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Bodenschutzbericht der Bundesregierung - Umweltschulen.de

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<strong>Bo<strong>de</strong>nschutzbericht</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong><br />

für die 14. Legislaturperio<strong>de</strong><br />

- verabschie<strong>de</strong>t vom Bun<strong>de</strong>skabinett am 19. Juni 2002 -


2<br />

Glie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

Vorbemerkung 5<br />

1. Auftrag <strong>de</strong>s Parlaments 7<br />

2. Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nschutzpolitik <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s 12<br />

3. Instrumentarium 13<br />

3.1 Rechtliche Regelungen/Untergesetzliches Regelwerk 14<br />

3.1.1 Anwendungsbereich <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes –<br />

Abgrenzungsfragen 14<br />

3.1.2 Erste Rechtsprechung 15<br />

3.1.2.1 Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht 15<br />

3.1.2.2 Rechtsprechung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwaltungsgerichte 16<br />

3.1.3 Verordnung über die Eintragung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzlastvermerks 17<br />

3.1.4 Die Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) 17<br />

3.1.5 Entsiegelung 19<br />

3.1.6 Ableitungsmaßstäbe 20<br />

3.1.7 Verfahrensregelungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> 20<br />

3.2 Zusammenarbeit von Bund und Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n 20<br />

3.3 Wissenschaftliche Beratung 22<br />

3.3.1 Wissenschaftlicher Beirat Bo<strong>de</strong>nschutz 22<br />

3.3.2 Fachbeirat für Bo<strong>de</strong>nuntersuchungen 23<br />

4. Integration in an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Politikbereiche 23<br />

4.1 Flächeninanspruchnahme vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n – nachhaltige Siedlungs-<br />

entwicklung för<strong><strong>de</strong>r</strong>n 24<br />

4.1.1 Ausgangslage 24<br />

4.1.2 Strategie 26<br />

4.1.3 Maßnahmen und Instrumente 28<br />

4.1.3.1 Freiraumschutz 28<br />

4.1.3.2 Siedlungsentwicklung an <strong><strong>de</strong>r</strong> Schnittstelle zwischen Stadt und Land 29<br />

4.1.3.3 Innenentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> städtischen Bereiche 31<br />

4.2 Mustererlass zur Berücksichtigung von Flächen mit Bo<strong>de</strong>nbelastungen,<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Altlasten, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bauleitplanung und im Baugenehmigungsverfahren<br />

33<br />

4.3 Sicherung <strong><strong>de</strong>r</strong> langfristigen Nutzbarkeit landwirtschaftlicher Bö<strong>de</strong>n 34<br />

Seite


5. Forschung 35<br />

3<br />

5.1 Pfadbezogene Betrachtung bei Prüf- und Maßnahmenwerten 35<br />

5.1.1 Direktpfad: Prüfwerte nachvollziehbar durch Veröffentlichung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ableitungsbegründungen 35<br />

5.1.2 Wirkungspfad Bo<strong>de</strong>n – Pflanze 36<br />

5.1.3 Sickerwasser, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkungspfad Bo<strong>de</strong>n – Grundwasser 36<br />

5.1.4 Lebensraumfunktion für Bo<strong>de</strong>norganismen 37<br />

5.2 Wechselwirkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Umweltmedien Wasser und<br />

Luft sowie Einfluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzungen auf Zustand und Funktionen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n (Bo<strong>de</strong>nqualität) 38<br />

5.2.1 Physikalische Bo<strong>de</strong>nbeeinträchtigungen 38<br />

5.2.1.1 Erosion 38<br />

5.2.1.2 Bo<strong>de</strong>nverdichtung 38<br />

5.2.2 Stoffeinträge in Bö<strong>de</strong>n 39<br />

5.2.3 Sonstige Einträge 40<br />

5.2.3.1 Vorkommen und Verhalten von BSE/TSE-Prionen in Bö<strong>de</strong>n 40<br />

5.2.3.2 Tierarzneimittel, Futtermittelzusatzstoffe, Reinigungs- und<br />

Desinfektionsmittel 41<br />

5.2.3.3 GVO – Gentechnisch verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Organismen 41<br />

5.3 Informationsgrundlagen zum Bo<strong>de</strong>nschutz 42<br />

5.3.1 Län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifen<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ninformationssystem (BIS) 42<br />

5.3.2 Bo<strong>de</strong>ndauerbeobachtung 43<br />

5.3.3 Abbildung <strong><strong>de</strong>r</strong> bo<strong>de</strong>nschutz- und altlastenrelevanten Daten im<br />

Umweltdatenkatalog (UDK) <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s und <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> 44<br />

5.3.4 Hintergrundwerte für anorganische und organische Stoffe in Bö<strong>de</strong>n 44<br />

5.3.5 Abbildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Hintergrundwerte für anorganische und organische<br />

Stoffe in Bö<strong>de</strong>n und an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Stoffdaten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stoffdatenbank für<br />

altlasten-/umweltrelevante Schadstoffe (STARS) 45<br />

5.3.6 Weitere Datengrundlagen 45<br />

5.4 Bö<strong>de</strong>n als Flächenressource 45<br />

5.4.1 Bo<strong>de</strong>nbewertung 46<br />

5.4.2 Unterschutzstellung / Eingriffsregelung 46<br />

5.4.3 Flächenrecycling 47<br />

5.5 Künftig erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Forschungsaktivitäten 47<br />

6. Altlastensanierung 48<br />

6.1 Definition 48<br />

6.2 Rückblick 48<br />

6.3 Quantitative Entwicklung 50<br />

6.4 Aktuelle Themen 51<br />

6.4.1 Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierungstechnik 51<br />

6.4.2 Natürlicher Schadstoffabbau im Untergrund (Natural Attenuation) 52<br />

6.4.3 Grundwassersanierung 52<br />

6.4.4 Län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifen<strong>de</strong> Zusammenarbeit 53<br />

6.5 Son<strong><strong>de</strong>r</strong>fall: Altlastensanierung neue Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong> 53<br />

6.5.1 Sanierung radioaktiver Altlasten 55<br />

6.5.2 Braunkohlesanierung 56


7. Europäische Dimension 57<br />

4<br />

7.1 Workshop „Bo<strong>de</strong>nschutzpolitiken in <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Union“ 58<br />

7.2 Europäisches Bo<strong>de</strong>nforum: Stand und Perspektiven 60<br />

7.2.1 1. Europäisches Bo<strong>de</strong>nforum in Berlin 60<br />

7.2.2 2. Europäisches Bo<strong>de</strong>nforum 61<br />

7.3 Bo<strong>de</strong>nschutzpolitik <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Union 64<br />

7.3.1 Thematische Strategie aufgrund <strong>de</strong>s geplanten 6. Umwelt-<br />

aktionsprogramms 64<br />

7.3.2 Weiter geplante Maßnahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> EU 65<br />

7.4 Bo<strong>de</strong>nschutzprotokoll <strong><strong>de</strong>r</strong> Alpenkonvention 66<br />

7.5 Altlasten in Europa 66<br />

8. Internationale Zusammenarbeit 67<br />

8.1 Bo<strong>de</strong>nschutz in internationalen Konventionen 67<br />

8.1.1 Übereinkommen über die Biologische Vielfalt 67<br />

8.1.2 Rahmenübereinkommen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Nationen über Klima-<br />

än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen 68<br />

8.1.3 Übereinkommen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Nationen zur Bekämpfung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wüstenbildung 68<br />

8.2 Internationale Bo<strong>de</strong>nschutzorganisation 70<br />

8.3 Internationale Organisation für Normung 70<br />

8.4 MOE und NUS 70<br />

8.5 NATO – Committee on the Challenges of Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>n Society 71<br />

8.6 Sonstige internationale Aktivitäten 72<br />

9. Bo<strong>de</strong>nbewusstsein 72<br />

10. Ausblick 75<br />

10.1 Fortentwicklung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts 75<br />

10.2 Integration in an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Politikbereiche 75<br />

10.3 Weiterentwicklung durch Bo<strong>de</strong>nforschung 76<br />

10.4 Altlasten und Flächenmanagement 76<br />

10.5 Bo<strong>de</strong>nschutz im EU-Rahmen verbessern 77<br />

10.6 Bo<strong>de</strong>nschutz internationalisieren 77<br />

10.7 Entwicklung eines Bo<strong>de</strong>nbewusstseins 77<br />

10.8 Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastensanierung zur Bo<strong>de</strong>nschutzvorsorge 78<br />

10.9 Begrenzung <strong>de</strong>s Schadstoffeintrags auf landwirtschaftlichen<br />

Nutzflächen 78


Vorbemerkung:<br />

5<br />

Bö<strong>de</strong>n sind die mittelbare Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen. Zugleich leisten sie<br />

einen Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong> stofflichen Abbau- und Umbauprozesse im Naturhaushalt. Sie sind Filter und<br />

Speicher für <strong>de</strong>n Wasser- und Stoffhaushalt, Lagerstätte für Bo<strong>de</strong>nschätze und Energiequellen,<br />

Grundlage <strong><strong>de</strong>r</strong> Land- und Forstwirtschaft und nicht zuletzt Archiv <strong><strong>de</strong>r</strong> Natur- und Kulturgeschichte.<br />

Bö<strong>de</strong>n sind sehr empfindliche Systeme, anfällig für alle Formen von Belastungen durch <strong>de</strong>n Menschen.<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen laufen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel sehr langsam ab und sind meist schwer erkennbar. Sind<br />

jedoch erst einmal Schä<strong>de</strong>n eingetreten, sind sie oft nur in geologischen Zeitmaßstäben zu beheben<br />

– wenn überhaupt. Zur Umsetzung <strong>de</strong>s Nachhaltigkeitsprinzips muss es <strong>de</strong>shalb Ziel sein, dass die<br />

Nutzung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns künftig nur noch umweltverträglich erfolgt und keine dauerhaften Schä<strong>de</strong>n<br />

verursacht wer<strong>de</strong>n. Nur wenn die Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns nicht überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t wird, kann er<br />

seine Funktion als ökologische und ökonomische Lebensgrundlage auch in Zukunft erhalten.<br />

Voraussetzung für die umfassen<strong>de</strong> Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n wäre eine hinreichend genaue Kenntnis<br />

vom Zustand <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung im Zeitablauf. Es gibt viele Grün<strong>de</strong>, warum <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zustand <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n weit weniger bekannt ist als z.B. <strong><strong>de</strong>r</strong> von Pflanzen und Tieren, von Luft und<br />

Wasser. Bö<strong>de</strong>n sind meist be<strong>de</strong>ckt. Man sieht allenfalls zeitweise ihre Oberflächen, und ihre genauen<br />

Eigenschaften lassen sich nur mit aufwendigen Untersuchungen erfassen. Abhängig von einer<br />

großen Zahl von Faktoren <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nbildung weisen Bö<strong>de</strong>n schon natürlicherweise eine erhebliche<br />

Variabilität von Eigenschaften auf, die durch <strong>de</strong>n Menschen, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Bö<strong>de</strong>n seit mehreren tausend<br />

Jahren nutzt, vielfältig überprägt wur<strong>de</strong>n. Bö<strong>de</strong>n bil<strong>de</strong>n ein kompliziertes Muster in ihrer Dreidimensionalität,<br />

das nur mit hohem technischen Aufwand erfassbar ist.<br />

Bö<strong>de</strong>n in ihrer Gesamtheit sind erst in <strong>de</strong>n achtziger Jahren in das Interesse <strong>de</strong>s Umweltschutzes<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik gelangt. Zwar gibt es punktuell umfangreiche, sehr spezifische Informationen über<br />

Bö<strong>de</strong>n, die, verschnitten mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en bo<strong>de</strong>nrelevanten Daten, aufwändig für eine bo<strong>de</strong>nschutzfachliche<br />

Beurteilung ausgewertet wer<strong>de</strong>n können. Diese Arbeiten sind jedoch nicht flächen<strong>de</strong>ckend für<br />

die Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland verfügbar.<br />

Wesentlich für die Bewertung <strong>de</strong>s Zustan<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n sind auch Angaben zur Schadstoffanreicherung.<br />

Es gibt umfangreiche Untersuchungen über siedlungsbedingt erhöhte Schadstoffgehalte.<br />

Vorangeschritten ist auch die Erfassung <strong><strong>de</strong>r</strong> Hintergrundgehalte an anorganischen und organischen<br />

Schadstoffen, die zur Beurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verunreinigung von Bö<strong>de</strong>n erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich sind. Vergleichsweise<br />

wenig bekannt sind dagegen die Schadstoffgehalte in landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten<br />

Flächen (Rückstän<strong>de</strong> von Pflanzenschutzmitteln, Arzneimitteln, Industriechemikalien verschie<strong>de</strong>nster<br />

Art). Die Erfassung von Altlastenverdachtsflächen ist weit fortgeschritten.<br />

Die Einträge über <strong>de</strong>n Luftpfad (Säurebildner, Nährstoffe, Schadstoffe) wer<strong>de</strong>n über Monitoring-<br />

Programme <strong>de</strong>s Umweltbun<strong>de</strong>samts (z.B. in <strong><strong>de</strong>r</strong> Umweltprobenbank <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

erfasst und hinsichtlich kritischer Belastungen interpretiert. Demgegenüber sind die aktuellen Einträge<br />

von Schadstoffen, die an Feststoffe gebun<strong>de</strong>n sind (z.B. Klärschlämme, Bioabfälle, Komposte,<br />

Dünger) bun<strong>de</strong>sweit nur sehr schwer zu beurteilen, da diese Stoffe regional in sehr unterschiedlicher<br />

Intensität eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Als zentrales Instrument <strong>de</strong>s Monitorings wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n letzten Jahren in Deutschland von <strong>de</strong>n<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n Bo<strong>de</strong>n-Dauerbeobachtungsflächen eingerichtet, die unterschiedliche Landschaften, Bo<strong>de</strong>nformen,<br />

Nutzungen und Belastungen repräsentieren. Auf diesen Flächen wird die Bo<strong>de</strong>nbeschaffen-


6<br />

heit durch ein umfangreiches bo<strong>de</strong>nchemisches, -physikalisches und -biologisches Untersuchungsprogramm<br />

dokumentiert. Um Stoffflüsse bewerten zu können, wer<strong>de</strong>n fortlaufend Klimadaten,<br />

Stoffeinträge und -austräge sowie Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Biozönose gemessen. Mit diesen Daten soll nicht<br />

nur die aktuelle Beschaffenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n erfasst, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch die künftige Entwicklung beurteilt<br />

wer<strong>de</strong>n. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass Bö<strong>de</strong>n, im Vergleich zu<br />

Biosphäre, Wasser und Luft, träge reagieren<strong>de</strong> Systeme sind, dass sowohl positive als auch negative<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen erst mit erheblicher Verzögerung erkannt wer<strong>de</strong>n können.<br />

Hauptproblem einer Zustandserfassung von Bö<strong>de</strong>n ist, dass vorhan<strong>de</strong>ne Daten auf unterschiedlichen<br />

administrativen Ebenen erfasst wer<strong>de</strong>n. Diese Daten sind in kompatibler und aufbereiteter Form in<br />

Fachinformationssystemen zu erfassen und zu interpretieren. Es wird aber sicher noch Jahre dauern,<br />

bis eine flächenrepräsentative Übersicht über <strong>de</strong>n Zustand <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n in Deutschland vorliegt, soweit<br />

das für spezifische Aufgaben <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich ist.<br />

Ein Bericht über die Beschaffenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n ist kurz- o<strong><strong>de</strong>r</strong> mittelfristig nicht erstellbar. Viele<br />

Einflussfaktoren bedürfen noch einer intensiven Bewertung, negative ggf. einer Regelung zu ihrer<br />

Vermeidung. Die Komplexität <strong><strong>de</strong>r</strong> Querschnittsaufgabe Bo<strong>de</strong>nschutz macht es erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich,<br />

das Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzrecht mit <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en einschlägigen Rechtsbereichen noch enger zu verzahnen,<br />

um über die Integration von Bo<strong>de</strong>nschutzaspekten in <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Fachgesetzen sichtbare<br />

Fortschritte zu erzielen. Darüber hinaus ist zukünftig auch verstärkt darauf zu achten, dass ökonomische<br />

Instrumente noch gezielter auf eine vorsorgen<strong>de</strong> Bo<strong>de</strong>nschutzpolitik ausgerichtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Der wirksame Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> unverzichtbaren Ressource Bo<strong>de</strong>n bedarf also <strong>de</strong>s langen Atems aller Beteiligten.


1. Auftrag <strong>de</strong>s Parlaments<br />

7<br />

Am 26.10.2000 hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Bun<strong>de</strong>stag <strong>de</strong>m Antrag <strong><strong>de</strong>r</strong> Fraktionen SPD und Bündnis<br />

90/DIE GRÜNEN „Grenzüberschreiten<strong>de</strong> Zusammenarbeit zur Stärkung <strong>de</strong>s Schutzes <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bö<strong>de</strong>n“ (Drucksache 14/2567) mit <strong>de</strong>n Stimmen aller Fraktionen mit Ausnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> F.D.P.-<br />

Fraktion zugestimmt. Darin wur<strong>de</strong> die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> u.a. aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

- „die Bewusstseinsbildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit und <strong><strong>de</strong>r</strong> verantwortlichen Akteure über<br />

die Be<strong>de</strong>utung und die zunehmen<strong>de</strong>n Gefährdungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n zu intensivieren, um<br />

auf allen Ebenen <strong>de</strong>n nachhaltigen Umgang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen Ressource Bo<strong>de</strong>n<br />

schnellstmöglich zu erreichen“ und<br />

- „einmal pro Legislaturperio<strong>de</strong>, erstmals spätestens im I. Quartal <strong>de</strong>s Jahres 2002, einen<br />

Bericht über die erzielten Fortschritte im Bereich <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzes <strong>de</strong>m Deutschen<br />

Bun<strong>de</strong>stag vorzulegen“.<br />

2. Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nschutzpolitik <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> 10. Legislaturperio<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Deutschen Bun<strong>de</strong>stages wur<strong>de</strong>n 1985 mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nschutzkonzeption<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> (Drucksache 10/2977) erstmalig alle be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Einwirkungen<br />

auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n zusammengefasst und bewertet. Die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> zog damals<br />

daraus die Schlussfolgerung, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Schutz <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns als zentrale Lebensgrundlage in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit nicht energisch genug betrieben wor<strong>de</strong>n war. Deshalb wur<strong>de</strong> als Ziel gesetzt,<br />

eine Trendwen<strong>de</strong> im Landverbrauch herbeizuführen, die Schadstoffeinträge zu reduzieren<br />

und <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>nschutz als Querschnittsaufgabe <strong>de</strong>s Umweltschutzes eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Aufgabe zuzuweisen. Die Bo<strong>de</strong>nschutzkonzeption sollte <strong>de</strong>n Handlungsrahmen für <strong>de</strong>n<br />

Ausgleich <strong><strong>de</strong>r</strong> vielfältigen Nutzungsansprüche an <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n, zur Abwehr von Schä<strong>de</strong>n und<br />

zur Vorsorge auch gegen langfristige Gefahren und Risiken bil<strong>de</strong>n. In Beratungen mit <strong>de</strong>n<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n über neue o<strong><strong>de</strong>r</strong> ergänzen<strong>de</strong> bun<strong>de</strong>srechtliche Regelungen sollte ermittelt wer<strong>de</strong>n,<br />

inwieweit die rechtlichen Instrumente zum Schutz <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns ausreichten.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> 11. Legislaturperio<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Deutschen Bun<strong>de</strong>stages wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>n 1987 vom Bun<strong>de</strong>skabinett<br />

beschlossenen „Maßnahmen zum Bo<strong>de</strong>nschutz“ (Drucksache 11/1625) <strong><strong>de</strong>r</strong> Schutz<br />

<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns als eine <strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigsten fach- und bereichsübergreifen<strong>de</strong>n Aufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Umweltpolitik<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> kommen<strong>de</strong>n Jahre hervorgehoben. Zur Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nschutzkonzeption<br />

dargelegten Zielsetzungen wur<strong>de</strong>n neben Novellierungen von Gesetzen, Verordnungen<br />

und Verwaltungsvorschriften die Erarbeitung technischer Regelwerke, die Erweiterung<br />

von Informationsgrundlagen und zahlreiche Forschungs- und Entwicklungsvorhaben<br />

vorgesehen. Als vordringliche Maßnahmen wur<strong>de</strong>n u.a. die zügige Erarbeitung einheitlicher<br />

Kriterien zur Erfassung, Bewertung, Überwachung und Beprobung von Verdachtsflächen<br />

sowie von Metho<strong>de</strong>n zur Gefährdungsabschätzung, zur Kontrolle und zur Sanierung von<br />

Altablagerungen und Altstandorten (Altlasten) unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s bezeichnet.<br />

Vom Deutschen Bun<strong>de</strong>stag wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> 13. Legislaturperio<strong>de</strong> das Bun<strong>de</strong>s-<br />

Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz (BBodSchG) beschlossen. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Koalitionsvereinbarung zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sozial<strong>de</strong>mokratischen Partei Deutschlands und Bündnis 90 /DIE GRÜNEN vom 20.10.1998<br />

wur<strong>de</strong> festgeschrieben, dass „<strong><strong>de</strong>r</strong> Vorsorgegedanke künftig ein stärkeres Gewicht erhalten“<br />

muss. Darüber hinaus hat die Koalitionsvereinbarung die Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sicherung <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastensanierung<br />

in <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n unterstrichen.


3. Instrumentarium<br />

8<br />

Mit <strong>de</strong>m Erlass <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes, das seit <strong>de</strong>m 01.03.1999 vollständig in<br />

Kraft getreten ist, sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung (in Kraft seit<br />

17.07.1999), steht <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns nunmehr ein - im Vergleich zu früheren allgemeinen<br />

Bo<strong>de</strong>nschutzklauseln in verschie<strong>de</strong>nen Fachgesetzen - konkretisieren<strong>de</strong>s Instrumentarium<br />

zur Verfügung. Ergänzend ist auch die Baugesetzbuchnovelle 1998, in die u.a. eine<br />

verstärkte Bo<strong>de</strong>nschutzklausel Eingang fand, zu beachten. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Einzelheiten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung geben <strong>de</strong>n Behör<strong>de</strong>n eine ganze Anzahl von<br />

konkretisierten Anordnungsbefugnissen an die Hand, die vor allem in <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Altlastensanierung in <strong>de</strong>n vergangenen zwei Jahren eine erhebliche Rolle gespielt haben.<br />

Die Notwendigkeit dieser konkretisieren<strong>de</strong>n Regelungen zeigte sich bereits bei Erlass <strong>de</strong>s<br />

Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes. Die Vorschriften <strong>de</strong>s Gesetzes, die zum Erlass von<br />

Rechtsverordnungen ermächtigen, sind daher bereits am Tage nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkündung in Kraft<br />

getreten. Die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> hat gleich zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Legislaturperio<strong>de</strong> die<br />

dringend erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Ausführungsverordnung zum Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz erlassen.<br />

3.1 Rechtliche Regelungen/Untergesetzliches Regelwerk<br />

3.1.1 Anwendungsbereich <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes – Abgrenzungsfragen<br />

Das Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz ist dort ergänzend anzuwen<strong>de</strong>n, wo einschlägiges an<strong><strong>de</strong>r</strong>es<br />

Fachrecht Einwirkungen auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n nicht regelt.<br />

Zu <strong>de</strong>m vorrangigen Fachrecht zählen insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

- bestimmte Vorschriften <strong>de</strong>s Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes<br />

- Vorschriften über die Beför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung gefährlicher Güter<br />

- das Düngemittel- und Pflanzenschutzrecht<br />

- das Gentechnikgesetz<br />

- das Bun<strong>de</strong>swaldgesetz und Forst- und Waldgesetze <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

- das Flurbereinigungsrecht<br />

- Bau, Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, Unterhaltung und Betrieb von Verkehrswegen o<strong><strong>de</strong>r</strong> verkehrsregeln<strong>de</strong><br />

Vorschriften<br />

- das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht<br />

- das Bun<strong>de</strong>sbergrecht<br />

- das Bun<strong>de</strong>s-Immissionsschutzrecht.<br />

Nach <strong>de</strong>n Regeln <strong><strong>de</strong>r</strong> Subsidiarität ist es zwar grundsätzlich ausgeschlossen, dass fachbezogenes<br />

vorrangiges Recht, z.B. das Düngemittel- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflanzenschutzrecht, durch Vorschriften<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes nachgebessert wird. Enthält das fachfrem<strong>de</strong> Recht jedoch<br />

lediglich rahmenartige Bestimmungen (z. B. „ Schutz <strong>de</strong>s Allgemeinwohls“, „Abwehr<br />

sonstiger Gefahren“), so strahlt das Bo<strong>de</strong>nschutzrecht auf die Auslegung <strong>de</strong>s fachfrem<strong>de</strong>n<br />

Rechts aus. Dies besagt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtspraxis, dass etwa immissionsschutzrechtliche Anordnungen<br />

zum Schutz <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns zwar nach <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>s-Immissionsschutzrecht getroffen,<br />

inhaltlich aber mit Hilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestimmungen <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts ausgefüllt wer<strong>de</strong>n.<br />

Im übrigen fin<strong>de</strong>t das Bo<strong>de</strong>nschutzrecht jedoch in vollem Umfang Anwendung, wenn das<br />

fachfrem<strong>de</strong> Recht ausdrücklich bestimmte Rechtsbereiche nicht regelt. Dies gilt z.B. für das


9<br />

Recht <strong><strong>de</strong>r</strong> Beför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung gefährlicher Güter. Dieses regelt unmittelbar nur <strong>de</strong>n Transport, jedoch<br />

nicht die Folgen, die aus etwaigen Unfällen entstehen. Wer<strong>de</strong>n also bei <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen Unfällen<br />

Bo<strong>de</strong>nkontaminationen verursacht, fin<strong>de</strong>t das Bo<strong>de</strong>nschutzrecht uneingeschränkt Anwendung.<br />

Zu diesen Fragen hat die Bund-/Län<strong><strong>de</strong>r</strong>-Arbeitsgemeinschaft Bo<strong>de</strong>nschutz sog.<br />

Abgrenzungspapiere ausgearbeitet, die im Internet veröffentlicht wer<strong>de</strong>n und somit <strong>de</strong>n<br />

Anwen<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts zur Verfügung stehen.<br />

3.1.2 Erste Rechtsprechung<br />

3.1.2.1 Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht<br />

Das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht hat sich in seinem Beschluss vom 16.02.2000 (1 BvR<br />

242/91 und 315/99) mit zwei auf Artikel 14 Abs. 1 GG gestützte Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>n<br />

befasst. In einem Fall sollte ein Industriegrundstück für 1,1 Mio. DM saniert wer<strong>de</strong>n, weil<br />

auf <strong>de</strong>m Grundstück zur Entfettung von Kaninchenfellen eingesetzte chlorierte Kohlenwasserstoffe<br />

zu schweren Verunreinigungen <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns und <strong>de</strong>s Grundwassers geführt hatten.<br />

In einem weiteren Fall hatte die Benutzung einer Tontauben-Schießanlage Bleikontaminationen<br />

<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns bis zu 80 cm Tiefe verursacht. Die veranschlagten Sanierungskosten betrugen<br />

5,9 Mio. DM.<br />

Das Gericht hat zunächst die Zustandsverantwortlichkeit <strong>de</strong>s Eigentümers bestätigt. Sie fin<strong>de</strong><br />

ihren Grund in <strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong>de</strong>m Eigentum verbun<strong>de</strong>nen Sachherrschaft sowie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbindung<br />

von Vorteilen und Lasten <strong><strong>de</strong>r</strong> Sache. Außer<strong>de</strong>m liege die Sanierung von Altlasten oftmals<br />

nicht allein im öffentlichen Interesse, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n zugleich im privaten Interesse <strong>de</strong>s Eigentümers.<br />

Durch die Sanierung wür<strong>de</strong>n regelmäßig <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehrswert <strong>de</strong>s Grundstücks und<br />

sein individueller Nutzungswert erheblich gesteigert.<br />

Die Zustandsverantwortlichkeit <strong>de</strong>s Eigentümers könne aber im Ausmaß <strong>de</strong>ssen, was <strong>de</strong>m<br />

Eigentümer zur Gefahrenabwehr abverlangt wer<strong>de</strong>n dürfe, begrenzt sein. Dies ergebe sich<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e aus <strong>de</strong>m Grundsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhältnismäßigkeit. Als Anhaltspunkt für diese Begrenzung<br />

könne das Verhältnis <strong>de</strong>s finanziellen Aufwands <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierung zu <strong>de</strong>m Verkehrswert<br />

<strong>de</strong>s Grundstücks nach Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierung dienen. Wer<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehrswert<br />

<strong>de</strong>s Grundstücks von <strong>de</strong>n Kosten überschritten, entfalle in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel das Interesse <strong>de</strong>s Eigentümers<br />

an einem künftigen privatnützigen Gebrauch <strong>de</strong>s Grundstücks. Das Eigentum könne<br />

damit für ihn gänzlich seinen Wert und seinen Inhalt verlieren. Deshalb könne z.B. eine diese<br />

Grenze überschreiten<strong>de</strong> Belastung unzumutbar sein, wenn die Gefahr, die von <strong>de</strong>m<br />

Grundstück ausgehe, aus Naturereignissen, aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeinheit zuzurechnen<strong>de</strong>n Ursachen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrühre. In diesen Fällen dürfte die Sanierungsverantwortlichkeit<br />

nicht unbegrenzt <strong>de</strong>m alle Sicherungspflichten einhalten<strong>de</strong>n Eigentümer<br />

zur Last fallen. Im Übrigen hält das Gericht es nicht für zumutbar, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Eigentümer<br />

unbegrenzt für die Sanierung auch mit Vermögen einstehe, das in keinem rechtlichen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> wirtschaftlichen Zusammenhang mit <strong>de</strong>m sanierungsbedürftigen Grundstück steht. Es<br />

entwickelt in diesem Zusammenhang einzelne Kriterien für die Auslegung und Anwendung<br />

<strong>de</strong>s Art. 14 Abs. 1 GG auf die Fälle <strong><strong>de</strong>r</strong> Zustandshaftung.<br />

Der Beschluss <strong>de</strong>s Gerichts ist für die Verwaltungsgerichte sowie für die Verwaltungsbehör<strong>de</strong>n<br />

verbindlich. Dem Gesetzgeber lässt er wenig Spielraum. Insofern ist die Anwendung<br />

<strong>de</strong>s Beschlusses <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts im Einzelfall zu prüfen. Im übrigen ist darauf<br />

hinzuweisen, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Regierungsentwurf <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes in § 25<br />

Abs. 2 eine entsprechen<strong>de</strong> Haftungsbegrenzung vorsah, diese hatte jedoch in <strong>de</strong>n weiteren<br />

Beratungen keine Mehrheit gefun<strong>de</strong>n (Drucksache 13/6701, S. 14).


