong>der</strong><br />

barocken Spitalkirche, präsentiert sich <strong>der</strong> Christkindlesmarkt vor <strong>der</strong><br />

weihnachtlichen Kulisse des historischen Bayreuth. Neben <strong>der</strong> längsten<br />

Lichterkette Frankens bietet das weihnachtliche Bayreuth einen<br />

<strong>der</strong> schönsten Christkindlesmärkte mit weihnachtlichen Ständen,<br />

Krippenausstellung und einem reichhaltigen kulturellen Rahmenprogramm.<br />

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Eine Stadt stellt sich vor - Bayreuth<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 33


Kulmbach<br />

34 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Der Rote Turm ist Teil <strong>der</strong><br />

Stadtbefestigung des 13.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts. In diesem<br />

fünfgeschossigen Turm –<br />

das oberste Geschoss in<br />

Fachwerkbau – befand<br />

sich die Wohnung des<br />

Stadtpfeifers.<br />

Foto: Harald-KU / pixelio.de<br />

Die fränkische stadt mit flair


In Kulmbach lässt sich’s leben !<br />

Nicht nur, weil sich hier <strong>der</strong> alte Spruch „Essen und<br />

Trinken halten Leib und Seele zusammen“ immer<br />

wie<strong>der</strong> bewahrheitet. Nein, diese schöne Markgrafenstadt<br />

im Herzen Deutschlands ist voller Dynamik und<br />

vergisst dabei ihre gewachsenen Werte nicht. Und bei<br />

aller Lebensfreude muss auch die wirtschaftliche<br />

Basis stimmen. Darüber herrscht bei den Kulmbachern<br />

– bodenständig und gleichzeitig zukunftsorientiert,<br />

wie sie nun einmal sind – höchste Einigkeit.<br />

KULINARISCH<br />

Kulmbach ist eine Stadt voller Geschichte und Kultur, in <strong>der</strong> die leiblichen<br />

Genüsse schon aus Tradition hochgehalten werden: Wer gutes<br />

Essen und Trinken zu schätzen weiß, ist in Kulmbach bestens aufgehoben.<br />

Eine vielfältige Gastronomie und Hotellerie sorgt für das Wohl<br />

ihrer Gäste. Altfränkische Wirtshäuser, gemütliche Straßencafés und<br />

urige Biergärten, gepflegte Restaurants, Bistros und Kneipen, mo<strong>der</strong>ne<br />

Stadthotels mit Tagungsbetrieb – da ist wirklich für jeden etwas<br />

dabei.<br />

LEBENSMITTELSTANDORT<br />

Man hat eben so seine Verpflichtung in Sachen Genuss<br />

und Geselligkeit, nicht nur als weltberühmte<br />

Bierstadt: Kulmbach gehört zu den wichtigen deutschen<br />

Standorten lebensmittelverarbeiten<strong>der</strong> Industrie<br />

und ist zurecht Standort eines bayerischen<br />

Lebensmittelclusters. Die überregionale Bedeutung<br />

in diesem Bereich wird durch das Max-Rubner-Institut<br />

(ehem. Bundesforschungsanstalt für Ernährung<br />

und Lebensmittel) und die Staatliche<br />

Fachschule für Lebensmitteltechnik unterstrichen.<br />

Großen Anteil daran hat die Brauindustrie, <strong>der</strong>en<br />

Erzeugnisse den Namen <strong>der</strong> Stadt Kulmbach über<br />

die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gemacht<br />

haben. Daneben beheimatet die Bierstadt<br />

mit den Firmen IREKS und RAPS zwei <strong>der</strong> weltweit<br />

führenden Unternehmen im Gewürz- und Backmittelsektor. Eine<br />

starke Bedeutung in ganz Deutschland hat <strong>der</strong> Standort als Zentrum<br />

des Kälteanlagenbaus.<br />

BILDUNG<br />

Doch mit gutem Essen und Trinken allein ist es natürlich nicht getan.<br />

Die knapp 30.000 Einwohner können<br />

auf all die Behörden und Einrichtungen<br />

eines optimal ausgestatteten<br />

Mittelzentrums zugreifen.<br />

Das gut ausgebaute Bildungssystem<br />

umfasst neben zwei<br />

Klinikum<br />

Gymnasien, einer Real- und sieben<br />

Volksschulen auch staatliche Fachschulen, dazu kommen<br />

Akademien und Forschungsstellen. Kulmbach ver-<br />

fügt über ein eigenes Klinikum <strong>der</strong> Versorgungsstufe 3 mit 450<br />

Betten, mehrere Seniorenwohnheime und betreut mit über 20 Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen,14<br />

Kin<strong>der</strong>gärten, 5 Kin<strong>der</strong>horten und einer<br />

Kin<strong>der</strong>krippe insgesamt 1000 Kin<strong>der</strong>.<br />

WIRTSCHAFT<br />

Eine Stadt stellt sich vor - Kulmbach<br />

Als Einkaufsstadt ist Kulmbach mit seinem großen Angebot an Einzelhandelsgeschäften<br />

auch für die weitere Umgebung interessant.<br />

Die Stadt verfügt über mehr als 100.000 m² freie Gewerbeflächen,<br />

<strong>der</strong>en Preise im Vergleich zu den benachbarten Städten als günstig<br />

bezeichnet werden können.<br />

Im oberfränkischen Vergleich <strong>der</strong> Büromieten in guter Lage liegt<br />

Kulmbach um ca. 2,00 €/m² niedriger als die Nachbarstädte.<br />

Zu den günstigen Mieten und Grundstückspreisen in Kulmbach<br />

kommt ein überdurchschnittlich niedriger Gewerbesteuerhebesatz<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 35


Eine Stadt stellt sich vor - Kulmbach<br />

von 350 Punkten. Bei <strong>der</strong> Grundsteuer A beträgt <strong>der</strong> Hebesatz 270<br />

und bei <strong>der</strong> Grundsteuer B 320 Punkte.<br />

Unvergleichlich gut harmonieren damit die bayernweit niedrigsten<br />

Wasser-, Abwasser- und Müllgebühren.<br />

VERANSTALTUNGEN UND FESTE<br />

Wenn Markttag ist, verwandelt sich <strong>der</strong> historische Marktplatz mit<br />

den schönen Fassaden in ein nostalgisch-charmantes Einkaufsparadies.<br />

Seit <strong>der</strong> Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ liegt die Stadt wie<strong>der</strong><br />

im Herzen Deutschlands, und die Kulmbacher haben somit jene zentrale<br />

Lage zurückgewonnen, die ihrer Dynamik und Weltoffenheit<br />

entspricht. Kulmbach ist alles an<strong>der</strong>e als provinziell, keine Großstadt,<br />

aber ein vitaler Ort, <strong>der</strong> trotz Traditionen mit <strong>der</strong> Zeit geht.<br />

Neben den jährlich fest stattfindenden Events wie Altstadt- o<strong>der</strong><br />

Bierfest, verleiht ein lebendiges Kulturleben dem Kulmbacher Jahr<br />

zudem beson<strong>der</strong>e Akzente und sorgt für Unterhaltung und Abwechslung.<br />

Die Veranstaltungen konzentrieren sich zum einen auf die historische<br />

Plassenburg mit ihren Museen, Open Air-Konzerten und<br />

Kunstausstellungen, zum an<strong>der</strong>en auf die mo<strong>der</strong>ne Dr.-Stammberger-Halle<br />

(Stadthalle), die als Veranstaltungsort für Theateraufführungen,<br />

Konzerte und Lesungen dient, aber auch als<br />

Kommunikationszentrum für alle kulturell Interessierten.<br />

36 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Open-Air<br />

SPORT UND FREIZEIT<br />

Auch in dem Bereich Sport und Freizeit hat Kulmbach einiges zu bieten:<br />

In zahlreichen Vereinen kann man seinen Hobbys nachgehen.<br />

Schießgraben<br />

Freibad, Hallenbad, Kunsteisbahn, Skaterpark, Jugendzentrum sowie<br />

das Naherholungszentrum Mainaue mit seinen Bade-, Surf- und Angelmöglichkeiten<br />

runden das breite Freizeitangebot für die gesamte<br />

Familie ab.<br />

Die herrliche Umgebung Kulmbachs mit ihren vielen Rad- und Wan<strong>der</strong>wegen<br />

ist beson<strong>der</strong>s reizvoll und abwechslungsreich. Hier treffen<br />

vier Urlaubslandschaften aufeinan<strong>der</strong>, wovon jede ihren speziellen<br />

Reiz hat: Der Frankenwald mit seinen dunklen Tannen und <strong>der</strong> würzigen<br />

Luft, das sagenumwobene Fichtelgebirge, bekannt als Erho-


Plassenburg<br />

lungsgebiet für die ganze Familie, die Fränkische Schweiz mit ihren<br />

bizarren Felsformationen und Wachol<strong>der</strong>hängen und nicht zuletzt das<br />

liebliche Obermaintal. Überhaupt besticht <strong>der</strong> Main durch seinen<br />

Charme. Ruhig und gelassen schlängeln sich seine beiden Quellflüsse<br />

Weißer und Roter Main durch die grünen Täler des Kulmbacher Landes,<br />

bis sie sich auf Stadtgebiet zum Main vereinigen. Ruhe und Erholung<br />

findet man aber auch in <strong>der</strong> Stadt selbst, im Kulmbacher<br />

Stadtpark beispielsweise o<strong>der</strong> an den vielen idyllischen Ecken und<br />

Plätzen, die das Bild <strong>der</strong> Altstadt prägen.<br />

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SEHENSWÜRDIGKEITEN UND<br />

PLASSENBURG<br />

Dass die kleine Stadt<br />

Kulmbach eine große<br />

Geschichte zu erzählen<br />

hat, wird vielen Besuchern<br />

schon auf den<br />

ersten Blick bewusst.<br />

Hoch über allen Häusern<br />

thront majestätisch<br />

die Plassenburg,<br />

eine trutzige Landesfestung<br />

und prächtige<br />

Hohenzollernresidenz.<br />

Zu ihren Füßen liegt die<br />

Stadt <strong>der</strong> Bürger, mit<br />

abwechslungsreichen<br />

Türmen, Fassaden und<br />

winkligen Gassen –<br />

alles im Laufe <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te<br />

gewachsen.<br />

Die erste urkundliche<br />

Erwähnung wird um<br />

1035 datiert, als die im<br />

alten königlichen Bannforst<br />

gelegene Siedlung<br />

Eine Stadt stellt sich vor - Kulmbach<br />

Schöner Hof von<br />

Plassenburg<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 37


Eine Stadt stellt sich vor - Kulmbach<br />

Rathaus<br />

Kulma in den Besitz des Bamberger Bischofs übergeht. Später gehört<br />

Kulmbach zur weitgestreuten Herrschaft <strong>der</strong> Grafen von Dießen-Andechs,<br />

den späteren Herzögen von Andechs-Meranien, ehe nach Erbstreitigkeiten<br />

die thüringischen Grafen von Orlamünde die Herrschaft<br />

Plassenberg mit <strong>der</strong> Residenz Kulmbach erhalten.<br />

1340 schließlich treten die Hohenzollern-Burggrafen von Nürnberg<br />

einem schon früher geschlos-senen Vertrag zufolge das Erbe <strong>der</strong> Grafen<br />

von Orlamünde an. So beginnt die mehr als ein halbes Jahrtausend<br />

währende Herrschaft <strong>der</strong> Hohenzollern über Kulmbach, die erst mit <strong>der</strong><br />

Eroberung durch Napoleon im Jahre 1806 endete. Seit 1810 ist Kulmbach<br />

bayerisch und bereits zu dieser Zeit ein Juwel in Sachen Bier.<br />

BRAUKUNST UND BIERGESCHICHTE<br />

Unweigerlich wird Kulmbach heutzutage mit Bier assoziiert. Eng ist<br />

die „heimliche Hauptstadt des Bieres“ mit ihren Brauereien verbunden<br />

und was den weltweiten Bekanntheitsgrad anbelangt, hat das<br />

Bier die Stadt längst überflügelt.<br />

38 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013


Eine Stadt stellt sich vor - Kulmbach<br />

Aus einer langen Tradition entstanden, hat die Kulmbacher Braukunst<br />

eine eindrucksvolle Erfolgsgeschichte erlebt. Nach einem Konzentrationsprozess<br />

in den 1980er- und 90er-Jahren sind heute alle örtlichen<br />

Brauereien unter dem Dach <strong>der</strong> Kulmbacher Brauerei vereint. Und so<br />

ist Kulmbach heute mit einer Vielfalt von über 20 verschiedenen Biersorten<br />

in <strong>der</strong> ersten Reihe nicht nur <strong>der</strong> bayerischen, son<strong>der</strong>n auch<br />

<strong>der</strong> europäischen Bierstädte zu finden.<br />

WICHTIGE PERSÖNLICHKEITEN AUS<br />

UND IN KULMBACH<br />

Kulmbach hat eine Menge an kunsthistorischen Sehenswürdigkeiten,<br />

Gastronomie, Unterhaltung, Spaß und Erholung für die ganze Familie<br />

zu bieten.<br />

Der Oberbürgermeister <strong>der</strong> Stadt, <strong>der</strong> ehemalige Landtagsabgeordnete<br />

Henry Schramm (CSU), sieht das genauso. Seit dem 16. Januar<br />

2007 im Amt, setzt er beständig seine politischen Ziele in die Tat um.<br />

Als engagierter Partner <strong>der</strong> Wirtschaft sucht und för<strong>der</strong>t er verstärkt<br />

die interkommunale Zusammenarbeit, insbeson<strong>der</strong>e innerhalb <strong>der</strong><br />

oberfränkischen Zentren. Die Kultur hat bei ihm ebenso einen hohen<br />

Stellenwert wie die Schulstadt Kulmbach. „Kulmbach ist eine familienfreundliche<br />

Stadt. Dank <strong>der</strong> guten Arbeit unserer Kin<strong>der</strong>gärten und<br />

Einrichtungen haben Familien heute schon kompetente Ansprechpartner“,<br />

bestätigt Schramm, für den es gleichzeitig auch Priorität<br />

hat, den Lebensmittelstandort Kulmbach weiter nach vorne zu bringen.<br />

Dazu gehöre auch die vertiefte Zusammenarbeit sowohl mit dem<br />

40 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Lohnabbund<br />

Bedachungen<br />

Holzhäuser<br />

Zimmerei Geißler GmbH & Co KG<br />

Döllnitz 56<br />

95359 Kasendorf<br />

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Fax 0 92 28 / 84 09<br />

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Landkreis als auch mit seinen Städten,<br />

Märkten und Gemeinden, um<br />

unseren Platz in <strong>der</strong> Mitte Europas<br />

zur Geltung zu bringen, so <strong>der</strong><br />

Oberbürgermeister.<br />

Fünf lebendige Städtepartnerschaften<br />

mit Städten in Italien,<br />

Österreich, Schottland, <strong>der</strong> Türkei<br />

und in Thüringen bestätigen den<br />

europäischen Gedanken <strong>der</strong> Völkerverständigung,<br />

<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Verleihung <strong>der</strong> Europa-Fahne <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union 2001 gewürdigt wurde. Der <strong>der</strong>zeitige<br />

EU-Kommissar Günter Verheugen vertrat lange Jahre als Bundestagsabgeordneter<br />

des Kulmbacher Stimmkreises die Interessen <strong>der</strong><br />

oberfränkischen Stadt.<br />

Doch er ist nicht <strong>der</strong> berühmteste Sohn <strong>der</strong> Stadt. Diesen Rang hat<br />

ihm <strong>der</strong> TV-Mo<strong>der</strong>ator und Sunnyboy Thomas Gottschalk abgelaufen.<br />

In Kulmbach aufgewachsen, wagte er hier seine ersten Schritte als<br />

DJ und Mo<strong>der</strong>ator, ehe er beim Bayerischen Rundfunk in München<br />

seine steile Karriere begann. Seine Leistungen würdigte die Stadt<br />

Kulmbach mit <strong>der</strong> Ehrenbürgerschaft im Jahre 2002. Trotz vollem Ter-<br />

Veranstaltungen<br />

Zusammen mit dem Kulturbeirat hat die Kulturabteilung <strong>der</strong> Stadt<br />

Kulmbach ein abwechslungsreiches Programm aus Ausstellungen,<br />

Kleinkunst, Lesungen und Kunstaktionen für 2013 zusammengestellt.<br />

Mittelpunkt des Kunstgeschehens ist dabei unser historisches Badhaus,<br />

das sich in den vergangenen Jahren zu einem kleinen, aber feinen<br />

Kulturzentrum mitten in <strong>der</strong> Kulmbacher Altstadt entwickelt hat.<br />

Ein Anziehungspunkt, <strong>der</strong> im Jahr ca. 7.000 Besucher zählen konnte.<br />

Es gibt nur 8 mittelalterliche Badehäuser in Deutschland, die als Museen<br />

geöffnet sind, eines davon ist unser historisches Badhaus im<br />

Oberhacken.<br />

minkalen<strong>der</strong> stattet er seiner Heimatstadt regelmäßige Besuche ab,<br />

meistens zur weltbekannten Kulmbacher Bierwoche im letzten Juli-<br />

Wochenende, die mit über 150.000 Besuchern inzwischen Kult-Status<br />

besitzt – ähnlich wie das Altstadtfest Anfang Juli.<br />

Tourismus & Veranstaltungsservice <strong>der</strong> Stadt Kulmbach<br />

Sutte 2, 95326 Kulmbach<br />

Tel.: 0 92 21/95 88-0<br />

Fax: 0 92 21/95 88-44<br />

E-Mail: touristinfo@stadt-kulmbach.de<br />

www.kulmbach.de<br />

www.Maler-AK.de<br />

Eine Stadt stellt sich vor - Kulmbach<br />

<strong>der</strong> Kulturabteilung und des Kulturbeirates <strong>der</strong> Stadt Kulmbach<br />

(Stand Januar 2013)<br />

Kleine Ausschnitte aus dem vielfältigen Programm:<br />

Autorenlesung mit Sabine Weigand<br />

„Die Tore des Himmels“<br />

Am 15.März 2013 um 19.30 Uhr liest die fränkische Erfolgsautorin<br />

in <strong>der</strong> Kulmbacher Spitalkirche aus ihrem packenden<br />

und mitreißenden Roman.<br />

Regentin, Rebellin, Heilige: wer war die bekannte Elisabeth von Thüringen<br />

wirklich?<br />

Wie kaum eine an<strong>der</strong>e versteht es Sabine Weigand die Welt des Mit-<br />

• Renovierungen<br />

• Vollwärmeschutzarbeiten<br />

• dekorative Raumgestaltung<br />

• Trockenbau • Fassadenanstriche<br />

Jean-Paul Str. 8 • Kulmbach<br />

Tel.: 09221/8 21 34 55 • Mobil: 0176/ 63 22 53 19<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 41


Eine Stadt stellt sich vor - Kulmbach<br />

telalters nicht nur historisch fundiert, son<strong>der</strong>n auch sehr plakativ darzustellen<br />

und die Zuhörer in ihren Bann zu ziehen.<br />

Die Lesung findet im Rahmen des Kulturprojektes „Wortspiele“ statt<br />

und wird vom Bezirk Oberfranken geför<strong>der</strong>t.<br />

Ein ganz beson<strong>der</strong>er Höhepunkt im Jahr wird die 2. Kulmbacher<br />

Kulturnacht am Samstag, 15. Juni sein.<br />

Unter dem Motto „Liebesrauschen“ werden im Oberhacken zwischen<br />

Bad- und Färberhaus viele kulturelle Highlights an einem hoffentlich<br />

wun<strong>der</strong>baren lauschigen Sommerabend zu sehen und zu<br />

erleben sein. Die Besucher sollen die Vielfalt <strong>der</strong> heimischen Kunstund<br />

Kulturszene kennenlernen. Kunstmeile, historische Führungen,<br />

Felsenkeller sowie Ausstellungen im Badhaus waren nur einige <strong>der</strong><br />

Höhepunkte, die letztes Jahr fast 1.000 Besucher aus nah und fern<br />

angezogen haben.<br />

Sommerausstellung des Bundes Fränkischer Künstler auf<br />

<strong>der</strong> Plassenburg.<br />

Seit 1929 zeigt diese Künstlervereinigung in <strong>der</strong> großen Hofstube ein<br />

Schmankerl für alle Kunstinteressierten. Rund 200 Bil<strong>der</strong> und Skulpturen<br />

repräsentieren das künstlerische Schaffen von Künstlern aus<br />

Franken, o<strong>der</strong> mit Bezug zu Franken.<br />

Die Ausstellung läuft vom 07. Juli bis zum 08. September.<br />

Sommerkunstwochen in Zusammenarbeit<br />

mit Focus Europa.<br />

Bereits zum 4. Mal werden in Kulmbach<br />

Kunstworkshops angeboten. Unter fachkundiger<br />

Anleitung können auch wenig Geübte<br />

die ersten eigenen Schritte im Kunst- und Kulturbereich<br />

unternehmen. Die Vielfalt <strong>der</strong><br />

Workshops (Schauspiel, Malen, Bildhauen,<br />

Töpfern, kreatives Schreiben und mehr) bietet<br />

nahezu für jeden Bereich etwas. Die Kurse<br />

sind aber genauso für Künstler geeignet, die<br />

sich bereits ihre ersten Sporen verdient<br />

haben.<br />

Jean Paul feiert im Jahre 2013 seinen<br />

250. Geburtstag.<br />

Jean Pauls Beziehungen zu Kulmbach liegen<br />

vor allem in <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Verehrung des<br />

hiesigen Kulmbacher Bieres.<br />

Die Stadt bietet anlässlich dieses Jubiläums<br />

drei hochkarätige Veranstaltungen an.<br />

Zaigler Maschinenbau GmbH<br />

Gummistr. 28<br />

95326 Kulmbach<br />

Deutschland<br />

42 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

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info@zaigler-maschinenbau.de<br />

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Mit Hans-Jürgen Schatz und Stephan Klenner-Otto konnten zwei<br />

treue und glühende Anhänger von Jean Paul gefunden werden, die<br />

sich seit Jahren künstlerisch mit ihm beschäftigen:<br />

Ausstellung mit Stephan Klenner-Otto mit Illustrationen und Skizzen<br />

zu Jean Paul und seinen Werken.<br />

Lesung mit Hans-Jürgen Schatz, „Dr. Katzenbergers Ba<strong>der</strong>eise“<br />

Lesung, Samstag 19.10.2013 um 17:00 Uhr Rathaus, Historischer<br />

Sitzungssaal, anschließend Vernissage im Historischen Badhaus<br />

Ausstellungsdauer 20.10.2013 – 24.11.2013<br />

Zusätzlich wird ein Konzert „Jean Paul- musikalische Reminiszenzen“<br />

zusammen mit <strong>der</strong> Musikhochschule Frankfurt am 08.11.2013 19.00<br />

Uhr in <strong>der</strong> Städtischen Musikschule- Musiksaal stattfinden.<br />

Kulmbacher Motorrad-<br />

Sternfahrt 2013<br />

Samstag, 27. /28. Apri 2013<br />

Die Motorradsternfahrt nach Kulmbach ist das größte Motorradtreffen<br />

Süddeutschlands.<br />

Das Biker-Wochenende in Kulmbach ist nicht nur für Biker ein Ausflugsziel,<br />

son<strong>der</strong>n auch zunehmend für an<strong>der</strong>e Besucher aus ganz<br />

Oberfranken.<br />

Mit Minister Hermann bei <strong>der</strong> Kulmbacher Motorradsternfahrt


Museen in Kulmbach<br />

Deutsches Zinnfigurenmuseum<br />

In ihren Mauern beherbergt die Burg die größte Zinnfigurensammlung<br />

<strong>der</strong> Welt. Im Jahr 1929 gegründet, zählt das Museum heute über<br />

300.000 Einzelfiguren. Rund 150 Dioramen lassen Geschichte en miniature<br />

lebendig werden.<br />

Museum "Die Hohenzollern<br />

in Franken" und "Armeemuseum<br />

Friedrich <strong>der</strong> Große"<br />

Die Plassenburg, die den "schönsten Renaissancehof nördlich <strong>der</strong><br />

Alpen" umschließt, beherbergt unter an<strong>der</strong>em das Museum "Hohenzollern<br />

in Franken". In den Markgrafen- und Fürstenzimmern im Ostflügel<br />

<strong>der</strong> Burg lassen Möbel und wertvolle Ölportraits die Geschichte<br />

<strong>der</strong> Hohenzollern lebendig werden. Aus dem originalen Bestand<br />

stammt das prunkvolle Baldachinbett <strong>der</strong> Markgräfin Maria (um<br />

1630). Im Ostflügel befindet sich die Schlosskirche, eine <strong>der</strong> ältesten<br />

evangelischen Kirchenbauten Frankens.<br />

Öffnungszeiten:<br />

April - Oktober: Mo - So von 9 - 18 Uhr<br />

Nov. - März: Mo - So von 10 - 16 Uhr<br />

(geschlossen am 01.01., 24.12., 25.12., 31.12. + Faschingsdienstag)<br />

Hotel Weißes Roß Kulmbach<br />

Schönes Altstadthotel<br />

in zentraler Lage,<br />

ruhig gelegen, direkt<br />

am Marktplatz mit<br />

herrlichem Blick auf<br />

die Plassenburg.<br />

Komplett renoviert,<br />

mo<strong>der</strong>ne Zimmer,<br />

kostenl. Internet,<br />

Schlemmerfrühstück…<br />

www.weisses-rosskulmbach.com<br />

Tel: 09221-95650<br />

Eine Stadt stellt sich vor - Kulmbach<br />

Bayerisches Brauereimuseum<br />

Kulmbach<br />

Flaschenausstellung im Bayerischen Brauereimuseum<br />

Es ist schon lange kein Geheimtipp mehr, dass aus dem 1994 eröffneten<br />

und damals noch kleinen Spezialmuseum heute ein regelrechtes<br />

Bierkulturzentrum geworden ist, das sich auf über 3000 m²<br />

gekonnt des breiten Spektrums Bier annimmt.<br />

Bayerisches Bäckereimuseum<br />

Kulmbach<br />

Sie starten den Rundgang bei<br />

einem alten Backhäuschen aus<br />

dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t. Es wirkt, als<br />

würde die Hexe von Hänsel und<br />

Gretel jeden Augenblick um die<br />

Ecke kommen. Über eine kurze<br />

landwirtschaftliche Abhandlung<br />

"vom Halm zum Korn" wird dann<br />

<strong>der</strong> Blick frei auf eine dreistöckige<br />

Mühle. Rund um eine alte Backstube<br />

ist das Thema "vom Mehl<br />

zu den Backwaren" inszeniert.<br />

Welche Gebäckarten gibt es? Welche<br />

Zutaten werden benötigt und<br />

wie werden sie zubereitet? Welche<br />

Maschinen und Backformen<br />

wurden verwendet? Welche Essgewohnheiten<br />

sind uns überliefert?<br />

Auf all diese Fragen finden<br />

Sie hier eine Vielzahl von Exponaten,<br />

Hörstationen und Info-Tafeln,<br />

die Ihnen eine Antwort geben. Ein "Tante-Emma-Bäckerladen" und<br />

ein "Bäckereiausfuhrwagen" beschreiben den Weg des Brotes vom<br />

Bäcker zum Kunden. Am Ende des Rundgangs geht es um Brauchtumgsgebäck<br />

und wie das Brot zuhause aufbewahrt wird.<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag - Sonntag 10 - 17 Uhr und nach Vereinbarung<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 43


1. Das breite Spektrum<br />

von Demografiepolitik<br />

Demografiepolitik hat eine enorme gesellschaftspolitische<br />

Dimension, sie ist sogar<br />

konstitutives Element einer mo<strong>der</strong>nen Gesellschaftspolitik.<br />

Allerdings wurde <strong>der</strong> Begriff<br />

Demografiepolitik, <strong>der</strong> diverse<br />

demografierelevante Politiken bündelt, bisher<br />

relativ wenig beachtet. Dies liegt am<br />

Querschnittscharakter <strong>der</strong> Demografiepolitik.<br />

Einerseits gibt es kein expliziertes Demografieressort<br />

dafür, an<strong>der</strong>erseits ist auch eine<br />

wissenschaftliche Betrachtung hochgradig<br />

komplex, so dass die Bündelung aller demografierelevanten<br />

Politiken unter <strong>der</strong> Chiffre<br />

Demografiepolitik mehrerer Differenzierungen<br />

bedarf: hinsichtlich demografischer Parameter,<br />

demografischer Folgen, Politikmaßnahmen,<br />

Instituitionen und Wirkungen<br />

sowie Wechselwirkungen mit an<strong>der</strong>en politischen<br />

Zielen.<br />

Demografiepolitik unterscheidet zwischen<br />

Reaktionen und demografischen Verän<strong>der</strong>ungsprozessen<br />

und strategischem Einfluss<br />

auf die demografischen Kernfaktoren dieses<br />

Wandels. 1 Dass Politik angesichts <strong>der</strong> weitreichenden<br />

Folgen des demografischen Wandels<br />

die Aufgabe hat, darauf zu reagieren,<br />

indem negative Effekte möglichst reduziert,<br />

aber auch Chancen genutzt werden (siehe<br />

Kapitel 2), ist konsensual. Umstritten ist jedoch,<br />

inwieweit <strong>der</strong> Staat einen Einfluss auf<br />

die demografische Entwicklung – v.a. auf die<br />

Geburtenrate – nehmen soll. In Kapitel 3<br />

wird gezeigt, dass eine strategische Einflussnahme<br />

legitim und wirksam ist, jedoch einige<br />

Prämissen berücksichtigen muss. Im<br />

letzten Kapitel werden Perspektiven für eine<br />

familienorientierte Demografiepolitik entwickelt.<br />

44 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Perspektiven einer<br />

familienorientierten<br />

Demografiepolitik<br />

Dr. Martin Bujard<br />

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung<br />

2. Demografische Folgen<br />

managen<br />

Die demografischen Verän<strong>der</strong>ungen wirken<br />

sich auf viele Politikfel<strong>der</strong> in höchst unterschiedlicher<br />

Weise aus. Alle Bundesministerien<br />

sind zumindest indirekt betroffen. Einige<br />

Politikfel<strong>der</strong> sind für eine reaktive Demografiepolitik<br />

zentral: 2<br />

•<br />

•<br />

Familien-, Senioren und Generationenpolitik:<br />

In <strong>der</strong> Familien- und Generationenpolitik<br />

lassen sich Maßnahmen, die<br />

auf Demografie reagieren und sie<br />

gleichzeitig beeinflussen, verbinden<br />

(siehe Kapitel 4). Die längere Lebenserwartung<br />

und das längere gesunde<br />

Leben sind hochgradig erfreuliche Entwicklungen<br />

für viele Menschen und die<br />

ganze Gesellschaft. Seniorenpolitik wird<br />

dadurch immer wichtiger. Sie wird aber<br />

auch an<strong>der</strong>s, da gesün<strong>der</strong>e und aktivere<br />

Senioren an<strong>der</strong>e Lebenswünsche haben,<br />

an<strong>der</strong>e Wege einschlagen können und<br />

sich zunehmend gesellschaftlich einbringen<br />

wollen. Daher ist die These <strong>der</strong> Akademiegruppe<br />

Altern in Deutschland, 3 die<br />

auch dem Tenor des Demografieberichts<br />

ähnelt, plausibel: „Der Gewinn an Lebenszeit<br />

stellt ein noch unausgeschöpftes<br />

Fortschrittspotential dar.“<br />

Arbeitsmarkt und Bildungspolitik: Das<br />

„Hereinwachsen“ <strong>der</strong> geburtenschwachen<br />

Jahrgänge in den Arbeitsmarkt<br />

führt tendenziell zu einem Fachkräftemangel.<br />

Die demografisch bedingten<br />

Effekte auf dem Arbeitsmarkt lassen<br />

sich langfristig planen, hier können Bildung<br />

und Qualifizierung neben einer<br />

gezielten Fachkräfteanwerbung hilfreich<br />

sein. Insofern könnte <strong>der</strong> demografische<br />

Wandel eine Chance sein,<br />

dass vorhandene Potentiale besser genutzt<br />

werden.


