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Heizen und Kühlen mit Beton, Tagungsband Expertenforum - Lafarge

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<strong>Expertenforum</strong><br />

<strong>Beton</strong><br />

<strong>Heizen</strong> + <strong>Kühlen</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>Beton</strong><br />

Klimawandel fordert<br />

Baukonzepte


Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren!<br />

Foto: Fischer<br />

Energie, in all ihren Facetten <strong>und</strong> Ursprungsformen,<br />

bestimmt zurzeit unsere Gespräche am Stammtisch,<br />

die nationale <strong>und</strong> internationale Medienlandschaft <strong>und</strong><br />

natürlich auch uns, die politischen Entscheidungsträger.<br />

Als Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz sehe<br />

ich die Auseinandersetzung <strong>mit</strong> diesem gesellschaftspolitischen<br />

Thema als Chance, alle vorhandenen<br />

Ressourcen zu bündeln, um gemeinsam ein Energieeff<br />

zienzzentrum in Graz zu entwickeln <strong>und</strong> über die<br />

Stadtgrenzen hinaus effektiv zu nutzen.<br />

In Graz können wir eine Energiewende herbeiführen, davon bin ich überzeugt. Mit konkreten<br />

nachhaltigen Projekten wie etwa einer optimalen Wärmedämmung, Solarenergie <strong>und</strong><br />

Photovoltaik, Wind, Wasserkraft <strong>und</strong> Erdwärme. Graz hat 2.000 Sonnenst<strong>und</strong>en im Jahr,<br />

so könnte die Stadt energiepolitisch unabhängiger werden. R<strong>und</strong> 10 Millionen Quadratmeter<br />

Dachf äche gibt es in der Murmetropole. Wenn wir nur 30 Prozent dieser Fläche für<br />

Solarenergie- <strong>und</strong> Photovoltaik-Projekte nutzen würden, hätte dies die Dimension eines<br />

Kraftwerks in der Größenordnung von Voitsberg.<br />

Als Bürgermeister ist es meine Aufgabe vorauszudenken <strong>und</strong> gesellschaftspolitische<br />

Anstöße zu geben. Wir können eine Wende schaffen, ich bin überzeugt in den nächsten<br />

Jahren <strong>mit</strong> alternativen Ideen zum Themenkomplex Energie zu punkten.<br />

Mag. Siegfried Nagl<br />

Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz


Inhalt<br />

Energieeffi zientes Bauen in Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft ...........................................................................3<br />

LR Ing. Manfred WEGSCHEIDER<br />

Das Land Steiermark<br />

Klimabedingte Änderungen des Heiz- <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>ergiebedarfs für Österreich .................................6<br />

Mag. Dr. Franz PRETTENTHALER MLitt<br />

Joanneum Research, Graz<br />

Klimadesign als zentrale Planungsdisziplin ........................................................................................12<br />

Univ.-Prof. Brian CODY BSc (Eng) Hons CEng MCIBSE<br />

Vorstand des Instituts für Gebäude <strong>und</strong> Energie, TU Graz<br />

Innovative Systeme der Erdwärmenutzung – regenerative Energie aus dem Untergr<strong>und</strong> .............13<br />

Univ.-Doz. DI Dr. techn. Dietmar ADAM<br />

Geotechnik Adam ZT GmbH, Brunn am Gebirge<br />

Wärmepumpen – rechtliche Erfordernisse ..........................................................................................20<br />

Mag. Dr. Michael FERSTL<br />

Amt der Steiermärkischen Landesregierung, FA 19A Wasserwirtschaftliche Planung, Graz<br />

<strong>Beton</strong> als Speichermasse – Konzepte für Energieoptimierung <strong>und</strong> Behaglichkeit .........................25<br />

Arch. DI Ernst GISELBRECHT<br />

Ernst Giselbrecht + Partner architektur zt gmbh, Graz<br />

Schnittstelle <strong>Beton</strong> <strong>und</strong> Kühltechnik – von der Baustellenkoordination<br />

bis zur Gewährleistung ..........................................................................................................................28<br />

DI Dr. techn. Gernot TILZ<br />

REHAU Gesellschaft m.b.H., Guntramsdorf<br />

Schnittstelle <strong>Beton</strong> <strong>und</strong> Akustik – schalltechnische Optimierung thermisch genutzter Decken ...31<br />

Ing. Manfred BULLA<br />

Saint-Gobain Ecophon, Leibnitz<br />

<strong>Beton</strong>fertigteile liefern Heiz- <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>ergie – die neue Trepka-Zentrale ......................................34<br />

Bmstr. DI (FH) Robert KAMLEITNER<br />

Alfred Trepka GmbH, Obergrafendorf, www.trepka.at<br />

Nutzung speicherwirksamer Massen zum <strong>Heizen</strong> von Billa-Filialen .................................................38<br />

Ing. Markus KNAR, BSc.<br />

ERNST Haustechnik GesmbH. & Co KG, Olbendorf<br />

Visionen werden wahr: ENERGYbase – eine sonnige Bürozukunft ..................................................42<br />

DI Tim SELKEarsenal research, Wien<br />

Medieninhaber <strong>und</strong> Herausgeber:<br />

Zement + <strong>Beton</strong> Handels- <strong>und</strong> Werbeges.m.b.H. im Auftrag der Österreichischen Zementindustrie<br />

A-1030 Wien | Reisnerstraße 53 | T: 01/714 66 85 0 | F: 01/714 66 85 26<br />

zement@zement-beton.co.at | www.zement.at<br />

Druck: simply more printing | 1130 Wien<br />

Jänner 2009<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

1


Energieeffi zientes Bauen in Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft<br />

LR Ing. Manfred WEGSCHEIDER<br />

Das Land Steiermark<br />

Die Art <strong>und</strong> Weise, wie<br />

Gebäude jetzt errichtet werden,<br />

bestimmt deren Energiebedarf<br />

über einen langen<br />

Zeitraum: Die Planung wirkt<br />

über die gesamte Lebensdauer<br />

nach, die Ausführung<br />

der Gebäudehülle lässt sich<br />

später nur <strong>mit</strong> großem Aufwand<br />

verbessern. Auch bei der Haustechnik lässt<br />

die Planung im Allgemeinen Verbesserungen nur<br />

durch den nachträglichen Einbau von energieeff<br />

zienteren Komponenten zu; eine Nachbesserung<br />

des Energieversorgungskonzepts scheitert<br />

meist an Platz- oder konstruktiven Gründen, so<br />

können zum Beispiel fortschrittliche Speichersysteme<br />

häuf g nicht nachträglich installiert werden,<br />

ebenso wie Lüftungsanlagen <strong>mit</strong> Wärmerückgewinnung.<br />

Die derzeitige Bauweise wird maßgeblich von den<br />

baurechtlichen Anforderungen der B<strong>und</strong>esländer<br />

sowie – bei Wohngebäuden – von den Bestimmungen<br />

der Wohnbauförderung beeinf usst,<br />

welche wiederum die nationale Energie- <strong>und</strong> Klimapolitik<br />

<strong>und</strong> die Forderungen der Europäischen<br />

Union hinsichtlich Klimaschutz <strong>und</strong> Energieeff zienz<br />

widerspiegeln:<br />

Hier liegt der Schwerpunkt derzeit bei einer –<br />

im europäischen Kontext gesehen - durchaus<br />

fortschrittlichen Regelung insbes. bei der Wohnbauförderung<br />

im Bereich des Heizwärmebedarfs;<br />

im Mehrfamilienhaus-Wohnbau liegt beispielsweise<br />

der spezif sche Heizwärmebedarf beim<br />

Referenzklima (HWBBGF,ref) schon jetzt bei etwa<br />

44 kWh pro m² <strong>und</strong> Jahr, für Eigenheime bei r<strong>und</strong><br />

52 kWh/m².a. Dieser Gebäude-Nutzenergiebedarf<br />

berücksichtigt allerdings die Verluste der Heizung<br />

<strong>und</strong> Warmwasserbereitung noch nicht.<br />

In Folge ist die derzeitige Baupraxis bereits auf<br />

einen guten Wärmedämm-Standard bei Außen-<br />

bauteilen <strong>und</strong> auch schon auf kompaktere Bauweise<br />

– d. h. ein günstiges Verhältnis von wärmeabgebender<br />

Oberf äche zu Volumen – eingestellt,<br />

wozu auch die vorgeschriebene Verpf ichtung zur<br />

Erstellung von Energieausweisen für Neubauten<br />

beigetragen hat (seit vorigem Jahr im Baurecht<br />

gesetzlich verankert, zuvor schon seit vielen Jahren<br />

für geförderte Wohnbauten verpf ichtend).<br />

Auch dem Aspekt der Luftdichtheit wird zunehmend<br />

mehr Aufmerksamkeit geschenkt, <strong>und</strong><br />

auch die solare Warmwasserversorgung gehört<br />

bereits durchaus zum Standard. Noch immer aber<br />

ist die sequenzielle Planung von Bau <strong>und</strong> zugehöriger<br />

Haustechnik traditionell stark verankert,<br />

d. h. zuerst wird das Gebäude fertig geplant <strong>und</strong><br />

anschließend der Heizungsbauer <strong>und</strong> ggf. der<br />

Lüftungstechniker hinzugezogen; da<strong>mit</strong> werden<br />

aber häuf g fortschrittliche Lösungen verhindert,<br />

wie z. B. die Bauteilaktivierung (s. u.).<br />

Zukünftig wird eine weitere Senkung des durchschnittlichen<br />

Energiebedarfs bei Neubauten<br />

eine integrale Planung notwendig machen: D. h.<br />

bereits bei der Planung des Baukörpers muss die<br />

Haustechnik – z. B. in puncto Platzbedarf <strong>und</strong><br />

Einbaumöglichkeit - <strong>mit</strong> berücksichtigt <strong>und</strong> auf das<br />

konkrete Bauvorhaben abgestimmt werden. Als<br />

Beispiel sei hier die Bauteilaktivierung angeführt,<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

3


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

4<br />

wo die Wärmespeicherfähigkeit von massiven<br />

Bauteilen (z. B. Zwischendecken) sowohl bei der<br />

Nutzung der Sonnenenergie für Heizzwecke eine<br />

durchaus wirtschaftliche Alternative zu Pufferspeichern<br />

darstellt als auch gleichermaßen zur<br />

Kühlung (von Gebäuden <strong>mit</strong> entsprechendem<br />

Kühlbedarf) dienen kann.<br />

Ein anderes, geradezu simples Beispiel gibt<br />

es auch bei den dzt. überwiegend installierten<br />

Niedertemperatur-Heizsystemen, wie sie nicht nur<br />

bei Wärmepumpen nötig sind: Hier muss seit dem<br />

Vorjahr bei der Installation von Fußboden- oder<br />

Wandheizsystemen in Außenbauteilen die Wärmedämmung<br />

wesentlich höhere Anforderungen<br />

erfüllen, um nicht zusätzliche Verluste durch die<br />

stärker aufgeheizte Wand bzw. den Boden zu produzieren:<br />

In der Praxis ist es zu einem späteren<br />

Planungszeitpunkt kaum mehr möglich, die nötige<br />

Dämmstärke bei einem Kellerdeckenaufbau unterzubringen,<br />

ohne die Mindesthöhe des Kellers<br />

zu unterschreiten.<br />

Ein weiterer Nachteil der zurzeit noch allzu verbreiteten<br />

sequenziellen Planung ist das Faktum,<br />

dass da<strong>mit</strong> eine Lebenszykluskostenbetrachtung<br />

gar nicht angestellt werden kann: Wie eingangs<br />

erwähnt, beeinf ussen die Planung <strong>und</strong> Ausführung<br />

eines neu errichteten Gebäudes inkl. der darin<br />

verbauten Komponenten über die jeweilige (hohe)<br />

Lebensdauer den Energieverbrauch <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die<br />

laufenden Kosten, welche die Errichtungskosten<br />

bei Weitem übersteigen. Bei einer Lebenszykluskostenbetrachtung<br />

kann bzw. wird meist ein auf<br />

niedrigen Energieverbrauch konzipierter Neubau<br />

trotz höherer Investitionskosten in Summe preisgünstiger<br />

kommen als ein nach (noch) üblichem<br />

Standard gebautes Objekt. Voraussetzung dafür<br />

ist aber eine gesamthafte (integrale) Planung, zu<br />

der als wesentlicher Bestandteil auch die aktive<br />

<strong>und</strong> passive Nutzung der Sonnenenergie sowie die<br />

Vermeidung der sommerlichen Überwärmung (bei<br />

Wohnbauten vom Baugesetz gefordert) bzw. die<br />

Verringerung von <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf bei Nichtwohngebäuden<br />

zählen.<br />

In naher Zukunft wird einerseits zur Erfüllung<br />

noch strengerer Vorschriften beim Energiebedarf,<br />

andererseits aber auch aus wirtschaftlichen<br />

Gründen der Schwerpunkt der Weiterentwicklung<br />

energiesparender Gebäudekomponenten nicht –<br />

wie bisher – vorwiegend bei der Gebäudehülle,<br />

sondern bei der Haustechnik liegen; dies deshalb,<br />

da wesentliche Einsparmöglichkeiten durch<br />

verbesserte Wärmedämmeigenschaften von<br />

Bauteilen naturgemäß nur mehr in begrenztem<br />

Ausmaß möglich sein werden: Natürlich ist zukünftig<br />

bei der Verglasung <strong>mit</strong> noch niedrigeren<br />

Wärmedurchgangskoeff zienten zu rechnen, <strong>und</strong><br />

auch der Wärmedurchgang von Wänden <strong>und</strong><br />

Decken kann noch verringert werden. Hier ist<br />

aber nicht mehr jenes Verbesserungspotenzial


wie in den vergangenen Jahrzehnten vorhanden,<br />

<strong>und</strong> man muss sich vor Augen führen, dass bei<br />

großvolumigen Neubauten der Wärmeverlust<br />

durch die Lüftung bereits jetzt mehr ausmacht<br />

als jener Wärmeverlust, welcher aus dem Wärmedurchgang<br />

durch die Außenbauteile resultiert.<br />

Nochmals größer sind im Wohnungsneubau die<br />

Verluste bei Heizung <strong>und</strong> Warmwasserbereitung!<br />

Als logische Folge wird daher die kontrollierte<br />

Be- <strong>und</strong> Entlüftung <strong>mit</strong> Wärmerückgewinnung in<br />

allernächster Zukunft ebenso zum Standard gehören<br />

wie die Nutzung der Sonnenenergie – <strong>und</strong><br />

der Eff zienz der Warmwasserbereitung wird die<br />

gleiche Aufmerksamkeit zu widmen sein wie jener<br />

der Beheizung.<br />

Das Land Steiermark forciert diese Entwicklung<br />

in fachlicher Hinsicht <strong>mit</strong> seinen Energieberatungsstellen<br />

<strong>und</strong> f nanziell <strong>mit</strong> entsprechenden<br />

Förderinstrumenten. Die besonders erfreulichen<br />

Zuwachsraten in den letzten Jahren sowohl bei<br />

der Anzahl der Beratungen als auch bei der<br />

eff zienten Nutzung erneuerbarer Energieträger<br />

sprechen hier für sich <strong>und</strong> untermauern die Wichtigkeit<br />

dieser Entwicklung.<br />

Als zuständiger Landesrat für erneuerbare Energie<br />

wünsche ich in diesem Sinne der Veranstaltung<br />

einen erfolgreichen Verlauf <strong>und</strong> freue mich<br />

auf interessante Beiträge.<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

5


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

6<br />

Klimabedingte Änderungen des Heiz- <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>ergiebedarfs<br />

für Österreich<br />

Mag. Dr. Franz PRETTENTHALER MLitt<br />

Joanneum Research, Graz<br />

1 Entwicklung des energetischen<br />

Endverbrauchs für Raumwärme,<br />

Klimaanlagen <strong>und</strong> Warmwasser<br />

in Österreich<br />

Obwohl vielfach der Eindruck entsteht, dass der<br />

energetische Endverbrauch im Gebäudesektor<br />

abnimmt (Altbausanierungen, Niedrigenergiebauweise<br />

etc.), genügt ein Blick in die Energiestatistik,<br />

um Gegenteiliges festzustellen. Den<br />

Maßnahmen zur Steigerung der Energieeff zienz<br />

im Gebäudebereich wirkt im Wesentlichen der<br />

Trend zu mehr <strong>und</strong> größeren Wohnungen entgegen.<br />

Die Anzahl der Hauptwohnsitze erhöhte sich<br />

in Österreich zwischen 1990 <strong>und</strong> 2003 um zwölf<br />

Prozent, die durchschnittliche Wohnungsgröße<br />

stieg zwischen 1990 <strong>und</strong> 2003 um 23 Prozent<br />

(Statistik Austria, in: Gugele et al. 2005).<br />

Insgesamt stieg der energetische Endverbrauch<br />

seit 1995 deutlich an. Eine Bereinigung der ausgewiesenen<br />

Werte der Statistik Austria um den<br />

Heizgradtag(HGT)-Index der ZAMG zeigt allerdings<br />

zumindest in den letzten Jahren eine leichte<br />

Trendwende (Abbildung 1). Es scheint allerdings<br />

zu früh, um von einem langfristigen Trend zu<br />

sprechen.<br />

Für eine nähere Untersuchung des Wetter- <strong>und</strong><br />

Klimaeinf usses auf den Heiz- <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf<br />

sind die in Abbildung 1 dargestellten<br />

Daten nur bedingt tauglich, weil eine weitere<br />

Aufgliederung der Jahresreihen in die Nutzungs-<br />

Abbildung 1: Energetischer Endverbrauch für Raumwärme, Klimaanlagen <strong>und</strong> Warmwasser in Österreich<br />

Quelle: Datenquelle: Statistik Austria, ZAMG.


ereiche Raumwärme, Warmwasser <strong>und</strong> Klimaanlagen<br />

nach derzeitigem Datenstand bei der<br />

Statistik Austria nicht möglich ist. Gerade für die<br />

Klimafolgenforschung ist es aber notwendig, die<br />

unterschiedlichen Temperatursensitivitäten der<br />

Nutzungsbereiche zu kennen.<br />

2 Derzeitiger <strong>Heizen</strong>ergiebedarf<br />

Der aggregierte <strong>Heizen</strong>ergiebedarf wird von einer<br />

Vielzahl von Faktoren bestimmt. Insgesamt ist zu<br />

beobachten, dass der spezif sche <strong>Heizen</strong>ergiebedarf<br />

zwischen den einzelnen Gebäuden in hohem<br />

Maße variiert. Gebäude <strong>mit</strong> besonders gutem<br />

thermischen Standard (Passivhaus-Standard)<br />

benötigen dabei <strong>mit</strong>unter um einen Faktor 20 weniger<br />

<strong>Heizen</strong>ergiebedarf als schlecht gedämmte<br />

Gebäude. Neben dem klimatischen Einf uss auf<br />

die einzelnen Wohnungsstandorte spielen charakteristischerweise<br />

Kriterien wie Gebäudealter,<br />

Gebäudetyp <strong>und</strong> Beheizungsart eine Rolle.<br />

Abbildung 2 fasst die Unterschiede zwischen<br />

den einzelnen Baualtersklassen für die einzelnen<br />

Gebäudetypen zusammen, wobei berücksichtigt<br />

werden muss, dass in den letzten Jahren errichtete<br />

Gebäude in dieser Klassif zierung noch nicht<br />

ausgewiesen sind.<br />

Insgesamt ist festzustellen, dass es <strong>mit</strong> einer<br />

ersten theoretischen Darstellung des österreichischen<br />

Gebäudebestandes noch nicht möglich<br />

ist, konkrete Aussagen über dessen Temperatursensitivität<br />

zu treffen sowie den Einf uss von<br />

Sanierungsmaßnahmen beziehungsweise von<br />

Bestandsänderungen zu beurteilen.<br />

3 Derzeitiger <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf<br />

Im Gegensatz zum Energieeinsatz für Raumwärme<br />

gibt es derzeit keine statistischen Aufzeichnungen<br />

bezüglich des <strong>Kühlen</strong>ergieeinsatzes in<br />

Österreich sowie kaum österreichspezif sche<br />

Literatur zu diesem Thema. Wichtig ist es, eine<br />

Abgrenzung darüber zu geben, was in der Folge<br />

unter <strong>Kühlen</strong>ergie verstanden wird. Auch wenn<br />

aufgr<strong>und</strong> der Datenlage nicht immer eine exakte<br />

Abgrenzung möglich ist, erfolgt eine Konzentration<br />

auf den Bereich Raumkühlung. Dies bedeutet,<br />

dass einerseits nur der Gebäudesektor betrachtet<br />

Abbildung 2: Raumheizungskennzahlen (nutzenergiebezogen) nach Baualter <strong>und</strong> Gebäudetyp<br />

