Wie wollen wir in Zukunft leben? - Umweltschulen.de
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<strong>Wie</strong> <strong>wollen</strong> <strong>wir</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> <strong>leben</strong>?<br />
H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen zum gesellschafts<br />
gesellschafts-<br />
politischen politischen Konzept „Nachhaltige Entwick Entwick-<br />
lung“ sowie zum pädagogischen Konzept<br />
„Bildung für nachhaltige Entwicklung“<br />
2020<br />
2030<br />
2050
2<br />
Vorwort<br />
Anlass für das Angebot von Aktionen und Unter-<br />
richtsveranstaltungen für Düsseldorfer Schulen von<br />
Juni bis November 2012 ist das 20-jährige Jubiläum<br />
<strong>de</strong>s UN-Weltgipfels für Umwelt und Entwicklung<br />
<strong>in</strong> Rio <strong>de</strong> Janeiro 1992, durch <strong>de</strong>n das gesellschafts-<br />
politische Konzept <strong>de</strong>r nachhaltigen Entwicklung<br />
weltweit bekannt gemacht und durch <strong>de</strong>n e<strong>in</strong> tief<br />
greifen<strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rungsprozess <strong>in</strong> Politik, Gesell-<br />
schaft, Wirtschaft und Kultur ausgelöst wur<strong>de</strong>. Im<br />
Juni 2012 f<strong>in</strong><strong>de</strong>t <strong>in</strong> Mexiko e<strong>in</strong> erneuter Weltgipfel<br />
mit <strong>de</strong>m Ziel statt, die vergangenen 20 Jahre zu<br />
bilanzieren und die Frage zu klären, was weiter zu<br />
tun ist, um <strong>wir</strong>tschaftliche Entwicklung, sozialen<br />
Ausgleich und Umweltverträglichkeit <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang<br />
zu br<strong>in</strong>gen. Die Agenda 21, das Abschlussdokument<br />
von Rio im Jahr 1992, betont die wichtige Rolle, die<br />
<strong>de</strong>n gesellschaftlichen Akteuren, <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re auch<br />
<strong>de</strong>n K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen, zukommt. Sie sollen<br />
ihre Sichtweisen und Wünsche für die <strong>Zukunft</strong> <strong>in</strong><br />
diesen weltweiten Suchprozess nach e<strong>in</strong>em Weg zu<br />
e<strong>in</strong>er nachhaltigen Lebensweise e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen. Welcher<br />
Ort wäre besser geeignet als Schule, um geme<strong>in</strong>sam<br />
über die Frage nachzu<strong>de</strong>nken, wie <strong>wir</strong> <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong><br />
<strong>leben</strong> <strong>wollen</strong>?<br />
Die folgen<strong>de</strong> Ausarbeitung liefert Ihnen H<strong>in</strong>ter-<br />
grund<strong>in</strong>formationen zum Nachhaltigkeitskonzept<br />
und se<strong>in</strong>er gesellschaftspolitischen „Karriere“. E<strong>in</strong>ige<br />
Gedanken zur Bilanz <strong>de</strong>r <strong>in</strong>zwischen 20-jährigen<br />
Entwicklung seit <strong>de</strong>m Gipfel für Umwelt und Ent-<br />
wicklung <strong>in</strong> Rio <strong>de</strong> Janeiro 1992 schließen sich an.<br />
Im zweiten Teil <strong>de</strong>r Ausarbeitung (ab Kapitel 6) geht<br />
es um das Konzept e<strong>in</strong>er Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung (BnE), das viele Schulen, <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re<br />
auch <strong>in</strong> Düsseldorf, <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> ihr Bildungsange-<br />
bot <strong>in</strong>tegriert haben. E<strong>in</strong>ige Beispiele, wie Düssel-<br />
dorfer Schulen Unterricht, Projekte bzw. Schulall-<br />
tag realisiert haben, die diesem Bildungskonzept<br />
entsprechen, wer<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Kapitel 8 erläutert.
02 Vorwort<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
03 Inhaltsverzeichnis<br />
04 1. Ursprung und Stationen <strong>de</strong>s Nachhaltigkeitsdiskurses<br />
04 1.1 Der Weg zum Nachhaltigkeitsleitbild<br />
05 1.2 Geburtsstun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen<br />
Nachhaltigkeitsleitbilds<br />
06 1.3 Stationen <strong>de</strong>s Nachhaltigkeitsdiskurses<br />
08 2. Nachhaltigkeit als politisches Konzept<br />
08 2.1 Grundverständnis<br />
09 2.2 Denkmo<strong>de</strong>lle<br />
10 2.3 Maßstäbe<br />
11 2.4 Strategien e<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung<br />
13 2.5 Akteure und Möglichkeiten <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
14 3. Versuch e<strong>in</strong>er Zwischenbilanz <strong>de</strong>r 20-jährigen<br />
Entwicklung<br />
19 4. Die Rolle <strong>de</strong>r Bildung für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung<br />
19 4.1 Bildungsauftrag <strong>de</strong>r Agenda 21<br />
20 4.2 Gestaltungskompetenz als zentrales Lernziel<br />
22 4.3 Themen<br />
22 4.4 Lernarrangements und -metho<strong>de</strong>n<br />
24 5. Bauste<strong>in</strong>e <strong>de</strong>r Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
24 5.1 BLK-Mo<strong>de</strong>llprogramme<br />
24 5.2 Düsseldorfer Netzwerk Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung<br />
25 5.3 UN-Deka<strong>de</strong> Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
25 5.4 Schule <strong>de</strong>r <strong>Zukunft</strong><br />
26 6. Beispiele von BNE <strong>in</strong> Düsseldorf<br />
26 6.1 Der Umgang mit Papier als Beispiel für Suffizienz<br />
27 6.2 50:50 als Beispiel für Effizienz<br />
27 6.3 Die Handy-Diskussion als Beispiel <strong>de</strong>r Schüler-<br />
partizipation<br />
28 6.4 Der Wassermonat als cleveres Organisationsmo<strong>de</strong>ll<br />
28 6.5 FairTra<strong>de</strong>-Projekte als Beispiele für Gerechtigkeit<br />
29 6.6 Solidarische Aktionen als Beispiele für Werte-<br />
erziehung<br />
30 6.7 Das Nachhaltigkeitsaudit <strong>in</strong> Schulen als<br />
Lernarrangement <strong>de</strong>r BNE<br />
31 6.8 Globalisierungskritischer Stadtrundgang als Bei-<br />
spiel für die Nutzung <strong>de</strong>r Kommune als Lernort<br />
32 Didaktische Merkposten für Ihre Arbeit<br />
3
4<br />
Zeitstrahl<br />
1. Ursprung und Stationen<br />
<strong>de</strong>s Nachhaltigkeitsdiskurses<br />
Nachhaltig ist e<strong>in</strong>e Entwicklung, „die <strong>de</strong>n Bedürf<br />
nissen <strong>de</strong>r heutigen Generation entspricht, ohne die<br />
Möglichkeiten künft iger Generationen zu gefähr<strong>de</strong>n,<br />
ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren<br />
Lebensstil zu wählen.“ So formulierte es die Welt<br />
kommission für Umwelt und Entwicklung 1987 im<br />
sogenannten Brundtland-Bericht 1) -<br />
-<br />
.<br />
Diese Defi nition ist damit <strong>de</strong>utlich älter als die<br />
Schüler/-<strong>in</strong>nen, die heute <strong>in</strong> Düsseldorf zur Schule<br />
gehen. Was hat sie im Jahr 2012 mit <strong>de</strong>r Aufgabe<br />
zu tun, diese junge Generation auf ihr zukünft i-<br />
ges Leben vorzubereiten? Inwieweit hat sie dazu<br />
Hans Carl von Carlowitz begrün<strong>de</strong>t<br />
mit se<strong>in</strong>em Werk „Sylvicultura oe-<br />
conomica“ e<strong>in</strong>e nachhaltige Forst<br />
<strong>wir</strong>tschaft, <strong>in</strong> welcher immer nur so<br />
beigetragen, die Chancen künft iger Generationen<br />
zu verbessern? Ist Nachhaltigkeit e<strong>in</strong> relevanter<br />
Kontext für Bildung – o<strong>de</strong>r gar noch mehr? Um<br />
diese Fragen zu beantworten, la<strong>de</strong>n <strong>wir</strong> Sie zunächst<br />
auf e<strong>in</strong>en kurzen Rückblick e<strong>in</strong>. Danach beleuchten<br />
<strong>wir</strong> <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit näher und skiz-<br />
zieren die rasante Karriere, die er seit <strong>de</strong>r Konferenz<br />
von Rio genommen hat. In Kapitel 4 stellen <strong>wir</strong> die<br />
Nachhaltigkeit als politisches Konzept vor, <strong>in</strong> Kapitel<br />
5 ziehen <strong>wir</strong> e<strong>in</strong>e kritische Zwischenbilanz, um dann<br />
ab Kapitel 6 zu <strong>de</strong>r zentralen Frage zurückzukom-<br />
men: Was hat die nachhaltige Entwicklung hier und<br />
heute mit <strong>de</strong>r Bildung zu tun?<br />
1.1 Der Weg zum Nachhaltigkeitsleitbild<br />
Der Begriff <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit wur<strong>de</strong> erstmals<br />
<strong>in</strong> <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Forst<strong>wir</strong>tschaft <strong>de</strong>s frühen 18.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts verwen<strong>de</strong>t. Zu dieser Zeit waren die<br />
natürlichen Wäl<strong>de</strong>r <strong>in</strong> Deutschland weitestgehend<br />
vernichtet. Den ersten Schlag hatten ihnen ab etwa<br />
<strong>de</strong>m Jahr 1000 umfangreiche Brandrodungen ver<br />
setzt. Später hatte die Praxis <strong>de</strong>r Waldbeweidung das<br />
Nachwachsen neuer Bäume verh<strong>in</strong><strong>de</strong>rt und Land<br />
schaft en hervorgebracht, die <strong>wir</strong> noch heute <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />
Bil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Romantiker sehen können. Schließlich<br />
hatte die Früh<strong>in</strong>dustrialisierung zu e<strong>in</strong>er enormen<br />
Zunahme <strong>de</strong>s Bedarfes an Holz als Baustoff und<br />
Energieträger geführt – Materialien wie Eisen, Salz<br />
o<strong>de</strong>r Glas wur<strong>de</strong>n unter hohem Energieaufwand<br />
gewonnen. 2)<br />
-<br />
-<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund wur<strong>de</strong> Nachhaltigkeit als<br />
e<strong>in</strong> Konzept <strong>de</strong>r Waldbe<strong>wir</strong>tschaft ung entwickelt,<br />
„bei <strong>de</strong>r die Produktionskraft <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s (e<strong>in</strong>e<br />
ökologische Größe) und die Holzernte (e<strong>in</strong>e ökono-<br />
mische Größe) so aufe<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r abgestimmt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass sich e<strong>in</strong> auf Dauer optimaler Ertrag ergibt.“ 3)<br />
Alle<strong>in</strong>e mit <strong>de</strong>n Mitteln <strong>de</strong>r Forst<strong>wir</strong>tschaft hätten<br />
die Wäl<strong>de</strong>r aber nicht gerettet wer<strong>de</strong>n können;<br />
hierzu hat auch ganz wesentlich <strong>de</strong>r Wechsel zum<br />
Brennstoff Kohle beigetragen – nebenbei auch e<strong>in</strong>e<br />
<strong>de</strong>r ersten Weichenstellungen für <strong>de</strong>n anthropoge-<br />
nen Treibhauseff ekt.<br />
Mit <strong>de</strong>r fortschreiten<strong>de</strong>n Industrialisierung griff<br />
<strong>de</strong>r Mensch immer stärker <strong>in</strong> die Natur e<strong>in</strong>. Die<br />
ökologischen Aus<strong>wir</strong>kungen wur<strong>de</strong>n zunächst ver<br />
e<strong>in</strong>zelt auf lokaler Ebene wahrgenommen und <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />
zweiten Hälft e <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts auch <strong>in</strong> ihrer<br />
globalen Dimension erkannt: Der Verbrauch von<br />
endlichen Ressourcen wuchs weltweit exponentiell<br />
an, verbun<strong>de</strong>n mit e<strong>in</strong>er Zunahme <strong>de</strong>s Abfallauf<br />
kommens sowie <strong>de</strong>r Wasser- und Luft belastungen.<br />
Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n konkrete Techniken als bedrohlich<br />
empfun<strong>de</strong>n – allen voran die „Atomtechnik“ (Kern<br />
spaltung). Publikationen wie „Silent Spr<strong>in</strong>g“ 4) , „Die<br />
Grenzen <strong>de</strong>s Wachstums“ 5) -<br />
-<br />
-<br />
o<strong>de</strong>r „E<strong>in</strong> Planet <strong>wir</strong>d<br />
1) Zitiert nach www.nachhaltigkeit.<strong>in</strong>fo/<br />
2) Dörfler, Marianne/Dörfler, Ernst (1989): Zurück zur Natur? Leipzig, Jena, Berl<strong>in</strong>: Urania-Verlag. 2. Auflage, S. 14–16<br />
3) Ott, Konrad/Dör<strong>in</strong>g, Ralf (2008): Theorie und Praxis starker Nachhaltigkeit. Marburg: Metropolis-Verlag. 2. Auflage, S. 22–23<br />
4) Carson, Rachel (1962): Silent Spr<strong>in</strong>g. Boston: Houghton Miffl<strong>in</strong><br />
5) Meadows, Dennis L./Meadows, Donella H./Zahn, Erich/Mill<strong>in</strong>g, Peter (1972): Die Grenzen <strong>de</strong>s Wachstums: Bericht <strong>de</strong>s Club of Rome zur Lage<br />
<strong>de</strong>r Menschheit. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt<br />
1713<br />
> ><br />
-<br />
viel Holz geschlagen wer<strong>de</strong>n soll, wie<br />
durch planmäßige Aufforstung, durch<br />
Säen und Pflanzen nachwachsen<br />
kann.