•<br />

•<br />

Soziale Sicherungspolitik: Die demografischen<br />

Folgen für die sozialen Sicherungssysteme<br />

sind immens. Eine<br />

Verdopplung des Altersquotienten, wie<br />

sie in Deutschland zwischen 2000 und<br />

2035 stattfindet, bedeuten für umlagenfinanzierte<br />

Sozialversicherungen, dass<br />

vereinfacht gesagt, ein Arbeitnehmer<br />

doppelt so viele Rentner finanzieren<br />

muss. Diese Folgen sind tatsächlich gravierend<br />

und wohl auch <strong>der</strong> Grund dafür,<br />

dass <strong>der</strong> demografische Wandel im öffentlichen<br />

Diskurs für viele Menschen mit<br />

Ängsten verbunden ist. Auf die Folgen<br />

kann in <strong>der</strong> Rentenversicherung durch<br />

vier Stellschrauben reagiert werden: Anheben<br />

<strong>der</strong> Rentenbeiträge, Absenken <strong>der</strong><br />

Rentenbezüge, Anstieg des Renteneintrittsalters4<br />

und höhere Steuerzuschüsse.<br />

Eine Kombination dieser vier Stellschrauben<br />

hat die Anpassung <strong>der</strong> Sozialsysteme<br />

an die demografische Entwicklung <strong>der</strong><br />

nächsten Jahrzehnte geprägt.<br />

Regionale Strukturpolitik und öffentliche<br />

Daseinsvorsorge: Durch Binnenwan<strong>der</strong>ungen<br />

wird <strong>der</strong> Bevölkerungsrückgang<br />

in einigen Regionen verstärkt und in an<strong>der</strong>en<br />

kompensiert. Der verstärkte Bevölkerungsrückgang<br />

v.a. in Nord- und<br />

Ostdeutschland stellt eine große Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

für die öffentliche Daseinsvorsorge<br />

dar. Dies betrifft Schulen,<br />

medizinische Versorgung, Verkehrsinfrastruktur,<br />

Einkaufsmöglichkeiten bis zu<br />

schnellen Internetanschlüssen etc. Hier<br />

ist ein geschicktes Management auf<br />

kommunaler und Landesebene gefragt,<br />

wobei günstige Mieten und Umgestaltungsmaßnahmen<br />

auch Chancen implizieren<br />

können. Dieser langfristige<br />

regionale Bevölkerungsrückgang ist ein<br />

historisch neues Phänomen, ambivalent<br />

und als solches nicht abschließend zu<br />

bewerten.<br />

3. Demografische<br />

Entwicklungen beeinflussen<br />

Nachdem die Geburtenrate als zentraler Parameter<br />

für demografische Folgen identifiziert<br />

wird (siehe 3.1), geht es um die beiden<br />

Fragen, ob die Politik zu einem Anstieg <strong>der</strong><br />

Geburtenrate beitragen kann und darf. Lässt<br />

sich die Geburtenrate durch Familienpolitik<br />

beeinflussen? Ist eine solche Beeinflussung<br />

überhaupt legitim? Die erste Frage kann nur<br />

auf <strong>der</strong> Basis von empirischen Wirkungsstudien<br />

beantwortet werden. Die zweite Frage<br />

ist normativ; ihre Beantwortung sollte den<br />

breiteren gesellschaftlichen Kontext und die<br />

Wünsche potentieller Eltern berücksichtigen.<br />

3.1. Demografische Folgen,<br />

demografische Parameter und<br />

politische Beeinflussung<br />

Zwischen zwei völlig unterschiedlichen Dimensionen<br />

demografischer Folgen ist zu differenzieren:<br />

dem Rückgang <strong>der</strong> Bevölkerungsgröße<br />

und <strong>der</strong> Verschiebung <strong>der</strong><br />

Altersstruktur. Während die Alterung sich<br />

massiv auf die sozialen Sicherungssysteme<br />

auswirkt, hat <strong>der</strong> Bevölkerungsrückgang<br />

langfristige Auswirkungen auf Stimmrechte<br />

in internationalen Organisationen, nicht zuletzt<br />

<strong>der</strong> EU. Die Kombination aus Alterung<br />

und Bevölkerungsrückgang hat Folgen für die<br />

Abbildung 1: Wirkung <strong>der</strong> demografischen Parameter auf Alterung und Geburtenrückgang<br />

Einfluss niedriger<br />

Geburtenraten<br />

Einfluss Migration gering<br />

Einfluss steigende<br />

Lebenserwartung<br />

Alterung Bevölkerungsrückgang<br />

Verstärkt enorm die Alterung<br />

Einfluss steigende<br />

Lebenserwartung<br />

Verstärkt enorm den<br />

Bevölkerungsrückgang<br />

Hoher Einwan<strong>der</strong>ungssaldo<br />

Kann Bevölkerungsrückgang<br />

abbremsen<br />

Hemmt etwas den<br />

Bevölkerungsrückgang<br />

Wirtschaft wie den Fachkräftemangel und<br />

unterschiedliche Effekte auf das Sozialprodukt<br />

bzw. das Sozialprodukt pro Kopf. Die gesellschaftlichen<br />

Folgen bei<strong>der</strong> Entwicklungen<br />

sind vielschichtig, sie betreffen den Strukturwandel<br />

insbeson<strong>der</strong>e in ländlichen Regionen<br />

ebenso wie kulturelle Aspekte und steigende<br />

Chancen für die (Weiter-)bildung.<br />

Die demografische Entwicklung – also auch<br />

die Phänomene Alterung und Bevölkerungsrückgang<br />

– ist im Kern von den drei Parame-<br />

tern Geburtenrate, Lebenserwartung und Migration<br />

geprägt. Wie Abb. 1 zeigt, wirken sich<br />

diese Parameter unterschiedlich auf die demografischen<br />

Folgen aus. Dauerhaft niedrige<br />

Geburtenraten, wie wir sie mit zusammengefassten<br />

Geburtenraten von 1,24 bis 1,45 seit<br />

1975 in Deutschland haben, führen sowohl<br />

zu Alterung als auch zum Bevölkerungsrückgang.<br />

Die steigende Lebenserwartung verstärkt<br />

den Anstieg des Altenquotienten, wirkt<br />

tendenziell jedoch leicht gegen den Bevölkerungsrückgang.<br />

Internationale Migration hat<br />

auf die Alterung nur einen geringen Effekt. 5<br />

Wie ließen sich diese Parameter demografiepolitisch<br />

beeinflussen? Die Migration lässt<br />

sich vergleichsweise leichter politisch steuern,<br />

ihr Effekt auf die Alterung ist jedoch nur<br />

minimal. Zudem ist eine Einwan<strong>der</strong>ungspolitik<br />

mit wichtigen Fragen verbunden, u.a. <strong>der</strong><br />

Integration, <strong>der</strong> Bildung aber auch <strong>der</strong> Anwerbestrategie.<br />

Die steigende Lebenserwar-<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 45


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

tung ist ein Glücksfall, dessen verstärkenden<br />

Effekt auf den Anstieg des Altersquotienten<br />

alle gerne in Kauf nehmen. Bleibt <strong>der</strong> dritte<br />

Parameter, die Geburtenrate: Ein Anstieg in<br />

Richtung <strong>der</strong> Ausgleichsrate, die bei 2,08<br />

liegt, würde sich positiv auf beide demografischen<br />

Phänomene auswirken. Dieser Parameter<br />

ist folglich <strong>der</strong> zentrale einer<br />

Demografiepolitik, die nicht nur auf den demografischen<br />

Wandel reagiert, son<strong>der</strong>n die<br />

den Anspruch hat, diesen zu beeinflussen. Die<br />

zwei Fragen bezüglich <strong>der</strong> Möglichkeit und<br />

<strong>der</strong> Legitimität von geburtenerhöhenden Politikmaßnahmen<br />

werden im Folgenden analysiert.<br />

3.2 Sind familienpolitische<br />

Maßnahmen demografierelevant?<br />

Wenn ja, welche und wie?<br />

In <strong>der</strong> wissenschaftlichen Forschung war die<br />

Frage nach Wirkungen <strong>der</strong> Familienpolitik auf<br />

die Geburtenrate lang umstritten. Viele Befunde<br />

sind inkohärent, da oft unterschiedliche<br />

Zeitpunkte und Län<strong>der</strong> analysiert wurden.<br />

Zudem ist die Entscheidung für Kin<strong>der</strong> hochgradig<br />

komplex: sie hängt von einer Vielzahl<br />

gesellschaftlicher, ökonomischer und technischer<br />

Faktoren, aber auch von politischen<br />

Rahmenbedingungen ab, und sie ist in zweierlei<br />

Hinsicht dynamisch, da sie im Lebenslauf<br />

und zwischen zwei Partnern getroffen wird.<br />

Neue Studien 6 zeigen im Län<strong>der</strong>vergleich,<br />

dass Familienpolitik einen erheblichen Einfluss<br />

auf die Höhe <strong>der</strong> Geburtenrate hat. Familienpolitik<br />

wirkt. Jedoch wäre es<br />

übertrieben, von einer politischen Steuerung<br />

<strong>der</strong> Geburtenentwicklung zu sprechen, denn<br />

die Wirkung hat bestimmte Grenzen und<br />

wird von kulturellen und ökonomischen Kontextfaktoren<br />

beeinflusst. Die Wirkung hängt<br />

46 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

auch damit zusammen, dass die Familienpolitik<br />

verschiedener Industrielän<strong>der</strong> unterschiedlich<br />

stark und adäquat auf den<br />

gesellschaftlichen Wandel reagiert hat. D.h.<br />

dass niedrige Geburtenraten mit politischen<br />

Anpassungsdefiziten gegenüber Entwicklungen<br />

wie Frauenemanzipation, Mo<strong>der</strong>nisierung<br />

<strong>der</strong> Arbeitsmärkte und Wandel <strong>der</strong><br />

Familienformen zusammenhängen. Bis sich<br />

die volle Wirkung entfaltet, dauert es auch<br />

mehrere Jahre, da Informationen über neue<br />

politische Maßnahmen sich nur langsam verbreiten<br />

und gesellschaftliche Normen sich<br />

nur mit <strong>der</strong> Zeit än<strong>der</strong>n.<br />

Von einer einzelnen familienpolitischen Maßnahme<br />

ist kein Anstieg <strong>der</strong> Geburtenrate zu<br />

erwarten. Das Zusammenspiel mehrerer familienpolitischer<br />

und arbeitsmarktpolitischer<br />

Maßnahmen ist entscheidend. Die Kombination<br />

<strong>der</strong> familienpolitischen Trias Zeit, Infrastruktur<br />

und Geld, die <strong>der</strong> Siebte<br />

Familienbericht 7 geprägt hat, kann 63% <strong>der</strong><br />

Variation <strong>der</strong> Geburtenraten von 28 OECD-<br />

Län<strong>der</strong>n erklären. 8 Demnach sind die Geburtenraten<br />

in den Län<strong>der</strong>n höher, in denen die<br />

Kin<strong>der</strong>betreuungsquote für unter Dreijährige<br />

hoch ist, in denen es viel Teilzeitarbeit gibt,<br />

in denen das Kin<strong>der</strong>geld in Relation zum<br />

Durchschnittseinkommen hoch ist. Vergleicht<br />

man statt des Querschnitts die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

familienpolitischer Indikatoren mit Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Geburtenrate seit Mitte <strong>der</strong><br />

1980er, zeigt sich an Hand von Regressionsanalysen<br />

deutlich, dass Anstiege <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuungsausgaben<br />

und <strong>der</strong> Elternausgaben<br />

zu höheren Geburtenraten beigetragen<br />

haben. Interessant ist auch <strong>der</strong> Effekt<br />

des Generationskoeffizienten auf die Geburtenrate.<br />

Je höher die Familienausgaben im<br />

Vergleich zu Rentenausgaben sind, desto<br />

mehr Kin<strong>der</strong> werden geboren.<br />

Wenn potentielle Eltern zur Einschätzung<br />

kommen, dass die Vereinbarkeit von Beruf<br />

und Familie möglich ist, da es ausreichend<br />

Kitas, Ganztagsschulen, Teilzeitangebote, unbefristete<br />

Stellen und Elternzeit gibt, werden<br />

sie auch eher ihre Kin<strong>der</strong>wünsche realisieren.<br />

Der internationale Vergleich zeigt zudem,<br />

dass die empirisch messbaren Kin<strong>der</strong>wünsche<br />

junger Menschen positiv von familienfreundlichen<br />

Rahmenbedingungen beeinflusst<br />

werden. Es bedarf also einer umfassenden<br />

und verlässlichen familienpolitischen<br />

Strategie, die Zeit, Geld und Infrastruktur im<br />

Lebenslauf gleichermaßen berücksichtigt.<br />

Diese Strategie sollte gut kommuniziert werden,<br />

geeignete Anlaufstellen für Familien bieten<br />

und die Perspektive <strong>der</strong> betroffenen<br />

Familien konsequent berücksichtigen.<br />

3.3 Ist eine familienorientierte<br />

Demografiepolitik legitim?<br />

Und wenn ja, unter welchen<br />

Bedingungen?<br />

Es gibt zwei konträre Thesen im normativen<br />

Diskurs, ob Familienpolitik demografische<br />

Ziele verfolgen sollte. Diese Thesen lassen<br />

sich vereinfacht etwa so formulieren: (a) „Familienpolitik<br />

darf keine demografischen Ziele<br />

(mit-)verfolgen.“ (b) „Familienpolitische<br />

Maßnahmen sollen als Bevölkerungspolitik<br />

konzipiert werden.“ Beide Thesen sind zu<br />

pauschal und daher irreführend. Im Folgenden<br />

werden vier Prämissen aufgestellt, die<br />

für die Legitimationsfrage wichtig sind:<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Familienpolitik sollte als oberstes Ziel<br />

die Lebensqualität <strong>der</strong> Familien verbessern;<br />

das mehrdimensionale Konzept<br />

des kindlichen und elterlichen Wohlbefindens<br />

ermöglicht, dieses individuelle<br />

Ziel empirisch zu messen. 9<br />

Die Entscheidung zu Kin<strong>der</strong>n ist eine<br />

freie Entscheidung von jungen Frauen<br />

und Männern. Familien und Kin<strong>der</strong> dürfen<br />

nicht für gesellschaftliche Ziele instrumentalisiert<br />

werden. Aber gerade<br />

um die freie Entscheidung zu sichern ist<br />

es notwendig, jungen Menschen zu helfen,<br />

vorhandene Kin<strong>der</strong>wünsche umzusetzen.<br />

Da die Folgen dauerhaft niedriger Geburtenraten<br />

sich negativ auf viele gesellschaftliche<br />

und ökonomische Bereiche<br />

auswirken, ist es legitim und sogar notwendig,<br />

dass die Politik demografische<br />

Ziele nicht nur reaktiv, son<strong>der</strong>n auch das<br />

Ziel höherer Geburtenraten verfolgt.<br />

Familienpolitische Maßnahmen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

wenn man sie im weiteren<br />

Sinne als familienrelevante Maßnahmen


Abb. 2 Kindeswohl • Elterliches Wohl • Gesellschaftliche Ziele<br />

Z<br />

E<br />

I<br />

T<br />

I<br />

N<br />

F<br />

R<br />

A<br />

S<br />

T<br />

R<br />

U<br />

K<br />

T<br />

U<br />

R<br />

G<br />

E<br />

L<br />

D<br />

Bildung<br />

GesundheitSicherheit<br />

Zeit<br />

LastenausgleichArmutsprävention<br />

Gleichstellung<br />

Arbeitsmarktpartizipation<br />

Demografische<br />

Ziele<br />

Teilzeitarbeit,<br />

Gleitzeitarbeit √ √ √ √<br />

Elternzeit, Arbeitsplatzgarantie<br />

Normieren<br />

(Institution<br />

Familie<br />

stärken)<br />

√ √ √ √ √<br />

Vätermonate √ √ √ √<br />

Rentenansprüche,<br />

Erziehungszeiten √ √<br />

Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

und Kin<strong>der</strong>garten √ √ √ √ √ √ √<br />

Schulsystem<br />

halb- bzw. ganztags<br />

Kommunale Infrastruktur<br />

√ √ √ √ √ √<br />

Mitversicherung<br />

in GKV √ √<br />

√<br />

Kin<strong>der</strong>geld und<br />

Steuerfreibeträge √ √ √ √ √ √ √<br />

Besteuerung<br />

Zweitverdiener √ √ √ √ √ √<br />

Elterngeld √<br />

Son<strong>der</strong>transfers<br />

Mehrkindfamilien √ √<br />

Adressat: Kin<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />

Eltern und<br />

Kin<strong>der</strong><br />

Eltern<br />

Eltern und<br />

Wirtschaft<br />

Gesellschaft<br />

Gesellschaft<br />

Anmerkungen: Die Häkchen zeigen eine potentielle Wirkung des Instruments auf das entsprechende<br />

Ziel an.<br />

interpretiert, haben eine komplementäre<br />

Zielstruktur. Sie können für individuelle<br />

und gesellschaftliche Ziele gleichzeitig<br />

hilfreich sein.<br />

Eine familienorientierte Demografiepolitik ist<br />

folglich legitim, wenn sie Entscheidungsfreiheit<br />

unterstützt und die Lebensqualität von<br />

Familien primär im Auge hat. Bei demografischen<br />

Zielen <strong>der</strong> Familienpolitik ist zu beachten,<br />

dass politische Maßnahmen zwar die<br />

Geburtenrate unterstützen können, diese jedoch<br />

nicht gesteuert werden kann. Die Legitimationsfrage<br />

und die Frage <strong>der</strong><br />

Kommunikation familienpolitischer Maßnahmen,<br />

die mehrere Ziele gleichzeitig unterstützen,<br />

sind enorm wichtig, insbeson<strong>der</strong>e<br />

in Deutschland. Der internationale<br />

Vergleich zeigt, dass in Län<strong>der</strong>n mit historischen<br />

Erfahrungen eines<br />

pronatalistischen Missbrauchs die Geburtenrate<br />

signifikant niedriger ist. 10<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

4. Perspektiven einer<br />

familienorientierten<br />

Demografiepolitik<br />

4.1. Die komplementäre Zielstruktur<br />

In Deutschland gibt es seit einigen Jahren<br />

eine sehr vorteilhafte Konstellation einer<br />

komplementären Zielstruktur <strong>der</strong> Familienpolitik<br />

(und familienrelevanter Politiken). Dies<br />

bedeutet, dass einzelne Maßnahmen positiv<br />

auf mehrere Ziele wirken (siehe Abb. 2). Maßnahmen<br />

können auch dann Effekte auf bestimmte<br />

Zielebenen verursachen, wenn diese<br />

nicht intendiert sind. Wird aus sozialpolitischen<br />

Motiven das Kin<strong>der</strong>geld erhöht, ist bei<br />

entsprechen<strong>der</strong> Größenordnung auch eine<br />

demografische Wirkung denkbar. Werden aus<br />

Gleichstellungsmotiven die Vätermonate ausgebaut,<br />

wirkt sich das positiv auf die Erziehungskompetenz<br />

des Vaters und das Kindeswohl<br />

aus. Tatsächlich liegen für die meisten<br />

Maßnahmen Mischmotive vor. Die gestiegene<br />

Bedeutung eines Ziels kann zu Maßnahmen<br />

führen, die auch an<strong>der</strong>e Ziele<br />

unterstützen, für die alleine nicht genug politischer<br />

Willen aufbringbar war. Beispielsweise<br />

wäre <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong><br />

Kleinkindbetreuung ohne die Artikulation demografischer<br />

und arbeitsmarktpolitischer<br />

Ziele weniger ambitioniert. Hilfreich sind <strong>der</strong>artige<br />

Konstellationen für die Kompromissfindung<br />

bei Koalitionsregierungen und in<br />

Parteien. Denkbar ist, dass bestimmte Maßnahmen<br />

von einem Akteur aus sozialpolitischen<br />

und von an<strong>der</strong>en aus<br />

emanzipatorischen, demografischen o<strong>der</strong> arbeitsmarktpolitischen<br />

Motiven unterstützt<br />

werden. Die komplementäre Zielstruktur erleichtert<br />

die Mehrheitsfindung für familienpolitische<br />

Verbesserungen und ermöglicht<br />

eine breite Legitimation gegenüber <strong>der</strong> Öffentlichkeit.<br />

Die Grafik verdeutlicht auch, dass demografische<br />

Zielsetzungen nur einen Teil <strong>der</strong><br />

Ziele von familienrelevanten Politiken ausmachen.<br />

Daher – und auch aufgrund <strong>der</strong><br />

zeitverzögerten und kontextgebundenen<br />

Wirkung – ist davor zu warnen, einzelne<br />

Maßnahmen primär über einen erwarteten<br />

Geburtenanstieg zu legitimieren. Umgekehrt<br />

ist die Perspektive einer strategischen Demografiepolitik<br />

hilfreich, da sie sozialpolitisch<br />

und gleichstellungspolitisch sinnvolle<br />

Maßnahmen zusätzlich legitimiert. Sind die<br />

Rahmenbedingungen für Familien gut, dann<br />

entscheiden sich einfach auch mehr Menschen<br />

dazu, vorhandene Kin<strong>der</strong>wünsche<br />

umzusetzen. Diese zusätzliche Legitimation<br />

sollte in die Waagschale geworfen werden<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 47


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

für die Weiterentwicklung einer nachhaltigen<br />

Familienpolitik und die Verbesserung familienpolitischer<br />

Rahmenbedingungen.<br />

4.2 Demografiepolitik und<br />

Familienpolitik<br />

Die Dimension des Reformbedarfs <strong>der</strong> Demografiepolitik<br />

und <strong>der</strong> Rahmenbedingungen<br />

für Familien entspricht einer großen<br />

sozialstaatlichen Reform, denn es geht<br />

darum, Familien-, Bildungs- und Arbeitsbiografien<br />

im Lebenslauf kompatibel zu<br />

machen und gleichzeitig die Generationengerechtigkeit<br />

zu beachten. Dies betrifft die<br />

Sozialsysteme, den Arbeitsmarkt, das Bildungssystem<br />

und genuine Fel<strong>der</strong> von Demografie-<br />

und Familienpoltik. Demografiepolitik<br />

sollte definiert, ressort- über-<br />

greifend koordiniert und zentral gesteuert<br />

werden. Die Erstellung des ersten Demografieberichts<br />

und einer Demografie -<br />

strategie durch die Bundesregierung sind<br />

hierfür eminent wichtige Schritte.<br />

Eine familienorientierte Demografiepolitik<br />

sollte auch die Perspektive junger, mittlerer<br />

und älterer Generationen gemeinsam<br />

berücksichtigen. In <strong>der</strong> Lebensverlaufsperspektive<br />

wird <strong>der</strong> Generationszusammenhang<br />

deutlich: Die längere Lebenserwartung<br />

ermöglicht einen späteren Renteneintritt,<br />

dieser eröffnet Spielräume, die Rushhour des<br />

Lebens für die jüngere Generation zu entzerren.<br />

Demografische Entwicklungen wie<br />

Geburtenaufschub und Anstieg <strong>der</strong> Lebenser-<br />

48 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

wartung können in <strong>der</strong> Generationsperspektive<br />

verbunden zu sinnvollen Lösungen<br />

führen. Ältere Generationen haben zudem<br />

ein großes Interesse daran, dass es jungen<br />

Familien gut geht und jüngere Frauen und<br />

Männer ihre Kin<strong>der</strong>wünsche realisieren können:<br />

erstens haben sie meistens selber Kin<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> Enkel, zweitens sind höhere Geburtenraten<br />

für Sozialsysteme hilfreich, und drittens<br />

ist es für ältere Generationen in ländlichen<br />

Räumen ein Segen, wenn junge Familien dort<br />

Perspektiven finden.<br />

Demografiepolitik hat zum einen die Aufgabe,<br />

demografische Folgen zu managen,<br />

ihren Problemen konzeptionell und<br />

langfristig zu begegnen und ihre Chancen zu<br />

nutzen. Zweitens sollte Demografiepolitik die<br />

drei Parameter <strong>der</strong> demografischen Entwicklung<br />

– Lebenserwartung, Migration und<br />

Geburtenentwicklung – beachten und sie<br />

unter den genannten Prämissen strategisch<br />

beeinflussen. Der Befund, dass Familienpolitik<br />

auf die Geburtenrate wirkt und in welcher<br />

Weise, ist hier zentral. Eine familienorientierte<br />

Demografiepolitik führt die Demografen<br />

in die Arena <strong>der</strong> Familienpolitik<br />

und gibt den Familienpolitikern weitere Argumente<br />

für die Stärkung dieses Politikfeldes<br />

an die Hand.<br />

Autor: Dr. Martin Bujard<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesinstitut<br />

für Bevölkerungsforschung;<br />

Koordinator <strong>der</strong> interdisziplinären Arbeits-<br />

gruppe „Zukunft mit Kin<strong>der</strong>n“ (<strong>Berlin</strong>-Brandenburgische<br />

Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften<br />

und Nationale Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften<br />

Leopoldina)<br />

Friedrich-Ebert-Allee 4<br />

65185 Wiesbaden<br />

Im Auftrag des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend.<br />

1 Mayer differenziert in ähnlicher Weise zwischen „Verwalten“<br />

und „Gestalten“ (Tilman Mayer 2012 BDF)<br />

2 Ausführlich sind diese Politikfel<strong>der</strong> im Demographiebericht<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung (BMI 2011) dargestellt,<br />

siehe: www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/<br />

Broschueren/2011/demographiebericht.html<br />

3 Akademiegruppe Altern in Deutschland, 2009: Gewonnene<br />

Jahre, Nova Acta Leopoldina 371, Band 107, S. 16<br />

4 Betrachtet man die Rentenformel, geht es hier um den<br />

Quotienten aus Rentner und Erwerbstätigen-Koeffizienten.<br />

Eine Anhebung des Renteneintrittsalters wirkt erheblich<br />

auf diesen Quotienten, da er Nenner und Zähler<br />

günstig beeinflusst. Zudem kann <strong>der</strong> Erwerbstätigen-Koeffizient<br />

auch durch eine Verbreiterung <strong>der</strong> Basis (Selbstständige,<br />

Frauenerwerbsquote, Arbeitslosigkeit)<br />

verbessert werden.<br />

5 Vgl. United Nations, 2000: Replacement Migration,<br />

New York.<br />

6 Martin Bujard 2011: Geburtenrückgang und Familienpolitik,<br />

Nomos. Vgl. auch Oliver Thevenon und Angela<br />

Luci, i.E., Reconciling Work, Family and Children Outcomes,<br />

in: Population Research and Policy Review. Zu Mikrostudien<br />

siehe: Katharina Spieß 2012, Zeit, Geld,<br />

Infrastruktur und Fertilität, in: Bertram/Bujard (Hrsg.):<br />

Zeit, Geld, Infrastruktur – zur Zukunft <strong>der</strong> Familienpolitik,<br />

Son<strong>der</strong>band Soziale Welt 19.<br />

7 BMFSFJ, 2006: Siebter Familienbericht. Familie zwischen<br />

Fexibilität und Verlässlichkeit. Perspektiven für<br />

eine lebenslaufbezogene Familienpolitik, in:<br />

http://www.bmfsfj.de/doku/familienbericht/haupt.html<br />

8 BMFSFJ, 2011: Familienpolitik und Geburtenrate: Ein<br />

internationaler Vergleich, in: http://bmfsfj.de/BMFSFJ/<br />

Service/Publikationen/publikationsliste.did=174296.ht<br />

ml<br />

9 Amartja Sen 1993: Capability and Well-Being, in:<br />

Sen/Nussbaum (Hrsg.), The Quality of Life. Oxford 30-53;<br />

Jonathan Bradshaw, Petra Hoelscher und Dominic Richardson,<br />

2006: Comparing Child Well-Being in OECD<br />

Countries: Concepts und Methods, UNICEF IWP 2006-<br />

03; Akademiegruppe Zukunft mit Kin<strong>der</strong>n 2012 i.E., Zukunft<br />

mit Kin<strong>der</strong>n – Fertilität und gesellschaftliche<br />

Entwicklung, Campus.<br />

10 Dies bezieht sich auf den empirischen Vergleich von<br />

28 OECD-Län<strong>der</strong>n, wobei in sechs dieser Län<strong>der</strong><br />

(Deutschland, Österreich, Japan, Portugal, Griechenland<br />

und Spanien) die Bevölkerung eine pronatalistsiche<br />

durch ein autoritäres bzw. faschistisches Regime erfahren<br />

hatte. Die durchschnittliche Geburtenrate liegt in den<br />

sechs Län<strong>der</strong>n in 2006 bei 1,36 und in den an<strong>der</strong>en 22<br />

OECD-Staaten bei 1,67. Vgl. Martin Bujard 2011: Geburtenrückgang<br />

und Familienpolitik, Nomos.