Quelle: Jungmeier et al. 1996<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

7


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

8<br />

wird, während die Transportkühlung bzw. die Kühlung<br />

von Lebens<strong>mit</strong>teln ausgeklammert werden.<br />

Andererseits ist die Raumkühlung wiederum nur<br />

ein Teilbereich der Klimatisierung, weil Klimaanlagen<br />

neben dem <strong>Kühlen</strong> auch eine Lüftungs-<br />

Heiz-, Befeuchtungs- <strong>und</strong> Entfeuchtungsfunktion<br />

aufweisen.<br />

3.1 Internationale Erfahrungen<br />

Europaweit bzw. OECD-weit sind verschiedene<br />

Untersuchungen zum Elektrizitätsverbrauch für<br />

die Klimatisierung von Wohn- <strong>und</strong> Nichtwohnbauten<br />

vorhanden, die Hinweise über den künftigen<br />

Klimatisierungstrend in Österreich geben<br />

können.<br />

In Studien <strong>mit</strong> Ländervergleich wird vielfach<br />

betont, dass zwischen den Ländern direkt vergleichbare<br />

Angaben kaum möglich sind. Vor allem<br />

bei Prognosen muss man davon ausgehen, dass<br />

Ergebnisse <strong>und</strong> Zusammenhänge aus anderen,<br />

Tabelle 1: Austattungsgrad <strong>mit</strong> Klimaanlagen<br />

Quelle: Centre for Energy Studies 2003, in: Waide 2004.<br />

Abbildung 3: <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf von Klimaanlagen in den EU-15: BAU-Projektion<br />

Quelle: Adnot et al. 2003<br />

vor allem aus nichteuropäischen Ländern nicht<br />

unbesehen übernommen werden können, da<br />

Bauweisen, Heiz- <strong>und</strong> Kältetechnologien, Einstellungen<br />

<strong>und</strong> Verhaltensweisen nicht un<strong>mit</strong>telbar<br />

übertragbar sind. Tabelle 1 illustriert beispielsweise<br />

die unterschiedlichen Ausstattungsgrade <strong>mit</strong><br />

Klimaanlagen in den USA, Japan <strong>und</strong> Europa,<br />

wobei innerhalb der EU wiederum ein deutlicher<br />

Unterschied zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten<br />

besteht:<br />

Einigkeit herrscht in der Literatur darüber, dass für<br />

Europa ein mehr oder weniger starker Zuwachs<br />

der klimatisierten Fläche <strong>und</strong> des Elektrizitätsverbrauchs<br />

für die Klimatisierung im Nichtwohn- <strong>und</strong><br />

Wohnbereich zu erwarten ist. Obwohl deutliche<br />

Eff zienzsteigerungen für möglich gehalten<br />

werden, können diese die hohen Zuwachsraten<br />

derzeit nicht kompensieren (siehe Abbildung 3).<br />

Die in Abbildung 3 dargestellte Projektion zeigt<br />

den in einer europaweiten Studie errechneten<br />

Bereich USA Japan Europa<br />

Haushalte 65 % 85% 5 %<br />

Dienstleistungssektor 80 % 100 % 27 %


<strong>Kühlen</strong>ergiebedarf der einzelnen Klimagerätetypen<br />

sowie im Vergleich dazu deren <strong>Heizen</strong>ergiebedarf<br />

zwischen 1990 <strong>und</strong> 2020. Sowohl<br />

für zent rale als auch dezentrale Klimaanlagen<br />

werden weitere Zuwachsraten erwartet, wobei<br />

insgesamt große Unterschiede zwischen den einzelnen<br />

Ländern gegeben sind. Deutlich über dem<br />

EU-Schnitt von 4 % pro Jahr in der Periode 2000<br />

bis 2020 liegen dabei südliche Länder wie Portugal<br />

(8 % p. a.), Griechenland (6 % p. a.), aber<br />

auch Länder wie Dänemark (7 % p. a.), Deutschland<br />

(6 % p. a.) <strong>und</strong> Frankreich (5 % p. a.). Selbst<br />

wenn letztere Länder von einem niedrigeren<br />

Pro-Kopf-Niveau ausgehen wie etwa Spanien,<br />

Italien oder Griechenland, zeigt sich deutlich,<br />

dass Diskussionen r<strong>und</strong> um das Thema Kühlung<br />

<strong>und</strong> Klimatisierung keinesfalls nur auf Südeuropa<br />

reduziert werden dürfen.<br />

3.2 Österreich<br />

Dem steigenden Energiebedarf für Raumkühlung<br />

wird auch in Österreich in den letzten Jahren<br />

vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Insbesondere<br />

wenn über die Auswirkungen von sommerlichen<br />

Hitzeperioden berichtet wird, f nden<br />

sich Meldungen darüber in den österreichischen<br />

Medien. Konkrete Einschätzungen des <strong>Kühlen</strong>ergiebedarfes<br />

erfolgten bisher in drei Studien, deren<br />

Ergebnisse an dieser Stelle kurz zusammengefasst<br />

werden.<br />

In der bereits erwähnten EU-Studie f nden sich<br />

auch Projektionen für Österreich. Demzufolge<br />

betrug der in Österreich im Jahr 2005 für Kühlzwecke<br />

im gesamten Gebäudebereich benötigte<br />

Energieeinsatz 549 Gigawattst<strong>und</strong>en bei einer<br />

insgesamt gekühlten Fläche von 26 Millionen<br />

Quadratmeter. Dieser Wert entspricht in etwa<br />

einem Prozent des Endenergieeinsatzes für<br />

Raumwärme im privaten Sektor beziehungsweise<br />

weniger als einem Prozent des für die EU-15<br />

angegebenen <strong>Kühlen</strong>ergiebedarfs (78.100 GWh).<br />

Obwohl der Vergleich <strong>mit</strong> dem <strong>Heizen</strong>ergiebedarf<br />

zeigt, dass das Thema <strong>Kühlen</strong> zurzeit in Öster reich<br />

noch eine untergeordnete Rolle spielt, weisen die<br />

ausgewiesenen Projektionen eine rasante Steigerung<br />

des <strong>Kühlen</strong>ergiebedarfs auf. Für Österreich<br />

wird beispielsweise eine Steigerung von 296 GWh<br />

im Kyoto-Basisjahr 1990 auf in etwa 700 GWh im<br />

Jahr 2020 vorausgesagt. Da<strong>mit</strong> würden im Jahr<br />

2020 durch Kühlung in etwa 250.000 Tonnen<br />

Treibhausgase verursacht werden.<br />

Ein ähnlicher Trend geht aus Untersuchungen<br />

des oberösterreichischen Energiesparverbands<br />

hervor, welcher für die Periode 2001 bis 2010<br />

eine Steigerung des oberösterreichischen <strong>Kühlen</strong>ergiebedarfs<br />

von mindestens 20 Prozent errechnet.<br />

Insgesamt weist die Studie einen Verbrauch<br />

von 131 GWh in der Basisperiode 2001 aus,<br />

wobei 97 GWh dem Bürosektor <strong>und</strong> 15 GWh dem<br />

Haushaltssektor zugeschrieben werden.<br />

Abbildung 4: <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf für unterschiedliche Wachstumsraten des Kühlkoeffi zienten bei linearem KGT-Trend<br />

bzw. KGT-Trend-Szenario<br />

Quelle: Töglhofer et al. 2008.<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

9


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

10<br />

Eine erste Abschätzung der Temperatursensitivität<br />

des Elektrizitätsbedarfs in Österreich wird in<br />

einer weiteren Studie durchgeführt. Mittels einer<br />

einfachen Regressionsanalyse wird in dieser<br />

Studie die Tages<strong>mit</strong>teltemperatur in Wien dem<br />

Tagesstromverbrauch im öffentlichen Netz gegenübergestellt.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass in den<br />

Wintermonaten ein Rückgang der tages<strong>mit</strong>tleren<br />

Temperatur gegenüber dem Vorjahr um einen<br />

Grad Celsius einen Verbrauchszuwachs von 1<br />

bis 1,1 GWh bedeutet, während im Hochsommer<br />

(>21 Grad Celsius) ein Temperaturanstieg gegenüber<br />

dem Vorjahr um ein Grad Celsius einen<br />

Anstieg des Stromverbrauchs um etwa 0,5 GWh<br />

bewirkt.<br />

4 Ergebnisse<br />

Abbildung 4 zeigt die Entwicklung des <strong>Kühlen</strong>ergiebedarfs<br />

unter Annahme verschiedener Wachstumsraten<br />

unter Zugr<strong>und</strong>elegung einer linearen<br />

Zunahme der durchschnittlichen KGT sowie für<br />

ein Trend-Szenario, welches die Variabilität der<br />

KGT zwischen den einzelnen Jahren beinhaltet.<br />

Letzteres scheint insbesondere bezüglich der<br />

Auswirkungen heißer Jahre besonders relevant.<br />

Während bei einem konstanten Kühlkoeff zienten<br />

in einem zukünftigen heißen Jahr (die KGT des<br />

Szenarios für die Jahre 2020 <strong>und</strong> 2029 entsprechen<br />

ungefähr dem Jahr 2003) etwa 100 GWh für<br />

Kühlung benötigt werden, sind es bei vier Prozent<br />

Wachstum im Jahr 2020 150 GWh, im Jahr 2029<br />

bereits 250 GWh. Der gezeigte Vergleich zeigt<br />

die Wichtigkeit, nicht nur Mittelwerte heranzuziehen,<br />

sondern auch Schwankungen zwischen den<br />

einzelnen Jahren zu betrachten.<br />

5 EXKURS: Die Kosten zusätzlicher<br />

Gebäudekühlung<br />

Angesichts des steigenden <strong>Kühlen</strong>ergiebedarfs<br />

wird häuf g die Frage nach den Kosten zusätzlicher<br />

Gebäudekühlung gestellt. Wichtig ist in<br />

diesem Zusammenhang, dass die verbrauchsgeb<strong>und</strong>enen<br />

Kosten für den derzeit dominanten<br />

<strong>Kühlen</strong>ergieträger Elektrizität nur einen<br />

kleinen Teil der Gesamtkosten ausmachen. So<br />

wird beispielsweise bei konventionellen Kompressionskältemaschinen<br />

für Bürogebäude von<br />

einem Anteil der Stromkosten an den Gesamtkosten<br />

von weniger als 30 Prozent ausgegangen,<br />

der Rest fällt auf Investitionskosten sowie<br />

zu einem geringen Teil auf Wartungskosten. Für<br />

Einkaufszentren betragen die Stromkosten r<strong>und</strong><br />

50 Prozent der Gesamtkosten.<br />

Die spezif schen Kühlkosten (pro kWh) sind im<br />

Vergleich zu den Heizkosten dementsprechend<br />

deutlich höher. Es werden je nach Technologie,<br />

Gebäudetyp <strong>und</strong> -größe spezif sche Kühlkosten<br />

von 11 bis 35 Cent ausgewiesen. Währenddessen<br />

betragen die Heizkosten für Privathaushalte<br />

derzeit etwa zehn Cent pro kWh, bei größeren<br />

Objekten liegen sie deutlich unter diesem Wert.<br />

Weiters ist es notwendig, die Kosten zusätzlicher<br />

Infrastruktur zu berücksichtigen. Schätzungen<br />

zeigen beispielsweise für Italien, dass aufgr<strong>und</strong><br />

von vermehrten Kühlspitzen bis 2020 zusätzliche<br />

3.500 MW Kapazität benötigt werden, <strong>mit</strong> etwa<br />

zwei Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen<br />

in die Elektrizitätsinfrastruktur. Auch wenn für Österreich<br />

zumindest in den nächsten Jahrzehnten<br />

keine Zusatzkapazitäten für Kühlzwecke benötigt<br />

werden, weil die Lastspitzen weiterhin in den Wintermonaten<br />

deutlich höher sein werden, wirken<br />

sich europaweite Kühlspitzen dennoch auf den<br />

Marktpreis für Elektrizität <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> un<strong>mit</strong>telbar<br />

auf Österreich aus.<br />

6 Schlussfolgerungen<br />

Fasst man die bisher getroffenen Überlegungen<br />

zusammen, so ergibt sich in etwa folgendes Bild:<br />

Auch wenn der Faktor Klima einen deutlichen<br />

Einf uss auf den Heiz- <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf hat,<br />

wird dieser überwiegend durch zukünftige technische<br />

<strong>und</strong> sozioökonomische Entwicklungen,<br />

also durch den Faktor Mensch bestimmt. Höhere<br />

Temperaturen wirken sich insgesamt günstig auf<br />

den Gesamtenergiebedarf aus. Der <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf<br />

wird in Österreich auf absehbare Zeit weiterhin<br />

nur einen Bruchteil des <strong>Heizen</strong>ergiebedarfs<br />

ausmachen. Die klimabedingte Einsparung an<br />

<strong>Heizen</strong>ergiebedarf wird um ein Vielfaches höher<br />

sein als der zusätzliche klimabedingte <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf.<br />

Der <strong>Heizen</strong>ergiebedarf liegt in Österreich derzeit<br />

bei etwa 80.000 Gigawattst<strong>und</strong>en, während


der <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf im Vergleich im Bereich<br />

mehrerer H<strong>und</strong>ert Gigawattst<strong>und</strong>en liegt, genaue<br />

statistische Zahlen liegen hierfür nicht vor.<br />

Dementsprechend überwiegt bei einem Temperaturanstieg<br />

von durchschnittlich zwei Grad Celsius<br />

deutlich der Effekt einer in etwa 20-prozentigen<br />

Reduktion des <strong>Heizen</strong>ergiebedarfs gegenüber<br />

einer ungefähren Verdoppelung des <strong>Kühlen</strong>ergiebedarfs.<br />

Beim Energieträger Elektrizität könnte der zusätzliche<br />

Bedarf im Sommer längerfristig allerdings<br />

mengenmäßig die Einsparungen an <strong>Heizen</strong>ergie<br />

im Winter kompensieren, da zur Kühlung derzeit<br />

fast ausschließlich auf Elektrizität zurückgegriffen<br />

wird, während nur ein kleiner Teil des <strong>Heizen</strong>ergiebedarfs<br />

aus Elektrizität gedeckt wird. Dies<br />

scheint vor allem dahingehend problematisch,<br />

dass die Kühllast sich im Gegensatz zur Heizlast<br />

tageszeitlich eher <strong>mit</strong> der allgemeinen Lastspitze<br />

überschneidet.<br />

Insgesamt geht aus den Szenarienrechnungen<br />

klar hervor, dass der zukünftige Heiz- <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf<br />

weniger durch den Faktor Klima,<br />

sondern viel mehr durch technische <strong>und</strong> sozioökonomische<br />

Entwicklungen bestimmt wird.<br />

Beim <strong>Heizen</strong>ergiebedarf können zusätzliche<br />

Anstrengungen im Bereich Energieeff zienz eine<br />

wesentlich größere Einsparung bewirken als<br />

höhere Temperaturen. Umgekehrt geht es beim<br />

Kühl energiebedarf derzeit darum, dem - zum<br />

einen aufgr<strong>und</strong> von Konsum- <strong>und</strong> Verhaltensänderungen,<br />

zum anderen aufgr<strong>und</strong> derzeitiger<br />

Entwicklungen in der Gebäudeplanung - stattf ndenden<br />

rasanten Anstieg sowohl der klimatisierten<br />

Flächen als auch des Elektrizitätsverbrauchs<br />

entgegenzuwirken.<br />

Auf Ebene der Privathaushalte spielt eine Reduktion<br />

des Heizwärmebedarfs übrigens aufgr<strong>und</strong><br />

wärmerer Winter im Vergleich zu anderen<br />

Faktoren wie den Zinssätzen oder den Energiepreisen<br />

nur eine unwesentliche Rolle. Bei einer<br />

Abnahme der Heizgradtage um sechs Prozent in<br />

den nächsten 20 Jahren beträgt die Abnahme der<br />

Gesamtheizkosten etwa für Hackgutheizungen<br />

zwei Prozent, für Öl- <strong>und</strong> Gasheizungen wegen<br />

des höheren Anteils der verbrauchsgeb<strong>und</strong>enen<br />

Kosten vier Prozent. Für letztere Technologien<br />

kann jedoch erwartet werden, dass die Preise,<br />

abgesehen von der unsicheren Marktpreisentwicklung,<br />

in den nächsten Jahren durch klimapolitische<br />

Maßnahmen (CO 2 -Steuer, Erhöhung der<br />

Energieabgaben) zusätzlich angehoben werden.<br />

Die Tatsache, dass unterschiedliche menschliche<br />

Anpassungsreaktionen an die steigenden<br />

Temperaturen im Bereich der Raumtemperierung<br />

den tatsächlichen künftigen Energiebedarf stark<br />

in die eine oder andere Richtung beeinf ussen<br />

können, darf nicht den Eifer der gerade begonnenen<br />

Forschungen in diesem Bereich dämpfen.<br />

Ganz im Gegenteil. Es wird dadurch offensichtlich,<br />

dass <strong>Heizen</strong> <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong> im Klimawandel ein<br />

ideales Beispiel für die Dringlichkeit jener Untersuchungen<br />

sind, die Anpassungsmaßnahmen<br />

an den Klimawandel <strong>und</strong> CO 2 -Reduktionsmaßnahmen<br />

gemeinsam untersuchen <strong>und</strong> auf ihre<br />

technischen <strong>und</strong> ökonomischen Synergiepotenziale<br />

testen. Nur so kann es gelingen, dass Anpassungsstrategien<br />

durch die positive Rückkoppelung<br />

das Klimaproblem nicht weiter verschärfen<br />

bzw. dass ausgeklügelte CO 2 -Reduktionspakete<br />

auch unter sich ändernden Klimabedingungen<br />

im Hinblick auf die einzusetzenden Mittel optimal<br />

gewählt werden können.<br />

Die genauen Literaturhinweise sowie weitere Details<br />

entnehmen Sie bitte dem folgenden Band:<br />

Prettenthaler, F., Gobiet, A., (Hg.), <strong>Heizen</strong> & <strong>Kühlen</strong><br />

im Klimawandel, Verlag der Österreichischen<br />

Akademie der Wissenschaften, Wien 2008, 134<br />

Seiten, ISBN 978-3-7001-4001-6<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