geplün<strong>de</strong>rt“ 6) machten diese Probleme öff entlich.<br />
Die neue gesellschaft skritische Umweltbewegung (<strong>in</strong><br />
Deutschland: BBU, BUND, Die Grünen, Greenpeace)<br />
formierte sich.<br />
Der Staat reagierte zunächst mit eher symboli<br />
schen Maßnahmen. So war „<strong>de</strong>r blaue Himmel<br />
über <strong>de</strong>r Ruhr“ (Willy Brandt, 1961) e<strong>in</strong> gewagtes<br />
Versprechen; <strong>de</strong>r Abstandserlass und die Politik<br />
<strong>de</strong>r hohen Schornste<strong>in</strong>e verbesserten dann aber die<br />
Luft situation im Revier. E<strong>in</strong> an<strong>de</strong>res Beispiel ist das<br />
erste <strong>de</strong>utsche Abfallbeseitigungsgesetz von 19727) ,<br />
dieses schreibt vor, Abfälle e<strong>in</strong>zusammeln, sie zu<br />
wenigen vorgegebenen Plätzen zu verbr<strong>in</strong>gen und<br />
sie somit or<strong>de</strong>ntlich zu beseitigen. – Es zeigte sich<br />
jedoch rasch, dass Umweltprobleme so e<strong>in</strong>dimen<br />
sional und nachsorgend nicht zu lösen s<strong>in</strong>d: Das<br />
Schwefeldioxid aus <strong>de</strong>m Ruhrgebiet schlug sich<br />
als saurer Regen <strong>in</strong> Skand<strong>in</strong>avien nie<strong>de</strong>r8) -<br />
-<br />
, und die<br />
ersten Abfall<strong>de</strong>ponien machten später nicht selten<br />
1.2 Geburtsstun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen<br />
Nachhaltigkeitsleitbilds<br />
1983 <strong>in</strong>itiierte die UN-Vollversammlung e<strong>in</strong>e Kom-<br />
mission, die e<strong>in</strong>en Bericht zur Umwelt und <strong>de</strong>n glo-<br />
balen Problemen bis jenseits <strong>de</strong>r Jahrtausendwen<strong>de</strong><br />
erarbeiten und Strategien für e<strong>in</strong>e stabile Entwick-<br />
lung vorschlagen sollte. Die „Weltkommission für<br />
Umwelt und Entwicklung“ legte daraufh <strong>in</strong> 1987<br />
<strong>de</strong>n „Brundtlandt-Bericht“ vor, aus <strong>de</strong>m auch das<br />
Zitat am Anfang dieses Kapitels stammt. Mit <strong>de</strong>m<br />
Brundtland-Bericht betrat <strong>de</strong>r Begriff „nachhaltige<br />
Entwicklung“ die <strong>in</strong>ternationale politische Bühne;<br />
erstmals wur<strong>de</strong>n konkrete Maßnahmen aufgezeigt.<br />
E<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung kann allerd<strong>in</strong>gs nur<br />
gel<strong>in</strong>gen, wenn die Staaten <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> (und viele wei-<br />
tere Akteure) fest e<strong>in</strong>gebun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Dem diente<br />
die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung,<br />
als „Altlasten“ von sich re<strong>de</strong>n. – Erst allmählich g<strong>in</strong>g<br />
die Politik die Ursachen von Umweltproblemen an:<br />
mit Filtern für die Schornste<strong>in</strong>e o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m neuen<br />
Abfallgesetz von 1986 9) , welches das Gebot enthält,<br />
Abfälle soweit wie möglich zu verwerten.<br />
In <strong>de</strong>n 90er-Jahren wur<strong>de</strong>n neue umweltpolitische<br />
Instrumente e<strong>in</strong>geführt, welche die Verursacher von<br />
Umweltbelastungen (<strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re die gewerbliche<br />
Wirtschaft ) zu e<strong>in</strong>em aktiven Umweltschutz befähi<br />
gen sollten. Hierzu gehört das europäische System<br />
zum Umweltaudit10) -<br />
, das Düsseldorfer Schulen,<br />
geme<strong>in</strong>sam mit Unternehmen und an<strong>de</strong>ren außer-<br />
schulischen Partnern, später zum „Nachhaltigkeits-<br />
audit“ weiterentwickelt haben (vgl. Kap. 8). Diese<br />
Instrumente s<strong>in</strong>d von e<strong>in</strong>er verschie<strong>de</strong>ne Teilaspekte<br />
<strong>in</strong>tegrieren<strong>de</strong>n Sichtweise geprägt. So wer<strong>de</strong>n beim<br />
Umweltmanagement alle jeweils relevanten Umwelt-<br />
aus<strong>wir</strong>kungen <strong>de</strong>s Unternehmens e<strong>in</strong>bezogen.<br />
die 1992 <strong>in</strong> Rio <strong>de</strong> Janeiro stattfand. Dort wur<strong>de</strong> die<br />
Agenda 21 – das Aktionsprogramm für e<strong>in</strong>e nach-<br />
haltige Entwicklung – verabschie<strong>de</strong>t und von 178<br />
Staaten unterzeichnet.<br />
In <strong>de</strong>r jahrzehntelangen Umwelt<strong>de</strong>batte hatte es <strong>de</strong>r<br />
Mensch gelernt, Umweltprobleme <strong>in</strong> ihrer Globalität<br />
und Vernetztheit zu sehen. Demgegenüber stellt die<br />
Nachhaltigkeit e<strong>in</strong>e noch höher <strong>in</strong>tegrieren<strong>de</strong> Sicht-<br />
weise dar: Hier wer<strong>de</strong>n die Grundbedürfnisse aller<br />
Menschen sowie die Grenzen <strong>de</strong>r Tragfähigkeit <strong>de</strong>r<br />
globalen Ökosysteme anerkannt, d. h., die bis dato<br />
getrennt verlaufenen Diskurse <strong>de</strong>s Umweltschutzes<br />
und e<strong>in</strong>er gerechten Entwicklung wer<strong>de</strong>n zusam-<br />
mengeführt (vgl. auch Kap. 4).<br />
6) Gruhl, Herbert (1975): E<strong>in</strong> Planet <strong>wir</strong>d geplün<strong>de</strong>rt. Die Schreckensbilanz unserer Politik. Frankfurt am Ma<strong>in</strong>: Fischer<br />
7) Deutscher Bun<strong>de</strong>stag (1972): Gesetz über die Beseitigung von Abfällen vom 10. Juni 1972, BGBl. 1972 I, S. 873<br />
8) http://www.<strong>de</strong>rwesten.<strong>de</strong>/region/rhe<strong>in</strong>_ruhr/wie-<strong>de</strong>r-himmel-ueber-<strong>de</strong>r-ruhr-wie<strong>de</strong>r-blau-wur<strong>de</strong>-id4577658.html<br />
9) Deutscher Bun<strong>de</strong>stag (1986): Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen vom 27. August 1986, BGBl. 1986 I, S. 1410, ber.<br />
durch BGBl. 1986 I, S. 1501<br />
10) EG (1993): Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 <strong>de</strong>s Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an e<strong>in</strong>em<br />
Geme<strong>in</strong>schaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung. Abl. EG Nr. L 168 S. 1 ber. Abl. EG 1995 Nr. L 203 S. 17<br />
EG (2001): Verordnung (EG) Nr. 761/2001 <strong>de</strong>s Europäischen Parlaments und <strong>de</strong>s Rates vom 19. März 2001 über die freiwillige Beteiligung<br />
von Organisationen an e<strong>in</strong>em Geme<strong>in</strong>schaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS). Abl. EG Nr. L<br />
114/1 vom 24.4.2001<br />
EG (2009): Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 <strong>de</strong>s Europäischen Parlaments und <strong>de</strong>s Rates vom 25. November 2009 über die freiwillige<br />
Teilnahme von Organisationen an e<strong>in</strong>em Geme<strong>in</strong>schaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung und zur Aufhebung <strong>de</strong>r<br />
Verordnung (EG) Nr. 761/2001 sowie <strong>de</strong>r Beschlüsse <strong>de</strong>r Kommission 2001/681/EG und 2006/193/EG<br />
1888 1891<br />
In <strong>de</strong>r Coburger Masch<strong>in</strong>enfabrik A.<br />
Flocken <strong>wir</strong>d das erste vierrädrige<br />
Elektroauto <strong>de</strong>r Welt gebaut.<br />
In Dänemark <strong>wir</strong>d das weltweit erste<br />
W<strong>in</strong>drad zur Stromerzeugung errichtet.<br />
> 5
6<br />
1.3 Stationen <strong>de</strong>s Nachhaltigkeitsdiskurses<br />
Die Nachhaltigkeit fand <strong>in</strong> <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren<br />
e<strong>in</strong> enormes Interesse auf nahezu allen politischen<br />
und gesellschaft lichen Ebenen. Da bis heute viele<br />
verschie<strong>de</strong>ne – aufe<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r aufb auen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r auch<br />
konkurrieren<strong>de</strong> – Auff assungen und Ansichten zur<br />
Nachhaltigkeit entwickelt wur<strong>de</strong>n, sprechen <strong>wir</strong> auch<br />
vom Nachhaltigkeitsdiskurs. Auf <strong>de</strong>r <strong>in</strong>ternationalen<br />
Ebene veranstalteten die Vere<strong>in</strong>ten Nationen meh-<br />
haltigen Entwicklung <strong>in</strong> eigenen Diskussionssträngen<br />
weiter behan<strong>de</strong>lt. Hierzu gehören <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re<br />
• <strong>de</strong>r Klimaschutz (Kyoto-Protokoll, Weltklimarat,<br />
UN-Klimagipfel) 13) ,<br />
• die Sicherung<br />
<strong>de</strong>r Biodiversität (von <strong>de</strong>r 1992 <strong>in</strong> Rio<br />
unterzeichneten Biodiversitätskonvention14) bis h<strong>in</strong><br />
zur Deka<strong>de</strong> Biologische Vielfalt 2011–202015) ),<br />
• die Bevölkerungspolitik (Weltbevölkerungskonfe-<br />
renz <strong>in</strong> Kairo 1994, Bevölkerungsfonds <strong>de</strong>r Vere<strong>in</strong>-<br />
ten Nationen 16) ),<br />
• die Armutsbekämpfung (u. a. Welternährungsgipfel<br />
1974, 1996 und 2009, MDG Nr. 1).<br />
Auf nationaler Ebene haben viele Staaten auch eigene<br />
Wege zur Nachhaltigkeit gesucht. In Deutschland<br />
wur<strong>de</strong> 1994 das Staatsziel Umweltschutz <strong>in</strong>s Grund-<br />
gesetz aufgenommen. 1998 legte die Enquete-Kom-<br />
mission <strong>de</strong>s 13. Deutschen Bun<strong>de</strong>stages ihr Konzept<br />
rere große Nachfolge-Konferenzen, auf <strong>de</strong>nen die<br />
Fortschritte bzw. Defi zite <strong>de</strong>r Umsetzung beobachtet<br />
und korrigieren<strong>de</strong> Maßnahmen beschlossen wur<strong>de</strong>n.<br />
Dazu gehören <strong>de</strong>r Millenniumsgipfel <strong>in</strong> New York<br />
(2000), die UN-Konferenz <strong>in</strong> Johannesburg (2002)<br />
und die für Juni 2012 geplante „Conference on Susta-<br />
<strong>in</strong>able Development – Rio+20“ <strong>in</strong> Rio <strong>de</strong> Janeiro.<br />
Daneben wur<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne Aspekte e<strong>in</strong>er nach-<br />
Millenniumentwicklungsziele<br />
Auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>n 90er-Jahren nahm die Verelendung <strong>in</strong> zahlreichen Entwicklungslän<strong>de</strong>rn zu, hielt die Benachtei-<br />
ligung von Frauen <strong>in</strong> vielen Staaten an und wur<strong>de</strong> die Umweltzerstörung nicht gebremst. Daher wur<strong>de</strong>n 2001<br />
acht sogenannte Millenniumentwicklungsziele (MDGs, Millennium Development Goals) beschlossen. Sie<br />
greifen wesentliche Kernpunkte <strong>de</strong>r Agenda 21 auf und versehen sie mit konkreten Indikatoren (hier: mess-<br />
baren Zielgrößen) und e<strong>in</strong>em Zeithorizont. Die <strong>in</strong>ternationale Staatengeme<strong>in</strong>schaft will <strong>de</strong>mnach bis 2015<br />
1. die extreme Armut und <strong>de</strong>n Hunger bekämpfen,<br />
2. allen Menschen e<strong>in</strong>e Primarschulbildung ermöglichen,<br />
3. die Gleichstellung <strong>de</strong>r Geschlechter verbessern und die Rolle <strong>de</strong>r Frauen stärken,<br />
4. die K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsterblichkeit senken,<br />
5. die Gesundheitsversorgung für Mütter verbessern,<br />
6. HIV/AIDS, Malaria und an<strong>de</strong>re schwere Krankheiten bekämpfen,<br />
7. e<strong>in</strong>e ökologische Nachhaltigkeit sichern11) 12) .<br />
1948<br />
Das Recht auf e<strong>in</strong>en angemessenen<br />
Lebensstandard – e<strong>in</strong>schließlich <strong>de</strong>s<br />
Rechts auf ausreichen<strong>de</strong> Ernährung<br />
– <strong>wir</strong>d als Art. 25 <strong>de</strong>r Allgeme<strong>in</strong>en<br />
Erklärung <strong>de</strong>r Menschenrechte aufge-<br />
nommen.<br />
Nachhaltigkeit vor. 2002 verabschie<strong>de</strong>te die Bun<strong>de</strong>sregierung<br />
– im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich relativ spät –<br />
die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie. 17) Hier <strong>wir</strong>d das<br />
Leitbild Nachhaltigkeit entlang <strong>de</strong>r Th emenfel<strong>de</strong>r<br />
1. Generationengerechtigkeit,<br />
2. Lebensqualität,<br />
3. sozialer Zusammenhalt,<br />
4. <strong>in</strong>ternationale Verantwortung<br />
ausgebreitet. Es <strong>wir</strong>d dann mit Indikatoren und Zielen<br />
konkretisiert. Die Bildung fi n<strong>de</strong>t sich hier – mit <strong>in</strong>sge-<br />
samt drei Indikatoren – <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Th emenfel<strong>de</strong>rn 1 und 3<br />
wie<strong>de</strong>r (siehe Abb. 1).<br />
Ferner wer<strong>de</strong>n ausführlicher sieben Schwerpunkte<br />
beschrieben, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen die Bun<strong>de</strong>sregierung beson<strong>de</strong>rs<br />
aktiv ist; dazu gehören bspw. Klimaschutz und Energie<br />
effi zienz. Seit 2007 begleitet das Statistische Bun<strong>de</strong>samt<br />
die Umsetzung dieser Strategie mit sehr lesenswerten<br />
Indikatorenberichten18) -<br />
(siehe Abb. 1 und 3).<br />
11) Millennium-Kampagne (2011): Die UN-Millenniumentwicklungsziele. Onl<strong>in</strong>e-Dokument; URL: www.un-kampagne.<strong>de</strong>/<strong>in</strong><strong>de</strong>x.php?id=90,<br />
zuletzt überprüft: 10.08.2011, dort auch umfangreiches Datenmaterial zum Stand <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
12) Zum Stand <strong>de</strong>r Umsetzung siehe www.mdgmonitor.org/<strong>in</strong><strong>de</strong>x.cfm (englische Website) sowie www.bmz.<strong>de</strong>/<strong>de</strong>/was_<strong>wir</strong>_machen/ziele/<br />
h<strong>in</strong>tergrund/ziele/millenniumsziele/millenniumsentwicklungsziele/<strong>in</strong><strong>de</strong>x.html (dort auch Download <strong>de</strong>s MDG-Berichts 2011)<br />