Gibt es eine Trendumkehr<br />

in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl nach<br />

Geburtsjahrgängen in<br />

Deutschland?<br />

Prof. Joshua R. Goldstein PH.D.,<br />

Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld, Felix Rößner<br />

1. Einleitung<br />

Ähnlich wie in an<strong>der</strong>en europäischen Län<strong>der</strong>n<br />

ist die durchschnittliche Kin<strong>der</strong>zahl pro<br />

Frau in Deutschland kontinuierlich zurückgegangen.<br />

Während die westdeutschen Frauen<br />

des Geburtsjahrganges 1940 etwa 2 Kin<strong>der</strong><br />

bekommen haben, hatten Frauen des Geburtsjahrganges<br />

1965 nur noch 1,5 Kin<strong>der</strong> im<br />

Durchschnitt. Für Ostdeutschland lässt sich<br />

eine ähnliche Entwicklung aufzeigen, da<br />

auch hier die durchschnittliche Kin<strong>der</strong>zahl<br />

rückläufig war. Aktuelle empirische Befunde<br />

deuten jedoch darauf hin, dass <strong>der</strong> über mehrere<br />

Frauengenerationen andauernde Rückgang<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl nun zum Stillstand<br />

gekommen ist und sich sogar eine leichte<br />

Trendumkehr einstellt (Goldstein und Kreyenfeld<br />

2011). Diese Befunde zur Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl basieren zum Teil auf prognostizierten<br />

Werten. Ziel dieser Expertise ist es,<br />

die Methode zu beschreiben, auf <strong>der</strong>en Basis<br />

diese Prognosen durchgeführt wurden.<br />

Zudem sollen die Ergebnisse in die allgemeine<br />

gesellschaftliche und demografische<br />

Entwicklung eingeordnet werden. Folgende<br />

Fragestellungen stehen damit im Vor<strong>der</strong>grund<br />

<strong>der</strong> Expertise:<br />

1<br />

2<br />

Wie lässt sich das Geburtenverhalten<br />

<strong>der</strong> jüngeren Geburtsjahrgänge prognostizieren?<br />

Inwiefern deuten die Prognosen auf eine<br />

Trendumkehr hin?<br />

Da die Geburtenentwicklung in Ost- und<br />

Westdeutschland in <strong>der</strong> Vergangenheit unterschiedlich<br />

verlaufen ist, werden im Folgenden<br />

die Berechnungen für beide Landesteile getrennt<br />

durchgeführt. 1 Alle Darstellungen beziehen<br />

sich zudem, wie dies in <strong>der</strong><br />

demografischen Forschung üblich ist, auf die<br />

Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau. Die durchschnittliche<br />

Kin<strong>der</strong>zahl für Männer wird nicht ausgewiesen.<br />

2. Darstellung <strong>der</strong> Methode<br />

2.1. Perioden- versus Kohortenperspektive<br />

Will man die Geburtenentwicklung beschreiben,<br />

ist es sinnvoll, einleitend einige Anmerkungen<br />

zur Aussagekraft <strong>der</strong> standardmäßig<br />

verwendeten Fertilitätsindikatoren zu machen.<br />

Die in <strong>der</strong> Öffentlichkeit am häufigsten<br />

verwendete Kennziffer zur Charakterisierung<br />

des Geburtenverhaltens ist die auf Jahresbasis<br />

berechnete zusammengefasste Geburtenziffer<br />

(„total period fertility rate“ TFR). Diese<br />

Kennziffer liegt in Westdeutschland seit den<br />

1970er-Jahren auf einem Wert von etwa 1,4<br />

Kin<strong>der</strong>n pro Frau. In Ostdeutschland ist die<br />

TFR nach <strong>der</strong> Wende eingebrochen, liegt aber<br />

mittlerweile auf einem ähnlichen Niveau wie<br />

in Westdeutschland. Die TFR ist eine auf Basis<br />

von Jahresdaten geschätzte Fertilitätsziffer,<br />

die häufig als durchschnittliche Kin<strong>der</strong>zahl<br />

pro Frau interpretiert wird. Tatsächlich ist die<br />

TFR nur ein Schätzwert für die durchschnittliche<br />

Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau. Dieser Schätzwert<br />

wird verzerrt, wenn sich das Alter, in dem<br />

Frauen Kin<strong>der</strong> bekommen, verän<strong>der</strong>t. Da dieses<br />

Alter in Westdeutschland seit den 1970er-<br />

Jahren und in Ostdeutschland seit 1990 gestiegen<br />

ist, steht fest, dass die jährliche Geburtenziffer<br />

tatsächlich verzerrt ist. Sie ist<br />

damit kein verlässliches Maß, um die durchschnittliche<br />

Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau anzugeben.<br />

Vor dem Hintergrund, dass die jährliche Geburtenziffer<br />

ein problematischer Indikator ist,<br />

wird zunehmend in Frage gestellt, ob sie<br />

überhaupt noch berechnet werden sollte (Sobotka<br />

und Lutz 2011).<br />

Um verlässliche Aussagen zur durchschnittlichen<br />

Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau zu machen, werden<br />

in <strong>der</strong> demografischen Forschung <strong>der</strong>zeit<br />

zwei Varianten verwendet. Eine erste Variante<br />

basiert auf so genannten „Tempo-Korrekturen“.<br />

Diese Korrekturverfahren fußen<br />

auf <strong>der</strong> Vorstellung, dass sich die erwähnten<br />

„Tempo-Verzerrungen“ aus den jährlichen<br />

Geburtenraten herausrechnen lassen. Seitdem<br />

die ersten „Tempokorrekturmethoden“<br />

in <strong>der</strong> Forschung vorgeschlagen wurden<br />

(Bongaarts und Feeney 1998), sind sie vielfach<br />

modifiziert und verfeinert worden (Kohler<br />

et al. 2002: 648ff.). Gemeinsam ist diesen<br />

Methoden, dass sie prinzipiell davon ausgehen,<br />

dass eine durchschnittliche Kin<strong>der</strong>zahl<br />

nach Kalen<strong>der</strong>jahren berechnet werden kann.<br />

Damit wird eine Periodenperspektive verfolgt.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

Die zweite Variante nimmt eine Kohortenperspektive<br />

ein. Sie basiert auf <strong>der</strong> Vorstellung,<br />

dass die durchschnittliche Kin<strong>der</strong>zahl nicht<br />

auf Jahresbasis angegeben werden kann, da<br />

Geburtenentscheidungen im Kontext des Lebenslaufs<br />

getroffen werden. Nach dieser<br />

Logik kann eine durchschnittliche Kin<strong>der</strong>zahl<br />

nur nach Geburtsjahrgängen (Kohorten) von<br />

Frauen berechnet werden. Fertilitätsziffern,<br />

die auf Basis <strong>der</strong> Kohortenperspektive berechnet<br />

werden, bilden das tatsächliche Verhalten<br />

von Frauen ab und sind damit keine<br />

Schätzwerte. Der Nachteil <strong>der</strong> Kohortenperspektive<br />

ist jedoch, dass gesicherte Angaben<br />

zur Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau erst gemacht werden<br />

können, wenn <strong>der</strong> jeweilige Frauenjahrgang<br />

das Ende seiner „reproduktiven“ Phase erreicht<br />

hat, also keine Kin<strong>der</strong> mehr bekommen<br />

kann. Derzeit liegen Fertilitätsdaten bis zum<br />

Jahr 2010 für Deutschland vor. Geht man<br />

davon aus, dass für Frauen die „reproduktive“<br />

Phase frühestens im Alter von 45 Jahren<br />

abgeschlossen ist, bedeutet dies, dass bislang<br />

nur gesicherte Aussagen zur durchschnittlichen<br />

Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau für den Jahrgang<br />

1965 und älter gemacht werden können. 2<br />

2.2 Die Methode <strong>der</strong> Kohortenprognose<br />

Ein Problem <strong>der</strong> Kohortenperspektive ist, wie<br />

oben beschrieben, dass die durchschnittliche<br />

Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau erst mit Sicherheit berechnet<br />

werden kann, wenn ein Geburtsjahrgang<br />

das Alter 45 erreicht hat. Dies ist von<br />

Nachteil, da auf Basis dieser Methode keine<br />

Aussagen zum aktuellen Geburtenverhalten<br />

gemacht werden können. Zudem vernachlässigt<br />

dieses Vorgehen vorhandene Informationen.<br />

Die Frauen, die bislang noch nicht das<br />

Ende ihrer „reproduktiven“ Phase erreicht<br />

haben, haben Kin<strong>der</strong> bekommen, und es liegen<br />

Daten zu ihrem bisherigen Fertilitätsverlauf<br />

vor. Mit <strong>der</strong> Methode <strong>der</strong><br />

Kohortenprognose werden diese Nachteile<br />

umgangen, indem für die Jahrgänge, die<br />

noch im „reproduktiven“ Alter sind, die noch<br />

fehlenden Angaben geschätzt werden (Li und<br />

Wu 2003). Dies bedeutet, dass die Kohortenprognose<br />

zwar prognostische Elemente beinhaltet,<br />

aber sich in erster Linie am<br />

tatsächlichen Verhalten <strong>der</strong> jeweiligen Geburtskohorten<br />

orientiert.<br />

Calot-Methode<br />

Um die fehlenden Werte einer Geburtskohorte<br />

zu schätzen, sind in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

verschiedene Verfahren angewendet worden.<br />

Ein klassisches Verfahren ist die „Calot-Methode“,<br />

die im englischen Sprachgebrauch<br />

auch als „freeze-method“ bekannt ist. Bei<br />

50 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

<strong>der</strong> Calot-Methode werden die fehlenden<br />

Werte eines Geburtsjahrganges durch die beobachteten<br />

Werte des jeweils älteren Geburtsjahrganges<br />

ersetzt (Frejka und Calot<br />

2001). Beispielsweise liegen im Jahr 2010 für<br />

den Geburtsjahrgang 1966 Werte bis zum<br />

Alter 44, jedoch noch nicht für das Alter 45<br />

vor. Um die endgültige Kin<strong>der</strong>zahl dieses<br />

Frauenjahrganges zu berechnen, wird im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Calot-Methode angenommen,<br />

dass die Fertilität <strong>der</strong> Frauen im Alter 45 genauso<br />

hoch sein wird wie die Fertilität in<br />

demselben Alter des Vorgängerjahrganges.<br />

Die Calot-Methode ist in <strong>der</strong> Forschung kritisch<br />

hinterfragt worden. Problematisch an<br />

dieser Methode ist, dass sie auf <strong>der</strong> Annahme<br />

basiert, dass sich die zukünftigen Kohorten<br />

ähnlich verhalten wie die bisherigen Jahrgänge.<br />

Diese Annahme ist für Län<strong>der</strong> wie<br />

Deutschland eher konservativ, da nicht berücksichtigt<br />

wird, dass Frauen ihre Kin<strong>der</strong> zunehmend<br />

im späteren Alter bekommen. In<br />

den hohen Altersstufen haben sich in den<br />

letzten Jahren die Fertilitätsraten folglich<br />

durchweg erhöht. Dies bedeutet, dass bisherige<br />

Prognosen für Deutschland, die auf Basis<br />

<strong>der</strong> Calot-Methode durchgeführt wurden, die<br />

Fertilität <strong>der</strong> jüngeren Kohorten systematisch<br />

unterschätzt haben.<br />

Methode <strong>der</strong> linearen Trendinterpolatation<br />

Auf Grund <strong>der</strong> Verschiebung <strong>der</strong> Geburten in<br />

höhere Altersstufen ist es nicht möglich,<br />

davon auszugehen, dass sich die Frauen, die<br />

noch im „reproduktiven“ Alter sind, genauso<br />

verhalten werden wie ihre Vorgängerinnen.<br />

Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese<br />

Frauen im höheren Alter eine relativ höhere<br />

Fertilität aufweisen werden. Wie hoch <strong>der</strong>en<br />

Fertilität ist, lässt sich nicht mit Sicherheit<br />

sagen. Es kann jedoch ein Trend berechnet<br />

werden. Statt die Werte des Vorgängerjahrganges,<br />

die dies bei <strong>der</strong> Calot-Methode geschieht,<br />

zu übernehmen, wird in <strong>der</strong> Methode<br />

<strong>der</strong> linearen Trendinterpolation berücksichtigt,<br />

dass Fertilitätsraten in einem bestimmten<br />

Alter einem Trend unterliegen. Will man<br />

beispielsweise für den Jahrgang 1966 die Geburtenrate<br />

von Frauen für das Alter 45 berechnen,<br />

untersucht man den Trend <strong>der</strong><br />

Fertilität im Alter 45 und schreibt diesen fort<br />

(Siegel et al. 2004: 567ff).<br />

Kohortenprojektion in dieser Expertise<br />

In den folgenden Analysen haben wir die Methode<br />

<strong>der</strong> linearen Trendinterpolation verwendet,<br />

um die Fertilität <strong>der</strong> ost- und<br />

westdeutschen Geburtsjahrgänge 1950 und<br />

1975 darzustellen. Dabei haben wir die letz-<br />

ten fünf Beobachtungswerte herangezogen,<br />

um einen linearen Trend für die Interpolation<br />

<strong>der</strong> fehlenden Werte zu bestimmen. 3 Die<br />

Jahrgänge, die 1965 o<strong>der</strong> früher geboren<br />

wurden, haben bereits das „reproduktive“<br />

Alter durchlebt. Entsprechend werden nur für<br />

die jüngeren Kohorten fehlende Daten ergänzt.<br />

Der jüngste Jahrgang, für den wir<br />

Schätzungen darstellen, sind die 1975 geborenen<br />

Frauen, die im Jahr 2010 35 Jahre alt<br />

geworden sind. In <strong>der</strong> Tabelle A1 im Anhang<br />

sind die geschätzten Werte wie auch die beobachtete<br />

Kin<strong>der</strong>zahl <strong>der</strong> Jahrgänge 1950 bis<br />

1975 bis zum Jahr 2010 abgebildet. Die Tabelle<br />

gibt Hinweise darauf, in welchem Umfang<br />

die Fertilität <strong>der</strong> jeweiligen Kohorten<br />

beobachtet und geschätzt wurde.<br />

Für jede Art von Prognose ist es wichtig abzuschätzen,<br />

wie treffgenau die Vorhersagen<br />

sind. Da die Kohorten 1950 bis 1975 bereits<br />

vollständig o<strong>der</strong> zumindest einen großen Teil<br />

ihrer „reproduktiven“ Phase hinter sich<br />

haben, ist <strong>der</strong> Schätzfehler gering. Dennoch<br />

ist die Prognose <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl, insbeson<strong>der</strong>e<br />

für die jüngeren Kohorten, mit Unsicherheiten<br />

behaftet. Um abzuschätzen, wie sensibel<br />

die Schätzungen gegenüber alternativen Annahmen<br />

sind, wird in einem zweiten Schritt<br />

in einer Sensitivitätsanalyse die eher konservative<br />

Calot-Methode verwendet und den Ergebnissen<br />

<strong>der</strong> linearen Trendinterpolation<br />

gegenübergestellt.<br />

3. Ergebnisse<br />

3.1 Kann man eine Trendumkehr beobachten?<br />

Abbildung 1 gibt die Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau für<br />

die Jahrgänge 1950 bis 1975 wie<strong>der</strong>. Für die<br />

Jahrgänge, die 1966 o<strong>der</strong> später geboren<br />

wurden, basieren Daten auf Schätzungen<br />

mithilfe <strong>der</strong> linearen Trendinterpolation. Betrachtet<br />

man zunächst die Fertilität für die<br />

Jahrgänge 1950 bis 1965, also <strong>der</strong> Jahrgänge,<br />

<strong>der</strong>en „reproduktive“ Phase abgeschlossen<br />

ist, zeigt sich ein kontinuierlicher<br />

Rückgang <strong>der</strong> durchschnittlichen Kin<strong>der</strong>zahl<br />

pro Frau in West- und Ostdeutschland. Während<br />

<strong>der</strong> westdeutsche Geburtsjahrgang<br />

1950 noch 1,70 Kin<strong>der</strong> hatte, liegt die Fertilität<br />

für den Jahrgang 1965 nur noch bei 1,53<br />

Kin<strong>der</strong>n pro Frau. In Ostdeutschland bekamen<br />

Frauen <strong>der</strong> Geburtsjahrgänge 1950 bis<br />

1965 deutlich mehr Kin<strong>der</strong> als in Westdeutschland.<br />

Allerdings ist <strong>der</strong> Rückgang <strong>der</strong><br />

Fertilität in diesem Landesteil ausgeprägter.<br />

Betrachtet man die Schätzungen zum Verlauf<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl <strong>der</strong> Jahrgänge 1966 bis 1975,<br />

erkennt man für Westdeutschland, dass <strong>der</strong><br />

rückläufige Trend zum erliegen kommen wird.


Mit dem Geburtsjahrgang 1968 wird <strong>der</strong> Tiefpunkt<br />

mit 1,47 erreicht; danach zeigt sich ein<br />

leichter Anstieg <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau. In<br />

Ostdeutschland wird ein Tiefpunkt mit <strong>der</strong><br />

Kohorte 1970 erreicht, aber auch hier steigt<br />

für die darauffolgenden Jahrgänge die Kin<strong>der</strong>zahl<br />

wie<strong>der</strong> leicht an.<br />

Abbildung 2 zeigt, dass auch Ergebnisse auf<br />

Basis <strong>der</strong> Calot-Methode ein Ende des rückläufigen<br />

Trends in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau in<br />

Ost- und Westdeutschland indizieren. Während<br />

in Ostdeutschland die Kin<strong>der</strong>zahl sich<br />

demnach auf einen Wert von 1,5 Kin<strong>der</strong>n pro<br />

Frau ab dem Geburtsjahrgang 1970 stabili-<br />

Abbildung 1: Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau nach Geburtsjahrgängen, Berechnungen auf Basis <strong>der</strong><br />

Methode <strong>der</strong> linearen Trendinterpolation<br />

3.2 Sensivitätsanalyse<br />

Um zu veranschaulichen, inwieweit die<br />

Schätzungen von <strong>der</strong> gewählten Prognosemethode<br />

abhängen, haben wir im Folgenden<br />

alternative Schätzungen auf Basis <strong>der</strong> Calot-<br />

Methode dargestellt. 5 Die Calot-Methode<br />

tendiert, wie oben beschrieben, eher dazu,<br />

die zukünftige Fertilitätsentwicklung zu unterschätzen,<br />

da sie den Aufschub <strong>der</strong> Fertilität,<br />

den wir für Deutschland weiterhin<br />

beobachten können, nicht berücksichtigt. Dadurch<br />

wird die Fertilität in den noch ausstehenden<br />

Altersstufen aller Voraussicht nach<br />

unterschätzt.<br />

siert, steigt sie in Westdeutschland ab dem<br />

Geburtsjahrgang 1968 leicht an. Die Schlussfolgerung<br />

eines rückläufigen Trends kann<br />

folglich als nahezu gesichert gelten.<br />

4. Zusammenfassung<br />

und Diskussion<br />

Ziel dieser Expertise war <strong>der</strong> Frage nachzugehen,<br />

inwieweit eine Trendumkehr in <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau in Deutschland zu erwarten<br />

ist. Dazu wurde die Methode <strong>der</strong> Trendinterpolation<br />

erläutert. Diese Methode wurde<br />

verwendet, um die Kin<strong>der</strong>zahl <strong>der</strong> ost- und<br />

westdeutschen Frauen <strong>der</strong> Geburtsjahrgänge<br />

Abbildung 2: Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau nach Geburtsjahrgängen, Berechnungen auf Basis <strong>der</strong><br />

Calot-Methode<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

1966 bis 1975 zu prognostizieren. Auf Basis<br />

dieser Methode zeigt sich, dass <strong>der</strong> Rückgang<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl in Westdeutschland etwa mit<br />

den Jahrgängen, die um 1968 geboren wurden,<br />

zum Erliegen kommt, bevor die Kin<strong>der</strong>zahl<br />

pro Frau erneut leicht ansteigt. Für<br />

Ostdeutschland deutet sich an, dass mit dem<br />

Jahrgang 1970 die Kin<strong>der</strong>zahl nicht weiter<br />

zurückgehen wird. Um zu überprüfen, wie<br />

sensibel diese Schätzungen gegenüber alternativen<br />

Annahmen sind, wurde das „Calot-<br />

Verfahren“ verwendet. Auch auf Basis dieses<br />

eher konservativen Verfahrens ergibt sich,<br />

dass es keinen weiteren Rückgang <strong>der</strong> Geburtenziffern<br />

geben wird. Insgesamt zeigen<br />

die Analysen damit, dass ein Ende des rückläufigen<br />

Fertilitätstrends in beiden Teilen des<br />

Landes als nahezu gesichert gelten kann. Die<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau nach<br />

Geburtsjahrgängen hat sowohl in Ost- wie<br />

auch in Westdeutschland ihre Talsohle durchschritten.<br />

Wie stark <strong>der</strong> Anstieg <strong>der</strong> Fertilität<br />

jedoch ausfallen wird, kann zu diesem Zeitpunkt<br />

noch nicht mit ausreichend großer Sicherheit<br />

beurteilt werden.<br />

Welche Gründe sprechen dafür, dass <strong>der</strong><br />

Rückgang <strong>der</strong> Fertilität mit den Jahrgängen,<br />

die um 1970 geboren wurden, tatsächlich<br />

zum Erliegen kommt? Welche Argumente lassen<br />

sich für einen Anstieg <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zahl pro<br />

Frau für die jüngeren Jahrgänge anführen?<br />

Welche Aspekte sprechen eher für eine Stabilisierung<br />

<strong>der</strong> Fertilität auf einem niedrigen<br />

Niveau?<br />

Für eine Stabilisierung auf einem niedrigen<br />

Niveau spricht, dass es auch an<strong>der</strong>e europäische<br />

Län<strong>der</strong> gibt, in denen die Geburtsraten<br />

nicht weiter zurückgehen. Jedoch wurde bislang<br />

für kein Land ein deutlicher Anstieg <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>zahl beobachtet (Sobotka et al. 2011a:<br />

38). Die Prognosen für Deutschland (nach <strong>der</strong><br />

Methode <strong>der</strong> linearen Trendinterpolation) zeigen<br />

für die Frauen, die zwischen 1970 und<br />

1975 geboren wurden, einen Anstieg <strong>der</strong><br />

durchschnittlichen Kin<strong>der</strong>zahl von 1,50 auf<br />

1,57. Dies ist nur ein sehr mo<strong>der</strong>ater Anstieg,<br />

<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Vorstellung kompatibel ist, dass<br />

sich die Fertilität auf einem niedrigen Niveau<br />

eingependelt hat. Gegen das Argument einer<br />

Trendwende spricht zudem, dass gerade die<br />

jüngeren Kohorten von <strong>der</strong> globalen Finanzkrise<br />

betroffen sind und es unwahrscheinlich<br />

ist, dass, angesichts <strong>der</strong> unsicheren Zukunftsaussichten,<br />

sich Paare vermehrt für Kin<strong>der</strong><br />

entscheiden (Sobotka et al. 2011b).<br />

Für eine Trendwende in <strong>der</strong> Geburtenentwicklung<br />

würden insbeson<strong>der</strong>e die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

in den familienpolitischen<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 51


Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

Rahmenbedingungen und in den Einstellungen<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung sprechen. Die Unvereinbarkeit<br />

von Kind und Beruf wurde in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit häufig als zentrale Ursache<br />

für niedrige Fertilitätsraten in entwickelten<br />

Gesellschaften angeführt (Esping-An<strong>der</strong>sen<br />

1999; McDonald 2000; Castles 2003). Da fast<br />

alle Län<strong>der</strong> in den letzten Jahren Anstrengungen<br />

unternommen haben, die Unvereinbar-<br />

keiten zu lösen, wäre eine Trendwende im<br />

Geburtenverhalten mit den Verän<strong>der</strong>ungen in<br />

den familienpolitischen Rahmenbedingungen<br />

erklärbar. Diese Argumentation bietet sich<br />

auch für Deutschland an, wo seit 2005 <strong>der</strong><br />

Ausbau <strong>der</strong> Betreuung von Kin<strong>der</strong>n unter drei<br />

Jahren vorangetrieben wird und 2007 das Elterngeld<br />

eingeführt wurde. Die Kohorten, die<br />

um 1970 geboren worden sind, dürften die<br />

ersten sein, die zumindest teilweise von diesen<br />

Maßnahmen profitiert haben. Neben den<br />

familienpolitischen Maßnahmen kommen als<br />

weitere Erklärungsfaktoren in Betracht, dass<br />

sich auch die Einstellungen <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

in den letzten Jahrzehnten gewandelt haben.<br />

Dies gilt sowohl für die Akzeptanz <strong>der</strong> Frauenerwerbstätigkeit<br />

wie auch für Verän<strong>der</strong>ungen<br />

in den Einstellungen zur Betreuung von<br />

Kin<strong>der</strong>n in Tageseinrichtungen und Tagespflege<br />

(Bauernschuster und Rainer 2011).<br />

Zudem zeigen Jugendstudien, dass die Familienorientierung<br />

<strong>der</strong> jüngeren Geburtsjahrgänge<br />

zugenommen hat (Albert et al. 2010).<br />

Diese Argumente deuten darauf hin, dass<br />

eine Trendumkehr in <strong>der</strong> Geburtenentwick-<br />

52 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

lung für Deutschland zumindest plausibel ist.<br />

Falls die verbesserte Vereinbarkeit von Kind<br />

und Beruf und die Verän<strong>der</strong>ungen in den Einstellungen<br />

<strong>der</strong> jungen Generation das Geburtenverhalten<br />

beeinflusst haben, würde man<br />

für die Zukunft einen weiteren Anstieg im<br />

Geburtenniveau erwarten können. Zudem<br />

würde man erwarten, dass die Kin<strong>der</strong>losigkeit,<br />

insbeson<strong>der</strong>e unter den hoch qualifizier-<br />

Tabelle A1: Beobachtete und prognostizierte Kohortenfertilität (Kin<strong>der</strong>zahl pro Frau)<br />

ten und erwerbsorientierten Frauen,<br />

zurückgegangen ist. Die Datenlage erlaubt es<br />

jedoch bislang nicht, zu untersuchen, inwiefern<br />

dies tatsächlich <strong>der</strong> Fall gewesen ist. Gesicherte<br />

Befunde dürften hier die Daten des<br />

Mikrozensus 2012 liefern, auf dessen Basis<br />

die Kin<strong>der</strong>zahl und die Kin<strong>der</strong>losigkeit nach<br />

Geburtskohorten und Bildungsniveau von<br />

Frauen berechnet werden kann.<br />

Autorin und Autoren:<br />

Prof. Joshua Goldstein, Ph.D, Direktor Max-Plank-Institut<br />

für demografische Forschung<br />

Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld, Max-Planck-Institut für<br />

demografische Forschung<br />

Felix Rößger, Max-Planck-Institut für demografische<br />

Forschung<br />

Korrespondenzanschrift:<br />

Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld<br />

Max-Planck-Institut für demografische Forschung<br />

Konrad-Zuse-Str. 1, D-18057 Rostock<br />

Tel.: 0381/2081 136, Fax: 0381/2081 436<br />

Im Auftrag des Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend<br />

Literatur:<br />

Albert, Mathias, Klaus Hurrelmann und Gudrun Quenzel (2010).<br />

Jugend 2010. 16. Shell Jugendstudie. Frankfurt. Fischer<br />

Bauernschuster, Stefan und Helmut Rainer (2011). Political<br />

regimes and the family: how sexrole attitudes continue to differ<br />

in reunified Germany. Journal Population economics (im Erscheinen)<br />

Bongaarts, John und Griffith Feeney (1998). On the quantum<br />

an tempo of fertility. Population and Development Review 24:<br />

271-291.<br />

Castles, Francis Geoffrey (2003) The world turned upside down:<br />

Below replacement fertility, changing preferences and familyfriendly<br />

public policy in 21 OECD countries. Journal of European<br />

Social Policy 13: 209-227.<br />

Esping-An<strong>der</strong>sen, Gosta (1999) Social Foundations of Postindustrial<br />

Economies. Oxford. Oxford University Press.<br />

Frejka, Tomas und Gerad Calot (2001) Cohort reproductive patterns<br />

in low-fertility countries. Population und Development Review<br />

27: 103-132.<br />

Goldstein, Joshua R. (2010) A behavioral Gompertz model for<br />

cohort fertility schedules in low and mo<strong>der</strong>ate fertility populations.<br />

MPIDR Working Paper. WP-2010-021.<br />

Goldstein, Joshua und Michaela Kreyenfeld (2011). Has East<br />

Germany overtaken West Germany? Recent trends in or<strong>der</strong>-specific<br />

fertility. Population and development Review 37:453-472<br />

Kohler, Hans-Peter, Francesco C. Billiari und Jose Antonio Ortega<br />

(2002). The ermergence of lowest-low fertility in europe during<br />

the 1990s. Population and development Review 28: 641-680.<br />

Kreyenfeld, Michaela, Olga Pötsch und Karolin Kubisch (2010).<br />

Data Documentation Germany: Documentation for the Human<br />

Fertility Database. http://www.humanfertility.org<br />

Li,Nan und Zheng Wu (2003) Forecasting cohort incomplete fertility:<br />

A method and an application. Population Studies 57: 303-<br />

320<br />

McDonald, Peter (2000) Gen<strong>der</strong> equity, social institutions and<br />

the future of fertility. Journal of Population Research 17: 1-16<br />

Siegel, Jacob S., David Swanson und Henry S. Shryock (2004).<br />

The Methods and Materials of Demography. Elsevier Academic<br />

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Sobotka, Tomas und Wolfgang Lutz (2011) Misleading policy<br />

messages <strong>der</strong>ived from the period TFR: Should we stop using<br />

it? Comparative Population Studies 35: 637-664.<br />

Sobotka, Tomas, Krystof Zeman, Ron Lesthaeghe und Tomas Frejka<br />

(2011a). Postponement and recuperation in cohort Fertility:<br />

New Analytical and projection methods and their application.<br />

European Demographic Research Papers 2. Vienna: Vienna Institute<br />

of demography of the Austrian Academy of Sciences.<br />

Sobotka, Tomas, Vegard Skirbekk und Dimiter Philipov (2011b).<br />

Economic recession and fertility in the developed world. Population<br />

an Development Review 37: 267-306.<br />

1 <strong>Berlin</strong> wurde ab 1990 aus diesen Analysen ausgeschlossen, da<br />

eine durchgängige Ost-West-Trennung <strong>der</strong> Stadt aufgrund <strong>der</strong><br />

Gebietsreform nicht mehr möglich ist (siehe Krevenfeld et al.<br />

2010). Die Schätzungen verän<strong>der</strong>n sich nur geringfügig, wenn<br />

<strong>Berlin</strong> berücksichtigt wird (siehe Goldstein und Krevenfeld<br />

2011).<br />

2 Auch nach dem Alter 45 finden noch Geburten statt, jedoch<br />

machen diese bislang maximal 0,1 Prozent <strong>der</strong> zusammengefassten<br />

Geburtenziffern aus und können somit für die Analyse<br />

vernachlässigt werden, da sich die Ergebnisse kaum beeinflussen<br />

würden.<br />

3 Diese Methode berücksichtigt nicht, dass <strong>der</strong> Aufschub <strong>der</strong> Fertilität<br />

in ein höheres Alter an biologische Grenzen stößt. Daraus<br />

folgt, dass <strong>der</strong> lineare Trend nicht in die weite Zukunft fortgeschrieben<br />

werden sollte. Diese Problematik ist jedoch für die<br />

hier verwendeten Kohorten kaum relevant, da nur ein kleiner<br />

Teil des zukünftigen Fertilitätsverlaufs dieser Kohorten geschätzt<br />

werden muss.<br />

4 Für den Rückgang in Ostdeutschland sind u.a. vereinigungsbedingte<br />

Faktoren relevant, die vor allem das Verhalten <strong>der</strong> Kohorten<br />

1965 bis 1970 beeinflusst haben. Insbeson<strong>der</strong>e jene<br />

Frauen, die ihr erstes Kind direkt vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung bekommen<br />

haben, haben häufig keine weiteren Kin<strong>der</strong> bekommen<br />

(siehe im Detail Goldstein und Kreyenfeld 2011).<br />

5 Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit stellen Methoden dar, die den bisherigen<br />

Fertilitätsverlauf des betrachteten Geburtsjahrganges nutzen,<br />

um die Kohortenfertilität zu prognostizieren (siehe bspw.<br />

Das „Gompertz model with infertility“, Goldstein 2010). Diese<br />

Methoden führen für Deutschland zu sehr ähnlichen Ergebnissen<br />

wie die lineare Trendinterpolation, so dass wir sie in dieser<br />

Expertise nicht dargestellt haben.