11


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

12<br />

Klimadesign als zentrale Planungsdisziplin<br />

Univ.-Prof. Brian CODY BSc (Eng) Hons CEng MCIBSE<br />

Vorstand des Instituts für Gebäude <strong>und</strong> Energie, TU Graz<br />

Klimadesign ist die Entwicklung von ganzheitlichen<br />

Konzepten zur Maximierung der Energieeff zienz<br />

von Gebäuden <strong>und</strong> Städten. Was aber ist Energieeff<br />

zienz? Alle reden heute von „Energieeff zienz“.<br />

Dieser Begriff wird dabei leider häuf g missverstanden,<br />

missbraucht <strong>und</strong> <strong>mit</strong> „Energiebedarf“<br />

<strong>und</strong> „Energieverbrauch“ verwechselt, vor allem im<br />

Gebäudesektor, in dem niedriger Energieverbrauch<br />

<strong>mit</strong> einer hohen Energieeff zienz gleichgesetzt <strong>und</strong><br />

statt in die Maximierung der Energieeff zienz der<br />

Schwerpunkt von Forschung <strong>und</strong> Praxis in eine maximale<br />

Senkung des Energieverbrauchs gesteckt<br />

wird. Dieses Missverständnis ist gr<strong>und</strong>legend <strong>und</strong><br />

muss umgehend aufgeklärt werden, um zukünftige<br />

Fehlentwicklungen zu vermeiden. Die Maximierung<br />

der Energieeff zienz ist mehr als die Minimierung<br />

des Energieverbrauchs. Energieeff zienz impliziert<br />

Leistung <strong>und</strong> ist das Verhältnis zwischen Output<br />

(Nutzen) <strong>und</strong> Input (Ressourcen). Dabei geht es<br />

hauptsächlich darum, welchen Nutzen man aus der<br />

„verbrauchten“ Energie zieht. Im Zusammenhang<br />

<strong>mit</strong> der thermischen Leistung von Gebäuden ist<br />

die Energieeff zienz als Verhältnis zwischen der<br />

Qualität des Raumklimas <strong>und</strong> der Quantität des<br />

Energieverbrauchs zu begreifen. Derzeit gültige Instrumente<br />

zur Regulierung der Energieeff zienz von<br />

Gebäuden, einschließlich der neuen EU-Richtlinie<br />

über die Gesamtenergieeff zienz von Gebäuden<br />

<strong>und</strong> insbesondere der in den einzelnen Mitgliedsstaaten<br />

implementierten Methoden zur Bestimmung<br />

<strong>und</strong> Bewertung der energetischen Leistung von<br />

Gebäuden entsprechend der genannten Richtlinie,<br />

behandeln nur den Energiebedarf <strong>und</strong> nicht die<br />

Energieeff zienz. An meinem Institut haben wir nun<br />

eine Methode entwickelt, <strong>mit</strong> der wir die tatsächliche<br />

Energieeff zienz eines Gebäudes bestimmen<br />

können, sodass verschiedene Entwurfsoptionen<br />

wirklich <strong>mit</strong>einander verglichen werden können.<br />

Energieeff zienz bedeutet in diesem Zusammenhang<br />

das Verhältnis zwischen der Qualität des<br />

Raumklimas eines Gebäudes einerseits <strong>und</strong> der<br />

Energie, die aufgewendet werden muss, um dieses<br />

Raumklima aufrecht zu erhalten andererseits.<br />

Diese – BEEP genannte – Methode berücksichtigt<br />

den wechselseitigen Zusammenhang zwischen<br />

Energiebedarf <strong>und</strong> Raumklima <strong>und</strong> der berechnete<br />

BEEP-Wert ist ein Indikator für die gesamte<br />

Building Energy and Environmental Performance<br />

eines Gebäudes. Ergebnisse von Fallbeispielen,<br />

die <strong>mit</strong> dieser Methode untersucht wurden, zeigen<br />

eindeutig, dass niedriger Energieverbrauch <strong>mit</strong><br />

einer hohen Energieeff zienz nicht gleichgesetzt<br />

werden kann. Jüngste Fehlentwicklungen haben<br />

gezeigt, welche Folgen einseitiges eindimensionales<br />

Denken haben kann. Um diese zukünftig<br />

zu vermeiden, ist die Betrachtung von gesamten<br />

Systemen zwingend notwendig. Beim Vergleich<br />

verschiedener alternativer Lösungen im baulichen<br />

Kontext müssen neben der Energieeff zienz im<br />

Betrieb auch die Herstellung, die Errichtung <strong>und</strong> die<br />

Entsorgung eines Gebäudes berücksich tigt werden.<br />

Der Ausgangspunkt für eine hohe Energieeff zienz<br />

ist dabei die Stadtplanung, nicht das einzelne<br />

Gebäude. Auch ein Gebäude <strong>mit</strong> der höchsten<br />

Energieeff zienz der Welt ist relativ ineffektiv, wenn<br />

es nicht in eine energieeff ziente städtische Struktur<br />

eingeb<strong>und</strong>en ist. Weiche Faktoren wie Flexibilität<br />

<strong>und</strong> Adaptabilität während der Lebensdauer sind<br />

zu berücksichtigen – der Einf uss des voraussichtlichen<br />

Klimawandels auf das notwendige energetische<br />

Verhalten unserer Gebäude aber auch.<br />

Synergien durch die Vernetzung von Gebäude- <strong>und</strong><br />

Verkehrssystemen sollten ausgeschöpft werden.<br />

Bei der Entwicklung von Lösungen ist es wichtig,<br />

in Systemen zu denken <strong>und</strong> Gesamtkonzepte von<br />

einem holistischen Ansatz heraus zu entwickeln.<br />

Außerdem muss neben der Quantität der in einem<br />

spezif schen Prozess „verbrauchten“ Energie auch<br />

die Qualität dieser Energiemenge berücksichtigt<br />

werden. Im Vortrag werden diese Prinzipien anhand<br />

von aktuellen Forschungsprojekten <strong>und</strong> Beispielen<br />

aus der Praxis illustriert <strong>und</strong> verdeutlicht.


Innovative Systeme der Erdwärmenutzung –<br />

regenerative Energie aus dem Untergr<strong>und</strong><br />

Univ.-Doz. DI Dr. techn. Dietmar ADAM<br />

Geotechnik Adam ZT GmbH, Brunn am Gebirge<br />

Die Nutzung der ausgeglichenen Temperaturen<br />

im Untergr<strong>und</strong> zur Klimatisierung durch den Menschen<br />

hat eine lange Tradition, in Erdkellern <strong>und</strong><br />

Höhlen wird dies zur Lagerung von Lebens<strong>mit</strong>teln<br />

bereits seit Jahrtausenden verwendet. Die Einführung<br />

leistungsfähiger Wärmepumpen ermöglicht<br />

seit einigen Jahrzehnten die Anhebung der im<br />

Untergr<strong>und</strong> gespeicherten Energie auf Temperaturniveaus,<br />

die auch eine aktive Beheizung oder<br />

Kühlung von Gebäuden erlauben. Seit Anfang der<br />

90er- Jahre wurden Technologien entwickelt, die<br />

es erlauben, Absorbersysteme in die F<strong>und</strong>amente<br />

von Gebäuden zu integrieren <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> größere<br />

Energiepotenziale zu günstigeren Preisen zu<br />

erschließen.<br />

1 Einleitung<br />

Erdberührte Bauwerksteile („Erdwärmeabsorber“)<br />

ermöglichen eine sehr wirtschaftliche Nutzung<br />

der geothermischen Energie. Dies betrifft<br />

vor allem Bauwerksteile aus <strong>Beton</strong> („Massivabsorber“).<br />

Hiefür kommen primär Tieff<strong>und</strong>ierungen<br />

(Pfähle, Schlitzwände), aber auch Flachf<strong>und</strong>ierungen<br />

<strong>und</strong> sogar Keller- bzw. Stützwände infrage.<br />

Die Absorberleitungen werden un<strong>mit</strong>telbar<br />

in die F<strong>und</strong>ierungselemente verlegt, zusätzliche<br />

Einbauten im Erdreich sind nicht erforderlich.<br />

Sonderanwendungen sind „Energietunnel“, Heizungen<br />

von Straßendecken, „Energie-Brunnen“<br />

etc. Es werden Systeme <strong>mit</strong> <strong>und</strong> ohne Wärmepumpen<br />

verwendet. Das Verfahren der geothermischen<br />

Energiebewirt schaftung ermöglicht<br />

eine umweltfre<strong>und</strong>liche, Ressourcen schonende<br />

Heizung <strong>und</strong>/oder Kühlung von Bauwerken.<br />

2 Geothermische<br />

Energiebewirtschaftung<br />

Prinzipiell kann zwischen zwei gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

verschiedenen Möglichkeiten der geother-<br />

mischen Energiebewirtschaftung unterschieden<br />

werden:<br />

– einfache geothermische Energieentnahme<br />

bzw. -zufuhr<br />

– saisonaler Betrieb <strong>mit</strong> Wärme- <strong>und</strong> Kältespeicherung<br />

Während beim einfachen geothermischen Betrieb<br />

(Entnahme bzw. Zuführen von Wärme aus dem<br />

bzw. in den Boden) der Energief uss lediglich in<br />

einer Richtung erfolgt, wird beim saiso nalen Betrieb<br />

die thermodynamische Trägheit des Bodens<br />

herangezogen, um Energie im Boden zu speichern,<br />

sodass diese zum benötigten Zeitpunkt<br />

wiederum entnommen werden kann. Bei einem<br />

saisonalen Speicher ist es daher möglich, eine<br />

ausgeglichene Energiebilanz im Zeitraum eines<br />

Jahres zu gewährleisten.<br />

3 Prinzip der geothermischen<br />

Energienutzung von<br />

F<strong>und</strong>ierungen<br />

In den meisten Klimazonen Europas ist die<br />

Temperatur des Untergr<strong>und</strong>es ab einer Tiefe von<br />

ca. 10-15 m relativ konstant: Bis zu einer Tiefe<br />

von ca. 50 m beträgt sie in der Regel 10-15° C.<br />

Daher reicht eine Umwälzung der Wärme für eine<br />

Heizung im Allgemeinen nicht aus; Ahnliches gilt<br />

für eine Kühlung. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist zu unterscheiden<br />

zwischen<br />

– Systemen ohne Wärmepumpe<br />

– Systemen <strong>mit</strong> Wärmepumpe.<br />

Mittels Wärmepumpe können Absorbersysteme<br />

zur Gebäudeheizung verwendet werden; umschaltbare<br />

Wärmepumpen ermöglichen sowohl<br />

eine Beheizung als auch eine Kühlung. Die<br />

Bodenwärme wird der Wärmepumpe durch den<br />

sog. Primärkreislauf zugeführt; der Sek<strong>und</strong>ärkreislauf<br />

bef ndet sich im Bauwerk. Leistungsfä-<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

13


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

14<br />

hige Wärmepumpen weisen einen Wirkungsgrad<br />

von ca. 4 auf: In diesem Fall ist nur ¼ elektrische<br />

Energie erforderlich; der Hauptanteil von ¾ der<br />

erforderlichen Gesamtenergie stammt aus der<br />

Umweltwärme.<br />

Bei einem geothermischen Kühlsystem wird dem<br />

Gebäude Wärme entweder über eine Luftkühlung<br />

oder über ein auf Wasser basierendes Kühlsystem<br />

entzogen. Die Kältemaschine ist dabei an<br />

das Absorbersystem angeschlossen <strong>und</strong> leitet die<br />

Überschusswärme über das Transportmedium im<br />

Primärkreislauf in den Boden. Bei kombinierten<br />

Systemen bzw. saisonaler Erdwärmespeicherung<br />

kann die Energie bei Bedarf wiederum entnommen<br />

werden. Beim sog. „Free Cooling“ wird der Fremdenergiebedarf<br />

auf den Betrieb einer Umwälzpumpe<br />

reduziert.<br />

Das Gr<strong>und</strong>prinzip besteht darin, <strong>Beton</strong>elemente<br />

<strong>mit</strong> Kunststoff- bzw. Kupferrohren zu bestücken<br />

<strong>und</strong> <strong>mit</strong> einem geeigneten Medium (im Allgemeinen<br />

Wasser bzw. Mischungen aus Wasser <strong>und</strong><br />

Frostschutz<strong>mit</strong>tel [Glykol]) Erdwärme umzuwälzen<br />

<strong>und</strong> diese einer späteren Nutzung (Heizung,<br />

Kühlung) zuzuführen. Die hohe Wärmeleit- <strong>und</strong><br />

Speicherfähigkeit von <strong>Beton</strong> machen diesen Baustoff<br />

zu einem geeigneten Energieabsorber.<br />

Platten- <strong>und</strong> Pfahlgründungen von Bauwerken<br />

werden etwa seit Mitte der Achtzigerjahre zur<br />

Nutzung von geothermischer Energie herangezogen,<br />

ohne dass ein großer Mehraufwand bei der<br />

Herstellung der statisch ohnehin erforderlichen<br />

Bauteile notwendig ist. Seit dem Jahre 1996 sind<br />

auch Schlitzwände, die zur Baugrubensicherung<br />

bzw. F<strong>und</strong>ierung von Bauwerken dienen, als Energieabsorber<br />

im Einsatz.<br />

Im Prinzip können alle erdanliegenden <strong>Beton</strong>bauteile<br />

als Energieabsorber verwendet werden,<br />

so<strong>mit</strong> auch Flachf<strong>und</strong>ierungen. Tieff<strong>und</strong>ierungen<br />

(Pfähle, Schlitzwände) eignen sich in besonderer<br />

Weise, da tiefer liegende Bereiche des<br />

Untergr<strong>und</strong>es erschlossen werden, welche nicht<br />

mehr unter dem Einf uss der saisonalen Temperaturschwankungen<br />

an der Oberf äche stehen.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist auch der „Energiepfahl“<br />

jenes Element, <strong>mit</strong> dem am häuf gsten eine<br />

geothermische Energiebewirtschaftung erfolgt.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich kommen folgende Tieff<strong>und</strong>ierungen<br />

infrage:<br />

– Ortbetonbohrpfähle<br />

– Rammpfähle aus Stahlbeton (Voll- <strong>und</strong> Hohlquerschnitt)<br />

– Schlitzwände<br />

An der Bewehrung werden in situ bzw. im Werk<br />

Wärmetauscherrohre montiert. Diese Rohre, die<br />

im Allgemeinen einen Durchmesser von 20 mm<br />

bis 25 mm aufweisen, bestehen aus PE, HDPE<br />

Abb. 1: HDPE-Absorberleitungen einer „Energiebodenplatte“,<br />

montiert auf der Sauberkeitsschichte eines<br />

Hochbaus<br />

Abb. 2: HDPE-Absorberleitungen eines „Energiepfahles“,<br />

montiert am Bewehrungskorb eines Bohrpfahles<br />

Abb. 3: HDPE-Absorberleitungen einer „Energieschlitzwand“,<br />

montiert am Bewehrungskorb eines Schlitzwandelementes


oder Kupfer. Beim <strong>Beton</strong>iervorgang werden die<br />

Schläuche unter Druck gesetzt, anschließend<br />

erfolgt eine Dichtheitsprüfung der Rohrleitungen<br />

<strong>mit</strong> einem def nierten Druck von 8 bis 10 bar.<br />

Ist die Bewehrung aufgr<strong>und</strong> großer Pfahllänge zu<br />

stoßen, so kann <strong>mit</strong>tels einer Schweißverbindung<br />

bzw. Patentkupplung die Verbindung der Rohrleitungen<br />

in wenigen Minuten hergestellt werden.<br />

Im Bereich des Pfahlkopfes ist eine Aussparung<br />

angebracht, in der sich die Vor- <strong>und</strong> Rücklauf eitungen<br />

bef nden. Die Pfähle können <strong>mit</strong> einem<br />

oder mehreren Kreisläufen ausgestattet werden.<br />

Beispiele von ausgeführten bzw. in Ausführung<br />

bef ndlichen Projekten <strong>mit</strong> Energief<strong>und</strong>ierungen<br />

sind:<br />

– das Rehabilitationszentrum<br />

Bad Schallerbach<br />

– die Messe- <strong>und</strong> Eishalle Dornbirn<br />

– das Kunsthaus Bregenz<br />

– das Keble College Oxford<br />

– das EA GeneraliCenter Wien<br />

– das Columbuscenter Wien<br />

– der Uniqa Tower Wien<br />

– die Strabag-Zentrale Wien<br />

4 Neuentwicklungen<br />

Die geothermische Heizung <strong>und</strong>/oder Kühlung<br />

von Wohnhäusern, Büro- <strong>und</strong> Geschäftsgebäuden,<br />

Industriebauwerken oder Sportstätten (z. B.<br />

Eislaufhallen) etc. wird in Österreich seit etwa 10<br />

Jahren immer häuf ger angewendet. Hinzu kommen<br />

verschiedenste weitere Einsatzmöglichkeiten<br />

der geothermischen Energie nutzung.<br />

4.1 „Energietunnel“<br />

Die Nutzung von Erdwärme <strong>mit</strong>tels Tunnelbauwerke<br />

bietet gegenüber den traditionellen Anwendungen<br />

folgende Vorteile:<br />

– Tunnelbauwerke liegen von Natur her in<br />

Tiefen, wo bereits <strong>mit</strong> konstanter Jahres<strong>mit</strong>teltemperatur<br />

gerechnet werden kann.<br />

– Tunnelbauwerke bieten große erdberührte<br />

Flächen <strong>und</strong> ermöglichen da<strong>mit</strong> die Erschließung<br />

deutlich größerer Energiemengen.<br />

– Längere Tunnel weisen erhebliche innere<br />

Wärmequellen, vor allem durch die Abwärme<br />

der Fahrzeuge, auf. In U-Bahn-Tunneln<br />

ist dies besonders prägnant, wo auch im<br />

Winter Temperaturen über 20° C vorherrschen<br />

können.<br />

– In den großen Genehmigungsverfahren,<br />

die für Tunnelbauwerke erforderlich sind,<br />

können aus Vorhaben wie der Erdwärmenutzung<br />

auch immaterielle Vorteile erwachsen,<br />

wie etwa ein positives Image des Projektwerbers<br />

oder eine erhöhte Akzeptanz des<br />

Tunnelbaus beim Anrainer.<br />

Die Möglichkeiten der Nutzung der Energie für<br />

Heiz- <strong>und</strong> Kühlzwecke sind vielfältig. Jedes<br />

Tunnelbauwerk verfügt zunächst über einen nicht<br />

unerheblichen Eigenbedarf an Energie. Besonders<br />

deutlich ist dies bei U-Bahn-Sta tionen, wo<br />

verschiedene Räumlichkeiten beheizt <strong>und</strong> gekühlt<br />

werden müssen. Im Eisenbahn- <strong>und</strong> Straßentunnelbau<br />

besteht jedoch auch oft die Notwendigkeit<br />

der Beheizung <strong>und</strong> Kühlung von Betriebsräumen,<br />

Schaltwarten oder Lüfterzentralen. Ein weiteres<br />

wichtiges Feld der Eigennutzung stellt die Eisfreihaltung<br />

dar, besonders im Straßentunnelbau, wo<br />

dies in den Portal- <strong>und</strong> Einfahrtsbereichen aus<br />

Gründen der Verkehrssicherheit sehr wünschenswert<br />

wäre. Im Eisenbahntunnelbau sind ebenfalls<br />

Zufahrten, besonders zu Wartungs- <strong>und</strong> Sicherungsanlagen<br />

wie Rettungsstollen, sowie Bahnsteige<br />

eisfrei zu halten.<br />

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Veräußerung<br />

von Tunnelenergie an Drittnutzer. Dies ist<br />

vor allem bei innerstädtischen Tunnelbauwerken<br />

interessant, wo die Tunnel meist nah an der Oberf<br />

äche liegen <strong>und</strong> die Abstände zu den Nutzern<br />

gering sind. Ideal sind hier große, neu errichtete<br />

Objekte <strong>mit</strong> gemischter Wohn- <strong>und</strong> Gewerbenutzung<br />