13) www.nachhaltigkeit.<strong>in</strong>fo/artikel/ipcc_<strong>in</strong>tergovernmental_panel_on_climate_change_1165.htm<br />
14) Convention on Biological Diversity – CBD; www.nachhaltigkeit.<strong>in</strong>fo/artikel/artenschutzkonvention_949.htm<br />
15) www.un-<strong>de</strong>ka<strong>de</strong>-biologische-vielfalt.<strong>de</strong>/<br />
16) United Nations Population Fund, UNFPA, www.unfpa.org/public/<br />
17) Die Bun<strong>de</strong>sregierung (2002): Perspektiven für Deutschland. Unsere Strategie für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung<br />
18) Statistisches Bun<strong>de</strong>samt: Nachhaltige Entwicklung <strong>in</strong> Deutschland. Indikatorenbericht 2012<br />
1954<br />
Das erste zivile Kernkraftwerk <strong>de</strong>r<br />
Welt nimmt <strong>in</strong> Obn<strong>in</strong>sk (Sowjetunion)<br />
<strong>de</strong>n Betrieb auf.<br />
1960<br />
Die im Jahr 1945 gegrün<strong>de</strong>te FAO (Er-<br />
nährungs- und Land<strong>wir</strong>tschaftsorgani-<br />
sation <strong>de</strong>r Vere<strong>in</strong>ten Nationen) startet<br />
die „Freedom from Hunger Campaign“<br />
(Kampagne gegen <strong>de</strong>n Hunger).<br />
>
Abbildung 1: Bildung – e<strong>in</strong> Indikator für Nachhaltigkeit <strong>in</strong> Deutschland19) Bildung gehört zu <strong>de</strong>n Kernpunkten <strong>de</strong>r Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie Deutschlands. Konsequenter-<br />
weise erfasst das Statistische Bun<strong>de</strong>samt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Indikatorenberichten auch die Bildung. E<strong>in</strong> Indikator ist<br />
dabei <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r 18- bis 24-Jährigen ohne Bildungsabschluss.<br />
Im Indikatorenbericht 2010 wur<strong>de</strong> dieser noch als kritisch bewertet – im Indikatorenbericht 2012 h<strong>in</strong>gegen<br />
<strong>wir</strong>d die Entwicklung als positiv e<strong>in</strong>geschätzt. Das liegt daran, dass die Bun<strong>de</strong>sregierung ihre Bewertungs-<br />
maßstäbe verän<strong>de</strong>rt hat. Die bisherigen Ziele (9 % für 2009 und 4,5 % für 2020) wur<strong>de</strong>n aufgegeben, neues<br />
Ziel für 2020 ist nun „unter 10 %“. Grundlage dafür ist e<strong>in</strong>e Anpassung an die Strategie EU2020 <strong>de</strong>r Europä-<br />
ischen Union.<br />
Deutlich positiv ist h<strong>in</strong>gegen die Entwicklung bei e<strong>in</strong>em zweiten bildungspolitischen Indikator: <strong>de</strong>m Anteil <strong>de</strong>r<br />
25-Jährigen mit abgeschlossener Hochschulausbildung. Kurz gesagt: Das <strong>de</strong>utsche Bildungssystem ist an <strong>de</strong>r<br />
Spitze erfolgreich – und „am En<strong>de</strong>“ nicht.<br />
Mit <strong>de</strong>r 1994 auf e<strong>in</strong>er Europäischen Konferenz<br />
über zukunft sbeständige Städte und Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>n im<br />
dänischen Aalborg verabschie<strong>de</strong>ten Charta von Aal<br />
borg gewann die Nachhaltigkeitsi<strong>de</strong>e auch auf <strong>de</strong>r<br />
kommunalen Ebene an Fahrt. Viele Kommunen<br />
<strong>in</strong>itiierten <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folge Lokale Agenda 21-Prozesse.<br />
Die Lan<strong>de</strong>shauptstadt Düsseldorf ist seit 1996 Teil<br />
dieser Bewegung. 20) -<br />
Hier wur<strong>de</strong> e<strong>in</strong>e nachhaltige<br />
Entwicklung<br />
19) Statistisches Bun<strong>de</strong>samt: Nachhaltige Entwicklung <strong>in</strong> Deutschland. Indikatorenbericht 2012, S. 26<br />
20) www.duesseldorf.<strong>de</strong>/agenda21/<strong>in</strong><strong>de</strong>x.shtml<br />
1971<br />
1974<br />
In Vancouver (Kanada) <strong>wir</strong>d die Um-<br />
Unter <strong>de</strong>m E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>er seit 1972<br />
weltorganisation Greenpeace gegrün-<br />
andauern<strong>de</strong>n globalen Ernährungs-<br />
<strong>de</strong>t (Gründung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sektion: krise f<strong>in</strong><strong>de</strong>t die erste UN-Welternäh-<br />
1980).<br />
rungskonferenz statt.<br />
• als Verantwortung <strong>de</strong>r obersten Leitungsebene –<br />
<strong>de</strong>s Stadtrats und <strong>de</strong>r Verwaltungsspitze – veran-<br />
kert,<br />
• mit Strukturelementen wie <strong>de</strong>r Lenkungsgruppe,<br />
<strong>de</strong>m Agenda-Beirat und <strong>de</strong>n Fachforen s<strong>in</strong>nvoll<br />
aufgestellt,<br />
• <strong>in</strong> Form vieler Agenda-Projekte konkret umge-<br />
setzt.<br />
1987<br />
Der Brundtlandt-Bericht <strong>wir</strong>d<br />
veröffentlicht.<br />
7
8<br />
2. Nachhaltigkeit<br />
als politisches Konzept<br />
<strong>Wie</strong> <strong>in</strong> Kapitel 3 skizziert, hat die Nachhaltigkeit<br />
auf allen politischen Ebenen e<strong>in</strong>e große Resonanz<br />
gefun<strong>de</strong>n. Was aber steckt genau dah<strong>in</strong>ter?<br />
2.1 Grundverständnis<br />
Ausgangspunkt <strong>de</strong>s aktuellen Nachhaltigkeitsdis<br />
kurses ist die Erkenntnis, dass Fragen <strong>de</strong>r sozia<br />
len und <strong>wir</strong>tschaft lichen Entwicklung nicht von<br />
Umweltfragen getrennt wer<strong>de</strong>n können. „Armut<br />
ist e<strong>in</strong>e Hauptursache und e<strong>in</strong>e Hauptfolge glo<br />
baler Umweltprobleme.“ So formulierte es die<br />
Brundtland-Kommission 1987. 21) So kann Armut<br />
zu umweltschädigen<strong>de</strong>n Landnutzungsformen wie<br />
<strong>de</strong>r Brandrodung o<strong>de</strong>r zu <strong>in</strong>effi zienten Bewässe<br />
rungssystemen führen. An<strong>de</strong>rerseits verän<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r<br />
Klimawan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>n Wasserhaushalt <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, was be<br />
son<strong>de</strong>rs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Regionen Afrikas zu Dürren und<br />
Missernten führt, was Armut und Hunger verstärkt.<br />
Umgekehrt gibt es gera<strong>de</strong> <strong>in</strong> Afrika viele Beispiele<br />
dafür, wie durch angepasste land<strong>wir</strong>tschaft liche<br />
Metho<strong>de</strong>n die Fruchtbarkeit <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns geför<strong>de</strong>rt,<br />
die Erträge gesteigert und <strong>de</strong>r Hunger überwun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n können. 22)<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Als Bürger e<strong>in</strong>es wohlhaben<strong>de</strong>n Industrielan<strong>de</strong>s s<strong>in</strong>d<br />
<strong>wir</strong> e<strong>in</strong> Teil dieser Problemlagen – aber zugleich kön-<br />
nen <strong>wir</strong> auch Teil <strong>de</strong>r Lösung se<strong>in</strong>. Unser Konsumund<br />
Lebensstil gilt weltweit Millionen aufstreben<strong>de</strong>r<br />
Menschen als Vorbild – und es liegt an uns, wie die-<br />
ses Vorbild aussieht. Mit alltäglichen Kaufentschei-<br />
dungen wie <strong>de</strong>m Kauf e<strong>in</strong>er Tüte Kaff ee steuern <strong>wir</strong><br />
globale Geld- und Warenbewegungen mit und haben<br />
es <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Hand, faire o<strong>de</strong>r ausbeuterische, ökologische<br />
o<strong>de</strong>r zerstörerische Produktions- und Han<strong>de</strong>lsstruk-<br />
turen zu stärken. Die Politik <strong>de</strong>r von uns gewählten<br />
Regierung (u. a. Exportbürgschaft en) entschei<strong>de</strong>t mit<br />
darüber, ob Deutschland Waff en und Atomkraft wer-<br />
ke o<strong>de</strong>r W<strong>in</strong>dkraft anlagen und vorbildliche Umwelt-<br />
gesetze exportiert. Diese Vernetztheit („Ret<strong>in</strong>ität“) zu<br />
erkennen und dar<strong>in</strong> verantwortungsvoll zu han<strong>de</strong>ln<br />
ist e<strong>in</strong>e <strong>de</strong>r zentralen Herausfor<strong>de</strong>rungen auf <strong>de</strong>m<br />
Weg zu e<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung.<br />
Stolperste<strong>in</strong><br />
„Das kohlenstoffb asierte Welt<strong>wir</strong>tschaft smo<strong>de</strong>ll ist [...] e<strong>in</strong> normativ unhaltbarer Zustand, <strong>de</strong>nn es ge-<br />
fähr<strong>de</strong>t die Stabilität <strong>de</strong>s Klimasystems und damit die Existenzgrundlagen künft iger Generationen. Die<br />
Transformation zur Klimaverträglichkeit ist daher moralisch ebenso geboten wie die Abschaff ung <strong>de</strong>r<br />
Sklaverei und die Ächtung <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarbeit.“ (Wissenschaft licher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale<br />
Umweltverän<strong>de</strong>rungen) 23)<br />
21) Vere<strong>in</strong>te Nationen (Vollversammlung) (1990): Unsere geme<strong>in</strong>same <strong>Zukunft</strong>. Bericht <strong>de</strong>r Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Berl<strong>in</strong>:<br />
Staatsverlag <strong>de</strong>r DDR, S. 21<br />
22) Worldwatch Institute (Hrsg., 2011): Zur Lage <strong>de</strong>r Welt 2011 – Hunger im Überfluss. München: oekom<br />
23) Wissenschaftlicher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen WBGU (2011): Welt im Wan<strong>de</strong>l. Gesellschaftsvertrag für e<strong>in</strong>e<br />
Große Transformation. Zusammenfassung für Entscheidungsträger, S. 1<br />
1992<br />
Die UN-Konferenz für Umwelt und<br />
Entwicklung <strong>in</strong> Rio <strong>de</strong> Janeiro verab-<br />
schie<strong>de</strong>t die Deklaration von Rio, die<br />
Agenda 21 und die Wald<strong>de</strong>klaration.<br />
Zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n die Klimaschutzkon-<br />
vention und die Artenschutzkonven-<br />
tion unterzeichnet.<br />
1993<br />
Die Weltbank veranstaltet e<strong>in</strong>e Welt-<br />
konferenz zum Hunger.<br />
>
2.2 Denkmo<strong>de</strong>lle<br />
Allerd<strong>in</strong>gs ist die Erkenntnis, dass alles mit allem<br />
zusammenhängt, alle<strong>in</strong>e noch wenig hilfreich. In<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Diskussion wur<strong>de</strong> daher versucht, die<br />
Vernetztheit mit <strong>de</strong>m 3-Säulen-Mo<strong>de</strong>ll (bzw. <strong>de</strong>m<br />
daraus abgeleiteten „Nachhaltigkeitsdreieck“, Abb.<br />
2) auf e<strong>in</strong>e griffi ge Formel zu br<strong>in</strong>gen. Demnach<br />
s<strong>in</strong>d Ökologie, Ökonomie und Soziales gleichwer-<br />
tige Dimensionen e<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung.<br />
Die Enquete-Kommission <strong>de</strong>s 13. Deutschen<br />
Bun<strong>de</strong>stages propagierte dieses Mo<strong>de</strong>ll. Auch Düs-<br />
seldorfer Schulen haben sich beim Nachhaltigkeits-<br />
audit (vgl. Kap. 8) daran orientiert und neben <strong>de</strong>m<br />
Umweltschutz bewusst auch soziale bzw. ökonomi-<br />
sche Aspekte <strong>de</strong>s Schulbetriebs untersucht.<br />
Dieses Denkmo<strong>de</strong>ll sollte jedoch nicht zu <strong>de</strong>r<br />
Annahme verleiten, es gäbe – jeweils separat – e<strong>in</strong>e<br />
ökologische, e<strong>in</strong>e ökonomische und e<strong>in</strong>e soziale<br />
Nachhaltigkeit. Ferner darf h<strong>in</strong>terfragt wer<strong>de</strong>n, ob<br />
Ökonomie, Ökologie und Soziales <strong>wir</strong>klich gleich-<br />
wertig s<strong>in</strong>d.<br />
Das „Leitplankenmo<strong>de</strong>ll“ bestreitet die Gleich-<br />
rangigkeit <strong>de</strong>r drei Säulen. In diesem vom Wissen-<br />
schaft lichen Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale<br />
Umweltverän<strong>de</strong>rungen (WBGU) vorgelegten<br />
Konzept s<strong>in</strong>d Leitplanken Grenzen, die nicht<br />
überschritten wer<strong>de</strong>n sollten, weil an<strong>de</strong>renfalls nicht<br />
tolerierbare Folgen drohen. Im Bereich <strong>de</strong>s Klima-<br />
schutzes stellt die Erwärmung <strong>de</strong>r Erdatmosphäre<br />
um 2 °C gegenüber <strong>de</strong>m vor<strong>in</strong>dustriellen Niveau<br />
e<strong>in</strong>e solche Leitplanke dar. Entsprechend sollten<br />
auch ökonomische bzw. sozio-kulturelle Leitplanken<br />
aufgestellt wer<strong>de</strong>n. Dennoch wür<strong>de</strong> die Überschrei-<br />
tung ökologischer Leitplanken nach Ansicht <strong>de</strong>s<br />
WBGU beson<strong>de</strong>rs schwer wiegen, weil e<strong>in</strong>e solche<br />
Abbildung 2: Das Nachhaltigkeitsdreieck – e<strong>in</strong> brauchbares mentales Mo<strong>de</strong>ll im Nachhaltigkeitsdiskurs?<br />
1994<br />
Deutschland nimmt <strong>de</strong>n Umwelt-<br />
schutz als Staatsziel <strong>in</strong>s Grundgesetz<br />
auf.<br />
1994<br />
Die Charta von Aalborg <strong>wir</strong>d verab-<br />
schie<strong>de</strong>t, überall <strong>in</strong> Europa starten<br />
Lokale Agenda 21-Prozesse.<br />
1995<br />
Die Studie „<strong>Zukunft</strong>sfähiges Deutsch-<br />
land“ ersche<strong>in</strong>t.<br />
9
10<br />
Überschreitung <strong>in</strong> aller Regel irreversibel ist. 24)<br />
Diese bei<strong>de</strong>n Denkmo<strong>de</strong>lle illustrieren, dass <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />
vergangenen Jahren durchaus unterschiedliche Kon-<br />
zepte von Nachhaltigkeit entwickelt wur<strong>de</strong>n, die von<br />
verschie<strong>de</strong>nen Fragen ausgehen und zu unterschied-<br />
lichen Antworten kommen.<br />
Die Bun<strong>de</strong>sregierung glie<strong>de</strong>rt ihre Nationale<br />
Nachhaltigkeitsstrategie25) gar nicht mehr nach Di-<br />
mensionen, son<strong>de</strong>rn nach <strong>de</strong>n vier Th emenfel<strong>de</strong>rn<br />
