Neurobiologische Grundlagen des Lesens
Neurobiologische Grundlagen des Lesens
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„Zu den neurobiologischen <strong>Grundlagen</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Lesens</strong>“<br />
Institut für Sinnes- und Sprachneurologie<br />
Prim. Dr. Johannes Fellinger Dr. Daniel Holzinger
Ablauf<br />
• 1. Schriftsprache – neurologische Aspekte<br />
• 2. Komponenten von Leseverständnis:<br />
Sprachverarbeitungsmodell<br />
• 3. Neurofunktionelle Korrelate<br />
• 4. Klinisches Bild der LRS<br />
(Komorbiditäten)<br />
• 5. Interventionsmaßnahmen
• Alphabetschrift – die grundlegende Beziehung<br />
hier ist: Ein Zeichen entspricht einem Laut<br />
(bzw. Phonem).<br />
• Silbenschrift – hier entspricht weitgehend ein<br />
Zeichen einer Silbe.<br />
• Logogramme – ein Zeichen steht hier in der Regel<br />
für ein Wort bzw. für eine Aussage oder<br />
Anweisung.
Hirnaktivierung während der phonologischen<br />
Analyse beim Lesen bei Probanden mit<br />
alphabetischer bzw. morphemischer Muttersprache<br />
Muttersprache englisch<br />
Phonologische Analyse<br />
englischer Wörter<br />
1 2<br />
3<br />
4<br />
Muttersprache chinesisch<br />
Phonologische Analyse<br />
chinesischer Schriftzeichen<br />
1/2<br />
3/4<br />
Phonologische Analyse<br />
englischer Wörter<br />
(Tan et al. 2003)
Anatomischen Differenzen zwischen Personen<br />
mit englischer bzw. chinesischer Schriftsprache<br />
Kochunov et al. 2003<br />
grün/blaue Regionen: bei englischer Schriftsprache größer<br />
rot/gelbe Regionen: bei chinesischer Schriftsprache größer<br />
weiße Kreuze: Zentren der funktionellen Hirnregionen
MENSCH –<br />
KIND –<br />
unterwegs zur Schriftsprache<br />
unterwegs zur Schriftsprache
Komponenten von<br />
Leseverständnis
• Leseverständnis gilt als höchstes Ziel <strong>des</strong><br />
Schriftsprachunterrichts<br />
• Entnahme von Information aus Texten<br />
• Entnahme von Information aus Texten<br />
(unter aktiver Bearbeitung derselben)
Vor vielen tausend Jahren lebten in Europa große behaarte Elefanten,<br />
die Mammuts. Gegen Ende der Eiszeit starben diese Tiere jedoch aus.<br />
Man weiß heute sehr genau wie sie aussahen, weil man einige<br />
Mammuts im Dauerfrostboden Sibiriens gefunden hat. Dort<br />
waren sie wie in einer Gefriertruhe eingefroren.<br />
Was steht im Text?<br />
O Einige Mammuts sind seit der Eiszeit im O Mammuts hatten<br />
Boden Sibiriens eingefroren. keine Haare<br />
O Mammuts wurden von den O Mammuts hatten<br />
Steinzeitmenschen gejagt. eine dicke Speckschicht.<br />
Beispiel aus ELFE 2-6
• Mangelhaftes Leseverständnis (Moats 2000)<br />
korreliert hoch mit...<br />
– eingeschränkten Bildungsabschlüssen<br />
– reduzierter Allgemeinbildung<br />
– eingeschränkten beruflichen Entwicklungs-<br />
– eingeschränkten beruflichen Entwicklungschancen<br />
und persönlicher Autonomie
• PISA Studie (Martin/Owen 2001):<br />
– Fähigkeit <strong>des</strong> „<strong>Lesens</strong>, um zu lernen“<br />
(Lerngewinn aus der Lektüre) bei 15jährigen<br />
– Kompetenzstufe 1: Einzelinformationen finden,<br />
Hauptthema finden, einfache Verbindung zu<br />
Alltagskenntnissen ziehen<br />
Stufe 0 Stufe 1<br />
OECD Schnitt 6% 12%<br />
Österreich 4% 10%<br />
Deutschland 7% 13%
Verlauf - Prognose<br />
• Bei Kindern mit Leseproblemen in der 2.<br />
Klasse: kaum Überwindung ohne spezielle<br />
Hilfe (Klicpera et al. 1993, Schneider et al.<br />
1997, Strehlow 1992)<br />
• Isolierte Leseprobleme in 2. Klasse<br />
(reduzierte Lesegeschwindigkeit)<br />
überwiegend bis zum Ende der<br />
Pflichtschulzeit beibehalten (Klicpera et al.<br />
1993)
HOHE Persistenz von Leseschwierigkeiten!