10<br />

3.1.2.2 Rechtsprechung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwaltungsgerichte<br />

Das Bun<strong>de</strong>sverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 16.05.2000 entschie<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Bund<br />

im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierungsverantwortlichkeit von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließen<strong>de</strong>n<br />

Gebrauch gemacht habe. Lan<strong>de</strong>srecht, das über das Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz hinausgehend<br />

die Inanspruchnahme weiterer Störer gestatte, wer<strong>de</strong> durch das Bun<strong>de</strong>srecht<br />

verdrängt. Das Gericht hat damit die in § 21 Abs. 1 <strong>de</strong>s Gesetzes nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelegte Auffassung<br />

bestätigt, dass die Län<strong><strong>de</strong>r</strong> nur zu ergänzen<strong>de</strong>n Verfahrensregelungen, nicht aber zu Weiterungen<br />

<strong>de</strong>s materiellen Rechts ermächtigt sind.<br />

Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsprechung <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberverwaltungsgerichte sind insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e zwei Entscheidungen<br />

erwähnenswert, die sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Abgrenzung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts zum Deponierecht<br />

befassen. So haben das OVG Münster mit Urteil vom 16.11.2000 – 20 A 1774/99 und das<br />

Thüringer Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 11.07.2001 – 4 KO 52/97 –<br />

ausgeführt, das Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz solle das Problem <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlasten bun<strong>de</strong>seinheitlich<br />

regeln. Deshalb soll nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Stilllegung einer Deponie das Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz<br />

umfassend Anwendung fin<strong>de</strong>n, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Verdacht besteht, dass von einer Deponie schädliche<br />

Bo<strong>de</strong>neinwirkungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonstige Gefahren ausgehen.<br />

3.1.3 Verordnung über die Eintragung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzlastvermerks<br />

Zeitgleich mit <strong>de</strong>m Erlass <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes trat die Verordnung über die<br />

Eintragung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzlastvermerks in Kraft. Sie beruht auf § 25 <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-<br />

Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes, wonach ein Ausgleichsbetrag zu zahlen ist, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> durch die durchgeführten<br />

Maßnahmen bewirkten Werterhöhung <strong>de</strong>s Grundstücks entspricht, wenn Maßnahmen<br />

zum Schutz <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns durch öffentliche Stellen durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Dieser Ausgleichsbetrag<br />

lastet als öffentliche Last auf <strong>de</strong>m Grundstück und soll in das Grundbuch eingetragen<br />

wer<strong>de</strong>n. In das Grundbuch wird dann ein Bo<strong>de</strong>nschutzlastvermerk eingetragen, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

wie folgt lautet: „Bo<strong>de</strong>nschutzlast. Auf <strong>de</strong>m Grundstück ruht ein Ausgleichsbetrag nach § 25<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes als öffentliche Last.“ Diese öffentliche Last geht allen im<br />

Grundbuch eingetragenen Rechten kraft Gesetzes vor. Hinreichen<strong>de</strong> Erfahrungen hierzu liegen<br />

in <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n z.Zt. noch nicht vor.<br />

3.1.4 Die Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV)<br />

Die Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung stellt das Hauptinstrumentarium zum<br />

Vollzug <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland zur Verfügung. Der<br />

Verordnungstext selbst beschränkt sich auf 13 Vorschriften; <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung sind jedoch<br />

umfangreiche Anhänge beigefügt, in <strong>de</strong>nen wesentliche Einzelheiten für <strong>de</strong>n Vollzug <strong>de</strong>s<br />

Bo<strong>de</strong>nschutzrechts geregelt sind.<br />

Der von <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> vorgelegten Verordnung (BR-Drs. 780/98) hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat<br />

am 30.04.1999 mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Maßgabe zahlreicher Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zugestimmt (BR-Drs. 244/99 –<br />

Beschluss). Diese Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen hat die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> sämtlich übernommen, so dass die<br />

Verordnung am 12.07.1999 ausgefertigt und am 16.07.1999 im Bun<strong>de</strong>sgesetzblatt Teil I, S.<br />

1554 verkün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Die Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung nimmt mehrere Ermächtigungen <strong>de</strong>s<br />

Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes in Anspruch.


11<br />

- Sie gilt für die Untersuchung und Bewertung von Verdachtsflächen, altlastverdächtigen<br />

Flächen, schädlichen Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Altlasten sowie für Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an<br />

die Probennahme, die Analytik und die Qualitätssicherung;<br />

- sie stellt Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an die Gefahrenabwehr durch Kontaminations- und Sicherungsmaßnahmen<br />

sowie durch sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen sowie<br />

ergänzen<strong>de</strong> Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an Sanierungsuntersuchungen und Sanierungspläne bei bestimmten<br />

Altlasten;<br />

- sie enthält Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zur Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

und<br />

- legt schließlich Prüf- und Maßnahmewerte sowie Vorsorgewerte einschließlich zulässiger<br />

Zusatzbelastungen fest.<br />

In ihrem Aufbau folgt die Verordnung bo<strong>de</strong>nschutzfachlichen Erwägungen zur Untersuchung<br />

und Bewertung von Verdachtsflächen. Die zuständige Behör<strong>de</strong> soll Anhaltspunkten<br />

nachgehen, wenn z.B. auf Grundstücken über einen längeren Zeitraum o<strong><strong>de</strong>r</strong> in erheblicher<br />

Menge mit Schadstoffen umgegangen wur<strong>de</strong> und die jeweiligen Betriebs-, Bewirtschaftungs-<br />

und Verfahrensweisen nicht unerhebliche Einträge solcher Stoffe in <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n vermuten<br />

lassen. Weitere Anhaltspunkte sind erhöhte Schadstoffgehalte in Nahrungs- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Futterpflanzen<br />

am Standort, das Austreten von Wasser mit erheblichen Frachten an Schadstoffen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> erhebliche Bo<strong>de</strong>nabträge und –ablagerungen durch Wasser o<strong><strong>de</strong>r</strong> Wind. Haben diese<br />

Untersuchungen einen hinreichen<strong>de</strong>n Verdacht ergeben, kann die zuständige Behör<strong>de</strong> <strong>de</strong>n<br />

vermutlichen Sanierungsverantwortlichen mit weiteren Untersuchungen belasten. Das Gesetz<br />

regelt dabei <strong>de</strong>n Kostenausgleich, wenn sich die <strong>de</strong>n Verdacht begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong><br />

im weiteren Verfahren nicht bestätigen.<br />

In einem weiteren Schritt sind die Untersuchungsergebnisse nach § 4 <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-<br />

Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung zu bewerten. Zu dieser Bewertung sind insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

die in Anhang 2 zur Verordnung geregelten Prüfwerte heranzuziehen. Prüfwerte sind solche<br />

Werte, bei <strong><strong>de</strong>r</strong>en Überschreiten unter Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nnutzung eine einzelfallbezogene<br />

Prüfung durchzuführen und festzustellen ist, ob eine schädliche Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Altlast vorliegt. Ergibt die Untersuchung, dass ein Prüfwert unterschritten ist, ist insoweit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Verdacht einer schädlichen Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung ausgeräumt. Der Anhang zur Verordnung<br />

differenziert für die Anwendung von Prüfwerten die Wirkungspfa<strong>de</strong> Bo<strong>de</strong>n –<br />

Mensch, Bo<strong>de</strong>n – Nutzpflanze sowie <strong>de</strong>n Wirkungspfad Bo<strong>de</strong>n – Grundwasser. Innerhalb<br />

<strong>de</strong>s Wirkungspfa<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>n – Mensch wer<strong>de</strong>n die Nutzungen nach Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>spielflächen,<br />

Wohngebieten, Park- und Freizeitanlagen sowie Industrie- und Gewerbegrundstücken unterschie<strong>de</strong>n.<br />

Dieser Nutzungsdifferenzierung entsprechen unterschiedliche Prüfwerte, so dass<br />

etwa für Blei bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>spielflächen ein Prüfwert von 200 mg/pro kg Trockenmasse festgelegt<br />

ist, für Wohngebäu<strong>de</strong> 400 mg, für Park- und Freizeitanlagen 1000 mg und für Industrie-<br />

und Gewerbegrundstücke 2000 mg. An diesen Nutzungen orientiert sich auch das Sanierungserfor<strong><strong>de</strong>r</strong>nis.<br />

Wer<strong>de</strong>n Maßnahmenwerte überschritten, ist in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel von einer schädlichen<br />

Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Altlast auszugehen.<br />

Ein weiterer Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

gewidmet. Hierzu enthält Anhang 2 zur Verordnung Vorsorgewerte für die<br />

Metalle Cadmium, Blei, Chrom, Kupfer, Quecksilber, Nickel und Zink sowie für organische<br />

Stoffe. Bei <strong>de</strong>n Vorsorgewerten wird nicht nach Nutzungen differenziert. Vielmehr<br />

enthält <strong><strong>de</strong>r</strong> Anhang eine Unterscheidung nach <strong>de</strong>n Hauptbo<strong>de</strong>narten gem. <strong><strong>de</strong>r</strong> bo<strong>de</strong>nkundlichen<br />

Kartieranleitung. Vorsorgewerte sind an ökotoxikologischen Wirkungsschwellen orientiert;<br />

sie berücksichtigen zu<strong>de</strong>m die natürliche und ubiquitäre Hintergrundbelastung.


3.1.5 Entsiegelung<br />

12<br />

§ 5 <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes enthält eine Ermächtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> zu einer<br />

Regelung, die Grundstückseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen zur Entsiegelung<br />

verpflichtet. Dabei muss es sich um dauerhaft nicht mehr genutzte Flächen han<strong>de</strong>ln, <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Versiegelung im Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch zu planungsrechtlichen Festsetzungen steht.<br />

Zu <strong>de</strong>n Rechtsfragen, die durch diese Ermächtigung aufgeworfen wer<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong>n im Rahmen<br />

<strong>de</strong>s Umweltforschungsplans ein Fachgespräch sowie ein Planspiel durchgeführt. Dabei<br />

hat sich ergeben, dass das von <strong><strong>de</strong>r</strong> Ermächtigung vorausgesetzte Entsiegelungspotential so<br />

geringfügig ist, dass <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit sowohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedarf für eine bun<strong>de</strong>seinheitliche Verordnungsregelung<br />

als auch die Geeignetheit und Angemessenheit verneint wer<strong>de</strong>n müssen. „Entsiegelungsmaßnahmen“<br />

wer<strong>de</strong>n in aller Regel zu <strong>de</strong>m Zweck durchgeführt, die entsiegelte Fläche<br />

einer erneuten baulichen Nutzung zuzuführen. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits wer<strong>de</strong>n Entsiegelungen häufig<br />

als Voraussetzung für städteplanerische Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt. Hier besteht<br />

ein Bedarf nach einer außerrechtlichen Handlungsempfehlung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Technischen Anleitung,<br />

die Angaben über Begriff, Zweck und Umfang <strong><strong>de</strong>r</strong> Entsiegelung enthält und auch im<br />

Rahmen an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Rechtsvorschriften – Wasser-, Naturschutz- und Baurecht – angewandt<br />

wer<strong>de</strong>n kann.<br />

3.1.6 Ableitungsmaßstäbe<br />

Der seit Erlass <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung einsetzen<strong>de</strong> Vollzug <strong>de</strong>s<br />

Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzrechts hat <strong>de</strong>utlich gemacht, dass die Län<strong><strong>de</strong>r</strong> in erheblichem Umfang<br />

auf Vollzugshilfen angewiesen sind, in <strong>de</strong>nen die gesetzlichen und die verordnungsrechtlichen<br />

Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen praxisgerecht aufgearbeitet sind. Zur Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> stofflichen Bo<strong>de</strong>nbelastung<br />

hat das Bun<strong>de</strong>sumweltministerium sog. „Ableitungsmaßstäbe“ erlassen (Bun<strong>de</strong>sanzeiger<br />

Nr. 161 a vom 28.08.1999). Die Bekanntmachung benennt die Metho<strong>de</strong>n und Maßstäbe<br />

für die Ableitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüf- und Maßnahmenwerte nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung.<br />

Damit hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sumweltminister Neuland betreten: Die umfassen<strong>de</strong><br />

Darstellung gibt eingehend Auskunft, wie die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung genannten Werte gewonnen<br />

wur<strong>de</strong>n. Die Ableitungsmethodik ist damit auch auf solche Schadstoffe anwendbar, die<br />

nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung enthalten sind. Das OVG Lüneburg hat mit Beschluss vom<br />

03.05.2000 entschie<strong>de</strong>n, dass an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Stofflisten zwar noch für die Frage <strong>de</strong>s Sanierungsbedarfs<br />

herangezogen wer<strong>de</strong>n dürfen; die jeweiligen Werte müssten jedoch <strong>de</strong>n Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> „Ableitungsmaßstäbe“ entsprechen.<br />

3.1.7 Verfahrensregelungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zur Ergänzung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzrechts haben bestimmte Län<strong><strong>de</strong>r</strong> von ihrem Recht<br />

Gebrauch gemacht, Verfahrensregelungen zu erlassen. Diese enthalten z.B. Auskunfts- und<br />

Betretensrechte, die Einrichtung von Altlastenkatastern, Datengrundlagen etc. Neuere Ausführungsvorschriften<br />

dieser Art fin<strong>de</strong>n sich in Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>sachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern,<br />

Sachsen und Hamburg.<br />

3.2 Zusammenarbeit von Bund und Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Im Jahre 1991 wur<strong>de</strong> die Bund/Län<strong><strong>de</strong>r</strong>-Arbeitsgemeinschaft Bo<strong>de</strong>nschutz (LABO), ein Arbeitsgremium<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Umweltministerkonferenz (UMK), gegrün<strong>de</strong>t. In <strong><strong>de</strong>r</strong> LABO arbeiten die<br />

für Bo<strong>de</strong>nschutz zuständigen obersten Behör<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> und <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s zusammen, um


13<br />

Fragen ihres Aufgabenkreises zu erörtern, Lösungen auszuarbeiten und Empfehlungen auszusprechen.<br />

Davor hatte bereits seit 1983 eine Zusammenarbeit in einer Son<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgruppe<br />

Informationsgrundlagen <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzes stattgefun<strong>de</strong>n.<br />

Die LABO begleitet die Entwicklung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzes und <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts und<br />

dient <strong>de</strong>m Erfahrungsaustausch zwischen <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Herausragen<strong>de</strong> Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> LABO<br />

ist es, <strong>de</strong>n bun<strong>de</strong>seinheitlichen Vollzug <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts sicher zu stellen und Vorschläge<br />

für eine einheitliche Weiterentwicklung auszuarbeiten. Die LABO berät die UMK<br />

und die Konferenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Amtschefs <strong><strong>de</strong>r</strong> Umweltministerien (ACK) und führt <strong><strong>de</strong>r</strong>en bo<strong>de</strong>nbezogene<br />

Aufträge aus.<br />

Aufgabenstellung und Aktivitäten <strong><strong>de</strong>r</strong> LABO sind unabdingbare Voraussetzung für einen<br />

geordneten und län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifend abgestimmten Vollzug <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland. Die LABO ist maßgeblich an Fragestellungen beteiligt, die an<br />

vielen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Stellen dieses Berichts konkretisiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Die LABO besteht aus <strong>de</strong>m Leitungsgremium, das, korrespondierend mit <strong>de</strong>n Sitzungen von<br />

UMK und ACK zwei Mal jährlich tagt, sowie <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit folgen<strong>de</strong>n ständigen Ausschüssen:<br />

- Recht;<br />

- Informationsgrundlagen;<br />

- Bo<strong>de</strong>nschutzplanung;<br />

- Bo<strong>de</strong>nbelastungen;<br />

- Altlasten.<br />

Der Vorsitz von Leitungsgremium und ständigen Ausschüssen wird alle zwei Jahre in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

alphabetischen Folge <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> weitergegeben.<br />

Themenschwerpunkte <strong><strong>de</strong>r</strong> LABO sind aktuelle Fragen <strong>de</strong>s Vollzugs in <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

(www.umwelt.bremen.<strong>de</strong>/buisy/bo<strong>de</strong>n/labo/in<strong>de</strong>xlabo.htm)<br />

Selbstverständlich fin<strong>de</strong>t auch eine Zusammenarbeit mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Bund/Län<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gremien<br />

statt, z. B. mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgemeinschaft<br />

Abfall (LAGA), <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA), <strong>de</strong>m Län<strong><strong>de</strong>r</strong>ausschuss<br />

Bergbau (LAB) und <strong>de</strong>m Bund/Län<strong><strong>de</strong>r</strong>-Ausschuss Bo<strong>de</strong>nforschung (BLA/Geo).<br />

3.3 Wissenschaftliche Beratung<br />

3.3.1 Wissenschaftlicher Beirat Bo<strong>de</strong>nschutz<br />

Zur wissenschaftlichen Beratung <strong>de</strong>s BMU auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzes wur<strong>de</strong> im<br />

Dezember 1998 ein Wissenschaftlicher Beirat Bo<strong>de</strong>nschutz (WBB) berufen. Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>s Beirats sind ausgewiesene Wissenschaftler <strong><strong>de</strong>r</strong> Fachrichtungen Bo<strong>de</strong>nkun<strong>de</strong>, Geologie,<br />

Bo<strong>de</strong>nbiologie, Agrarwissenschaften, Human- und Ökotoxikologie sowie Wasserwirtschaft.<br />

Die Geschäftsführung <strong>de</strong>s WBB liegt beim Umweltbun<strong>de</strong>samt. Zu <strong>de</strong>n Aufgaben <strong>de</strong>s Beirats<br />

gehörten insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

- die Überprüfung, Fortentwicklung und Ergänzung <strong><strong>de</strong>r</strong> wissenschaftlichen Grundlagen und<br />

Metho<strong>de</strong>n zur Ableitung von Vorsorge-, Prüf- und Maßnahmenwerten auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes;


14<br />

- die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s wissenschaftlichen Konsenses über die für die Ableitung <strong><strong>de</strong>r</strong> vorgehend<br />

genannten Werte erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen fachlichen Grundlagen;<br />

- die Erarbeitung von Empfehlungen zu wissenschaftlich begrün<strong>de</strong>ten Bewertungen über<br />

Wirkungen von Schadstoffen auf die Bo<strong>de</strong>nfunktionen sowie von Empfehlungen zu wissenschaftlichen<br />

Grundlagen <strong>de</strong>s Humanbiomonitorings im Zusammenhang mit stofflichen<br />

Bo<strong>de</strong>nbelastungen;<br />

- die Entwicklung von Maßstäben zur Bewertung von Bö<strong>de</strong>n als Entscheidungshilfe für die<br />

Raumplanung<br />

- sowie Stellungnahmen zu weiteren fachlichen Fragen.<br />

Der Wissenschaftliche Beirat Bo<strong>de</strong>nschutz hat neben <strong><strong>de</strong>r</strong> aktuellen Beratung <strong>de</strong>s BMU an<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Expertenanhörung zur Rolle <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> BSE-Problematik im Dezember<br />

2000 mitgewirkt und mehrere fachliche Empfehlungen (z.B. zur Fortentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Metho<strong>de</strong>n<br />

und Verfahren zur Sickerwasserprognose) abgegeben sowie als Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ator das<br />

„Brainstorming Globaler Bo<strong>de</strong>nschutz“ geleitet. Hervorzuheben ist die Vorlage <strong>de</strong>s Gutachtens<br />

"Wege zum vorsorgen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz" im Februar 2000<br />

(http://dip.bun<strong>de</strong>stag.<strong>de</strong>/btd/14/028/1402834.pdf). Gegenwärtig arbeitet <strong><strong>de</strong>r</strong> WBB an einer<br />

Denkschrift zum Thema "Bö<strong>de</strong>n verstehen - die Er<strong>de</strong> bewahren".<br />

3.3.2 Fachbeirat für Bo<strong>de</strong>nuntersuchungen<br />

Der Fachbeirat „Verfahren und Metho<strong>de</strong>n für Bo<strong>de</strong>nuntersuchungen“ (FBU) wur<strong>de</strong> entsprechend<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in Anhang 1 zur BBodSchV nach einem "ausgewählten Kreis von<br />

Fachleuten" am 14.06.2000 durch das Bun<strong>de</strong>sministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />

eingerichtet und beim Umweltbun<strong>de</strong>samt (UBA) angesie<strong>de</strong>lt.<br />

Der Fachbeirat hat die Aufgabe, Erkenntnisse über fortschrittliche Verfahren und Metho<strong>de</strong>n,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en praktische Eignung für Untersuchungen nach BBodSchV gesichert erscheint, sowie<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Anwendung zusammenzustellen.<br />

Die Aufgaben <strong>de</strong>s Fachbeirates wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Arbeitsgruppen „Probennahme von Bö<strong>de</strong>n“,<br />

„Verfahren und Metho<strong>de</strong>n zur Quantifizierung von Stoffen in Bö<strong>de</strong>n“ sowie „Qualitätssicherung<br />

und Ergebnisunsicherheit für Bo<strong>de</strong>nuntersuchungsverfahren“ bearbeitet.<br />

Folgen<strong>de</strong> Empfehlungen wer<strong>de</strong>n für die Veröffentlichung gegenwärtig vorbereitet:<br />

- Charakterisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichwertigkeit und Vergleichbarkeit von Verfahren und Metho<strong>de</strong>n<br />

gemäß Anhang 1 zur BBodSchV sowie ggf. für gleichwertige o<strong><strong>de</strong>r</strong> vergleichbare Verfahren<br />

und Metho<strong>de</strong>n<br />

- Eignung von Vor-Ort-Analytik-Verfahren<br />

- Eignung von Qualitätssicherungsmaßnahmen, einschließlich <strong>de</strong>s Vorschlags <strong><strong>de</strong>r</strong> zulässigen<br />

Ergebnisunsicherheit für die Metho<strong>de</strong>n und Verfahren <strong>de</strong>s Anhangs 1 zur BBodSchV.<br />

4. Integration in an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Politikbereiche<br />

Aus <strong>de</strong>m unter 3.1.1 dargestellten Verhältnis zu Bo<strong>de</strong>nschutz- und an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Fachrechten<br />

ergibt sich, dass es erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich ist, Bo<strong>de</strong>nbelange in <strong>de</strong>n einschlägigen Vorschriften adäquater<br />

zu verankern und ökonomische und finanzielle Steuerungsmöglichkeiten verstärkt auch<br />

im Sinne eines nachhaltigen Bo<strong>de</strong>nschutzes einzusetzen. Insofern dienen auch Rechtsberei-


15<br />

che, die nicht vor<strong><strong>de</strong>r</strong>gründig mit Bo<strong>de</strong>n in Verbindung gebracht wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>m Schutz dieser<br />

Ressource.<br />

4.1 Flächeninanspruchnahme vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n – nachhaltige Siedlungsentwicklung<br />

för<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

4.1.1 Ausgangslage<br />

Der sparsame Umgang mit knappen, erst recht mit nicht vermehrbaren Ressourcen ist eine<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> grundsätzlichen Regeln für nachhaltiges Han<strong>de</strong>ln. Dieses Prinzip gilt in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>em<br />

Maße auch für die Flächeninanspruchnahme. Die Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächeninanspruchnahme<br />

bil<strong>de</strong>t daher auch einen Schwerpunkt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachhaltigkeitsstrategie <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong>.<br />

Gera<strong>de</strong> in einem dicht besie<strong>de</strong>lten Land wie Deutschland gilt es, <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n in seinen ökologischen<br />

Funktionen als Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen<br />

und als Bestandteil <strong>de</strong>s Naturhaushalts mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen zu erhalten.<br />

Es gibt kaum ein Handlungsfeld, bei <strong>de</strong>m das komplexe Gefüge von ökologischen, ökonomischen<br />

und sozialen Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen so sichtbar wird wie im Bereich <strong>de</strong>s Umgangs mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

begrenzten Ressource Bo<strong>de</strong>n und <strong><strong>de</strong>r</strong> Siedlungsentwicklung. Dabei sind sowohl <strong><strong>de</strong>r</strong> zunehmend<br />

hohe Anteil an Siedlungs- und Verkehrsfläche im Verhältnis zur land- und forstwirtschaftlich<br />

genutzten Fläche als auch die Landschaftszerschneidung mit negativen Umweltauswirkungen<br />

verbun<strong>de</strong>n. Zu nennen sind z.B. <strong><strong>de</strong>r</strong> Konflikt zwischen Verkehrswachstum<br />

und Erholungsnutzung, <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensraumverlust und die Barrierewirkung für wildleben<strong>de</strong><br />