Generationengerechtigkeit, Lebensqualität, sozialer<br />
2.3 Maßstäbe<br />
E<strong>in</strong>e <strong>de</strong>r Grundfragen <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit ist: Wenn<br />
<strong>wir</strong> künft igen Generationen die gleichen Chancen<br />
e<strong>in</strong>räumen <strong>wollen</strong>, wie <strong>wir</strong> sie haben, was sollten <strong>wir</strong><br />
ihnen dann h<strong>in</strong>terlassen? Dazu kann man folgen<strong>de</strong><br />
Formen von vererbbarem „Kapital“ unterschei<strong>de</strong>n26) :<br />
1. Sachkapital (z. B. Infrastruktur),<br />
2. Naturkapital (z. B. Grundwasser, Tier- und Pfl an-<br />
zenarten),<br />
3. kultiviertes Naturkapital (z. B. Viehher<strong>de</strong>n, Lachs-<br />
farmen, Forste),<br />
4. Sozialkapital (moralisches Orientierungswissen,<br />
Institutionen),<br />
5. Humankapital (Bildung, Fähigkeiten) und<br />
6. gespeichertes und abrufb ares Wissenskapital<br />
(Bibliotheken, Internet).<br />
Im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>r Gerechtigkeit sollte <strong>de</strong>n nachfolgen<br />
<strong>de</strong>n Generationen m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens e<strong>in</strong> gleichwertiger<br />
Kapitalbestand vererbt wer<strong>de</strong>n, wie <strong>wir</strong> ihn heute<br />
nutzen. Angesichts <strong>de</strong>ssen können zwei verschie<strong>de</strong>ne<br />
Konzepte ausgemacht wer<strong>de</strong>n27) -<br />
:<br />
Nach <strong>de</strong>m Konzept <strong>de</strong>r schwachen Nachhaltigkeit<br />
kommt es vor allem darauf an, <strong>de</strong>n Gesamtbestand<br />
<strong>de</strong>s Kapitals zu erhalten. Demnach ist es zulässig,<br />
Naturkapital zu verbrauchen, wenn dafür an<strong>de</strong>r-<br />
Zusammenhalt und <strong>in</strong>ternationale Verantwortung<br />
(vgl. Kap. 3).<br />
Bei all diesen unterschiedlichen Akzentuierun-<br />
gen zielt die Nachhaltigkeit im Kern ihres Wesens<br />
darauf,<br />
• Gerechtigkeit zu schaff en (die Grundbedürfnisse<br />
aller Menschen heute und künft ig zu sichern) und<br />
• die Tragfähigkeit <strong>de</strong>r natürlichen Systeme zu<br />
erhalten<br />
und damit dauerhaft die grundlegendsten Existenz-<br />
bed<strong>in</strong>gungen <strong>de</strong>r Menschheit zu sichern.<br />
weitiger Ersatz geschaff en <strong>wir</strong>d. Die Kapitalformen<br />
können also gegenseitig ersetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Nach <strong>de</strong>m Konzept <strong>de</strong>r starken Nachhaltigkeit28) ist<br />
h<strong>in</strong>gegen Naturkapital nicht ersetzbar. Diese Positi-<br />
on leuchtet auch aus naturwissenschaft licher Sicht<br />
e<strong>in</strong>, wenn man „Natur“ nicht nur e<strong>in</strong>dimensional<br />
als Ressource betrachtet. Angesichts <strong>de</strong>r vielfältigen<br />
Elemente <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ökosystem und <strong>de</strong>r komplexen<br />
Wechsel<strong>wir</strong>kungen zwischen ihnen ist zu bezwei-<br />
feln, ob e<strong>in</strong>e Vermehrung an<strong>de</strong>rer Kapitalformen die<br />
Verluste ausgleichen kann, die das Aussterben von<br />
Arten, die Verödung von Bö<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r die Verän<strong>de</strong>-<br />
rung <strong>de</strong>s Klimas be<strong>de</strong>uten.<br />
Verantwortungsvolles politisches, unternehme-<br />
risches o<strong>de</strong>r privates Han<strong>de</strong>ln kann aus diesen<br />
Grundlegungen und Denkmo<strong>de</strong>llen noch nicht un-<br />
mittelbar abgeleitet wer<strong>de</strong>n. Hier wer<strong>de</strong>n Wegweiser<br />
benötigt, die Entscheidungen erleichtern bzw. die<br />
auch als Messlatte zur Überprüfung von Fortschrit-<br />
ten verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n können. Strategien wie Effi -<br />
zienz und Suffi zienz sowie die Managementregeln<br />
bil<strong>de</strong>n solche – heute weitgehend zustimmungsfähi-<br />
gen – Wegweiser.<br />
24) Wissenschaftlicher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen WBGU (1996): Welt im Wan<strong>de</strong>l. Herausfor<strong>de</strong>rungen für die<br />
<strong>de</strong>utsche Wissenschaft. Onl<strong>in</strong>e-Dokument, URL: http://www.wbgu.<strong>de</strong>/fileadm<strong>in</strong>/templates/dateien/veroeffentlichungen/hauptgutachten/<br />
jg1996/wbgu_jg1996.pdf, zuletzt überprüft: 15.04.2012<br />
Wissenschaftlicher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen WBGU (2003): Welt im Wan<strong>de</strong>l: Energiewen<strong>de</strong> zur Nachhaltig-<br />
keit. Berl<strong>in</strong>, Hei<strong>de</strong>lberg, New York: Spr<strong>in</strong>ger<br />
Wissenschaftlicher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen WBGU (2004): Welt im Wan<strong>de</strong>l: Armutsbekämpfung durch<br />
Umweltpolitik. Onl<strong>in</strong>e-Dokument, URL: http://www.wbgu.<strong>de</strong>/fileadm<strong>in</strong>/templates/dateien/veroeffentlichungen/hauptgutachten/jg2004/<br />
wbgu_jg2004.pdf, zuletzt überprüft: 15.04.2012<br />
25) Die Bun<strong>de</strong>sregierung (2002): Perspektiven für Deutschland. Unsere Strategie für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung<br />
26) SRU (2002, S. 59)<br />
27) Vgl. bspw. Grunwald, Arm<strong>in</strong>/Kopfmüller, Jürgen (2006): Nachhaltigkeit. Frankfurt/Ma<strong>in</strong>: Campus, S. 37–39<br />
28) SRU (2002): Umweltgutachten 2002. Für e<strong>in</strong>e neue Vorreiterrrolle. Stuttgart: Verlag Metzler-Poeschel, S. 68<br />
1996<br />
1996<br />
Der Düsseldorfer Stadtrat be-<br />
Der Welternährungsgipfel <strong>in</strong> Rom tagt.<br />
schließt die Erarbeitung e<strong>in</strong>er<br />
Das Ziel, <strong>de</strong>n Hunger <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Welt bis<br />
Lokalen Agenda und unterzeichnet 2015 zu halbieren, <strong>wir</strong>d aufgestellt; es<br />
die Charta von Aalborg. <strong>wir</strong>d fünf Jahre später als Millenniument-<br />
wicklungsziel Nr. 1 erneut bekräftigt.<br />
1997<br />
Mit <strong>de</strong>m Kyoto-Protokoll verpflichten<br />
sich wichtige Industrielän<strong>de</strong>r erstmals<br />
zu e<strong>in</strong>er Reduzierung ihrer CO2-Emis- sionen.<br />
>
Ott/Dör<strong>in</strong>g29) diff erenzieren <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s Naturkapitals weiter aus, <strong>in</strong><strong>de</strong>m sie zwischen Fonds und<br />
Vorräten unterschei<strong>de</strong>n. Es gibt <strong>leben</strong>dige Fonds (z. B. Wäl<strong>de</strong>r, Fische) und nicht-<strong>leben</strong>dige (wohl aber<br />
belebte) Fonds (z. B. Wasser, Bo<strong>de</strong>n). Diese stift en vielfältigen Nutzen (so dient uns Wasser u. a. als<br />
Lebensmittel, als Lösungsmittel, als Wärmespeicher und -überträger, als Transportmedium, zur Bewässe-<br />
rung, für spirituelle und religiöse Zwecke und vieles mehr). Fonds können genutzt wer<strong>de</strong>n und regenerie-<br />
ren sich, wenn sie nicht übernutzt wer<strong>de</strong>n. Vorräte (z. B. Erdöl) h<strong>in</strong>gegen wer<strong>de</strong>n verbraucht. Sie bil<strong>de</strong>n<br />
sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>n für Menschen relevanten Zeiträumen nicht nach, so dass <strong>wir</strong> als Ausgleich für <strong>de</strong>n Verbrauch<br />
funktional gleichwertige Alternativen schaff en müssen (z. B. durch Aufb au <strong>de</strong>r Technologien zur Nut-<br />
zung erneuerbarer Energien und nachwachsen<strong>de</strong>r Rohstoff e). E<strong>in</strong> grundlegen<strong>de</strong>s Problem nicht-nachhal-<br />
tiger Entwicklung ist es <strong>de</strong>mnach, Fonds als Vorräte anzusehen und sie wie solche zu verbrauchen – die<br />
Fischerei auf <strong>de</strong>n Weltmeeren und die Zerstörung <strong>de</strong>r Primärwäl<strong>de</strong>r s<strong>in</strong>d dafür augenfällige Beispiele.<br />
2.4 Strategien e<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung<br />
Die Effi zienzstrategie zielt darauf, Produkte bzw.<br />
Dienstleistungen mit e<strong>in</strong>em möglichst ger<strong>in</strong>gen<br />
Material- und Energiee<strong>in</strong>satz zu erzeugen, bzw. – an-<br />
<strong>de</strong>rsherum gedacht – <strong>de</strong>n Wirkungsgrad <strong>de</strong>s Mate-<br />
rial- und Energiee<strong>in</strong>satzes zu erhöhen. Die Energie-<br />
effi zienz steigt <strong>in</strong> Deutschland seit Jahren – wenn<br />
auch <strong>de</strong>utlich zu langsam –, und es ist bislang nicht<br />
absehbar, dass die angestrebte <strong>de</strong>utliche Reduzierung<br />
<strong>de</strong>s Primärenergieverbrauchs erreicht wer<strong>de</strong>n kann<br />
(siehe Abb. 3).<br />
Wenn Düsseldorfer Schulen im Rahmen <strong>de</strong>s Düssel-<br />
dorfer 50:50-Programms Energie e<strong>in</strong>sparen, stützen<br />
sie die Effi zienzstrategie.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs besteht die Gefahr, dass Effi zienzgew<strong>in</strong>ne<br />
durch e<strong>in</strong>e Steigerung <strong>de</strong>s Wohlstan<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />
Entwicklungen wie<strong>de</strong>r „aufgefressen“ wer<strong>de</strong>n. Der<br />
gesamte Primärenergieverbrauch <strong>in</strong> Deutschland<br />
s<strong>in</strong>kt viel zu langsam (Abb. 3). Im Transportwesen<br />
konnte <strong>de</strong>r Energieaufwand für <strong>de</strong>n Transport e<strong>in</strong>er<br />
Tonne Güter pro Kilometer zwischen 1999 und 2010<br />
um 17,9 % reduziert wer<strong>de</strong>n; da <strong>wir</strong> aber gleichzeitig<br />
immer mehr Waren immer weiter transportieren,<br />
ist im gleichen Zeitraum <strong>de</strong>r Energieverbrauch <strong>de</strong>s<br />
Gütertransports <strong>in</strong>sgesamt um 3 % gestiegen. 30) Die<br />
Suffi zienzstrategie setzt hier an, sie steht für e<strong>in</strong>en<br />
Lebensstil, <strong>de</strong>r Beschei<strong>de</strong>nheit mit Lebensqualität<br />
verb<strong>in</strong><strong>de</strong>t. Mit ihrem Agenda-Projekt Nr. 21 „Regi<br />
onale Vermarktung – Han<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r kurzen Wege“ 31)<br />
-<br />
bietet die Lan<strong>de</strong>shauptstadt Düsseldorf ihren<br />
Bürger/-<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>en konkreten Anknüpfungspunkt<br />
für diese Strategie.<br />
Die Konsistenzstrategie nimmt qualitative Aspekte<br />
<strong>de</strong>s Umweltverbrauchs <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Fokus. Die vom<br />
Menschen <strong>in</strong> Gang gesetzten Stoff - und Energie<br />
ströme sollen sich danach an <strong>de</strong>n Qualitäten <strong>de</strong>r<br />
Naturkreisläufe orientieren. Hierzu gehört auch die<br />
Substitution, also <strong>de</strong>r Austausch umweltschädlicher<br />
gegen umweltfreundliche Stoff e. 32)<br />
-<br />
Die Resilienzstrategie zielt darauf, die Naturkapita<br />
lien zu erhalten. Dies kann durch <strong>de</strong>ren schonen<strong>de</strong><br />
Nutzung (siehe die zuvor genannten Strategien),<br />
aber auch durch Investitionen <strong>in</strong> das Naturkapital –<br />
z. B. Auff orstung – geschehen. 33)<br />
-<br />
29) Ott, Konrad/Dör<strong>in</strong>g, Ralf (2008): Theorie und Praxis starker Nachhaltigkeit. Marburg: Metropolis-Verlag. 2. Auflage<br />
30) Statistisches Bun<strong>de</strong>samt: Nachhaltige Entwicklung <strong>in</strong> Deutschland. Indikatorenbericht 2012, S. 34<br />
31) www.duesseldorf.<strong>de</strong>/agenda21/projekte/projekt_21.shtml<br />
32) Beispiele liefern Braungart, Michael/McDonough, William (2008): Cradle to Cradle. Jonathan Cape Ltd<br />
33) Ott, Konrad/Dör<strong>in</strong>g, Ralf (2008): Theorie und Praxis starker Nachhaltigkeit. Marburg: Metropolis-Verlag. 2. Auflage<br />
1998<br />
Als erste Düsseldorfer Schule führt<br />
die Fritz-Henkel-Schule e<strong>in</strong> Umwelt-<br />
audit durch und veröffentlicht e<strong>in</strong>e<br />
Umwelterklärung.<br />
1998<br />
Die Enquete-Kommission <strong>de</strong>s 13.<br />
Deutschen Bun<strong>de</strong>stages legt ihr<br />
„Konzept Nachhaltigkeit“ vor.<br />
>><br />
11
12<br />
Abbildung 3: Energieproduktivität als Indikator zur Effizienzstrategie. 34)<br />
Die Umwelt<strong>de</strong>batte <strong>de</strong>r 70er- und 80er-Jahre war<br />
von <strong>Zukunft</strong> sängsten und Katastrophenszenarien<br />
geprägt. Nachhaltige Entwicklung ist <strong>de</strong>mgegenüber<br />
e<strong>in</strong> Konzept für die Gestaltung und Mo<strong>de</strong>rnisierung<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft . Dabei wer<strong>de</strong>n Bedrohungen nicht<br />
ausgeblen<strong>de</strong>t: Es geht darum, für unsere K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und<br />
für unsere Schüler/-<strong>in</strong>nen <strong>Zukunft</strong> soptionen zu<br />
34) Statistisches Bun<strong>de</strong>samt: Nachhaltige Entwicklung <strong>in</strong> Deutschland. Indikatorenbericht 2012, S. 26<br />
1999<br />
Düsseldorf beteiligt sich am Pro-<br />
gramm „21“ <strong>de</strong>r Bund-Län<strong>de</strong>r-<br />
Kommission für Bildungsplanung<br />
und Forschungsför<strong>de</strong>rung, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m die<br />
klassische Umweltbildung zur Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung weiter-<br />
schaff en bzw. off en zu halten – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />
Megatrends wie <strong>de</strong>r Klimawan<strong>de</strong>l o<strong>de</strong>r Peak Oil<br />
(Erreichen e<strong>in</strong>es För<strong>de</strong>rmaximums für Erdöl,<br />
danach zurückgehen<strong>de</strong> För<strong>de</strong>rmengen bei weiter<br />