Wortde-<br />
Kodierung<br />
(techn. Lesen)<br />
Komponenten von<br />
Leseverständnis<br />
Sprachverständnis<br />
Inferenzbildung<br />
Metakognition<br />
Monitoring<br />
Vorwissen<br />
Vorerfahrung<br />
....
Gesprochene<br />
Sprache<br />
Phonem- Phonemeinheiten<br />
Phonolog.<br />
Lexikon<br />
Wortdekodierung<br />
indirekt<br />
Graphem-Phonem<br />
Umwandlung<br />
direkt<br />
Semantisches<br />
System<br />
Schrift<br />
Visuelle<br />
Analyse<br />
ALU<br />
Orthogr.<br />
Lexikon
2 Wege <strong>des</strong> <strong>Lesens</strong><br />
• Nicht strikt voneinander zu trennen<br />
• Für flüssiges Lesen gleichermaßen<br />
erforderlich<br />
• Kernproblem bei Kindern mit einer<br />
Lesestörung/Legasthenie (zumeist in<br />
Kombination mit einer<br />
Rechtschreibstörung)
Phonolog.<br />
Verarbeitung<br />
Wortdekodierung:<br />
direkt - indirekt<br />
Rasches<br />
Benennen<br />
Sprachwahrnehmung<br />
Leseverständnis<br />
Vis.<br />
Verarbeitung
„Probleme“ der<br />
Sprachwahrnehmung<br />
• Laute gehen ineinander über (keine Lücken<br />
oder Pausen), fließen ineinander<br />
• Laute verändern sich in verschiedenen<br />
Umgebungen: /ku:/ /ki:l/ Koartikulation,<br />
keine phonemische Invarianz<br />
• Lauterkennung erfordert eine sehr rasche<br />
Mustererkennung (13-15 Laute/sec)
Phonologische Bewusstheit I<br />
Silbentrennen Wie klatscht man bei dem Wort<br />
„Kindergarten“?<br />
Silbenzählen Wie oft kann man zu dem Wort<br />
„Limonade“ klatschen“<br />
Reime erkennen Reimen sich „Maus“ und<br />
„Haus“?<br />
Reime produzieren Was hört sich an/klingt wie<br />
„Brot“?<br />
Lautkategorisierung Welches Wort klingt am Ende<br />
anders als die anderen: „Saum-<br />
Baum-Laut-Raum“?
Phonologische Bewusstheit II<br />
Phonemsynthese Was bedeutet /ei/ /s/? Rate!<br />
Phonemanalyse Welche Laute hört man in dem<br />
Wort „rot“?<br />
Anlauterkennung Welchen Laut hört man am<br />
Anfang von „Mond“?<br />
Wortrestbenennung Was bleibt übrig wenn man den<br />
Anfangslaut von „Wal“<br />
weglässt?<br />
Phonemvertauschung Ersetze die ersten beiden Laute<br />
in „Löwe“!
Aufgrund der Qualität der<br />
phonologischen Verarbeitung im<br />
Vorschulalter lässt sich eine<br />
spätere LRS bei über 80% der<br />
Vorschulkinder prognostizieren!
Phonolog. Erkennung<br />
Periph. Hören<br />
Wortbedeutung<br />
phon. Repräsentation<br />
Lesen/<br />
Schreiben
• Beim Lesen werden Verknüpfungen<br />
zwischen geschriebener Information und<br />
Lauteinheiten der Sprache hergestellt.<br />
• Diese Lauteinheiten müssen dem Leser zur<br />
Verfügung stehen, um mit der<br />
orthographischen Repräsentation eines<br />
Worts verknüpft zu werden.
Multimodale Verknüpfung<br />
Aus Landerl, Wimmer & Moser 1997
Rasches Benennen<br />
• Geschwindigkeit <strong>des</strong> Zugangs zu<br />
phonologischen Repräsentationen<br />
• Phonologisches Rekodierung oder generell<br />
verlangsamte intermodale Assoziation?