Swinging Sixties<br />

"And when the night is cloudy,<br />

There is still a light that shines on me,<br />

Shine until tomorrow, let it be." (The Beatles, 1969)<br />

Jugendkulturen in Deutschland Teil 2 Klaus Farin<br />

Mehr als 100 Firmen stellen <strong>der</strong>zeit<br />

150 Massenartikel her, auf denen die<br />

Konterfeis o<strong>der</strong> die Namen <strong>der</strong> vier<br />

Beatles prangen.<br />

Beatles-Puppen aus Plastik für das Weihnachtsgeschäft<br />

1964. (© AP)<br />

Mehr als 100 Firmen stellen <strong>der</strong>zeit 150 Massenartikel<br />

her, auf denen die Konterfeis o<strong>der</strong><br />

die Namen <strong>der</strong> vier Beatles prangen: Damenstrümpfe,<br />

Luftballons, Pullover, Slips und<br />

Hemden, Schuhe, Hüte, Hosen, Jacken, Keksverpackungen,<br />

Limonadengläser und Schals,<br />

Eierbecher, Puppen, Kaugummipäckchen,<br />

Broschen und Ringe und natürlich die 'Original'-Beatles-Perücken.<br />

(Lamprecht 1965, S.<br />

100)<br />

Die Beatles erzielten bis Mitte <strong>der</strong> Sechzigerjahre<br />

mit 150 Millionen verkauften Platten<br />

einen Umsatz von umgerechnet mehr als<br />

zwei Milliarden DM. Die Zahl ihrer Fans<br />

wurde auf 360 Millionen geschätzt. Von<br />

ihren bis dahin 88 Songs waren 2 921 Coverversionen<br />

an<strong>der</strong>er Bands erschienen.<br />

Dazu gab es allein in Deutschland Tausende<br />

von Amateurbeatbands, die ihr Repertoire<br />

ausschließlich live präsentierten. Allein in<br />

Göttingen und Umgebung existierten laut<br />

Dieter Baacke rund 60 Beatformationen, in<br />

Essen 100, in Hannover rund 200 Bands und<br />

20 'Beatkeller'. Hans-Jürgen Klitsch nennt in<br />

seiner voluminösen Beatmonographie 84<br />

<strong>Berlin</strong>er Bands, 78 aus Hamburg, 39 aus Gelsenkirchen<br />

... In Recklinghausen, Frankfurt<br />

am Main und im Hamburger Star-Club fanden<br />

Jahr für Jahr große Beatfestivals statt,<br />

so genannte Beat-Battles gehörten zum Veranstaltungskalen<strong>der</strong><br />

vieler Jugendheime und<br />

Lokale mit jugendlichem Publikum (vgl. Baacke<br />

1972, S. 33 u. 171). 1965, auf dem Höhepunkt<br />

<strong>der</strong> Beatwelle, gab es in<br />

Deutschland bis zu 150 Profibeatbands, die<br />

ausschließlich von <strong>der</strong> Musik lebten (Klitsch<br />

2000, S. 55).<br />

Beat<br />

Nach dem Rock'n'Roll <strong>der</strong> Fünfzigerjahre<br />

entstand ab 1963 mit <strong>der</strong> Beatbewegung<br />

nun die zweite<br />

Musikkultur, die "alleiniges Eigentum<br />

<strong>der</strong> Jugend" war.<br />

Noch ganz brav. Die Beatles bei einer Probepause<br />

in London 1963. (© AP)<br />

"Wie<strong>der</strong> schaffen sich die Jugendlichen hier<br />

ihre eigene kulturelle Welt und entziehen<br />

sich damit den Vorschriften und Verboten,<br />

die die Gesellschaft für sie vorsieht. Sexualität,<br />

Alkohol, Rauchen, früher Privilegien <strong>der</strong><br />

Erwachsenen, sind fortan Teil des jugendlichen<br />

Alltags, ob es die Eltern wollen o<strong>der</strong><br />

nicht." (Shell Deutschland 2002, S. 53). Wie<strong>der</strong><br />

ist es nicht politische Opposition (die<br />

Mehrzahl <strong>der</strong> Jugendlichen dachte politisch<br />

ohnehin nicht an<strong>der</strong>s als ihre Eltern), son<strong>der</strong>n<br />

eine alltagskulturelle Rebellion, die die<br />

Gemüter erhitzt. "Obwohl die 'Beat-Kids' im<br />

Vergleich zu den Halbstarken <strong>der</strong> Fünfzigerjahre<br />

weit weniger aggressiv rebellierten<br />

und kaum gewalttätig waren, reichte ihre<br />

Titelthema - <strong>Demografieentwicklung</strong><br />

Provokation doch weiter." (Siebert 2002, S.<br />

42) Es geht um Musik, "Benehmen", (noch)<br />

längere Haare und - Sex. Unaufhaltsam entzieht<br />

sich die Sexualität <strong>der</strong> Jugendlichen<br />

nun <strong>der</strong> elterlichen Kontrolle. Waren bisher<br />

noch die Eltern die wichtigsten Bezugspersonen,<br />

wenn es um Fragen zu Sexualität und<br />

Partnerschaft ging, so übernehmen diese<br />

Rolle nun Medien und gleichaltrige Freunde<br />

und Freundinnen.<br />

Ein bedeuten<strong>der</strong> Umbruch in <strong>der</strong> Diskussion<br />

ergab sich 1962: Die Antibabypille kam auch<br />

in Deutschland in den Handel. Die Fronten<br />

entspannten sich nun ganz gewaltig: Beate<br />

Uhse eröffnet noch im gleichen Jahr in Flensburg<br />

ihr erstes "Fachgeschäft für Ehe-Hygiene",<br />

Oswalt Kolle wird mit Filmen wie<br />

"Dein Mann/Deine Frau, das unbekannte<br />

Wesen" o<strong>der</strong> "Das Wun<strong>der</strong> <strong>der</strong> Liebe - Sexualität<br />

in <strong>der</strong> Ehe" zum bekanntesten Missionar<br />

in Sachen Sexualaufklärung, und <strong>der</strong><br />

"Kinsey-Report" zum Sexualverhalten <strong>der</strong><br />

Frau steht in mehr als 100000 deutschen<br />

Haushalten. Das Gespräch über "die<br />

schönste Nebensache <strong>der</strong> Welt" war plötzlich<br />

en vogue. Die Sitten lockerten sich. Die Rocksäume<br />

<strong>der</strong> Mädchen rutschten immer höher,<br />

<strong>der</strong> "Mini" wurde geboren.<br />

Doch Vorsicht vor falschen Mythen über die<br />

"freizügigen Sechziger": Die neue Liberalität<br />

erreicht noch längst nicht alle Schichten und<br />

Altersgruppen <strong>der</strong> Gesellschaft. Noch immer<br />

versuchen viele Erwachsene, das Rad <strong>der</strong> Zeit<br />

zurückzudrehen - manchmal mit etwas skurrilen<br />

Methoden. So lässt ein Kinobetreiber bei<br />

<strong>der</strong> Vorführung des ersten Oswalt-Kolle-Films<br />

ein Seil mitten durch den Saal spannen. "Auf<br />

die linke Seite des Seils setzt er die weiblichen<br />

und auf die rechte die männlichen Besucher.<br />

Die ersten beiden Plätze links und rechts jenseits<br />

<strong>der</strong> Seite bleiben frei. Sicher ist sicher,<br />

lautet die Devise. Moral und Anstand werden<br />

so zumindest für die Dauer des Films gewahrt."<br />

(Shell Deutschland 2002, S. 36)<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 53


"Meine Freundin hatte mir einen Knutschfleck<br />

am Hals gemacht - meine Mutter ging<br />

zur Mutter dieses 'Flittchens', machte eine<br />

irrsinnige Szene, wurde rausgeschmissen, mir<br />

wurde je<strong>der</strong> Kontakt mit meiner Freundin verboten<br />

- es hätte meine Mutter nicht gewun<strong>der</strong>t,<br />

wenn diese 'Hure' bald ein Kind von mir<br />

gekriegt hätte. (An<strong>der</strong>thalb Jahre später habe<br />

ich das erste Mal mit einem Mädchen geschlafen.)"<br />

(Jaenicke 1980, S. 24)<br />

Für die Mehrzahl <strong>der</strong> Jugendlichen war die<br />

Beatmusik ein Angebot des Freizeitmarktes,<br />

nicht mehr. Erst die überzogenen Reaktionen<br />

<strong>der</strong> Erwachsenenwelt luden an sich harmlose<br />

Freizeitvergnügungen und Modetrends mit<br />

rebellischen Interpretationsmustern auf.<br />

"Im Schülerheim, in dem ich nach <strong>der</strong> Scheidung<br />

meiner Eltern wohnte, hatten wir alle<br />

die Wände um unsere Betten mit Bil<strong>der</strong>n und<br />

Postern von Stones, Beatles usw. beklebt. Bei<br />

einem Besuch riss meine Mutter vor den<br />

Augen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Jungs die Bil<strong>der</strong> über<br />

meinem Bett ab, zerknüllte sie und verließ<br />

wortlos das Heim. Was ich da empfand an<br />

Wut, Demütigung, an Verlassenheit ..."<br />

(a.a.O.)<br />

"Der Beat trennte uns von den Eltern, er gab<br />

uns Identität, er gab uns Ausdrucksmittel - er<br />

machte das UNS. In aller Vereinzelung<br />

schaffte <strong>der</strong> Beat die Gemeinsamkeit, den Zusammenhang,<br />

das Wir-Gefühl <strong>der</strong>er, die die<br />

gleiche Musik liebten, die Haare lang trugen,<br />

das gleiche feeling hatten, unter <strong>der</strong> gleichen<br />

Verachtung litten. Der Beat wollte nur uns,<br />

die Jugendlichen ansprechen, er war nicht für<br />

alle, nicht für die Eltern, die Alten, die Reaktionäre,<br />

die Gefühllosen und auch nicht für<br />

die Pfadfin<strong>der</strong>, die ordentlichen Kin<strong>der</strong>, die<br />

mit ihren Eltern Hausmusik machten, die<br />

nicht neugierig waren auf die Wirkung des<br />

Alkohols, die Bügelfalten in den Hosen hatten<br />

und auf den Köpfen kurze Haare. Der Beat<br />

trennte uns von den Alten und den An<strong>der</strong>en.<br />

Er war <strong>der</strong> mächtige Geburtshelfer <strong>der</strong> neuen<br />

Teilkultur <strong>der</strong> Jugendlichen, er gab uns Ausdruck<br />

und Identität. Aber erst <strong>der</strong> erbitterte<br />

Kampf <strong>der</strong> Alten machte den Beat zum Ausdruck<br />

und zur Identität GEGEN die Alten, die<br />

Bürger, die an<strong>der</strong>en." (a.a.O., S. 26)<br />

Bereits Mitte <strong>der</strong> Sechzigerjahre erzielte <strong>der</strong><br />

Beat diese emphatische Wirkung nur noch<br />

bei einer Min<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Jugendlichen. Denn<br />

die Beat-Fans waren inzwischen zur dominanten<br />

Jugendkultur aufgestiegen, quer<br />

durch alle Schichten und sozialen Milieus,<br />

von den Älteren mehr belächelt als gefürchtet.<br />

So präsentiert selbst Springers spießig-<br />

54 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

konservative Fernsehillustrierte Hörzu auf<br />

ihrem hauseigenen Label Ende 1965 anlässlich<br />

<strong>der</strong> Deutschland-Tour <strong>der</strong> Rolling Stones<br />

eine eigene LP <strong>der</strong> "härtesten Band <strong>der</strong><br />

Welt": "... zu viele messen die neue Zeit mit<br />

alten Maßstäben. Und es gehört eine Menge<br />

Mut dazu, gegen Vorurteile anzurennen.<br />

Mick, Keith, Brian, Bill und Charlie sind fünf<br />

Individualisten, die als Rolling Stones weltberühmt<br />

wurden. Die Jugend jubelt ihnen zu,<br />

und manchmal gehen in <strong>der</strong> Begeisterung für<br />

sie ein paar Stühle kaputt. Die Welt wird jedenfalls<br />

durch Idole wie die Rolling Stones<br />

nicht in Scherben fallen." (aus dem Backcover-Text)<br />

Doch wie immer, wenn eine Subkultur prächtig<br />

gedeiht und wächst, schließlich die von<br />

<strong>der</strong> Mehrheitsgesellschaft um sie herum aufgebauten<br />

Mauern sprengt und sich mit dem<br />

Mainstream vermischt, spalten sich erneut<br />

kleinere Subkulturen ab: die Härteren, die<br />

statt <strong>der</strong> Beatles zukünftig lieber The Doors<br />

o<strong>der</strong> Jimi Hendrix hörten, und diejenigen, die<br />

ihre Musik- und Modeleidenschaft (wie<strong>der</strong>)<br />

zu einem ganzheitlichen Lebensstil verdichteten.<br />

Zum Beispiel die Gammler.<br />

Gammler vs Provos<br />

"Dann kamen die Gammler. Sie probten<br />

keinen Aufstand, sie erhoben sich<br />

nicht. Sie legten sich nie<strong>der</strong>. Die jungen<br />

Helden waren müde. Sie kreierten<br />

die langsamste Jugendbewegung<br />

aller Zeiten: den Müßiggang."<br />

Gammeln vor <strong>der</strong> Botschaft in Paris. Ein beliebter<br />

Treffpunkt für amerikanische Auswan<strong>der</strong>er<br />

1970. (© AP)<br />

An den "Gammlern", die spätestens seit<br />

1964 zum alltäglichen Bild <strong>der</strong> europäischen<br />

Metropolen gehörten, schieden sich die<br />

Geister: "Die Gammler waren in Haltung<br />

und Kleidung lebendiger Protest. Ungepflegt<br />

und teilweise heruntergekommen, störten<br />

sie das bürgerliche Sauberkeitsempfinden<br />

entschieden; ihr langes Haar attackierte das<br />

Image vom männlichen Mann mit Familie,<br />

Haus, Besitz und Erfolg. Was <strong>der</strong> Gammler<br />

war und besaß, zeigte er ungeniert und trug<br />

ers bei sich. Öffentlich stellte er die Leistungsgesellschaft<br />

infrage, indem er sich ob<br />

<strong>der</strong> Sonne freute, las o<strong>der</strong> musizierte, wenn<br />

die Gesellschaft mit Arbeit und Fleiß ihr Sozialprodukt<br />

mehrte. Ohne die Autorität unmittelbar<br />

zu verhöhnen, verhöhnte <strong>der</strong><br />

Gammler sie doch, weil er Normen, Regeln<br />

und Tabus verachtete." (Hollstein 1969, S.<br />

38) Dabei waren die Gammler we<strong>der</strong> aggressiv<br />

wie die Halbstarken <strong>der</strong> Fünfzigerjahre<br />

noch politisch wie die sich unter an<strong>der</strong>em<br />

aus den Gammlern formierende Hippie-Kultur.<br />

Die Gammler wollten die Welt nicht programmatisch<br />

verän<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n im Grunde<br />

nur in Ruhe gelassen werden, selbst zumeist<br />

<strong>der</strong> Mittelschicht entstammend, aus dem<br />

aufgezwungenen Kanon <strong>der</strong> so genannten<br />

"Pflichten" aussteigen. "Seht mal, das<br />

Ganze ist nämlich eine Welt von Rucksackwan<strong>der</strong>ern,<br />

die sich weigern zu unterschreiben,<br />

was die Konsumgesellschaft for<strong>der</strong>t:<br />

dass man Produziertes verbrauchen soll und<br />

daher arbeiten muss, um überhaupt konsumieren<br />

zu dürfen, das ganze Zeug, das sie<br />

eigentlich gar nicht haben wollen, wie Kühlschränke,<br />

Fernsehapparate, Wagen, zumindest<br />

neue Wagen zum Angeben, bestimmte<br />

Haaröle und Parfüms und lauter solchen<br />

Kram, den man schließlich immer wie<strong>der</strong><br />

eine Woche später auf dem Mist wie<strong>der</strong>findet,<br />

alle gefangen in einem System von Arbeit,<br />

Produktion, Verbrauch, Arbeit,<br />

Produktion, Verbrauch, ich habe eine Vision<br />

von einer großen Rucksackrevolution, Tausende<br />

o<strong>der</strong> sogar Millionen junger Amerikaner,<br />

die mit Rucksäcken rumwan<strong>der</strong>n, auf<br />

Berge gehen, um zu beten, Kin<strong>der</strong> zum Lachen<br />

bringen und alte Männer froh machen,<br />

junge Mädchen glücklich machen und alte<br />

Mädchen noch glücklicher, alles Zen-Besessene,<br />

die rumlaufen und Gedichte schreiben<br />

und die durch Freundlichkeit und auch durch<br />

seltsame, unerwartete Handlungen ständig<br />

je<strong>der</strong>mann und je<strong>der</strong> lebenden Kreatur die<br />

Vision ewiger Freiheit vermitteln" (aus Jack<br />

Kerouac: Gammler, Zen und Hohe Berge, S.<br />

75).<br />

Die Gammler inszenierten ihren Ausstieg aus<br />

<strong>der</strong> Leistungsgesellschaft nur für sich selbst,<br />

sie "wollte(n) nicht Macht erobern, son<strong>der</strong>n<br />

sich von <strong>der</strong>en Einfluss befreien. Solches<br />

reichte indessen schon, um das System zu<br />

beunruhigen." (Hollstein 1969, S. 39) Allein<br />

ihre lässige Präsenz provozierte die noch nationalsozialistisch<br />

geprägte Wie<strong>der</strong>aufbaugeneration.<br />

"Solange ich regiere, werde ich<br />

alles tun, um dieses Unwesen zu zerstören",<br />

versprach Bundeskanzler Ludwig Erhard im<br />

Juni 1966, und die NPD for<strong>der</strong>te in ihrem Par-


teiblatt, "das ganze Problem radikal und im<br />

Sinne des gesunden Volksempfindens zu<br />

lösen" (Der Spiegel 39/1966, S. 72). "Unter<br />

Hitler hätte es so etwas nicht gegeben", empörten<br />

sich Passanten beim Anblick <strong>der</strong> Langhaarigen<br />

an <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Gedächtniskirche<br />

o<strong>der</strong> am Hannoveraner Georgsplatz. Die<br />

Mehrzahl <strong>der</strong> Bundesbürger, die sich rechtschaffen<br />

empörten, kannte Gammler allerdings<br />

nur aus den Medien: Mehr als 5000 bis<br />

7000, die sich vorwiegend in den wenigen<br />

Großstädten Deutschlands sammelten, gab<br />

es wohl nicht.<br />

Die Provos<br />

Die Provos "setzten den impulsiven Wi<strong>der</strong>stand<br />

<strong>der</strong> Gammler in bewusste und vorsätzliche<br />

Provokation des Systems um - Sie<br />

leisteten die ersten bewussten und ausdrücklich<br />

politisch-rational angelegten Ansätze, alternative<br />

Strukturen einzurichten." (Jaenicke<br />

1980, S. 55 u. 57) Doch an<strong>der</strong>s als die Hippies<br />

waren die Provos keine Aussteiger, ging es<br />

ihnen nicht um den Aufbau einer von <strong>der</strong><br />

Mehrheitsgesellschaft möglichst autonomen<br />

Alternativkultur. "Sie wollten keine Subkultur,<br />

ihre Aktionen zielten darauf, erstarrte Strukturen<br />

aufzubrechen, sie wollten Provokation<br />

und Infiltration, nicht Autonomie. Allerdings<br />

begann das Provotariat auf dem Höhepunkt<br />

seiner Bewegung den Aufbau einer Gegengesellschaft<br />

mit Zeitungen, Läden, Kommunen,<br />

Zentren, Selbsthilfeorganisationen usw.,<br />

um sich so die materielle Basis für ihre Ideen,<br />

Aktionen und eigenen Lebenszusammenhänge<br />

zu schaffen." (a.a.O.)<br />

Provos in den Nie<strong>der</strong>landen, <strong>der</strong> Geburtsstätte<br />

dieser Bewegung, bezeichneten sich selbst als<br />

"Jugendbewegung, die agitiert, provoziert<br />

und Unruhe stiftet". Wie schon die Gammler<br />

bildeten die Provos keine feste Organisation,<br />

son<strong>der</strong>n "eine ebenso bunte wie heterogene<br />

Menge ähnlich gesinnter Jugendlicher ohne<br />

Führung, Hierarchie, Apparat o<strong>der</strong> Hauptquartier.<br />

Planung, Berechnung, Organisation und<br />

Ka<strong>der</strong>bildung waren den Provos ein Greuel"<br />

(Hollstein 1969, S. 55). Ihr Hauptangriffsziel<br />

war die autoritäre Gesellschaftsstruktur, die<br />

stets aufs Neue durch provokative Aktionen<br />

demaskiert werden sollte.<br />

Die heile Bravo Welt<br />

Organisierte Konsumverweigerung -<br />

das ging selbst Bravo zu weit. Das einstige<br />

Sprachrohr <strong>der</strong> Rock-'n'-Roll-Jugend<br />

versuchte jetzt eifrig zu bremsen.<br />

50 Jahre Bravo". Deutschlands bekannteste<br />

Jugendzeitschrift feierte 2006 ihren Geburtstag<br />

mit Stars von damals bis heute. (© AP)<br />

So empfahl Bravo, als britische Teenager angesichts<br />

<strong>der</strong> Beatles bereits serienweise in<br />

Ohnmacht fielen: "Die Teens und Twens von<br />

heute haben das Blue-Jeans-Benehmen ausgewachsen<br />

und tragen wie<strong>der</strong> Herz und Höflichkeit,<br />

frisierte Köpfe, fesche Klei<strong>der</strong> und<br />

frische Bügelfalten." (zitiert nach Herrwerth<br />

1997, S. 40). "Die Beatles mit ihren Pilzfrisuren<br />

waren für den überwiegenden Teil <strong>der</strong> älteren<br />

Generation eine beispiellose<br />

Provokation. Ein mit Postern <strong>der</strong> vier Liverpooler<br />

vollgekleistertes Jugendzimmer im elterlichen<br />

Eigenheim wurde als Affront gegen<br />

das gesamte herkömmliche Wertesystem angesehen",<br />

erinnert sich Thommi Herrwerth,<br />

Jahrgang 1949. Dabei waren die Beatles ja<br />

erst <strong>der</strong> Anfang. "Die weit größeren Bürgerschrecks<br />

standen den Eltern erst noch bevor:<br />

die Rolling Stones. Sie waren noch kompromissloser,<br />

noch radikaler, 'vergammelter' und<br />

obszöner. Sie gebärdeten sich sexuell in nicht<br />

misszuverstehen<strong>der</strong> Eindeutigkeit, führten<br />

mit ihren Unterkörpern Bewegungen aus, die<br />

bei den sauber herausgeputzten Stars <strong>der</strong><br />

vergangenen Jahre undenkbar gewesen<br />

wären, ihre Haartracht war noch wil<strong>der</strong> als<br />

die <strong>der</strong> Beatles und sie trugen im Gegensatz<br />

zu ihren Konkurrenten – damals schier unvorstellbar!<br />

– nicht einmal eine Krawatte. 'I<br />

can't get no Satisfaction', so lautete ihr<br />

Schlachtruf, mit dem sie weltweit die Bestsellerlisten<br />

stürmten." (a.a.O.)<br />

Nur nicht die <strong>der</strong> Bravo. "Sie lassen sich die<br />

Haare ungekämmt und unappetitlich auf die<br />

schmalen Schultern hängen. Sie stecken in erbarmungswürdig<br />

schäbigen Anzügen. Und<br />

sie sehen überhaupt höchst verhungert und<br />

verkommen aus!", kanzelte Bravo (Nr.<br />

13/1964) die Stones ungnädig ab und hoffte<br />

wohl, das Thema sei damit durch. Es sollte<br />

natürlich an<strong>der</strong>s kommen, und Bravo vergaß<br />

angesichts <strong>der</strong> realen Gefahr, einen Großteil<br />

ihres Publikums zu verprellen, schnell jegliche<br />

pädagogischen Ambitionen und setzte sich<br />

an die Spitze <strong>der</strong> Beatbewegung: Schon ein<br />

Jahr später sponserte Bravo die Deutschland-<br />

Tournee <strong>der</strong> Stones, und bei den Otto-Wahlen<br />

konnten Bravo-Käufer ab 1966 auch ihre<br />

Lieblings-Beatband wählen. Die Stones gewannen<br />

allerdings nie ...<br />

Bravo, seit Juli 1965 im Besitz von Axel Springer,<br />

entwickelte sich im Laufe <strong>der</strong> Sechzigerjahre<br />

immer deutlicher zum Sprachrohr <strong>der</strong><br />

Spießer. "Es ist eine heile, nette Welt, die<br />

Bravo-Lesern vorgegaukelt wird. Da gibt es<br />

keinen Krieg in Vietnam, keinen Hunger in<br />

<strong>der</strong> Welt, keine Rassenkrawalle in Amerika<br />

und keine Studenten-Rebellionen in <strong>Berlin</strong>,<br />

Frankfurt und München. Während an<strong>der</strong>e<br />

Springer-Zeitungen die jungen Rebellen an<br />

den Universitäten als 'verrückte Halbstarke'<br />

abkanzeln, verlangt Bravo, 'dass es an <strong>der</strong><br />

Zeit ist, ein Vorurteil zu korrigieren'."(Der<br />

Spiegel 7/1968, S. 65) "Die Jugend" ist in<br />

Wirklichkeit nett und brav, lautet die Botschaft.<br />

So erwiesen sich auch die Stars, die<br />

Bravo präsentierte, stets als wohlanständige,<br />

moralisch einwandfreie, prüde Jungs und<br />

Mädchen. Selbst Mick Jagger mutierte in<br />

Bravo zum "treuen Lebensgefährten", und<br />

die Ehefrau von Stones-Bassist Bill Wyman<br />

durfte zu Protokoll geben, ihr Bill sei "kein<br />

Schmutzfink" und wasche seine Haare täglich.<br />

"Meine Frau müsste immer für mich da<br />

sein und dürfte keine an<strong>der</strong>en Interessen als<br />

ihre Familie haben", ließ sich Filmstar Robert<br />

Hoffmann zitieren – eine von unzähligen<br />

Aussagen, mit denen die Bravo ihr Hauptkampffeld<br />

<strong>der</strong> Sechzigerjahre bestückte, die<br />

befürchtete Auflösung tradierter Geschlechterrollen<br />

und damit die Emanzipation <strong>der</strong><br />

Frauen.<br />

"Wahre Orgien an Moral und Bie<strong>der</strong>sinn legten<br />

sie ihrem neuen Lieblingsstar in den<br />

Mund: Roy [Black; kf] wetterte gegen Mädchen,<br />

die rauchen, die ihr Äußeres nicht genügend<br />

pflegen, die sich allzu aufreizend<br />

schminken o<strong>der</strong> die 'nur an das eine denken'.<br />

Nichts war für ihn verabscheuungswürdiger<br />

als 'superkurze Miniröcke. Weil sie ungraziös<br />

sind und weil sie mich immer an die kaltkessen<br />

Anbie<strong>der</strong>ungsversuche einer Profi-Koketten<br />

erinnern.' An Jungs verabscheute er<br />

ungepflegte Kleidung und lange Haare. 'Ich<br />

finde ja auch kein Mädchen schön, das sich<br />

die Haare militärisch kurz schneidet und<br />

einen Scheitel zieht und alles fest am Schädel<br />

anklatscht. Denn das ist männlich. Und fließend<br />

lange Haare sind weiblich.' Selbst<br />

gegen Bestrebungen, <strong>der</strong> Prü<strong>der</strong>ie <strong>der</strong> Nachkriegsära<br />