steigen<strong>de</strong>r Nachfrage) mögliche Zukünft e drastisch<br />
e<strong>in</strong>engen.<br />
entwickelt wer<strong>de</strong>n soll. 12 Düsseldorfer<br />
Schulen arbeiten im Mo<strong>de</strong>llprogramm<br />
„Agenda 21 <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule“ <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />
NRW mit. In nahezu allen an<strong>de</strong>ren<br />
Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn gibt es parallel ähnliche<br />
Initiativen.<br />
><br />
>
Nationale Nachhaltigkeitsstrategie 35) : „Managementregeln <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit“<br />
Grundregel<br />
Je<strong>de</strong> Generation muss ihre Aufgaben selbst lösen und darf sie nicht <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Generationen<br />
aufb ür<strong>de</strong>n. Sie muss zugleich Vorsorge für absehbare zukünft ige Belastungen treff en. Das gilt für die<br />
Erhaltung <strong>de</strong>r natürlichen Lebensgrundlagen, für die <strong>wir</strong>tschaft liche Entwicklung sowie <strong>de</strong>n sozialen<br />
Zusammenhalt und <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mographischen Wan<strong>de</strong>l. [...]<br />
Handlungsbereiche<br />
[...]<br />
3. Erneuerbare Naturgüter (wie z. B. Holz o<strong>de</strong>r Fischbestän<strong>de</strong>) dürfen auf Dauer nur im Rahmen ihrer<br />
Fähigkeit zur Regeneration genutzt wer<strong>de</strong>n. Nicht erneuerbare Naturgüter (wie z. B. M<strong>in</strong>eralien o<strong>de</strong>r<br />
fossile Energieträger) dürfen auf Dauer nur <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Umfang genutzt wer<strong>de</strong>n, wie ihre Funktionen durch<br />
an<strong>de</strong>re Materialien o<strong>de</strong>r durch an<strong>de</strong>re Energieträger ersetzt wer<strong>de</strong>n können. Die Freisetzung von Stoff en<br />
o<strong>de</strong>r Energie darf auf Dauer nicht größer se<strong>in</strong> als die Anpassungsfähigkeit <strong>de</strong>r Ökosysteme – z. B. <strong>de</strong>s<br />
Klimas, <strong>de</strong>r Wäl<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>r Ozeane.<br />
4. Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit s<strong>in</strong>d zu vermei<strong>de</strong>n. [...]<br />
7. Auch die öff entlichen Haushalte s<strong>in</strong>d <strong>de</strong>r Generationengerechtigkeit verpfl ichtet. Bund, Län<strong>de</strong>r und<br />
Kommunen sollen möglichst bald ausgeglichene Haushalte aufstellen und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren Schritt<br />
kont<strong>in</strong>uierlich <strong>de</strong>n Schul<strong>de</strong>nstand abbauen. [...]<br />
2.5 Akteure und Möglichkeiten <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
Das Abschlussdokument <strong>de</strong>s Weltgipfels für Umwelt<br />
und Entwicklung <strong>in</strong> Rio, die Agenda 21, richtet<br />
sich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie an die Regierungen <strong>de</strong>r Staaten<br />
dieser Er<strong>de</strong>. Diese sollen e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwick-<br />
lung e<strong>in</strong>leiten. In <strong>de</strong>r Agenda 21 <strong>wir</strong>d jedoch auch<br />
auf weitere wichtige Akteure h<strong>in</strong>gewiesen, so z. B.<br />
nichtstaatliche Organisationen, Kommunen und die<br />
Privat<strong>wir</strong>tschaft . Auch K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche wer-<br />
<strong>de</strong>n als wichtige Akteure benannt; dieser Gedanke<br />
<strong>wir</strong>d <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Charta <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte und <strong>de</strong>r UN-<br />
Konvention zur Inklusion wie<strong>de</strong>r aufgegriff en. In<br />
ausdrücklicher Abkehr von tradierten Regierungs-<br />
mo<strong>de</strong>llen <strong>wir</strong>d damit die Partizipation e<strong>in</strong>e tragen<strong>de</strong><br />
Säule nachhaltiger Entwicklung.<br />
Neben <strong>de</strong>m Regierungshan<strong>de</strong>ln wer<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />
Agenda 21 weitere – ergänzen<strong>de</strong> – Möglichkeiten<br />
<strong>de</strong>r Umsetzung angesprochen. Die Bildung gehört<br />
ausdrücklich dazu (vgl. Kap. 6).<br />
Didaktische Merkposten (vgl. Kapitel 9)<br />
• Vernetztheit erfahrbar und verständlich machen,<br />
• Gerechtigkeit und an<strong>de</strong>re grundlegen<strong>de</strong> Werte vermitteln (bzw. geme<strong>in</strong>sam erarbeiten),<br />
• Nachhaltigkeitsstrategien o<strong>de</strong>r Managementregeln nutzen, um Nachhaltigkeit konkret erfahrbar zu<br />
machen,<br />
• die Partizipation von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen för<strong>de</strong>rn, d. h. K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche zur Partizipa-<br />
tion ermutigen und befähigen sowie e<strong>in</strong> off enes gesellschaft liches Klima und partizipative Strukturen<br />
schaff en.<br />
35) Die Bun<strong>de</strong>sregierung (2002): Perspektiven für Deutschland. Unsere Strategie für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung, S. 50ff.<br />
2000<br />
Mit <strong>de</strong>m Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
schafft Deutschland e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Weichenstellung für die Energiewen<strong>de</strong>.<br />
Die damit e<strong>in</strong>geführten M<strong>in</strong><strong>de</strong>st-Ab-<br />
nahmepreise für regenerativ erzeug-<br />
ten Strom gelten als das weltweit er-<br />
folgreichste Instrument zur För<strong>de</strong>rung<br />
Erneuerbarer Energien.<br />
2001<br />
Die Millenniumentwicklungsziele<br />
wer<strong>de</strong>n beschlossen.<br />
13
14<br />
3. Versuch e<strong>in</strong>er Zwischenbilanz<br />
<strong>de</strong>r 20-jährigen Entwicklung<br />
Stolperste<strong>in</strong><br />
„Das Ausmaß <strong>de</strong>s vor uns liegen<strong>de</strong>n Übergangs ist kaum zu überschätzen. Er ist h<strong>in</strong>sichtlich <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>griff<br />
stiefe vergleichbar mit <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n fundamentalen Transformationen <strong>de</strong>r Weltgeschichte: <strong>de</strong>r Neolithischen<br />
Revolution, also <strong>de</strong>r Erfi ndung und Verbreitung von Ackerbau und Viehzucht, sowie <strong>de</strong>r Industriellen<br />
Revolution ...“ (Wissenschaft licher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen) 36)<br />
Im Unterschied zur Neolithischen und auch zur<br />
Industriellen Revolution gibt es für die nachhaltige<br />
Entwicklung – zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st <strong>in</strong> Grundzügen – e<strong>in</strong>en<br />
Plan. Aber es steht auch wesentlich weniger Zeit zur<br />
Verfügung.<br />
Ist die Menschheit zu e<strong>in</strong>er solchen geplanten Revo-<br />
lution überhaupt fähig? <strong>Wie</strong> weit s<strong>in</strong>d <strong>wir</strong> – 20 Jahre<br />
nach <strong>de</strong>r Konferenz von Rio – mit <strong>de</strong>r nachhaltigen<br />
Entwicklung vorangekommen? Und: Was ist eigent-<br />
lich me<strong>in</strong> eigener kle<strong>in</strong>er Beitrag wert?<br />
Es ist e<strong>in</strong> gewagtes Unterfangen, auf wenigen Seiten<br />
zwei Jahrzehnte weltweiter Entwicklungen zu<br />
bilanzieren – bitte betrachten Sie die folgen<strong>de</strong>n Aus-<br />
führungen nur als Denkanstoß und fühlen Sie sich<br />
herausgefor<strong>de</strong>rt, Ihre eigene Bilanz zu ziehen!<br />
„Rio war e<strong>in</strong> Wen<strong>de</strong>punkt. Vorher wur<strong>de</strong>n Um-<br />
weltfragen belächelt, danach wur<strong>de</strong>n sie ernst<br />
genommen.“<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
37) Viele Staaten <strong>in</strong> allen Teilen <strong>de</strong>r Welt<br />
begannen erst <strong>in</strong> Folge <strong>de</strong>r Rio-Konferenz damit,<br />
Umweltpolitik als Regierungsaufgabe anzuse<br />
hen und z. B. Umweltaktionspläne aufzustellen<br />
o<strong>de</strong>r Umweltgesetze zu erlassen. Nationale Nach<br />
haltigkeitsstrategien wur<strong>de</strong>n verabschie<strong>de</strong>t. Auf<br />
<strong>in</strong>ternationaler Ebene wur<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Klimarah<br />
menabkommen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Konvention über biologi<br />
sche Vielfalt neue und für die Nachhaltigkeit hoch<br />
Die <strong>de</strong>utsche Bun<strong>de</strong>sregierung ver-<br />
abschie<strong>de</strong>t die Nationale Nachhaltig-<br />
keitsstrategie.<br />
be<strong>de</strong>utsame Diskussions- und Verän<strong>de</strong>rungsprozes-<br />
se angestoßen.<br />
Viele nichtstaatliche Akteure haben <strong>de</strong>n Geist von<br />
Rio aufgegriff en, so die bestehen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r neu ge-<br />
grün<strong>de</strong>ten Bürgerbewegungen, aber auch Kommu-<br />
nen o<strong>de</strong>r Unternehmen.<br />
Auf <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen politischen Ebenen – von<br />
<strong>de</strong>r globalen über die nationale und lokale bis h<strong>in</strong><br />
zu e<strong>in</strong>zelnen Schulen – wur<strong>de</strong>n Ziele und Indika-<br />
toren bestimmt, Managementregeln und Nachhal-<br />
tigkeitsstrategien aufgestellt. Das Wissen um die<br />
„Leitplanken“, <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>rer e<strong>in</strong>e zukunft sfähige<br />
Entwicklung möglich ist, wur<strong>de</strong> wesentlich erwei-<br />
tert.<br />
Die biologische Vielfalt <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> nimmt be<strong>de</strong>nklich<br />
ab. Der WWF schätzt, dass heute pro Jahr weltweit<br />
etwa 30.000 Tier- bzw. Pfl anzenarten alle<strong>in</strong> im tropi-<br />
schen Regenwald aussterben. 38)<br />
Die Emissionen an Kohlendioxid, Methan und an-<br />
<strong>de</strong>ren Treibhausgasen wachsen exponentiell an. Pa-<br />
rallel dazu ist alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>de</strong>n 100 Jahren von 1906 bis<br />
2005 die globale bo<strong>de</strong>nnahe Mitteltemperatur um<br />
0,74 °C angestiegen. 39) Es ist weitgehend unstrittig,<br />
dass sie weiter ansteigen <strong>wir</strong>d. Als kritische Marke,<br />
oberhalb <strong>de</strong>rer mit e<strong>in</strong>em abrupten, beschleunigten<br />
36) Wissenschaftlicher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen WBGU (2011): Welt im Wan<strong>de</strong>l. Gesellschaftsvertrag für e<strong>in</strong>e<br />
Große Transformation. Zusammenfassung für Entscheidungsträger, S. 5<br />
37) He<strong>in</strong>rich-Böll-Stiftung (2002): Das Jo’burg Memo. Ökologie – die neue Farbe <strong>de</strong>r Gerechtigkeit. Memorandum zum Weltgipfel für Nachhaltige<br />
Entwicklung. Berl<strong>in</strong>. 2. Auflage <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Ausgabe, S. 10<br />
38) WWF/TRAFFIC Deutschland (2001): H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formation Ausgestorbene Arten<br />
39) Umweltbun<strong>de</strong>samt (2007): Klimaän<strong>de</strong>rungen, <strong>de</strong>ren Aus<strong>wir</strong>kungen und was für <strong>de</strong>n Klimaschutz zu tun ist. Berl<strong>in</strong><br />
2002<br />
2003<br />
Sechs Schulen aus <strong>de</strong>m Düsseldor-<br />
fer Netzwerk „Bildung für nachhal-<br />
tige Entwicklung“ haben bislang<br />
Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitsaudits<br />
durchgeführt und so eigene Zugänge<br />
zu e<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung<br />
gefun<strong>de</strong>n.<br />
>
Beispiel 1: Düsseldorf Café<br />
„Fair gehan<strong>de</strong>lter Kaff ee sichert <strong>de</strong>n Produzenten e<strong>in</strong> menschenwürdiges Leben. In Düsseldorf wur<strong>de</strong> –<br />
als Agenda-Projekt Nr. 28 -<br />
40) – die faire Lokalmarke „Düsseldorf Café“ kreiert, <strong>de</strong>r Kaff ee <strong>wir</strong>d professio<br />
nell vermarktet und ist <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> über 70 Verkaufsstellen erhältlich.<br />
Damit ist Düsseldorf Teil e<strong>in</strong>er dynamischen Bewegung: In Deutschland wur<strong>de</strong>n 2009 FairTra<strong>de</strong>-<br />
Waren im Wert von rund 264 Millionen Euro verkauft ; <strong>de</strong>r Absatz hatte 2008 um 50 % und 2009 um<br />
26 % zugelegt. Weltweit <strong>wir</strong>d <strong>de</strong>r Umsatz <strong>de</strong>r Branche auf 3,4 Milliar<strong>de</strong>n Euro geschätzt, auch hier mit<br />
steigen<strong>de</strong>r Ten<strong>de</strong>nz. Davon „profi tierten“ bereits „1,2 Millionen Kle<strong>in</strong>bauern und Plantagenarbeiter <strong>in</strong><br />
60 Entwicklungslän<strong>de</strong>rn“. 41)<br />
Beispiel 2: Nachhaltigkeitsaudit <strong>in</strong> Düsseldorfer Schulen<br />
„Nachhaltigkeit <strong>wir</strong>d nicht „vermittelt“, son<strong>de</strong>rn geme<strong>in</strong>sam gelebt – das ist die Grundi<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s Nachhal-<br />
tigkeitsaudits (Agenda-Projekt Nr. 16)<br />
-<br />
-<br />
42) : Schüler/-<strong>in</strong>nen, Lehrer/-<strong>in</strong>nen und Eltern entwickeln eigene<br />
Vorstellungen für e<strong>in</strong>e nachhaltige Schule. Sie unterziehen ihre eigene Schule e<strong>in</strong>em Nachhaltigkeits<br />
Check, <strong>de</strong>cken so Licht- und Schattenseiten auf und gestalten dann <strong>de</strong>n Schulalltag im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>r Nach<br />
haltigkeit neu.<br />
Beispiel 3: 350.org<br />
Die Nichtregierungsorganisation 350.org will erreichen, dass sich die Eliten dieser Welt ernsthaft für<br />