Tierarten o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Ausbreitung von Schadstoffen.<br />

Gleichzeitig gilt es, <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n in seinen vielfältigen Nutzungsfunktionen, z.B. für Siedlung<br />

und Erholung, land- und forstwirtschaftliche, sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen<br />

sowie Verkehr zu erhalten. So ist die Versorgung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung mit ausreichen<strong>de</strong>m,<br />

angemessenem und bezahlbarem Wohnraum ein wichtiges Ziel. Auch für die gewerbliche<br />

und infrastrukturelle Nutzung müssen ausreichen<strong>de</strong> Flächen zu volkswirtschaftlich vertretbaren<br />

Preisen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus müssen auch Nutzungsoptionen für<br />

nachfolgen<strong>de</strong> Generationen offengehalten wer<strong>de</strong>n.<br />

Eine sparsame, natur- und sozialverträgliche Flächennutzung ist zentrales Element einer<br />

nachhaltigen Siedlungsentwicklung - darauf haben wir uns im Jahr 1996 anlässlich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Weltsiedlungskonferenz Habitat II zusammen mit <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en UN-Mitgliedstaaten verpflichtet.<br />

Die Inanspruchnahme von Siedlungsflächen konnte vom Wirtschaftswachstum bereits abgekoppelt<br />

wer<strong>de</strong>n. Bemerkenswert ist, dass die Flächeninanspruchnahme in <strong>de</strong>n alten Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

nach Werten von bis zu 114 ha pro Tag in <strong>de</strong>n 70er auf 71 ha pro Tag Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

90er Jahre <strong>de</strong>utlich gesunken ist. Seit<strong>de</strong>m ist sie bis heute allerdings wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf 89 ha pro<br />

Tag gestiegen. In <strong>de</strong>n neuen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n bestand im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung ein <strong>de</strong>utlicher<br />

Nachholbedarf im Verkehrswege- und Wohnungsbau. Nunmehr gilt es, in Deutschland insgesamt<br />

eine <strong>de</strong>utliche Verringerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächeninanspruchnahme zu erreichen. Die tägliche<br />

Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist in Deutschland insgesamt


16<br />

bis heute auf etwa 129 ha pro Tag gestiegen. Dieser Trend soll umgekehrt und auf einen<br />

Wert von 30 ha pro Tag im Jahr 2020 orientiert wer<strong>de</strong>n. Hier sind in erster Linie die Län<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

und Kommunen gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, da sie im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Raumordnungs- und Bauleitpläne Festlegungen<br />

über die Flächenwidmung treffen.<br />

Zwar erscheint ein Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Siedlungs- und Verkehrsfläche an <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtfläche Deutschlands<br />

mit 12,3 % eher gering, aber infolge steigen<strong><strong>de</strong>r</strong> Ansprüche an Wohnfläche, rückläufiger<br />

Beschäftigungsdichten, zunehmen<strong><strong>de</strong>r</strong> Freizeit-, Konsum- und Mobilitätsansprüche<br />

wächst seit Jahrzehnten die Fläche für Wohnen, Mobilität, Freizeit und Arbeiten, die sich<br />

zu<strong>de</strong>m regional sehr unterschiedlich auf Ballungsräume und ländliche Räume verteilt.<br />

Das Bun<strong>de</strong>samt für Bauwesen und Raumordnung kommt in seiner Wohnungsprognose 2015<br />

für die Nachfrageentwicklung zu <strong>de</strong>m Ergebnis, dass in <strong>de</strong>n nächsten 15 Jahren mit einem<br />

Zuwachs <strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnflächennachfrage um 12,4 % zu rechnen ist. Diese Steigerung ist im Wesentlichen<br />

auf eine Zunahme beim Wohneigentum zurückzuführen. Hier steigt die Flächennachfrage<br />

um gut 21 %, während sie im Mieterbereich in etwa auf <strong>de</strong>m Niveau von 2001<br />

verharrt. Die stärkere Nachfrage im Eigentümerbereich muss jedoch mit einer geringeren<br />

täglichen Flächeninanspruchnahme befriedigt wer<strong>de</strong>n. Für die künftige Entwicklung ist es<br />

daher entschei<strong>de</strong>nd, dass Wohneigentumsbildung nicht nur auf <strong><strong>de</strong>r</strong> grünen Wiese, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

verstärkt auch im Innenbereich stattfin<strong>de</strong>n muss.<br />

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Flächennachfrage größere regionale Unterschie<strong>de</strong><br />

aufweisen wird. Auch wer<strong>de</strong>n sich zunehmend Regionen mit Wohnungsangebotsüberhängen<br />

herausbil<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen Wohnungen zurückgebaut wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n neuen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n trägt bereits<br />

jetzt <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückbau nicht mehr benötigter Wohnungen in vielen Stadtregionen zu einer<br />

Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächeninanspruchnahme bei. Langfristig wirkt sich auch <strong><strong>de</strong>r</strong> zu erwarten<strong>de</strong><br />

Bevölkerungsrückgang dämpfend auf die Siedlungsentwicklung aus.<br />

Insgesamt zeigt sich, dass zu einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung auch die Vorsorge<br />

für ausreichen<strong>de</strong>n Wohnraum gehören muss. Gleiches gilt für eine Flächenvorratspolitik, die<br />

auch künftigen Generationen eine positive industrielle und gewerbliche Entwicklung ermöglicht.<br />

Siedlungsfläche darf nicht mit „versiegelter“ Fläche gleichgesetzt wer<strong>de</strong>n. Ein be<strong>de</strong>uten<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Siedlungsfläche besteht aus Grün- und Freiflächen und umfasst auch umweltgerechte<br />

Nutzungen. Rein rechnerisch zählen zur Siedlungs- und Verkehrsfläche auch die umfassen<strong>de</strong>n<br />

Ausgleichsmaßnahmen, die aufgrund gesetzlicher Regelungen heute bei je<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

neuen Flächeninanspruchnahme vorzunehmen sind. Es kommt also vor allem auch auf die<br />

Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächennutzung an. Diese Erkenntnis schafft <strong>de</strong>n Spielraum, <strong><strong>de</strong>r</strong> erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich ist,<br />

um trotz Flächeninanspruchnahme die ökologische Komponente <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachhaltigkeit mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ökonomischen und sozialen Dimension in Einklang zu bringen.<br />

Vor diesem Hintergrund stellt sich die nachhaltige Siedlungsentwicklung als komplexe Managementaufgabe<br />

dar, die auf allen staatlichen Ebenen ein Abwägen <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen Belange<br />

erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

4.1.2 Strategie<br />

Eine nachhaltige Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Siedlungsstruktur mit ihren Wirkungen auf die Flächeninanspruchnahme<br />

muss quantitativ und qualitativ gesteuert wer<strong>de</strong>n.


17<br />

Der quantitative Ansatz verfolgt das Ziel, die spezifische Flächeninanspruchnahme vom<br />

Wirtschaftswachstum weiter zu entkoppeln und die Flächenversiegelung mehr und mehr zurückzuführen.<br />

Stichworte wie flächensparen<strong>de</strong>s Bauen, kompakte Stadt, Bün<strong>de</strong>lung von Infrastruktur,<br />

Bereitstellung von Ausgleichsflächen und Entsiegelung von nicht mehr genutzten<br />

Flächen stehen hiermit in unmittelbarem Zusammenhang. Indirekt wirken auch Flächenrecycling,<br />

eine verstärkte Nutzungsmischung und verkehrssparen<strong>de</strong> Siedlungsstrukturen mit<br />

einer Siedlungskonzentration an <strong>de</strong>n Verkehrsknoten und entlang <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehrsachsen positiv<br />

auf die Verringerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächeninanspruchnahme.<br />

Eine nachhaltige Steuerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Siedlungsentwicklung parallel zur Verringerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächeninanspruchnahme<br />

muss aber auch auf eine qualitative Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächeninanspruchnahme<br />

setzen. So kann z. B. die Verbesserung <strong>de</strong>s Wohnumfelds in Innenstädten die<br />

Bereitschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung steigern, das Wohnen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt wie<strong><strong>de</strong>r</strong> als attraktive Alternative<br />

zum Haus im Grünen anzuerkennen. Wo eine Siedlungserweiterung auf Grund steigen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wohnraumnachfrage erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich ist, ist dies auch am Stadtrand vertretbar, wenn<br />

dies zu ökologisch verträglichen, ökonomisch effizienten und sozial vertretbaren Siedlungsstrukturen<br />

führt. Die dabei am Stadtrand entstehen<strong>de</strong> Siedlungsform mit Ein- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mehrfamilienhaus<br />

-Siedlungen, kleinen Gärten und großzügigen Freiflächen kann ein positiver Bestandteil<br />

nachhaltiger Siedlungsentwicklung sein.<br />

Gleichzeitig muss es gelingen, das Landschaftsbild und <strong>de</strong>n Erholungswert <strong>de</strong>s Freiraums<br />

gera<strong>de</strong> im Umfeld <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadtregionen zu verbessern. In ländlichen Regionen ist die Erhaltung<br />

von unzerschnittenen landschaftlichen Freiräumen von beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Be<strong>de</strong>utung.<br />

Daher ist nur eine Doppelstrategie von quantitativer und qualitativer Steuerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächeninanspruchnahme<br />

geeignet, die Siedlungsentwicklung in Deutschland auf nachhaltige Weise<br />

zu gestalten. Bei aller Notwendigkeit, die künftige Flächeninanspruchnahme zu verringern,<br />

hätte eine ausschließlich restriktive Flächenpolitik doch erhebliche unerwünschte wirtschaftliche<br />

und soziale Folgen. Sie wür<strong>de</strong> nicht nur das wirtschaftliche Wachstum hemmen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

vor allem durch Flächen- und damit verbun<strong>de</strong>ne Wohnraumverknappung zu Verdrängungseffekten<br />

zu Lasten <strong><strong>de</strong>r</strong> einkommensschwächeren Bevölkerung führen. Deshalb müssen<br />

raumplanerische Regulierungen zum Schutz <strong>de</strong>s Freiraums vor allem durch ökonomische<br />

Anreize zu einer Flächenausweisungs- und -mobilisierungspolitik an dafür geeigneten<br />

Standorten flankiert wer<strong>de</strong>n.<br />

4.1.3 Maßnahmen und Instrumente<br />

Um die Vielzahl verfügbarer Instrumente zielgerichtet auszugestalten, bietet es sich an, die<br />

Maßnahmenbereiche regional zu differenzieren. Es geht darum, <strong>de</strong>n Freiraum zu schützen,<br />

die Siedlungsentwicklung an <strong><strong>de</strong>r</strong> Schnittstelle zwischen Stadt und Land sozial, ökonomisch<br />

und ökologisch verträglich sowie flächenschonend zu steuern und die Innenentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

städtischen Bereiche zu intensivieren und attraktiver zu gestalten.<br />

Im Rahmen <strong>de</strong>s Raumordnungs-, Bau- und Städtebaurechts steht bereits eine Vielzahl von<br />

Instrumenten mit Blick auf eine nachhaltige Siedlungsentwicklung zur Verfügung und wird<br />

genutzt. Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung und Weiterentwicklung raumplanerischer und bo<strong>de</strong>nschutzrechtlicher<br />

Regelungen ist es notwendig, ökonomische Instrumente mit Raumrelevanz zu-


18<br />

künftig in stärkerem Maße zu nutzen, um Anreize für eine flächensparen<strong>de</strong> Siedlungsentwicklung<br />

zu schaffen. Davon betroffen sind das Steuerrecht, die Wohnungsbau- und Städtebauför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung,<br />

die regionale Strukturpolitik und <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehrsbereich.<br />

4.1.3.1 Freiraumschutz<br />

Gera<strong>de</strong> in einem dicht besie<strong>de</strong>lten Land wie Deutschland bil<strong>de</strong>t die Erhaltung von Freiräumen<br />

auch in ihrer ökologischen Funktion eine große Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung. Dabei geht es um <strong>de</strong>n<br />

Schutz vor baulicher Nutzung und Versiegelung als solcher und um <strong>de</strong>n Schutz vor Zerschneidung<br />

von Landschaften durch Infrastrukturvorhaben.<br />

Naturnahe Landschaftsräume sollen so weit wie möglich erhalten wer<strong>de</strong>n. Zur Sicherung<br />

und Weiterentwicklung natürlicher und naturnaher Flächen ist ein Biotopverbund erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Novellierung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>snaturschutzgesetzes wer<strong>de</strong>n die Voraussetzungen für<br />

einen bun<strong>de</strong>sweiten Biotopverbund geschaffen, <strong><strong>de</strong>r</strong> min<strong>de</strong>stens 10 % <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>sflächen<br />

ausmachen soll.<br />

Deutschland verfügt über ein differenziertes Instrumentarium, um raumbezogene Planungen<br />

miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu koordinieren. Die Raumordnungsgesetze <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s und <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> beziehen<br />

sich in ihren Leitvorstellungen ausdrücklich auch auf <strong>de</strong>n Schutz von Freiräumen und<br />

<strong>de</strong>n Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen Lebensgrundlagen.<br />

Um einen sparsamen und schonen<strong>de</strong>n Umgang mit Grund und Bo<strong>de</strong>n auf <strong><strong>de</strong>r</strong> ganzen Fläche<br />

sicherzustellen, wirken Baurecht und Naturschutzrecht eng zusammen. Unvermeidbare Eingriffe<br />

in Natur und Landschaft, die nach Abwägung aller Umstän<strong>de</strong> erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich sind, sind<br />

im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung durch Maßnahmen <strong>de</strong>s Naturschutzes<br />

und Landschaftspflege auszugleichen.<br />

Mit <strong>de</strong>m Instrument <strong><strong>de</strong>r</strong> Landschaftsplanung wer<strong>de</strong>n die Gemein<strong>de</strong>n ebenso wie die überörtlichen<br />

Planungsträger gemäß Baugesetzbuch aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, die Ziele <strong>de</strong>s Naturschutzes und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Landschaftspflege systematisch in die Bauleitplanung einzubringen. Dieses Instrument<br />

wird durch das neue Bun<strong>de</strong>snaturschutzgesetz flächen<strong>de</strong>ckend eingeführt.<br />

Bestehen<strong>de</strong> rechtliche Instrumente wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorrang <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Nachnutzung brachgefallener<br />

Siedlungsfläche vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Inanspruchnahme von Freiflächen sowie die Entsiegelung<br />

langfristig nicht mehr genutzter Flächen müssen verstärkt genutzt wer<strong>de</strong>n. Es sollte keine<br />

Ausweitung zulässiger Nutzungen und Bauten im Außenbereich zugelassen wer<strong>de</strong>n.<br />

Der mit zunehmen<strong>de</strong>m Verkehrsaufkommen notwendige Ausbau <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehrswege hat zu<br />

einer entsprechen<strong>de</strong>n Inanspruchnahme von Freiflächen und damit auch zu einer fortschreiten<strong>de</strong>n<br />

Zerschneidung von Lebensräumen und Kulturlandschaften beigetragen. Hier gilt es<br />

künftig z.B. durch Bün<strong>de</strong>lung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehrswege einer weiteren Beeinträchtigung <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s<br />

entgegenzuwirken.<br />

4.1.3.2 Siedlungsentwicklung an <strong><strong>de</strong>r</strong> Schnittstelle zwischen Stadt und Land<br />

Das gelten<strong>de</strong> Städtebaurecht ist bereits darauf angelegt, Eingriffe in Natur und Landschaft<br />

zu vermei<strong>de</strong>n bzw. <strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächeninanspruchnahme verbun<strong>de</strong>nen Eingriff in Natur und<br />

Landschaft ökologisch zu kompensieren. Die Neuerschließung von Bauland bedingt die Bereitstellung<br />

entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> Ausgleichsflächen und die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen.<br />

Die Aufstellung von Bebauungsplänen steht unter <strong>de</strong>m Gebot <strong>de</strong>s schonen<strong>de</strong>n Umgangs<br />

mit Grund und Bo<strong>de</strong>n. Bo<strong>de</strong>nversiegelungen sind auf das notwendige Maß zu be-


19<br />

schränken. Mit <strong>de</strong>n Vorschriften über das Baulandkataster wird ein wichtiger Beitrag für die<br />

Erfassung bestehen<strong><strong>de</strong>r</strong> Baulandreserven und damit für weitere Maßnahmen zur Nutzung dieser<br />

Flächen gegeben. Schließlich gibt es ein Rückbau- und Entsiegelungsgebot, das Gemein<strong>de</strong>n<br />

bei dauerhaft nicht mehr genutzten Flächen durchsetzen können.<br />

Die Gefahren, die von <strong><strong>de</strong>r</strong> Ansiedlung großflächiger Einzelhan<strong>de</strong>lsbetriebe auf <strong><strong>de</strong>r</strong> „grünen<br />

Wiese“ für die innerstädtischen Standorte und auf Dauer für die Funktionsfähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Städte<br />

insgesamt ausgehen, wur<strong>de</strong>n erkannt. Das bestehen<strong>de</strong> Instrumentarium darf nicht gelockert<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Gleichwohl bleibt auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft noch vieles zu tun, um die nachhaltige Siedlungsentwicklung<br />

mit konkreten Maßnahmen zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n:<br />

Bisher wer<strong>de</strong>n die externen Kosten einer zu hohen Flächeninanspruchnahme <strong>de</strong>n Verursachern<br />

nicht hinreichend angelastet, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n müssen größtenteils von <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeinheit getragen<br />

wer<strong>de</strong>n. Es fehlt an ökonomischen Anreizen, die zu einem an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Verhalten führen<br />

wür<strong>de</strong>n. Viele Kommunen haben aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Wettbewerbs um Gewerbeansiedlungen<br />

und im Hinblick auf erwartete Steuereinnahmen bislang kein Interesse daran, die Siedlungsentwicklung<br />

mit Hilfe von Auflagen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächenzuweisung zu steuern. Die Städte- und<br />

Wohnungsbauför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, aber auch steuerliche Maßnahmen können bei entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ausgestaltung und unter beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Interessen von Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n und<br />

Kommunen einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Beitrag dazu leisten, ökonomische Anreize für eine flächenschonen<strong>de</strong><br />

und -sparsame Siedlungsentwicklung zu setzen.<br />

Dennoch gilt, dass mit intelligenten Konzepten eine Verringerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächennachfrage<br />

möglich ist, ohne dabei wirtschaftliche und wohnungspolitische Belange einzuschränken. So<br />

haben eine Reihe von Gemein<strong>de</strong>n bereits ein kommunales Flächenmanagement eingeführt,<br />

mit <strong>de</strong>m sie eine umfassen<strong>de</strong> Abstimmung von Aktivitäten und Maßnahmen zur Nutzung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> begrenzten Ressource Fläche vornehmen. Grundlage hierfür bil<strong>de</strong>n eine Erfassung von<br />

Flächenpotenzialen wie Bauland, Baulücken, Brachflächen, Leerstand o<strong><strong>de</strong>r</strong> Unterausnutzung<br />

von Liegenschaften sowie eine Bewertung <strong>de</strong>s Planungszustan<strong>de</strong>s. Damit können einerseits<br />

geeignete Standorte für Investoren angeboten und an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits eine Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Baulandmobilisierung<br />

erreicht wer<strong>de</strong>n. Mehr Kommunen sollten dieses Instrument nutzen und<br />

müssen hierbei ggf. durch geeignete Hilfestellungen unterstützt wer<strong>de</strong>n.<br />

Auch eine gemein<strong>de</strong>übergreifen<strong>de</strong> Bo<strong>de</strong>npolitik fin<strong>de</strong>t heute vereinzelt Anwendung und<br />

verdient weitere Verbreitung. Durch verstärkte interkommunale Zusammenarbeit und regionale<br />

Abstimmung wer<strong>de</strong>n kommunale Bauleitpläne Gemein<strong>de</strong>grenzen überschreitend abgestimmt,<br />

gemeinsame Flächennutzungspläne erarbeitet und die Grundlagen für eine langfristig<br />

angelegte regionale Bo<strong>de</strong>nvorratspolitik erarbeitet.<br />

Die rechtlichen Möglichkeiten <strong>de</strong>s Raumordnungsgesetzes <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s für die Aufstellung<br />

Regionaler Flächennutzungspläne sowie die Anwendung raumordnerischer Verträge zu interkommunalen<br />

und interregionalen Kooperationen sind verstärkt zu nutzen. Der Ausbau<br />

dieser Kooperationen stellt einen zunehmend wichtigen Beitrag für ein ressourcenschonen<strong>de</strong>s<br />

Flächenmanagement dar.<br />

Die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Entfernungspauschale hat Benutzer <strong>de</strong>s PKW und Öffentlichen Verkehrs<br />

gleichgestellt, wodurch eine Strategie <strong><strong>de</strong>r</strong> Siedlungskonzentration an <strong>de</strong>n Haltepunkten <strong>de</strong>s<br />

Schienenpersonenverkehrs unterstützt wird. Allerdings wirkt die progressive Ausgestaltung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Entfernungspauschale in erster Linie zugunsten <strong><strong>de</strong>r</strong> Pkw-Fernpendler, wodurch die posi-


20<br />

tive Wirkung dieser Maßnahme für die Siedlungsentwicklung zumin<strong>de</strong>st teilweise wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

aufgehoben wird.<br />

4.1.3.3 Innenentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> städtischen Bereiche<br />

Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Sicht eines aktiven und haushälterischen Umgangs mit Flächen und einer nachhaltigen<br />

Siedlungsentwicklung spricht alles für eine Baulandmobilisierung als Teil einer gemeindlichen<br />

Innenentwicklung und gegen extensives Siedlungswachstum in die Fläche hinein.<br />

Eine grundlegen<strong>de</strong> Umorientierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Siedlungsentwicklung ist unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Überschrift<br />

„Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ schon heute als Postulat in vielen regionalen<br />

Raumordnungskonzepten enthalten und in Ansätzen auch bereits umgesetzt. Es geht darum,<br />

neuen Wohnraum und gewerbliche Nutzungen in erster Linie in <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen städtischen<br />

Bereichen auszuweisen und nicht durch umfassen<strong>de</strong> Neubaumaßnahmen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> grünen<br />

Wiese <strong>de</strong>n Suburbanisierungsprozess noch zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Die Aktivitäten <strong><strong>de</strong>r</strong> Raumplanung und Stadtentwicklung sind seit Jahren in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Weise<br />

auf die Aufwertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Innenstädte gerichtet. Auf Bun<strong>de</strong>s, Lan<strong>de</strong>s- und kommunaler Ebene<br />

gibt es eine Vielzahl von Vorschlägen und Initiativen zur Stärkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Innenstädte.<br />

Gera<strong>de</strong> in Ost<strong>de</strong>utschland hat die Städtebauför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung dazu beigetragen, die Innenstädte vor<br />

weiterem Verfall zu bewahren und attraktiv zu gestalten. Auch die Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Investitionszulage<br />

für qualitätsverbessern<strong>de</strong> Investitionen in innerstädtische Altbauwohnungen wird<br />

die Revitalisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Innenstädte för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Generell gilt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausgestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Eigentumsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

für die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Siedlungsstruktur erhebliche Be<strong>de</strong>utung zukommt.<br />

Um <strong>de</strong>n Siedlungsflächenzuwachs zu vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, kommt auch <strong>de</strong>m Flächenrecycling eine<br />

maßgebliche Be<strong>de</strong>utung zu. Die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>nutzung innerstädtischer Brachflächen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Umfang<br />

mit <strong>de</strong>m wirtschaftsstrukturellen Wan<strong>de</strong>l stark zugenommen hat, wird bereits in einer<br />

Vielzahl von Fällen praktiziert. An <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamtstädtischen Wohnbauleistung und Gewerbebauland-Bereitstellung<br />

nehmen wie<strong><strong>de</strong>r</strong> benutzte Brachflächen im Vergleich zu unbebauten<br />

Grundstücken einen immer größeren Anteil ein.<br />

Als zentrales Instrument <strong>de</strong>s Flächenrecyclings ist - bis dieses insgesamt nach <strong>de</strong>n Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

an die Wirtschaftlichkeit funktioniert - die Städtebauför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zu nutzen. Es muss<br />

eine bessere Verzahnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnungsbauför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung mit einer Stadtentwicklungspolitik zur<br />

Erhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Innenstädte und zur Abschwächung <strong>de</strong>s Suburbanisierungsprozesses geben.<br />

Dies ist auch für die Wohnbaulandmobilisierung durch Flächenrecycling ein interessanter<br />

Ansatz, weil er die Wohnungsbauför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung dort hinlenkt, wo unter städtebaulichen Gesichtspunkten<br />

vorhan<strong>de</strong>nes Wohnbauland zügig wie<strong><strong>de</strong>r</strong> genutzt wer<strong>de</strong>n soll. Die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

kann dazu eingesetzt wer<strong>de</strong>n, das Bauland-Kostengefälle zwischen Kernstadt und Umland<br />

abzuflachen und die Wohn- und Lebensverhältnisse in <strong>de</strong>n Kernstädten so zu verbessern,<br />

dass auch die Wohneigentumsbildung junger Familien mit Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu<br />

einer echten Alternative zum Einfamilienhausbau in einer Umlandgemein<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m täglichen<br />

Transfer zum Arbeitsplatz in die Stadt und zurück wird. Um bestehen<strong>de</strong>n Hemmnissen<br />

<strong>de</strong>s Flächenrecyclings infolge von Bo<strong>de</strong>nkontaminationen entgegenzuwirken, bewähren sich<br />

zunehmend auch öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Investor und Behör<strong>de</strong>.<br />

Zur Mobilisierung von Bauland im Innenbereich kann auch die Fortentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Grundsteuer dienen, in <strong>de</strong>m sie – insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e durch aktuelle Besteuerungsgrundlagen –<br />

wirtschaftliche Anreize für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung setzt. Derzeit wird die<br />

Grundsteuer noch auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> veralteten Einheitswerte nach <strong>de</strong>n Wertverhältnissen<br />

01.01.1935 (neue Län<strong><strong>de</strong>r</strong>) bzw. 01.01.1964 (alte Län<strong><strong>de</strong>r</strong>) festgesetzt.