Phonolog.<br />
Verarbeitung<br />
Wortdekodierung:<br />
direkt - indirekt<br />
Rasches<br />
Benennen<br />
Sprachwahrnehmung<br />
Leseverständnis<br />
Vis.<br />
Verarbeitung<br />
?<br />
Sprachverständnis<br />
Wortschatz<br />
Satz- und Textgrammatik
• Üblicherweise beginnt ein Kind den<br />
Schriftspracherwerb bereits mit hohen<br />
sprachlichen Kompetenzen:<br />
– Völlige Beherrschung <strong>des</strong> Lautsystems<br />
– Umfangreicher Wortschatz (aktiv 5000, passiv<br />
20000)<br />
– Weitgehend abgeschlossene Grammatik<br />
– Pragmatische Kompetenzen in der<br />
Konversation....
Der Zusammenhang zwischen einer<br />
Sprachentwicklungsstörung im<br />
Kindergartenalter und späterer<br />
Leseschwäche ist vielfach belegt:<br />
Beitchman, Wilson, Brownlie, Walters & Lancee 1997,<br />
Bishop & Adams 1990, Catts 1993, Menyuk et al. 1991,<br />
Naucler & Magnusson 1998, Silva, McGee & Williams 1987,<br />
Stark et al. 1984, Tallal, Curtiss & Kaplan 1989, Holzinger, Fellinger<br />
„Chancen für Besondere Lerner“.....
Catts, Fey, Tomblin, Zhang<br />
(2002)<br />
• Epidemiologische Studie (n=7218<br />
Kindergartenkinder)<br />
• Davon 642 sprachgestört (Screening)<br />
• Davon 328 an weiteren Untersuchungen<br />
teilgenommen (Kontrollgruppe n= 276)<br />
• Alle Kinder: monolingual Englisch, keine<br />
sensorischen, neurolog. Defizite
Leseschwäche bei vorausgegangener<br />
Sprachstörung im Kindergartenalter<br />
Lesestörung: (mind. 1 SD)<br />
2. Klasse 52,9%<br />
4. Klasse 48,1%<br />
Leseschwäche (< 25%)<br />
2. Klasse 69,7%<br />
4. Klasse 64,4%
Sprachliche<br />
Vorläufer:<br />
-Verzögerter Spracherwerb<br />
-Probleme mit Sprachlauten<br />
Reimen, Verwechslung von Leseverständnis-<br />
Klangähnlichen Wörtern,<br />
probleme<br />
Ausspracheschwierigkeiten,<br />
Wortfindung, verbales<br />
Gedächtnis...<br />
-Dysgrammatismus<br />
-nicht abgeschlossene DaZ
• Zusammenhang zwischen Schwere der<br />
Sprachstörung und der Ausprägung der<br />
Leseschwierigkeiten<br />
• Bei persistierenden Sprachproblemen im<br />
Schulalter stärkere Leseschwierigkeiten
Phonolog.<br />
Verarbeitung<br />
Wortdekodierung:<br />
direkt - indirekt<br />
Rasches<br />
Benennen<br />
Sprachwahrnehmung<br />
Leseverständnis<br />
Vis.<br />
Verarbeitung<br />
?<br />
Sprachverständnis<br />
Wortschatz<br />
Satz- und Textgrammatik
• Mangelhafte Lesefertigkeiten und somit<br />
meist eingeschränkte Leseerfahrungen<br />
wirken wiederum auf die Entwicklung der<br />
Sprache zurück, insbesondere den<br />
Wortschatz (Stanovich 1993)
Phonolog.<br />
Verarbeitung<br />
Wortdekodierung:<br />
direkt - indirekt<br />
Rasches<br />
Benennen<br />
Sprachwahrnehmung<br />
Leseverständnis<br />
Vis.<br />
Verarbeitung<br />
?<br />
Sprachverständnis<br />
Wortschatz<br />
Satz- und Textgrammatik
• Defiziten der sprachlichen Informationsverarbeitung<br />
auf Lautebene kommt<br />
entscheidende ursächliche Bedeutung für<br />
die Lesestörung zu. (Legasthenie:<br />
Sprachverarbeitungsstörung)<br />
• Sprachverständnis (Sprachwissen<br />
• Sprachverständnis (Sprachwissen<br />
lexikalisch und grammatisch) stellt eine<br />
weitere entscheidende Grundlage für das<br />
Leseverständnis dar.
Neurofunktionelle Korrelate<br />
„Legasthene“ Gehirne arbeiten<br />
anders !