<strong>de</strong>n Klimaschutz engagieren und dass so die CO2-Konzentration <strong>de</strong>r Atmosphäre wie<strong>de</strong>r auf maximal<br />
350 ppm 43) reduziert <strong>wir</strong>d – gegenwärtig liegt sie bei 392 ppm. 350.org hat <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Jahren 2009 bis 2011<br />
globale Klimaaktionstage <strong>in</strong>itiiert, bei <strong>de</strong>nen jeweils unzählige Menschen mit mehreren tausend lokalen<br />
Events rund um <strong>de</strong>n Globus e<strong>in</strong>en engagierten Klimaschutz gefor<strong>de</strong>rt haben. Je<strong>de</strong>rmann, an je<strong>de</strong>m Ort<br />
<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, kann sich an dieser Bewegung beteiligen. 44)<br />
und unkontrollierbaren Klimawan<strong>de</strong>l zu rechnen<br />
ist, gilt e<strong>in</strong> Temperaturanstieg um 2 °C gegenüber<br />
<strong>de</strong>n Werten vor Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r Industrialisierung.<br />
-<br />
-<br />
45)<br />
Mit <strong>de</strong>m Kyoto-Protokoll sollte weltweit <strong>de</strong>r Ausstoß<br />
an Treibhausgasen begrenzt wer<strong>de</strong>n. Die Bun<strong>de</strong>s<br />
republik hat ihre dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gegangenen Verpfl ich<br />
tungen erfüllt46) , an<strong>de</strong>re Staaten haben ihre <strong>de</strong>utlich<br />
verfehlt. Äußerst kritisch ist zu<strong>de</strong>m, dass die Staaten<br />
dieser Welt bislang ke<strong>in</strong> Folgeabkommen für das<br />
2012 auslaufen<strong>de</strong> Kyoto-Protokoll vere<strong>in</strong>bart haben.<br />
Der weltweite Energieverbrauch ist zwischen 1950<br />
und 2000 um ca. 3,5 % jährlich gestiegen. -<br />
-<br />
47) Die Ab<br />
kopplung <strong>de</strong>s bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Energieverbrauchs<br />
vom Wirtschaft swachstum durch e<strong>in</strong>e (langsame)<br />
Effi zienzsteigerung nach <strong>de</strong>r Ölkrise 1973 weist<br />
jedoch ten<strong>de</strong>nziell <strong>in</strong> die richtige Richtung. Der<br />
Ausbau <strong>de</strong>r erneuerbaren Energien ist – gera<strong>de</strong> <strong>in</strong><br />
Deutschland und zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st bis 2012 – e<strong>in</strong>e Erfolgs<br />
40) www.duesseldorf.<strong>de</strong>/agenda21/projekte/projekt_28.shtml<br />
41) Fairtra<strong>de</strong> Deutschland (2010): Fairtra<strong>de</strong> wächst weltweit. Onl<strong>in</strong>e-Dokument; URL: www.fairtra<strong>de</strong>-<strong>de</strong>utschland.<strong>de</strong>/top/nachricht/?tx_<br />
ttnews[backPid]=142&tx_ttnews[pS]=1323794202&tx_ttnews[po<strong>in</strong>ter]=42&tx_ttnews[tt_news]=290&cHash=e4489b88ba3044cffc071a843<br />
86275cf, zuletzt überprüft: 24.05.2012<br />
Fairtra<strong>de</strong> Deutschland (2010): Fairtra<strong>de</strong> weltweit. Onl<strong>in</strong>e-Dokument; URL: www.fairtra<strong>de</strong>-<strong>de</strong>utschland.<strong>de</strong>/ueber-fairtra<strong>de</strong>/fairtra<strong>de</strong>-weltweit/,<br />
zuletzt überprüft: 24.05.2012<br />
42) www.duesseldorf.<strong>de</strong>/agenda21/projekte/projekt_16.shtml und www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/duesseldorf/<br />
43) Millionstel Teile. Vor <strong>de</strong>r Industrialisierung betrug <strong>de</strong>r CO2-Gehalt 275 ppm. Datenquelle: www.350.org<br />
44) www.350.org/<br />
45) Leggett, Jeremy (2006): Peak Oil. Köln: Kiepenheuer & Witsch, S. 111–112, und Umweltbun<strong>de</strong>samt (2007): Klimaän<strong>de</strong>rungen, <strong>de</strong>ren Aus<strong>wir</strong>-<br />
kungen und was für <strong>de</strong>n Klimaschutz zu tun ist. Berl<strong>in</strong><br />
46) Statistisches Bun<strong>de</strong>samt: Nachhaltige Entwicklung <strong>in</strong> Deutschland. Indikatorenbericht 2012, S. 10–11<br />
47) Meadows, Donella H./Ran<strong>de</strong>rs, Jørgen/Meadows, Dennis L. (2007): Grenzen <strong>de</strong>s Wachstums. Das 30-Jahre-Update. Stuttgart: S. Hirzel. 2.,<br />
ergänzte Auflage, S. 86<br />
2005<br />
2007<br />
Die von <strong>de</strong>n Vere<strong>in</strong>ten Nationen aus-<br />
Das Statistische Bun<strong>de</strong>samt veröf-<br />
gerufene Welt<strong>de</strong>ka<strong>de</strong> „Bildung für fentlicht <strong>de</strong>n ersten Indikatorenbe-<br />
nachhaltige Entwicklung“ beg<strong>in</strong>nt. richt zur Nationalen Nachhaltigkeits-<br />
strategie <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung.<br />
2008<br />
Die Studie „<strong>Zukunft</strong>sfähiges<br />
Deutschland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er globalisierten<br />
Welt“ ersche<strong>in</strong>t.<br />
15
16<br />
Beispiel 4: Global Report<strong>in</strong>g Initiative<br />
Seit <strong>de</strong>n 90er-Jahren haben weltweit mehrere tausend Unternehmen Umweltaudits durchgeführt und<br />
anschließend sogenannte Umwelterklärungen vorgelegt; hierbei haben sie sich an die strengen Vorga-<br />
ben <strong>de</strong>r <strong>in</strong>ternationalen Norm ISO 14.000 bzw. <strong>de</strong>r europäischen EMAS-Verordnung gehalten. Später<br />
entwickelte sich <strong>de</strong>r Trend zu e<strong>in</strong>er umfassen<strong>de</strong>ren Nachhaltigkeits-Berichterstattung. Die Global Report<strong>in</strong>g<br />
Initiative (GRI) -<br />
48) setzt sich dafür e<strong>in</strong>, dass die Unternehmen auch diese Nachhaltigkeitsberich<br />
te nach ähnlich strengen Vorgaben erstellen wie ihre Umweltberichte o<strong>de</strong>r ihre F<strong>in</strong>anzberichte. Somit<br />
soll gesichert wer<strong>de</strong>n, dass auch „Nachhaltigkeit dr<strong>in</strong> ist“, wo Nachhaltigkeit draufsteht.<br />
Beispiel 5: Land<strong>wir</strong>tschaftliche Produktion sichern 49)<br />
In se<strong>in</strong>em Bericht „Hunger im Überfl uss“ zeigt das Worldwatch Institute (2011) anhand mehrerer<br />
Beispiele, wie Bäuer<strong>in</strong>nen und Bauern (überwiegend) <strong>in</strong> Afrika durch verbesserte land<strong>wir</strong>tschaft liche<br />
Praktiken die Bo<strong>de</strong>nfruchtbarkeit för<strong>de</strong>rn, die Erträge steigern und dadurch <strong>de</strong>n Hunger überw<strong>in</strong><strong>de</strong>n<br />
können. Dazu gehört die Agroforst<strong>wir</strong>tschaft , bei welcher Ackerfl ächen bzw. Wei<strong>de</strong>n mit Bäumen und<br />
Sträuchern so komb<strong>in</strong>iert wer<strong>de</strong>n, dass die Wasser- und Nährstoffk reisläufe, das Mikroklima und die<br />
Lebensbed<strong>in</strong>gungen für wild<strong>leben</strong><strong>de</strong> Tiere sich natürlichem Waldland angleichen. Nebenbei <strong>wir</strong>d mit<br />
solchen Maßnahmen die Bo<strong>de</strong>nfruchtbarkeit gesichert und erheblich CO2 gebun<strong>de</strong>n.<br />
geschichte, <strong>de</strong>nn hier haben Politik und Wirtschaft<br />
auf Problemlagen reagiert und technische Innovationen<br />
durchgesetzt. Die „Energiewen<strong>de</strong>“ muss<br />
aber drei Elemente vere<strong>in</strong>en: e<strong>in</strong>e umweltgerechte<br />
Energieproduktion, e<strong>in</strong>e effi ziente Nutzung und<br />
e<strong>in</strong>en sparsamen Lebensstil.<br />
Die Schere zwischen Arm und Reich ist nach wie<br />
vor immens: Die reichsten 25 % <strong>de</strong>r Weltbevölke<br />
rung erzielen – <strong>in</strong> Kaufk raft paritäten – etwa 75 %<br />
<strong>de</strong>s weltweiten E<strong>in</strong>kommens. 50) Etwa 2,7 Milliar<strong>de</strong>n<br />
Menschen <strong>leben</strong> von weniger als 2,00 US$ (Kauf<br />
kraft parität) pro Tag, 1,1 Milliar<strong>de</strong>n von ihnen<br />
müssen sogar mit weniger als 1,00 US$ täglich aus<br />
kommen. Der Prozentsatz extrem armer Menschen<br />
hat seit ca. 1980 abgenommen, das ist vor allem <strong>de</strong>r<br />
Entwicklung <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a zu verdanken. Aufgrund <strong>de</strong>s<br />
Bevölkerungswachstums steigt die absolute Zahl <strong>de</strong>r<br />
extrem armen Menschen aber. 51)<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Diese Schere bezieht sich auch auf die Inanspruch<br />
nahme <strong>de</strong>r Naturgüter. Die 500 Mio. wohlha<br />
ben<strong>de</strong>n Menschen (ca. 7 % <strong>de</strong>r Weltbevölkerung)<br />
verursachen ca. 50 % aller anthropogenen CO2-<br />
Emissionen; die 3 Milliar<strong>de</strong>n Armen h<strong>in</strong>gegen nur<br />
ca. 6 %. 52) Wür<strong>de</strong>n alle Menschen so <strong>leben</strong> und kon<br />
sumieren wie die US-Amerikaner – d. h. Pro-Kopf-<br />
Jahrese<strong>in</strong>kommen von gut 45.000 US$, ökologischer<br />
Fußabdruck von 9,4 ha –, dann könnte die Er<strong>de</strong> nur<br />
ca. 1,4 Milliar<strong>de</strong>n Menschen verkraft en (<strong>wir</strong> Euro<br />
päer verbrauchen etwas weniger Ressourcen). Selbst<br />
bei e<strong>in</strong>em im heutigen globalen Maßstab mittleren<br />
Lebensniveau – d. h. Pro-Kopf-Jahrese<strong>in</strong>kommen<br />
von gut 5.000 US$, ökologischer Fußabdruck von<br />
2,2 ha – wäre die Tragfähigkeit <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> mit ca. 6,2<br />
Milliar<strong>de</strong>n Menschen ausgeschöpft . 53) Somit „läuft<br />
bei e<strong>in</strong>em begrenzten Umweltraum die ungleiche<br />
Aneignung <strong>de</strong>r Naturressourcen auf e<strong>in</strong>en Entzug<br />
von Über<strong>leben</strong>smitteln für arme Län<strong>de</strong>r h<strong>in</strong>aus.“ 54)<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
48) www.globalreport<strong>in</strong>g.org/<br />
49) Worldwatch Institute (Hrsg., 2011): Zur Lage <strong>de</strong>r Welt 2011. Hunger im Überfluss. Neue Strategien gegen Unterernährung und Armut.<br />
München: oekom<br />
50) Brot für die Welt/eed/BUND (Hrsg., 2008): <strong>Zukunft</strong>sfähiges Deutschland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er globalisierten Welt. E<strong>in</strong>e Studie <strong>de</strong>s Wuppertal Instituts<br />
für Klima, Umwelt, Energie. Frankfurt am Ma<strong>in</strong>: Fischer Taschenbuch Verlag, S. 79, nach Daten von Milanovic, Branko (2005): Worlds Apart:<br />
Global and International Inequality 1950–2000. Pr<strong>in</strong>ceton<br />
51) Brot für die Welt/eed/BUND (Hrsg., 2008): <strong>Zukunft</strong>sfähiges Deutschland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er globalisierten Welt. E<strong>in</strong>e Studie <strong>de</strong>s Wuppertal Instituts für<br />
Klima, Umwelt, Energie. Frankfurt am Ma<strong>in</strong>: Fischer Taschenbuch Verlag, S. 82<br />
52) Assadourian, Erik (2010): Aufstieg und Fall unserer Konsumkultur. In: Worldwatch Institute (Hrsg.): Zur Lage <strong>de</strong>r Welt 2010. E<strong>in</strong>fach besser<br />
<strong>leben</strong>. Nachhaltigkeit als neuer Lebensstil. München: oekom. S. 35–57, S. 37, und Pacala, Stephen (2007): Equitable Solutions to Green-<br />
house Warm<strong>in</strong>g: On the Distribution of Wealth, Emissions and Responsibility With<strong>in</strong> and Between Nations. Beitrag zur Globalen Entwick-<br />
lungskonferenz <strong>de</strong>s International Institute for Applied Systems Analysis, <strong>Wie</strong>n<br />
53) Assadourian, Erik (2010): Aufstieg und Fall unserer Konsumkultur. In: Worldwatch Institute (Hrsg.): Zur Lage <strong>de</strong>r Welt 2010. E<strong>in</strong>fach besser<br />
<strong>leben</strong>. Nachhaltigkeit als neuer Lebensstil. München: oekom., S. 38<br />
54) Brot für die Welt/eed/BUND (Hrsg., 2008): <strong>Zukunft</strong>sfähiges Deutschland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er globalisierten Welt. E<strong>in</strong>e Studie <strong>de</strong>s Wuppertal Instituts für<br />
Klima, Umwelt, Energie. Frankfurt am Ma<strong>in</strong>: Fischer Taschenbuch Verlag, S. 77<br />
2009<br />
2009<br />
In Bonn f<strong>in</strong><strong>de</strong>t e<strong>in</strong> weiterer Welternäh-<br />
In Kopenhagen tagt die Weltklima-<br />
rungsgipfel statt.<br />
konferenz COP 15. <strong>Wie</strong><strong>de</strong>r e<strong>in</strong>mal<br />
gel<strong>in</strong>gt es nicht, e<strong>in</strong> faires und ver-<br />
b<strong>in</strong>dliches Klimaschutzabkommen<br />
auszuhan<strong>de</strong>ln.<br />
2011<br />
Unter <strong>de</strong>m E<strong>in</strong>druck <strong>de</strong>r Reaktorkata-<br />
strophe <strong>in</strong> Fukushima beschließt <strong>de</strong>r<br />
Deutsche Bun<strong>de</strong>stag <strong>de</strong>n Atomaus-<br />
stieg (Dreizehntes Gesetz zur Än<strong>de</strong>-<br />
rung <strong>de</strong>s Atomgesetzes).<br />
>
Entwicklungshilfe sollte die gröbsten Ungerech<br />
tigkeiten ausgleichen. Doch die anspruchsvollen<br />
Programme <strong>de</strong>r Agenda 21 wur<strong>de</strong>n nicht <strong>in</strong> <strong>de</strong>m<br />
Maße fi nanziert wie geplant. Das UNCED-Sekre<br />
tariat hatte <strong>de</strong>n F<strong>in</strong>anzbedarf für die Umsetzung<br />
<strong>de</strong>r Agenda 21 <strong>in</strong> <strong>de</strong>n armen Län<strong>de</strong>rn auf ca. 600<br />
Milliar<strong>de</strong>n US$ jährlich geschätzt. 55) Davon sollten<br />
125 Milliar<strong>de</strong>n US$ aus <strong>de</strong>r regulären Entwicklungs<br />
hilfe fl ießen, für welche die Industrielän<strong>de</strong>r 0,7 %<br />
ihres Bruttosozialproduktes zur Verfügung stellen<br />
wollten. In <strong>de</strong>r Praxis haben die Industrielän<strong>de</strong>r<br />
jedoch zwischen 1992 und 2000 ihre Entwick<br />
lungshilfe von 69 Milliar<strong>de</strong>n US$ auf 53 Milliar<strong>de</strong>n<br />
US$ reduziert. 56) Dabei s<strong>in</strong>d Arme vielleicht eher<br />