21<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erbschaft- und Schenkungsteuer wur<strong>de</strong>n diese Wertansätze <strong>de</strong>s Grundbesitzes auf<br />

Grund von Entscheidungen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts bereits durch zeitgemäße<br />

Grundbesitzwerte ersetzt.<br />

4.2 Mustererlass zur Berücksichtigung von Flächen mit Bo<strong>de</strong>nbelastungen, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Altlasten, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bauleitplanung und im Baugenehmigungsverfahren<br />

Die Bauministerkonferenz <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s und <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>, die ARGEBAU, hat im Dezember<br />

2001 einen Mustererlass zur Berücksichtigung von Flächen mit Bo<strong>de</strong>nbelastungen, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Altlasten, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bauleitplanung und im Baugenehmigungsverfahren verabschie<strong>de</strong>t.<br />

Anlass für diesen Erlass war, dass die Behandlung von Flächen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Bö<strong>de</strong>n erheblich mit<br />

umweltgefähr<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Stoffen belastet sind, sowohl Gemein<strong>de</strong>n als auch Bauaufsichtsbehör<strong>de</strong>n<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Genehmigung von Vorhaben vor schwierige Probleme stellt. Mit <strong>de</strong>m neuen<br />

Mustererlass wer<strong>de</strong>n die vorangegangenen Erlasse zusammengefasst und <strong><strong>de</strong>r</strong> aktuellen<br />

Rechtslage <strong>de</strong>s Bau- und <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts angepasst.<br />

Durch <strong>de</strong>n im Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz verankerten Grundsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Subsidiarität, nach<br />

<strong>de</strong>m es auf schädliche Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Altlasten nur Anwendung fin<strong>de</strong>t, soweit<br />

Vorschriften u. a. <strong>de</strong>s Bauplanungs- und Bauordnungsrechts Einwirkungen auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n<br />

nicht regeln, sind bei<strong>de</strong> Rechtsbereiche klar getrennt. Das Bo<strong>de</strong>nschutzrecht verfolgt die<br />

Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n sowie die Sicherung und Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstellung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nfunktionen einschließlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Gefahrenabwehr. Gegenstand <strong>de</strong>s Bauplanungsrechts<br />

ist die städtebauliche Gesamtplanung, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> alle Belange berücksichtigt<br />

wer<strong>de</strong>n müssen, also auch die Auswirkungen von schädlichen Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Das<br />

Bauplanungsrecht ist auch das geeignete Instrument, mit <strong>de</strong>m die zukünftige Umwidmung<br />

naturnaher Flächen in Siedlungs- und Gewerbeflächen vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Mit <strong>de</strong>m Mustererlass wer<strong>de</strong>n die Begrifflichkeiten <strong>de</strong>s BBodSchG und die dort gesetzten<br />

Vorsorge-, Maßnahmen- und Prüfwerte in Bezug zu <strong>de</strong>n Belangen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bauleitplanung und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Baugenehmigungsverfahren gesetzt. Den Planungs- und Baubehör<strong>de</strong>n wird eine bun<strong>de</strong>sweit<br />

einheitliche Hilfe zur Erleichterung <strong>de</strong>s weiteren Vorgehens bei stofflichen Belastungen<br />

<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns an die Hand gegeben. So kann die Gemein<strong>de</strong> zum Beispiel bei Überschreitung<br />

<strong>de</strong>s für Wohngebiete gelten<strong>de</strong>n Arsenwerts im Bo<strong>de</strong>n eines Grundstücks immer<br />

noch eine Parkanlage o<strong><strong>de</strong>r</strong> Gewerbenutzung auf <strong><strong>de</strong>r</strong> kontaminierten Fläche festsetzen, falls<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> dafür gelten<strong>de</strong> Wert nicht überschritten wird. Es wird damit für die Gemein<strong>de</strong>n leichter,<br />

belastete Flächen einer neuen Nutzung zuzuführen, ohne sie vorher aufwändig zu sanieren,<br />

anstatt Landwirtschaftsflächen in Siedlungs- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Gewerbeflächen umzuwan<strong>de</strong>ln.<br />

4.3 Sicherung <strong><strong>de</strong>r</strong> langfristigen Nutzbarkeit landwirtschaftlicher Bö<strong>de</strong>n<br />

Die gemeinsame Agrar- und Umweltministerkonferenz <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s und <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> hat sich<br />

im Juni 2001 in Potsdam einstimmig für einen besseren Schutz <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns vor einer Anreicherung<br />

mit Schadstoffen ausgesprochen. Damit spricht sie sich für eine an <strong>de</strong>n Prinzipien<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Nachhaltigkeit orientierte Politik aus, die <strong>de</strong>n Erhalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Funktionsfähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> landwirtschaftlich<br />

genutzten Bö<strong>de</strong>n sicherstellt. Dies kann nur gelingen, wenn landwirtschaftlich<br />

genutzte Bö<strong>de</strong>n vor einer Anreicherung mit Schadstoffen geschützt wer<strong>de</strong>n. Durch <strong>de</strong>n Einsatz<br />

von Düngemitteln wer<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>n erwünschten Nährstoffen auch unerwünschte<br />

Schadstoffe in die Bö<strong>de</strong>n eingetragen. So enthalten z.B. für die Düngung verwen<strong>de</strong>te Klärschlämme<br />

auch Schadstoffe aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Abwasserreinigung. Aus diesem Grund ist u.a. beabsichtigt,<br />

durch Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Düngemittelverordnung für alle Düngemittel Grenzwerte vor-


22<br />

zuschreiben, die eine Anreicherung von Schadstoffen in landwirtschaftlich genutzten Bö<strong>de</strong>n<br />

verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, und die Klärschlammverordnung zu novellieren.<br />

Auch für die Landbewirtschaftung gelten grundsätzlich die Bo<strong>de</strong>nvorsorgewerte <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz-<br />

und Altlastenverordnung. Dabei ist die Herkunft <strong><strong>de</strong>r</strong> Schadstoffe für die<br />

Auswirkungen auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n ohne Be<strong>de</strong>utung. Daher müssen für die Bewertung aller Düngemittel<br />

grundsätzlich die gleichen fachlichen Maßstäbe gelten. Der maximal zulässige Gehalt<br />

an Schadstoffen in <strong>de</strong>n jeweiligen Düngemitteln muss sich an <strong>de</strong>n genannten Bo<strong>de</strong>nvorsorgewerten<br />

orientieren. Bezugsgröße ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Teil <strong>de</strong>s Düngemittels, <strong><strong>de</strong>r</strong> langfristig im Bo<strong>de</strong>n<br />

verbleibt.<br />

Konkrete inhaltliche Erwartungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> an eine künftige Klärschlammregelung hat <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bun<strong>de</strong>srat in seiner Entschließung vom 26.04.2002 nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelegt.<br />

Da Schadstoffe <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n auch über Luft und Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>schläge zugeführt wer<strong>de</strong>n, kommt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Luftreinhaltepolitik für <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz ebenfalls eine wesentliche Be<strong>de</strong>utung zu.<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Minimierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schadstoffeinträge ist die Erhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nfruchtbarkeit für<br />

eine langfristig nachhaltige Nutzbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n von entschei<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Be<strong>de</strong>utung. Dazu ist<br />

eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung ebenso wie die Erhaltung eines ausreichen<strong>de</strong>n<br />

Humusgehaltes im Bo<strong>de</strong>n notwendig. Um dies zu gewährleisten, sind diese Aspekte nicht<br />

nur in <strong>de</strong>n einschlägigen Gesetzen und Verordnungen geregelt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n fin<strong>de</strong>n ihren Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>schlag<br />

auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> guten fachlichen Praxis. Hierzu hat 1999 das BMELF „Grundsätze und<br />

Handlungsempfehlungen zur guten fachlichen Praxis <strong><strong>de</strong>r</strong> landwirtschaftlichen Bo<strong>de</strong>nnutzung“<br />

erarbeitet und im Bun<strong>de</strong>sanzeiger Nr. 73 vom 20.04.1999 veröffentlicht.<br />

5. Forschung<br />

Forschung ist ein unverzichtbarer Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Überprüfung und Weiterentwicklung <strong>de</strong>s<br />

zeitgemäßen Umgangs mit <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n, nachhaltiger Nutzungen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkungen von Stoffen<br />

sowie <strong><strong>de</strong>r</strong>en Um- und Abbauverhalten im Bo<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung von Indikatoren und<br />

Messverfahren und <strong><strong>de</strong>r</strong> Festlegung von Grenz- und Höchstwerten. Nachfolgend wer<strong>de</strong>n einige<br />

exemplarische Bereiche angesprochen.<br />

5.1. Pfadbezogene Betrachtung bei Prüf- und Maßnahmenwerten<br />

5.1.1 Direktpfad: Prüfwerte nachvollziehbar durch Veröffentlichung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ableitungsbegründungen<br />

Die materiellen Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfwerte für <strong>de</strong>n Wirkungspfad Bo<strong>de</strong>n – Mensch (direkter<br />

Kontakt) sowohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung als auch weiterer abgeleiteter Werte (orientieren<strong>de</strong> Hinweise<br />

auf Prüfwerte) sind im Rahmen von Forschungsvorhaben erarbeitet und in <strong>de</strong>n Handbüchern<br />

„Handbuch toxikologischer Basisdaten und ihrer Bewertung“ und „Berechnung von<br />

Prüfwerten zur Bewertung von Altlasten“ veröffentlicht wor<strong>de</strong>n. Mittlerweile sind über 30<br />

Stoffbewertungen veröffentlicht.<br />

Weitere Forschungsvorhaben befassen sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestimmung und Aktualisierung von<br />

TRD-Werten (Tolerierbare Resorbierte Dosis) von Schadstoffen im Wirkungspfad Bo<strong>de</strong>n –<br />

Mensch (direkter Kontakt).


23<br />

Ebenfalls untersucht wird die Bioverfügbarkeit ausgewählter anorganischer Bo<strong>de</strong>nkontaminanten<br />

im Vergleich eines in vitro-Testsystems mit einem Tiermo<strong>de</strong>ll, um das mögliche Risiko<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> oralen Aufnahme von kontaminiertem Bo<strong>de</strong>nmaterial abzuschätzen. Künftig sollte<br />

auch eine Validierung geeigneter Testsysteme für organische Bo<strong>de</strong>nkontaminanten vorgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

5.1.2 Wirkungspfad Bo<strong>de</strong>n – Pflanze<br />

Für <strong>de</strong>n Pfad Bo<strong>de</strong>n – Pflanze wur<strong>de</strong>n einige Vorhaben zur Ableitung von Prüfwerten für<br />

prioritäre organische Schadstoffe durchgeführt.<br />

Aufgrund einer unzureichen<strong>de</strong>n Datenlage für die Prüfwertableitung prioritärer Schadstoffe<br />

musste ein Untersuchungskonzept entwickelt wer<strong>de</strong>n, um auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage experimenteller<br />

Daten die Ableitung zu ermöglichen. Auf Grundlage von Daten aus län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifen<strong>de</strong>n<br />

Untersuchungsprogrammen sowie weiterer beim Umweltbun<strong>de</strong>samt verfügbarer Daten wur<strong>de</strong><br />

die Datenbank Transfer entwickelt, in <strong><strong>de</strong>r</strong> für bestimmte Stoffe die Bo<strong>de</strong>ngehalte <strong>de</strong>n<br />

Pflanzengehalten auf <strong><strong>de</strong>r</strong> selben Fläche gegenübergestellt wer<strong>de</strong>n und in die sowohl anorganische<br />

als auch organische Schadstoffe Eingang fan<strong>de</strong>n. Diese Datenbank ist Bestandteil <strong>de</strong>s<br />

län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>ninformationssystems (BIS).<br />

Damit wer<strong>de</strong>n erstmals die <strong>de</strong>zentral auf Bun<strong>de</strong>s- und Län<strong><strong>de</strong>r</strong>ebene verfügbaren Datenbestän<strong>de</strong><br />

gebün<strong>de</strong>lt und einheitlich zusammengeführt. Die erarbeiteten Standards zum Datenaustausch<br />

ermöglichen einen effizienten Datenaustausch auf Län<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Bun<strong>de</strong>sebene.<br />

Dadurch wird ein einheitlicher bo<strong>de</strong>nschutzrechtlicher Vollzug unterstützt. Außer<strong>de</strong>m<br />

wer<strong>de</strong>n Datengrundlagen zur Fortschreibung und Anpassung von Stofflisten sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorsorge-,<br />

Prüf- und Maßnahmewerte in <strong><strong>de</strong>r</strong> BBodSchV geschaffen.<br />

5.1.3 Sickerwasser, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkungspfad Bo<strong>de</strong>n – Grundwasser<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Verabschiedung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung war bemängelt<br />

wor<strong>de</strong>n, dass es keine allgemein anerkannten Verfahren für die Abschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sickerwasserkonzentrationen<br />

am Ort <strong><strong>de</strong>r</strong> Probennahme o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Übergangsbereich von <strong><strong>de</strong>r</strong> ungesättigten<br />

zur wassergesättigten Zone gibt.<br />

Vor diesem Hintergrund und <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass sich zahlreiche Gremien <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> und<br />

Fachverbän<strong>de</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sickerwasserprognose zusammenhängen<strong>de</strong>n Fragen befassen, hat die<br />

<strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> eine Initiative für die Erarbeitung einer abgestimmten und vollzugsgeeigneten<br />

Metho<strong>de</strong> ergriffen. Beim Bun<strong>de</strong>sministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist<br />

im Jahre 2001 <strong><strong>de</strong>r</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>schwerpunkt „Sickerwasserprognose“ eingerichtet wor<strong>de</strong>n; für die<br />

Erarbeitung von praktikablen Metho<strong>de</strong>n für eine quantifizierbare und justiziable Sickerwasserprognose<br />

sind rd. 11 Mio. Euro bereitgestellt wor<strong>de</strong>n. Es wird angestrebt, als Ergebnis<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> interdisziplinären Forschung von 40 Einzel- und Verbundprojekten einen normierungsfähigen<br />

Vorschlag zur Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sickerwasserprognose für <strong>de</strong>n Wirkungspfad<br />

Bo<strong>de</strong>n/Material – Grundwasser vorzulegen.<br />

5.1.4 Lebensraumfunktion für Bo<strong>de</strong>norganismen


24<br />

In <strong>de</strong>n letzten Jahren wur<strong>de</strong>n von UBA, BMBF, <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen Bun<strong>de</strong>sstiftung Umwelt<br />

(DBU) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ca. 15 Forschungsvorhaben zur<br />

Entwicklung, Evaluierung und Anwendung ökotoxikologischer Testverfahren zur Beurteilung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensraumfunktion für Bo<strong>de</strong>norganismen durchgeführt.<br />

Darüber hinaus wur<strong>de</strong> eine Konzeption zur Ableitung von Bo<strong>de</strong>nwerten für <strong>de</strong>n Pfad<br />

Bo<strong>de</strong>n – Bo<strong>de</strong>norganismen ausgearbeitet. Die Plausibilitätsprüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> abgeleiteten Werte<br />

für Bo<strong>de</strong>norganismen stellt <strong>de</strong>n Schwerpunkt weiterer Forschungsaktivitäten dar.<br />

Ein weiteres Themenfeld ist die Erarbeitung bo<strong>de</strong>nbiologischer Bo<strong>de</strong>ngüte-Klassen unter<br />

Berücksichtigung von Wald-, Grünland- und Ackerstandorten. Im Rahmen dieser Untersuchungen<br />

wird ein Erwartungswert für <strong>de</strong>n jeweiligen Standort ermittelt und anschließend<br />

mit <strong>de</strong>m Ist-Wert verglichen, um Bewertungen <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nzustands vornehmen zu können.<br />

Im Oktober 2001 hat BMU ein Statusseminar zu Forschungsvorhaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nbiologie,<br />

bo<strong>de</strong>nbezogenen Ökotoxizität und vorsorgen<strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>nschutz durchgeführt. Im Rahmen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Veranstaltung konnte ein Überblick über <strong>de</strong>n Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> biologischen Bo<strong>de</strong>nschutzforschung<br />

gewonnen sowie künftiger Forschungsbedarf aufgezeigt wer<strong>de</strong>n.<br />

5.2 Wechselwirkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Umweltmedien Wasser und Luft sowie Einfluss<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzungen auf Zustand und Funktionen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n (Bo<strong>de</strong>nqualität)<br />

5.2.1 Physikalische Bo<strong>de</strong>nbeeinträchtigungen<br />

Neben <strong>de</strong>n stofflichen sind es vor allem die physikalischen Einwirkungen, die schädliche<br />

Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen hervorrufen können.<br />

5.2.1.1 Erosion<br />

Bo<strong>de</strong>nerosion führt nicht nur zu einem Verlust an fruchtbarem Bo<strong>de</strong>nmaterial (On-site-<br />

Scha<strong>de</strong>n). Durch umgelagertes Bo<strong>de</strong>nmaterial und die daran gebun<strong>de</strong>nen Stoffe können zu<strong>de</strong>m<br />

benachbarte Ökosysteme und Kulturanlagen erheblich in Mitlei<strong>de</strong>nschaft gezogen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

gar geschädigt wer<strong>de</strong>n und auch Gewässerbelastungen entstehen (Off-Site-Schä<strong>de</strong>n).<br />

In einer Reihe von Forschungsprojekten von Bun<strong>de</strong>s- und Län<strong><strong>de</strong>r</strong>seite wer<strong>de</strong>n z.Z. die<br />

Anteile <strong><strong>de</strong>r</strong> potentiellen und <strong><strong>de</strong>r</strong> tatsächlichen Erosion ermittelt. Schon jetzt ist festzustellen,<br />

dass Auswirkungen und das Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> Erosion bisher unterschätzt wor<strong>de</strong>n sind. In Bran<strong>de</strong>nburg<br />

und Mecklenburg-Vorpommern z.B. sind 16% <strong><strong>de</strong>r</strong> landwirtschaftlich genutzten<br />

Flächen (LF) durch Wassererosion bereits nachweisbar <strong>de</strong>gradiert sowie 8% durch Win<strong><strong>de</strong>r</strong>osion.<br />

In Sachsen sind 60 % <strong><strong>de</strong>r</strong> 728.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche potentiell erheblich<br />

gefähr<strong>de</strong>t. In Thüringen sind ca. 36 % <strong><strong>de</strong>r</strong> LF potentiell mittel- bis sehr stark erosionsgefähr<strong>de</strong>t.<br />

5.2.1.2 Bo<strong>de</strong>nverdichtung


25<br />

Die nutzungsbedingte Verdichtung von Bö<strong>de</strong>n kann langfristig zu einer Schädigung von<br />

Bo<strong>de</strong>nfunktionen führen, da durch die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Porensystems <strong><strong>de</strong>r</strong> Gas- und Wasserhaushalt<br />

eines Bo<strong>de</strong>ns beeinträchtigt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Durch das Kuratorium für Technik und Bauwesen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Landwirtschaft (KTBL) wur<strong>de</strong>n im<br />

Arbeitspapier 266 "Bo<strong>de</strong>nbearbeitung und Bo<strong>de</strong>nschutz“ Schlussfolgerungen für gute fachliche<br />

Praxis veröffentlicht.<br />

Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bo<strong>de</strong>nspezialisten aus Bund und Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n hat Empfehlungen<br />

für die „gute fachliche Praxis zur Vorsorge gegen Bo<strong>de</strong>nschadverdichtung und Bo<strong>de</strong>nerosion“<br />

erarbeitet. Dieses Papier wur<strong>de</strong> durch das Bun<strong>de</strong>sministerium für Verbraucherschutz,<br />

Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) im Jahre 2001 als Handreichung für Beratung<br />

und Praxis veröffentlicht. Darin sind Maßnahmen zur Gefahrenabwehr von Bo<strong>de</strong>nverdichtungen<br />

und von Bo<strong>de</strong>nerosion sowie Möglichkeiten <strong>de</strong>s vorsorgen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutzes<br />

aufgezeigt.<br />

5.2.2 Stoffeinträge in Bö<strong>de</strong>n<br />

Der Grundsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorsorge gebietet, schädliche Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch Stoffeinträge<br />

zu verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Dazu sind Schadstoff-Einträge über die Luft und durch das direkte Aufbringen<br />

von Stoffen o<strong><strong>de</strong>r</strong> stofflich belasteten Materialien in die Bö<strong>de</strong>n entsprechend zu vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

und, wo möglich, zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

Daten zu luftgetragenen Immissionen auf und in Bö<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n in einer Reihe von Forschungsprogrammen<br />

gesammelt (Luftmessnetz, Arbeiten über z.B. säurebil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Emissionen<br />

aus Verkehr und Verbrennung fossiler Brennstoffe sowie landwirtschaftliche Quellen,<br />

„Critical Loads“-Ansatz und forstliches Umweltmonitoring).<br />

Untersuchungen über luftgetragene Frachten organischer Schadstoffe auf Bö<strong>de</strong>n und Pflanzen<br />

sind insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e von Interesse zur Fortschreibung <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfwerte im Pfad Bo<strong>de</strong>n –<br />

Pflanze.<br />

Aufgrund neuer Erkenntnisse und zur Anpassung an <strong>de</strong>n aktuellen Stand <strong>de</strong>s Wissens wur<strong>de</strong>n<br />

verschie<strong>de</strong>ne Metho<strong>de</strong>n (weiter-) entwickelt und haben zum Teil Eingang in die<br />

nationale und internationale Normungsarbeit gefun<strong>de</strong>n, z.B. Bestimmung von Cyanid (DIN<br />

ISO 11262) o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Ammonium-Nitrat-Extraktion zur Schwermetallanalytik (DIN 19730).<br />

Neue Verfahren wur<strong>de</strong>n validiert. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Vor-Ort-Verfahren, die das Verfahren <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Beurteilung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nzustan<strong>de</strong>s beschleunigen, wer<strong>de</strong>n vertiefend untersucht.<br />

Zur Belastung von Klärschlämmen mit Schwermetallen liegen viele Untersuchungen vor.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass die Schwermetallgehalte in Klärschlämmen generell rückläufig<br />

sind. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n letzten Jahren zunehmend belastbare Daten zur großen Palette<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> organischen Schadstoffe vorgelegt.<br />

Konzepte zur Min<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schadstoffbelastungen von Klärschlämmen und an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Düngern<br />

wer<strong>de</strong>n erarbeitet und Möglichkeiten und Grenzen <strong><strong>de</strong>r</strong> Nährstoffabtrennung aus Klär-


26<br />

schlämmen und Gülle wer<strong>de</strong>n untersucht. Dabei ist vor allem die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gewinnung <strong>de</strong>s<br />

Phosphates von großer Be<strong>de</strong>utung, weil die Vorräte an cadmiumarmen Phosphaten weltweit<br />

voraussichtlich in <strong>de</strong>n nächsten Jahrzehnten weitgehend aufgebraucht sein wer<strong>de</strong>n.<br />

Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht zu flächenrepräsentativen Bo<strong>de</strong>nzustandsbewertungen,<br />

Schadstofftransferbeziehungen und zur Weiterentwicklung <strong>de</strong>s Stan<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Technik.<br />

5.2.3 Sonstige Einträge<br />

.<br />

5.2.3.1 Vorkommen und Verhalten von BSE/TSE-Prionen in Bö<strong>de</strong>n<br />

Am 18.12.2000 fand in Bonn auf Einladung <strong>de</strong>s BMU ein Internationales Fachgespräch<br />

statt, um <strong>de</strong>n Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> gegenwärtigen Erkenntnisse zusammenzufassen und Kenntnislücken<br />

zu i<strong>de</strong>ntifizieren. Im Ergebnis wur<strong>de</strong> eine Persistenz und Weiterverbreitung von Prionen<br />

über <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n nicht als vorrangiger Pfad eingeschätzt, konnte aber auch nicht ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Das BMU hat ein Forschungsvorhaben zur Klärung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rolle von Prionen im Bo<strong>de</strong>n vergeben.<br />

Dazu gehören als ein erster Schritt Fragen <strong>de</strong>s Nachweises von Prionen in Bö<strong>de</strong>n. Sollte<br />

sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verdacht <strong><strong>de</strong>r</strong> Persistenz von BSE-Erregern im Bo<strong>de</strong>n bestätigen, sind weitere<br />

Forschungsaktivitäten hinsichtlich <strong>de</strong>s Transfers von Prionen in <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n sowie <strong>de</strong>s<br />

Verbleibs und Verhaltens im Bo<strong>de</strong>n notwendig. Abhängig von diesen Ergebnissen wäre eine<br />

Risikoabschätzung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich.<br />

5.2.3.2 Tierarzneimittel, Futtermittelzusatzstoffe, Reinigungs- und Desinfektionsmittel<br />

Die Tierhaltung, vor allem in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vere<strong>de</strong>lungsproduktion, ist häufig mit <strong>de</strong>m Einsatz von<br />

sogenannten pharmakologisch wirksamen Futterzusatzstoffen („Leistungsför<strong><strong>de</strong>r</strong>er“), Tierarzneimitteln<br />

sowie Reinigungs- und Desinfektionsmitteln verbun<strong>de</strong>n. Diese Stoffe gelangen<br />

zumin<strong>de</strong>st teilweise in verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ter o<strong><strong>de</strong>r</strong> unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Form über Ausscheidungen in die<br />

Wirtschaftsdünger und damit nach Ausbringung <strong><strong>de</strong>r</strong> organischen Düngemittel auch in <strong>de</strong>n<br />

Bo<strong>de</strong>n. Das Abbauverhalten und die Wirkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> genannten Substanzen im Bo<strong>de</strong>n sind<br />

bislang nicht für alle Stoffe hinreichend untersucht.<br />

BMU hat ein Forschungsvorhaben vergeben, mit <strong>de</strong>m geklärt wer<strong>de</strong>n sollte, in welchen<br />

Mengen die genannten Stoffe in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutztierhaltung eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Beispielhaft wur<strong>de</strong>n<br />

für pharmakologisch wirksame Substanzen die potentiellen Eintragspfa<strong>de</strong>, Wirkungen und<br />

Umweltverhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> Leitsubstanz Tetracycline im Bo<strong>de</strong>n betrachtet. Es besteht <strong><strong>de</strong>r</strong> begrün<strong>de</strong>te<br />

Verdacht, dass über Gülle aus Massentierhaltungsanlagen erhebliche Einträge von<br />

Tetracyclinen in die Umwelt erfolgen. Allerdings darf dieses Arzneimittel nur im Krankheitsfall<br />

angewandt wer<strong>de</strong>n.<br />

Das Umweltgefährdungspotential, d.h. die ökotoxikologischen Wirkungen im Bo<strong>de</strong>n und<br />

das Versickerungsverhalten von Tetracyclinen und vielen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Tierarzneimitteln ist bisher<br />

noch nicht im Einzelnen untersucht. Dies soll im <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit laufen<strong>de</strong>n Folge-<br />

Forschungsvorhaben weitergehend geklärt wer<strong>de</strong>n.