<strong>und</strong> einem möglichst hohen Kühlbedarf.<br />

Beim Einbau von Massivabsorbern in Tunnels ist<br />

zunächst zwischen offenem <strong>und</strong> bergmännischem<br />

Tunnelbau zu unterscheiden. Bei der Anwendung<br />

der offenen Bauweise steht das bereits aus dem<br />

Hochbau bekannte Arsenal an Methoden zur<br />

Verfügung: Einbau von Absorbern in Bohrpfählen,<br />

Schlitzwänden <strong>und</strong> unter den Bodenplatten, zum<br />

Beispiel nach dem bewährten „Enercret“-System<br />

der Firma Nägelebau. Im bergmännischen Tun-<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

15


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

16<br />

nelbau kann <strong>mit</strong> bestehenden Methoden lediglich<br />

der Sohlbereich von Tunnelröhren <strong>mit</strong> Absorberleitungen<br />

ausgestattet werden. Um auch die Tunnelschalen<br />

nutzen zu können, wurde von der TU<br />

Wien in Zusammenarbeit <strong>mit</strong> der Firma Polyfelt<br />

das so genannte „Energievlies“ entwickelt <strong>und</strong> im<br />

Rahmen einer Versuchsanlage im Lainzer Tunnel<br />

Bauabschnitt „LT22-Bierhäuselberg“ (Abb. 7)<br />

getestet. Weiterführende Forschungsaktivitäten<br />

beschäftigen sich derzeit <strong>mit</strong> der Nutzung von<br />

Erdwärme über Anker.<br />

Die Pilotanlage „Hadersdorf-Weidlingau“ im<br />

Lainzer Tunnel Bauabschnitt LT24, die im Februar<br />

2004 in Betrieb ging, stellt die erste großmaßstäbliche<br />

Anwendung zur Erdwärmenutzung im<br />

Tunnelbau dar. Über 59 Energiepfähle (Abb. 5)<br />

kann eine Wärmeleistung von 150 kW erzeugt<br />

werden, die zur Beheizung der nahe gelegenen<br />

Sporthauptschule Hadersdorf verwendet wird. Der<br />

Betrieb der Anlage wird durch ein umfassendes<br />

wissenschaftliches Forschungsprogramm begleitet,<br />

das es ermöglichen soll, künftige Anlagen<br />

noch eff zienter zu errichten <strong>und</strong> die verschiedenen<br />

Betriebszustände zu optimieren.<br />

Abbildung 5: Querschnitt der geothermischen Versuchsanlage in Hadersdorf-Weidlingau<br />

Abbildung 4: „Energietunnel“ <strong>mit</strong> bergmännischem Vortrieb.<br />

Situierung der verschiedenen Absorberelemente<br />

– schematisch


Abb. 6: Wärmebild des <strong>mit</strong> Energiepfählen ausgerüsteten Tunnelabschnittes beim Lainzer Tunnel Baulos „LT24 –<br />

Hadersdorf-Weidlingau“. Links ist die lokale Abkühlung (Pfeile) der Tunnelschale durch die Energiepfähle deutlich zu<br />

erkennen. Rechts ist im Vergleich dazu die gegenüberliegende Tunnelwand zu sehen, bei der kein Erdwärmeentzug<br />

stattfi ndet.<br />

Die Erfolge dieser Pilotanlage haben schließlich<br />

dazu beigetragen, dass diese Technologie auch<br />

im U-Bahn-Bau eingesetzt wird. Die Wiener Linien<br />

GmbH hat sich entschlossen, im Rahmen der<br />

Verlängerung der U-Bahn-Linie U2 die vier unterirdischen<br />

Stationen „Schottenring“, „Taborstraße“,<br />

„Praterstern“ <strong>und</strong> „Messe“ <strong>mit</strong> einer Erdwärmeanlage<br />

zur Deckung des Heiz- <strong>und</strong> Kühlbedarfs<br />

der Stationen auszurüsten. In Abhängigkeit der<br />

F<strong>und</strong>ierungselemente werden Energiepfähle,<br />

Energieschlitzwände oder Energiebodenplatten<br />

(Abb. 8) verwendet, um eine gesamte Heizleistung<br />

von 449 kW <strong>und</strong> eine gesamte Kühlleistung<br />

Abb. 7: Versuchsanlage <strong>mit</strong> Energievlies beim Baulos<br />

„LT22-Bierhäuselberg“<br />

von 131 kW zu gewährleisten. Besonders bei<br />

der Kühlleistung erweist sich die Nutzung der<br />

Erdwärme als hervorragende Energiequelle, da<br />

die Aggregate im Vergleich zur konventionellen<br />

Ausstattung kleiner ausfallen können <strong>und</strong> die<br />

angesaugten Luftmengen geringer sind, was wieder<br />

zu einer Reduktion von Stollenquerschnitten<br />

führt. Auch bei der Anwendung im U-Bahn-Bau ist<br />

ein intensives Mess- <strong>und</strong> Forschungsprogramm<br />

integ riert, wobei einerseits die Auswirkungen der<br />

Erdwärmeanlagen auf das Tragverhalten der F<strong>und</strong>ierungen<br />

<strong>und</strong> andererseits der Temperaturhaushalt<br />

des Untergr<strong>und</strong>es untersucht werden.<br />

Abb. 8: Herstellung einer Energiebodenplatte beim<br />

Baulos „U2/3-Praterstern“<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

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<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

18<br />

4.2 „Energiebrunnen“<br />

Bei vielen Bauvorhaben werden Brunnen zur<br />

Absenkung des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels benötigt.<br />

Diese meist temporären Maßnahmen können<br />

auch zur Heizung <strong>und</strong>/oder Kühlung benachbarter<br />

Bauwerke genutzt werden, <strong>und</strong> zwar<br />

sowohl temporär als auch permanent. Letzteres<br />

erfordert im Allgemeinen keine aufwändige<br />

zusätzliche wasserrechtliche Genehmigung,<br />

da die Nutzung von einzelnen Brunnen nur zur<br />

geothermischen Energiebewirtschaftung keinen<br />

Eingriff in den Wasserhaushalt des Untergr<strong>und</strong>es<br />

darstellt.<br />

Eine zu Forschungszwecken umfassend instrumentierte<br />

Versuchsanlage wird derzeit in Wien<br />

betrieben, bei der sowohl Entnahmebrunnen<br />

(Wärmequelle) als auch Versickerungsbrunnen<br />

(Wärmesenke) verwendet werden. Zur Erzielung<br />

eines geschlossenen Wärmeträgersystems dienen<br />

U-förmige Rohre als Erdwärmesonden.<br />

4.3 Heizung/Kühlung von<br />

Straßenkonstruktionen<br />

Die Nutzung der Geothermik im Straßenwesen<br />

betrifft vor allem die Heizung von Verkehrsf ächen<br />

in den Wintermonaten, <strong>und</strong> zwar <strong>mit</strong> folgenden<br />

Zielen:<br />

– eisfreie Fahrbahn, so<strong>mit</strong> erhöhte Verkehrssicherheit<br />

– Reduktion des Winterdienstes<br />

– erhöhter Umweltschutz, da Salzung <strong>und</strong><br />

Splittstreuung entfallen<br />

– Erhöhung der Lebensdauer der Fahrbahn<br />

– Verbesserung des Fahrkomforts (keine Montage<br />

von Schneeketten)<br />

– Minimierung von Frost-Tau-Schäden, besonders<br />

bei frostgefährdetem Untergr<strong>und</strong><br />

– Kosteneinsparungen sowohl aus betriebswirtschaftlicher<br />

Sicht für die Straßenverwaltung<br />

als auch aus übergeordneter volkswirtschaftlicher<br />

Sicht<br />

Auch in Galerien gegen Lawinen, Steinschlag<br />

oder Muren <strong>und</strong> in kurzen Tunnels bietet die<br />

Fahrbahnheizung Vorteile im Winter erfährt der<br />

kalte Fahrbahnbelag einen besonders intensiven<br />

Abrieb durch den Autoverkehr. Autoreifen <strong>mit</strong><br />

Spikes <strong>und</strong>/oder Ketten verstärken diesen Effekt<br />

noch mehr. Die daraus resultierende Luftverschmutzung<br />

erfordert eine erhöhte Leistung der<br />

Ventilation, was die Lufttemperatur <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> die<br />

Belagstemperatur zusätzlich absenkt. Eine Fahrbahnheizung<br />

kann diesen negativen Kreislauf<br />

unterbrechen.<br />

Derzeit läuft ein mehrjähriges Forschungsprojekt,<br />

um unter anderem die optimale Situierung der<br />

Absorberleitungen (Rohre) aus energetischer<br />

<strong>und</strong> konstruktiver Sicht zu er<strong>mit</strong>teln. Die beiden<br />

Aspekte weisen z. T. konträre Optima auf, sodass<br />

meist Kompromisslösungen erforderlich sind.<br />

Auch die Möglichkeiten eines inter<strong>mit</strong>tierenden<br />

Betriebes werden untersucht.<br />

4.4 Heizung/Kühlung von<br />

Brückenfahrbahnen<br />

Bei auf Pfählen, Schlitzwänden, Brunnen oder<br />

Caissons gegründeten Straßen- <strong>und</strong> Autobahnbrücken<br />

können die F<strong>und</strong>ierungskörper als<br />

Energieabsorber ausgebildet werden, um die<br />

geothermische Energie für die Klimatisierung<br />

der Brückenfahrbahn zu nutzen. Das Energiebewirtschaftungssystem<br />

in Form eines saisonalen<br />

Speichers erfordert nicht unbedingt eine Wärmepumpe,<br />

sondern nur eine Umwälzpumpe. Mit dieser<br />

wirtschaftlichen Methode lassen sich folgende<br />

Vorteile erzielen:<br />

– Eis- <strong>und</strong> Schneefreihaltung der Fahrbahn,<br />

wo<strong>mit</strong> nicht nur auf Streusalz <strong>und</strong> Splitt vollständig<br />

verzichtet werden kann, sondern auch<br />

die Verkehrssicherheit deutlich erhöht wird.<br />

– Verringerung der temperaturbedingten Spurrillenbildung<br />

im Sommer, wobei die Fahrbahntemperatur<br />

immer unter der kritischen<br />

Temperatur gehalten werden kann.<br />

– Schonung des Tragwerkes, der Fahrbahn<br />

<strong>und</strong> insbesondere der Brückenlager durch<br />

den Ausgleich von saisonal <strong>und</strong> tageszeitlich<br />

bedingten Temperaturdifferenzen (Reduktion<br />

von temperaturbedingten Zwängungsspannungen).


Abbildung 9: Straßenkonstruktion <strong>mit</strong> geothermischer Heizung oder Kühlung der Fahrbahn. Beispiel für Heizschlangen<br />

in 10 cm Sandbettung<br />

Literatur<br />

– Adam, D.; Markiewicz, R. (2002): Nutzung<br />

der geothermischen Energie <strong>mit</strong>tels erdberührter<br />

Bauwerke – Teil 1: Theoretische<br />

Gr<strong>und</strong>lagen. In: ÖIAZ, 147. Jg., Heft 4/2002.<br />

Teil 2: Experimentelle Untersuchungen <strong>und</strong><br />

Computersimulationen. In ÖIAZ, 147. Jg.,<br />

Heft 5/2002. Teil 3: Ausführungsbeispiele<br />

<strong>und</strong> Neuentwicklungen. Erscheint in ÖIAZ,<br />

147.Jg., Heft 6/2002, Wien.<br />

– Brandl, H.; Markiewicz, R. (2001): Geothermische<br />

Nutzung von Bauwerksf<strong>und</strong>ierungen<br />

(„Energief<strong>und</strong>ierungen“). In: ÖIAZ, 146. Jg.,<br />

Heft 5-6/2001, Wien.<br />

– Brandl, H.; Adam, D.; Kopf, F. (1999): Geothermische<br />

Energienutzung <strong>mit</strong>tels Pfählen,<br />

Schlitzwänden <strong>und</strong> Stützbauwerken.<br />

Pfahl-Symposium 1999, TU Braunschweig,<br />

Deutschland.<br />

– Brandl, H.; Markiewicz, R. (2002): Die Nutzung<br />

geothermischer Energie im Bauwesen.<br />

Zement+<strong>Beton</strong> 4/02. Zement+<strong>Beton</strong> Handels-<br />

<strong>und</strong> Werbeges.m.b.H., Wien.<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

19


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

20<br />

Wärmepumpen – rechtliche Erfordernisse<br />

Mag. Dr. Michael FERSTL<br />

Amt der Steiermärkischen Landesregierung, FA 19A Wasserwirtschaftliche Planung, Graz<br />

1 Unterscheidungen<br />

1.1 Thermische Nutzung des Gr<strong>und</strong>wassers<br />

Für den wirtschaftlichen Betrieb von thermischen<br />

Nutzungen des Gr<strong>und</strong>wassers gilt die Voraussetzung,<br />

dass möglichst ganzjährig Gr<strong>und</strong>wasser <strong>mit</strong><br />

konstanter Temperatur zur Verfügung steht.<br />

Bei der thermischen Nutzung von Gr<strong>und</strong>wasser<br />

wird dieses aus einem Entnahmebrunnen entnommen,<br />

in einem Wärmetauscher abgekühlt<br />

oder aufgewärmt <strong>und</strong> bevorzugt gr<strong>und</strong>wasserstromabwärts<br />

wieder dem Entnahmeaquifer<br />

zugeführt.<br />

1.2 Thermische Nutzung des Untergr<strong>und</strong>es<br />

1.2.1 Flachkollektoren<br />

Bei Flachkollektoren werden in einer Tiefe von<br />

etwa 1,2 bis 1,5 m f ächig <strong>und</strong> in Schlaufen<br />

Kunststoffrohre bzw. kunststoffummantelte<br />

Kupferrohre horizontal eingebaut <strong>und</strong> <strong>mit</strong> dem<br />

Wärmeträgermedium bzw. dem Arbeits<strong>mit</strong>tel<br />

gefüllt. Die über die Horizontalkollektoren aufgenommene<br />

Erdwärme wird der Wärmepumpe<br />

zugeführt.<br />

1.2.2 Vertikalkollektoren (Tiefensonden)<br />

Bei diesem Verfahren wird ein Kollektorsystem in<br />

ein Bohrloch eingebracht <strong>und</strong> <strong>mit</strong> dem Wärmeträgermedium<br />

bzw. dem Arbeits<strong>mit</strong>tel gefüllt. Es<br />

wird in erster Linie Wärme aus dem Erdinneren<br />

genutzt. Der Wärmeentzug f ndet hauptsächlich<br />

im Umkreis von 5 m um die Sonden statt. Daher<br />

wird bei Errichtung mehrerer Sonden ein Mindestabstand<br />

von 10 m empfohlen. Kann dieser Abstand<br />

nicht eingehalten werden, ist eine geringere<br />

spezif sche Entzugsleistung für die Bemessung in<br />

Rechnung zu stellen.<br />

2 Rechtliche Gr<strong>und</strong>lagen<br />

2.1 § 31c WRG: Sonstige Vorsorge gegen<br />

W assergefährdung<br />

– Die Errichtung von Anlagen zur Gewinnung<br />

von Erdwärme in wasserrechtlich besonders<br />

geschützten Gebieten <strong>und</strong> in geschlossenen<br />

Siedlungsgebieten ohne zentrale Wasserversorgung<br />

ist bewilligungspf ichtig.<br />

– Die Errichtung von Anlagen zu Gewinnung<br />

von Erdwärme in Form von Vertikalkollektoren<br />

(Tiefensonden) ist anzeigepf ichtig.<br />

– Die Errichtung von Anlagen zur Wärmenutzung<br />

der Gewässer ist anzeigepf ichtig<br />

2.2 § 114 WRG: Anzeigeverfahren<br />

– Ein Vorhaben ist 3 Monate vor Inangriffnahme<br />

<strong>mit</strong> Projektsunterlagen (siehe § 103)<br />

unter Angabe einer 3 Jahre nicht überschreitenden<br />

Bauvollendungsfrist anzuzeigen.<br />

– Eine Anlage gilt als bewilligt, wenn die<br />

Behörde nicht innerhalb von 3 Monaten ab<br />

Einlangen der Anzeige schriftlich <strong>mit</strong>teilt,<br />

dass die Durchführung eines Bewilligungsverfahrens<br />

erforderlich ist.<br />

– Im Anzeigeverfahren bewilligte Anlagen sind<br />

<strong>mit</strong> 15 Jahre ab Einbringung der Anzeige<br />

befristet.<br />

3 Wasserwirtschaftliche<br />

Rahmenbedingungen<br />

3.1 Allgemein<br />

In der Schutzzone III von Schutzgebieten sowie<br />

in Schongebieten gemäß § 34 WRG 1959 dürfen<br />

Anlagen zur thermischen Nutzung des Untergr<strong>und</strong>es<br />

<strong>und</strong> des Gr<strong>und</strong>wassers nur errichtet<br />

werden, wenn:


– die Anlagentypen dem besonderen Schutzbedarf<br />

entsprechen<br />

– spezielle Begleitmaßnahmen gesetzt werden<br />

(z. B. Sperrrohre, Hilfsverrohrung)<br />

– besondere hydrogeologische Standortbedingungen<br />

gegeben sind<br />

– Flachkollektoren bzw. Direktverdampferanlagen<br />

über HHGW verlegt werden (Richtlinie<br />

W72 der ÖVGW)<br />

– korrosionsbeständige Werkstoffe eingesetzt<br />

werden.<br />

3.2 Ablehnungsgründe<br />

Zur nachhaltigen Sicherung der derzeitigen<br />

<strong>und</strong> zukünftigen Trinkwasserversorgung, öffentlicher<br />

Interessen <strong>und</strong> fremder Rechte sind<br />

die Errichtung <strong>und</strong> der Betrieb von Anlagen zur<br />

thermischen Nutzung in folgenden Fällen nicht<br />

zulässig:<br />

– Lage der Anlage innerhalb der Schutzzonen<br />

I <strong>und</strong> II von Wasserschutzgebieten<br />

gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959. (Bei Abänderungen<br />

bzw. Neuausweisungen von<br />

Schutzgebieten der Zone II, wo Wohn- oder<br />

Betriebsobjekte <strong>mit</strong> Ölheizungen existieren,<br />

ist nach Einzelfallprüfung die Errichtung von<br />

Horizontalkollektoren <strong>mit</strong> nicht wassergefährdenden<br />

Kälte<strong>mit</strong>teln wie z. B. R 290 –<br />

Propan bzw. CO2 möglich.)<br />

– Lage der Anlage innerhalb der Schutzzone<br />

III von Wasserschutzgebieten gemäß<br />

§ 34 Abs. 1 WRG 1959, wenn ein besonderer<br />

Schutzbedarf der Gr<strong>und</strong>wasserüberdeckung<br />

gegeben ist (z. B. Ergiebigkeitsschutzgebiet<br />

bei Nutzung gespannter <strong>und</strong><br />

artesisch gespannter Gr<strong>und</strong>wässer).<br />

– Lage der Anlage im un<strong>mit</strong>telbaren Einzugsbereich<br />

von nach § 10 Abs. 1 WRG<br />

1959 bewilligungsfreien Gr<strong>und</strong>wasserentnahmen<br />

zum Zwecke der Trinkwasserversorgung,<br />

wenn eine Beeinträchtigung zu<br />

erwarten ist.<br />

– Thermische Auswirkungen der Anlage bis in<br />

die Schutzzone II von Wasserschutzgebieten<br />

gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959.<br />

– Einschränkung bestehender Rechte an der<br />

Nutzung des Gr<strong>und</strong>wassers <strong>und</strong> des Untergr<strong>und</strong>es.<br />