„verh<strong>in</strong><strong>de</strong>rte Akteure und nicht zu kurz gekommene<br />
Versorgungsempfänger“ 57) -<br />
-<br />
-<br />
-<br />
, siehe Beispiel 5.<br />
„Noch nie hat die Menschheit über so viele techni<br />
sche und fi nanzielle Ressourcen verfügt, die genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n könnten, um massenhaft en Verarmungspro<br />
zessen entgegenzusteuern. Es geht weniger um das<br />
Können, als vielmehr um <strong>de</strong>n politischen Willen,<br />
um die Durchsetzung von Interessen, um das<br />
Entwickeln von I<strong>de</strong>en, Energien, Strategien und <strong>de</strong>n<br />
E<strong>in</strong>satz von Ressourcen.“ 58) -<br />
-<br />
Das betrifft die an<strong>de</strong>ren<br />
Aspekte <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit gleichermaßen, und<br />
das führt unmittelbar zu <strong>de</strong>r Frage, was Bildung <strong>in</strong><br />
diesem Kontext will und kann (vgl. Kap. 6).<br />
Nachhaltige Entwicklung als systematischer<br />
Suchprozess ist noch immer auf e<strong>in</strong>en relativ<br />
geschlossenen Kreis aus Politik, Wissenschaft ,<br />
Wirtschaft sowie NGOs beschränkt. Das Konzept<br />
<strong>de</strong>r Nachhaltigkeit ist großen Teilen <strong>de</strong>r Bevölke<br />
rung Deutschlands nicht bekannt. Allerd<strong>in</strong>gs stoßen<br />
zentrale Inhalte <strong>de</strong>s Begriff es auf hohe Zustim<br />
mung. 59) -<br />
-<br />
„Nur noch e<strong>in</strong> Drittel <strong>de</strong>r Bürger glaubt<br />
daran, dass das Wachstum automatisch auch ihre<br />
private Lebensqualität steigern <strong>wir</strong>d. Immaterielle<br />
Werte wie soziale Gerechtigkeit o<strong>de</strong>r Umweltschutz<br />
wer<strong>de</strong>n für so wichtig erachtet, dass sie die Haltung<br />
<strong>de</strong>r Deutschen zum Wirtschaft ssystem bee<strong>in</strong>fl ussen;<br />
so halten 88 % <strong>de</strong>r Befragten das <strong>de</strong>rzeitige System<br />
nicht für geeignet, <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>r Umwelt und <strong>de</strong>n<br />
sorgsamen Umgang mit <strong>de</strong>n Ressourcen sowie <strong>de</strong>n<br />
sozialen Ausgleich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Gesellschaft genügend zu<br />
berücksichtigen.“ 60)<br />
Nach Auff assung <strong>de</strong>s Wissenschaft lichen Beirats <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen<br />
vollzieht sich weltweit e<strong>in</strong> Werte- und Bewusst<br />
se<strong>in</strong>swan<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung<br />
stützen kann. So sieht <strong>in</strong>zwischen – rund um <strong>de</strong>n<br />
Globus – die übergroße Mehrheit <strong>de</strong>r Menschen<br />
<strong>de</strong>n Klimawan<strong>de</strong>l als e<strong>in</strong> ernstes bzw. sehr ernstes<br />
Problem an; Ähnliches gilt für <strong>de</strong>n Verlust an Tierund<br />
Pfl anzenarten. Selbst auf die Frage, ob „<strong>de</strong>m<br />
Umweltschutz mehr Aufmerksamkeit geschenkt<br />
wer<strong>de</strong>n sollte, auch wenn dadurch das Wirtschaft s<br />
wachstum s<strong>in</strong>kt und Arbeitsplätze verloren gehen“,<br />
entschie<strong>de</strong>n sich noch 54,6 % von 73.461 befragten<br />
Menschen <strong>in</strong> 56 Län<strong>de</strong>rn für <strong>de</strong>n Umweltschutz. 61)<br />
Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d – wie <strong>in</strong> Deutschland nachgewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n konnte – umweltbezogene Werte <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />
verschie<strong>de</strong>nen sozialen Milieus sehr unterschied<br />
lich ausgeprägt, und <strong>in</strong> <strong>de</strong>r jüngsten Vergangenheit<br />
haben sich neue Milieus (mo<strong>de</strong>rne Performer,<br />
Experimentalisten und Hedonisten) herausgebil<br />
<strong>de</strong>t, die <strong>in</strong>sgesamt knapp 30 % <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />
ausmachen und <strong>de</strong>m Umweltschutz nur sehr<br />
bed<strong>in</strong>gt zugeneigt s<strong>in</strong>d. 62) Zu<strong>de</strong>m gibt es – neben<br />
<strong>de</strong>n Werten – noch e<strong>in</strong>e Vielzahl an<strong>de</strong>rer Faktoren,<br />
die das tatsächliche Han<strong>de</strong>ln mit bestimmen. 63)<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Dazu gehören die <strong>de</strong>m e<strong>in</strong>zelnen Menschen zur<br />
55) Demgegenüber wur<strong>de</strong>n 2006 weltweit 1.204 Milliar<strong>de</strong>n US$ für Rüstung ausgegeben. Datenquelle: SIPRI (2007): SIPRI YEARBOOK 2007:<br />
Armaments, Disarmament and International Security. Onl<strong>in</strong>e-Dokument; URL, www.sipri.org/yearbook/2007, zuletzt überprüft: 10.08.2011<br />
56) He<strong>in</strong>rich-Böll-Stiftung (2002): Das Jo’burg Memo. Ökologie – die neue Farbe <strong>de</strong>r Gerechtigkeit. Memorandum zum Weltgipfel für Nachhaltige<br />
Entwicklung. Berl<strong>in</strong>. 2. Auflage <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Ausgabe, S. 12<br />
57) Brot für die Welt/eed/BUND (Hrsg., 2008): <strong>Zukunft</strong>sfähiges Deutschland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er globalisierten Welt. E<strong>in</strong>e Studie <strong>de</strong>s Wuppertal Instituts für<br />
Klima, Umwelt, Energie. Frankfurt am Ma<strong>in</strong>: Fischer Taschenbuch Verlag, S. 198<br />
58) VENRO (2000): Globales Lernen als Aufgabe und Handlungsfeld entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen. Onl<strong>in</strong>e-Dokument;<br />
URL: www.venro.org/publikationen/archiv/arbeitspapier_10.pdf, zuletzt überprüft: 01.11.2007, S. 7<br />
59) Kuckartz, Udo (2000): Umweltbewusstse<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland. Ergebnisse e<strong>in</strong>er repräsentativen Bevölkerungsumfrage. Berl<strong>in</strong>: Bun<strong>de</strong>sumwelt-<br />
m<strong>in</strong>isterium und Bun<strong>de</strong>sm<strong>in</strong>isterium für Bildung und Forschung (Hrsg., 2002): Bericht <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung zur Bildung für e<strong>in</strong>e nachhaltige<br />
Entwicklung. Bonn, S. 10<br />
60) Wissenschaftlicher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen WBGU (2011): Welt im Wan<strong>de</strong>l. Gesellschaftsvertrag für e<strong>in</strong>e<br />
Große Transformation. Zusammenfassung für Entscheidungsträger, S. 72<br />
61) Wissenschaftlicher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen WBGU (2011): Welt im Wan<strong>de</strong>l. Gesellschaftsvertrag für e<strong>in</strong>e<br />
Große Transformation. Zusammenfassung für Entscheidungsträger, S. 73ff., mit Rückgriff auf Daten <strong>de</strong>s World Values Survey<br />
62) Wippermann, Carsten/Flaig, Berthold Bodo/Calmbach, Marc/Kle<strong>in</strong>hückelkotten, Silke (2009): Umweltbewusstse<strong>in</strong> und Umweltverhalten <strong>de</strong>r<br />
sozialen Milieus <strong>in</strong> Deutschland. Berl<strong>in</strong>: Umweltbun<strong>de</strong>samt (Hrsg.). Onl<strong>in</strong>e-Dokument; URL: www.umweltdaten.<strong>de</strong>/publikationen/fpdf-l/3871.<br />
pdf, zuletzt überprüft: 26.07.2011<br />
63) dito<br />
><br />
2011<br />
2012<br />
Die UN-Deka<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Biodiversität Die „Conference on Susta<strong>in</strong>able Deve-<br />
beg<strong>in</strong>nt.<br />
lopment – Rio+20“ <strong>in</strong> Rio <strong>de</strong> Janeiro<br />
zieht e<strong>in</strong>e ernüchtern<strong>de</strong> Bilanz <strong>de</strong>r<br />
Anstrengungen um e<strong>in</strong>e nachhaltige<br />
Entwicklung.<br />
17
18<br />
Verfügung stehen<strong>de</strong>n Handlungsoptionen (z. B. nur<br />
wohlhaben<strong>de</strong> Menschen können sich e<strong>in</strong>e Flugreise<br />
überhaupt leisten) o<strong>de</strong>r auch kognitive Barrieren<br />
wie die fehlen<strong>de</strong> Langfristorientierung (z. B. beim<br />
Kauf e<strong>in</strong>es Haushaltsgerätes o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>es Autos <strong>wir</strong>d<br />
<strong>de</strong>r Kaufpreis stärker berücksichtigt als die – <strong>de</strong>n<br />
Energieverbrauch mit be<strong>in</strong>halten<strong>de</strong>n – Gesamtkos<br />
ten <strong>de</strong>r Investition). 64) -<br />
Hier ergeben sich vielfältige<br />
s<strong>in</strong>nvolle Ansatzpunkte für die Bildung.<br />
Didaktische Merkposten (vgl. Kapitel 9)<br />
• zentrale Th emen <strong>de</strong>s Nachhaltigkeitsdiskurses: Energiewen<strong>de</strong> und Klimaschutz, Biodiversität, Land-<br />
<strong>wir</strong>tschaft und Ernährung, Armutsbekämpfung, fairer Han<strong>de</strong>l ...<br />
• Visionen und Leitbil<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>es guten und gel<strong>in</strong>gen<strong>de</strong>n Lebens fi n<strong>de</strong>n<br />
• <strong>Zukunft</strong> als gestaltbar vermitteln<br />
• zum Wertewan<strong>de</strong>l beitragen<br />
• langfristiges Denken schulen<br />
• konkrete Handlungsoptionen für Nachhaltigkeit schaff en<br />
64) Wissenschaftlicher Beirat <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Globale Umweltverän<strong>de</strong>rungen WBGU (2011): Welt im Wan<strong>de</strong>l. Gesellschaftsvertrag für e<strong>in</strong>e<br />
Große Transformation. Zusammenfassung für Entscheidungsträger, S. 83<br />
2014<br />
Die Welt<strong>de</strong>ka<strong>de</strong> „Bildung für nach-<br />
haltige Entwicklung“ en<strong>de</strong>t. Trotz<br />
klarer Erfolge bleibt noch viel zu<br />
tun, um die Potenziale <strong>de</strong>r Bildung<br />
für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung<br />
auszuschöpfen. In Deutschland und <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>igen an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn wer<strong>de</strong>n die<br />
<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Deka<strong>de</strong> begonnenen Aktivitäten<br />
daher fortgesetzt.<br />
2015<br />
Kritische Bilanz zu <strong>de</strong>n Millenniument-<br />
wicklungszielen: Die extreme Armut<br />
konnte <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, Indien und Brasilien<br />
reduziert wer<strong>de</strong>n, weltweit aber steigt<br />
die Zahl <strong>de</strong>r extrem armen Menschen.<br />
>
4. Die Rolle <strong>de</strong>r Bildung<br />
für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung<br />
4.1 Bildungsauft rag <strong>de</strong>r Agenda 21<br />
„Bildung/Erziehung, öff entliche Bewusstse<strong>in</strong>sbil<br />
dung und berufl iche Ausbildung stehen mit fast<br />
allen Programmbereichen <strong>de</strong>r Agenda 21 <strong>in</strong> Ver<br />
b<strong>in</strong>dung.“ 65) Bildungsaufgaben wer<strong>de</strong>n <strong>in</strong> fast allen<br />
Kapiteln <strong>de</strong>r Agenda 21 explizit als Umsetzungs<br />
möglichkeiten angesprochen. So <strong>wir</strong>d im Kapitel 9<br />
„Schutz <strong>de</strong>r Erdatmosphäre“ u. a. vorgeschlagen,<br />
Maßnahmen zur Aufk lärung und Bewusstse<strong>in</strong>s<br />
för<strong>de</strong>rung „zum Th ema sparsame Energienut<br />
zung und umweltverträgliche Energieträger“ zu<br />
för<strong>de</strong>rn. 66)<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Inwieweit kann Bildung zu e<strong>in</strong>er nachhaltigen Ent-<br />
wicklung beitragen?<br />
Das Kapitel 36 bün<strong>de</strong>lt diese Querschnittsaufgabe<br />
noch e<strong>in</strong>mal. Es umfasst folgen<strong>de</strong> Programmberei-<br />
che:<br />
• Neuausrichtung <strong>de</strong>r Bildung auf e<strong>in</strong>e nachhaltige<br />
Entwicklung,<br />
• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r öff entlichen Bewusstse<strong>in</strong>sbildung,<br />
• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r berufl ichen Ausbildung.<br />
Bildung ist genauso auf <strong>Zukunft</strong> ausgerichtet wie die<br />
Nachhaltigkeitsi<strong>de</strong>e – auch das lässt Verb<strong>in</strong>dungen<br />
naheliegend ersche<strong>in</strong>en.<br />
Stolperste<strong>in</strong><br />
Bildung für nachhaltige Entwicklung ist angesichts <strong>de</strong>s Stan<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r globalen Entwicklung (Kap. 5) e<strong>in</strong>e<br />
Zumutung für Bildungsakteure. Bildung, wie <strong>wir</strong> sie heute verstehen, kann und will ke<strong>in</strong> Instrument <strong>de</strong>r<br />
Politik – und erst recht ke<strong>in</strong> Korrektiv für e<strong>in</strong>e verfehlte Politik – se<strong>in</strong>. Daher ist klar zu unterschei<strong>de</strong>n<br />
zwischen <strong>de</strong>r Notwendigkeit, e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung auf <strong>de</strong>n Weg zu br<strong>in</strong>gen – was e<strong>in</strong>e orig<strong>in</strong>är<br />
politische Aufgabe für die Generation <strong>de</strong>r heute Erwachsenen ist –, und <strong>de</strong>r Ausbildung <strong>de</strong>r Jugend, die<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zunehmend komplexere und globalisierte Welt h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wächst und diese mit gestalten muss – was<br />
e<strong>in</strong>e pädagogische Aufgabe ist.<br />
Die Antworten können je nach Kontext und je<br />
nach <strong>de</strong>m Verständnis von Nachhaltigkeit ganz<br />
unterschiedlich ausfallen. Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung kann z. B. gelesen wer<strong>de</strong>n<br />
• als die E<strong>in</strong>lösung <strong>de</strong>s Grundrechts auf Bildung<br />
für alle,<br />
• als e<strong>in</strong>e Bürger zur gesellschaft lichen Partizipation<br />
befähigen<strong>de</strong> politische Bildung,<br />