27<br />

5.2.3.3 GVO - Gentechnisch verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Organismen<br />

Mögliche bo<strong>de</strong>nbiologische Effekte im Zusammenhang mit gentechnisch verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Organismen<br />

wur<strong>de</strong>n bislang im Rahmen von Freisetzungsuntersuchungen nur am Ran<strong>de</strong> berücksichtigt.<br />

Gegenwärtig kann nicht ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n, dass gentechnisch verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Erbsubstanz<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> „neue“ Genprodukte im Bo<strong>de</strong>n überlebensfähig sind und Wirkungen hervorrufen<br />

können, die Bo<strong>de</strong>nzustand o<strong><strong>de</strong>r</strong> -qualität beeinflussen o<strong><strong>de</strong>r</strong> durch <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n „übertragbar“<br />

sind.<br />

Zur Klärung dieser Fragen hat das BMU einige bo<strong>de</strong>nbezogene Vorhaben initiiert. Diese<br />

sollen <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung notwendiger Nachweis- bzw. Testmetho<strong>de</strong>n dienen. Bisher liegt ein<br />

Vorschlag für eine Metho<strong>de</strong> zur Erfassung <strong><strong>de</strong>r</strong> Effekte transgener Pflanzen auf die Bo<strong>de</strong>nbiologie<br />

vor, die jedoch noch einem Praxistest unterzogen wer<strong>de</strong>n muss.<br />

5.3 Informationsgrundlagen zum Bo<strong>de</strong>nschutz<br />

Schon bei <strong>de</strong>n Vorarbeiten zu BBodSchG und BBodSchV bestand ein immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong>kehren<strong>de</strong>s<br />

Problem darin, bun<strong>de</strong>sweite Informationsgrundlagen über <strong>de</strong>n Zustand <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n bereitstellen<br />

zu können. Vorhan<strong>de</strong>n waren oft nur Bo<strong>de</strong>nkarten in unterschiedlichen Maßstäben,<br />

die nicht geeignet waren, flächenhaft gesicherte Aussagen über physikalisch-chemische<br />

Eigenschaften o<strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n, z.B. infolge von Schadstoff- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Säureeinträgen<br />

vornehmen zu können. Diese Informations<strong>de</strong>fizite zu beheben ist das Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong>n<br />

Aktivitäten in Bund und <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

5.3.1 Län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifen<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ninformationssystem (BIS)<br />

Auf Grundlage <strong>de</strong>s §19 BBodSchG wird beim Umweltbun<strong>de</strong>samt ein län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifen<strong>de</strong>s<br />

Bo<strong>de</strong>ninformationssystem für Bun<strong>de</strong>saufgaben (BIS) entwickelt. Dadurch soll ein Werkzeug<br />

geschaffen wer<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>m die Informationen zu <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nfunktionen, zum Bo<strong>de</strong>nzustand,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nbelastung und <strong><strong>de</strong>r</strong> Ein- und Austrag von Stoffen schnell und qualitätsgeprüft<br />

erfasst, dargestellt und bewertet wer<strong>de</strong>n können. Die Verwaltungsvereinbarung zum<br />

Datenaustausch zwischen Bund und Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Umweltbereich ist die Grundlage für die<br />

Datenzusammenstellung.<br />

Das BIS ist als ein Dachinstrument für bo<strong>de</strong>nschutzrelevante Daten auf Bun<strong>de</strong>sebene zu<br />

verstehen. Es setzt sich aus folgen<strong>de</strong>n drei Fachinformationssystemen (FIS) mit bo<strong>de</strong>nschutzfachlichen<br />

Inhalten zusammen:<br />

- FIS Bo<strong>de</strong>nkun<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)<br />

- FIS Altlasten (ALIS) <strong>de</strong>s UBA und<br />

- FIS Bo<strong>de</strong>nschutz <strong>de</strong>s UBA.<br />

5.3.2 Bo<strong>de</strong>ndauerbeobachtung<br />

Als Grundlage für <strong>de</strong>n vorsorgen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz wer<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>n-Dauerbeobachtung<br />

Daten zum Bo<strong>de</strong>nzustand sowie zur Entwicklung und Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung im zeitlichen Verlauf er-


28<br />

fasst. Auf dieser Grundlage sollen Aussagen zur Gefährdung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n und Prognosen über<br />

die zukünftige Entwicklung gemacht wer<strong>de</strong>n können.<br />

Das Messnetz-Programm <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>n-Dauerbeobachtung umfasst z.Z. ca. 800 Standorte, die<br />

von <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n seit Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre eingerichtet wor<strong>de</strong>n sind. Die Einrichtung<br />

und Ersterhebung erfolgte kontinuierlich und ist mittlerweile in allen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n weit<br />

fortgeschritten. Die Einrichtung und Probennahme erfolgt nach bun<strong>de</strong>sweit abgestimmten<br />

Richtlinien. Eine Vielzahl von Län<strong><strong>de</strong>r</strong>berichten ist bereits veröffentlicht wor<strong>de</strong>n. Einige<br />

Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong> (z.B. Bayern) haben nach fünf bis zehn Jahren erste Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holungsbeprobungen<br />

durchgeführt. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Umweltprobenbank <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s wer<strong>de</strong>n, beginnend mit <strong>de</strong>m Jahre<br />

2003, Bo<strong>de</strong>nproben aus repräsentativen Untersuchungsgebieten in ihrem ökosystemaren Zusammenhang<br />

chemisch analysiert und für retrospektive Untersuchungen verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsfrei<br />

auf Dauer im Tieffrost eingelagert.<br />

Die bei <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Daten zur Bo<strong>de</strong>n-Dauerbeobachtung sollen auch für<br />

Bun<strong>de</strong>szwecke genutzt wer<strong>de</strong>n. Hierzu wer<strong>de</strong>n sie gegenwärtig beim UBA zusammengestellt<br />

und län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifend ausgewertet.<br />

Die bun<strong>de</strong>sweite Zusammenführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>daten gibt auch <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n Hilfestellung<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Weiterentwicklung von Erhebungs- und Analyse-Metho<strong>de</strong>n. Grenzen und Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>s Stan<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Harmonisierung und Umrechnungen können so transparent gemacht<br />

wer<strong>de</strong>n. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage dieser Informationen können die Ergebnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>ndauerbeobachtung<br />

in Deutschland auch in das Umweltmonitoring auf Europäischer Ebene eingebracht<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

5.3.3 Abbildung <strong><strong>de</strong>r</strong> bo<strong>de</strong>nschutz- und altlastenrelevanten Daten im Umweltdatenkatalog<br />

(UDK) <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s und <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Der auf Grundlage einer seit 1996 bestehen<strong>de</strong>n Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund<br />

und Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n entwickelte Umweltdatenkatalog (UDK) ist für die Lan<strong>de</strong>sumweltämter und<br />

Bun<strong>de</strong>sbehör<strong>de</strong>n ein wesentliches Instrument zur Beschreibung „Wer?“, „Wo?“ über „Welche?“<br />

umweltrelevanten Daten verfügt. Bo<strong>de</strong>nschutz- und altlastenrelevante Daten sind im<br />

UDK-UBA seit 2001 online verfügbar. Unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Adresse: www.umweltdatenkatalog.<strong>de</strong><br />

sind Informationen zur Konzeption, zu <strong>de</strong>n Inhalten und Strukturen <strong>de</strong>s Altlasteninformationssystems<br />

(ALIS) und <strong>de</strong>s län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>ninformationssystems (BIS) abrufbar.<br />

Das German Environmental Information Network (GEIN) ermöglicht die Suche über alle<br />

UDK’s als auch in <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Internetangeboten <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s und <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

5.3.4 Hintergrundwerte für anorganische und organische Stoffe in Bö<strong>de</strong>n<br />

Die Kenntnis <strong>de</strong>s allgemein verbreiteten Ist-Zustan<strong>de</strong>s von Stoffgehalten in Bö<strong>de</strong>n ist ein<br />

fachliches Entscheidungskriterium für <strong>de</strong>n Vollzug <strong>de</strong>s BBodSchG. Zentrale Aufgabenfel<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

sind dabei <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgang mit vorhan<strong>de</strong>nen stofflichen Bo<strong>de</strong>nbelastungen und die Begrenzung<br />

zusätzlicher Stoffeinträge. Bund und Län<strong><strong>de</strong>r</strong> haben erstmals 1994 Hintergrundwerte<br />

für Oberbö<strong>de</strong>n vorgelegt. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zielsetzung, die Flächenrepräsentativität <strong><strong>de</strong>r</strong> Hintergrundwerte<br />

zu erhöhen, wer<strong>de</strong>n diese kontinuierlich fortgeschrieben. Im Frühjahr 2003 wird


29<br />

ein überarbeiteter Bericht durch die LABO veröffentlicht. Im Rahmen dieses Berichts wer<strong>de</strong>n<br />

erstmals nach einer einheitlichen und abgestimmten Verfahrensweise abgeleitete Hintergrundwerte<br />

für Unterbö<strong>de</strong>n vorgelegt wer<strong>de</strong>n. Zur kleinräumigen Differenzierung wer<strong>de</strong>n<br />

Projekte zur Ausweisung geogen- bzw. siedlungsbedingt erhöhten Hintergrundgehalten<br />

durchgeführt.<br />

5.3.5 Abbildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Hintergrundwerte für anorganische und organische Stoffe in Bö<strong>de</strong>n<br />

und an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Stoffdaten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stoffdatenbank für altlasten- / umweltrelevante Schadstoffe<br />

(STARS)<br />

Im März 2002 wur<strong>de</strong> STARS in einer überarbeiteten und erweiterten Version (3.0) auf CD-<br />

ROM veröffentlicht. Sie ermöglicht erstmals die dv-gestützte Recherche und Abfrage <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> LABO im Jahre 1998 veröffentlichten Hintergrundwerte für anorganische und organische<br />

Stoffe in Bö<strong>de</strong>n. Die Stoffdatenbank STARS 3.0 führt Daten für ca.1.500 Stoffe. Es<br />

wer<strong>de</strong>n Stoffdaten für ca. 60.000 Merkmalsangaben zu folgen<strong>de</strong>n Sachgebieten abgebil<strong>de</strong>t:<br />

physikalisch-chemische Stoffparameter, Daten zum Umweltverhalten (z.B. Abbauverhalten<br />

und Stabilität), zur Ökotoxikologie, Toxikologie, zu stoffspezifischen Regelwerken und zur<br />

Arbeitssicherheit (wie MAK-Werte, R- und S-Sätze).Weiterhin enthält STARS die Werte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> BBodSchV und die für die Berechnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Werte verwen<strong>de</strong>ten toxikologischen Basisdaten.<br />

5.3.6 Weitere Datengrundlagen<br />

Informationsgrundlagen an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Ressorts, wie zum Beispiel Wirtschaft/Geologie, <strong><strong>de</strong>r</strong> Agrarstatistik,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Statistik o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Fernerkundung wer<strong>de</strong>n herangezogen und erhöhen so die<br />

Aussagesicherheit. Die Aquisition neuer bzw. aktueller Datengrundlagen ist die Voraussetzung<br />

für weitergehen<strong>de</strong> Auswertungen. Dazu gehören zum Beispiel die durch die Bun<strong>de</strong>sanstalt<br />

für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) koordinierten Arbeiten zur Erstellung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bo<strong>de</strong>nübersichtskarte im Maßstab 1:200.000 (BÜK 200) und die Erarbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> bo<strong>de</strong>nkundlichen<br />

Kartieranleitung (5. Auflage, KA 5).<br />

5.4 Bö<strong>de</strong>n als Flächenressource<br />

Zur Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswirkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Flächennutzung auf die Ressource Bo<strong>de</strong>n<br />

müssen geeignete Verfahren und Strategien entwickelt wer<strong>de</strong>n. In einer Reihe von Forschungsprojekten<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s, <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> und Kommunen wer<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit Strategien zur<br />

Lenkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nnutzung und Minimierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nversiegelung durch ökonomische<br />

und planerische Instrumente erarbeitet.<br />

5.4.1 Bo<strong>de</strong>nbewertung


30<br />

Die Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leistungsfähigkeit und Schutzwürdigkeit von Bö<strong>de</strong>n stellt eine Grundlage<br />

für <strong>de</strong>n Freiraumschutz und eine nachhaltige, ökologisch orientierte Raumordnungspolitik<br />

dar. Im Rahmen einer Vielzahl von teilweise gemeinsamen Forschungsprojekten <strong>de</strong>s<br />

Bun<strong>de</strong>s, <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>, Kommunen und Verbän<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n Möglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nbewertung<br />

erprobt. In neun Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n bereits Bo<strong>de</strong>nbewertungsverfahren für die<br />

Planung eingeführt. Mittelfristig erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich ist die Erarbeitung allgemeingültiger Standards<br />

für Planungsaussagen zu Leistungsfähigkeit und Schutzwürdigkeit von Bö<strong>de</strong>n.<br />

5.4.2 Unterschutzstellung / Eingriffsregelung<br />

Nach Bun<strong>de</strong>s-Naturschutzgesetz (BNatSchG) können Teile von Natur und Landschaft als<br />

Schutzgebiete ausgewiesen wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>s BNatSchG ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>n als<br />

Teil von Natur und Landschaft aufgeführt.<br />

Im Rahmen eines Projektes <strong>de</strong>s BMU-Umweltforschungsplanes wer<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit<br />

- die Spielräume für <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz in <strong>de</strong>n Instrumenten <strong>de</strong>s Naturschutzrechtes im<br />

Rahmen eines Rechtsgutachtens ausgelotet,<br />

- bo<strong>de</strong>nschutzfachliche Kriterien für die Berücksichtigung von Bö<strong>de</strong>n bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schutzgebietsausweisung aufgestellt und<br />

- Bö<strong>de</strong>n mit beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Schutzwürdigkeit charakterisiert und exemplarisch aufgelistet.<br />

Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass es weitgehend ungenutzte Möglichkeiten gibt, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

wertvolle, seltene Bö<strong>de</strong>n im Rahmen von Schutzgebietsausweisungen zu berücksichtigen.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> verbesserten methodischen Einbindung <strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen Bo<strong>de</strong>nfunktionen in die Arbeitsschritte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Eingriffsregelung nach BNatSchG befasste sich ein weiteres Projekt <strong>de</strong>s<br />

BMU-Umweltforschungsplanes. Mit <strong>de</strong>m Forschungsprojekt wur<strong>de</strong>n Kriterien entwickelt,<br />

mit <strong>de</strong>nen die Prognose von Bo<strong>de</strong>nbeeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft<br />

wie auch die Ableitung von Maßnahmen zur Vermeidung und zum Ausgleich möglich<br />

ist.<br />

5.4.3 Flächenrecycling<br />

.<br />

Zukünftige Forschungsschwerpunkte sollten in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Weise einen interdisziplinären<br />

und umfassen<strong>de</strong>n Ansatz berücksichtigen: politische Strategien und Programme, Nachnutzung<br />

und Planung, Grundstücksaufbereitung, technische Verfahren und Wirtschaftlichkeit.<br />

Die Europäische Kommission för<strong><strong>de</strong>r</strong>t daher die Einrichtung eines interdisziplinären Netzwerkes<br />

zum Flächenrecycling. Die Bun<strong>de</strong>srepublik wird sich maßgeblich an <strong>de</strong>n Arbeiten<br />

dieses Netzwerkes beteiligen, so dass Impulse für das Flächenrecycling in Deutschland zu<br />

erwarten sind.<br />

5.5 Künftig erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Forschungsaktivitäten<br />

Obwohl die Forschungsaktivitäten für einen effektiven Bo<strong>de</strong>nschutz und eine nachhaltige<br />

Bo<strong>de</strong>nnutzung beachtliche Erfolge und Fortschritte vorweisen können, wer<strong>de</strong>n nachfolgend


31<br />

beispielhaft einige bislang noch bestehen<strong>de</strong> Defizite und neue/weitere Fragestellungen für<br />

künftige Forschungs- und Entwicklungsvorhaben formuliert:<br />

- Entwicklung und Evaluierung von neuen Analyse-, Mess- und Bewertungsmetho<strong>de</strong>n<br />

für Bo<strong>de</strong>n und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Materialien, die in und auf Bö<strong>de</strong>n aufgebracht wer<strong>de</strong>n<br />

- Ermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamt–Deposition luftgetragener Stoffe auf Bö<strong>de</strong>n mittels Sammelverfahren<br />

und Immunoassay (Verfahren zur Bestimmung immunologischer Reaktionen)<br />

- Bestimmung <strong>de</strong>s Verhaltens prioritärer (Schad-)Stoffe in Bö<strong>de</strong>n<br />

- Entwicklung von Testbatterien für die Bestimmung ökotoxikologischer Wirkungen<br />

von Bo<strong>de</strong>nkontaminationen<br />

- Entwicklung von Metho<strong>de</strong>n zur In-situ-Entfernung bzw. beschleunigten Umsetzung<br />

von Schadstoffen in diffus kontaminierten Bö<strong>de</strong>n unter Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgewirkungen<br />

auf die natürlichen Bo<strong>de</strong>nfunktionen<br />

- Erarbeitung von Verfahren und Metho<strong>de</strong>n zur Beurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswirkung auf <strong>de</strong>n<br />

Bo<strong>de</strong>n durch im Bo<strong>de</strong>n eingesetzte Produkte, im wesentlichen Bauprodukte<br />

- Entwicklung von verbesserten Metho<strong>de</strong>n/Instrumenten zur Planung und Durchführung<br />

von Grundwasser-Sanierungsmaßnahmen in Quelle und Fahne<br />

- Fachliche Konkretisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierungsziele für altlastenbedingte<br />

Grundwasserschä<strong>de</strong>n<br />

- Erarbeitung von Kriterien und Parametern zur Charakterisierung von Selbstreinigungsprozessen<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> ungesättigten Bo<strong>de</strong>nzone – Darstellung geeigneter Verfahren,<br />

Nachweis- und Bewertungsmetho<strong>de</strong>n<br />

- Nutzbarmachung von Grundlagen- und Rahmendaten, z.B. aus Fernerkundung, Statistik<br />

und Geologie und Hydrologie zur Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktualität und Aussagesicherheit<br />

zum Bo<strong>de</strong>nschutz.<br />

6. Altlastensanierung<br />

6.1 Definition<br />

Altlasten sind nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Definition <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes:<br />

- stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf <strong>de</strong>nen Abfälle<br />

behan<strong>de</strong>lt, gelagert o<strong><strong>de</strong>r</strong> abgelagert wor<strong>de</strong>n sind (Altablagerungen), und<br />

- Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf <strong>de</strong>nen mit umweltgefähr<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Stoffen umgegangen wor<strong>de</strong>n ist, ... (Altstandorte),<br />

durch die schädliche Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonstige Gefahren für <strong>de</strong>n Einzelnen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

die Allgemeinheit hervorgerufen wer<strong>de</strong>n.<br />

6.2 Rückblick<br />

Seit <strong>de</strong>m Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> siebziger Jahre wur<strong>de</strong> vermutet, dass Altlasten die Gesundheit <strong>de</strong>s<br />

Menschen gefähr<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> sein Wohlbefin<strong>de</strong>n beeinträchtigen und Wasser, Bo<strong>de</strong>n, Luft,<br />

Pflanzen, Tiere und Ökosysteme schädigen können.<br />

Im Umweltprogramm <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> war bereits 1971 <strong><strong>de</strong>r</strong> Leitsatz enthalten, dass<br />

wil<strong>de</strong> Müllkippen alsbald saniert, besser noch stillgelegt und ihre Flächen rekultiviert wer<strong>de</strong>n<br />

müssen.


32<br />

In seinem Umweltgutachten 1974 hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Rat von Sachverständigen für Umweltfragen<br />

(SRU) die Erfassung, Behebung und Verhütung von Folgeschä<strong>de</strong>n aus früherer, unsachgemäßer<br />

Abfallbeseitigung als Aufgabe erwähnt. Im Umweltgutachten 1978 prägte <strong><strong>de</strong>r</strong> Rat<br />

dann <strong>de</strong>n Begriff „Altlasten“, als er auf die unbekannten Risiken hinwies, die von <strong>de</strong>n damals<br />

bekannten ca. 50.000 Alt<strong>de</strong>ponien und wil<strong>de</strong>n Ablagerungen ausgehen können.<br />

In <strong>de</strong>n achtziger Jahren zeigten sich dann einige dieser gravieren<strong>de</strong>n Fälle: In Bielefeld,<br />

Barsbüttel und Hamburg wur<strong>de</strong>n ganze Siedlungen, die auf alten Deponien o<strong><strong>de</strong>r</strong> Spülfel<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

errichtet wor<strong>de</strong>n waren, geräumt und abgesie<strong>de</strong>lt. Große Deponien im Hamburger Stadtteil<br />

Georgswer<strong><strong>de</strong>r</strong>, im rheinland-pfälzischen Gerolsheim und im nie<strong><strong>de</strong>r</strong>sächsischen Münchehagen<br />

mussten u.a. wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Emission von Dioxinen aufwändig gesichert wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Jahre 1984 beauftragte die Umweltministerkonferenz die Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgemeinschaft Abfall<br />

(LAGA), Lösungsansätze für die Erfassung, Überwachung, Untersuchung und Gefahrenbeurteilung<br />

von Altlasten zu erarbeiten. Im Jahre 1989 veröffentlichte die daraufhin eingerichtete<br />

Arbeitsgruppe „Altablagerungen und Altlasten“ <strong><strong>de</strong>r</strong> LAGA die Informationsschrift<br />

„Erfassung, Gefahrenbeurteilung und Sanierung von Altlasten“.<br />

Im gleichen Jahr legte <strong><strong>de</strong>r</strong> SRU sein Son<strong><strong>de</strong>r</strong>gutachten „Altlasten“ vor, in <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> damalige<br />

und zukünftige Handlungsbedarf aufgezeigt wur<strong>de</strong>. Der Rat wies darauf hin, dass Stoffeinträge<br />

in Bö<strong>de</strong>n, Untergrund und Grundwasser an vielen Altablagerungsplätzen und<br />

Altstandorten längst nicht mehr im Gleichgewicht mit <strong>de</strong>m Reinigungs- und Regelungsvermögen<br />

dieser Umweltmedien stehen. Er for<strong><strong>de</strong>r</strong>te, die Erfassung <strong><strong>de</strong>r</strong> Altablagerungen und<br />

Altstandorte und die Abschätzung ihres Gefährdungspotentials bun<strong>de</strong>sweit zu beschleunigen,<br />

um alle Altlasten zuverlässig zu i<strong>de</strong>ntifizieren und die erkannten Altlasten zügig zu sanieren.<br />

Der Rat betrachtete die Bewältigung <strong>de</strong>s Altlastenproblems als beispielhaft für die Weiterentwicklung<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> sektoralen zur integralen Betrachtungsweise im Umweltschutz. Schon<br />

damals hatte er <strong>de</strong>n Eindruck, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamte Umfang und die ganze Problematik <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlasten<br />

noch unterschätzt wür<strong>de</strong>n. Neben <strong>de</strong>n bis dahin die öffentliche Aufmerksamkeit bestimmen<strong>de</strong>n<br />

spektakulären Einzelfällen wür<strong>de</strong> sich eine neue Dimension <strong>de</strong>s Altlastenproblems<br />

eröffnen, wenn die systematische Erfassung und eine erste Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Altstandorte<br />

vorläge. Wichtig war <strong>de</strong>m Umweltrat insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e, dass neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewältigung <strong><strong>de</strong>r</strong> vergangenen<br />

Umweltsün<strong>de</strong>n Maßnahmen umgesetzt wer<strong>de</strong>n, um Altlasten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft zu<br />

vermei<strong>de</strong>n.<br />

Im Jahr 1995 griff <strong><strong>de</strong>r</strong> Umweltrat das Thema in seinem Son<strong><strong>de</strong>r</strong>gutachten „Altlasten II“ erneut<br />

auf. Die Grün<strong>de</strong> dafür waren u.a., dass die damaligen Vorschläge und Empfehlungen<br />

überprüft und ergänzt wer<strong>de</strong>n sollten. Neue Akzente ergaben sich auch aus <strong>de</strong>n ersten Entwürfen<br />

für ein Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz nebst Verordnung, aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierungskosten,<br />

aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Einbeziehung Altlasten-Betroffener und vor allem aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastensituation<br />

in <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, die im ersten Gutachten noch nicht enthalten war.<br />

Seit 1999 prägt das Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz und die zugehörige Verordnung die Bearbeitung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Altlasten. Nicht zuletzt auch dieses Gesetz und die Überlegungen im Zusammenhang<br />

mit seiner Erarbeitung haben die Sichtweise auf die Altlastenprobleme und die Lösungswege<br />

verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Die Lösungswege orientieren sich nicht mehr allein an Tiefbaumaßnahmen;<br />

stärker setzt sich nun eine Sichtweise durch, die darauf zielt, Risiken zu minimieren.