– Thermische Nutzung von gespannten <strong>und</strong><br />

artesisch gespannten Gr<strong>und</strong>wasservorkommen.<br />

– Anbohren von artesischen Gr<strong>und</strong>wasservorkommen<br />

<strong>mit</strong> einem artesischen Überdruck<br />

von mehr als 3 m über Gelände.<br />

– Anbohren bzw. Durchörtern von gespannten<br />

Gr<strong>und</strong>wasservorkommen <strong>mit</strong> wesentlichen<br />

Druckunterschieden.<br />

4 Anforderungen an ein<br />

Einreichprojekt<br />

Die Anforderungen für ein wasserrechtliches Einreichprojekt<br />

sind in § 103 WRG geregelt:<br />

4.1 Erdwärmepumpe (EWP)<br />

– Eigentümer/Betreiber (Name, Anschrift, Firmensitz),<br />

Projektverfasser (verantwortliche<br />

Zeichnung)<br />

– Art <strong>und</strong> Zweck<br />

– Dauer der Erdwärmenutzung<br />

– gr<strong>und</strong>buchmäßige Bezeichnung aller<br />

beanspruchten Liegenschaften <strong>und</strong> deren<br />

Eigentümer<br />

– berührte fremde Rechte (Wasser-, Fischerei-,<br />

Einforstungsrechte etc.) einschließlich<br />

Vereinbarungen, insbesondere Angabe<br />

bestehender wasserrechtlich bewilligter<br />

Wasserversorgungsanlagen in einem Umkreis<br />

von zumindest 150 m<br />

– Gegenstand <strong>und</strong> Umfang der Inanspruchnahme<br />

fremder Rechte<br />

– technische Beschreibung der EWP<br />

– Hersteller, Fabrikat, thermische <strong>und</strong> elektrische<br />

Leistungsdaten<br />

– verwendete Werkstoffe aller Bauteile,<br />

Art <strong>und</strong> Menge der eingesetzten Arbeits<strong>mit</strong>tel<br />

(Kälte<strong>mit</strong>tel, Kältemaschinenöl,<br />

Wärmträger etc.) <strong>mit</strong> Sicherheitsdatenblättern<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

21


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

22<br />

– technische Daten des Kollektors (Anzahl<br />

der Kreise, Gesamtlänge <strong>und</strong> Gesamtinhalt<br />

der Leitungen etc.)<br />

– technische Ausrüstung <strong>und</strong> Sicherheitseinrichtungen,<br />

Betriebsweise<br />

– Darstellung der hydrologischen, hydrogeologischen<br />

<strong>und</strong> wasserwirtschaftlichen<br />

Verhältnisse<br />

– Untergr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasserverhältnisse<br />

bis zur Endteufe<br />

– Lage in wasserrechtlich besonders<br />

geschützten Gebieten<br />

– Angaben betreffend Bohrverfahren,<br />

Bohrlochausbau, oberf ächennahe Abdichtung<br />

des Kollektorkopfes, Ringraumfüllung,<br />

Verrohrung etc.<br />

– technische Vorkehrungen, die bei der<br />

Durchörterung trennender Dichtschichten<br />

zwischen Gr<strong>und</strong>wasserstockwerken<br />

ergriffen werden müssen, um deren<br />

Kurzschluss zu verhindern, einschließlich<br />

Zeitplan<br />

– Er<strong>mit</strong>tlung des Wärmebedarfes <strong>und</strong> seine<br />

vorgesehene Deckung<br />

– Betriebsvorschrift<br />

– Betriebszeitdokumentation<br />

– Wartung <strong>und</strong> Überwachung (Wasserzähler,<br />

Entnahme- <strong>und</strong> Rückleittemperatur)<br />

– Vorgangsweise bei Störungs- <strong>und</strong> Gebrechensfall<br />

– Vorgangsweise bei endgültiger Einstellung<br />

der Wärmegewinnung<br />

4.2 Gr<strong>und</strong>wasserwärmepumpe (GWP)<br />

Zusätzlich zu 4.1:<br />

– Er<strong>mit</strong>tlung des Wasserbedarfes <strong>und</strong> seine<br />

vorgesehene Deckung<br />

– Ergebnis des Pumpversuches <strong>und</strong> evtl.<br />

Beweissicherungen<br />

– Darstellung der Versickerungsanlage (samt<br />

Versickerungsleistung)<br />

– Ergebnis der rechnerischen Abschätzung<br />

der Einf usslänge der Abkühlung des Gr<strong>und</strong>wassers;<br />

bei Flurabständen unter 2 m auch<br />

Beurteilung der Wärmewirkung auf Boden<br />

<strong>und</strong> Vegetation<br />

5 Verfahrensablauf<br />

5.1 Entscheidung – Erdwärme oder<br />

W asserwärme?<br />

Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage: Energiebedarf, Geologie,<br />

abgeschätzte Kapazität der Ressource,<br />

Kosten-Nutzen<br />

5.2 Projektierung<br />

Erstellung der Antragsunterlagen nach § 103<br />

WRG unter Beiziehung eines fachk<strong>und</strong>igen <strong>und</strong><br />

befugten Ingenieurkonsulenten oder technischen<br />

Büros für Geologie <strong>und</strong> Hydrogeologie<br />

5.3 Planungsanmeldung<br />

Durchzuführen gem. § 55 (3) WRG beim wasserwirtschaftlichen<br />

Planungsorgan (FA19A – Wasserwirtschaftliche<br />

Planung <strong>und</strong> Siedlungswasserwirtschaft,<br />

Stempfergasse 5-7, 8010 Graz)<br />

5.4 Antrag um wasserrechtliche Bewilligung<br />

– Wenn durch die Bohrung <strong>und</strong>/oder den<br />

Pumpversuch eine Beeinträchtigung fremder<br />

Rechte oder öffentlicher Interessen befürchtet<br />

wird oder<br />

– bei einer Lage innerhalb eines wasserrechtlich<br />

besonders geschützten Gebiets oder<br />

Siedlungsgebiets ohne zentrale Wasserversorgung<br />

muss eine mündliche Verhandlung durchgeführt<br />

werden!<br />

– Wasserwärmepumpen:<br />

< 5 l/s --- Bezirkshauptmannschaft (BH),<br />

> 5 l/s --- Landeshauptmann (LH, FA13A<br />

– Wasserrecht, Landhausgasse 7, 8010<br />

Graz)<br />

– Erdwärmepumpen <strong>mit</strong>tels Tiefensonde:<br />

Bezirkshauptmannschaft (BH)<br />

5.5 Vorbegutachtung durch den<br />

Amtssachverständigen (ASV)<br />

5.6 Entscheidung, ob eine mündliche<br />

Verhandlung erforderlich ist<br />

Erfolgt innerhalb von 3 Monaten ab Antragstellung<br />

keine Rückmeldung der Behörde, gilt das Vorhaben<br />

als bewilligt. Ansonsten wird eine mündliche<br />

Verhandlung durchgeführt.


5.7 Parteiengehör (Wahrung der<br />

Berufungsfrist: 2 Wochen)<br />

5.8 Bewilligung – Bewilligung unter<br />

Au f agen – Ablehnung<br />

5.9 Berufung<br />

– Nächsthöhere Instanz:<br />

BH � LH � Verwaltungsgerichtshof (VwGH)<br />

LH � Lebensministerium = B<strong>und</strong>esministerium<br />

für Land-, Forstwirtschaft, Umwelt <strong>und</strong><br />

Wasserwirtschaft (BMLFUW) � VwGH<br />

– Zurückverweisung an die erste Instanz zur<br />

neuerlichen Verhandlung<br />

5.10 Entscheidung<br />

5.11 Errichtung durch ein konzessioniertes<br />

Unternehmen<br />

5.12 Kollaudierung<br />

Nach Ablauf der Bauvollendungsfrist wird die<br />

Übereinstimmung der ausgeführten Anlage <strong>mit</strong><br />

der erteilten Bewilligung überprüft.<br />

5.13 Wiederverleihung nach Ablauf der<br />

Bewilligungsfrist<br />

Im Anzeigeverfahren gilt eine Anlage für 15 Jahre,<br />

ansonsten für mindestens 10 Jahre bewilligt.<br />

Frühestens 5 Jahre, spätestens 6 Monate vor<br />

Ablauf kann ein Antrag auf Wiederverleihung<br />

eingebracht werden.<br />

6 Meldepfl ichten (an die Behörde)<br />

– Sämtliche Änderungen des Projektes<br />

– bei geringfügigen Änderungen erst bei<br />

der Kollaudierung erforderlich<br />

– sämtliche Störfälle bei der Errichtung (z. B.<br />

Austritt von Mineralölen, Übertagetreten von<br />

artesischem Wasser, Auftreten von Gasen<br />

etc.). Bei größeren Austritten von wassergefährdenden<br />

Stoffen in den Boden (>100 l)<br />

<strong>und</strong> bei jedem Austritt in das Gr<strong>und</strong>wasser<br />

sowie bei Auftritt von Gasen ist der Chemiealarmdienst<br />

des Landes Stmk., bei Austreten<br />

von artesisch gespanntem Gr<strong>und</strong>wasser<br />

auch die wasserwirtschaftliche Planung zu<br />

kontaktieren.<br />

– Sämtliche Störfälle beim Betrieb, die <strong>mit</strong><br />

einer Verunreinigung von Boden <strong>und</strong>/oder<br />

Gr<strong>und</strong>wasser einhergehen: Bei größeren<br />

Austritten von wassergefährdenden Stoffen<br />

in den Boden (> 100 l) <strong>und</strong> bei jedem Austritt<br />

in das Gr<strong>und</strong>wasser ist der Chemiealarmdienst<br />

des Landes Stmk. zu kontaktieren.<br />

– Sämtliche gemeldeten Beeinträchtigungen<br />

fremder Rechte<br />

– die Fertigstellung<br />

– das Ansuchen um Wiederverleihung<br />

– die dauerhafte Außerbetriebnahme der<br />

Anlage<br />

7 Normen <strong>und</strong> Richtlinien<br />

(auszugsweise)<br />

7.1 Rechtliche Normen<br />

– Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959)<br />

BGBl Nr. 215/1959 i. d. F. BGBl. I Nr.<br />

123/2006<br />

– Gr<strong>und</strong>wasserschutzverordnung BGBl. II Nr.<br />

398/2000<br />

– Trinkwasserverordnung BGBl. II Nr.<br />

304/2001 i. d. F. BGBl II Nr. 254/2006<br />

7.2 Regelblätter des Österreichischen<br />

W asser- <strong>und</strong> Abfallwirtschaftsverbandes<br />

– Wasserwirtschaftliche Gesichtspunkte für<br />

die Projektierung von Gr<strong>und</strong>wasserwärmepumpenanlagen,<br />

Arbeitsbehelf Nr. 3, ÖWAV,<br />

Wien 1986<br />

– Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme,<br />

Regelblatt 207, ÖWAV, Wien 1993<br />

– Bohrungen zur Gr<strong>und</strong>wassererk<strong>und</strong>ung,<br />

Regelblatt 208, ÖWAV, Wien 1993<br />

– Nutzung des Gr<strong>und</strong>wassers <strong>und</strong> der Erdwärme<br />

für <strong>Heizen</strong> <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>, Entwurf Regelblatt<br />

207-2, ÖWAV<br />

7.3 Regelblätter des Deutschen Vereins<br />

des Gas- <strong>und</strong> Wasserfaches<br />

– Sanierung <strong>und</strong> Rückbau von Bohrungen<br />

- Gr<strong>und</strong>wassermessstellen <strong>und</strong> Brunnen,<br />

Arbeitsblatt W 135, Nov. 1998<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

23


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

24<br />

– Geophysikalische Untersuchungen in Bohrungen<br />

- Brunnen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wassermessstellen,<br />

Arbeitsblatt W 110, Juni 2005<br />

– Planung, Durchführung <strong>und</strong> Auswertung von<br />

Pumpversuchen bei der Wassererschließung<br />

- Arbeitsblatt W 111, März 1997<br />

– Bohrungen zur Erk<strong>und</strong>ung, Gewinnung <strong>und</strong><br />

Beobachtung von Gr<strong>und</strong>wasser – Arbeitsblatt<br />

W 115, März 2001<br />

– Verwendung von Spülungszusätzen in Bohrspülungen<br />

bei Bohrarbeiten im Gr<strong>und</strong>wasser<br />

– Arbeitsblatt W 116, Apr. 1998<br />

– Bestimmung des Schüttkorndurchmessers<br />

<strong>und</strong> hydrologischer Parameter aus der Korngrößenverteilung<br />

für den Bau von Brunnen<br />

– Arbeitsblatt W 113, März 2001<br />

– Qualif kationsanforderungen für die Bereiche<br />

Bohrtechnik, Brunnenbau <strong>und</strong> Brunnenregenerierung<br />

– Arbeitsblatt W 120, Dez. 2005<br />

– Gewinnung <strong>und</strong> Entnahme von Gesteinsproben<br />

bei Bohrarbeiten zur Gr<strong>und</strong>wassererschließung<br />

– Arbeitsblatt W 114, Juni 1989<br />

7.4 ÖNORMEN<br />

– ÖNORM B 2400: Hydrologie – Hyd rograf<br />

sche Fachausdrücke <strong>und</strong> Zeichen,<br />

1. 11. 2004<br />

– ÖNORM B 2601: Wassererschließung<br />

– Brunnen – Planung, Bau <strong>und</strong> Betrieb,<br />

1. 2. 2004<br />

– ÖNORM B 2602: Wassererschließung –<br />

Quellfassungsanlagen – Planung, Bau,<br />

Betrieb, 1. 6. 2004<br />

– ÖNORMEN M 7753, M 7755-1, M 7763<br />

„Technische Ausführung von Wärmepumpenanlagen“<br />

– ÖNORM B 3120-3: Natürliche Gesteine –<br />

Probenahme – Körnungen, 1. 6. 2004<br />

– ÖNORM B 4422-2: Erd- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>bau –<br />

Untersuchung von Böden – Bestimmung der<br />

Wasserdurchlässigkeit – Feldmethoden für<br />

oberf ächennahe Schichten, 1. 6. 2002<br />

– ÖNORM EN ISO 14688-1: Geotechnische<br />

Erk<strong>und</strong>ung <strong>und</strong> Untersuchung – Benennung,<br />

Beschreibung <strong>und</strong> Klassif zierung von Bo-<br />

–<br />

–<br />

–<br />

den, Teil 1: Benennung <strong>und</strong> Beschreibung,<br />

1. 2. 2003<br />

ÖNORM EN ISO 14688-2: Geotechnische<br />

Erk<strong>und</strong>ung <strong>und</strong> Untersuchung – Benennung,<br />

Beschreibung <strong>und</strong> Klassif zierung von<br />

Boden, Teil 2: Gr<strong>und</strong>lagen der Bodenklassif<br />

zierung, 1. 12. 2004<br />

ÖNORM EN ISO 22475-1: Probenentnahmeverfahren<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wassermessung, Teil<br />

1: Technische Gr<strong>und</strong>lagen der Ausführung,<br />

1. 12. 2006<br />

ÖNORMEN B 4401, Teil 1-4: Erd- <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>bau – Erk<strong>und</strong>ung durch Schürfe <strong>und</strong><br />

Bohrungen sowie Entnahme von Proben


<strong>Beton</strong> als Speichermasse – Konzepte für Energieoptimierung <strong>und</strong><br />

Behaglichkeit<br />

Arch. DI Ernst GISELBRECHT<br />

Ernst Giselbrecht + Partner architektur zt gmbh, Graz<br />

Klimadesign, Energieoptimierung <strong>und</strong> Behaglichkeit<br />

sind Themen unserer Zeit, welche nicht nur<br />

die Bauherren <strong>und</strong> Gebäudeerrichter interessieren,<br />

sondern auch alle Nutzer.<br />

Moderne Architektur zeigt sich nicht nur darin,<br />

dass sie den Zeitgedanken Formen gibt, sondern<br />

auch die Energieopti mierung zum Thema der<br />

Gebäude macht. Es geht uns Architekten also<br />

darum, die Energiedaten zu optimieren, die Materialien<br />

richtig einzusetzen, <strong>und</strong> darüber hinaus<br />

soll dieses neue Interesse auch zu einer neuen<br />

Ästhetik führen, zu einer Architektur, die in ihrer<br />

Ausformung Ausdruck dieser neuen Gesinnung<br />

ist. Um dies zu erreichen, ist eine der Optionen,<br />

die zur Verfügung stehenden Materialien so zu<br />

wählen, dass sie ihre spezif schen Potenziale einsetzen<br />

können. Ein wichtiges Thema dabei ist die<br />

Speichermasse, <strong>und</strong> wie schon in der Einleitung<br />

erwähnt, ist <strong>Beton</strong> hier das Material schlechthin,<br />

welches wir in der Architektur verwenden.<br />

Als Architekten haben wir während des Studiums<br />

gelernt, dass wir unsere Bauwerke in das<br />

geograf sche Umfeld einbinden sollen. Heute ist<br />

es so, dass wir unsere Gebäude nicht nur in den<br />

landschaftlichen, sondern auch in den energetischen<br />

Umraum einfügen sollen. Dies wird immer<br />

mehr zum Thema, da sich dadurch Synergien <strong>und</strong><br />

Möglichkeiten ergeben, welche in großem Rahmen<br />

Energieeinsparungen bringen. Wenn wir das<br />

Potenzial des energetischen Umraums nutzen<br />

wollen, so brauchen wir die Möglichkeit der Speicherung,<br />

da die Energiepotenziale nicht jederzeit<br />

zur Verfügung stehen. <strong>Beton</strong> ist in diesem Fall<br />

ein ideales Material für uns Architekten, da <strong>Beton</strong><br />

neben der Speicherung auch noch viele andere<br />

Aufgaben übernehmen kann. So ist z. B. die Statik,<br />

die Raumbildung, aber auch die ästhetische<br />

Komponente der Oberf äche von Sichtbeton aus<br />

vielen modernen Architekturen nicht mehr wegzudenken.<br />

VN Medienhaus, Schwarzach<br />

Neben der Speicherfähigkeit ist es natürlich auch<br />

die Aktivierung der <strong>Beton</strong>teile, welche eine breite<br />

Verwendungs möglichkeit von Energie potenzialen<br />

bietet. Wir verwenden unser Tragsystem nicht<br />

nur für die Konstruktion des Bauwerks, sondern<br />

gleichzeitig für Heizung <strong>und</strong> Kühlung.<br />

Wie wir alle wissen, ist die Strahlungswärme<br />

<strong>mit</strong> Abstand die gesündeste <strong>und</strong> angenehmste<br />