ein halbwegs ungezwungenes Verhältnis<br />

zur Sexualität entgegenzusetzen,<br />

wetterte Saubermann Roy Black energisch:<br />

'Ich bin dagegen, dass Kin<strong>der</strong> ihre Eltern<br />

nackt sehen. Der Abstand, <strong>der</strong> zwischen Vater<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 55


und Mutter und Kin<strong>der</strong>n bestehen sollte, geht<br />

damit verloren.'" (Und das noch 1969!, zitiert<br />

nach Herrwerth 1997, S. 53)<br />

Merkwürdigerweise existieren von Roy Black,<br />

<strong>der</strong> seine Karriere als Rock-'n'-Roll-Sänger<br />

begann, auch ganz an<strong>der</strong>e Zitate. So sprach<br />

er sich zum Beispiel gegen den Vietnamkrieg<br />

aus ("Dieser Krieg ist grausam und rechtmäßig<br />

von Amerika nicht mehr zu vertreten")<br />

o<strong>der</strong> "absolut für die Anti-Baby-Pille. Und sie<br />

sollte auch nicht nur an verheiratete Frauen<br />

ausgegeben werden, son<strong>der</strong>n an jedes Mädchen<br />

– sagen wir frühestens ab achtzehn –<br />

das sie haben will." Gäbe es eine Anti-Baby-<br />

Pille für Männer, "würde ich sie nehmen"<br />

(Löb 1997, S. 33), bekannte Roy Black für<br />

jene Jahre sogar ungewöhnlich progressiv –<br />

nur nicht in <strong>der</strong> Bravo. Dafür durfte er ab<br />

1966 bis zum Ende <strong>der</strong> Dekade alljährlich<br />

einen "Otto" entgegennehmen. Ein sexuelles<br />

Leben hatten Bravo-Stars grundsätzlich nicht.<br />

Noch bis in die späten Sechziger hinein<br />

wurde das Thema weitgehend gemieden, und<br />

wenn es mal angesprochen wurde, dann im<br />

Stil katholischer Ratgeber für junge Mädchen<br />

aus den Fünfzigerjahren. Selbstbefriedigung<br />

sei eigentlich "Selbstbefleckung", warnt<br />

Bravo in einer Ausgabe von 1966, denn sie<br />

"bringt keinen Frieden, im Gegenteil, sie löst<br />

fast immer ein Gefühl innerer Leere und tiefer<br />

Nie<strong>der</strong>geschlagenheit aus". Mädchen könnten<br />

davon sogar "frigid" werden, "sie eignen<br />

sich nicht mehr, eine gute und erfüllte Ehe zu<br />

führen." Das Gleiche gilt für Petting: "Ein<br />

Mädchen, das lange und ausdauernd Petting<br />

betrieben hat – meist bleibt es ja auch da<br />

nicht bei einem Partner – wird verdorben und<br />

ist verdorben." (a.a.O., S. 71) "Ein Junge, <strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Lust an sich selbst nachgibt, verkennt<br />

gründlich, wozu <strong>der</strong> Sex von <strong>der</strong> Natur bestimmt<br />

ist", heißt es noch 1968 in <strong>der</strong> Serie<br />

"Jugend und Sex '68". – Da darf es dann<br />

auch nicht weiter verwun<strong>der</strong>n, wenn Bravo-<br />

Ratgeber "Dr. Vollmer" Homosexualität für<br />

"abartig" erklärt und männlichen Lesern in<br />

einem solchen Fall empfiehlt, einen Psychiater<br />

aufzusuchen o<strong>der</strong> sich "männliche Hormone"<br />

injizieren zu lassen, und<br />

"Lesbierinnen" rät, ihre "tiefe unbewusste<br />

Angst vor den Männern" loszuwerden.<br />

Nachdem jedoch das Missverhältnis zwischen<br />

den von Bravo vertretenen Positionen<br />

und denen ihrer Käuferinnen und Käufer<br />

immer auffälliger wurde (so hatten etwa<br />

1968 in einer Umfrage 89 Prozent <strong>der</strong> Jungen<br />

zwischen 15 und 20 Jahren mitgeteilt, sie<br />

würden auch ein Mädchen heiraten, das<br />

keine Jungfrau mehr ist), schwenkte Bravo<br />

um, und die "junge schwedische Ärztin Kirs-<br />

56 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

ten Lindstroem" durfte 1969 in <strong>der</strong> Serie<br />

"Liebe ohne Geheimnis" verkünden: "Es ist<br />

noch gar nicht lange her, dass in Deutschland<br />

von den Mädchen verlangt wurde, sie sollten<br />

ihre Unschuld bis zur Trauung bewahren und<br />

als Jungfrau vor den Standesbeamten treten.<br />

Mit dieser doppelten Moral ist es nun endgültig<br />

vorbei." (a.a.O., S. 74)<br />

Den nötigen Denkanstoß für die Umorientierung<br />

von Bravo hatte wie üblich nicht die Redaktion<br />

gegeben, son<strong>der</strong>n die<br />

Marketingabteilung. Die hatte nämlich feststellen<br />

müssen, dass sich die Käufer von<br />

Bravo zunehmend aus <strong>der</strong> Altersstufe unter<br />

14 Jahren rekrutierten – und die verfügten<br />

seinerzeit noch nicht über das notwendige Taschengeld,<br />

um all die schönen Waren zu kaufen,<br />

für die Unternehmen in <strong>der</strong> Bravo<br />

warben. Der Konservatismus und die Prü<strong>der</strong>ie<br />

<strong>der</strong> Bravo-Redaktion waren spürbar schlecht<br />

fürs Geschäft: Es wurde für Bravo immer<br />

schwieriger, Anzeigenkunden zu finden. Da<br />

legte eine vertrauliche Leseranalyse den Verlegern<br />

"den Zeitpunkt dar, zu dem viele Jugendliche<br />

die Lektüre ihrer Star-Postille<br />

aufgaben: sobald sie nämlich begannen, sich<br />

für Sex zu interessieren." (a.a.O., S. 64) Schon<br />

wenige Monate danach, in <strong>der</strong> Ausgabe<br />

43/1969, war es dann so weit – Bravo baute<br />

sich, wie es später in einer Verlagserklärung<br />

heißen wird, "ein zweites Bein" auf, das<br />

neben dem Starkult "zu einem zweiten tragenden<br />

Element in Bravo geworden ist": "Ein<br />

Mann von heute spricht mit den Bravo-Lesern<br />

über ihre Sorgen und Probleme: Dr. Sommer."<br />

Die Hippies<br />

Der passive Ausstieg <strong>der</strong> Gammler<br />

und Beatniks und das bloße Provozieren<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft durch Aktionen<br />

<strong>der</strong> Provos reichten den Hippies nicht<br />

aus. Wer Freiheit und Glück suche,<br />

müsse dieser Gesellschaft radikal und<br />

ganzheitlich den Rücken zuwenden.<br />

Der "Summer of Love" auf dem VW-Bus. Besucher<br />

des Woodstock Festivals 1969. (© AP)<br />

Statt zu versuchen, die Gesellschaft von<br />

innen zu reformieren, wollten sie aus ihr aussteigen<br />

und eine Gegengesellschaft aufbauen,<br />

<strong>der</strong>en positive Ausstrahlung schon<br />

bald vor allem Gleichaltrige ebenfalls zum<br />

Ausstieg motivieren sollte. Die Mehrzahl <strong>der</strong><br />

Hippies war eigentlich nicht "politisch" motiviert,<br />

doch bald merkten sie, dass man aus<br />

<strong>der</strong> Mehrheitsgesellschaft nicht aussteigen<br />

kann, ohne politisch zu werden. Denn an<strong>der</strong>s<br />

als die Gammler wollten sie nicht nur dem<br />

Leistungsdruck <strong>der</strong> Gesellschaft entfliehen,<br />

son<strong>der</strong>n zugleich neue, menschlichere Lebensweisen<br />

und Umgangsformen finden.<br />

Doch <strong>der</strong> Mehrheitsgesellschaft <strong>der</strong> Sechzigerjahre<br />

fehlte das Selbstbewusstein, die<br />

"Fliehenden" einfach ziehen zu lassen, und<br />

so betrachtete sie jegliche Suche nach einem<br />

eigenen Lebensstil fernab <strong>der</strong> vorgegebenen<br />

Standards (Lohnarbeit, Kleinfamilie, Konsumfreude)<br />

bereits als radikalen politischen Angriff.<br />

Das Ziel <strong>der</strong> Hippies war eine "antiautoritäre<br />

und enthierarchisierte Welt- und Wertordnung<br />

ohne Klassenunterschiede, Leistungsnormen,<br />

Unterdrückung, Grausamkeit und<br />

Kriege. Der Gesellschaft <strong>der</strong> Angst, wo ein<br />

je<strong>der</strong> sich vor dem Vorgesetzten, dem Nachbarn,<br />

<strong>der</strong> <strong>Polizei</strong>, dem Schicksal und dem<br />

Anonymen fürchtet, boten die Hippies mit<br />

einer Gemeinschaft Paroli, in <strong>der</strong> die Freiheit<br />

die Autorität, Zusammenarbeit den Wettbewerb,<br />

Gleichheit die Hierarchie, Kreation die<br />

Produktivität, Ehrlichkeit die Heuchelei, Einfachheit<br />

den Besitz, Individualität den Konformismus<br />

und Glück den platten<br />

Materialismus dominieren sollten" (Hollstein<br />

1981, S. 50). Ihr Blick richtete sich jedoch weniger<br />

auf ein an<strong>der</strong>es System als auf die Verän<strong>der</strong>ung<br />

des einzelnen Menschen. Der<br />

Kapitalismus, so ihre zentrale Weltanschauung,<br />

hatte "nur die materielle Seite des Lebens<br />

entwickelt und Seele und Geist verloren.<br />

Alle Werte wurden ihres Inhalts entleert und<br />

erstarren in bloßer Rhetorik. Die Menschen<br />

degenerierten zu Empfangsstationen einer<br />

entseelten Bürokratie." (Hollstein 1969, S.<br />

67) Der Kapitalismus habe den "natürlichen"<br />

Menschen von seinem eigentlichen Wesen<br />

entfremdet und in konsumsüchtige "Plastic<br />

People" (Frank Zappa) verwandelt. "Authentizität,<br />

Direktheit, Ehrlichkeit fand man jetzt<br />

nur noch in den vereinzelten Nischen <strong>der</strong><br />

westlichen Gesellschaft - bei den Armen, den<br />

Untauglichen, den Stigmatisierten." (Willis<br />

1981, S. 122f.) Armut und Unterdrückung<br />

sahen die Hippies eher global, bei ganzen<br />

Völkern, möglichst solchen, die weit entfernt<br />

lebten und sich so aufgrund nicht vorhandener<br />

realer Kontakte und Kenntnisse hervorragend<br />

zur Idealisierung und Mystifizierung


eigneten, wie etwa die Indianer Nordamerikas.<br />

Die Realität vor <strong>der</strong> eigenen Haustür interessierte<br />

die meisten weniger. Die Tatsache,<br />

dass die Mehrzahl von ihnen selbst aus privilegierten<br />

Verhältnissen kam, freiwillig ausgestiegen<br />

war und materielle Dinge<br />

verachtete, machte sie häufig blind für soziale<br />

Probleme um sie herum. "Armut"<br />

bekam bei ihnen fast etwas Erstrebenswertes,<br />

eine Ambivalenz, die sich auch in ihrem<br />

Stil ausdrückte: "Überall in <strong>der</strong> Kleidung <strong>der</strong><br />

Hippies gab es neben den Symbolen des<br />

Überflusses Symbole <strong>der</strong> Armut. Beson<strong>der</strong>s<br />

prächtige Kleidungsstücke waren fleckig,<br />

schmutzig o<strong>der</strong> zerknittert; damit wurde verleugnet,<br />

dass sie einen Stellenwert in irgendeiner<br />

klassenbedingten Vorstellung von<br />

Kleidung hatten. Schlechte Stoffe, farblose<br />

Hemden, abgewetzte Jeans, Jacken o<strong>der</strong><br />

Westen aus Jeansstoff waren sorgfältig gewaschen<br />

und gereinigt; so sollte jede Assoziation<br />

mit Armut vermieden werden. Mit<br />

nackten Füßen trotzten sie den kältesten<br />

Tagen, doch wenn es sehr heiß war, hüllten<br />

sie sich in dicke Schaffellmäntel, schwere<br />

Umhänge und knöchellange Strickjacken."<br />

(a.a.O., S. 128f.)<br />

Natürlich spielte auch Musik im Leben <strong>der</strong><br />

Hippies eine große Rolle. Sie mochten vom<br />

Blues beeinflussten, auf einer kraftvollen, oft<br />

virtuos beherrschten Leadgitarre aufbauenden<br />

Heavy Rock à la Cream o<strong>der</strong> Led Zeppelin,<br />

beson<strong>der</strong>s aber, wenn sich darin - wie im<br />

so genannten Acid Rock - LSD- und an<strong>der</strong>e<br />

psychedelische Erfahrungen deutlich wi<strong>der</strong>spiegelten<br />

(The Doors, Grateful Dead, Jimi<br />

Hendrix, Jefferson Airplane und an<strong>der</strong>e in<br />

Amerika; "intellektueller" und weniger rockig<br />

Pink Floyd in Großbritannien). Frank Zappa<br />

war seit seiner LP "Freak Out" (1966) <strong>der</strong> rebellische<br />

Gott aller Un<strong>der</strong>ground-Fraktionen<br />

und betrachtet noch heute von Tausenden<br />

von Wohngemeinschafts-(Klo-) Wänden ein<br />

wenig überrascht den Wandel <strong>der</strong> Geschichte.<br />

Hippies hörten LPs, nicht Singles, am liebsten<br />

sogar programmatische Themen- o<strong>der</strong> Konzeptalben<br />

wie "Sergeant Pepper´s Lonely Hearts<br />

Club Band" von den Beatles - 1967 ein<br />

Meilenstein im Aufbrechen alter musikalischer<br />

Muster, nach späteren Aussagen <strong>der</strong><br />

Band allerdings gar nicht als Konzeptalbum<br />

konzipiert, eine LP, die vielen Hippies den<br />

Weg in die Szene ebnete. Sie hörten "Happy<br />

Jack" (1967) und "Tommy" (1969) von The<br />

Who - also Produktionen, die nicht mehr öffentlich,<br />

etwa in Klubs und Discotheken, konsumiert<br />

wurden, oft auch nicht mehr live<br />

aufgeführt werden konnten, son<strong>der</strong>n eine<br />

konzentrierte Zuhörerschaft erfor<strong>der</strong>ten, die<br />

"sich nicht viel bewegt, still dasitzt, sich nicht<br />

mit an<strong>der</strong>en Dingen beschäftigt und bereit<br />

ist, beträchtliche Zeit allein <strong>der</strong> kritischen Rezeption<br />

von Musik zu widmen" (Willis 1981,<br />

S. 98). Auch einzelne Songs wurden immer<br />

länger (etwa "In-a-gadda-da-vida" von Iron<br />

Butterfly o<strong>der</strong> "Live Dead" von Grateful<br />

Dead, <strong>der</strong> gleich drei Plattenseiten füllte), die<br />

Texte immer wichtiger, zugleich aber auch<br />

abstrakter, transportierten zum Beispiel nur<br />

noch Traumbil<strong>der</strong> (wie etwa diverse Songs<br />

von John Lennon) und verweigerten sich <strong>der</strong><br />

eindeutigen Interpretation. Bei Konzerten<br />

kamen komplexe Lichtanlagen, Filmausschnitte,<br />

Dias, Texteinspielungen vom Tonband<br />

zum Einsatz, asymmetrische Rhythmen<br />

und Verzerrereffekte machten Tanzen unmöglich.<br />

Die Musik <strong>der</strong> Hippies war immer mehr<br />

Nahrung für den Geist, nicht für den Körper.<br />

"Überraschung, Wi<strong>der</strong>spruch und Unsicherheit<br />

waren genau das, was die Hippies in<br />

ihrer Musik hoch einschätzten. Sie wollten<br />

überrascht und verunsichert werden. Der allgemeine<br />

Ruf nach Klarheit in <strong>der</strong> Popmusik<br />

war ihnen fremd. Sie vertrauten ihrer Musik<br />

vor allem deswegen, weil <strong>der</strong>en Komplexität<br />

und Schwierigkeit das logozentrische Denken<br />

in Schach hielt und spirituelle Bedeutungsgehalte<br />

nahe legte, ohne diese auf eine Weise<br />

klären zu wollen, die sie unweigerlich reduziert<br />

hätte. Statt "Bedeutung" gab es in dieser<br />

Musik eine Vieldeutigkeit, die genügend<br />

Ansatzpunkte, Gesten und Hinweise barg,<br />

um einer Gruppe, <strong>der</strong>en Denken bereits in<br />

diese Richtung ging, eine spirituelle Interpretation<br />

zu ermöglichen." (Willis, S. 201)<br />

Die Waffe des Systems war die Rationalität,<br />

die kalte Logik <strong>der</strong> Leistungs- und Warengesellschaft.<br />

Das Gegenmittel <strong>der</strong> Hippies logischerweise<br />

spirituelle Intensität, Fühlen statt<br />

Denken. "Protest und Leben <strong>der</strong> Hippies<br />

waren optimistisch, bunt, gewaltfrei, fröhlich.<br />

Ihre Ablehnung <strong>der</strong> westlichen Industriekultur<br />

total. So wurden auch Logik, Rationalität,<br />

Systematik und Zweckbestimmheit <strong>der</strong> westlichen<br />

Kultur abgelehnt, <strong>der</strong> Protest war intuitiv,<br />

gefühlsbetont, unsystematisch,<br />

hedonistisch. Nicht Analyse, nicht Marx und<br />

Marcuse waren interessant, son<strong>der</strong>n Intuition,<br />

Spontaneität, unvermittelte Theorie und<br />

Praxis, direkte Erfahrung. Kreativität, Gemeinschaft<br />

und Freunde bestimmten die Hippies,<br />

sie versuchten zu lernen, sich wie<strong>der</strong><br />

über kleine Dinge zu freuen: Tautropfen, Sonnenstrahlen,<br />

eine Perle, Blumen, Farben - und<br />

sie veräußerlichten ihre Haltung in ihrer bunten<br />

Kleidung, in ihrem Lächeln, ihren Blumen."<br />

(Jaenicke 1980, S. 61)<br />

Um die Fähigkeit zum entspannten Genuss<br />

<strong>der</strong> kleinen Freuden des Alltags zu steigern,<br />

nutzten die Hippies (und viele an<strong>der</strong>e, vorwiegend<br />

langhaarige Jugendliche weit über<br />

die Szene hinaus) gerne Marihuana als Hilfsmittel,<br />

das wahlweise als "Gras", "Hasch",<br />

"Joint", "Pot", "Mary Jane", "Shit" o<strong>der</strong><br />

"Ganja" firmierte. Neben Marihuana sollte<br />

vor allem das (halb)synthetische Halluzinogen<br />

LSD ("Acid") den von <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

verkrüppelten Hippies die "Pforten <strong>der</strong> Wahrnehmung"<br />

(Aldous Huxley) öffnen. "LSD<br />

kann ein politisches Kampfmittel sein. Wer es<br />

nimmt, sollte sich aber darüber klar sein, dass<br />

er sich damit Erfahrungen und Einsichten<br />

aussetzt, die seine bisherigen Erfahrungen<br />

und Einsichten zu wi<strong>der</strong>legen imstande sind,<br />

was zum Ausgangspunkt eines psychischen<br />

Konflikts werden kann. Nur <strong>der</strong> sollte LSD<br />

nehmen, <strong>der</strong> eine gesellschaftliche Vorausentscheidung<br />

getroffen, sich zum Drop Out<br />

entschlossen und damit <strong>der</strong> bestehenden<br />

Ordnung sowieso schon den Kampf angesagt<br />

hat." (Salzinger 1982, S. 142) Auf ihren chemisch<br />

verstärkten Abenteuerreisen ins eigene<br />

Selbst entdeckten die Hippies völlig neue<br />

Welten - und vergaßen darüber allerdings<br />

häufig die äußere Welt. "Psychedeliker neigen<br />

dazu, sich sozial passiv zu verhalten",<br />

musste selbst <strong>der</strong> Hippie-Kultautor und LSD-<br />

Prophet Timothy Leary zugestehen. So stellten<br />

sie letztlich eher ein dankbares<br />

Rekrutierungsfeld für neue religiöse Bewegungen<br />

dar als eine "Reservearmee <strong>der</strong> Revolution".<br />

"Die Hippies tragen zur<br />

Verschönerung des Kapitalismus bei, nicht zu<br />

seiner Abschaffung", kritisierte denn auch<br />

<strong>der</strong> linke <strong>Berlin</strong>er Extra-Dienst (Nr. 91, hier zitiert<br />

nach Schwendter 1993, S. 170).<br />

Risse im Wirtschaftswun<strong>der</strong>land<br />

In den Sechzigern wird die bundesdeutsche<br />

Gesellschaft spürbar offener,<br />

internationaler. Der Autoboom<br />

erzeugt eine hohe Mobilität, die Urlaubswelle<br />

zieht die Deutschen in ihre<br />

europäischen Nachbarlän<strong>der</strong>.<br />

"Vater des Wirtschaftswun<strong>der</strong>s" Ludwig Ehrhard<br />

1957 - Deutscher Wirtschaftsminister<br />

und Bundeskanzler. (© AP)<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 57


Migranten kommen nun verstärkt ins Land,<br />

um hier als "Gastarbeiter" eine Zeit lang zu<br />

arbeiten, doch viele bleiben. Familien reisen<br />

nach o<strong>der</strong> entstehen hier, und die deutsche<br />

Alltagskultur vom Speiseplan bis zum Konzertereignis<br />

bekommt ein internationales<br />

Flair. In <strong>Berlin</strong> wird <strong>der</strong> Döner Kebab erfunden.<br />

Der kulturelle Aufbruch erreicht allerdings<br />

zunächst nur Min<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong><br />

Gesellschaft. So befürworteten noch 1967 46<br />

Prozent <strong>der</strong> westdeutschen Erziehungsberechtigten<br />

gelegentliche, 36 Prozent regelmäßige<br />

Schläge in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>erziehung – nur 16<br />

Prozent waren prinzipiell dagegen (Jahrbuch<br />

1965/67, S. 2). Die Mehrheit fühlte sich<br />

durchaus durch die CDU und ihre christlichkonservativen<br />

Ideen vertreten, die nahezu<br />

unumschränkt seit 1949 die politische, wirtschaftliche<br />

und kulturelle Richtung vorgab:<br />

Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus<br />

wurde weiterhin verdrängt bzw. zahlreiche<br />

ehemalige Nazis wurden sogar zu Repräsentanten<br />

demokratischer Institutionen ernannt.<br />

Staatliche und an<strong>der</strong>e Autoritäten for<strong>der</strong>ten<br />

und genossen eine unhinterfragte Akzeptanz;<br />

ein ungebrochenes Wirtschaftswachstum und<br />

Vollbeschäftigung waren "die Garanten für<br />

eine Phase allgemeinen Wohlstands, die sich<br />

auf eine fraglos akzeptierte Arbeits- und Konsumorientierung<br />

nebst breiter Entpolitisierung<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung stützte" (Lindner 1996,<br />

S. 91). Zehn Jahre lang, seit Beginn des "Wirtschaftswun<strong>der</strong>s",<br />

wurde die Bonner Politik<br />

"mit <strong>der</strong> Gürtelschnalle gemessen" (Ulrike<br />

Meinhof, in: konkret Nr. 11/1963, zitiert nach<br />

Meinhof 1980/1995, S. 34). Umfragen jener<br />

Jahre zeigen allerdings, dass es im Untergrund<br />

gärt – so spricht sich die Mehrheit <strong>der</strong><br />

Bevölkerung gegen die von Bundeskanzler<br />

Konrad Adenauer forcierte atomare Aufrüs-<br />

Keine Macht den Drogen e.V. und das Behördenmagazin<br />

bedanken sich für die Unterstützung<br />

58 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

tung <strong>der</strong> Bundeswehr aus und 40 Prozent for<strong>der</strong>n<br />

zur Wie<strong>der</strong>vereinigung Deutschlands<br />

"Verhandlungen mit <strong>der</strong> DDR". Die Demoskopie<br />

verzeichnet seit den frühen Sechzigerjahren<br />

eine steigende Politisierung <strong>der</strong><br />

Bevölkerung: "Bei den Bundestagswahlen<br />

von 1953 und 1957 dominierten die wirtschaftlichen<br />

und sozialpolitischen Motive.<br />

Schon 1961 hatte eine Umschichtung <strong>der</strong><br />

Werte stattgefunden. Die elementaren wirtschaftlichen<br />

Bedürfnisse traten in den Hintergrund.<br />

Wir erleben den Übergang zu einer<br />

Wohlstandsgesellschaft mit den ihr eigenen<br />

politisch-psychologischen Gesetzmäßigkeiten.<br />

Die Atmosphäre wird auf eine interessante<br />

Weise politischer. Die Bevölkerung<br />

greift in ihren Wünschen über die primären<br />

Bedürfnisse hinaus. Sie interessiert sich für<br />

Gesundheitsfragen, Arbeitsbedingungen, für<br />

den Schutz <strong>der</strong> Landschaft und <strong>der</strong> Wasserläufe,<br />

für klare Luft. Der Blick für nationale<br />

Fragen und für die Außenpolitik wird frei. Die<br />

Frage <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung stand bisher im<br />

Schatten elementarer wirtschaftlicher Probleme.<br />

Jetzt ist es für die Deutschen das Problem<br />

Nummer 1, an zweiter Stelle allerdings<br />

die Preisentwicklung. Dann geht <strong>der</strong> Wunsch<br />

auf Abrüstung, Reduzierung <strong>der</strong> Kriegsgefahr,<br />

Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Atomrüstung, Zusammenschluss<br />

Europas." (Schmidtchen 1965, S. 108<br />

u. 112)<br />

Noch überdeckt <strong>der</strong> wachsende Wohlstand<br />

die Wi<strong>der</strong>sprüche zur herrschenden Politik.<br />

Doch 1965 zeichnen sich erste Risse in <strong>der</strong><br />

identitätsstiftenden<br />

Kraft <strong>der</strong> Wirtschaftswun<strong>der</strong>ideologie<br />

ab.<br />

Die Bauindustrie<br />

schwankt, <strong>der</strong> Boom<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufbaujahre ist vorbei. Ein Jahr<br />

später kriselt es auch spürbar in <strong>der</strong> Eisenund<br />

Stahlindustrie, im Bergbau und in <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft. Das "Zechensterben" im<br />

Ruhrgebiet stürzt die bevölkerungsreichste<br />

Region Westdeutschlands in eine tiefe Krise.<br />

Der "Weltmarkt" formiert sich, die deutsche<br />

Wirtschaft sieht sich plötzlich in Konkurrenz<br />

zu Anbietern aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n und entdeckt<br />

auch selbst an<strong>der</strong>e Märkte. Die Deutschen<br />

lernen ein neues Wort: "multinationale<br />

Konzerne". Preissteigerungen verunsichern<br />

und verärgern die Bevölkerung. "Gelingt es<br />

<strong>der</strong> CDU nicht, den Wunsch <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

nach umfassen<strong>der</strong> sozialer Sicherung und<br />

wirtschaftlicher Stabilität zu erfüllen,<br />

schwingt das Pendel zur SPD", analysiert <strong>der</strong><br />

Sozialforscher Gerhard Schmidtchen im Frühjahr<br />

1965 (a.a.O., S. 116). 1966 gibt es erstmals<br />

seit Jahren wie<strong>der</strong> Arbeitslose in<br />

Deutschland, "nur" 600000 (ein Prozent),<br />

doch das Wirtschaftswachstum verlangsamt<br />

sich weiter und technische Innovationen –<br />

Computer, Mikroelektronik, Automation –<br />

künden Umbrüche an. Die Rezepte <strong>der</strong> CDU<br />

wirken nicht mehr. Nach dem Scheitern <strong>der</strong><br />

Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP<br />

tritt am 1. Dezember 1966 eine "Große Koalition"<br />

aus CDU/CSU und SPD an, um die<br />

Krise zu meistern – und löst damit jedoch ein<br />

Beben aus, das an den Universitäten beginnt<br />

und drei Jahre lang als "außerparlamentarische<br />

Opposition" (APO) ganz Deutschland in<br />

Atem halten wird.