6.3 Quantitative Entwicklung<br />

33<br />

Einen relativ guten Überblick über <strong>de</strong>n Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfassung altlastverdächtiger Flächen gibt<br />

die folgen<strong>de</strong> Übersicht:<br />

Jahr Altlastverdächtige Flächen in Deutschland<br />

1978 50.000 Alt<strong>de</strong>ponien und wil<strong>de</strong> Ablagerungen (SRU, geschätzt)<br />

1985 30.000 altlastverdächtige Altablagerungen, 5.000 altlastverdächtige Altstandorte<br />

(in <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n erfasste Flächen)<br />

1987 42.000 erfasste altlastverdächtige Flächen<br />

1989 48.000 erfasste altlastverdächtige Flächen<br />

1990 29.000 erfasste altlastverdächtige Flächen in <strong>de</strong>n neuen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

1995 170.000 erfasste altlastverdächtige Flächen<br />

1997 190.000 erfasste altlastverdächtige Flächen<br />

1999 305.000 erfasste altlastverdächtige Flächen<br />

2000 360.000 erfasste altlastverdächtige Flächen<br />

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> erfassten altlastverdächtigen Flächen die<br />

gänzliche Problematik <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlasten nur zum Teil wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spiegeln kann:<br />

- Die Einstufung als "altlastverdächtige Fläche" sagt noch nicht aus, ob sich die Fläche<br />

nach <strong>de</strong>taillierter Untersuchung und Bewertung auch wirklich als eine zu sanieren<strong>de</strong><br />

Altlast herausstellt.<br />

- Auch sagt die Einstufung einer Fläche als Altlast noch nichts über <strong>de</strong>n Aufwand für<br />

ihre Sanierung aus. Die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> altlastverdächtigen Flächen berücksichtigt we<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

die Größe <strong>de</strong>s kontaminierten Areals, noch Art und Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontamination.<br />

Gleichwohl hat die Einstufung einer Fläche als "altlastverdächtig" bereits gravieren<strong>de</strong> Auswirkungen<br />

auf die Nutzbarkeit, <strong>de</strong>n Verkehrswert und die Beleihbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Fläche:<br />

Die Altlastenkataster in <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n bereits vor <strong>de</strong>m Inkrafttreten <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nschutzregelungen<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s entwickelt und strukturiert. Die dadurch bedingten Unterschie<strong>de</strong><br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Datenerfassung und -verwaltung hin<strong><strong>de</strong>r</strong>n an einer unmittelbaren Vergleichbarkeit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> statistischen Angaben.<br />

Auf Initiative <strong>de</strong>s Altlastenausschusses <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> wird nun an einer Harmonisierung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Daten gearbeitet.<br />

6.4 Aktuelle Themen<br />

6.4.1 Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierungstechnik


34<br />

In <strong>de</strong>n zurückliegen<strong>de</strong>n Jahren wur<strong>de</strong>n vielfältige Metho<strong>de</strong>n und Verfahren für die Altlastensanierung<br />

entwickelt, die zu einem hohen technologischen Standard in diesem Bereich<br />

geführt haben.<br />

Verfahren zur Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schadstoffausbreitung durch Abdichtungsmaßnahmen gehören<br />

mittlerweile zum Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> Technik. Ferner stehen Dekontaminationsverfahren durch<br />

Wasserhebung und -aufbereitung, durch Bo<strong>de</strong>nluftentnahme und -aufbereitung, durch Bo<strong>de</strong>naushub<br />

und thermische, chemisch-physikalische sowie biologische Reinigung zur Verfügung.<br />

Diese Verfahren wur<strong>de</strong>n bereits umfänglich angewen<strong>de</strong>t und sind mittlerweile in<br />

Deutschland marktgängig.<br />

Forschung und Entwicklung im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierungstechniken zielen <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit darauf, die<br />

Kosten zu senken. Zu <strong>de</strong>n innovativen Verfahren gehören die reaktiven Wän<strong>de</strong> im Bo<strong>de</strong>n<br />

für die Reinigung von durchströmen<strong>de</strong>m kontaminiertem Grundwasser. Dieses Verfahren ist<br />

kostengünstiger als die bisher überwiegend angewen<strong>de</strong>te Wasserhebung und -aufbereitung.<br />

6.4.2 Natürlicher Schadstoffabbau im Untergrund (Natural Attenuation)<br />

Seit einigen Jahren besteht im Altlastensektor ein verstärktes Interesse, die natürlichen Abbau-<br />

und Rückhalteprozesse im Untergrund bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung und <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierung von Altlasten<br />

zu berücksichtigen und zu nutzen, um Sanierungsaufwendungen und damit Kosten zu<br />

reduzieren.<br />

Neben <strong>de</strong>n Forschungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> verspricht <strong><strong>de</strong>r</strong> BMBF- För<strong><strong>de</strong>r</strong>schwerpunkt „Kontrollierter<br />

natürlicher Rückhalt und Abbau von Schadstoffen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierung kontaminierter Bö<strong>de</strong>n<br />

und Grundwässer“ (KORA), mit <strong>de</strong>m die natürlichen „Selbstreinigungsprozesse“ im<br />

Bo<strong>de</strong>n erforscht wer<strong>de</strong>n sollen, einen <strong>de</strong>utlichen Erkenntniszuwachs.<br />

6.4.3 Grundwassersanierung<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierungspraxis zeigt sich, dass häufig keine ausreichen<strong>de</strong> Prognose hinsichtlich<br />

Durchführbarkeit, Erfolg und Angemessenheit von Maßnahmen zur Grundwassersanierung<br />

getroffen wer<strong>de</strong>n kann. Sanierungsrelevante Einflussgrößen können zum Teil nicht o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

nicht korrekt erfasst o<strong><strong>de</strong>r</strong> berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />

Zur weiteren Objektivierung dieser Problematik wur<strong>de</strong> ein gemeinsames Bund/Län<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Vorhaben "Kriterien zur Grundwassersanierung“ gestartet.<br />

Mit diesem Vorhaben sollen die fachlichen Grundlagen für die Entwicklung eines<br />

län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifen<strong>de</strong>n Konzeptes zum Umgang mit bestehen<strong>de</strong>n Grundwasserverunreinigungen<br />

erarbeitet wer<strong>de</strong>n. Dabei sollen sowohl Vorschläge zur Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> EU-<br />

Wasserrahmenrichtlinie als auch qualitative Kriterien zur Konkretisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schutzziele<br />

und <strong>de</strong>s Schutzniveaus im Rahmen <strong>de</strong>s einzelfallspezifischen Ermessensspielraums entwickelt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

6.4.4 Län<strong><strong>de</strong>r</strong>übergreifen<strong>de</strong> Zusammenarbeit


35<br />

Im Vollzug besteht eine großer Bedarf an Bewertungsmaßstäben über die in <strong><strong>de</strong>r</strong> BBodSchV<br />

behan<strong>de</strong>lten Schadstoffe hinaus. Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgemeinschaft Bo<strong>de</strong>nschutz<br />

(LABO) wur<strong>de</strong>n daher Prüfwert-Vorschläge bzw. stoffbezogene Berechnungen für 43 insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

altlastenrelevante Stoffe und Stoffgruppen erarbeitet, die <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Orientierungshilfe<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Eine Arbeitsgruppe, <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertreterinnen und Vertreter aus 12 Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n und <strong>de</strong>m Umweltbun<strong>de</strong>samt<br />

angehörten, hat Arbeitshilfen zur Qualitätssicherung bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastenbearbeitung<br />

erstellt. Schwerpunkt dieser Materialien sind technische Anleitungen zur Untersuchung<br />

von Altlasten. Sie sollen Sachverständigen/Gutachtern und <strong>de</strong>n Untersuchungsstellen<br />

sowie <strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastenbearbeitung befassten Behör<strong>de</strong>n als Grundlage für ein nachvollziehbares<br />

und <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Einzelfalles angemessenes Vorgehen dienen.<br />

6.5 Son<strong><strong>de</strong>r</strong>fall: Altlastensanierung neue Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinigung bei<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utscher Staaten wur<strong>de</strong>n auch die enormen Umweltbelastungen<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen DDR offengelegt. Ihre Wirtschaftsregionen waren in vielen Fällen<br />

ökologische Krisengebiete, die durch gravieren<strong>de</strong> Bo<strong>de</strong>n- und Grundwasser-<br />

Kontaminationen gekennzeichnet waren. Dazu gehörten neben ausge<strong>de</strong>hnten Gebieten mit<br />

militärischen Altlasten und <strong>de</strong>m Uranabbau in Thüringen und Sachsen vor allem die<br />

Schwerpunkte <strong><strong>de</strong>r</strong> chemischen Industrie sowie <strong>de</strong>s Abbaus von Braunkohle im Großraum<br />

Leipzig/Bitterfeld/Halle/Merseburg, <strong><strong>de</strong>r</strong> Kupferabbau und die -verarbeitung im Mansfel<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Land, die Braunkohleregion Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lausitz und die Küstenregion von Mecklenburg-<br />

Vorpommern. Großräumige Landschaftsschä<strong>de</strong>n in Form großflächiger Tagebaurestlöcher<br />

und Kippen, ein weiträumig gestörter Wasserhaushalt und Altablagerungen – insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

aus Anlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> Braunkohleverarbeitung und <strong><strong>de</strong>r</strong> chemischen Industrie – stellten eine<br />

erhebliche Gefährdung <strong><strong>de</strong>r</strong> Umwelt dar.<br />

Die Sanierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlasten war in <strong>de</strong>n neuen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n von Anfang an eines <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauptprobleme<br />

<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzes. Dabei ging es sowohl um die Abwehr von Gefahren und Belästigungen<br />

für Mensch und Umwelt als auch um ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Investitionshemmnis für<br />

<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau. Deshalb hat schon <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Gesetzgeber mit <strong><strong>de</strong>r</strong> sog.<br />

Altlastenfreistellungsregelung <strong>de</strong>s Umweltrahmengesetzes die Möglichkeit geschaffen, in<br />

bestimmten Fällen eine Befreiung von <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastenverantwortlichkeit auszusprechen, um<br />

<strong>de</strong>n Erwerb bzw. die Fortführung bisher DDR-staatlicher Grundstücke und Anlagen für private<br />

Investoren zu erleichtern.<br />

Über die Sanierung <strong><strong>de</strong>r</strong> ökologischen Altlasten hatten sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Bund und die neuen Län<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

im Dezember 1992 in einem Verwaltungsabkommen verständigt. Danach wer<strong>de</strong>n die Kosten<br />

für Sanierungen, die bei ehemaligen Unternehmen aus <strong>de</strong>m Treuhandbereich nach einer<br />

Freistellung für erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Sanierungen anfallen, grundsätzlich im Verhältnis 60 (Bund)<br />

zu 40 (Län<strong><strong>de</strong>r</strong>) geteilt. Für beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s be<strong>de</strong>utsame Großprojekte trägt <strong><strong>de</strong>r</strong> Bund eine weitergehen<strong>de</strong><br />

Finanzierungsverpflichtung (Finanzierungsschlüssel von 75% Bund zu 25 % Län<strong><strong>de</strong>r</strong>).<br />

Zur Beschleunigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung <strong>de</strong>s Verwaltungsabkommens zur Altlastensanierung<br />

kann die Gemeinsame Arbeitsgruppe Bund/BvS/Län<strong><strong>de</strong>r</strong> „ökologische Altlasten“, die sich<br />

aus Vertretern <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sanstalt für vereinigungsbedingte Son<strong><strong>de</strong>r</strong>aufgaben<br />

(BvS) sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> betroffenen Bun<strong>de</strong>sressorts zusammensetzt, durch „abschließen<strong>de</strong> Vereinbarungen“<br />

(„Pauschalierungen“) <strong>de</strong>n Umfang <strong><strong>de</strong>r</strong> Refinanzierungsverpflichtungen <strong>de</strong>s<br />

Bun<strong>de</strong>s festschreiben und die Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Großprojekte in die alleinige Verantwortung


36<br />

<strong>de</strong>s jeweiligen Lan<strong>de</strong>s übergeben, sobald die voraussichtlichen Sanierungskosten hinreichend<br />

feststehen. Das ist mittlerweile bei mehreren Großprojekten geschehen. Mit Thüringen<br />

wur<strong>de</strong> 1999, mit Sachsen-Anhalt im Jahr 2001 jeweils ein Generalvertrag über die abschließen<strong>de</strong><br />

Finanzierung <strong><strong>de</strong>r</strong> ökologischen Altlasten geschlossen. Die BvS steht in entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Verhandlungen mit <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.<br />

In Mecklenburg-Vorpommern wur<strong>de</strong>n bereits 1996 die drei Großprojekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Küstenindustrie<br />

pauschaliert. Bei <strong>de</strong>n jetzt geführten Verhandlungen ist beabsichtigt, auch <strong>de</strong>n Bereich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> "Regelfinanzierung" (60 : 40) in die Verantwortung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s zu übertragen.<br />

Als Großprojekte wur<strong>de</strong>n – neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Braunkohlesanierung – folgen<strong>de</strong> Projekte festgelegt:<br />

Bun<strong>de</strong>sland Großprojekte Vereinbarungen<br />

Berlin Region Industriegebiet Spree<br />

Mecklenburg - Wismar<br />

Großprojekte pauschaliert<br />

Vorpommern Rostock<br />

Stralsund<br />

Bran<strong>de</strong>nburg Region Oranienburg<br />

Stadt Bran<strong>de</strong>nburg<br />

BASF Schwarzhei<strong>de</strong> AG<br />

PCK Schwedt<br />

Sachsen – Anhalt Bitterfeld-Wolfen<br />

Gegenüber Sachsen-Anhalt wur<strong>de</strong>n 2001<br />

Buna<br />

alle Verpflichtungen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s pauschal<br />

Erdöl-Erdgas-Gommern<br />

Hydrierwerke Zeitz<br />

Mansfeld AG<br />

Mag<strong>de</strong>burg-Rothensee<br />

abgegolten.<br />

Sachsen SOW Böhlen<br />

Saxonia Freiberg<br />

Lautawerke<br />

Dres<strong>de</strong>n-Coschütz/Gittersee<br />

Großprojekt Saxonia Freiberg pauschaliert<br />

Thüringen Kali-Thüringen<br />

Gegenüber Thüringen wur<strong>de</strong>n 1999 alle<br />

VVG Rositz<br />

Verpflichtungen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s pauschal<br />

abgegolten.<br />

6.5.1 Sanierung radioaktiver Altlasten<br />

Zu <strong>de</strong>n größten und schwierigsten Altlasten in <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n gehören die Hinterlassenschaften<br />

<strong>de</strong>s ehemaligen Wismut-Uranerzbergbaus in Sachsen und Thüringen. Die<br />

<strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> hat im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Einheit die Verantwortung<br />

für die Sanierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wismut-Betriebsflächen übernommen. Ziel dieses ausschließlich<br />

aus Bun<strong>de</strong>smitteln finanzierten Umweltsanierungsprojektes ist es, intakte Umwelt- und Lebensverhältnisse<br />

für die Bevölkerung in diesen Gebieten zu schaffen.<br />

Über die Hälfte <strong><strong>de</strong>r</strong> erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Sanierungsarbeiten hat das Bun<strong>de</strong>sunternehmen Wismut<br />

GmbH bereits erledigt, ca. 3,6 Mrd. € hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Bund bisher dafür bereitgestellt. Die Umweltbelastungen<br />

mit radioaktiven und konventionellen Schadstoffen in <strong>de</strong>n betroffenen Regionen<br />

wur<strong>de</strong>n signifikant gesenkt.


37<br />

Weitere Umweltverbesserungen wer<strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> fortschreiten<strong>de</strong>n Stilllegung und Sanierung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Uranbergbauhinterlassenschaften erreicht. Die noch anstehen<strong>de</strong>n Sanierungsarbeiten<br />

wer<strong>de</strong>n im Wesentlichen in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n 8 bis 10 Jahren abgeschlossen. Im Anschluss<br />

daran müssen noch über einen längeren Zeitraum Nachsorgemaßnahmen (Aufbereitung von<br />

Flutungs- und Sickerwasser, Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten, Umweltmonitoring)<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> und die Freistaaten Sachsen und Thüringen haben<br />

Gespräche aufgenommen mit <strong>de</strong>m Ziel, die künftige Zuständigkeit für diese Nachsorgemaßnahmen<br />

gemeinsam mit <strong><strong>de</strong>r</strong> bisher ungeklärten Finanzierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierung <strong><strong>de</strong>r</strong> sog.<br />

Wismut-Altstandorte (keine Zuständigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wismut GmbH) in einem Gesamtpaket zu regeln.<br />

6.5.2 Braunkohlesanierung<br />

Der großflächige Braunkohleabbau und die Braunkohlevere<strong>de</strong>lung in <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen DDR<br />

hatten ebenfalls gravieren<strong>de</strong> ökologische Schä<strong>de</strong>n hinterlassen. Die Sanierung dieser<br />

„Braunkohlealtlasten” im Mittel<strong>de</strong>utschen und Lausitzer Revier begann direkt nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wen<strong>de</strong> im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und erfolgt seit 1993 auf Grundlage<br />

<strong>de</strong>s zwischen <strong>de</strong>m Bund und <strong>de</strong>n ost<strong>de</strong>utschen Braunkohlelän<strong><strong>de</strong>r</strong>n geschlossenen Verwaltungsabkommens<br />

über die Regelung <strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzierung <strong><strong>de</strong>r</strong> ökologischen Altlasten.<br />

Für die Braunkohlesanierung wur<strong>de</strong>n im Jahr 2001 einschließlich <strong>de</strong>s Programmteils „Beschäftigungsintensive<br />

Maßnahmen“ über 960 Mio. DM (490 Mio. €) aufgewen<strong>de</strong>t – seit Beginn<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Braunkohlesanierung im Jahr 1991 belaufen sich damit die von Bund und Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

bis 2001 bereitgestellten Mittel auf über 11,8 Mrd. DM (ca. 6 Mrd. €). Damit konnten bereits<br />

über 80 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> bergmännischen Grundsanierung und mehr als zwei Drittel aller<br />

Verpflichtungen für die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>nutzbarmachung abgeschlossen wer<strong>de</strong>n.<br />

Durch Flutungen <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen Tagebaurestlöcher wird <strong><strong>de</strong>r</strong> natürliche Grundwasserhaushalt<br />

großräumig wie<strong><strong>de</strong>r</strong> hergestellt. Es entstehen viele Seen, die zukünftig als Wasserspeicher<br />

genutzt wer<strong>de</strong>n können und später einen hohen Freizeit- und Erholungswert haben<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Mit <strong>de</strong>m Fluten <strong>de</strong>s zukünftigen Berghei<strong><strong>de</strong>r</strong> Sees im vormaligen Tagebau Klettwitz-Nord<br />

und <strong>de</strong>m Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Wassereinleitung in das Tagebaurestloch Großkayna sind weitere Meilensteine<br />

gesetzt wor<strong>de</strong>n. Nach abgeschlossener Grundsanierung an <strong>de</strong>n Tagebaurestlöchern<br />

durch Massenbewegung, Massenverdichtung, Böschungssicherung und Rekultivierung sowie<br />

nach Herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> wasserwirtschaftlichen Anlagen konnte bereits an 25 von 46 Tagebaurestseen<br />

die Flutung begonnen und für zwei größere Restseen been<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Durch eine<br />

schnelle Flutung wird dabei gleichzeitig eine gute Wasserqualität gesichert. Für die Gewässerherstellung<br />

und Flutung sind umfangreiche berg- und wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren<br />

erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich.<br />

Die Sanierung von ursprünglich mehr als 100 industriellen Standorten <strong><strong>de</strong>r</strong> Braunkohlevere<strong>de</strong>lung<br />

(Brikettfabriken, Kraftwerke und Kesselhäuser, Schwelereien, Kokereien, Gaswerke)<br />

ist mit Demontagen, Verschrottungen, Abbrüchen und Entsorgungsleistungen schon sehr<br />

weit fortgeschritten. In Mittel<strong>de</strong>utschland sind alle wesentlichen Arbeiten zum Abschluss<br />

gebracht wor<strong>de</strong>n. Einige Standorte <strong><strong>de</strong>r</strong> thermischen Kohlevere<strong>de</strong>lung sind mit erheblichen<br />

Bo<strong>de</strong>n- und Grundwasserkontaminationen belastet. Sie erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n weiter aufwendige und<br />

langwierige Sanierungen unter Einsatz effektiver Technologien. Die Arbeiten wer<strong>de</strong>n durch


38<br />

ein vom Bun<strong>de</strong>sministerium für Bildung und Forschung geför<strong><strong>de</strong>r</strong>tes Programm anwendungsorientierter<br />

Forschungen direkt begleitet.<br />

In <strong>de</strong>n Revieren Mittel<strong>de</strong>utschlands und <strong><strong>de</strong>r</strong> Lausitz sind in <strong>de</strong>n Bereichen ehemaliger Tagebaue<br />

und Veredlungsanlagen insgesamt mehr als 1.200 Altlastverdachtsflächen erfasst, die<br />

nach schrittweise erfolgter Erkundung und gutachterlicher Bewertung zu einem großen Teil<br />

gesichert und saniert wur<strong>de</strong>n. Zum Jahresen<strong>de</strong> 2001 besteht noch an rund 380 Altlasten<br />

„Handlungsbedarf“. Schwerpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> künftigen Arbeiten bil<strong>de</strong>n dabei die Maßnahmen zur<br />

Grundwasserreinigung.<br />

7. Europäische Dimension<br />

Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Einigung und <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhandlung mit <strong>de</strong>n Beitrittskandidaten<br />

kommt auch <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>nschutz auf europäischer Ebene eine steigen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung zu.<br />

Deutschland kann hier mit seinen Erfahrungen im Bereich Bo<strong>de</strong>nschutzrechtsetzung und<br />

<strong>de</strong>m Vollzug beratend zur Seite stehen und wichtige Impulse geben. In vielen Staaten Mittel-<br />

und Osteuropas sind flächig verbreitete stoffliche Belastungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n ebenso wie<br />

Probleme mit Altlasten zu verzeichnen. Das vorrangige Bo<strong>de</strong>nschutzproblem in Sü<strong>de</strong>uropa<br />

bleibt die Erosion. In Nor<strong>de</strong>uropa ist immer noch die Versauerung von Waldbö<strong>de</strong>n das<br />

wichtigste Bo<strong>de</strong>nschutzthema.<br />

7.1 Workshop „Bo<strong>de</strong>nschutzpolitiken in <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Union“<br />

Auf Initiative und Einladung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sumweltministeriums sowie in Kooperation mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

EU-Kommission (DG XI) und <strong>de</strong>m Umweltbun<strong>de</strong>samt fand vom 09. – 11.12.1998 in Bonn<br />

ein internationaler Workshop über „Bo<strong>de</strong>nschutzpolitiken in <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Union (EU)“<br />

statt.<br />

Von <strong>de</strong>n eingela<strong>de</strong>nen Umweltministerien <strong><strong>de</strong>r</strong> EU-Mitgliedstaaten, <strong><strong>de</strong>r</strong> EU-Beitrittskandidatenlän<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

aus Mittel- und Osteuropa sowie Norwegens und <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz waren 23<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Einladung gefolgt. Außer<strong>de</strong>m nahmen Vertreter <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Kommission (DG XI<br />

und XII), <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Umweltagentur und <strong>de</strong>s Europäischen Bo<strong>de</strong>nbüros aus<br />

Ispra/Italien teil.<br />

Wichtigstes Ziel <strong>de</strong>s Workshops war <strong><strong>de</strong>r</strong> Informationsaustausch über die Bo<strong>de</strong>nschutzpolitiken<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Län<strong><strong>de</strong>r</strong> und <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Union.<br />

Ein weiteres Thema war die Frage nach <strong>de</strong>m Bedarf an gemeinsamen Bo<strong>de</strong>nschutzaktivitäten<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> EU. Nach <strong>de</strong>m im EG-Vertrag enthaltenen Subsidiaritätsprinzip<br />

soll auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemeinschaft nur gehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, sofern und soweit die<br />

Ziele <strong><strong>de</strong>r</strong> betreffen<strong>de</strong>n Maßnahmen – darunter die Sicherstellung eines anspruchsvollen<br />

Umweltschutzniveaus – auf Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht wer<strong>de</strong>n<br />

können und daher wegen ihres Umfangs o<strong><strong>de</strong>r</strong> ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene<br />

erzielt wer<strong>de</strong>n können.<br />

Aus <strong>de</strong>n Statements ging hervor, dass sich die Bo<strong>de</strong>nschutzpolitiken <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n<br />

Themenschwerpunkten und <strong>de</strong>n Instrumenten z.T. <strong>de</strong>utlich unterschei<strong>de</strong>n. Eine einheitliche<br />

Definition <strong>de</strong>s Begriffs Bo<strong>de</strong>n existiert nicht. Aus Sicht <strong><strong>de</strong>r</strong> EU-Kommission sind Bo<strong>de</strong>nbelastungen<br />

(Pestizi<strong>de</strong>, Nitrate/Phosphate, Wassererosion, Versauerung, Win<strong><strong>de</strong>r</strong>osion, Bo<strong>de</strong>n-


39<br />

verdichtung, Versalzung und Verlust von organischem Material) Probleme wachsen<strong><strong>de</strong>r</strong> Be<strong>de</strong>utung<br />

in Europa.<br />

Eine eigenständige Bo<strong>de</strong>nschutzpolitik gibt es auf Gemeinschaftsebene bisher nicht (siehe<br />

aber unter 7.3). Zahlreiche EU-Politiken dienen aber direkt o<strong><strong>de</strong>r</strong> indirekt <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s<br />

Bo<strong>de</strong>ns, darunter die Politiken im Bereich Wasser, Landwirtschaft, Fortwirtschaft, Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />

Abfallwirtschaft, Forschung (DG XII) sowie die Aktivitäten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Europäischen Umweltagentur. Beispielhaft seien hier insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Richtlinie über Klärschlamm<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Landwirtschaft, Richtlinien zur Luftreinhaltung, über die Zulassung von<br />

Pflanzenschutzmitteln, die Nitratrichtlinie und verschie<strong>de</strong>ne Gewässerschutzrichtlinien erwähnt.<br />

Nach Ansicht <strong>de</strong>s Kommissionsvertreters stellt sich Bo<strong>de</strong>nschutz als ein sehr komplexes<br />

Thema dar, <strong>de</strong>m am besten mit einer Mischung gut koordinierter Instrumente begegnet wer<strong>de</strong>n<br />

solle. Er sprach sich insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e für eine starke Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> Umweltelemente in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Agenda 2000 im Hinblick auf die gemeinsame Landwirtschaftspolitik durch die Mitgliedstaaten<br />

aus. Ferner sollten die Anstrengungen zum Bo<strong>de</strong>nmonitoring in Europa verstärkt<br />

und formalisiert wer<strong>de</strong>n. Die Bo<strong>de</strong>nschutzpolitiken sollten besser koordiniert wer<strong>de</strong>n<br />

(Informationsaustausch). Ein organisatorisches Netzwerk könnte nützlich sein, um die verschie<strong>de</strong>nen<br />

Aktivitäten zu koordinieren. Dabei könne die DG XI als „focal point“ fungieren.<br />

Als Ergebnis <strong>de</strong>s Workshops wur<strong>de</strong> ein Memorandum einvernehmlich angenommen. Es<br />

enthält u.a. eine Reihe gemeinsamer Feststellungen, Prinzipien und Ziele zum Bo<strong>de</strong>nschutz,<br />

darunter die Philosophie <strong><strong>de</strong>r</strong> im öffentlichen Interesse zu schützen<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Bo<strong>de</strong>nfunktionen<br />

sowie gemeinsame Perspektiven <strong><strong>de</strong>r</strong> zukünftigen Bo<strong>de</strong>nschutzpolitiken in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Europäischen Union.<br />

Als wichtigste Vereinbarung wur<strong>de</strong> ein „Europäisches Bo<strong>de</strong>nforum“ hochrangiger Vertreter<br />

und Entscheidungsträger <strong><strong>de</strong>r</strong> beteiligten europäischen Staaten vereinbart, welches die begonnenen<br />

Arbeiten fortsetzen soll. Das Forum ist Ausdruck eines gemeinsamen Willens <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Europäischen Staaten, die Anstrengungen zum Schutz und zur Erhaltung von Bö<strong>de</strong>n zu<br />

verbessern. Dazu sollen u.a. gemeinsame Grundsätze für <strong>de</strong>n vorsorgen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz<br />

entwickelt wer<strong>de</strong>n.<br />

7.2 Europäisches Bo<strong>de</strong>nforum: Stand und Perspektiven<br />

7.2.1 1. Europäisches Bo<strong>de</strong>nforum in Berlin<br />

En<strong>de</strong> 1999 fand wie vereinbart das erste Treffen <strong>de</strong>s Europäischen Bo<strong>de</strong>nforums auf Einladung<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sumweltministeriums und <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Kommission (Generaldirektion<br />

Umwelt) in Berlin statt. Verantwortungsträger aus Politik und Wissenschaft aus <strong>de</strong>n EU-<br />

Mitgliedstaaten, <strong>de</strong>n Beitrittskandidaten, <strong>de</strong>n Organen <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Union und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schweiz sowie Bun<strong>de</strong>stagsabgeordnete diskutierten die Frage, wie Bo<strong>de</strong>nschutzaspekte in<br />

Zukunft im Alltag und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik angemessener berücksichtigt wer<strong>de</strong>n können.