Wärme. Mithilfe der <strong>Beton</strong>kern aktivierung können<br />

wir nicht nur das Prinzip des Kachelofens für das<br />

ganze Gebäude einsetzen, sondern das Gebäude<br />

auch kühlen.<br />

Wir sind heute aufgefordert, sehr leichte Gebäude<br />

zu bauen. Das hat da<strong>mit</strong> zu tun, dass die Masse<br />

eines Gebäudes in der heutigen Zeit auch einer<br />

der Indikatoren für die Kosten ist. Wir können<br />

<strong>mit</strong>hilfe der <strong>Beton</strong>kernaktivierung sehr leichte<br />

Gebäude <strong>mit</strong> dünnen Mauern bauen <strong>und</strong> einige<br />

Zentimeter hinter der Oberf äche die Wärme<br />

abführen. Dies führt dazu, dass wir in diesen<br />

leichten Gebäuden im Sommer ein Klima haben,<br />

wie wir es von alten Schlössern <strong>mit</strong> meterdicken<br />

Mauern kennen.<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

25


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

26<br />

▲ Biokatalyse, Graz<br />

▼ Villa R., Graz


In diesem Zusammenhang müssen natürlich die<br />

Einsatz möglichkeiten der Materialien intelligent<br />

verknüpft werden. Es geht darum, dass die Qualitäten<br />

des Glases <strong>mit</strong> den Qualitäten der Speichermasse<br />

verb<strong>und</strong>en werden, um so Behaglichkeit<br />

zu schaffen. Das Multitalent <strong>Beton</strong> hilft uns dabei,<br />

<strong>und</strong> ich darf Ihnen einige Beispiele aus meinem<br />

Architektur büro zeigen.<br />

Medienhaus der Vlbg. Nachrichten<br />

Das Vorarlberger Medienhaus ist ein Beispiel<br />

dafür, wie Betriebsgebäude Energiepotenziale<br />

nutzen können. Die Heizung dieses Gebäudes<br />

wird gespeist durch die Abwärme der Druckmaschine.<br />

Das Gebäude ist eines der ersten,<br />

bei denen in Vorarlberg <strong>Beton</strong>kernaktivierung<br />

angewandt wurde. Die Kühlung verläuft über die<br />

Piloten, die notwendig waren, da sehr schlechte<br />

Gr<strong>und</strong>verhältnisse den Bau dort bestimmten. Die<br />

Piloten gehen ca. 36 m tief ins Erdreich <strong>und</strong> sind<br />

auch aktiviert <strong>und</strong> bestreiten die Kühlung. Das<br />

Gebäude hat ca. 5.000 m² Nutzf äche <strong>und</strong> weist<br />

Energiekosten für Heizung <strong>und</strong> Kühlung pro Jahr<br />

auf, die einem Einfamilienhaus entsprechen.<br />

Roche Diagnostics - New Site Graz<br />

Die Kühlanlagen der Reinräume übernehmen in<br />

der produktionsfreien Zeit die Kühlung über die<br />

<strong>Beton</strong>kern aktivierung. Die Speicherfähigkeit von<br />

<strong>Beton</strong> macht es möglich, die Zeiten, in denen keine<br />

<strong>Kühlen</strong>ergie zur Verfügung steht, zu überbrücken.<br />

So ist es möglich, ein Kühl aggregat einzusparen<br />

<strong>und</strong> die vorhandenen optimal einzusetzen.<br />

Biokatalyse TU Graz<br />

Laborgebäude <strong>mit</strong> Verglasung nach Süden - die<br />

besondere städtebauliche Situation machte es<br />

notwendig, dieses Laborgebäude nach Süden zu<br />

orientieren. Mithilfe von speziellen Sonnenschutzelementen,<br />

welche dem Gebäude als dynamische<br />

Fassade eine spezielle Ästhetik verleihen, <strong>und</strong><br />

der <strong>Beton</strong>kernaktivierung war es möglich, ein<br />

höchst behagliches Arbeitklima für dieses internationale<br />

Forschungszentrum zu realisieren.<br />

Villa in Rot<br />

Die Anwendung von Erdsonden <strong>und</strong> Wärmepumpe<br />

in Verbin dung <strong>mit</strong> <strong>Beton</strong>kernaktivierung schafft<br />

neue Möglichkeiten für Behaglichkeit auch im<br />

Wohnhausbau.<br />

Zentrale ÖWG/ÖWGES GRAZ<br />

Die größte steirische Wohnbaugenossenschaft<br />

hat für ihre Zentrale einen baukünstlerischen<br />

Wettbewerb ausgeschrieben, den wir gewinnen<br />

konnten. Das Gebäude beinhaltet neben den<br />

Administrations- <strong>und</strong> Technikerbüros auch eine<br />

Repräsentations- <strong>und</strong> Servicezone. Sämtliche<br />

Decken <strong>und</strong> <strong>Beton</strong>teile sollen aktiviert werden <strong>und</strong><br />

über ein Erdsondenfeld <strong>und</strong> Wärmepumpen die<br />

Heiz- <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>ergie beziehen.<br />

Zusammen <strong>mit</strong> einer kontrollierten Be- <strong>und</strong> Entlüftung<br />

soll eine optimale Behaglichkeit garantiert<br />

werden. Dies könnte große Breitenwirkung haben<br />

<strong>und</strong> so vielleicht demnächst zum Standard im<br />

steirischen Wohnbau werden.<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

27


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

28<br />

Schnittstelle <strong>Beton</strong> <strong>und</strong> Kühltechnik – von der<br />

Baustellenkoordination bis zur Gewährleistung<br />

DI Dr. techn. Gernot TILZ<br />

REHAU Gesellschaft m.b.H., Guntramsdorf<br />

Die Nutzung regenerativer Quellen auf der<br />

„Energiegewinnungsseite“ sowie die eff ziente<br />

Energieverteilung <strong>und</strong> Abgabe auf der „Nutzerseite“<br />

haben den Einsatz neuer Technologien <strong>und</strong><br />

Verfahren im Bauwesen erzwungen.<br />

Dem schnell wachsenden Markt <strong>und</strong> unbändigen<br />

Nachfragen nach derartigen Lösungen waren<br />

Planer, Verarbeiter <strong>und</strong> Systemanbieter in letzter<br />

Zeit nicht stets gewachsen.<br />

Nach vielen Versuchen <strong>und</strong> differenzierten Ansätzen<br />

<strong>mit</strong> anschaulichen, aber auch weniger glücklichen<br />

Lösungen lassen sich aus heutiger Sicht<br />

Qualitätskriterien def nieren, die, in Abhängigkeit<br />

der Projekteigenschaften, bestimmte Anforderungen<br />

an Planung, Verarbeitung, Systemkomponenten<br />

oder Materialien def nieren.<br />

Basis dieser Entwicklung war das intensive<br />

Zusammenspiel aus Forschung <strong>und</strong> Entwicklung,<br />

Fachplanern, Verarbeitern <strong>und</strong> der Industrie,<br />

Tab. 1: Qualitätskriterien <strong>und</strong> Einfl ussparameter bei Bauteilaktivierung <strong>und</strong> Geothermie<br />

deren Symbiose serienreife Systeme entsprungen<br />

sind, die wesentliche Qualitätskriterien wie<br />

– Betriebssicherheit<br />

– Dauerhaftigkeit<br />

– Eff zienz<br />

– Nachhaltigkeit in Hinblick auf<br />

Gewässer- <strong>und</strong> Bodenschutz<br />

erfüllen.<br />

Die eff ziente Kombination aus Aktivierung<br />

speicherwirksamer Massen <strong>und</strong> geothermischen<br />

Potenzialen ist längstens bekannt (Abb. 1). Um<br />

diesen Systemen auch langfristig einen fruchtbaren<br />

Boden für die eff ziente Gebäudebewirtschaftung<br />

zu sichern, bedarf es eines strikten<br />

Qualitätsmanagements, das sämtliche Bereiche<br />

der Herstellung, der Einzelkomponenten sowie<br />

der Planung berücksichtigt.<br />

Diese lassen sich im Wesentlichen in folgende<br />

Teilbereiche (Tab. 1) abbilden:<br />

Qualitätskriterium Dimensionierung Tiefbauverfahren Konstruktion Materialqualität<br />

Einf ussparameter – Heizbetrieb – Geologie<br />

– Leitungsstruktur – Mediumtemperatur<br />

– Kühlbetrieb – Wasserverhältnisse – Verlegeschema – Druck<br />

Betriebsst<strong>und</strong>en Bohrverfahren<br />

Schachtkonzept – mechanische<br />

– Lasten<br />

– Bohrtiefe<br />

– Flexibilität<br />

Beanspruchung<br />

– Regelung – Verpressvorgang – Zugänglichkeit – chemische<br />

– etc.<br />

– etc.<br />

– etc.<br />

Beanspruchung<br />

– etc.<br />

Abb. 1: Decken-Temperaturprofi l bei <strong>Beton</strong>kerntemperierung. Quelle: Tilz REHAU Gesellschaft m.b.H.


Heutige Erfahrungen zeigen uns, dass gerade<br />

im kombinierten Heiz- <strong>und</strong> Kühlbetrieb die hohe<br />

Eff zienz <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit der beschriebenen<br />

Anlagen liegt. Doch gerade in diesen Fällen sind<br />

aufgr<strong>und</strong> der höheren Beanspruchung, aufwändigeren<br />

Regelungen <strong>und</strong> komplexeren Hydraulikschemen<br />

alle Projektbeteiligten besonders<br />

gefordert.<br />

Wir sprechen aber auch von der Notwendigkeit<br />

einer exakten Darstellung bauphysikalischer<br />

Randbedingungen, die in standardisierten Berechnungstools<br />

geringen Einf uss f nden. Hocheff<br />

ziente Gebäude, die nicht zuletzt vom Einf uss<br />

solarer Gewinne abhängig sind, weisen eine<br />

Abb. 2: Fehlende Punktlastbeständigkeit bei PE-100-Rohren<br />

Quelle: Tilz REHAU Gesellschaft m.b.H.<br />

Abb. 3: Geplante Leitungsstrukturen als Mindeststandard<br />

Quelle: Tilz REHAU Gesellschaft m.b.H., Forster<br />

hohe Empf ndlichkeit gegenüber wechselnden<br />

Witterungsverhältnissen auf. Die Herausforderung<br />

liegt darin, den Spagat zwischen hoher Flexibilität<br />

in Hinblick auf wechselnde Witterungsverhältnisse<br />

<strong>und</strong> einem trägen Abgabesystem zu schaffen,<br />

eine Kunst an Dimensionierung <strong>und</strong> Regelungstechnik.<br />

Flexibilität betrifft einen weiteren wichtigen<br />

Bereich – jenen der Nutzung: Die Eff zienz einer<br />

geo thermischen Anspeisung der <strong>Beton</strong>kerntemperierung<br />

steigt <strong>mit</strong> zunehmendem <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf.<br />

Diese sind vorwiegend bei komplexen<br />

Gebäuden im Bürohaus- <strong>und</strong> Industriebau<br />

vorzuf nden. Dort werden wir auch zunehmend<br />

Abb. 4: Positiv- <strong>und</strong> Negativ-<br />

Beispiel einer Verpressung<br />

– direkter Einfl uss auf die<br />

Effi zienz der Anlage<br />

Quelle: Tilz/Forster<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

29


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

30<br />

<strong>mit</strong> häuf gen Nutzerwechseln oder veränderlichen<br />

Raumstrukturen konfrontiert. Nur ausgeklügelte<br />

Leitungsstrukturen <strong>und</strong> Strangkonzepte könne<br />

auch dauerhaft diese räumliche Flexibilität gewährleisten.<br />

Dieser Qualitätsanspruch, der seinen<br />

Anfang in den ersten Gr<strong>und</strong>zügen der Planung<br />

f nden muss, wirkt sich auch wesentlich auf den<br />

Betrieb sowie die Wartung <strong>und</strong> Instandhaltung<br />

des Gebäudes aus. Die Anforderung, den technischen<br />

Ausbau zugänglich <strong>und</strong> kontrollierbar zu<br />

halten, soll als Voraussetzung gelten. Sowie auch<br />

die Ansprüche an Verarbeitung <strong>und</strong> Materialqualität.<br />

Die Werkstoffbranche hat an die hohen Anforderungen<br />

an Systemkomponenten bei der<br />

Verbauung von Rohren in Schüttmaterial, wie<br />

etwa im Bereich der <strong>Beton</strong>kerntemperierung<br />

oder Geothermie, reagiert. Fehler durch Einsatz<br />

minderwertiger Rohrqualität, wie sie Anfang der<br />

80-er-Jahre im Bereich der Fußbodentechnik<br />

z. B. <strong>mit</strong> PEHD gemacht wurden, sollten auch in<br />

der <strong>Beton</strong>kerntemperierung <strong>und</strong> Geothermie der<br />

Vergangenheit angehören. So kann im Deckenbereich<br />

der Einsatz von PE-Xa als Standard<br />

angesehen werden, im Erdbereich haben sich die<br />

kunststofftechnischen Schwächen von PE 100<br />

bis dato noch nicht zur Gänze verbreitet. Tatsachen,<br />

wie die fehlende Punktlastbeständigkeit<br />

(siehe Abb. 2), das ausgeprägte Risswachstum<br />

bei Kerbverletzungen <strong>und</strong> die geringe Temperaturbeständigkeit<br />

bei PE 100, sollten gerade in<br />

Hinblick auf den steigenden <strong>Kühlen</strong>ergiebedarf<br />

unbedingt berücksichtigt werden. Der Einsatz von<br />

vernetztem Polyethylen sollte sich als Standard<br />

durchsetzen.<br />

Denn die Rohrqualität <strong>und</strong> die zugehörige Verarbeitung<br />

(Bohrung, Verpressung etc.) haben<br />

direkte Auswirkungen auf wesentliche Eigenschaften<br />

der Anlagen wie Dauerhaftigkeit, Betriebssicherheit,<br />

Eff zienz oder wasserrechtliche<br />

Aspekte (Abb. 3). Zur Sicherung des langfristigen<br />

Erfolges der <strong>Beton</strong>kernaktivierung in Kombination<br />

<strong>mit</strong> geothermischen Potenzialen führt deswegen<br />

kein Weg an einer interdisziplinäre Betrachtungen<br />

nach Tab. 1 vorbei. Letztendlich kann nur dieses<br />

übergreifende Systemdenken Ausgang für noch<br />

eff zientere Lösungen im Dienste einer nachhaltigen<br />

Gebäudebewirtschaftung sein.


Schnittstelle <strong>Beton</strong> <strong>und</strong> Akustik – schalltechnische Optimierung<br />

thermisch genutzter Decken<br />

Ing. Manfred BULLA<br />

Saint-Gobain Ecophon, Leibnitz<br />

Herausforderungen zwischen<br />

Architektur <strong>und</strong> Technik<br />

Die Kühlung moderner Bürogebäude durch <strong>Beton</strong>kerntemperierung<br />

(BKT) hat sich in den letzten<br />

Jahren in Europa zu einem elementaren Bestandteil<br />

der technischen Gebäudekonzepte entwickelt.<br />

Insbesondere die wirtschaftlichen Aspekte eines<br />

ressourcenschonenden Heiz- <strong>und</strong> Kühlbetriebs,<br />

aber auch die Vorteile im Hinblick auf eine komfortable<br />

Temperierung überzeugen dabei. Eine<br />

behagliche Raumtemperatur lässt sich durch die<br />

Nutzung großer Speichermassen <strong>und</strong> lediglich<br />

geringer Temperaturdifferenzen zwischen System<br />

<strong>und</strong> Raum herstellen.<br />

Für Planer <strong>und</strong> Bauherren ist dieser Trend besonders<br />

dann eine Herausforderung, wenn die<br />

Überschneidung <strong>mit</strong> akustischen Lösungen im<br />

Deckenbereich stattf ndet. Die thermische wie<br />

die akustische Anwendungsforschung zeigen<br />

jedoch: Es gibt Möglichkeiten, beiden Aspekten<br />

durch eine frühzeitige <strong>und</strong> ganzheitliche Planung<br />

gerecht zu werden.<br />

Mit dem Ziel, das System der Flächenkühlung<br />

umfangreich zu nutzen <strong>und</strong> dabei mindestens die<br />

thermische Gr<strong>und</strong>last im Gebäude abzudecken,<br />

müssen allerdings gr<strong>und</strong>sätzliche Entscheidungen<br />

über die Ansprüche an das Gebäude <strong>und</strong> den<br />

Raum getroffen werden.<br />

Basisentscheidungen zum Gebäude<br />

Basisentscheidungen zum Gebäudetyp <strong>und</strong> der<br />

Gebäudestruktur bilden die Voraussetzung für die<br />

Verbindung des akustischen Konzeptes <strong>mit</strong> der<br />

Funktionsweise der <strong>Beton</strong>kerntemperierung:<br />

– Begrenzung der Kühl- <strong>und</strong> Heizlasten durch<br />

Gebäudegestaltung <strong>und</strong> -konstruktion<br />

– größtmögliche Bauschwere zur thermischen<br />

Speicherfähigkeit<br />

– Akzeptanz einer eingeschränkten individuellen<br />

<strong>und</strong> genauen Regelbarkeit der Solltemperatur<br />

– Adaptation des Lüftungssystems an das<br />

thermische Konzept<br />

Die Decke <strong>mit</strong> ihrer Doppelfunktion im Hinblick auf<br />

die Temperierung <strong>und</strong> Bedämpfung des Raumes<br />

erhält dabei einen besonderen Einf uss.<br />

Konkurrierende Ansprüche an die<br />

Deckenfl äche<br />

Wesentliche Bedeutung hat der thermische<br />

Komfort im Aufenthaltsbereich des Raumes bis zu<br />

einer Höhe von 2,0 m. Um dabei ein adäquates<br />

Maß an Kühlung zu erreichen, muss in der Regel<br />

ein wesentlicher Teil der Deckenf äche unverdeckt<br />

bleiben. Gleichzeitig benötigt die akustische<br />

Konditionierung des Raumes ebenfalls große<br />

Anteile der Deckenf äche. Denn zum einen kann<br />

das notwendige Maß an Absorptionsf äche über<br />

andere Raumbegrenzungsf ächen oder Einrichtungsgegenstände<br />

nur schwer erreicht werden,<br />

zum anderen ist die Minderung der Schallausbreitung<br />

entscheidend für die Privacy im Raum.<br />

Offenk<strong>und</strong>ig nimmt der Temperaturverlauf an der<br />

Decke Einf uss auf die empf<strong>und</strong>ene (operative)<br />

Raumtemperatur, die sich aus der Lufttemperatur<br />

<strong>und</strong> der <strong>mit</strong>tleren Strahlungstemperatur der<br />

Umgebungsf ächen ergibt. Untersuchungen in<br />

der Klimakammer haben jedoch gezeigt, dass<br />

der thermische Komfort im Raum nicht allein von<br />

der energetischen Eff zienz der BKT abhängt.<br />

Auch die weiteren Raumbegrenzungsf ächen <strong>und</strong><br />

die Wärmeübertragung zur Decke wirken sich<br />

entsprechend aus. Das Eintreten von konvektiver<br />

Kälteemission kann durch den Einsatz von<br />

Deckensegeln gezielt unterstützt werden. Zahlreiche<br />

Randbedingungen bieten also Spielraum für<br />

die parallele Verwirklichung von akustischem <strong>und</strong><br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

31


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

32<br />

SÜC Coburg, Verwendung von Ecophon-Baffeln in den Büroräumen<br />

thermischem Komfort. Die thermische Behaglichkeit<br />

kann deshalb auch <strong>mit</strong> einer anteiligen<br />

Nutzung der Deckenf äche für akustische Maßnahmen<br />

erhalten bleiben, allerdings wächst der<br />

Energieaufwand da<strong>mit</strong> stärker.<br />

Die Entscheidung für das erforderliche Maß<br />

an raumakustischem Komfort orientiert sich an<br />

Raumform <strong>und</strong> -größe, Raumbelegung <strong>und</strong> Aktivität.<br />

Es gilt zu bedenken, dass die Einschränkung<br />

von oder der Verzicht auf effektive Akustikmaßnahmen<br />

sich kontinuierlich leistungsmindernd<br />

auswirken kann. Für den Einsatz in betonkernaktivierten<br />

Gebäuden, in denen nur eine geringe<br />

„Störung“ der thermisch aktivierten Deckenf äche<br />

durch Akustikmaßnahmen erlaubt ist, können<br />

akustisch höchstwirksame Baffelelemente oder<br />

kleinformatige Deckensegel eine ver<strong>mit</strong>telnde<br />

Lösung darstellen. Allerdings ermöglicht nur eine<br />

bewusste Auswahl <strong>und</strong> Platzierung der akustischen<br />

Elemente eine zuverlässige Wirkungsweise<br />

des thermischen Systems.