BOB<br />

Initiativen<br />

2. Treffen <strong>der</strong> "BOB Initiativen"<br />

aus Deutschland.<br />

Deutschlandweite Vernetzung<br />

nimmt Formen an.<br />

Die Bedeutung <strong>der</strong> Redensart "Viele Köche<br />

ver<strong>der</strong>ben den Brei" trifft für die Vertreter <strong>der</strong><br />

BOB-Initiativen in Deutschland ganz sicher<br />

nicht zu. Die BOB Initiativen verfolgen alle<br />

das gleiche Ziel. Sie wollen die durch alkoholisierte<br />

junge Fahrerinnen und Fahrer verursachten,<br />

schweren Verkehrsunfälle re -<br />

duzieren und ziehen dafür an einem Strang,<br />

und zwar alle in die gleiche Richtung.<br />

"BOB ist einfach und deswegen genial", sagt<br />

Mittelhessens <strong>Polizei</strong>präsident Manfred<br />

Schweizer bei <strong>der</strong> Tagung. "Der persönliche<br />

Aufwand eines BOB's ist gering, sein Beitrag<br />

zur Verkehrssicherheit enorm. Je<strong>der</strong> BOB rettet<br />

effektiv Leben und verhin<strong>der</strong>t menschliches<br />

Leid. Die Vernetzung <strong>der</strong> schon<br />

existenten BOB-Initiativen, eine gemeinsame<br />

Ideensammlung und die Entwicklung zukünftiger<br />

Projekte o<strong>der</strong> von Programminhalten<br />

trägt sicher zu einer Nachhaltigkeit des<br />

Präventionsprogramms und einer größtmöglichen<br />

Verbreitung bei. All das bringt die Initiativen<br />

dem gemeinsamen Ziel und dem<br />

Erfolg ein Stück näher."<br />

Nach dem ersten Treffen im letzten Jahr im<br />

Saarland folgten Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Initiativen<br />

aus Aichach/Friedberg und Weißenburg/Gunzenhausen<br />

(Bayern), aus Trier und Kaiserslautern<br />

(Rheinland-Pfalz) und St. Ingbert und<br />

Saarlouis (Saarland) <strong>der</strong> Einladung <strong>der</strong> Aktion<br />

BOB aus Mittelhessen.<br />

Zu Gast waren als För<strong>der</strong>er und Unterstützer<br />

<strong>der</strong> ersten Stunde <strong>der</strong> Aktion BOB <strong>der</strong> Bund<br />

gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr<br />

(B.A.D.S.) sowie die Deutsche Verkehrswacht<br />

e.V. mit einer Repräsentantin, die extra aus<br />

<strong>Berlin</strong> anreiste.<br />

Vertreter <strong>der</strong> BOB-Aktionen aus Eichsfeld und<br />

Eisenach in Thüringen sowie ganz kurzfristig<br />

auch aus Kassel waren lei<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>t.<br />

Die Tagung stand u.a. im Zeichen <strong>der</strong> Analyse,<br />

Diskussion und dem Austausch von Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> BOB-Initiativen, sowie <strong>der</strong> Vorstellung<br />

von Neuerungen, Beson<strong>der</strong>heiten und<br />

<strong>der</strong> neuen bundesweiten Homepage. Dazu<br />

kamen Präsentationen <strong>der</strong> Evaluationen des<br />

Trier-BOB´s und <strong>der</strong> Aktion BOB aus Mittelhessen.<br />

Nach den Prinzipien "von an<strong>der</strong>en lernen"<br />

und "best practice" nahmen die Tagungsteilnehmer<br />

durch den regen Informationsaustausch<br />

an<strong>der</strong>e Ideen und neue Wege zur<br />

Weiterentwicklung und Optimierung des eigenen<br />

BOB-Programms mit.<br />

Ein Thema war die Gewinnung weiterer För<strong>der</strong>er<br />

z.B. von Gaststätten mit Hilfe eines<br />

neuen Betreuungskonzeptes.<br />

Weitere Punkte waren die Diskussion zur<br />

Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook<br />

und die Formen <strong>der</strong> Werbung im öffentlichen<br />

Raum, beispielsweise mit <strong>der</strong> Bereitstellung<br />

einer APP fürs Handy bzw. den Tablet-PC.<br />

Die BOB-Initiativen einigten sich auf den in<br />

Mittelhessen entstandenen Entwurf einer gemeinsamen<br />

Internetseite. Ab sofort sieht <strong>der</strong><br />

Internetznutzer unter <strong>der</strong> freundlicherweise<br />

überlassenen Domain www.bob-deutschland.de<br />

mit einem Blick über die dort abgebildete<br />

Deutschlandkarte das Verbreitungsgebiet<br />

von BOB. Von dort aus führen Links<br />

unmittelbar auf die Internetseiten <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Initiativen.<br />

Besprochen wurde auch die noch im Aufbau<br />

befindliche Netzwerkplattform, die später<br />

über die BOB-Deutschlandseite abrufbar sein<br />

wird. Diese Plattform dient zur verbesserten<br />

Vernetzung untereinan<strong>der</strong> und zur Bereitstellung<br />

von Informationen, Bil<strong>der</strong>n und Logos<br />

sowohl für die vorhandenen Initiativen als<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 59


auch für die, die sich anschließen möchten.<br />

Mindestens fünf BOB-Initiativen präsentieren<br />

beim Deutschen Präventionstag 2013 in Bielefeld<br />

gemeinschaftlich das erfolgreiche Präventionsprogramm.<br />

Sehr konstruktiv diskutierten die Initiativen<br />

die Anschaffung neuer, sehr verschiedener<br />

Werbemittel. Die vorgestellte Palette war<br />

vielfältig, kreativ und innovativ.<br />

Wesentliche Rollen spielten<br />

eine bundesweite Identifikation<br />

mit dem Symbol <strong>der</strong> Aktion<br />

BOB, die Sinn- und Zweckmäßigkeit<br />

sowie eine Kostenreduktion<br />

durch gemeinsame<br />

Beschaffungen. Unmittelbar<br />

nach <strong>der</strong> Diskussion einigten<br />

sich die Vertreter bereits auf die<br />

Prüfung konkreter gemeinschaftlicher<br />

Anschaffungen, die<br />

hier natürlich noch nicht verraten<br />

werden sollen. Die Berichte<br />

<strong>der</strong> Initiativen nähren die Hoffnung,<br />

dass sich BOB bundesweit<br />

weiter entwickelt. Es<br />

mehren sich die Anfragen interessierter<br />

Kommunen, Gemeinden,<br />

Landkreise o<strong>der</strong> Städte mit<br />

unterschiedlichen Trägern. Diese<br />

Anfragen kommen auch aus angrenzenden<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n wie<br />

z.B. Nordrhein-Westfalen und<br />

Baden-Württemberg. Die Initia-<br />

60 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

tiven werden nicht müde, diese Interessierten<br />

zum Mitmachen zu ermutigen und weitere<br />

zu finden.<br />

<strong>Polizei</strong>direktor Manfred Kaletsch, Leiter <strong>der</strong><br />

Aktion BOB in Mittelhessen und Organisator<br />

<strong>der</strong> zweiten Tagung <strong>der</strong> BOB-Initiativen<br />

Deutschlands, war hoch zufrieden mit dem<br />

erfolgreichen Veranstaltungsverlauf und den<br />

Ergebnissen.<br />

"Ich bin stolz auf die von Mittelhessen<br />

ausgegangene Entwicklung<br />

in Deutschland und<br />

auf den Erfolg von BOB. BOB erreicht<br />

die jungen Leute und<br />

stärkt <strong>der</strong>en Verantwortungsbewusstsein.<br />

Das Präventionsprogramm<br />

ist ein Mosaikstein, um<br />

die von alkoholisierten jungen<br />

Fahrerinnen und Fahrern verursachten<br />

Verkehrsunfälle mit beson<strong>der</strong>s<br />

schweren Folgen zu<br />

reduzieren. Die Eignung des<br />

Programms dazu belegen u.a.<br />

die Zahlen zur Unfallentwicklung<br />

in Mittelhessen und die Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Studien zur Aktion BOB<br />

in Mittelhessen und dem BOB<br />

Trier", sagte Kaletsch am<br />

Schluss <strong>der</strong> Tagung und<br />

wünschte sich eine andauernde<br />

gute Zusammenarbeit mit allen<br />

vorhandenen und hoffentlich<br />

bald neu hinzukommenden<br />

BOB-Initiativen. Alle Teilnehmer<br />

waren sich einig, sich im Jahr<br />

2013 erneut zu treffen.<br />

Die BOB-Initiativen sind im Internet unter<br />

www.bob-deutschland.de erreichbar.<br />

Zur Aktion BOB des <strong>Polizei</strong>präsidiums Mittelhessen<br />

gibt es unter folgenden Adressen Informationen:<br />

www.aktion-bob.de und<br />

www.polizei.hessen.de/aktion-bob<br />

Martin Ahlich


Frühwarnsystem<br />

versagt:<br />

Warum Senioren oft betrogen werden<br />

Jüngere können besser am Gesicht erkennen,<br />

ob ein Mensch vertrauenswürdig ist o<strong>der</strong> nicht dpa)<br />

Sie geben sich am Telefon als Enkel aus und<br />

bitten um Geld. Trickbetrüger haben es vor<br />

allem auf Senioren abgesehen, weil diese<br />

häufig auf solche Betrugsmaschen hereinfallen.<br />

Warum das so ist, glauben Forscher herausgefunden<br />

zu haben. Ältere Menschen<br />

können nach einer US-Studie schlechter als<br />

jüngere am Gesicht erkennen, ob ein Mensch<br />

vertrauenswürdig ist. Bei ihnen lasse die Aktivität<br />

in einer Gehirnregion nach, die normalerweise<br />

wie ein Frühwarnsystem ein ungutes<br />

Bauchgefühl vermittele. Das berichten die<br />

Forscher in den „Proceedings“ <strong>der</strong> US-Nationalen<br />

Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften.<br />

Die Forscher um Elizabeth Castle von <strong>der</strong> Universität<br />

von Kalifornien in Los Angeles hatten<br />

einer Reihe von Testpersonen zwischen 20<br />

und 84 Jahren zunächst Fotos von Menschen<br />

gezeigt und sie gefragt, für wie vertrauenswürdig<br />

sie die Personen halten. Zuvor hatten<br />

die Forscher die Menschen auf den Fotos in<br />

drei Kategorien eingestuft: vertrauenswürdig,<br />

neutral, nicht vertrauenswürdig.<br />

Es stellte sich heraus, das Senioren vertrauenswürdige<br />

und neutrale Personen richtig<br />

einstuften, wenig vertrauenswürdige Men-<br />

schen jedoch zu positiv beurteilten. „Wir fanden<br />

diesen Effekt bei den meisten Älteren“,<br />

erklärt Studienleiterin Shelley Taylor.<br />

In einem zweiten Versuch steckten die Forscher<br />

Versuchspersonen in einen Magnetresonanztomographen<br />

und ließen sie dort<br />

Gesichter auf Fotos beurteilen. So konnten<br />

sie beobachten, was im Gehirn <strong>der</strong> Probanden<br />

passierte. Bei den jüngeren Erwachsenen<br />

war beim Beurteilen <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> und vor allem<br />

beim Betrachten von wenig vertrauenswürdigen<br />

Gesichtern eine bestimmte Region im<br />

Gehirn aktiv; die anteriore Insula. Bei den Älteren<br />

hingegen war diese Region nur<br />

schwach aktiv.<br />

Die positive Seite:<br />

Senioren fühlen sich<br />

dadurch wohler<br />

Aus früheren Untersuchungen ist bekannt,<br />

das die anteriore Insula bei Gefühlen von Abneigung<br />

o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Bewertung von Risiken<br />

eine Rolle spielt. Sie nimmt innere Gefühle<br />

wahr, interpretiert diese für das Gehirn und<br />

ist so vermutlich an <strong>der</strong> Entstehung eines<br />

Bauchgefühls beteiligt. „Bei den älteren<br />

Menschen ist das Frühwarnsignal <strong>der</strong> anterioren<br />

Insula schwächer; ihre Gehirne melden<br />

nicht im gleichen Maße wie bei jüngeren: sei<br />

vorsichtig“, so Taylor.<br />

Die Forscher berichten weiter, dass die Vertrauensseligkeit<br />

<strong>der</strong> Senioren erhebliche Auswirkungen<br />

habe. So seien US-Bürgern über 60<br />

Jahren einer neuen Studie zufolge im Jahr<br />

2010 durch Betrügereien ein finanzieller Schaden<br />

in Höhe von mindestens 2,9 Milliarden<br />

US-Dollar entstanden, angefangen von kleineren<br />

Schwindeleien bei Haushaltsreparaturen<br />

bis hin zu ausgemachten Betrugsdelikten.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite trage die Vertrauensseligkeit<br />

älterer Menschen vermutlich auch<br />

zum Wohlbefinden bei. Senioren seien vielen<br />

Untersuchungen zufolge glücklicher mit<br />

ihrem Leben, empfänden negative Gefühle<br />

weniger stark o<strong>der</strong> behielten positive Informationen<br />

besser als schlechte. „Die geringere<br />

Empfänglichkeit für negative Reize, wie<br />

sie etwa in nicht vertrauenswürdigen Gesichtern<br />

zu finden sind, könnte auf positive Weise<br />

dazu beitragen, dass sich Senioren die meiste<br />

Zeit gut fühlen“, schreiben die Forscher.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 61


Prozess <strong>der</strong> Superlative:<br />

Fünf Angeklagte, rund 50 Anwälte und 57 Nebenkläger<br />

Verfahren um die Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ for<strong>der</strong>t die Justiz heraus<br />

Es wird wohl <strong>der</strong> größte Terrorismusprozess<br />

in Deutschland seit dem RAF-Verfahren in<br />

den 1970er-Jahren: Von kommendem Frühjahr<br />

an soll vor dem Oberlandesgericht München<br />

gegen die mutmaßliche Neonazi-<br />

Terroristin Beate Zschäpe sowie vier mutmaßliche<br />

Helfer und Unterstützer des „Nationalsozialistischen<br />

Untergrunds (NSU)“<br />

verhandelt werden. Derzeit kämpft sich <strong>der</strong><br />

Staatsschutzsenat des OLG durch die Akten,<br />

rund 1000 Stehordner sind das. Am 8. November<br />

hatte Generalbundesanwalt Harald<br />

Range die Anklageschrift vorgelegt, nach<br />

einem Jahr intensiver Ermittlungen.<br />

Es ist eine maximale Anklage: Beate Zschäpe<br />

wird Mittäterschaft bei allen Verbrechen des<br />

NSU vorgeworfen – darunter die neun Morde<br />

an Geschäftsleuten ausländischer Herkunft,<br />

<strong>der</strong> Mordanschlag auf zwei Polizisten in Heilbronn<br />

sowie zwei Bombenattentate in Köln.<br />

Zschäpe sei nicht direkt vor Ort beteiligt gewesen,<br />

so die Bundesanwaltschaft, sie habe<br />

jedoch die „unverzichtbare Aufgabe“ gehabt,<br />

„dem Dasein <strong>der</strong> terroristischen Vereinigung<br />

den Anschein von Normalität und Legalität<br />

zu geben“. Bis zum 7. Januar haben die Verteidiger<br />

Zeit, sich zu <strong>der</strong> Anklage zu äußern,<br />

dann muss das Gericht über die Eröffnung<br />

des Hauptverfahrens entscheiden. „Vor Früh-<br />

62 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

jahr rechne ich nicht mit einem etwaigen<br />

Start des Prozesses“, sagte die Sprecherin<br />

des Oberlandesgerichts, Margarete Nötzel.<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> des Staatsschutzsenats ist <strong>der</strong><br />

59-jährige Manfred Götzl – ein erfahrener Jurist,<br />

er gilt als gründlich und hart. Bereits als<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Schwurgerichtskammer am<br />

Landgericht München 1 verhandelte er spektakuläre<br />

Fälle: 2005 verurteilte er den Mör<strong>der</strong><br />

des Modezaren Rudolph Moshammer zu lebenslanger<br />

Haft. 2009 verhängte er gleichfalls<br />

eine lebenslange Haftstrafe gegen den damals<br />

90-jährigen früheren Wehrmachtsoffizier<br />

Josef Scheungraber wegen eines Massakers<br />

an italienischen Zivilisten. 2010 übernahm<br />

Götzl den 6. Senat am Oberlandesgericht, zuletzt<br />

verhandelte er gegen acht Helfer <strong>der</strong><br />

deutschen Sektion des Propagandanetzwerkes<br />

„Globale Islamische Medienfront“.<br />

Der erwartete NSU-Prozess stellt das Gericht<br />

vor neue Herausfor<strong>der</strong>ungen. Ein seit langem<br />

geplanter Hochsicherheitssaal auf dem Gelände<br />

<strong>der</strong> Justizvollzugsanstalt Stadelheim<br />

soll erst 2015 fertig sein – im Frühjahr sollen<br />

die ersten Bagger rollen. Bleibt nur <strong>der</strong><br />

Schwurgerichtssaal 101 im Strafjustizzentrum<br />

Nymphenburger Straße. „Es gibt keinen<br />

an<strong>der</strong>en Sitzungssaal – wir haben gar keine<br />

Ausweichmöglichkeit“, sagt Nötzl.<br />

In dem fensterlosen Saal 101 war bereits<br />

gegen den Nazi-Helfer John Demjanjuk verhandelt<br />

worden. Aus dem In- und Ausland<br />

reisten Journalisten und Nebenkläger an –<br />

es schien, als platze <strong>der</strong> Raum aus allen<br />

Nähten. Regulär gibt es 136 Zuschauerplätze.<br />

Beim NSU-Prozess wird es aber wohl mehr<br />

als 100 Prozessbeteiligte geben. Bisher wollen<br />

57 Nebenkläger teilnehmen, vertreten<br />

durch mehr als 40 Anwälte. Die mutmaßliche<br />

Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe und ihre<br />

vier mutmaßlichen Helfer haben weitere<br />

zehn Anwälte. Schon jetzt wird überlegt, wie<br />

<strong>der</strong> Saal für die beson<strong>der</strong>en Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

eines Mega-Verfahrens umstrukturiert werden<br />

kann.<br />

Am 4. Dezember gab es eine Begehung mit<br />

Vertretern des Justizministeriums und des<br />

Oberlandesgerichts. Dabei seien umfangreiche<br />

Eckpunkte festgelegt worden, erläuterte<br />

ein Ministeriumssprecher.<br />

Es handele sich um den „am besten abgesicherten<br />

Sitzungssaal in den Münchner Justizgebäuden“,<br />

betonte <strong>der</strong> Sprecher. „Er ist zum<br />

Beispiel nicht einsehbar, verfügt über eigene<br />

Haftzellen und eine separate Gefangenenzuführung.


Ramsauers schwere Geburt -<br />

Flensburger Verkehrssün<strong>der</strong>kartei wird entrümpelt<br />

Einfacher, gerechter, mehr Sicherheit auf <strong>der</strong> Straße. Diese Ziele verknüpft Verkehrsminister Peter<br />

Ramsauer mit seiner Reform <strong>der</strong> Flensburger Sün<strong>der</strong>kartei. Doch ob das erreicht wird, ist umstritten.<br />

<strong>Berlin</strong> (dpa) - Eigentlich ist <strong>der</strong> Beruf des Verkehrsministers<br />

ein ziemlich schöner. Hier mal<br />

ein Band für einen neuen Autobahnabschnitt<br />

durchschneiden, dort einen Eisenbahntunnel<br />

freigeben. Doch kurz vor Weihnachten beschert<br />

das Amt Minister Peter Ramsauer<br />

(CSU) wenig Erbauliches. Ein Flughafen in<br />

<strong>Berlin</strong>, dessen geplante Eröffnung im Oktober<br />

2013 vielleicht schon wie<strong>der</strong> nicht zu halten<br />

ist. Und ein Bahnhof in Stuttgart, <strong>der</strong> deutlich<br />

teurer werden dürfte als geplant. Wie gut,<br />

dass da wenigstens ein Prestigeprojekt nun<br />

Formen annimmt.<br />

Aber auch die am Mittwoch vom Bundeskabinett<br />

beschlossene Reform <strong>der</strong> Flensburger<br />

Verkehrssün<strong>der</strong>kartei ist eine eher schwere<br />

Geburt,ausgerechnet die Bürger erzwangen<br />

bei einer Befragung zu den Plänen eine Verschärfung.<br />

Mehrfach besserte Ramsauer<br />

seine Reform nach – vor <strong>der</strong> Bundestagswahl<br />

dürfte sie daher nicht mehr in Kraft treten.<br />

Zudem ist noch nicht sicher, ob die<br />

Län<strong>der</strong> die Flensburg-Reform durchwinken<br />

werden. Wahrscheinlich startet die Reform<br />

erst 2014. Dann werden die bisher angesammelten<br />

mehr als 47 Millionen Punkte umgerechnet.<br />

Künftig muss sich <strong>der</strong> Autofahrer erstmal an<br />

einen neuen Namen gewöhnen. Das seit<br />

1958 bestehende Verkehrszentralregister<br />

beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg -<br />

kurz: Flensburg-Kartei - wird in «Fahreignungsregister»<br />

(Abkürzung: FaER) umbenannt.<br />

Statt sieben verschiedenen<br />

Punktekategorien gibt es nur noch drei: 1, 2<br />

o<strong>der</strong> 3 Punkte. Statt bei 18 Punkten ist <strong>der</strong><br />

Lappen bei 8 Punkten weg.<br />

Nicht die Verkehrssicherheit gefährdende Verstöße<br />

werden nicht mehr mit Punkten geahndet.<br />

Bisher gespeicherte Punkte für solche<br />

Vergehen, etwa für das Einfahren in Umweltzonen<br />

ohne Plakette, werden bei <strong>der</strong> Umrechnung<br />

in das neue System gestrichen. Dafür<br />

sind hierfür auf Druck des Umweltministeriums<br />

künftig 80 statt 40 Euro zu zahlen. Auch<br />

das Handy-Telefonieren am Steuer wird teurer:<br />

60 statt 40 Euro.<br />

Zunächst wollte Ramsauer nur noch zwei<br />

Punktekategorien – schwere Verstöße für die<br />

es einen Punkt gibt und beson<strong>der</strong>s schwere<br />

Verstöße, die mit zwei Punkten geahndet<br />

werden. Doch das war vielen Bürgern bei<br />

dem Reform-Dialog zu wenig Differenzie-<br />

rung, zumal <strong>der</strong> Führerschein dann erst bei<br />

vier beson<strong>der</strong>s schweren Verstößen weggewesen<br />

wäre, nun ist beim dritten drastischen<br />

Verstoß Feierabend mit dem Autofahren.<br />

Bei mehrmonatigen Fahrverboten für einzelne<br />

Straftaten bleibt es. Wer 6 o<strong>der</strong> 7 Punkte auf<br />

dem «Punkte-Tacho hat», muss an einem<br />

Fahreignungsseminar teilnehmen. Ein Freikaufen<br />

soll es nicht mehr geben. Derzeit können<br />

durch die Teilnahme an Schulungen bis<br />

zu 6 Punkte eliminiert werden. Ramsauers<br />

Maxime: «Keine Rabatte für notorische Verkehrsrowdys».<br />

Hier ist er standhaft geblieben<br />

– auch gegen die mächtige Autolobby des<br />

ADAC, <strong>der</strong> die Reform grundsätzlich lobt. Der<br />

Leiter Verkehrsrecht, Markus Schäpe, kritisiert<br />

aber: «Es ist bedauerlich, dass keine Punkte -<br />

rabatte mehr vorgesehen sind».<br />

Bisher werden jährlich rund 5000 Führerscheine<br />

eingezogen, erst nach einem Jahr Praxistest<br />

wird sich zeigen, ob die Reform<br />

wirklich mehr Transparenz, Gerechtigkeit und<br />

Verkehrssicherheit bringt, wie Ramsauer es<br />

verkündet. Die Gewerkschaft <strong>der</strong> <strong>Polizei</strong> hatte<br />

schon zu Beginn <strong>der</strong> Initiative gemahnt, ein<br />

Herumschrauben am Punktekatalog sei das<br />

eine. Notwendig sei vor allem mehr Personal<br />

für Kontrollen. Die Grünen sehen in einem Autobahn-Tempolimit<br />

eine echte Reform.<br />

Auch zeigen muss sich noch, ob die neue Kartei<br />

unbürokratischer ist. Ursprünglich sollten<br />

die sogenannten Überliegefristen wegfallen<br />

- doch das Justizministerium blockte das ab.<br />

Dabei werden Punkte nach <strong>der</strong> Tilgung noch<br />

ein Jahr «aufbewahrt». So soll garantiert<br />

werden, dass neue Verstöße o<strong>der</strong> erst später<br />

ergangene Urteile für Taten, die sich während<br />

<strong>der</strong> Tilgungsfrist ereignet haben, noch berücksichtigt<br />

werden können. Künftig werden<br />

Vergehen wie volltrunken am Steuer erst<br />

nach elf Jahren (zehn Jahre Tilgungs- und ein<br />

Jahr Überliegefrist) endgültig gestrichen. Allerdings<br />

soll je<strong>der</strong> Verstoß künftig für sich verjähren.<br />

Bisher verhin<strong>der</strong>t jede neue Tat, dass<br />

Punkte wegfallen.<br />

Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa<br />

(ACE) sieht die Reform kritisch. Er verweist<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 63


auf eine eigene Umfrage unter mehr als<br />

1000 Bürgern, von denen 59 Prozent das bisherige<br />

Punktesystem behalten o<strong>der</strong> nur eine<br />

Modifizierung <strong>der</strong> bisherigen Flensburg-Kartei<br />

wollen. «Jetzt aber soll das herrschende<br />

komplizierte System durch ein nicht min<strong>der</strong><br />

kompliziertes System ersetzt werden», kritisiert<br />

Hillgärtner. «Das Problem <strong>der</strong> sogenannten<br />

Überliegefristen bleibt bestehen.<br />

Normalbürger verlieren dabei schnell den<br />

Überblick.»<br />

Entlastung fürs Autofahrer-<br />

Punktekonto<br />

Für viele Autofahrer dürfte sich das<br />

Punktekonto in Flensburg bald spürbar<br />

leeren, wenn die Delikte keine unmittelbare<br />

Gefahr verursacht haben.<br />

Geahndet werden sollen Verstöße<br />

aber trotzdem.<br />

<strong>Berlin</strong> (dpa) - Wenn demnächst ihr ganz spezieller<br />

Kontostand sinkt, dürfte das Millionen<br />

Autofahrern in Deutschland gar nicht unrecht<br />

sein - es geht um ihr Punktekonto bei <strong>der</strong><br />

Sün<strong>der</strong>datei in Flensburg. Bundesverkehrsminister<br />

Peter Ramsauer (CSU) will bestimmte<br />

Delikte künftig nicht mehr mit Punkten ahnden<br />

lassen, die nicht direkt mit <strong>der</strong> Sicherheit<br />

auf <strong>der</strong> Straße zu tun hatten. Deswegen sollen<br />

auch manche gespeicherten Punkte gelöscht<br />

werden.<br />

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64 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Welche Punkte sollen wegfallen?<br />

«Es wird keine generelle Amnestie geben»,<br />

betont das Ministerium, das Grundzüge <strong>der</strong><br />

Reform im Februar präsentiert und nun einen<br />

Entwurf erarbeitet hat. In die Datei sollen<br />

keine Delikte mehr, «die keine verkehrssicherheitsbeeinträchtigende<br />

Ordnungswidrigkeit<br />

darstellen». Das gilt etwa für das Fahren in<br />

die Umweltzonen von Großstädten ohne vorgeschriebene<br />

Plakette, wofür es bisher einen<br />

Punkt gibt. Gibt es dafür keinen Punkt mehr,<br />

könnten gespeicherte Punkte für dasselbe<br />

Vergehen doch nicht erhalten bleiben, argumentieren<br />

die Experten. Etwa eine Million<br />

Bürger könnten so ganz aus <strong>der</strong> Datei verschwinden.<br />

Bisher sind rund neun Millionen<br />

Fahrer in Flensburg vermerkt.<br />

Werden leichtere Verstöße also gar<br />

nicht mehr bestraft?<br />

Für die Ahndung von Verstößen kommt es<br />

nicht nur auf Punkte an, denn daneben gibt<br />

es noch Geldbußen. Die Kombination aus beidem<br />

soll teils neu justiert werden. So sollen<br />

zum Beispiel für Umweltzonen- Verstöße<br />

künftig zwar keine Punkte, dafür aber 80<br />

statt 40 Euro fällig werden. Insgesamt müssen<br />

für die Reform rund 47 Millionen gespeicherte<br />

Punkte in Flensburg umgerechnet<br />

werden. Dabei sieht das neue System vor,<br />

dass Delikte nicht mehr mit 1 bis 7 Punkten<br />

bewertet werden, son<strong>der</strong>n je nach Schwere<br />

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nur noch mit 1, 2, o<strong>der</strong> 3 Punkten. Der Führerschein<br />

ist dadurch schon mit 8 statt bisher<br />

18 Punkten weg.<br />

Was sagt <strong>der</strong> ADAC?<br />

Der Autofahrerclub ADAC hält die Konzentration<br />

auf gefährliche Delikte für sinnvoll.<br />

«Was nicht unmittelbar <strong>der</strong> Verkehrssicherheit<br />

dient, hat in Flensburg nichts zu suchen»,<br />

sagt Rechtsexperte Markus Schäpe.<br />

Bisher seien in <strong>der</strong> Kartei millionenfach Delikte<br />

eingetragen, die eher mit dem Umweltschutz<br />

o<strong>der</strong> Versicherungsfragen zu tun<br />

haben, wie etwa Kennzeichenvorschriften.<br />

Das Punkte-Löschen verursache am Anfang<br />

Kosten, dann werde aber Verwaltungsaufwand<br />

gespart.<br />

Wie geht es weiter?<br />

Als Starttermin <strong>der</strong> Reform erwartet <strong>der</strong><br />

ADAC den 1. Februar 2014. Der Referentenentwurf<br />

wird nun aber erst mit Län<strong>der</strong>n und<br />

Verbänden diskutiert, bis Jahresende soll er<br />

ins Kabinett kommen. Dann müssen Bundestag<br />

und Bundesrat zustimmen. Die SPD meldete<br />

Vorbehalte an. «Ich bin noch nicht<br />

endgültig überzeugt, wo <strong>der</strong> konkrete Nutzen<br />

<strong>der</strong> groß angekündigten Reform liegt», sagt<br />

<strong>der</strong> verkehrspolitische Sprecher <strong>der</strong> SPD-Bundestagsfraktion,<br />