40<br />

Die über 90 Teilnehmer aus insgesamt 22 Staaten waren sich darin einig, dass das Europäische<br />

Bo<strong>de</strong>nforum als be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Plattform <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenarbeit und <strong>de</strong>s Informations- und<br />

Erfahrungsaustausches kontinuierlich fortgesetzt wer<strong>de</strong>n soll.<br />

Das Forum beschäftigte sich zunächst mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, inwieweit Bo<strong>de</strong>nschutzaspekte in an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Politikbereiche einbezogen wor<strong>de</strong>n sind bzw. zukünftig einbezogen wer<strong>de</strong>n können. Dabei<br />

wur<strong>de</strong>n die Erwartungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Beitrittskandidatenlän<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgezeigt, Prinzipien für Bo<strong>de</strong>nschutzstrategien<br />

dargestellt und die Berücksichtigung von Bo<strong>de</strong>nschutzbelangen in <strong>de</strong>n Bereichen<br />

Landwirtschaft, Raumplanung, Industrie und <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgang mit kontaminierten Flächen<br />

erläutert.<br />

Aus <strong>de</strong>n Vorträgen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Diskussion wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich, dass in <strong>de</strong>n einzelnen Staaten bereits<br />

eine Vielzahl von Wegen und Möglichkeiten existieren, Bo<strong>de</strong>nschutzaspekte zu berücksichtigen.<br />

Allerdings han<strong>de</strong>lt es sich z.Zt. vorwiegend um Einzelmaßnahmen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Übertragbarkeit<br />

auf größere Regionen o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar <strong>de</strong>n Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Union in ihrer zukünftigen<br />

Aus<strong>de</strong>hnung erst noch geprüft wer<strong>de</strong>n muss. Es wur<strong>de</strong> hervorgehoben, dass die Berücksichtigung<br />

von Bo<strong>de</strong>nschutzaspekten eine große Querschnitts- und Zukunftsaufgabe<br />

darstellt. Es wur<strong>de</strong> jedoch auch klar, dass zunächst Einvernehmen über das jeweilige<br />

(Schutz-) Ziel herbeigeführt wer<strong>de</strong>n muss, bevor anschließend die geeigneten Schritte zu <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Verwirklichung unternommen wer<strong>de</strong>n können. Ziel muss es sein, negative Einflussnahmen<br />

zu minimieren und irreversible Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Definition von Zielen und Messparametern wer<strong>de</strong>n Indikatoren und Meßmetho<strong>de</strong>n<br />

benötigt, durch die Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen bewertbar wer<strong>de</strong>n. Erst wenn sowohl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Einzelne als auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Politikverantwortliche die Auswirkungen <strong>de</strong>s jeweiligen Han<strong>de</strong>lns<br />

verstehen können, kann auch das Verhalten entsprechen<strong>de</strong> ausgerichtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Teilnehmer <strong>de</strong>s Europäischen Bo<strong>de</strong>nforums waren sich darüber einig, dass es zunächst<br />

nachrangig ist, wo o<strong><strong>de</strong>r</strong> wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n geregelt wor<strong>de</strong>n ist. Entschei<strong>de</strong>nd ist lediglich,<br />

dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>n hinreichend und erfolgreich geschützt wird. Da Bo<strong>de</strong>n von allen<br />

menschlichen Aktivitäten beeinflusst wird, erscheint es sinnvoll dort anzusetzen, wo die Aktivitäten<br />

reglementiert wer<strong>de</strong>n. Diese Integration <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nschutzbelange in alle einschlägigen<br />

Politik- und Rechtsbereiche erscheint vordringlich und <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit am effektivsten.<br />

Als Fazit dieser Diskussion kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass<br />

- eigene Bo<strong>de</strong>nschutzrechtsvorschriften solange entbehrlich sind, wie die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Politikbereiche <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz ausreichend gewährleisten;<br />

- eine Bestandsaufnahme dringend geboten erscheint, die darüber Auskunft gibt,<br />

welche Aktivitäten bereits weltweit, auf Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Nationen, <strong>de</strong>s<br />

Europarates, <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Union und <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Staaten <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n-<br />

schutz direkt o<strong><strong>de</strong>r</strong> indirekt dienen;<br />

- bestehen<strong>de</strong> Defizite und Lücken aufgezeigt und Vorschläge und Lösungswege<br />

erarbeitet wer<strong>de</strong>n müssen. Dabei wur<strong>de</strong> ausdrücklich hervorgehoben, dass auf<br />

historische Entwicklungen, regionale Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten und das Subsidiaritätsprinzip<br />

Rücksicht genommen wer<strong>de</strong>n muss.<br />

7.2.2 2. Europäisches Bo<strong>de</strong>nforum<br />

Das 2. Europäische Bo<strong>de</strong>nforum fand auf Einladung Italiens im Oktober 2001 statt.<br />

Die Europäische Kommission hat <strong>de</strong>n Entwurf ihrer thematischen Strategie ausführlich erläutert.<br />

Sie stellt insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e dar, welche aus ihrer Sicht beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Be<strong>de</strong>utung die Gefähr-


41<br />

dungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n für politische Entscheidungen haben. Es han<strong>de</strong>lt sich dabei insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

um Erosion, Verunreinigung, Versiegelung, Verdichtung, Abnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> organischen Substanz,<br />

Verarmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Biodiversität, Versalzung und Gefährdungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Wasserversorgung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n. Es wur<strong>de</strong> klargestellt, dass die Gefährdungen nicht isoliert betrachtet wer<strong>de</strong>n<br />

können und häufig gleichzeitig mehrere miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> verknüpft sind. Klar ist auch, dass Degradationserscheinungen<br />

überwiegend auf menschlichen Aktivitäten beruhen und eine internationale<br />

Dimension besitzen. Die Kommission wird <strong>de</strong>m bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erarbeitung ihres Schutzkonzepts<br />

Rechnung tragen. Dabei wird sie gemäß <strong>de</strong>m Subsidiaritätsprinzip auch auf die<br />

Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> EU-Politik und die Aktivitäten in <strong>de</strong>n Mitgliedstaaten eingehen.<br />

Das Forum regte an, <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen Bo<strong>de</strong>nschutz und nachhaltiger Entwicklung<br />

noch besser herauszustellen. Außer<strong>de</strong>m soll <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenhang zwischen Bo<strong>de</strong>nschutz<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> flächenmäßigen Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> Landnutzung dargestellt wer<strong>de</strong>n. Das Forum hält<br />

darüber hinaus eine Klarstellung für angebracht, dass die Gefähr<strong>de</strong>nsursachen aufgrund von<br />

Unterschie<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n umweltbedingten, ökonomischen und sozialen Gegebenheiten in Europa<br />

nicht überall eine gleiche Relevanz besitzen.<br />

Das Forum diskutierte drei spezifische Themenbereiche; die wesentlichen Ergebnisse können<br />

wie folgt zusammengefasst wer<strong>de</strong>n:<br />

Erstens: Erosion und Wüstenbildung :<br />

- Erosion fin<strong>de</strong>t nicht nur im Sü<strong>de</strong>n Europas statt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger in fast<br />

allen europäischen Staaten. Dies bedarf vertiefter Untersuchungen.<br />

- Praktikable Metho<strong>de</strong>n zur Abschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> EU weiten Erosionsgefährdung wer<strong>de</strong>n<br />

in ca. zwei Jahren zur Verfügung stehen. Da die Prinzipien wissenschaftlich sehr gut<br />

untersucht und abgesichert sind, kann die politische Diskussion schon jetzt beginnen,<br />

die generellen Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen können bereits jetzt <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n.<br />

- Wüstenbildung im Mittelmeerraum stellt ein wachsen<strong>de</strong>s Problem dar, ist jedoch<br />

nicht durch <strong>de</strong>n Klimawan<strong>de</strong>l, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n in aller Regel durch (falsche) menschliche<br />

Aktivitäten verursacht.<br />

- Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>gradation ist immer durch menschliche Aktivität verursacht.<br />

- Es bedarf beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Feststellungen, in welchem Maße die unterschiedlichen Aktivitäten<br />

als Ursache zu <strong>de</strong>n Problemen beitragen. Zur Lösung <strong><strong>de</strong>r</strong> Problematik sind in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Regel mehrere verschie<strong>de</strong>ne Maßnahmen gleichzeitig erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich.<br />

Zweitens: Organische Substanz und Kohlenstofffestlegung:<br />

- Die organische Bo<strong>de</strong>nsubstanz ist ein komplexes System, das Degradationsprozesse<br />

mil<strong><strong>de</strong>r</strong>n bzw. verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n kann.<br />

- Die europaweite Vergleichbarkeit von Daten ist extrem wichtig, um Aussagen über<br />

<strong>de</strong>n Zustand <strong><strong>de</strong>r</strong> org. Bo<strong>de</strong>nsubstanz machen zu können. Derzeit bestehen hier noch<br />

erhebliche Schwierigkeiten. Außer<strong>de</strong>m muss ein geeignetes Bewertungssystem etabliert<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

- Landwirtschaftliche Produktionsweisen, Bioabfälle und Klärschlämme bieten Möglichkeiten,<br />

<strong>de</strong>n Gehalt an org. Bo<strong>de</strong>nsubstanz zu erhöhen; die möglichen Gefährdungen<br />

durch die Verwendung von Bioabfällen und Klärschlämmen darf jedoch nicht<br />

außer Acht gelassen wer<strong>de</strong>n.<br />

- Neue landwirtschaftliche Praktiken wie z.B. die konservieren<strong>de</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> die pfluglose<br />

Bo<strong>de</strong>nbearbeitung bieten Möglichkeiten, die org. Bo<strong>de</strong>nsubstanz zu erhöhen. Die<br />

Kohlenstoffbindung und ihre Be<strong>de</strong>utung für die europäische Landwirtschaft sollte<br />

jedoch vertieft untersucht wer<strong>de</strong>n.


Drittens: Schwermetalle<br />

42<br />

- Um Bo<strong>de</strong>nfunktionen wirkungsvoll zu schützen, wer<strong>de</strong>n Entscheidungshilfen benötigt,<br />

die nicht nur auf Bo<strong>de</strong>nparametern, wie z.B. Konzentrationen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch auf<br />

Indikatoren, wie z.B. ökotoxikologischen Kriterien, beruhen. Das Monitoring sollte<br />

auch auf Bo<strong>de</strong>nfunktionen ausge<strong>de</strong>hnt wer<strong>de</strong>n.<br />

- Die Verwendung ausgewählter Indikatoren kann dazu beitragen, Prioritäten bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Datensammlung zu setzen, Lücken und Doppelarbeit bei laufen<strong>de</strong>n Monitoring -<br />

Aktivitäten aufzuzeigen und zu vermei<strong>de</strong>n. Es sollten solche Daten ausgewählt wer<strong>de</strong>n,<br />

die zu einem „Frühwarnsystem“ ausgebaut wer<strong>de</strong>n können.<br />

- In <strong>de</strong>n Mitgliedstaaten sind unterschiedliche Datenmengen verfügbar, jedoch sind<br />

nicht alle frei und leicht zugänglich. Es muss daher in und mit <strong>de</strong>n Mitgliedstaaten<br />

geprüft wer<strong>de</strong>n, wie die Kommunikation mit <strong><strong>de</strong>r</strong> EU-Ebene verbessert wer<strong>de</strong>n kann.<br />

- Es wur<strong>de</strong> die Notwendigkeit betont, zukünftig Erfassungs- und Analysemetho<strong>de</strong>n zu<br />

harmonisieren, um ein aussagefähiges Monitoring und die Datenvergleichbarkeit zu<br />

gewährleisten.<br />

Das 3. Europäische Bo<strong>de</strong>nforum wird von Frankreich vorbereitet.<br />

7.3 Bo<strong>de</strong>nschutzpolitik <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Union<br />

7.3.1 Thematische Strategie aufgrund <strong>de</strong>s geplanten 6. Umweltaktionsprogramms<br />

Im Januar 2001 hat die EU-Kommission <strong>de</strong>n Entwurf eines 6. Umweltaktionsprogramms<br />

„Umwelt 2010: Unsere Zukunft liegt in unserer Hand“ veröffentlicht, in <strong>de</strong>m das Ziel vorgesehen<br />

ist, Bo<strong>de</strong>n vor Erosion und Verschmutzung zu schützen. Inzwischen stimmen Europäisches<br />

Parlament und Rat überein, dass das 6. Umweltaktionsprogramm die Entwicklung einer<br />

thematischen Strategie für <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz vorsehen soll. Gegenstand <strong><strong>de</strong>r</strong> Strategie soll<br />

die Vorbeugung u.a. gegen Verschmutzung, Erosion, Wüstenbildung, Verarmung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns,<br />

Flächenverbrauch und hydrogeologische Risiken unter Berücksichtigung regionaler<br />

Unterschie<strong>de</strong> sein.<br />

Die Europäische Kommission geht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nschutzpolitik bereits gegenwärtig entsprechend<br />

<strong>de</strong>m im Entwurf zum 6. UAP vorgesehenen Verfahren für thematische Strategien vor<br />

(wissensorientierter Ansatz mit breiter Beteiligung). Erster Schritt ist die von <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission<br />

am 16.04.2002 verabschie<strong>de</strong>te Mitteilung „Hin zu einer spezifischen Bo<strong>de</strong>nschutzstrategie“,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Ziel und damit auch das <strong><strong>de</strong>r</strong> künftigen Thematischen Strategie ist¸ in <strong>de</strong>n<br />

kommen<strong>de</strong>n Jahren EU-weit einen effektiven und systematischen Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n zu erreichen.<br />

Die Mitteilung befasst sich daher mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermeidung von u.a. Verschmutzung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns,<br />

Erosion, Verödung, flächenhafter Degradation, Flächeninanspruchnahme und hydrogeologischen<br />

Risiken; dabei wird die regionale Unterschiedlichkeit und Diversität einschließlich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten von Berg- und Trockengebieten mit in Betracht gezogen.<br />

Es ist das erste Mal, dass die Kommission sich mit Bo<strong>de</strong>nschutz als eigenständigem Thema<br />

befasst, daher sind sowohl die Herangehensweise als auch die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> zukünftigen


43<br />

Vorgehensweise sehr breit und ausführlich dargestellt. Die Mitteilung zielt insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

darauf ab,<br />

- die vielfältigen Funktionen <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns zu beschreiben,<br />

- Charakteristika, die für Politikentwicklung relevant sind, zu i<strong>de</strong>ntifizieren,<br />

- die Hauptgefährdung von Bö<strong>de</strong>n zu i<strong>de</strong>ntifizieren,<br />

- einen Überblick über die relevanten Gemeinschaftspolitiken zu geben,<br />

- die <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitige Situation bezüglich Bo<strong>de</strong>ninformation und –monitoring<br />

darzustellen und Lücken aufzuzeigen, die geschlossen wer<strong>de</strong>n müssen, um<br />

zukünftig als Basis für eine Bo<strong>de</strong>nschutzpolitik dienen zu können,<br />

- eine Grundlage für Politikentscheidungen zu erstellen und einige Vorschläge<br />

für gemeinschaftsweite Aktionen zum Schutz <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns aufzuzeigen.<br />

Die Kommission ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Ansicht, dass Bo<strong>de</strong>nschutz am besten durch eine Thematische Strategie<br />

erreicht wer<strong>de</strong>n kann, die auf<br />

1. <strong>de</strong>n laufen<strong>de</strong>n Initiativen in <strong>de</strong>n Umweltpolitiken<br />

2. <strong><strong>de</strong>r</strong> Integration in an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Politikbereiche<br />

3. <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>nmonitoring und<br />

4. <strong><strong>de</strong>r</strong> künftigen Entwicklung neuer Aktivitäten, die sich aus <strong>de</strong>n<br />

Monitoringergebnissen herleiten lassen,<br />

aufbaut.<br />

Der Entwurf <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommissionsmitteilung war seit November 2001 ins Internet eingestellt<br />

und zur allgemeinen öffentlichen Kommentierung freigegeben.<br />

Am 04.02.2002 hat die Kommission eine Anhörung (keine vertiefte Diskussion o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar<br />

Abstimmung) <strong><strong>de</strong>r</strong> beteiligten Kreise (Stakehol<strong><strong>de</strong>r</strong>s Consultation) durchgeführt.<br />

Anlässlich <strong>de</strong>s informellen Umweltministertreffens vom 24. – 26.05.2002 auf Mallorca<br />

wur<strong>de</strong> eine erste inhaltliche Orientierungs<strong>de</strong>batte geführt. Die spanische Präsi<strong>de</strong>ntschaft<br />

plant, im Umweltrat am 24./25.06.2002 Schlussfolgerungen zu verabschie<strong>de</strong>n.<br />

7.3.2 Weitere geplante Maßnahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> EU<br />

Die Kommission hat angekündigt, im Jahre 2003 eine Mitteilung zu „Umwelt und Planung“<br />

vorzulegen und eine Konferenz zum „Monitoring“ unter Beteiligung auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Beitrittskandidatenlän<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

durchzuführen.<br />

7.4 Bo<strong>de</strong>nschutzprotokoll <strong><strong>de</strong>r</strong> Alpenkonvention<br />

Im Rahmen und Auftrag <strong><strong>de</strong>r</strong> Alpenkonferenz wur<strong>de</strong> von einer Arbeitsgruppe unter <strong>de</strong>utschem<br />

Vorsitz in <strong>de</strong>n Jahren 1991 bis 1998 ein „Protokoll zur Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Alpenkonvention<br />

von 1991 im Bereich Bo<strong>de</strong>nschutz“ ausgearbeitet. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgruppe haben alle<br />

damaligen Vertragsstaaten <strong><strong>de</strong>r</strong> Alpenkonvention mitgearbeitet.<br />

Die Hauptanliegen <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzprotokolls sind:<br />

- Erhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> ökologischen Funktionen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Vielfalt <strong><strong>de</strong>r</strong> alpinen Bö<strong>de</strong>n;<br />

- För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenarbeit beim Bo<strong>de</strong>nschutz im Alpenraum auf allen Ebenen;


44<br />

- Begrenzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Umwidmung naturnaher Flächen;<br />

- Schutz vor Bo<strong>de</strong>nmassenbewegungen und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Folgen;<br />

- Vermeidung und Sanierung von Bo<strong>de</strong>nschä<strong>de</strong>n durch touristische Nutzung.<br />

Derzeit befin<strong>de</strong>t sich das Vertragsgesetz, mit <strong>de</strong>m die verfassungsmäßigen Voraussetzungen<br />

für die Ratifizierung aller gezeichneten Protokolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Alpenkonvention geschaffen wer<strong>de</strong>n<br />

sollen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> parlamentarischen Beratung. Die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> ist bestrebt, die Ratifizierung<br />

noch 2002 abzuschließen.<br />

7.5 Altlasten in Europa<br />

Mit <strong>de</strong>m nachsorgen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz, <strong>de</strong>n Altlasten, beschäftigt sich das 1994 auf einem<br />

Treffen in Bonn von <strong>de</strong>n EU-Staaten gegrün<strong>de</strong>te „Common Forum on Contaminated Land“.<br />

Aus diesem Forum entwickelten sich u.a. zwei EU-finanzierte Projekte CARACAS und<br />

CLARINET, die in Form von Netzwerken Fachleute aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwaltung, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wissenschaft,<br />

aus Beratungsfirmen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Industrie aus insgesamt 16 europäischen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n vereinigten<br />

und sich mit technologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten von Altlasten beschäftigten.<br />

Informationen: Common Forum on Contaminated Land: http://www.ovam.be<br />

CLARINET: http://www.clarinet.at<br />

Die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> stellt <strong>de</strong>utsche Regelungen und Erfahrungen aus <strong>de</strong>m Altlastenbereich<br />

international zu Verfügung, um die Bo<strong>de</strong>nschutzpolitik zu unterstützen und zu beschleunigen.<br />

Außer<strong>de</strong>m bietet die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> interessierten Staaten Material an, das Auskunft<br />

gibt über die Erfahrungen, die Deutschland mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Umwandlung vormals militärisch genutzter<br />

Flächen gesammelt hat.<br />

8. Internationale Zusammenarbeit<br />

8.1 Bo<strong>de</strong>nschutz in internationalen Konventionen<br />

8.1.1 Übereinkommen über die Biologische Vielfalt<br />

Das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt (CBD) geht von einem umfassen<strong>de</strong>n<br />

Verständnis <strong><strong>de</strong>r</strong> biologischen Vielfalt aus. Biologische Vielfalt umspannt die gesamte Bandbreite<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> leben<strong>de</strong>n Organismen jeglicher Herkunft und schließt sowohl die Vielfalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Ökosysteme<br />

als auch die <strong><strong>de</strong>r</strong> Arten sowie die genetische Vielfalt innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Arten ein. Erhalt<br />

und nachhaltige Nutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> biologischen Vielfalt sowie gerechter Ausgleich <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorteile,<br />

die sich aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> genetischen Ressourcen ergeben, sind erklärtes Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

CBD. Schutzmaßnahmen <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns sowie seine nachhaltige Nutzung fin<strong>de</strong>n sich über <strong>de</strong>n<br />

Ansatz <strong><strong>de</strong>r</strong> biologischen Vielfalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n direkt o<strong><strong>de</strong>r</strong> indirekt in verschie<strong>de</strong>nen Arbeitsprogrammen<br />

und Arbeitsbereichen <strong><strong>de</strong>r</strong> CBD wie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Im Rahmen <strong>de</strong>s Arbeitsprogramms für<br />

Agrobiodiversität wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Biodiversität <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>m beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Aspekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterstützung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> landwirtschaftlichen Produktionssysteme, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong><strong>de</strong>r</strong> Nährstoffkreisläufe<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen Fein<strong>de</strong> von Krankheiten und Schädlingen, große Aufmerksamkeit gewidmet.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> 6. Vertragsstaatenkonferenz <strong>de</strong>s Übereinkommens (07.-19.04.2002, Den<br />

Haag) haben die Vertragsparteien die Einrichtung einer Internationalen Initiative für <strong>de</strong>n<br />

Schutz und die nachhaltige Nutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nbiodiversität (International Initiative for the<br />

Conservation and Sustainalble Use of Soil Biodiversity) beschlossen. Die Initiative wird als<br />

eine die verschie<strong>de</strong>nen Arbeitsbereiche übergreifen<strong>de</strong> Initiative verstan<strong>de</strong>n und soll die Leis-


45<br />

tungen, die das Ökosystem Bo<strong>de</strong>n liefert sowie die damit im Zusammenhang stehen<strong>de</strong>n sozio-ökonomischen<br />

Faktoren erfassen. Die FAO und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e relevante Organisationen wur<strong>de</strong>n<br />

aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, die Initiative zu unterstützen und zu koordinieren.<br />

8.1.2 Rahmenübereinkommen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Nationen über Klimaän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Klimarahmenkonvention und <strong>de</strong>s Kyoto-Protokolls setzt sich die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong><br />

für eine möglichst effiziente und nachhaltige Bekämpfung <strong>de</strong>s globalen Klimawan<strong>de</strong>ls<br />

und seiner Folgen ein. Bei<strong>de</strong> Abkommen zielen in erster Linie auf eine Reduzierung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Treibhausgas-Emissionen, beinhalten daneben jedoch auch Anreize zur Einbindung von<br />

Kohlenstoff in terrestrische Ökosysteme.<br />

Bö<strong>de</strong>n können in beträchtlichem Maße Treibhausgase (THG) bzw. <strong><strong>de</strong>r</strong>en Konstituenten, vor<br />

allem Kohlenstoff und Methan, speichern und spielen <strong>de</strong>shalb in <strong>de</strong>n globalen THG - Kreisläufen<br />

eine wichtige Rolle. Um einem weiteren Anstieg <strong><strong>de</strong>r</strong> THG-Konzentrationen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Atmosphäre und damit <strong><strong>de</strong>r</strong> globalen Mitteltemperatur entgegen zu wirken, sind in <strong><strong>de</strong>r</strong> Klimarahmenkonvention<br />

und im Kyoto-Protokoll Möglichkeiten vorgesehen, die zusätzliche<br />

Einbindung von Kohlenstoff etwa in Wäl<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Agrarbö<strong>de</strong>n zu unterstützen. Darüber hinaus<br />

ist es Ziel, das in großen Mengen in Permafrostbö<strong>de</strong>n gebun<strong>de</strong>ne Methan zu erhalten –<br />

durch die Erwärmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Atmosphäre besteht ansonsten die Gefahr, dass das Treibhausgas<br />

in die Luft entweicht und damit die Erwärmung in selbstverstärken<strong><strong>de</strong>r</strong> Weise beschleunigt.<br />

8.1.3 Übereinkommen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Nationen zur Bekämpfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wüstenbildung<br />

In <strong>de</strong>m Übereinkommen zur Bekämpfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wüstenbildung (UNCCD) von 1994 wird anerkannt,<br />

dass ari<strong>de</strong>, semiari<strong>de</strong> und trockene subhumi<strong>de</strong> Gebiete zusammengenommen einen<br />

beträchtlichen Anteil <strong>de</strong>s Landgebiets <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> (ca. 40 %) ausmachen und einem be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />

Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Weltbevölkerung (ungefähr 2 Mrd. Menschen) als Lebensraum und als Quelle<br />

zur Sicherung ihres Lebensunterhalts dienen. Desertifikation bedroht das wirtschaftliche und<br />

physische Überleben eines großen Teils dieser in Trockengebieten leben<strong>de</strong>n Bevölkerung<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e in <strong>de</strong>n Entwicklungs- und Transformationslän<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Ziel <strong>de</strong>s Übereinkommens<br />

ist es daher, durch wirksame Maßnahmen, unterstützt durch internationale Zusammenarbeit<br />

und Übereinkünfte, <strong><strong>de</strong>r</strong> Degradation natürlicher Ressourcen einschließlich Bö<strong>de</strong>n vorzubeugen<br />

und sie einzudämmen, teilweise geschädigte Flächen zu sanieren und <strong>de</strong>gradierte Flächen<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> nutzbar zu machen. Die UNCCD ist jedoch nicht nur als eine Umweltkonvention,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n gleichzeitig als eine ausgesprochene „Entwicklungskonvention“ zu sehen, die<br />

Ziele wie Armutsbekämpfung, wirtschaftliche und soziale Entwicklung, Katastrophenvorsorge<br />

etc. beinhaltet und mehr noch als an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Konventionen die Verpflichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Industrielän<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zur Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> von Desertifikation betroffenen Entwicklungs- und Transformationslän<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> UNCCD einfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

Die UNCCD bezieht sich in ihrem Definitionsteil hauptsächlich auf Desertifikation als<br />

„Landverödung“ und benutzt zwar nicht explizit <strong>de</strong>n Begriff Bo<strong>de</strong>n (soil), son<strong><strong>de</strong>r</strong>n Land<br />

(land), subsumiert <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz jedoch unter Desertifikationsbekämpfung. Land ist in<br />

diesem Zusammenhang <strong>de</strong>finiert als „das biologisch produktive terrestrische System, das<br />

<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Pflanzenbestand, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Teile <strong><strong>de</strong>r</strong> belebten Umwelt sowie die ökologischen


46<br />

und hydrologischen Vorgänge umfasst, die innerhalb <strong>de</strong>s Systems ablaufen“ (UNCCD,<br />

1999, Artikel 1 (e)).<br />

Die Desertifikationskonvention ist stark auf eine Behandlung von Problemen fokussiert, die<br />

in ländlichen Gebieten von Entwicklungs- und Transformationslän<strong><strong>de</strong>r</strong>n charakteristisch und<br />

mit landwirtschaftlichen Nutzungen verbun<strong>de</strong>n sind. Dies ergibt sich aus <strong>de</strong>m historischen<br />

Kontext, in <strong>de</strong>m sie entstand und <strong>de</strong>m Schwerpunkt, <strong><strong>de</strong>r</strong> auf Afrika gelegt wird. Qua <strong>de</strong>finitionem<br />

ist sie jedoch breiter angelegt. Land<strong>de</strong>gradation wird im Konventionstext als Erosion<br />

durch Wind und Wasser, Verschlechterung <strong><strong>de</strong>r</strong> physischen, chemischen, biologischen und<br />

ökonomischen Eigenschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n und als langfristiger Verlust <strong><strong>de</strong>r</strong> Vegetations<strong>de</strong>cke<br />

<strong>de</strong>finiert (UNCCD 1999 Artikel 1 (f)). Dies umfasst die Ansprüche, die für <strong>de</strong>n unmittelbar<br />

physischen Bo<strong>de</strong>nschutz erhoben wer<strong>de</strong>n, vollständig.<br />

Gleichzeitig hat sich in Bezug auf die regionale Eingrenzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Desertifikationskonvention<br />

bereits eine Ausweitung vollzogen. Neben <strong>de</strong>n ursprünglich im Konventionstext formulierten<br />

regionalen Anhängen zu Afrika, Asien, Lateinamerika und <strong><strong>de</strong>r</strong> Karibik sowie <strong>de</strong>m nördlichen<br />

Mittelmeerraum ist auf <strong><strong>de</strong>r</strong> 4. Vertragsstaatenkonferenz <strong><strong>de</strong>r</strong> UNCCD im Dezember<br />