Die frühe Verankerung des raumakustischen<br />

Komforts innerhalb des Gesamtkonzeptes unterstützt<br />

eine gelungene <strong>und</strong> nutzerorientierte<br />

Raumgestaltung, denn: Akustik ist unverzichtbar.<br />

Doch im Hinblick auf eine wirksame <strong>Beton</strong>kerntemperierung<br />

ist nicht nur der Anteil der akustisch<br />

genutzten Deckenf äche zu berücksichtigen. Auch<br />

die Art der Luftführung trägt erheblich zum thermischen<br />

Komfort bei.<br />

Die Anpassung der akustischen<br />

Lösung an das Lüftungssystem<br />

Eine durchdachte Wahl von Akustikelementen<br />

<strong>und</strong> eine sorgfältige Planung der Raumluftführung<br />

sind Gr<strong>und</strong>voraussetzung für eine effektive Abfuhr<br />

der Wärmelasten über die Decke. Im europäischen<br />

Raum lassen sich dabei gr<strong>und</strong>sätzlich zwei<br />

Systeme unterscheiden.<br />

Quelllüftung wird üblicherweise für das zusätzliche<br />

Abkühlen des Raumes verwendet. Deshalb<br />

unterstützt es die Behaglichkeitstemperatur im<br />

Aufenthaltsbereich, wo kühlere Luft vom Boden<br />

aus entlang der Wärmequellen (Büromaterial,<br />

Personen) aufsteigt. Mischlüftung ist eine sehr<br />

häuf ge Form der Luftverteilung <strong>und</strong> wird <strong>mit</strong>unter<br />

für die zusätzliche Beheizung verwendet. Sie<br />

erlaubt eine gleichmäßige Temperaturverteilung<br />

im ganzen Raum.<br />

Untersuchungsergebnisse deuten an, dass ein<br />

erheblicher Anteil an der Raumkühlung durch die<br />

natürliche Konvektion erzeugt wird. Deshalb ist es<br />

wichtig, die Luftumwälzung unter der Decke nicht<br />

zu behindern. Abhängig vom akustischen System,<br />

dem Belegungsgrad der Decke, der Abhängehöhe<br />

zur Decke <strong>und</strong> den Entfernungen zwischen den<br />

akustischen Elementen können unterschiedliche<br />

Effekte auf die Kühlwirkung eintreten.<br />

Eine Belegungsdichte von 30-45 % der Raumgr<strong>und</strong>f<br />

äche stellt bereits häuf g eine sinnvolle<br />

akustische Maßnahme dar. Generell zeigt sich,<br />

dass da<strong>mit</strong> geringe Minderungen in der Kühlleistung<br />

<strong>und</strong> stabile Raumtemperaturen erreicht<br />

werden können.<br />

Ob eine derartige raumakustische Gestaltung für<br />

die vorgesehene Nutzung ausreichend ist, lässt<br />

sich erst in der individuellen Planung erkennen.<br />

Für eine optimale akustische Umgebung kann<br />

dann die ergänzende Nutzung untemperierter Flächen<br />

erforderlich sein. Dazu eignen sich Wandf ächen,<br />

Abkofferungen oder Deckenrandbereiche.<br />

Bewusste Entwicklung von<br />

anspruchsgerechten Räumen<br />

Die <strong>Beton</strong>kerntemperierung als nachhaltige<br />

Lösung f ndet nicht zuletzt solch großen Anklang<br />

durch die Vordergründigkeit der schieren <strong>Beton</strong>decke<br />

als zeitlose Verbindung von Form <strong>und</strong><br />

Funktion. Die Ergänzung dieses Systems durch<br />

akustische Elemente setzt sowohl funktionale als<br />

auch ästhetische Akzente. Es entstehen räumliche<br />

Umgebungen, die sich an den Kernbedürfnissen<br />

des Menschen orientieren <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> für eine<br />

bewusste Planung stehen.<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

33


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

34<br />

<strong>Beton</strong>fertigteile liefern Heiz- <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>ergie – die neue<br />

Trepka-Zentrale<br />

Bmstr. DI (FH) Robert KAMLEITNER<br />

Alfred Trepka GmbH, Obergrafendorf, www.trepka.at<br />

Ziel der Firmenleitung war es, ein zeitgemäßes<br />

Gebäude für zeitgemäßes Arbeiten zu schaffen.<br />

Dies spiegelte sich in Vorgaben wie Funktionalität,<br />

Transparenz <strong>und</strong> Energieeff zienz. Aufgr<strong>und</strong> der<br />

Tatsache, dass <strong>Beton</strong> im Allgemeinen <strong>und</strong> Fertigteile<br />

im Speziellen unser Haupteinsatzgebiet sind,<br />

war klar, <strong>mit</strong> welchem Material wir bauen. Die<br />

hohe Wärmespeicherkapazität des <strong>Beton</strong>s legte<br />

für uns den Schluss nahe, ein Energiekonzept zu<br />

entwickeln, das <strong>Beton</strong> als Energiespeicher nutzt.<br />

Energiekonzept<br />

Klar ist, dass wer modern, innovativ <strong>und</strong> nachhaltig<br />

baut, nicht auf Energieträger wie Öl oder Gas<br />

greifen kann. Zur Gewährleistung der gewünschten<br />

Raumtemperatur <strong>und</strong> zur Sicherstellung einer<br />

ausreichenden Lüftung wurde ein Raumkonditionierunsgskonzept<br />

umgesetzt, das aus einer mechanischen<br />

Lüftung (kontrollierte Zu- <strong>und</strong> Abluft<br />

<strong>mit</strong> Wärmerückgewinnung) sowie einer Bauteilaktivierung<br />

(Wasser-Wasser-Wärmepumpe) besteht.<br />

Für die Nutzung des Energiespeichers <strong>Beton</strong><br />

wurden die Parapetwände (<strong>Beton</strong>sandwichwände)<br />

<strong>und</strong> die <strong>Beton</strong>decken vorgesehen (Abb. 1).<br />

Die kontrollierte Belüftung erfolgt in den Büros<br />

<strong>und</strong> wird in der zentralen Halle abgesaugt. Diese<br />

zentrale Halle (Abb. 2), das Herz des Gebäudes,<br />

dient zur passiven Solarenergienutzung <strong>und</strong> auch<br />

als grüne Lunge.<br />

Zur Abschätzung der thermischen Qualität wurde<br />

ein dynamisches Simulationsmodell des Gebäudes<br />

über ein Jahr simuliert. Daraus ergab sich<br />

eine Energiekennzahl von 20 kWh/m 2 a.<br />

Abb. 1: Systemansicht der betontemperierten Bauteile<br />

(rot)<br />

Abb. 2: Eingangshalle <strong>mit</strong> grüner Lunge


Planung<br />

Das von Bauatelier Schmelz & Partner vorgegebene<br />

Entwurfskonzept <strong>und</strong> Raumprogramm<br />

wurde durch die bürointerne Planungsabteilung<br />

in Zusammenarbeit <strong>mit</strong> dem Statiker, Herrn<br />

DI Schuh, in eine Fertigteillösung umgeplant.<br />

Ca. 74 % der massiven Gebäudeaußenhülle sind<br />

aus Stahlbetonfertigteilen. Hinzu kommen noch<br />

die Säulen sowie Unterzüge bzw. Träger.<br />

Vor allem bei der Planung der als Energiespeicher<br />

nutzbaren Sandwichwände (Abb. 3) sowie<br />

der Sonderelementdecken (Abb. 4) wurden,<br />

neben einer genauen Führung der Schläuche,<br />

auch deren exakte Anschlüsse geplant. Bei der<br />

Sonderelementdecke wurde eine trapezförmige<br />

Untersicht geplant, um einerseits die <strong>Beton</strong>oberf<br />

äche zu erhöhen <strong>und</strong> andererseits die Möglichkeit<br />

zu bieten, an den Tiefpunkten Befestigungen<br />

von Lampen, Einrichtungen etc. durchführen zu<br />

können. Nebenbei wirkte sich die Prof lierung der<br />

Untersicht positiv auf die Raumakustik aus.<br />

In die Fertigteilsäulen (40 cm x 40 cm) <strong>mit</strong> einer<br />

Länge von ca. 16,0 m wurde ein Kunststoffrohr<br />

Abb. 3: Systemschnitt<br />

Sandwichwand<br />

Abb. 4: Systemschnitt Sonderelementdecke<br />

DN100 <strong>mit</strong>eingeplant, um zusätzliche Geschossverbindungen<br />

für Leitungsführungen zu ermöglichen.<br />

Produktion der Fertigteile zum <strong>Heizen</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong><br />

Die Sandwichwand <strong>mit</strong> einem Aufbau von 8 cm<br />

Vorsatzschale, 16 cm Dämmung <strong>und</strong> 14 cm Tragschale<br />

wurde gr<strong>und</strong>legend wie eine übliche Sandwichplatte<br />

produziert. Es wurden lediglich auf den<br />

Bewehrungskorb der Tragschale die Schläuche<br />

für den Transport der Heiz- <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>ergie<br />

geb<strong>und</strong>en (Abb. 5). Auf die richtige Führung der<br />

Schläuche sowie deren Anschluss beim Fertigteil<br />

wurde besonders Wert gelegt.<br />

Abb. 5: Bewehrungskorb <strong>mit</strong> aufgeb<strong>und</strong>enen Schläuchen<br />

Des Weiteren wurde die Oberf äche der Vorsatzschale<br />

2-mal gesäuert <strong>und</strong> hydrophobiert,<br />

wodurch diese vor Verschmutzung <strong>und</strong> Regen<br />

geschützt wird. Die Farbe (Anthrazit) erzielten wir<br />

durch Beigabe von Eisenoxyd-Schwarz.<br />

Für die Prof lierung der Sonderelementdecke wurden<br />

Trapezteile aus Holz in die Schalung eingelegt.<br />

Ansonsten wurden ähnlich wie bei der Sandwichwand<br />

die Schläuche auf die Bewehrung geb<strong>und</strong>en,<br />

in die Schalung verlegt <strong>und</strong> <strong>mit</strong>einbetoniert.<br />

Bauphase<br />

Baubeginn war Juli 07. Wie meistens bei hausinternen<br />

Baustellen, werden diese bei guter Auftragslage<br />

hintangestellt. So war fast den ganzen<br />

Sommer Stillstand <strong>und</strong> erst im Oktober 07 wurde<br />

wieder weitergearbeitet. Aufgr<strong>und</strong> der hohen An-<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

35


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

36<br />

zahl an Fertigteilen <strong>und</strong> der da<strong>mit</strong> witterungsunabhängigen<br />

Montage, konnte aber trotzdem eine<br />

Komplettbauzeit (BM + Professionisten) von<br />

11 Monaten realisiert werden.<br />

Im Vergleich zu Standard-Fertigteilen stellt das<br />

Versetzen von Bauteilen, die <strong>mit</strong> Rohrleitungen<br />

bestückt sind (Abb. 6) keinen zusätzlichen Aufwand<br />

dar. Die Schläuche bei den Sonderelementdecken<br />

wurden vor dem <strong>Beton</strong>ieren des Aufbetons<br />

nach „oben“ geb<strong>und</strong>en (Abb. 7).<br />

Im Endausbau erfolgte dann der Anschluss der<br />

einzelnen Kreise (Decke <strong>und</strong> Parapetwand) an<br />

das Gesamtsystem, die dann unter dem Doppelboden<br />

verschwanden (Abb. 8 -10). Der Doppelboden<br />

ermöglicht es, nachträglich zu den einzelnen<br />

Kupplungsstellen der Heizkreis- bzw. Kühlkreisläufe<br />

zu gelangen.<br />

Abb. 6: Montage Sandwichwand<br />

Abb. 7: Sonderelementdecke <strong>mit</strong> oben verlegter Bewehrung<br />

Abb. 8:<br />

Kupplungsstelle<br />

Decke<br />

Abb. 9:<br />

Kupplungsstelle<br />

Parapetwand<br />

Abb. 10:<br />

Doppelboden


Bürozeit<br />

Am 8. 8. dieses Jahres erfolgte der Umzug<br />

(Abb. 11). In den ersten Tagen hatten wir im<br />

Vergleich zur sommerlichen Außentemperatur<br />

(+30° C) sehr kühle Innentemperaturen. Mittlerweile<br />

ist durch diverse kurzfristige Maßnahmen<br />

eine angenehme Raum- <strong>und</strong> Arbeitstemperatur<br />

entstanden. Die Anlagen <strong>und</strong> das ganze System<br />

werden wahrscheinlich 1 Jahr brauchen, um sich<br />

„einzuspielen“.<br />

Abb. 12: Neues Bürogebäude Nacht<br />

Abb. 11: Umzug 8.8.2008 Abb. 13: Neues Bürogebäude Tag<br />

In Anbetracht der schnellen Gesamtbauzeit<br />

<strong>und</strong> der einfachen Einbindung von innovativen<br />

Technologien wie die Nutzung der <strong>Beton</strong>fertigteile<br />

als Energiespeicher hat sich gezeigt, dass das<br />

„Produkt“ <strong>Beton</strong> <strong>und</strong> im Speziellen Fertigteilbeton<br />

zeitgemäß <strong>und</strong> wirtschaftlich ist <strong>und</strong> durchaus<br />

architektonische Highlights setzen kann.<br />

Das neue Bürogebäude (Abb. 12 + 13) soll aber<br />

nicht nur alleine dem Selbstzweck als innovatives<br />

<strong>und</strong> repräsentatives Gebäude dienen, sondern<br />

als Raum <strong>und</strong> Arbeitsplatz für die Mitarbeiter der<br />

Firma Trepka.<br />

Daten & Fakten<br />

Bauherr: Fam. Wieder<br />

Architektur: Winfried Schmelz<br />

Haustechnikplanung: BPS Engineering<br />

Nutzf äche: 1.680 m²<br />

EKZ: 20 kWh/m²a<br />

Sandwichfassade: U-Wert 0,24 W/m²K<br />

<strong>Beton</strong>temperierung: ca. 11.900 m Schläuche<br />

Bauzeit: Juli 2007-Juli 2008<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

37


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

38<br />

Nutzung speicherwirksamer Massen zum <strong>Heizen</strong> von Billa-Filialen<br />

Ing. Markus KNAR, BSc.<br />

ERNST Haustechnik GesmbH. & Co KG, Olbendorf<br />

Gr<strong>und</strong>gedanke<br />

Mit r<strong>und</strong> 16.300 Mitarbeitern ist BILLA der größte<br />

Nahversorger Österreichs. Mit über 1.000 Standorten<br />

zählt BILLA auch zu einem großen Abnehmer<br />

von Energie für Raumheizung, <strong>und</strong> es<br />

entsteht ein sehr großes Potenzial bei der Einsparung<br />

von Energie. Da REWE auch für Innovation<br />

<strong>und</strong> Umweltschutz steht, ist auch der schonende<br />

Umgang <strong>mit</strong> Ressourcen ein Anliegen des<br />

Konzerns. Um die Kosten für den Filialbetrieb auf<br />

einem angemessenen Level zu halten, werden<br />

Energiemarktpreisentwicklungen genauestens beobachtet.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der steigenden Energiepreise<br />

in den letzten Jahren ist es nötig, eine Unabhängigkeit<br />

von fossilen Energieträgern zu erreichen<br />

<strong>und</strong> die benötigte Energie eff zienter zu nutzen.<br />

Es wird versucht, bei Filialneubauten die Beheizung<br />

nicht <strong>mit</strong>tels Öl- oder Erdgasheizungen<br />

durchzuführen. Auch bei der Sanierung von<br />

bestehenden Filialen wird versucht, eine Unabhängigkeit<br />

von fossilen Brennstoffen zu erreichen.<br />

Bei bestehenden Gebäuden ist dies nur <strong>mit</strong> einem<br />

erhöhten Aufwand möglich, wodurch eine wirtschaftliche<br />

Betrachtung der Umbausituation nicht<br />

außen vor gelassen werden darf. Bei vorhandener<br />

Fernwärmeinfrastruktur wird diese zuerst<br />

für die Energieversorgung der Filiale genutzt.<br />

Durch die Errichtung von Biomassefernheizanlagen<br />

auch außerhalb von Ballungsräumen ist ein<br />

Anschluss an dieses System auch im ländlichen<br />

Raum möglich.<br />

Jedoch stehen diese Szenarien nicht bei jeder<br />

Filialerrichtung zur Verfügung. Daher war es<br />

erforderlich, die auftretenden Energieströme in<br />

den Filialen genauer zu untersuchen. Dadurch<br />

sollten Ressourcen, welche in den meisten Filialen<br />

bereits vorhanden sind, ausreichend genutzt<br />

werden. Bei der Untersuchung hat sich deutlich<br />

herauskristallisiert, dass aufgr<strong>und</strong> des Einsatzes<br />

von <strong>Kühlen</strong>ergie im Bereich der Kühlmöbel <strong>und</strong><br />

Kühlräume Potenzial in der Abwärmenutzung<br />

dieser Anlagen besteht. In den vorhergegangenen<br />

Jahren wurde dieses Potenzial zur Erzeugung<br />

von Warmwasser <strong>mit</strong>tels eines Wärmerückgewinnungsboilers<br />

genutzt. Für Reinigungszwecke <strong>und</strong><br />

aufgr<strong>und</strong> der vorhandenen Fleischverarbeitung in<br />

den Filialen vor Ort wird ein großer Teil der Energie<br />

auch für die Warmwasserbereitung benötigt.<br />

Durch die ständig steigenden Energiepreise wurde<br />

dieses System weiterentwickelt <strong>und</strong> wird nun auch<br />

für die Beheizung von BILLA-Filialen eingesetzt.<br />

Bei bestehenden Filialen erfolgt die Wärmeabgabe<br />

<strong>mit</strong>tels Torluftschleier, Deckenstrahlerplatten <strong>und</strong><br />

Lufterhitzer. Hier kann <strong>mit</strong> geringem Investitionsaufwand<br />

die Abwärme der Kälteanlage genutzt<br />

werden. Bei Neubauten kann das System noch<br />

besser ausgenutzt werden, indem die Wärmeabgabe<br />

<strong>mit</strong>tels <strong>Beton</strong>kernaktivierung erfolgen kann, da<br />

bei der Errichtung der Filiale auf das Heizsystem<br />

Rücksicht genommen werden kann. In nachstehenden<br />

Punkten soll auf das eingesetzte System<br />

<strong>und</strong> dessen Anwendung <strong>mit</strong>tels <strong>Beton</strong>kernaktivierung<br />

eingegangen werden.<br />

Anwendungsvorgang<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung für den Einsatz der <strong>Beton</strong>kerntemperierung<br />

ist die bauphysikalische Eigenschaft<br />

des Gebäudes. Hier ist darauf zu achten,<br />

dass sich die Wärmedurchgangswerte (U -Werte)<br />

aller Bauteile an den maximalen Werten der OIB-<br />

Richtlinie 6 bzw. den geltenden Wärmeschutzbestimmungen<br />

des jeweiligen B<strong>und</strong>eslandes<br />

orientieren. Nur dann kann nach der Wärmebedarfsberechnung<br />

eine vollkommene Abdeckung<br />

des Wärmebedarfs über die <strong>Beton</strong>kerntemperierung<br />

erfolgen. Würden diese Mindestanforderungen<br />

nicht eingehalten werden, wären zusätzliche<br />

Einbauten zur Wärmeabgabe erforderlich, welche<br />

für die Wirtschaftlichkeit der Gesamtanlage negative<br />

Auswirkungen hätten.