Sören Bartol. Immerhin sei<br />

endlich vom Tisch, dass es nur zwei Punktekategorien<br />

geben sollte.<br />

Keine Macht den Drogen e.V. und das Behördenmagazin bedanken sich für die Unterstützung


Ein inszenierter Tod -<br />

Rätsel um Leiche aus <strong>der</strong> Elbe gelöst<br />

Eine Leiche treibt in einem Leinensack in <strong>der</strong> Elbe. Ein mysteriöser Kriminalfall, wird anfangs vermutet. Doch das vermeintliche<br />

Verbrechen entpuppt sich als Selbstmord. Für die Hamburger <strong>Polizei</strong> ist es ihr bisher ungewöhnlichster Fall.<br />

Hamburg (dpa/lno) - Es sieht aus wie ein<br />

Mord. Im Kopf eine Schusswunde, <strong>der</strong> Körper<br />

in Planen verschnürt. Als ein Angler an einem<br />

warmen Tag Ende Juni einen Leinensack mit<br />

einer Leiche aus <strong>der</strong> Elbe fischt, fängt die<br />

Hamburger Mordkommission an zu ermitteln.<br />

Fünf Monate später ist für die Beamten klar:<br />

Der Mann hat sich selbst getötet, allen Insze-<br />

nierungen zum Trotz. Die Polizisten sind dem<br />

spektakulären Selbstmord eines Einzelgängers<br />

auf die Spur gekommen. Nur die Frage<br />

nach dem Warum bleibt offen.<br />

Schon die Identität des Mannes gibt den Beamten<br />

anfangs Rätsel auf. Niemand fragt<br />

nach ihm, niemand gibt eine Vermisstenan-<br />

zeige auf. Trotz <strong>der</strong> Verwesung können<br />

Rechtsmediziner die Fingerabdrücke des<br />

Toten sichern, <strong>der</strong> Abgleich mit <strong>der</strong> Datenbank<br />

des Bundeskriminalamts ergibt einen<br />

Treffer: Das - vermeintliche - Opfer ist 43<br />

Jahre alt und lebte allein in einer Einzimmerwohnung<br />

im Stadtteil Wilstorf im Süden<br />

Hamburgs.<br />

Auch dort finden die Ermittler aber kaum Anhaltspunkte.<br />

Die Wohnung ist frisch renoviert,<br />

gründlich geputzt - und völlig leer. Nicht ein<br />

einziges Möbelstück steht dort. Näheren<br />

Kontakt zu seinen Nachbarn vermied <strong>der</strong> 43-<br />

Jährige, auch seine Angehörigen wussten fast<br />

nichts über ihn. Bis heute hat die <strong>Polizei</strong> keinen<br />

einzigen Freund o<strong>der</strong> engen Bekannten<br />

des Mannes gefunden. Sein Leben hat fast<br />

etwas Unsichtbares, die <strong>Polizei</strong> spricht von<br />

einem «geheimnisvollen» Lebenswandel.<br />

Auch mehrere Wochen nach dem Leichenfund<br />

stehen nur wenige Fakten fest: Der 43-<br />

Jährige zog 2008 von <strong>Berlin</strong> nach Hamburg,<br />

eine Arbeit hatte er nicht. Er ging häufiger in<br />

ein Internet-Café in Hamburg-Harburg und<br />

fuhr mit dem Bus. Auf Fotos, die die <strong>Polizei</strong><br />

veröffentlicht, ist ein Mann mit schmalem<br />

Gesicht und kurzen Haaren zu sehen, er wirkt<br />

schlank und sehnig.<br />

Die Ermittler bringen schließlich in Erfahrung,<br />

dass er bereits 2004 in <strong>Berlin</strong> ungebremst<br />

mit einem Transporter gegen eine<br />

Mauer gerast war. «Auch da hatte er die<br />

Wohnung blitzsauber hinterlassen», heißt es<br />

bei <strong>der</strong> Hamburger <strong>Polizei</strong>. War er da bereits<br />

lebensmüde?<br />

Acht Jahre später zieht <strong>der</strong> 43-Jährige nach<br />

Erkenntnissen <strong>der</strong> Beamten eine dunkle Kapuzenjacke,<br />

eine dunkle Hose, Sicherheitsschuhe<br />

und Arbeitshandschuhe an. Er<br />

schnallt sich einen Rucksack mit mehreren<br />

Steinen auf den Rücken und wickelt sich von<br />

den Füßen aufwärts in zwei Planen, die er mit<br />

Kabelbin<strong>der</strong>n zusammenschnürt. Nur für<br />

seine Arme lässt er Platz, so die <strong>Polizei</strong>. Dann<br />

lässt er sich ins Wasser fallen - und schießt<br />

sich im Sturz eine Kugel in den Kopf. «Es ist<br />

die einzige Theorie, die schlüssig ist», sind die<br />

Beamten überzeugt.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 65


Strafrichter verletzen beim «Deal»<br />

im Prozess oft das Gesetz<br />

Absprachen im Strafprozess sind heikel<br />

- die seit 2009 gültige gesetzliche<br />

Regelung ist umstritten. Vor <strong>der</strong> Verhandlung<br />

des Bundesverfassungsgerichts<br />

zeigt eine Studie, dass Richter<br />

selbst oft gegen die Regeln verstoßen.<br />

Karlsruhe (dpa) - Bei Absprachen im Strafprozess<br />

verstoßen die meisten Richter einer<br />

wissenschaftlichen Studie zufolge gegen das<br />

Gesetz. Demnach wird ein großer Teil <strong>der</strong> Absprachen<br />

entgegen <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung<br />

informell getroffen. Mehr als die Hälfte<br />

aller Verteidiger habe schon Fälle erlebt, in<br />

denen Angeklagte ein möglicherweise falsches<br />

Geständnis ablegten, um eine mil<strong>der</strong>e<br />

Strafe zu bekommen. Das ist das Ergebnis<br />

einer Untersuchung, die das Bundesverfassungsgericht<br />

in Auftrag gegeben hat und<br />

über die am Freitag zunächst die «Süddeutsche<br />

Zeitung» berichtet hatte.<br />

Am kommenden Mittwoch (7. November)<br />

verhandeln die Verfassungsrichter über die<br />

Zulässigkeit des sogenannten Deals im Strafprozess.<br />

Drei Beschwerdeführer wehren sich<br />

gegen Verurteilungen nach Absprachen. Sie<br />

sehen unter an<strong>der</strong>em das Recht auf ein faires<br />

Verfahren verletzt. In einem Fall hatte ein <strong>Polizei</strong>beamter<br />

gestanden, Schwarzmarkthändlern<br />

mit Gewalt Zigaretten abgenommen zu<br />

66 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

haben, um diese für sich zu verwenden. Vorher<br />

soll ihm das Gericht gedroht haben, dass<br />

er ohne Geständnis keine Bewährungsstrafe<br />

bekäme.<br />

2009 hatte <strong>der</strong> Gesetzgeber die umstrittene<br />

Praxis <strong>der</strong> Absprachen geregelt. Nach <strong>der</strong><br />

Umfrage unter rund 330 Richtern, Staatsanwälten<br />

und Strafverteidigern, die <strong>der</strong> Düsseldorfer<br />

Strafrechtsprofessor Karsten Altenhain<br />

im Auftrag des Verfassungsgerichts erstellte,<br />

werden die gesetzlichen Vorschriften aber in<br />

vielen Fällen nicht eingehalten.<br />

So gaben fast 60 Prozent <strong>der</strong> befragten Richter<br />

an, dass sie entgegen <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung<br />

mehr als die Hälfte ihrer Absprachen<br />

informell treffen. Mehrheitlich werde nach<br />

einer Absprache «immer» o<strong>der</strong> «häufig» auf<br />

Rechtsmittel verzichtet - obwohl ein Rechtsmittelverzicht<br />

in solchen Fällen verboten ist.<br />

Mit <strong>der</strong> Ermittlung <strong>der</strong> Wahrheit scheinen es<br />

viele Richter nach einem Deal nicht mehr so<br />

genau zu nehmen: Nach eigenen Angaben<br />

überprüfen 28 Prozent <strong>der</strong> Richter die Glaubhaftigkeit<br />

des Geständnisses nur «manchmal»,<br />

«selten» o<strong>der</strong> «nie»; Staatsanwälte<br />

und Verteidiger schätzen diese Quote noch<br />

weitaus höher ein. Als Hauptgründe für Absprachen<br />

nannten die Richter den Zeugeno<strong>der</strong><br />

Opferschutz, eine an<strong>der</strong>nfalls drohende<br />

langwierige Beweisaufnahme und die eigene<br />

Arbeitsüberlastung.<br />

Die Gewerkschaft <strong>der</strong> <strong>Polizei</strong> wandte sich<br />

gegen eine «inflationäre Anwendung» <strong>der</strong><br />

Absprachen im Strafverfahren. Sonst entstünde<br />

<strong>der</strong> Eindruck, «dass <strong>der</strong> Staat seinen<br />

Verfolgungsanspruch vernachlässigt», erklärte<br />

ihr Bundesvorsitzen<strong>der</strong> Bernhard Witthaut<br />

Deutliche Kritik am «Deal» in<br />

Strafprozessen<br />

Schadet <strong>der</strong> Handel mit <strong>der</strong> Wahrheit im<br />

Strafprozess <strong>der</strong> Gerechtigkeit? Die Justizministerin<br />

zeigte sich nach <strong>der</strong> Verhandlung in<br />

Karlsruhe «erschreckt» über die Realität vor<br />

den Gerichten. Karlsruhe (dpa) - Die Praxis<br />

<strong>der</strong> Absprachen in Strafprozessen stößt<br />

bei Verfassungsrichtern, Richtern und <strong>der</strong> Justizministerin<br />

auf große Bedenken. Bundesjustizministerin<br />

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger<br />

(FDP) kündigte am Mittwoch vor dem<br />

Bundesverfassungsgericht an, sie werde<br />

«alles tun, um mögliche Missentwicklungen<br />

zu korrigieren». Das Karlsruher Gericht verhandelte<br />

über drei Verfassungsbeschwerden<br />

gegen Strafurteile, die nach einer Absprache<br />

zustande gekommen waren.<br />

In Deutschland ist die «Verständigung zwischen<br />

Gericht und Verfahrensbeteiligten» seit


2009 gesetzlich geregelt - in <strong>der</strong> Praxis halten<br />

sich viele Richter allerdings nicht an die Bestimmungen,<br />

wie <strong>der</strong> Düsseldorfer Kriminologe<br />

Karsten Altenhain ausführte. Er hatte<br />

eine Studie im Auftrag des Gerichts erstellt:<br />

Demnach treffen fast 60 Prozent <strong>der</strong> Richter<br />

die Mehrzahl ihrer Absprachen - sogenannte<br />

Deals - ohne die vorgeschriebene Protokollierung,<br />

also informell.<br />

Das rief kritische Fragen hevor: «Müsste das<br />

nicht eigentlich illegale Verständigung heißen?»,<br />

fragte etwa Verfassungsrichterin Gertrude<br />

Lübbe-Wolff.<br />

Problematisch fanden die Verfassungsrichter<br />

auch, dass die Erforschung <strong>der</strong> Wahrheit bei<br />

einer Absprache oft zu kurz kommt: Nach Altenhains<br />

Studie überprüfen 28 Prozent Richter<br />

nach einem Deal bestenfalls<br />

«manchmal», ob das ausgehandelte Geständnis<br />

auch glaubhaft ist. BGH-Präsident<br />

Klaus Tolksdorf, <strong>der</strong> als Sachverständiger gehört<br />

wurde, sprach von einem strukturellen<br />

Problem. «Ich glaube, im Prinzip vertragen<br />

sich Konsens und Strafrecht nicht.»<br />

Generalbundesanwalt Harald Range sagte, er<br />

mache sich «Sorgen um die Wahrheitserforschung».<br />

Er sprach sich aber grundsätzlich<br />

für die Möglichkeit von Verständigungen vor<br />

Gericht aus. Dabei solle es aber nicht ausreichen,<br />

wenn <strong>der</strong> Angeklagte lediglich ein «formales»<br />

Geständnis abgebe - also nur<br />

pauschal einräume, dass die Anklage zutreffe.<br />

Für den Deutschen Anwaltverein warnte <strong>der</strong><br />

Strafverteidiger Rainer Hamm vor <strong>der</strong> Gefahr<br />

von Fehlurteilen. 55 Prozent <strong>der</strong> Verteidiger<br />

hatten <strong>der</strong> Studie zufolge angegeben, dass<br />

ihre Mandanten schon mutmaßlich falsche<br />

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Geständnisse abgegeben hätten, um die Zusage<br />

einer milden Strafe zu erlangen.<br />

Mehrere Vorsitzende Richter von Strafkammern<br />

berichteten zum Teil über eine «exzessive<br />

Praxis» <strong>der</strong> Absprachen vor Gericht, die<br />

sogar dazu führe, «dass man die Akten nicht<br />

mehr liest». Der Freiburger Strafrechts-Professor<br />

Wolfgang Frisch führte aus, nach einer<br />

Absprache ersetze das Geständnis «fast<br />

durchgängig die Beweisaufnahme».<br />

Die Justizministerin ließ in einer Verhandlungspause<br />

erklären, es sei «erschreckend,<br />

dass Beschränkungen <strong>der</strong> Verständigung im<br />

Strafverfahren in <strong>der</strong> Praxis oft nicht angewandt<br />

werden. Das muss die Politik beunruhigen.»<br />

Die mit <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung<br />

angestrebte Rechtssicherheit sei nicht eingetreten.<br />

Die Richter des Zweiten Senats suchten nach<br />

Alternativen. Sollten sie die Regelung für verfassungswidrig<br />

erklären, könnte das die Praxis<br />

an den Gerichten «weiter in die Illegalität<br />

treiben», fürchtete Verfassungsrichter Herbert<br />

Landau. Diskutiert wurde über eine Berichtspflicht<br />

<strong>der</strong> Staatsanwaltschaft über<br />

Verständigungen und darüber, Verstöße<br />

gegen die Verständigungsregeln als absoluten<br />

Revisionsgrund zu werten. Mit einem Urteil<br />

ist erst im kommenden Jahr zu rechnen.<br />

Generalbundesanwalt: «Deals»<br />

müssen eingeschränkt werden<br />

Hamburg/Karlsruhe (dpa) - Generalbundesanwalt<br />

Harald Range for<strong>der</strong>t strengere Regeln<br />

für Absprachen in Strafprozessen. Die<br />

sogenannten Deals müssten «über die bisherige<br />

Rechtsanwendung hinaus» einge-<br />

schränkt werden, zitiert das Magazin «Der<br />

Spiegel» aus einer schriftlichen Stellungnahme<br />

Ranges zu einer Verhandlung vor dem<br />

Bundesverfassungsgericht an diesem Mittwoch.<br />

Dann verhandeln die Karlsruher Richter<br />

über die Zulässigkeit des Deals im<br />

Strafprozess.<br />

Range spricht sich in dem Schreiben für eine<br />

deutlich «restriktivere Anwendung» <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Vorschriften aus. Der Generalbundesanwalt<br />

attestiert dem Deal eine «nicht<br />

unbeträchtliche Sogwirkung», die verfassungsrechtliche<br />

Prinzipien zu beeinträchtigen<br />

drohe. Wenn es etwa um Tötungsdelikte geht,<br />

sollte eine Verständigung zwischen Gericht,<br />

Staatsanwaltschaft und Verteidigung über<br />

den Ausgang eines Verfahrens aus seiner<br />

Sicht nicht zulässig sein.<br />

Ein «schlankes» Geständnis ohne echte Reue<br />

könne nur zu einer geringen Strafmil<strong>der</strong>ung<br />

führen, schreibt das Blatt weiter. Beson<strong>der</strong>s<br />

kritisch sieht Range auch das «Aufzeigen von<br />

Alternativstrafen» seitens <strong>der</strong> Richter, was als<br />

Drohkulisse verstanden werden könnte. Es sei<br />

zu erwägen, «ein <strong>der</strong>artiges Vorgehen gänzlich<br />

zu untersagen».<br />

2009 hatte <strong>der</strong> Gesetzgeber die umstrittene<br />

Praxis <strong>der</strong> Absprachen geregelt. Nach einer<br />

Ende <strong>der</strong> Woche bekanntgewordenen Umfrage<br />

unter rund 330 Richtern, Staatsanwälten<br />

und Strafverteidigern, die <strong>der</strong><br />

Düsseldorfer Strafrechtsprofessor Karsten Altenhain<br />

im Auftrag des Verfassungsgerichts<br />

erstellt hatte, werden die gesetzlichen Vorschriften<br />

in vielen Fällen nicht eingehalten.<br />

So wird beispielsweise ein großer Teil <strong>der</strong> Absprachen<br />

entgegen <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung<br />

informell getroffen.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 67


Das ZDF feiert 2013 den 50. Geburtstag.<br />

Am Anfang wurde noch aus Baracken<br />

gesendet. Inzwischen ist das ZDF<br />

eine ganze Sen<strong>der</strong>familie. Die Macher<br />

setzen für die Zukunft auf ein verjüngtes<br />

Programm.<br />

Mainz (dpa) - Für das ZDF ist es so etwas wie<br />

ein vorgezogenes Geschenk zum 50. Geburtstag:<br />

In diesem Jahr wird <strong>der</strong> öffentlichrechtliche<br />

Sen<strong>der</strong> aus Mainz bei den<br />

Einschaltquoten voraussichtlich die Nase<br />

vorn haben und vor RTL und <strong>der</strong> ARD liegen.<br />

Im nächsten Jahr steht das Jubiläum an. Das<br />

soll auch gebührend gefeiert werden, zum<br />

Beispiel mit speziellen Shows mit Jörg Pilawa.<br />

Am 1. April 1963 abends war Premiere: Das<br />

ZDF ging auf Sendung, noch in Schwarz-<br />

Weiß, aus Baracken in Eschborn bei Frankfurt.<br />

Gründungsintendant Karl Holzamer<br />

eröffnete das bundesweite Programm: Danach<br />

kamen die «heute»-Nachrichten, eine<br />

Ansprache des damaligen baden-württembergischen<br />

Ministerpräsidenten Kurt Georg<br />

Kiesinger (CDU) und die Unterhaltungssendung<br />

«<strong>Berlin</strong> Melodie». Der Sendeablauf ist<br />

dokumentiert im Deutschen Fernsehmuseum<br />

Wiesbaden.<br />

68 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Das ZDF wird 50<br />

Bevor das ZDF startete, gab es einen regelrechten<br />

«Krimi» um das bundesweite Fernsehen:<br />

Das Bundesverfassungsgericht verbot<br />

1960 nach einer Klage <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong><br />

einen bundeseigenen Fernsehsen<strong>der</strong>, weil die<br />

Län<strong>der</strong> die Zuständigkeit für Rundfunk hätten.<br />

1961 beschlossen die Ministerpräsidenten<br />

dann ein zweites TV-Programm.<br />

Ein Jahr nach dem Sendestart zog das ZDF<br />

von Eschborn nach Wiesbaden, bis <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong><br />

1974 das Hauptgebäude auf dem Mainzer<br />

Lerchenberg bezog. 1984 wurde das<br />

damals mo<strong>der</strong>nste Sendezentrum Europas<br />

fertig - und das ZDF auf dem Lerchenberg<br />

war komplett. Inzwischen arbeiten rund 3600<br />

feste Mitarbeiter in Mainz, im Hauptstadtstudio<br />

<strong>Berlin</strong> und in 16 Inlands- und 18 Auslandstudios.<br />

Seit 1963 hat sich viel verän<strong>der</strong>t, nicht nur<br />

das Sendezentrum. Das ZDF-Programm ist<br />

ungleich umfangreicher. Hinzugekommen<br />

sind neben 3sat und Arte auch die Digitalkanäle<br />

ZDFinfo, ZDFkultur und ZDFneo. «Mit<br />

dem Hauptprogramm, den Digitalkanälen<br />

und Partnerprogrammen haben wir eine zeitgemäße<br />

Aufstellung», sagt ZDF-Intendant<br />

Thomas Bellut. «Damit erreichen wir erstmals<br />

seit vielen Jahren auch verstärkt jün-<br />

Vom Anfang<br />

in Baracken<br />

zum großen<br />

Sen<strong>der</strong><br />

gere Zuschauer.» Mit 50 will das ZDF also<br />

jünger werden.<br />

Bellut und Programmchef Norbert Himmler<br />

mo<strong>der</strong>nisieren das Programm, seitdem sie<br />

angetreten sind. Langjährige Sendungen wie<br />

«Rosa Roth», «Forsthaus Falkenau» o<strong>der</strong><br />

«Der Landarzt» sollen den Planungen zufolge<br />

verschwinden, dafür kommt aber Neues -<br />

nicht nur Serien, auch Comedy-Formate sind<br />

in Planung, verrät Himmler. «Wir werden das<br />

Angebot im Hauptprogramm schrittweise<br />

und maßvoll verjüngen.»<br />

Der Sen<strong>der</strong> muss zugleich aber kräftig sparen:<br />

Bis 2016 sollen maximal 400 Stellen abgebaut<br />

werden, um Personalkosten in Höhe von<br />

75 Millionen Euro einzusparen - das ist eine<br />

Vorgabe <strong>der</strong> Kommission zur Ermittlung des<br />

Finanzbedarfs <strong>der</strong> Rundfunkanstalten (KEF).<br />

Die Mainzelmännchen feiern im Internet übrigens<br />

schon den 50. Geburtstag - ihren eigenen<br />

und den des Sen<strong>der</strong>s, für den sie täglich arbeiten.<br />

Sie legten am 2. April 1963 los, einen Tag<br />

nach dem ZDF-Sendestart. Ihr «Vater» Wolf<br />

Gerlach starb im November dieses Jahres im<br />

Alter von 84 Jahren. Die Fans brauchen keine<br />

Befürchtungen zu haben: Die Mainzelmännchen<br />

sind fest für die ZDF-Zukunft eingeplant.


AS TIME GOES BY -<br />

70 JAHRE «CASABLANCA»<br />

Vor 70 Jahren feierte «Casablanca»<br />

Premiere. Von kaum einem an<strong>der</strong>en<br />

Film sind so viele Zitate ins kollektive<br />

Gedächtnis gewan<strong>der</strong>t: «Spiel es<br />

einmal, Sam». O<strong>der</strong>: «Ich seh' dir in<br />

die Augen, Kleines.»<br />

<strong>Berlin</strong>/New York/Casablanca (dpa) - Eines <strong>der</strong><br />

bekanntesten und vielleicht sogar besten<br />

Werke <strong>der</strong> Kinogeschichte: «Casablanca» mit<br />

Humphrey Bogart als Rick Blaine und Ingrid<br />

Bergman als Ilsa Lund. Auch wenn keiner so<br />

recht weiß, warum dieser zum Teil schlampig<br />

gemachte Streifen von Michael Curtiz, den<br />

viele beim ersten Anschauen für unlogischen<br />

Kitsch halten, eine <strong>der</strong>art magische Wirkung<br />

entfalten konnte: Irgendwie ist und bleibt<br />

«Casablanca» <strong>der</strong> Film <strong>der</strong> Filme.<br />

Eine einleuchtende These lautet: das Anti-<br />

Nazi-Melodram, das am 26. November 1942<br />

in New York Premiere feierte, bevor es dann<br />

am 23. Januar '43 in die US-Kinos kam, ist<br />

eine Essenz von allen nur denkbaren Liebesfilmen.<br />

Ein Feuerwerk von Klischees, aber gerade<br />

deshalb so zitierbar. Und auch nach<br />

sieben Jahrzehnten wirkt <strong>der</strong> mit drei Oscars<br />

ausgezeichnete Film noch so, als hätten sich<br />

alle Hollywood-Schmonzetten davor<br />

und danach in dieser einen verdichtet.<br />

«Spiel es einmal, Sam. Zur Erinnerung<br />

an damals» lautet eines <strong>der</strong> berühmtesten<br />

Zitate (und nicht «Spiel's noch<br />

einmal, Sam», wie viele glauben). Ilsa<br />

sagt diesen Satz, als sie mit ihrem<br />

Mann Victor Laszlo (Paul Henreid) unerwartet<br />

in «Rick's Café Americain»<br />

in Casablanca auftaucht und den Pianisten<br />

Sam (Dooley Wilson) wie<strong>der</strong>trifft,<br />

Ricks guten Freund und<br />

Begleiter.<br />

Und dieses «Damals», das sie meint, ist natürlich<br />

klischeegerecht Paris, die Stadt <strong>der</strong><br />

Liebe, in <strong>der</strong> Ilsa und Rick im Sommer 1940<br />

eine Affäre hatten, kurz bevor die Nazis<br />

Frankreichs Hauptstadt besetzten. Und zwar<br />

in einer Zeit, in <strong>der</strong> Ilsa dachte, dass ihr zu<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 69


schützen<strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standskämpfer<br />

Laszlo, womöglich tot ist.<br />

In kitschigen Rückblenden erfährt <strong>der</strong> Zuschauer,<br />

wie das damals war, wie sich Ilsa und<br />

Rick in den letzten Tagen vor dem Einmarsch<br />

<strong>der</strong> Deutschen das Leben versüßten («Wir<br />

haben doch ausgemacht: keine Fragen»). Romantisch<br />

fällt hier auch <strong>der</strong> Satz, den je<strong>der</strong><br />

kennt und den Bogart viermal im Film sagt:<br />

«Ich seh' dir in die Augen, Kleines» (also nicht:<br />

«Schau mir in die Augen, Kleines», <strong>der</strong> Originalsatz<br />

lautet «Here's looking at you, kid»).<br />

Die namensgebende Stadt Casablanca ist für<br />

den Film, <strong>der</strong> Ende 1941 spielt, zu einem<br />

Tummelplatz für Emigranten aus dem eingeschlossenen<br />

Europa verklärt, die alle zum<br />

großen Auswan<strong>der</strong>erhafen Lissabon wollen<br />

und dann nach Amerika. Doch <strong>der</strong> historische<br />

Hintergrund ist ein bisschen konstruiert - am<br />

ehesten kam in Marokko noch Tanger an das<br />

heran, was hier für Casablanca beschrieben<br />

wird. Die Bar im dortigen Hotel «El Minzah»<br />

war ein Refugium, ähnlich wie «Rick's Café»<br />

im Film.<br />

Egal: Das alles hin<strong>der</strong>te die Amerikanerin<br />

Kathy Krieger nicht daran, vor ein paar Jahren<br />

in <strong>der</strong> Innenstadt von Casablanca «Rick's<br />

Café» zu eröffnen - aus Zelluloid wurde sozusagen<br />

ein echtes, stilvolles Lokal.<br />

Doch zurück zum Film: erst im Laufe <strong>der</strong> etwa<br />

100 Minuten versteht man, warum das Lied<br />

«As Time Goes By» so viel Wehmut bei den<br />

Beteiligten hervorruft («You must remember<br />

this/A kiss is just a kiss/A sigh is just a sigh...»)<br />

Der in Casablanca als Zyniker bekannte Rick<br />

(«Ich halte für niemanden den Kopf hin»),<br />

den Humphrey Bogart darstellt - man möchte<br />

gar nicht sagen, dass er ihn «spielt», denn er<br />

scheint mit <strong>der</strong> Rolle zu verschmelzen -,<br />

selbst dieser Rick hat eine weiche pathetische<br />

Seite und ein Herz. Und am Ende wächst<br />

er über sich hinaus.<br />

Doch zunächst gibt es herrlich schräge Dialoge<br />

mit Bogart, etwa: «Welche Nationalität<br />

haben Sie?» Antwort: «Ich bin Trinker.» O<strong>der</strong><br />

aber: «Wo warst Du letzte Nacht?» Antwort:<br />

«Das ist so lange her, ich erinnere mich<br />

nicht.» «Sehen wir uns heute Nacht?», Antwort:<br />

«Ich plane nie so weit im voraus.»<br />

O<strong>der</strong>: «Was hat Sie nur in Gottes Namen<br />

nach Casablanca verschlagen?» Antwort:<br />

«Meine Gesundheit. Ich kam nach Casablanca<br />

wegen <strong>der</strong> Quellen.» «Quellen? Was<br />

für Quellen? Wir sind in <strong>der</strong> Wüste.» «Man<br />

hat mich falsch informiert.»<br />

70 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013<br />

Rick ergeht sich zunächst in Selbstmitleid:<br />

«Nicht zu fassen: von allen Kaschemmen <strong>der</strong><br />

ganzen Welt kommt sie ausgerechnet in<br />

meine.» Doch am Schluss wählt er nicht die<br />

Rache o<strong>der</strong> Eifersucht, son<strong>der</strong>n stellt die unbezahlbaren,<br />

sicheren Transitvisa Ilsa und<br />

ihrem Mann zur Verfügung - damit die beiden<br />

als Paar weiter für die gute Sache kämpfen<br />

können. Es gibt Wichtigeres als die Liebe.<br />

O<strong>der</strong>: Die größte Liebe ist die, die sich nie<br />

(ganz) erfüllt.<br />

Und noch was: <strong>der</strong> Film ist ein Hoch auf die<br />

Freundschaft, denn Rick bleibt in (Französisch-)Marokko,<br />

bei dem korrupten <strong>Polizei</strong>chef<br />

Louis Renault (Claude Rains): «Louis, ich<br />

glaube, dies ist <strong>der</strong> Beginn einer wun<strong>der</strong>baren<br />

Freundschaft.»