• Unteraktivierung in hinteren<br />
Sprachregionen (Lautverarbeitung)<br />
• Überaktivierung in vorderen Spracharealen<br />
(Steuerung der Sprachproduktion)<br />
• Unteraktivierung im Bereich <strong>des</strong> Gyrus<br />
Angularis (Wortformverarbeitung)
Biological Psychiatry Volume 52, Issue 2, 15 July 2002, Pages 101-110<br />
Biological Psychiatry<br />
Biological Psychiatry<br />
Volume 52, Issue 2, 15 July 2002, Pages 101-110
Neuroanatomische Korrelate<br />
• Planum temporale rechtshemisphärisch<br />
größer als links (umgekehrte Assymmetrie)<br />
• linkshemisphärische Ektopien (bes. Gyrus<br />
Angularis und Sylvische Furche)
GENETIK der Lese-/Rechtschreibstörung<br />
• Wiederholungsrisiko für Geschwister:<br />
52-62%<br />
• Buben: 40% Wahrscheinlichkeit, wenn der Vater<br />
legasthen ist, 36% wenn die Mutter legasthen ist.<br />
• Mädchen: ca. 20 % wenn Elternteil legasthen ist<br />
(Gilger et al 1991)<br />
• Versuch der Lokalisierung von Genen:<br />
Chr. 6 Sprachverarbeitung, Chr. 15. visuell<br />
(weiters 1, 2, 18)
Komorbidität<br />
-gemeinsames Auftreten mit anderen<br />
Entwicklungsproblemen<br />
• Rechenschwierigkeiten<br />
– (Aster/Göbel 1990: ¾ der Kinder mit umschriebenen<br />
Rechenstörungen auch Lese-Rechtschreibsprobleme<br />
• Verzögerungen der motorischen Koordination<br />
– Wolff 1983: 50% der LRS-Kinder<br />
• Ca. 50% Sprachentwicklungsproblem<br />
• Ca. ¼ bis 1/3 der LRS Kinder:<br />
Aufmerksamkeitsstörungen<br />
• Emotionale und Verhaltensprobleme
Häufige Sekundärprobleme:<br />
• Fehleinschätzung (z.B. minderbegabt, faul,<br />
<strong>des</strong>interessiert, mangelhafte familiäre oder<br />
schulische Förderung...)<br />
• Chronische Überforderung<br />
• Generalisiertes Schulversagen<br />
• Psychische Sekundärstörungen<br />
• Soziale Folgen<br />
• Niedrige/fehlende Schulabschlüssen
16 year follow up in adults with<br />
reading disorder<br />
(Klein, Mannuzza 2000)<br />
• Emotionale Störungen 6% vs. 1% (KG)<br />
• Substanzmissbrauch 20% vs. 9%<br />
• Klassenwiederholung 66%<br />
• Generalisiertes Schulversagen (z.B. auch<br />
Mathematik) deutlich erhöht<br />
• Fehlender High School Abschluss 27% vs.<br />
4%<br />
• Manuelle Arbeit 49% vs. 23%
Esser (2000)<br />
• 43% der Achtjährigen und noch 34% der<br />
Achtzehnjährigen mit LRS:<br />
psychische Störungen (bes. soziale<br />
Verhaltensprobleme)
Esser (2000)<br />
• Suizidalität signifikant erhöht bei<br />
Achtzehnjährigen: 13,3% gegenüber 3,9%<br />
in Kontrollgruppe<br />
• Selten höhere Schulabschlüsse: nur 2%<br />
erreichen das Abitur ( % in<br />
Kontrollgruppe)
Esser (2000)<br />
• Im Alter von 25 Jahren sind 26% der<br />
Personen, die im Alter von 8 Jahren<br />
erstmals als Legastheniker diagnostiziert<br />
wurden, arbeitslos (4% in Kontrollgruppe)<br />
• Jugendliche mit LRS werden min<strong>des</strong>tens zu<br />
25% durch strafrechtlich relevante Delikte<br />
auffällig und strafrechtlich verurteilt.
Umfeldeinflüsse auf<br />
Lesefertigkeiten
Familie<br />
Psych. Faktoren<br />
Phonolog.<br />
Verarbeitung<br />
Wortdekodierung:<br />
direkt - indirekt<br />
Rasches<br />
Benennen<br />
Sprachwahrnehmung<br />
Leseverständnis<br />
Vis.<br />
Verarbeitung<br />
?<br />
Sprachverständnis<br />
Wortschatz<br />
Schule<br />
Satz- und Textgrammatik
• Familiäre Faktoren:<br />
Bildungsfaktoren<br />
– Soziale Schichtzugehörigkeit (White 1982)<br />
– Bildungsniveau der Eltern<br />
– Unterstützung durch Eltern in schulischen Belangen<br />
(Marjoribanks 1979), Lesehäufigkeit<br />
– Medienkonsum (Klicpera & Gasteiger-Klicpera 1993)<br />
• Schulische Faktoren<br />
– Methodik <strong>des</strong> Erstleseunterrichts, Individualisierte<br />
Maßnahmen, Klassengröße etc.
