Ausgabe 2/06 - Stuttgart
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Schoefer: Oft ist es bei einem<br />
Regionalflughafen im ländlichen<br />
Raum ja auch so, dass schon in der<br />
nächsten Großstadt ein internationaler<br />
Verkehrsflughafen liegt. Da<br />
bleiben nur ganz schmale<br />
Entwicklungsmöglichkeiten. Oder<br />
aber man muss abfischen, sich<br />
einen Markt kaufen. Aber wer zahlt<br />
das wieder? Ich kenne in Deutschland<br />
keinen einzigen Fall, wo so<br />
etwas rein privatwirtschaftlich<br />
finanziert worden wäre. Selbst am<br />
Flughafen Frankfurt-Hahn, der ja<br />
mit seinen Passagierzahlen eine<br />
Erfolgsgeschichte geschrieben hat,<br />
sieht es auf den zweiten Blick<br />
schon anders aus: Dort schreibt<br />
man bis heute keine schwarzen<br />
Zahlen, die Defizite werden von der<br />
Muttergesellschaft Fraport und<br />
zum Teil aus der öffentlichen Hand<br />
getragen. Insofern ist das bekannte<br />
Beispiel Hahn bis heute finanziell<br />
keine Erfolgsgeschichte.<br />
Fundel: Eine so enge Symbiose<br />
zwischen einem Flughafen und<br />
einer Airline wie in Hahn mit<br />
Ryanair halte ich zudem für gar<br />
nicht erstrebenswert. Ich glaube an<br />
die alte Regel der Banken: Vermeide<br />
Klumpen-Risiken! In <strong>Stuttgart</strong><br />
setzen wir darauf, breit aufgestellt<br />
zu sein, wir haben lieber vier<br />
oder fünf starke Airlines als nur<br />
eine.<br />
Flugblatt: Ist schon einmal ein<br />
Regionalflughafen wieder pleite<br />
gegangen und musste schließen?<br />
Schoefer: Immer wieder gehen<br />
Betreibergesellschaften in Konkurs,<br />
dann wird verkauft, wie<br />
jüngst in Lahr oder Parchim.<br />
Fundel: Aber Schließungen gab es<br />
bislang keine. Das ist übrigens<br />
rechtlich eine hoch spannende<br />
Frage, die im Luftverkehrsgesetz<br />
bislang gar nicht vorgesehen ist.<br />
Man sieht das jetzt am Beispiel<br />
Berlin-Tempelhof: Sobald einmal<br />
eine Betriebsgenehmigung erteilt<br />
wurde, herrscht auch Betriebspflicht<br />
– das bedeutet, dass bei<br />
einer Schließung möglicherweise<br />
Entschädigungen fällig werden an<br />
potenzielle Nutzer des Airports.<br />
Dazu gibt es derzeit noch keine<br />
Rechtsprechung.<br />
Flugblatt: Ist es überhaupt möglich,<br />
Luftverkehr gerecht zu verteilen,<br />
beispielsweise durch politische<br />
Entscheidungen?<br />
Schoefer: Nein. Auch wenn das<br />
eine in der Politik beliebte Vorstellung<br />
ist.<br />
Fundel: Die Airline und der<br />
Reiseveranstalter entscheiden, wo<br />
sie starten und landen wollen. Und<br />
dabei richten sie sich nach der<br />
Nachfrage, sie gehen dorthin, wo<br />
ein Markt ist, wo Kundschaft ist.<br />
Diese unternehmerische Entscheidung<br />
kann Politik nicht beeinflussen.<br />
So etwas geht wenn, dann nur<br />
mit Geld. Wie in Österreich: Die<br />
Region Salzburg wollte eben, dass<br />
Ryanair dort fliegt.<br />
Flugblatt: Aber der Kunde entscheidet<br />
ja auch mit. Weiß man,<br />
wie weit Menschen bereit sind zu<br />
fahren, wenn sie anderswo einen<br />
billigeren Flug kriegen?<br />
Fundel: Wenn’s billig ist, fahren<br />
manche um die halbe Welt. Bei uns<br />
reisen Passagiere aus München,<br />
aus Österreich, dem Elsass und der<br />
Pfalz an. Wobei es neben solchen<br />
preisempfindlichen Kunden eben<br />
auch die zeitempfindlichen gibt,<br />
denen der kurze Weg zum Flughafen<br />
wichtiger ist.<br />
Schoefer: Und andere achten auf<br />
einen preisgünstigen Parkplatz<br />
oder die Servicequalität. Allgemein<br />
sagt man, dass jeder innerhalb von<br />
90 Minuten einen Flughafen erreichen<br />
kann. In Deutschland sogar<br />
meist mehrere. Wir sind in<br />
Deutschland und gerade auch in<br />
Baden-Württemberg so gut versorgt<br />
mit Flughäfen, dass weitere<br />
Angebote derzeit nicht gebraucht<br />
werden. Viele Schwache machen<br />
noch keinen Starken, aber viele<br />
Schwache können verhindern,<br />
dass Starke entstehen. Das wäre<br />
eine fatale Entwicklung.