Musikindustrie:<br />

BGH-Entscheidung<br />

kein Freifahrtschein<br />

für Piraterie<br />

Der BGH hat die Musikindustrie vor eine neue Situation in ihrem<br />

Kampf gegen Raubkopien im Netz gestellt. Eltern müssen nicht automatisch<br />

für Urheberrechtsverletzungen min<strong>der</strong>jähriger Kin<strong>der</strong> haften.<br />

Werden jetzt Kin<strong>der</strong> belangt? O<strong>der</strong> sind Familien nun ganz aus<br />

dem Schnei<strong>der</strong>?<br />

<strong>Berlin</strong> (dpa) - Nach <strong>der</strong> Entscheidung des Bundesgerichtshofs, <strong>der</strong> die<br />

Haftung von Eltern für den illegalen Musiktausch min<strong>der</strong>jähriger Kin<strong>der</strong><br />

einschränkte, ist die Industrie um Schadensbegrenzung bemüht.<br />

Das Urteil bedeute nicht, dass Eltern sich nach einmaliger Belehrung<br />

nicht mehr um das Surfverhalten ihrer Kin<strong>der</strong> kümmern müssten,<br />

warnte <strong>der</strong> Geschäftsführer des Bundesverbands Musikindustrie, Florian<br />

Drücke, am Freitag.<br />

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am Donnerstag entschieden, dass<br />

Eltern grundsätzlich nicht für den illegalen Musiktausch ihres min<strong>der</strong>jährigen<br />

Kindes haften, wenn sie es ausreichend über das Verbot<br />

einer Teilnahme an Tauschbörsen im Internet belehrt haben und ihnen<br />

keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen vorlagen. Das<br />

Urteil bedeutete eine Schlappe für die Musikindustrie, die mehrere<br />

tausend Euro Schadenersatz und Anwaltsgebühren verlangte. In dem<br />

konkreten Fall hatte ein 13-Jähriger illegal Musik heruntergeladen<br />

und im Netz verbreitet. (Az. I ZR 74/12)<br />

«Die aktuelle Erklärung des BGH sollte keinesfalls als ein Freifahrtschein<br />

für betroffene Eltern bzw. ihre Kin<strong>der</strong> zum "sorglosen Filesharing"<br />

missinterpretiert werden», erklärte Drücke. «Welche<br />

Maßnahmen Eltern konkret zu treffen haben - vor allem auch bei<br />

wie<strong>der</strong>holten Rechtsverletzungen - bleibt mit Blick auf die Urteilsgründe<br />

abzuwarten.» Es solle dabei auch nicht um eine Überwachung<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> gehen, son<strong>der</strong>n um ein frühzeitig gewecktes<br />

Bewusstsein für den Wert von Musik, Filmen o<strong>der</strong> Büchern.<br />

Zumindest theoretisch sei denkbar, dass Kin<strong>der</strong>, die die erfor<strong>der</strong>liche<br />

Einsichtsfähigkeit besäßen, selbst in Haftung genommen werden<br />

könnten, erklärte am Freitag <strong>der</strong> Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke,<br />

<strong>der</strong> das Verfahren für die beklagten Eltern geführt hatte.<br />

Die Musikindustrie müsste in diesem Fall allerdings die erfor<strong>der</strong>liche<br />

Einsichtsfähigkeit beweisen, was man wohl erst ab einem Alter von<br />

13 bis 14 Jahren annehmen könne. «Derzeit ist noch völlig offen, ob<br />

es die Musikindustrie wagen wird, die Kin<strong>der</strong> selbst in die Haftung<br />

zu nehmen», schränkte <strong>der</strong> Rechtsanwalt allerdings ein.<br />

Zugleich sei unklar, inwieweit Eltern auf ihre Kin<strong>der</strong> verweisen können,<br />

ohne diese konkret zu belasten, ergänzte Solmecke. Es sei denkbar,<br />

dass schon die Möglichkeit ausreiche, dass ein im Haushalt lebendes<br />

Kind als Täter bei einer Urheberrechtsverletzung infrage komme. Er<br />

verwies als Beispiel auf den Fall einer Frau, die vom Oberlandesgericht<br />

Köln von <strong>der</strong> Haftung für eine Urheberrechtsverletzung befreit wurde.<br />

Sie hatte hinreichend plausibel dargelegt, dass ihr Ehemann als Täter<br />

infrage kommen würde. «Diese Rechtsauffassung ließe sich auch auf<br />

das Eltern-Kind Verhältnis übertragen», argumentierte <strong>der</strong> Anwalt.<br />

«Konkret belasten müssten die Eltern ihr Kind aber nicht.»<br />

Die BGH-Richter hatten festgestellt, dass es keine grundsätzliche Verpflichtung<br />

<strong>der</strong> Eltern gebe, «die Nutzung des Internet durch das Kind<br />

zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen o<strong>der</strong> dem<br />

Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren». Zu <strong>der</strong>artigen<br />

Maßnahmen seien sie nur dann verpflichtet, wenn sie konkrete<br />

Anhaltspunkte dafür haben, dass ihr Kind den Internetanschluss für<br />

Rechtsverletzungen nutzt – etwa aufgrund einer Abmahnung.<br />

Keine Macht den Drogen e.V. und das Behördenmagazin<br />

bedanken sich für die Unterstützung<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Februar/2013 71<br />

Bild: Thorben Wengert / pixelio.de


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GEGEN DROGEN UND DIE DROGENKRIMINALITÄT<br />

Abenberg Stadt Abenberg • Rock Elektromotoren Abensberg L 2 GmbH Adelsried Bäckerei Guggemoos Affing Bäckerei Eichner Aichach MR-Stb-Gesellschaft<br />

Aidenbach Dr. W. Bauer Allersberg Car-Beauty Center • Gasthaus Altenfelden Allershausen Glonn Apotheke • Gernot Dreher Alling Manfred O. Glasneck GmbH<br />

Ammerndorf Gemeinde Ammerndorf Anger Autohaus Hogger KG Ansbach RA Christoph Schmitt • Lotto-Toto-Tabak Ludwig Antdorf Annette Gernhardt Anzing<br />

Georg König GmbH Arnsberg Nicole Matzke Arnstorf Markt Arnsdorf Aschheim DBV Electronic GmbH & Co. KG • Dr. J. Augustin • Dokuho J. Meindl • Heinz GmbH<br />

• Franz Derflinger • Pro Lighting e. K. Au/Hallertau Alfons Butt e. K. Auerbach i. d. OPf. Harald Schattke • Dr. E. Marbach • Radau Fahrradladen GmbH • Orthopädie<br />

Rogner • Schuster Bedachungs & Fassaden GmbH • Uwe Senft • Autohaus Schnödt Aufseß Gemeinde Aufseß Augsburg Juweliere Hörl • Roschiwal & Partner<br />

GmbH • Drs. Ch. M. & P. Römer • Dr. A. Walter • Ka-Trans GmbH • Dr. St. McMillan • Lotto-Toto Steidl • Hielscher & Besser GmbH • Dr. R. Kirchmair • Modena<br />

Bau GmbH • Fuss & Kosmetikoase Bad Aibling Stefan Rossteuscher • Dr. F. D. Hellmund Bad Grießbach Dr. B. Schinabeck Bad Homburg Fides Treuhand Bad<br />

Lausick Dr. S. Schmidt Bad Liebenzell Dr. S. Rinninger Bad Neustadt Kfz Ammon Bad Neustadt Anwaltskanzlei Klett u. Kollegen Bad Reichenhall Physio-Centrum<br />

• Petra Lazarus • Gaststätte Schwabenbräu Bad Tölz Dr. H. O. Gronau • DGVT-Mchn-Bad Tölz Bad Vilbel Sybille Moos Bad Wildbad Flößer-Apotheke • Milch<br />

Günthner e. K. Baden-Baden Frank Friedrich • Dr. I. Kath • Dr. K. Ruffmann • Krankengymnastik Vaupel-Schweizer • Dr. K. Küstermann • RA Bernd Steinmayer • Dr.<br />

H. K. König • Fahrschule Hohenbaden GmbH • Goldschmiede Weber Bamberg W. Kieselbach • Farben Leicht • Montagetechnik GmbH & Co. KG • Elektro-Innung<br />

Bamberg • Dialex GmbH • Schreinerinnung Bamberg • Delikatess Müller OHG • Aumüller Autolackiererei • Ideal Automotive GmbH • Lurtz Gartenbau GmbH • Wetz<br />

GmbH & Co. KG • Reha Aktiv Gesundheitszentrum GmbH • Optik Dassler Bayreuth BTS Sportgaststätte • Suchy GmbH • Hagen Scho<strong>der</strong> Bechhofen Bau Fischer<br />

• Unternehmensberatung Schellmann GmbH Beilngrieß Dr. R. Schmidbauer Berchtesgaden Waldhauser Bräu <strong>Berlin</strong> Dr. H. Wegner • Dr. U. Michel • Dilax Intelcom<br />

GmbH • Bernhrad Mößler • Jörg Brieger • Dr. Ch. Herbst & Koll. • Dr. R. Hardung • Dr. T. Althoff • Drs. A. Reles & M. Stoll • S. Kunn & A. Zornow GbR • Karla<br />

Kettner • MG-GmbH Personaldienstl. • Dr. D. Haensch • BSI Private Sprachschule <strong>Berlin</strong> GmbH • Dr. K.-P. Falkowski & C. Frohoff • Dr. A. Erben • Dr. Ch. Kramer • Drs.<br />

K. Bachus-Banaschak & R. Van Heys • Rest. Kuchi • Hörgeräte an <strong>der</strong> Kaisereiche GmbH • Alltours Reisecenter • I.QV.GmbH • Wegner & Ehlert GbR Birkenfeld Schnellrest.<br />

Lale Bischofswerda M. Viehrig & M. Maus Blieskastel Dr. H. Braun Blumberg Dr. J. Holzke Bonn Dr. F. Striesow & M. Moll-Müller • Beate Huber • Dr. M.<br />

Teßmann • Zentrum f. Europäisches Wirtschaftsrecht <strong>der</strong> Univ. Bonn • Prof. Dr. A. Ranjbar • Dr. Svanström • Dr. T. Gheorghiu & J. Marschner Borna Katrin Junghanns<br />

Brandis Dr. G. Kühn Breisach Munsta Tattoo & Piercing • Kosmetikstudio Flair • Witech • Martin Nastulla Bremen Veritas Treuhandges. mbH • Drs. H. Riedel & K.<br />

Schopmaus Bretten Sport-Park Bretten Bruchsal Dr. Th. Frangenheim • Juwelier Yolki • Cut Friseursalon Buch am Wald Hannelore Streng Buchen Drs. A. Seifert<br />

& S. Büttner • Dr. M. Jaudas Buchholz Gasthaus zur Straußi Buchloe RA Michael Walter Bühlental Drs. H. & V. Hüttemann Burgebrach Brauerei Zehendner GmbH<br />

Burghausen Stadt Burghausen Burgoberbach Rudolf Gaab Burgsalach Möbel Auernhammer Burgthann Gebr. Band GmbH • Abraham GmbH • Autohaus Weth<br />

• Espen-Apotheke • Drs. J. & M. Ehrnsberger • Sun Line Travel GbR Buxheim Gemeinde Buxheim Calw Dr. Ch. Dempe Chemnitz Dr. R. Ruppert Coburg ATC Dental<br />

Labor Cottbus Thomas Ramisch Creußen Ergotherapie-Stemmler Deggendorf Eis-Cafe La Crema • Shell-Station Schiller • Dr. A. Netzer Deisenhofen Dr. I.<br />

Schleiwies Deuerling Allianz Generalvertretung e.K. Diebach Stadt Schillingsfürst • Gemeinde Diebach Dietenhofen Wening PC Dinkelsbühl Marlos GmbH Dippoldiswalde<br />

Dr. St. Palm Dollnstein Markt Dollnstein • Berghold GmbH • Bittlmayer Fuhrunternehmen Dombühl Markt Dembühl Donauwörth Notariat Dr. Ch.<br />

Auer Donnersdorf Gabriele Arnold Dortmund Dr. A. Geißler Dresden Dr. A. Schindhelm • Dr. K. Niekler • Friseursalon Haarmonie • Finanz-Guks • Hannelore Rzitki<br />

• Jörg Großer • Birgit Lange Düren Drs. B. Franzen & O. Niehaus & M. Dreja & Ch. Faber-Bester • Daniel Molitor Ebensfeld Dr. M. Schwenk Ebermannstadt<br />

Physiotherapie Renner Eching Böhm & Wiedemann AG • Hein Chemie GmbH • Jürgen Wagner Eckental Drs. H. Ze<strong>der</strong> & H. Biwank • MKG Chirurgie Wolski Eggolsheim<br />

Markt Eggolsheim Egweil Jürgen Neumeier Eichstätt Cafe-Bistro Journal • Drs. H. & M. Rie<strong>der</strong> • Czech´s Autowasch-Center Eilenburg Frank Winkler Emmendingen<br />

Brezelstüble • Stadt-Apotheke Endingen Rest. Merkles • Friseursalon Kniebühler • L & M Service GmbH • Quiltfun Kiefer & Witte GbR Engelsbrand H 10<br />

Techn. Diamanten GmbH • Rosen Apotheke Erding Dr. A. Schwanner Ergersheim Gemeinde Ergersheim Erlangen ViroLogik GmbH • Gerd-Rüdiger Junghans •<br />

Dr. E. Grützmacher • Obst Wagner • Dr. St. Buchholz • Salon Christof Eschborn Dr. M. Brockmann • Dr. M. Kurtz Eschenbach Bitterer Tiefbau GmbH • Drs. G. Bayerl<br />

& F. Schrö<strong>der</strong> & H. Lippiotta • Getränke Kontor Siegler Esslingen Bistro & Imbiss Blue Line • Pizza & Kebaphaus Harran • Cafe Viva • Automobil Meisterwerkstatt<br />

• Reifen Reutter Ettlingen Werkzeugbau Herrmann Fahrenzhausen Gemeinde Fahrenzhausen Feldkirchen Dr. A. Ziegner Feucht Vodafone Shop Feucht •<br />

LWF GmbH Feuchtwangen Orthopädie Schuhtechnik Horn Fil<strong>der</strong>stadt Hantat Supermarkt Forchheim Drs. S. Henkel & C. Haas • Pack mer´s gGmbH • Dental-<br />

Labor Brück • Akademie <strong>der</strong> Friseure Frankenberg Dr. A. Völker Frankenhardt Jürgen H. Fricker Frankenthal FVG - GmbH • Columbus Apotheke Frankfurt Dr.<br />

P. Hille • Dr. Th. Link • Dr. H. Bögner • Dr. B. Schäfer • SPG Prematechnik GmbH • Kontrast Möbel-Leuchten-Accesoires • Drs. M. Mauz & M. Sens • Rest. Zum Storch<br />

am Dom • Dr. L. Bierbrauer • Wilhelm M. Döbritz • Theater-Apotheke Freiberg Dr. G. Poser • CHP GmbH • Prof. Dr. J. Staiger • RA Ulrich Marquardt • FSP-Stadtplanung<br />

• Harteck & Partner • Rheintacho GmbH • W. Kienzler & A. Kunzelmann • Clarion Hotel Hirschen • Küche & Co. Freiburg • Russischer Laden Trojka • Hotel<br />

Schloß Reinach • Bella Donna • Autokosmetik Kextra Service • Stefan Meier • KatzundMaus Computerkurse • Klecks Schreibwaren • Florale Werkstatt • schwarzundwald<br />

• Musikinstrumente Bim Bam • Tcheliko Textile Originale • Der Schmuckladen • Perplex • M & R Kfz • BSD Doll GmbH Freilassing Physiohaus Haas Freudenstadt<br />

Dr. C. Kugler • Drs. E. Stöhr & H. Pfeiffer Freystadt Christa Billner Freyung Drs. Stömmer u. Buhr Friedberg Ing.-Büro Sandmair Friesenheim Rest.<br />

Zum Engel Fuchsmühl Markt Fuchsmühl Fürth Fischer & Partner GbR • J. Lauer Nachf. GmbH & Co. KG Gaimersheim Dr. R. Hagmeyer • Dr. M. Angermann Garmisch-Partenkirchen<br />

Hans Wieland • Katharinen Hof • Kult Jeans • Dr. Martens-Rogall • Dr. D. Beckmann • Drs. D. & S. D. Wohlmann Gefrees Stadt Gefrees Geislingen<br />

Pizzeria Europa • Moda GmbH • Adrian Warner Geltendorf Gasthof Alter Wirt Georgensgmünd Niki’s Schreib- & Spielparadies • Auto Kopp • Spalter Kunststofftechnik<br />

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Gerolzhofen Dr. E. Herterich Gesees Geseeser Landbäckerei Geslau BEB GmbH Glattbach Gemeinde Glattbach Gmund Oberland Steuerberatungsges. mbH Gochsheim<br />

Bike Business Office GmbH Goldbach Drs. M. J. Künstler & M. Rauch-Künstler • Tuchbaum GmbH Goldkronach Stadt Goldkronach Görlitz Dr. L. Hille Gottenheim<br />

Heizung-Sanitär Hubert Maurer Gräfelfing Fotosatz Pfeifer GmbH Grafenrheinfeld Trips GmbH Grafing Drs. B. Grzesiek & A. Allmann Greding Omnibusse<br />

Elko Tours • Dr. M. Wurm Gröbenzell Physiotherapie Birgit Buß Großeibstadt Carsten Baltzer u. Sabine Heisler Großenseebach Gemeinde Großenseebach<br />

Großhabersdorf Gemeinde Großhabersdorf Großwallstadt Main-Medical-Klinik • Gemeinde Großwallstadt Gundelfingen Dr. H. Behling Gunzenhausen KP<br />

Ingenieurgesellschaft mbH • Dr. R. Pfenninger Haar Typwes GmbH • Thomas Pilz • Werner Beck Halle Michael Grimm Hallerndorf Gemeinde Hallerndorf Hamburg<br />

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f. Apotheken GmbH Heidelberg Dr. P.-M. Zink Heidenau Kin<strong>der</strong>haus Annett Heilbronn Juwelier Sandkühler OHG Heiligenstadt Frischmarkt Sponsel Heimbuchenthal<br />

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Zahner Herrsching Holiday Service GmbH Herzogenaurach Beyschlag´sche Apotheke Hiltpoltstein Dr. L. Meyer • Ergotherapie Lugbauer • LMT Technik GmbH<br />

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Höhenkirchen Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn Holzkirchen Dr. M.-Th. Schildhauer • Michael Lippmann • Dr. E. Fromm & S. Pandey-Fromm • Franz Hugel<br />

• Dr. G. Vogt Homburg Rae Backes & Schnei<strong>der</strong> Hopfen am See Gästehaus Hartung Hutthurm Markt Hutthurm Iffezheim NC-TEC GmbH Illertissen Achim<br />

Domschat sen. • Physio Aktiv Ingolstadt Architekt Sauer • Ursula Barth • A & S Architekten • Krumpholz-Team • Dr. N. M. Womes • Sibein Fleisch GmbH • Dervisi<br />

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CARE-SIG • Business Mail Service Ispringen Dr. M. Volz Kalchreuth Drs. O. & M. Reissinger • Modellbau-Conrad • Logitrans GmbH Kallmünz Trattoria Trenacria<br />

Kamenz Uwe Behnisch Karlsfeld Dr. H. Pross • Dr. Ch. Ried • Dr. U. Vogel Karlshuld Fahrschule Eubel Karlsruhe Rest. Tulla Eck • Dr. M. Herrmann • Dr. Th. Rupnik<br />

• Drs. A. Riegsinger & L. Krieglstein • Ben<strong>der</strong> & Urich • Soccer Center • Bühler & Ertle • Basislager Sport Handels GmbH • Möbel Ham • Zettwerk Software Engineering<br />

GmbH • Polymaili GmbH • Maxikauf GmbH • Rae Wülfrath & Partner • Fun Sportsbar XL • Cafe Oxford Gastro GmbH • EDEKA Nah & Gut Holzer Kassel<br />

Dr. A. El Hariri & Kollegen Kaufbeuren Uwe Tietz • H. Reckziegel & A. Krumm Kaufungen Dr. K. Lill Kelheim Eduard Ziereis Kempten Amiron Treuhand GmbH •<br />

Dr. F. Tratzmüller Kipfenberg PNZ Produkte GmbH Kirchdorf OMV-Tankstelle Kirchenlamitz Dr. A. Reul Kirchheim Esmer GmbH • PIV Hans Kleinhapl • Kanzlei<br />

J. Angermeier • KHS GmbH Kleinostheim Gemeinde Kleinostheim Kochel Gemeinschafts-Praxis Loisachtal Kolitzheim Gemeinde Kolitzheim Köln E. Steffens<br />

& A. Winckelmann & B. Kertz • Günther Reinhardt • Barbara Bedorf • Prof. Dr. B. Hünermann & Kollegen • Dr. M. Rath • Maritta Möhn • Harald Mielke • Drs. Graebner<br />

& Priller & Fekete • Physiotherapie Hogeback • MEDIFIT • Dr. E. Liermann • Prof. Dr. K. J. Schlüter Königsbrunn Rae Gabrielli & Collegen Korntal-Münchingen<br />

Asia-Rest. Harmonie Kronach Cafe Riverside Kulmain Gemeinde Kulmain Kupferberg Stadt Kupferberg Küps Markt Küps Lahr Löwen Apotheke • Hotel Rest.<br />

Da Vinci • Thomas Lösle • Autoschmiede Lahr Landau Dr. J. Erdel Landsberg Drs. A. Elbertshagen & Kollegen Landshut Die-Reha • Dr. H. Prelicz • Dr. M. Fendl •<br />

Ernst Reinwald Langenaltheim Schmidtkonz GmbH Langenau Drs. F. X. Rist & S. Musati • Da Mario e William Langensendelbach Gemeinde Langensendelbach<br />

Langquaid Gemeinde Herrngiersdorf • Ralf Steller GmbH Lauf a.d. Pegnitz Drs. F. Petschelt & Kollegen Leinach Gemeinde Leinach Leinfelden-Echterdingen<br />

Cafe-Bar-Rest. Flair Leipzig Thomas & Barbara Kleinert • Dr. St. Windau Leonberg Aladin Markt • Drs. R. Merk & S. Mundinger Leutershausen Dentallabor Pflug<br />

• Massagepraxis Hermanutz Lichtenfels Dr. Ch. M. Wicovsky • Stadt Lichtenfels Limbach Oberfrohna Lutz Wiegand Lindau Hotel-Garni Brugger • Architekt Chr.<br />

Preis • Drs. H. u. H. Wille • Dr. O. Nurberdi • Bürgerliches Brauhaus Ravensburg-Lindau AG Lörrach Metzgerei Capizzi • Dr. G. Kuhlmann Lübeck Dr. K. Hoffmann<br />

Ludwigshafen Rest. Hemingway´s • KfH Nierenzentrum Lupburg Markt Lupburg Mainburg Drs. Pöschl & Kollegen Mannheim Dr. M. Teich • Dr. G. Hein Mantel<br />

Markt Mantel Markt In<strong>der</strong>sdorf XAL GmbH Marktzeuln Markt Marktzeuln Marloffstein Hotel-Rest. Alter Brunnen Martinsried Industrie-Vers. Makler GmbH<br />

Mehlmeisel Gemeinde Mehlmeisel Meinheim Gemeinde Alesheim Meißen Dr. C. Huse Mellrichstadt Gemeinde Stockheim Memmelsdorf Wolfram Markert<br />

Memmingen Drs. G. & Th. Wetzel • Gaststätte Zur Blauen Traube • Gemeinde Benningen Mistelgau Gemeinde Glashütten Mittweida Katrin Rudolph • Ingolf<br />

Genz Mörnsheim Markt Mörnsheim • Lamm Reisen Mühlacker Der Blumenladen Mühldorf Dr. C. Maier • Sax OHG Müllheim Dr. S. Falk München Dr. K. Vyhnalek<br />

• Kfz-Sachverst.-Büro München Ost e.K. • Dr. S. Hoenes • Hotel Pension Beck • Harner Ingenieure GmbH • Gompelmann & Huber GmbH • H & F Service f. Getränkemärkte<br />

• Plugarlis Versandservice • RA Dr. G. Engler • M.G.S. Automobile • Dr. G. Wildi • G. Windwehr • Art of Travel GmbH • Dr. P. Bosiljanoff & Koll. • Dr. W. Krueger<br />

• Dr. D. Bretagne • Dr. Ch. Wenninger & S. Hilgert • Dr. W. Zimmermann • Modeagentur S. Wagner • Dr. F. Kessel & Partner OHG • Prof. Dr. G. Riess • Dr. D. Zaboulas<br />

• Dr. M. Post • Twin-C-Distribution • Physio Limes • Dr. Ch. Bredl • Dr. G. Domann • Drs. Edelmann & Schu<strong>der</strong>er & Serr & Schur • Dr. J. G. Sebastian • Rae Bodo &<br />

Mark Nibbe • Dr. U. Kopp • Dr. E. Engl • RA Eva-Maria Minor • Dr. O. H. Bertermann • Rae Klein & Partner • Dr. K. Sochurek • Dr. F. Schmaus • Druckerei Lehrmann<br />

• Kanzlei Schnei<strong>der</strong> • Dr. H. Bruckmayer • Saffer Wein GmbH • Ralf Neumann • Gabrijela Jankovic • Rae Treuheit & Volpers • Dr. H. H. Wörl • Dr. E. Vonhof • Matthias<br />

Bergmann • S46 Lauterbach Architekten • Dr. C. Mosavi • Dr. W. Vogt • Alantum Europe GmbH • Lehn & Partner • ReMax Finest Homes • Sicura GmbH • Dr.<br />

Th. Dengjel • Dr. D. Koch • Dreyer-Jakob-Offner GmbH & Co. KG • Wächtershäußer & Harz • Xenon-Human Resources GmbH • Weissraum • Immobilienmanagement<br />

GmbH • Dr. M. Kellner • Dr. M. Kroth • Kosmetisches Institut München • RA Thomas Krauss • Gaststätte bei Charly • Schreiber-Sportverband • Notarbartolo & Gervasi<br />

GmbH • Oas-Company GmbH • Dr. H. Krietsch • Urban & Zwanziger GmbH & Co. KG • Altmann-Santihanser • Physio Fleischmann • Dr. K. Warmedinger • Pommer<br />

& Pommer • Klinghardt & Partner GmbH • Karl Hümeyer • Physikalische Therapie Meier • Fritz Kuschel & Söhne GmbH • Dr. P. Deutinger • Rae Dr. Solf & Zapf<br />

• RA Dr. St. Prager • Dr. Ch. M. Loebel • Aquila Apotheke • Eichenlaub GbR • Stadler & Wild • Dr. P. Cohn • U.C.A. AG • Zentrum f. Gefäßgesundheit • Dr. B. Wörle •<br />

Katharina Schmid • Dr. M. Saban • Der Hufnagel GG GmbH • Hubertus Magerstädt • RA Sabine Vortmeyer • Anna Schmidhuber • Brasserie L´Atelier • Mohren-Apotheke<br />

• Kanzlei Litzlbeck • Dr. J. Kukonya • Mapfre Re Compania de Reaseguros S. A. • Löwenzahn • Dr. P. Hering • Dr. H. Feldmaier • Domino Haus- und Grundbesitz<br />

GmbH • Krankengymnastik Burgstrasse • Wolfgang Richter & Florian Ebner • Rücker & Co. Spedition GmbH • Juwelier Niesen • Dr. J. Pin<strong>der</strong> • Zehentner & Partner<br />

GmbH • Dr. Th. Schrott • Uschi Vogg PR e. k. • Peter Hüpper • Verwaltung Filser • Grundbaulabor GmbH • Dr. Th. Winkler • Dr. E. Fath • Dr. G. Schmidt • Dr. M.<br />

Venhofen • Ries Immobilien KG • Kretschmar & Partner • Bauer & Kleber OHG • Hermann Wörz Geigenbau GmbH • The Foun<strong>der</strong>s • Markus Wörz • Barcode GmbH<br />

• I-Tech Works • Claudia Böllner • Dr. B. Pongratz Münster Rist. Il Teatrino Müttenhausen Getränkemarkt Oberbauer Nassenfels Verw.-Gemeinde Nassenfels Nekkarsulm<br />

Zelle 18 Nersingen Rist. La Rustica Neu-Ulm Drs. Marschner & Kollegen Neubiberg Dr. St. Böll Neuburg a. d. Donau Dr. U. Rieger Neuenbürg Dr.<br />

U. Rether Neuendettelsau Drs. B.-E. Raum & K. Hein • Dr. M. Raum Neumarkt F. H. Automobile • Herrle Konfektionierung • Dr. M. Wilhelm Neunburg vorm<br />

Wald Stadt Neunburg v. Wald Neunkirchen Segafredo Espressobar Neuötting Drs. F. Gleissner & G.Rodammer & J. Kubr Neuried-Ichenheim Neurie<strong>der</strong>-Pizza<br />

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Redakteur:<br />

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<strong>der</strong> Redaktion “Das Behördenmagazin” über.<br />

Es besteht kein Rechtsanspruch auf regelmäßige<br />

Lieferung.<br />

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Redaktionsschluss: 15.03.2013<br />

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