Intervention
Biological Psychiatry<br />
Volume 55, Issue 9, 1 May 2004, Pages 926-933<br />
Biological Psychiatry Volume 55, Issue 9, 1 May 2004, Pages 926-933
Biological Psychiatry Volume 55, Issue 9, 1 May 2004, Pages 926-933
Ableitungen für<br />
Interventionsmaßnahmen<br />
• 1. Prävention<br />
• 2. Fördermaßnahmen<br />
• 3. Schulrechtliche Hilfen
1. Prävention<br />
• Früherkennung und Frühe Förderung im<br />
Kindergarten<br />
– Bielefelder Screening Verfahren (Jansen et al.<br />
1999)<br />
– Würzburger Trainingsprogramm „Hören-<br />
Lauschen-Lernen I u. II (Küspert 1998, Roth<br />
1999, Plume & Schneider 2004) incl.<br />
Buchstabe-Laut Training
• Frühe Sprachscreenings (z.B. im Rahmen<br />
von Mutter-Kind-Pass Untersuchungen) und<br />
frühe Sprachförderung (z.B. durch<br />
Elterntrainings)
• Früherkennung in der Grundschule vor<br />
Weihnachten <strong>des</strong> 1. Schuljahres und frühe<br />
Intervention<br />
– Z.B. Wiener Früherkennungstest (WFT<br />
Klicpera et al.)<br />
• Phonologische Verarbeitung<br />
• Lesen von Wörtern und Nichtwörtern<br />
• Lauttreues Schreiben von Wörtern und Nichtwörtern
2. Förderung<br />
Grundsätze<br />
• Fördermaßnahmen (Übungsbehandlung) <strong>des</strong><br />
<strong>Lesens</strong> verbessern die Leseleistungen signifikant,<br />
führen jedoch allermeist nicht zu einem Erreichen<br />
der Altersnorm.<br />
• Präventive Programme und qualifizierter<br />
Erstleseunterricht haben nachgewiesene Wirkung,<br />
können jedoch eine Legasthenie nicht völlig<br />
verhindern.<br />
• Bisher gibt es kein in jedem Einzelfall wirksames<br />
Therapie- oder Übungsverfahren.
• Die Übungsbehandlung sollte möglichst früh<br />
eingeleitet werden (Kindergarten und erste<br />
Klasse)<br />
• Konsequente, regelmäßige und anhaltende<br />
Förderung (in der Regel 1-2 Jahre) ist<br />
erforderlich unter Vernetzung von Schule,<br />
Familie (und Therapie).
• Entscheidend ist ein Einüben <strong>des</strong> <strong>Lesens</strong><br />
selbst unter Einbeziehung phonologischer<br />
Prinzipien (Zergliedern von Wörtern in<br />
Silben, phonologische Analyseübungen,<br />
systematischer Unterricht von Buchstaben-<br />
Laut Verbindungen, Lautsynthese, silbisches<br />
Lesen...)
• Förderung/Therapie von<br />
Teilleistungsfunktionen (auditive<br />
Verarbeitung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit,<br />
Visuomotorik, Raumlage...) unabhängig<br />
vom Lesevorgang ist nicht effektiv (z.B.<br />
Amorosa et al. 1994, Suchodoletz)
• Förderung <strong>des</strong> Leseverständnisses:<br />
Wortschatz, Syntax, Aktivierung von<br />
Hintergrundwissen, Fragen an den Text,<br />
Zusammenfassungen...
Begleitende Behandlung<br />
• Behandlung von Begleitstörungen (z.B.<br />
ADHS)<br />
• Behandlung von Störungen <strong>des</strong> Sehens und<br />
Hörens<br />
• Unterstützung <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> in der<br />
psychischen Bewältigung der LRS.
3. Schulrechtliche Regelungen:<br />
volle Entfaltung <strong>des</strong><br />
Bildungspotentials<br />
• Legasthenie Erlässe: „Nachteilsausgleich“<br />
– Leistungsbeurteilung (Standards, mündliche<br />
Alternativen)<br />
– Zugang zu höherer Bildung<br />
– Zeitzuschläge<br />
– Technische Hilfsmittel...
Chancen für besondere Leser!