2000 ein weiterer Annex für mittel- und osteuropäische Län<strong><strong>de</strong>r</strong> vereinbart wor<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n<br />

regionalen Anhängen wird auf regionale Schwerpunkte und Spezifika <strong><strong>de</strong>r</strong> Desertifikationsbekämpfung<br />

eingegangen.<br />

Dank <strong><strong>de</strong>r</strong> UNCCD ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nschutz in Trockengebieten erstmals völkerrechtsverbindlich<br />

geregelt und durch konzeptionelle Innovationen auf ein neues Fundament gestellt. Dazu zählen<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ziele <strong><strong>de</strong>r</strong> Konvention durch Nationale Aktionsprogramme<br />

(Artikel 10, UNCCD) und die ausgiebigen Mitwirkungsrecht <strong><strong>de</strong>r</strong> Zivilgesellschaft<br />

(Artikel 9, 10, UNCCD) sowie die Verpflichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Industrielän<strong><strong>de</strong>r</strong>, die betroffenen Staaten<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Desertifikationsbekämpfung finanziell und technisch zu unterstützen (Artikel 6,<br />

UNCCD).<br />

Der Ausschuss für Wissenschaft und Technologie (CST), ein Nebenorgan <strong>de</strong>s Übereinkommens,<br />

erarbeitet umfassen<strong>de</strong> Informationen und Ratschläge zu wissenschaftlichen und<br />

technischen Fragen im Zusammenhang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> weltweiten Verschlechterung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n.<br />

8.2 Internationale Bo<strong>de</strong>nschutzorganisation<br />

Seit 1992 beteiligt sich das Bun<strong>de</strong>sumweltministerium an <strong>de</strong>n in zweijährigem Turnus<br />

stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Konferenzen <strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen Bo<strong>de</strong>nschutzorganisation (ISCO –<br />

International Soil Conservation Organisation), in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wissenschaftler, Praktiker und<br />

verwaltungsseitig mit Bo<strong>de</strong>nschutz befasste Experten zusammenarbeiten.<br />

1996 war das BMU Hauptveranstalter <strong><strong>de</strong>r</strong> 9. ISCO-Konferenz mit 900 Teilnehmern in Bonn<br />

unter <strong>de</strong>m Motto „Towards Sustainable Land Use – Furthering Cooperation Between People<br />

And Institutions“. Die Folgeveranstaltungen waren 1999 in West Lafayette in USA und<br />

2000 in Buenos Aires. Die 12. ISCO-Konferenz hat im Mai 2002 in Beijing stattgefun<strong>de</strong>n<br />

(www.swcc.org.cn).<br />

8.3 Internationale Organisation für Normung<br />

Umfangreiche Arbeiten zur Weiterentwicklung von Verfahren zur Beurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nqualität<br />

erfolgen im Rahmen <strong>de</strong>s ISO/TC 190 „Bo<strong>de</strong>nbeschaffenheit“ und <strong>de</strong>s CEN/TC


47<br />

292 „Charakterisierung von Abfällen“. Zukünftig sollen insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Entwicklungen zur<br />

horizontalen Normierung forciert wer<strong>de</strong>n.<br />

8.4 MOE und NUS<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Verabschiedung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes wur<strong>de</strong>n mit Mittel- und Osteuropäischen<br />

Staaten (MOE) und Neuen unabhängigen Staaten (NUS) etwa 20 Vorhaben und<br />

Symposien zur Harmonisierung und Standardisierung physikalisch-chemischer, chemischer<br />

und biologischer Untersuchungsverfahren sowie Entwicklung und Festlegung von Maßstäben<br />

zur Beurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>nqualität durchgeführt.<br />

8.5 NATO - Committee on the Challenges of Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>n Society<br />

Im Jahr 1969 etablierte <strong><strong>de</strong>r</strong> NATO-Rat das Committee on the Challenges of Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>n Society<br />

(CCMS). Das Komitee wur<strong>de</strong> beauftragt, Programme zur Lösung vorhan<strong>de</strong>ner und zukünftiger<br />

Umwelt- und sozialer Probleme zu entwickeln, die an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Nato-Programme begleiten.<br />

Seit 1981 beschäftigt sich das Komitee mit <strong>de</strong>m Problembereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlasten in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Studien:<br />

1981 – 1984: Contaminated Land<br />

(Leitung: Vereinigtes Königreich; Teilnehmer: Dänemark, Deutschland,<br />

Frankreich, Kanada, Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>, USA)<br />

Seit 1986: Evaluation of Demonstrated and Emerging Technologies for the Treatment of<br />

Contaminated Land and Groundwater<br />

(Leitung: USA, unterstützt von <strong>de</strong>n Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>n und Deutschland;<br />

Teilnehmer: NATO-Staaten, assoziierte Staaten und Nicht-Nato-Staaten)<br />

Bei <strong>de</strong>n jährlichen Treffen wer<strong>de</strong>n jeweils spezielle Themen präsentiert und diskutiert: z.B.<br />

- 1998: Durchströmte Reinigungswän<strong>de</strong><br />

- 1999: Natürliche Selbstreinigung<br />

- 2000: Systeme zur Entscheidungsfindung<br />

- 2001: Überprüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkung von Sanierungen im Untergrund<br />

Weitere Informationen sind unter: http://www.nato.int/ccms/pilot.htm verfügbar.<br />

8.6 Sonstige internationale Aktivitäten


48<br />

Ein internationales Fachgespräch unter <strong>de</strong>m Titel „Ansätze für biologische Bewertungsstrategien<br />

und -konzepte im Bo<strong>de</strong>nschutz“ hat das BMU am 13. und 14.04.2000 durchgeführt.<br />

Ziel ist es, eine Konzeption zur Ableitung von Werten zum Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>norganismen<br />

entsprechend <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat-Entschließung zur BBodSchV auszuarbeiten.<br />

Die Arbeiten zur Normung und Harmonisierung von Untersuchungsverfahren sowie zur Ableitung<br />

von Werten zum Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensraumfunktion von Bö<strong>de</strong>n stellen fachliche<br />

Grundlagen für eine Novellierung <strong><strong>de</strong>r</strong> BBodSchV dar.<br />

9. Bo<strong>de</strong>nbewusstsein<br />

Das am 01.03.1999 in Kraft getretene Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz, die nachfolgen<strong>de</strong> Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz-<br />

und Altlastenverordnung und weitergehen<strong>de</strong> Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Regelungsbereichen,<br />

z.B. <strong><strong>de</strong>r</strong> Raumplanung, sind ein Ordnungsrahmen, um Bö<strong>de</strong>n zu schützen.<br />

Sie allein reichen jedoch nicht aus. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> kann und soll sich angesprochen fühlen, Bö<strong>de</strong>n zu<br />

schützen und zu erhalten. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Bö<strong>de</strong>n im wahrsten Sinne<br />

<strong>de</strong>s Wortes in das Blickfeld geraten.<br />

Wer <strong>de</strong>n Reichtum und die Vielfalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Rolle im Lebensalltag erkennt,<br />

kann eigenes Han<strong>de</strong>ln und Verantwortung im Umgang mit Bö<strong>de</strong>n wahrnehmen. Wir leben,<br />

wohnen und arbeiten von, mit und auf Bö<strong>de</strong>n.<br />

Lei<strong><strong>de</strong>r</strong> behan<strong>de</strong>ln wir Bo<strong>de</strong>n viel zu oft als „Dreck“, selbstverständlich wer<strong>de</strong>n sollte hingegen<br />

ein sorgsamer und schonen<strong><strong>de</strong>r</strong> Umgang mit Bo<strong>de</strong>n. Bö<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger<br />

flächen<strong>de</strong>ckend belastet mit Schadstoffen aus Industrie, Landwirtschaft, Hausgärten, Heizungsanlagen<br />

und Verkehr, aber auch mit Stoffen wie Arzneimitteln. Wir lassen zu, dass<br />

durch unsachgemäße Bewirtschaftung Bo<strong>de</strong>n durch Erosion verloren geht. Als gera<strong>de</strong> noch<br />

akzeptabel gilt ein jährlicher Verlust von 10 Tonnen Bo<strong>de</strong>n pro Hektar, das sind ca. 0,8 cm<br />

Oberbo<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong>n Tag nutzen wir in Deutschland 129 Hektar Bo<strong>de</strong>n als Siedlungs-, Verkehrs-<br />

und Gewerbeflächen. Die Versiegelung hat erhebliche Folgen auf <strong>de</strong>n Wasserhaushalt.<br />

Auch die Funktionen, die <strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>n für das Klima wahrnimmt, sind bei einer versiegelten<br />

Oberfläche nicht mehr gewährleistet.<br />

Bo<strong>de</strong>n ist aber nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Dreck unter unseren Füßen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein übersehener Schatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Natur<br />

und ein viel zu wenig bekanntes biologisches System.<br />

Zahlreiche Aktivitäten von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen – von <strong>de</strong>nen hier<br />

nur einige exemplarisch genannt wer<strong>de</strong>n können – dienen <strong>de</strong>m Zweck, die Erkenntnis <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Werte und Leistungen von Bö<strong>de</strong>n zum Allgemeinwissen zu erheben, kurz: „Bo<strong>de</strong>nbewusstsein<br />

zu schaffen“.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Herausgabe <strong>de</strong>s Son<strong><strong>de</strong>r</strong>briefmarke „Der Bo<strong>de</strong>n lebt“ im Mai 2000 konnte die breite<br />

Öffentlichkeit im Alltag „ganz nebenbei“ durch eine gelungene grafische Umsetzung auf<br />

<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n aufmerksam gemacht wer<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>m Erlös <strong>de</strong>s Zuschlags <strong><strong>de</strong>r</strong> Son<strong><strong>de</strong>r</strong>briefmarke<br />

wer<strong>de</strong>n national und weltweit konkrete Projekte zum Bo<strong>de</strong>nschutz geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t.


49<br />

Bewusstseinsbildung beginnt im Kin<strong>de</strong>salter. Bo<strong>de</strong>n eignet sich nicht nur zum Spielen. Bo<strong>de</strong>n<br />

soll von Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht nur als Schmutz wahrgenommen wer<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n bereits im<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>garten kann ein positives Bild von Bö<strong>de</strong>n vermittelt wer<strong>de</strong>n. Anregungen und Informationsmaterial<br />

sind u.a. über das Medium Internet verfügbar (z.B.www.bo<strong>de</strong>nwelten.<strong>de</strong>).<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule steht das Thema Bo<strong>de</strong>n lediglich in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg und Nordrhein-<br />

Westfalen auf <strong>de</strong>n Lehrplänen. Bö<strong>de</strong>n sollten gleichwertig zu <strong>de</strong>n Umweltmedien Wasser<br />

und Luft in die Lehrpläne aufgenommen wer<strong>de</strong>n. Bö<strong>de</strong>n sind allgegenwärtig, sie sind voller<br />

Leben, sind ein Teil <strong>de</strong>s Natur- und Kulturerbes, sind Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Stoffkreisläufe und können in<br />

allen Schultypen und Klassenstufen Gegenstand verschie<strong>de</strong>ner Fächer sein.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> aka<strong>de</strong>mischen Lehre wird Bo<strong>de</strong>nkun<strong>de</strong> herkömmlicher Weise in <strong>de</strong>n agrar-, forst- und<br />

geowissenschaftlichen Studiengängen angeboten. Naturwissenschaftliche, aber auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Disziplinen bieten die Wissenschaft vom Bo<strong>de</strong>n nicht o<strong><strong>de</strong>r</strong> bestenfalls als Wahlfach an. Ein<br />

Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Absolventen, die später in Behör<strong>de</strong>n und Ingenieurbüros tätig wer<strong>de</strong>n, sind nicht<br />

hinreichend mit <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n vertraut.<br />

Im Mai 2001 hat das Umweltbun<strong>de</strong>samt eine Broschüre „Reiseführer – Zu <strong>de</strong>n Bö<strong>de</strong>n<br />

Deutschlands. Bö<strong>de</strong>n sehen – Bö<strong>de</strong>n begreifen“ herausgegeben, um <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n<br />

Blickpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit zu rücken. Es wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>tailliert 49 Objekte (Bo<strong>de</strong>nlehrpfa<strong>de</strong>,<br />

Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler und Museen mit bo<strong>de</strong>nkundlichem Schwerpunkt) in zwölf Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

vorgestellt. Die Nachfrage war enorm, zwei Auflagen waren binnen kürzester Zeit vergriffen.<br />

Auch in <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n wird aktiv um das öffentliche Interesse am Bo<strong>de</strong>n geworben,<br />

z.B. durch Ausstellungen, Lehrpfa<strong>de</strong> und Internetpräsenz<br />

(www.uvm.ba<strong>de</strong>n-wuerttemberg.<strong>de</strong>/bofaweb, www.bo<strong>de</strong>nbewusstsein.<strong>de</strong>).<br />

Zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nbewusstseins bereitet <strong><strong>de</strong>r</strong> Wissenschaftliche Beirat Bo<strong>de</strong>nschutz<br />

beim BMU <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit eine Veröffentlichung vor. Sie wird sich an Personen (Multiplikatoren)<br />

richten, die direkt o<strong><strong>de</strong>r</strong> indirekt mit Bö<strong>de</strong>n umgehen. Ziel dieser Publikation ist es, I<strong>de</strong>en,<br />

Kontakte und Literaturhinweise zu bo<strong>de</strong>nschützen<strong>de</strong>n Aktivitäten zu bün<strong>de</strong>ln und <strong>de</strong>n Informationstransfer<br />

zu verbessern. Hier wer<strong>de</strong>n u.a. Anregungen und Informationen zum<br />

Thema Bo<strong>de</strong>n in Unterricht und Weiterbildung zusammengestellt.<br />

Die lokale Agenda 21 bietet eine Plattform für die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzgedankens.<br />

Auf einer kommunalen Ebene mit europäischer Dimension entstand im Frühjahr 2000 das<br />

Bo<strong>de</strong>n-Bündnis als europäisches Netzwerk für Städte und Gemein<strong>de</strong>n. Es hat zum Ziel, allen<br />

Verantwortlichen und an Bo<strong>de</strong>nfragen Interessierten ein Forum zu bieten, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> kommunalen<br />

Handlungs- und Entscheidungsebene <strong>de</strong>n nachhaltigen Umgang mit Bö<strong>de</strong>n voran<br />

zu bringen. Die erste internationale Jahrestagung fand am 12. und 13. 11.2001 in Osnabrück<br />

statt. Als Folge wur<strong>de</strong> am 31.01.2002 in Osnabrück die „European Land and Soil Alliance“<br />

(<strong>de</strong>utsche Bezeichnung „Bo<strong>de</strong>n-Bündnis europäischer Städte, Kreise und Gemein<strong>de</strong>n“) als<br />

Verein gegrün<strong>de</strong>t.


50<br />

Eine breite Akzeptanz <strong>de</strong>s schonen<strong>de</strong>n und nachhaltigen Umgangs mit <strong><strong>de</strong>r</strong> endlichen Ressource<br />

Bo<strong>de</strong>n bei <strong><strong>de</strong>r</strong> breiten Bevölkerung (als Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> sind vorrangig Planer, Kommunen,<br />

private und institutionelle Grun<strong>de</strong>igentümer zu nennen) ist Voraussetzung für die<br />

wirkliche Umsetzung vorsorgen<strong>de</strong>n und auch nachsorgen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutzes. Dies zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n,<br />

bedarf es einer Offensive <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeitsarbeit (Werbespots, Broschüren, Museen,<br />

Geotope und Bo<strong>de</strong>nerlebnispfa<strong>de</strong>, Unterrichtsmaterialien, Internet etc.).<br />

10. Ausblick<br />

10.1 Fortentwicklung <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts<br />

Drei Jahre nach Inkrafttreten <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes und zwei Jahre nach Inkrafttreten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung ist es für eine umfassen<strong>de</strong> und<br />

wenigstens in Teilbereichen abschließen<strong>de</strong> Bewertung noch zu früh. Dennoch ist eine erste<br />

Zwischenbilanz möglich. Festzuhalten ist zunächst, dass das Bo<strong>de</strong>nschutzrecht erstmals in<br />

Deutschland <strong>de</strong>n Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n einheitlich und im ordnungsrechtlichen Sinne umfassend<br />

regelt. Im Vollzug <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts zeigt sich bereits jetzt, dass es in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Bereichen weiterhin einer konkretisieren<strong>de</strong>n Ausformung bestimmter Vorschriften bedarf.<br />

Das Bun<strong>de</strong>srecht berücksichtigt zwar die bisherigen Regelungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> und die einschlägige<br />

Rechtsprechung, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlasten, enthält jedoch zusätzliche<br />

neue Regelungsbereiche etwa zu <strong>de</strong>n natürlichen Bo<strong>de</strong>nfunktionen o<strong><strong>de</strong>r</strong> zur Vorsorge. Sein<br />

Instrumentarium umfasst neue Ansätze, etwa im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Sickerwasserprognose o<strong><strong>de</strong>r</strong> bei<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Aufbringung von Materialien. Die bisherige Vollzugspraxis hat gezeigt, dass ein erheblicher<br />

Bedarf nach Konkretisierungen für <strong>de</strong>n Vollzug in Form von Arbeitshilfen, Merkblättern<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mustererlassen besteht.<br />

10.2 Integration in an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Politikbereiche<br />

Das Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetz kann und soll <strong>de</strong>n Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Ressource Bo<strong>de</strong>n nicht allein<br />

gewährleisten. Es gibt eine Vielzahl weiterer Rechtsbereiche, die direkt o<strong><strong>de</strong>r</strong> indirekt ebenfalls<br />

zur Verwirklichung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zielsetzung beitragen. Es bleibt daher vordringliche Aufgabe,<br />

Bo<strong>de</strong>nbelange in diesen einschlägigen Vorschriften noch adäquater zu verankern.<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> ökologischen Aspekte, z.B. im Rahmen <strong>de</strong>s Naturschutz-,<br />

Dünge-, Pflanzenschutz-, Immissionsschutz- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kreislaufwirtschaftsrechts, gilt dies insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

auch für einschlägige ökonomische Instrumente, wie z.B. Ausgleichsleistungen im<br />

Rahmen vertraglicher Regelungen, und das Steuerrecht. Bo<strong>de</strong>nschutzaspekte können und<br />

sollen zukünftig aber auch im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehrs-, Raumordnungs- und Bauplanung noch<br />

angemessener durchgesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

10.3 Weiterentwicklung durch Bo<strong>de</strong>nforschung<br />

Bö<strong>de</strong>n sind komplexe natürliche Systeme mit biologischen, geochemischen und physikalischen<br />

Komponenten, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Reaktionen auf anthropogene Einwirkungen nur partiell bekannt<br />

sind. Maßnahmen und Regelungen zum Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n müssen <strong><strong>de</strong>r</strong>en Vielschichtigkeit<br />

und Vielfalt beachten. Erkenntnisgewinn durch Forschung bleibt <strong>de</strong>shalb ein unverzichtbarer<br />

Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Überprüfung und Weiterentwicklung eines adäquaten Umgangs mit <strong>de</strong>m<br />

Bo<strong>de</strong>n, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e im Hinblick auf nachhaltige Nutzungen, die Wirkung von Stoffen und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Um- und Abbauverhalten, <strong>de</strong>n Erhalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensraumfunktion, die Minimierung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Effekte durch physikalische Einwirkungen, die Ermittlung von Messgrößen und Indikatoren


51<br />

sowie von Metho<strong>de</strong>n zu <strong><strong>de</strong>r</strong>en Erfassung und Bewertung, etc.. Für die Forschung wer<strong>de</strong>n intensiv<br />

die Möglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlagenforschung (BMBF) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Ressortforschung<br />

(BMU, BMVEL) genutzt.<br />

10.4 Altlasten und Flächenmanagement<br />

Die Sanierungsuntersuchung und Sanierungsplanung bei Altlasten ist unbestritten ein beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

Schwerpunkt <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes. Mit <strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-<br />

Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung festgelegten Prüf- und Maßnahmenwerten wur<strong>de</strong> ein<br />

Gerüst geschaffen, mit <strong>de</strong>ssen Hilfe das Vorliegen und die Notwendigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierung von<br />

Altlasten beurteilt wer<strong>de</strong>n kann. Die Erkundung und Behandlung von Altlasten ist noch<br />

nicht abgeschlossen; dieser Aufgabe ist nach Auffassung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> weiterhin hohe<br />

Priorität beizumessen. Allerdings wird sich die Altlastensanierung zukünftig mehr zum<br />

Flächenmanagement, das neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Gefahrenabwehr vorwiegend auch die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>nutzung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Fläche bezweckt, hin entwickeln.<br />

Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastensanierung im Rahmen <strong>de</strong>s Verwaltungsabkommens<br />

mit <strong>de</strong>n neuen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Bund die laufen<strong>de</strong>n Verhandlungen mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Absicht<br />

zügig weiterführen, auch in <strong>de</strong>n noch ausstehen<strong>de</strong>n Fällen zu einer abschließen<strong>de</strong>n Regelung<br />

zu gelangen.<br />

10.5 Bo<strong>de</strong>nschutz im EU-Rahmen verbessern<br />

Der Diskussionsprozess im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Bo<strong>de</strong>nforen hat sich als äußerst hilfreich<br />

erwiesen; er soll daher nicht nur fortgesetzt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch aktiv mitgestaltet wer<strong>de</strong>n.<br />

Gleiches gilt für die Zusammenarbeit im Bereich <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzes mit <strong>de</strong>n Beitrittskandidatenlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Die EU-Kommission bereitet <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit im Rahmen einer Thematischen Strategie einen umfassen<strong>de</strong>n<br />

Überblick darüber vor, welche Einflüsse und Wechselwirkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen<br />

EU-Politiken Bezug zum Bo<strong>de</strong>nschutz aufweisen. Sobald die von <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission verabschie<strong>de</strong>te<br />

förmliche Mitteilung an Rat und Europäisches Parlament vorliegt, wird die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong><br />

zusammen mit <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine Verhandlungsposition erarbeiten, die bei <strong>de</strong>n<br />

kommen<strong>de</strong>n Diskussionen auf EU-Ebene als konstruktiver Beitrag, aber auch als Grundlage<br />

für die Entwicklung einer fortschrittlichen Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Belange zum Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bö<strong>de</strong>n eingebracht wer<strong>de</strong>n kann.<br />

10.6 Bo<strong>de</strong>nschutz internationalisieren<br />

Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen Zusammenarbeit wird sich die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong> auch weiterhin<br />

für eine Stärkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Belange <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzes einsetzen. Dies gilt sowohl im<br />

Rahmen von Projekten <strong><strong>de</strong>r</strong> bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit als auch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n MOE-Staaten, <strong><strong>de</strong>r</strong> Weiterentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wüstenkonvention, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeiten zur Vorbereitung und <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgeaktivitäten <strong>de</strong>s Weltgipfels in Johannesburg.<br />

10.7 Entwicklung eines Bo<strong>de</strong>nbewusstseins<br />

„Je<strong><strong>de</strong>r</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n einwirkt, hat sich so zu verhalten, dass schädliche Bo<strong>de</strong>nverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

nicht hervorgerufen wer<strong>de</strong>n.“ Diese allgemeine in § 4 Abs. 1 <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzgesetzes<br />

enthaltene Regel ist heute in Politik und Verwaltung bereits weitgehend akzeptiert; bis<br />

zu ihrer stringenten Beachtung in allen Lebensbereichen, die für Bö<strong>de</strong>n von Be<strong>de</strong>utung sind,


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ist es jedoch noch ein weiter Weg. Es gilt, das Bewusstsein um die Be<strong>de</strong>utung und die Funktion<br />

<strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns sowie die Notwendigkeit bestimmter Rücksichtnahmen (Bo<strong>de</strong>nbewusstsein)<br />

zu entwickeln und zu schärfen, wenn bo<strong>de</strong>nschonen<strong>de</strong>s Verhalten zum alltäglichen Regelfall<br />

wer<strong>de</strong>n soll. In Deutschland gibt es ein Bo<strong>de</strong>nmuseum und etliche Bo<strong>de</strong>nlehrpfa<strong>de</strong>, außer<strong>de</strong>m<br />

eine erfreuliche Vielzahl von auch schulgeeigneten Unterlagen, die ver<strong>de</strong>utlichen, dass<br />

„<strong><strong>de</strong>r</strong> Bo<strong>de</strong>n lebt“. Dies war auch das Motto einer Son<strong><strong>de</strong>r</strong>-Briefmarke, um damit auf <strong>de</strong>n hohen<br />

Wert und die Schutzbedürftigkeit <strong>de</strong>s Umweltmediums Bo<strong>de</strong>n hinzuweisen. Die <strong>Bun<strong>de</strong>sregierung</strong><br />

wird im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit auch weiterhin darauf hinwirken,<br />

unsere Bürger von <strong><strong>de</strong>r</strong> Notwendigkeit zu überzeugen, dass unsere natürlichen Lebensgrundlagen<br />

in hohem Maße von <strong><strong>de</strong>r</strong> nachhaltigen Erhaltung <strong>de</strong>s Mediums Bo<strong>de</strong>n abhängig sind.<br />

10.8 Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastensanierung zur Bo<strong>de</strong>nschutzvorsorge<br />

Zukünftig wird neben <strong><strong>de</strong>r</strong> nachsorgen<strong>de</strong>n Aufarbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlasten <strong>de</strong>m Kreislaufgedanken<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Flächennutzung und <strong>de</strong>m vorsorgen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz eine stärkere Be<strong>de</strong>utung zukommen.<br />

Min<strong>de</strong>stens gleichbe<strong>de</strong>utend wie die Lösung <strong><strong>de</strong>r</strong> Altlastenfragen sind als weiterer<br />

Schwerpunkt <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts die Regelungen zum vorsorgen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz einzustufen,<br />

mit <strong>de</strong>nen das Entstehen von Altlasten nachhaltig verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n soll. In einer<br />

„Handlungskonzeption zum vorsorgen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nschutz“ hat <strong><strong>de</strong>r</strong> BMU künftige Aufgaben in<br />

diesem Bereich zusammenfassend dargestellt („Umwelt“ Nr. 9/2001). Im übrigen führt die<br />

„Ausstrahlungswirkung“ <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzrechts auf an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Rechtsbereiche, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

durch die Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorsorgewerte bei <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Maßnahmen und<br />

Vorschriften, zu einem verbesserten Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Bö<strong>de</strong>n durch die übrigen relevanten Rechtsbereiche.<br />

10.9 Begrenzung <strong>de</strong>s Schadstoffeintrags auf landwirtschaftlichen Nutzflächen<br />

Wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Be<strong>de</strong>utung landwirtschaftlicher Flächen für die Produktion schadstoffarmer<br />

Nahrungsmittel muss aus Vorsorgegrün<strong>de</strong>n sichergestellt wer<strong>de</strong>n, dass es durch<br />

Düngungsmaßnahmen auch langfristig zu keiner Anreicherung von Schadstoffen in Bö<strong>de</strong>n<br />

kommt. Dazu müssen die Schadstoffeinträge unabhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong> Art <strong>de</strong>s eingesetzten Düngemittels<br />

und grundsätzlich nach <strong>de</strong>n gleichen Maßstäben beurteilt wer<strong>de</strong>n. Durch eine Orientierung<br />

an <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n Vorsorgewerten <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-Bo<strong>de</strong>nschutz- und Altlastenverordnung<br />

soll eine langfristige Anreicherung von Schadstoffen in <strong>de</strong>n Bö<strong>de</strong>n verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />

Zur Umsetzung dieser Grundsätze wer<strong>de</strong>n realistische Übergangsregelungen benötigt,<br />

um <strong>de</strong>n Schadstoffgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong>jenigen Düngemittel zu reduzieren, die auch künftig in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Landwirtschaft eingesetzt wer<strong>de</strong>n sollen.

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