Bei den Filialen kommt das patentierte PE-RT-Register<br />

von der Fa. ECONICsystems zum Einsatz.<br />

Die Verlegung der Registermatten erfolgt direkt<br />

im Unterbeton – dadurch ergibt sich eine extrem<br />

große Speichermasse <strong>und</strong> Fläche für die Wärmeabgabe.<br />

Über den <strong>Beton</strong>kern kommt es zu einem<br />

großen Energieeintrag, welcher das Ausgleichen<br />

von Lastspitzen ermöglicht. Durch die diagonale<br />

Durchströmung <strong>mit</strong>tels Tichelmannsystem kommt<br />

es zu geringen Druckverlusten in den einzelnen<br />

Registern. Durch die Vorfertigung der Heizregister<br />

sind kurze Montagezeiten <strong>und</strong> hohe Verlegeleistungen<br />

möglich. Die Register werden <strong>mit</strong>tels<br />

Polyfusionsschweißung <strong>mit</strong>einander vor Ort<br />

verb<strong>und</strong>en.<br />

Die Rohrabstände von 7 cm <strong>und</strong> 14 cm ergeben<br />

eine gleichmäßige Oberf ächentemperatur. Um<br />

den Erfordernissen (automatische Tür im Eingangsbereich,<br />

gewünschte höhere Temperatur<br />

im Kassenbe reich) bestmöglich zu begegnen,<br />

Verlegung Registermatten<br />

Polyfusionsschweißung<br />

werden im Eingangs- <strong>und</strong> Kassen bereich Heizregister<br />

<strong>mit</strong> geringerem Rohrabstand verlegt sowie<br />

kleinere Heizkreise def niert. Als Ergebnis dieser<br />

Maßnahme schwankt am kältesten Tag die Lufttemperatur<br />

im Kassenbereich nur um 2° C (ohne<br />

Torluftschleier) <strong>und</strong> an der Fußbodenoberf äche<br />

nur um 0,4° C.<br />

Durch die hydraulischen Vorteile des ECONICsystems<br />

(gleichmäßige, laminare Durchströmung,<br />

spannungsfreies System, sehr geringer<br />

Druckverlust) ergibt sich die Möglichkeit, das zur<br />

Verfügung stehende niedrige Tem peraturniveau<br />

bestmöglich zu nut zen: Puffertemperatur VL ca.<br />

40° C – Oberf ächentemperatur ca. 22,5° C –<br />

Lufttemperatur ca. 20° C. Die konstante Gr<strong>und</strong>tempe<br />

rie r ung des Objektes stellt die Basis eines<br />

optimalen Behaglichkeitsempf ndens dar, zum<br />

Vorteil für K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Mitarbeiter.<br />

Die Wärmebereitstellung für die Filialen erfolgt<br />

durch die Kältef rma. Für die Systementwicklung<br />

der Kälteanlage in den Filialen zeichnet die<br />

Fa. ARNEG verantwortlich. Die Abdeckung des<br />

Wärmebedarfs erfolgt über die Kälteanlage <strong>und</strong><br />

eine Wärmepumpe. Die beiden Systeme speisen<br />

die Wärme in einem Puffer, der zusätzlich noch<br />

<strong>mit</strong> Heizstäben ausgestattet werden kann. In den<br />

bereits errichteten Filialen, in welchen die Wärmebereitstellung<br />

durch die Kälteanlage erfolgt,<br />

hat sich gezeigt, dass die Nachheizung <strong>mit</strong>tels<br />

Heizstäben nicht erforderlich ist. Diese werden<br />

trotzdem in das System integriert, um bei eventuellen<br />

Wartungsarbeiten die kurzfristig fehlende<br />

Leistung in das System zu speisen bzw. um als<br />

Backup-System zu fungieren. Tageszeitliche<br />

Schwankungen (K<strong>und</strong>enfrequenz) <strong>und</strong> jahreszeitliche<br />

Schwankungen (Sonneneinstrahlungen)<br />

im Wärmerückgewinnungssystem können durch<br />

die <strong>Beton</strong>kerntemperierung ausgeglichen bzw.<br />

abgeschwächt werden. Durch Fernablesung der<br />

aufgezeichneten Werte können Optimierungen im<br />

System durchgeführt werden. Da das Kältesystem<br />

für die Filiale regelmäßig gewartet werden muss,<br />

fallen keine zusätzlichen Serviceintervalle für die<br />

Anlage an, wenn diese für Wärmebereitstellung<br />

ausgelegt wird.<br />

An den durch die Kältef rma gespeisten Puffer<br />

wird ein Heizungsverteiler angeb<strong>und</strong>en. Dieser<br />

verfügt über einen Abgang für den Torluftschleier<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

39


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

40<br />

Gr<strong>und</strong>schema WRG- Anlage<br />

im Eingangsbereich sowie über einen Abgang für<br />

die <strong>Beton</strong>kernaktivierung. Das System kann alleine<br />

durch die <strong>Beton</strong>kernaktivierung die benötigte<br />

Wärme in die Filiale einbringen. Ein zusätzlicher<br />

Torluftschleier wird nur bei Filialen ohne Windfang<br />

ausgeführt, wodurch die Behaglichkeit im Kassenbereich<br />

erhöht wird. Der Heizkreis für die <strong>Beton</strong>kerntemperierung<br />

wird zu drei Verteilerkästen<br />

(Kassenbereich, Verkaufsbereich, Nebenräume)<br />

geführt.<br />

Die Anforderung an die Haustechnik ist die exakte<br />

Berechnung des Wärmebedarfs unter Berücksichtigung<br />

aller möglichen Einf ussfaktoren. Diese<br />

Berechnung dient zur gesamten Auslegung des<br />

Heizungssystems.<br />

Es ist auch darauf zu achten, dass im Bereich von<br />

Kühlmöbeln <strong>und</strong> Ziehschächten keine Heizregister<br />

im <strong>Beton</strong> verlegt werden – es wird daher für<br />

jedes Objekt ein individueller Verlegeplan angefertigt.<br />

Das System kann nur funktionieren, wenn die geforderten<br />

Wassermengen in den einzelnen Heizkreisen<br />

eingehalten werden. Nur durch genaue<br />

Einregulierung der Heizkreise kann eine Zuteilung<br />

der Wassermengen gewährleistet werden. Sollten<br />

die geforderten Wassermengen nicht eingehalten<br />

werden, so kann die Wärmeabgabe des Systems<br />

nicht die mögliche <strong>und</strong> nötige Leistung abgeben.<br />

Einregulierungsprotokolle werden hier zwingend<br />

von den ausführenden Firmen eingefordert, um<br />

eventuelle Fehler vor Inbetriebnahme beheben zu<br />

können.<br />

Zum Beispiel wurden bisher folgende BILLA-<br />

Filialen in der Steiermark <strong>mit</strong> diesem System der<br />

<strong>Beton</strong>kerntemperierung in Kombination <strong>mit</strong> dem<br />

Wärmerückgewinnungssystem ausgestattet:<br />

– Graz, Wiesenauergasse<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

Wartberg im Mürztal<br />

Eibiswald<br />

Schwanberg<br />

Sinabelkirchen<br />

Knittelfeld<br />

Resümee<br />

Die <strong>Beton</strong>kerntemperierung hat sich in den bereits<br />

umgesetzten BILLA-Filialen bestens bewährt.<br />

Durch die Nutzung der Abwärme, welche durch<br />

die Kühlung der Vitrinen <strong>und</strong> Kühlräume anfällt,<br />

kann eine optimale Kombination <strong>mit</strong> einer <strong>Beton</strong>kernaktivierung<br />

erfolgen. Die durch die Abwärme<br />

bedingten niederen Temperaturen können hier<br />

bestmöglich eingesetzt werden. Die Abwärme<br />

wird nicht nur für die Warmwasserbereitung genutzt,<br />

sondern kann auch für Heizzwecke einge-


setzt werden. Eine schnelle <strong>und</strong> sichere Verlegung<br />

des Systems lässt eine rasche Umsetzung<br />

des Bauvorhabens zu. Durch die <strong>Beton</strong>kernaktivierung<br />

können die Kollisionspunkte <strong>mit</strong> anderen<br />

Gewerken verringert werden, da die benötigte<br />

Heizungsverteilung in der Bodenplatte erfolgen<br />

kann. Tages- <strong>und</strong> jahreszeitliche Schwankungen<br />

des Wärmerückgewinnungssystems können<br />

durch die <strong>Beton</strong>kernaktivierung ausgeglichen<br />

werden.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der steigenden Energiepreise amortisieren<br />

sich die Investitionskosten in relativ kurzer<br />

Zeit. Die Filialen können unabhängig von fossilen<br />

Brennstoffen betrieben werden. Im Gegensatz zu<br />

einer erdgasbefeuerten BILLA-Filiale, können bei<br />

der Beheizung durch die Wärmerückgewinnungsanlage<br />

zirka 13 Tonnen CO 2 pro Jahr eingespart<br />

werden. Bei einer Befeuerung <strong>mit</strong>tels Heizöl<br />

extraleicht kann der CO 2 Ausstoß sogar um<br />

zirka 17 Tonnen CO 2 reduziert werden, wenn die<br />

Wärmerückgewinnungsanlage ausgeführt wird.<br />

Jede einzelne Filiale trägt zur CO 2 - Reduktion bei<br />

<strong>und</strong> liefert so<strong>mit</strong> ihren Beitrag zu den geforderten<br />

Zielen des Kyoto-Protokolls. Das System zeigt<br />

auf, dass durch eine ausgeklügelte Kombination<br />

von Systemen eine Ausnutzung der vorhandenen<br />

Ressourcen in einem optimalen Bereich liegen<br />

kann.<br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

41


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

42<br />

Visionen werden wahr: ENERGYbase – eine sonnige Bürozukunft<br />

DI Tim SELKE<br />

arsenal research, Wien<br />

Einleitung<br />

Während im Wohnbau die Passivbauweise schon<br />

seit vielen Jahren bewährt ist, werden in der Sparte<br />

Büro- <strong>und</strong> Gewerbeimmobilien größere Projekte<br />

noch seltener ausgeführt. Etwa 40 Prozent<br />

des gesamten Endenergieverbrauchs in Europa<br />

entfallen auf die Energieversorgung von Gebäuden.<br />

Insbesondere Bürogebäude liegen <strong>mit</strong> einem<br />

durchschnittlichen spezif schen Wärmebedarf von<br />

140 kWh/m².a [1] um etwa Faktor 10 über dem<br />

eines Einfamilienhauses im Passivhausstandard.<br />

ENERGYbase zeigt, welche Energieeff zienz-Potenziale<br />

in einer modernen Büroimmobilie durch<br />

heute vorhandene Technologien bereits genutzt<br />

werden können.<br />

Sunny Research - Konzept<br />

Das Gebäudekonzept von ENERGYbase, (Abbildung<br />

1), baut auf den Ergebnissen des von<br />

Abbildung 1: ENERGYbase, Außenansicht – Südfassade<br />

arsenal research <strong>und</strong> dem Architektenbüro „pos<br />

architekten“ durchgeführten Haus der Zukunft-<br />

Forschungsprojekts „Sunny Research“ auf.<br />

Wesentliches Ziel war die konzeptionelle Entwicklung<br />

einer neuen Büroimmobilie unter dem Aspekt<br />

hoher Energieeff zienz unter Einsatz von erneuerbaren<br />

Energieträgern sowie höchstmöglichem<br />

Nutzerkomfort. ENERGYbase ist die praktische<br />

Umsetzung dieses Forschungsprojekts.<br />

ENERGYbase – Immobilie<br />

Der Wiener Wirtschaftsförderungsfonds, Bauträger<br />

von ENERGYbase, stellt <strong>mit</strong> dem Projekt<br />

auf insgesamt fünf Ebenen 5.200 m² für Unternehmen,<br />

1.000 m² für Forschungs- & Entwicklungs-<br />

sowie 1.300 m² für Bildungseinrichtungen<br />

an modernster Infrastruktur zur Verfügung. Die<br />

Baukosten betragen 12,5 Mio. EUR. Diese liegen<br />

um 2 Mio. Euro über den Kosten eines herkömm-


Abbildung 2: ENERGYbase,<br />

Ansicht der Pfl anzenpuffer<br />

lichen modernen Büroobjektes. Rechnerisch<br />

reduzieren sich die anfallenden Energiekosten<br />

auf 20 Prozent <strong>und</strong> es werden im Vergleich zur<br />

Standardimmobilie r<strong>und</strong> 180 Tonnen weniger Kohlendioxid<br />

pro Jahr e<strong>mit</strong>tiert.<br />

Im Sommer wird die Zuluft durch eine so genannte<br />

solarthermisch angetriebene sorptionsgestützte<br />

Klimatisierung konditioniert, die zur Regeneration<br />

des Trocknungsrades erforderliche Antriebswärme<br />

wird durch eine 300 m² große Solarkollektoranlage<br />

generiert. Im Winter dient die thermische<br />

Solaranlage zur Heizungsunterstützung. Eine<br />

besondere Innovation in diesem Bauprojekt sind<br />

die sich über alle Geschossebenen erstreckenden<br />

Pf anzenpuffer, (Abbildung 2). In den vier Pf anzenpuffern<br />

wird im Winter die Zuluft biologisch<br />

befeuchtet. Die ganzjährige Temperierung der<br />

Büroräume erfolgt über eine <strong>Beton</strong>kernaktivierung.<br />

Darunter versteht man in die <strong>Beton</strong>decke<br />

Abbildung 3: ENERGYbase,<br />

Ansicht der Fotovoltaikanlage<br />

eingearbeitete Kunststoffrohre, die im Winter <strong>mit</strong><br />

warmem <strong>und</strong> im Sommer <strong>mit</strong> kühlem Wasser<br />

durchströmt werden. ENERGYbase verzichtet<br />

dadurch auf herkömmliche Heizkörper. Durch die<br />

großen Übertragungsf ächen kann die Heiz- <strong>und</strong><br />

Kühlleistung <strong>mit</strong> niedrigen Vorlauftemperaturen<br />

in den <strong>Beton</strong>kern erreicht werden. Dies wirkt sich<br />

positiv auf die Energieeff zienz der Wärmebereitstellungssysteme<br />

aus. Die sommerliche <strong>Beton</strong>kernkühlung<br />

erfolgt über die Nutzung von örtlich<br />

verfügbarem Gr<strong>und</strong>wasser <strong>und</strong> die Bereitstellung<br />

der notwendigen <strong>Heizen</strong>ergie erfolgt vorrangig<br />

über eine Gr<strong>und</strong>wasser gekoppelte Wärmepumpenanlage,<br />

die durch die Solarkollektoranlage unterstützt<br />

wird. Eine architektonische Besonderheit<br />

stellt die gefaltete Südfassade des Bürogebäudes<br />

dar, (Abbildung 3). Die spezielle Faltung der<br />

Südfassade ermöglicht einerseits hohe Energieerträge<br />

der solar aktiven Komponenten <strong>und</strong><br />

<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

43


<strong>Expertenforum</strong> <strong>Beton</strong><br />

44<br />

andererseits wird baulich ein effektiver Sonnenschutz<br />

für die dahinter liegenden Bürobereiche<br />

geschaffen <strong>und</strong> vermeidet so<strong>mit</strong> die sommerliche<br />

Überwärmung durch direkt einfallende Solarstrahlung.<br />

Diese Glasfassade ist <strong>mit</strong> 400 m² Fotovoltaikmodulen<br />

bestückt, die <strong>mit</strong> einem Jahresertrag<br />

von r<strong>und</strong> 42.000 kWh einen Teil des Strombedarfs<br />

decken.<br />

Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung<br />

wurden während der Planung in Zusammenarbeit<br />

<strong>mit</strong> dem Bauträger, Architekten <strong>und</strong> dem Haustechnikplaner<br />

Detailfragen zur Optimierung der<br />

<strong>Beton</strong>kernaktivierung, Kühl- <strong>und</strong> Heizlastprof le,<br />

Komfortparametern in den Büroräumen, Einstrahlung<br />

durch die Südfassade usw. <strong>mit</strong> umfangreichen<br />

Simulationen untersucht <strong>und</strong> bewertet. Seit<br />

der Inbetriebnahmen des Gebäudes im August<br />

2008 werden durch wissenschaftliche Langzeitmessungen<br />

Erkenntnisse über das gesamte<br />

Energieverhaltens dokumentiert <strong>und</strong> analysiert.<br />

Das Datenmaterial wird unter anderem Aufschluss<br />

über den Energiebedarf für <strong>Heizen</strong> <strong>und</strong> <strong>Kühlen</strong>,<br />

den Betrieb der Haustechnikanlagen <strong>und</strong> deren<br />

Regelung geben, um daraus neue Strategien für<br />

eine optimierte Betriebsführung zu entwickeln.<br />

Weiters wird das umfassende Monitoring des<br />

Gebäudes wichtige Erfahrungen <strong>und</strong> Empfehlung<br />

für zukünftige Projekte bereitstellen, in denen<br />

analoge Ziele hinsichtlich Energieeff zienz,<br />

Nutzung von Erneuerbaren Energien bei hohem<br />

Wohlfühlcharakter in der modernen Büroimmobilie<br />

gesetzt werden.<br />

Literatur<br />

[1] K. Voss, G. Löhnert, S. Herkel, A. Wagner, M.<br />

Wambsganß; „Bürogebäude <strong>mit</strong> Zukunft“ Solarpraxis<br />

AG, 2. Überarbeitete Auf age 2006,<br />

ISBN: 978-3-934595-59-0<br />

[2] BMWA, 2003. Energiebericht 2003, BMWA,<br />

S. 9

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