• als Umweltaufk lärung und öff entliche Bewusst-<br />
se<strong>in</strong>sbildung o<strong>de</strong>r<br />
• als e<strong>in</strong>e grundlegen<strong>de</strong> Anfor<strong>de</strong>rung an das<br />
Bildungssystem im 21. Jahrhun<strong>de</strong>rt.<br />
65) Bun<strong>de</strong>sumweltm<strong>in</strong>isterium (1992): Konferenz <strong>de</strong>r Vere<strong>in</strong>ten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 <strong>in</strong> Rio <strong>de</strong> Janeiro –<br />
Dokumente – Agenda 21. Bonn, S. 261<br />
66) Bun<strong>de</strong>sumweltm<strong>in</strong>isterium (1992): Konferenz <strong>de</strong>r Vere<strong>in</strong>ten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 <strong>in</strong> Rio <strong>de</strong> Janeiro –<br />
Dokumente – Agenda 21. Bonn, S. 70<br />
2017<br />
Die Lan<strong>de</strong>shauptstadt Düsseldorf<br />
entsen<strong>de</strong>t „Schülerbotschafter“ <strong>in</strong><br />
die Partnerstädte Read<strong>in</strong>g, Haifa,<br />
Warschau, Moskau, Chongq<strong>in</strong>g<br />
und Chemnitz; sie sollen dort das<br />
„Nachhaltigkeitsaudit“ bekannt ma-<br />
chen und Schulpartnerschaften mit<br />
umweltaktiven Schulen anbahnen.<br />
2018<br />
Der Weltklimarat teilt mit, dass die<br />
vergangenen fünf Jahre zu <strong>de</strong>n zehn<br />
wärmsten Jahren seit Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r<br />
weltweiten Temperaturaufzeichnun-<br />
gen gehören.<br />
19
20<br />
4.2 Gestaltungskompetenz<br />
als zentrales Lernziel<br />
E<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle pädagogische Antwort auf <strong>de</strong>n<br />
Bildungsauft rag <strong>de</strong>r Agenda 21 gaben Gerhard <strong>de</strong><br />
Haan und Dorothee Harenberg bereits 1999. Sie<br />
postulierten als übergeordnetes Lernziel für die<br />
bei<strong>de</strong>n BLK-Mo<strong>de</strong>llprogramme (vgl. Kap. 7) die<br />
„Gestaltungskompetenz für nachhaltige Entwick<br />
lung ... Mit Gestaltungskompetenz <strong>wir</strong>d das nach<br />
vorne weisen<strong>de</strong> Vermögen bezeichnet, die <strong>Zukunft</strong><br />
von Sozietäten, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen man lebt, <strong>in</strong> aktiver Teil<br />
habe im S<strong>in</strong>ne nachhaltiger Entwicklung modifi zie<br />
ren und mo<strong>de</strong>llieren zu können.“ 67) -<br />
-<br />
-<br />
Im Laufe <strong>de</strong>r<br />
bei<strong>de</strong>n BLK-Mo<strong>de</strong>llprogramme wur<strong>de</strong>n mehrere<br />
Teilkompetenzen formuliert, die <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit<br />
die Gestaltungskompetenz ausmachen sollen (siehe<br />
Kästen).<br />
Die Gestaltungskompetenz hat sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r <strong>de</strong>ut<br />
schen Diskussion als das zentrale Lernziel <strong>de</strong>r BNE<br />
durchgesetzt. Mit <strong>de</strong>r Fokussierung auf dieses Lern<br />
ziel <strong>wir</strong>d die BNE e<strong>in</strong>erseits klar vom „tradierten<br />
Lernen“ 68) -<br />
-<br />
abgegrenzt – dieses dient dazu, Wissen,<br />
Können und Regeln zu erwerben, um bekannte und<br />
69) 70)<br />
Teilkompetenzen <strong>de</strong>r Gestaltungskompetenz<br />
1. Weltoff en und neue Perspektiven <strong>in</strong>tegrierend Wissen aufb auen<br />
2. Vorausschauend Entwicklungen analysieren und beurteilen können<br />
3. Interdiszipl<strong>in</strong>är Erkenntnisse gew<strong>in</strong>nen und han<strong>de</strong>ln<br />
4. Risiken, Gefahren und Unsicherheiten erkennen und abwägen können<br />
5. Geme<strong>in</strong>sam mit an<strong>de</strong>ren planen und han<strong>de</strong>ln können<br />
6. Zielkonfl ikte bei <strong>de</strong>r Refl exion über Handlungsstrategien berücksichtigen können<br />
7. An kollektiven Entscheidungsprozessen teilhaben können<br />
8. Sich und an<strong>de</strong>re motivieren können, aktiv zu wer<strong>de</strong>n<br />
9. Die eigenen Leitbil<strong>de</strong>r und die an<strong>de</strong>rer refl ektieren können<br />
10. Vorstellungen von Gerechtigkeit als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage nutzen können<br />
11. Selbstständig planen und han<strong>de</strong>ln können<br />
12. Empathie für an<strong>de</strong>re zeigen können<br />
Je<strong>de</strong> dieser Teilkompetenzen ist wie<strong>de</strong>rum mit mehreren Merkmalen h<strong>in</strong>terlegt, so beispielsweise für<br />
die Teilkompetenz 5: „Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler ...<br />
• benennen und analysieren <strong>in</strong> Gruppen diff erente Standpunkte zur Nachhaltigkeit auf ihre H<strong>in</strong>ter-<br />
grün<strong>de</strong> h<strong>in</strong> und können <strong>in</strong> diesem Zusammenhang Kontroversen <strong>de</strong>mokratisch austragen;<br />
• beschreiben Vorurteile, Fe<strong>in</strong>dbil<strong>de</strong>r und Formen <strong>de</strong>r Diskrim<strong>in</strong>ierung und stellen Wege <strong>de</strong>s geme<strong>in</strong>-<br />
samen E<strong>in</strong>tretens gegen sie dar;<br />
• nennen soziale, ökonomische und politische Grün<strong>de</strong> für Menschenrechtsverletzungen, erarbeiten<br />
geme<strong>in</strong>sam Möglichkeiten <strong>de</strong>s Schutzes <strong>de</strong>r Menschenrechte und zeigen sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Lage, Formen <strong>de</strong>s<br />
Engagements für die Menschenrechte adressaten- sowie situationsgerecht zu präsentieren;<br />
• planen im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>r <strong>Zukunft</strong> svorsorge und im Bewusstse<strong>in</strong> globaler Zusammenhänge Formen solidarischen<br />
Han<strong>de</strong>lns und setzen diese an e<strong>in</strong>zelnen Beispielen um“.<br />
67) <strong>de</strong> Haan, Gerhard/Harenberg, Dorothee (1999): Bildung für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung. Bonn: Bund-Län<strong>de</strong>r-Kommission für Bildungs-<br />
planung und Forschungsför<strong>de</strong>rung (BLK), S. 60<br />
68) Club of Rome (1979): Bericht für die achtziger Jahre – <strong>Zukunft</strong>schance Lernen. Hrsg. Aurelio Pecci. <strong>Wie</strong>n/Zürich/Innsbruck, S. 30<br />
69) www.transfer-21.<strong>de</strong>/<strong>in</strong><strong>de</strong>x.php?p=222<br />
70) Kritische Würdigung unter www.umweltschulen.<strong>de</strong>/agenda/<br />
>> ><br />
2019<br />
Nach anhalten<strong>de</strong>n weltweiten<br />
Jugendliche <strong>in</strong> 180 Län<strong>de</strong>rn beteilig-<br />
Jugendprotesten – <strong>de</strong>n Höhepunkt ten – <strong>wir</strong>d auf <strong>de</strong>r 25. UN-Klimakon-<br />
bil<strong>de</strong>ten vierwöchige Schul- und ferenz e<strong>in</strong> rechtsverb<strong>in</strong>dliches faires<br />
Konsumstreiks, an <strong>de</strong>nen sich im Klimaabkommen verabschie<strong>de</strong>t.<br />
September 2018 über 900 Mio.
sich wie<strong>de</strong>rholen<strong>de</strong> Situationen zu bewältigen; <strong>in</strong><br />
diesem S<strong>in</strong>ne erlernen <strong>wir</strong> z. B. Verhalten im Stra<br />
ßenverkehr. BNE <strong>wir</strong>d damit auch vom Begriff <strong>de</strong>r<br />
Erziehung abgegrenzt – diese ist ziel- und zweck<br />
orientiert; die Heranwachsen<strong>de</strong>n sollen die Zwecke<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft kennen lernen und an ihnen tätig<br />
<strong>in</strong>teressiert wer<strong>de</strong>n. 71) Bildung h<strong>in</strong>gegen bezieht sich<br />
auf <strong>de</strong>n Grad <strong>de</strong>r Refl exivität <strong>de</strong>s Individuums (die<br />
Fähigkeit, sich selbst „über die Schulter zu sehen“)<br />
und auf die Flexibilität <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Selbst- und Weltbil<br />
<strong>de</strong>rn (die Fähigkeit, sich selbst und die Welt auch<br />
mit an<strong>de</strong>ren Augen zu sehen). Bildung zielt daher<br />
gera<strong>de</strong> darauf, unbekannte und off ene Situationen<br />
zu meistern. 72)<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Im Zuge <strong>de</strong>r BLK-Mo<strong>de</strong>llprogramme ist e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>teressante Metho<strong>de</strong>nsammlung zum Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g von<br />
System- und Gruppenkompetenzen für nachhaltige<br />
Entwicklung entstan<strong>de</strong>n. Die dort beschriebenen<br />
überwiegend spielerischen Aktionen eignen sich vor<br />
allem auch, um die Be<strong>de</strong>utung von Kompetenzen zu<br />
refl ektieren. 73)<br />
Der Kompetenzbegriff<br />
Kompetenzen s<strong>in</strong>d „die bei Individuen verfügbaren o<strong>de</strong>r durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbun<strong>de</strong>nen motivationalen,<br />
volitionalen und sozialen Bereitschaft en und Fähigkeiten, um die Problemlösungen <strong>in</strong> variablen Situa<br />
tionen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“. 74)<br />
-<br />
Rychen weist darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>de</strong>r Kompetenzbegriff auf e<strong>in</strong>em holistischen Verständnis beruhe, „näm<br />
lich dass Kognition und Emotion verbun<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d ...“. Er betont ferner: „Kompetenzen wer<strong>de</strong>n durch<br />
Han<strong>de</strong>ln und Interaktion <strong>in</strong> formalen und <strong>in</strong>formellen Bildungskontexten entwickelt.“ 75)<br />
-<br />
Rieckmann erläutert, dass Kompetenzen Handlungsdispositionen beschreiben, was nicht mit <strong>de</strong>r<br />
Performance o<strong>de</strong>r Handlungsausführung gleichgesetzt wer<strong>de</strong>n dürfe. „Kompetenzen s<strong>in</strong>d entwick<br />
lungsfähig und damit erlernbar.“ 76)<br />
-<br />
Im <strong>de</strong>utschsprachigen Raum (und <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Berufsbildung) wer<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong> Klassen von<br />
Kompetenzen unterschie<strong>de</strong>n: personale, aktivitäts- und umsetzungsorientierte, fachlich-methodische<br />
und sozial-kommunikative Kompetenzen. 77) Die Bildungsstandards <strong>de</strong>r Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz für die<br />
naturwissenschaft lichen Fächer <strong>in</strong> Deutschland (mittlerer Schulabschluss) umfassen die Kompetenzbe<br />
reiche Fachwissen, Erkenntnisgew<strong>in</strong>nung, Kommunikation und Bewertung. 78)<br />
-<br />
71) Dewey, John (1993): Demokratie und Erziehung. We<strong>in</strong>heim/Basel<br />
72) Marotzki, W<strong>in</strong>fried (2003): Bildungstheorie und neue Medien. Rostock: Universität Rostock, S. 22–29<br />
73) http://wp1114724.wp150.webpack.hosteurope.<strong>de</strong>/transfer_21/multiCD/content/sysgrup.html<br />
74) We<strong>in</strong>ert, F.E. (2001): Vergleichen<strong>de</strong> Leistungsmessung <strong>in</strong> Schulen – e<strong>in</strong>e umstrittene Selbstverständlichkeit. In: We<strong>in</strong>ert, F.E. (Hrsg.):<br />
Leistungsmessungen <strong>in</strong> Schulen. We<strong>in</strong>heim und Basel, S.27<br />
75) Rychen, Dom<strong>in</strong>ique Simone (2008): OECD Referenzrahmen für Schlüsselkompetenzen – e<strong>in</strong> Überblick. In: Bormann, Inka/<strong>de</strong> Haan, Gerhard<br />
(Hrsg.): Kompetenzen <strong>de</strong>r Bildung für nachhaltige Entwicklung. <strong>Wie</strong>sba<strong>de</strong>n: VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 15-22, S. 16 und 21<br />
76) Rieckmann, Marco (2010): Die Globale Perspektive <strong>de</strong>r Bildung für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung. Berl<strong>in</strong>: Berl<strong>in</strong>er Wissenschafts-Verlag,<br />
S. 46–50, unter Bezug auf Rychen, Dom<strong>in</strong>ique Simone (2001): Introduction. In: Rychen, Dom<strong>in</strong>ique Simone/Salganik, Laura (Hrsg.): Def<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
and Select<strong>in</strong>g Key Competencies. Seattle, Toronto, Bern, Gött<strong>in</strong>gen: Hogrefe & Huber Publishers, S. 1–15<br />
77) Rieckmann, Marco (2010): Die Globale Perspektive <strong>de</strong>r Bildung für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung. Berl<strong>in</strong>: Berl<strong>in</strong>er Wissenschafts-Verlag,<br />
S. 49–50<br />
78) Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz (2005a, Hrsg.): Bildungsstandards im Fach Biologie für <strong>de</strong>n Mittleren Schulabschluss, Beschluss vom 16.12.2004.<br />
München, Neuwied: Luchterhand<br />
Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz (2005b, Hrsg.): Bildungsstandards im Fach Chemie für <strong>de</strong>n Mittleren Schulabschluss, Beschluss vom 16.12.2004.<br />
München, Neuwied: Luchterhand<br />
2020<br />
Der Orang-Utan gilt als ausgestorben,<br />
nach<strong>de</strong>m drei Jahre lang ke<strong>in</strong> frei<br />
<strong>leben</strong><strong>de</strong>s Exemplar mehr gesichtet<br />
wur<strong>de</strong>. Die Abschlusskonferenz <strong>de</strong>r<br />
UN-Deka<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Biodiversität en<strong>de</strong>t<br />
mit e<strong>in</strong>em Fiasko, nach<strong>de</strong>m Vertreter<br />
<strong>de</strong>r <strong>in</strong>digenen Völker Indonesiens und<br />
Late<strong>in</strong>amerikas aus Protest gegen die<br />
fortschreiten<strong>de</strong> Abholzung <strong>de</strong>r Regen-<br />
wäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Sitzungssaal mit Termiten<br />
geflutet haben.<br />
2022<br />
Das letzte <strong>de</strong>utsche Atomkraftwerk<br />
<strong>wir</strong>d abgeschaltet.<br />
21
22<br />
4.3 Th emen<br />
Viele zentrale Th emen <strong>de</strong>s Nachhaltigkeitsdiskurses<br />
eignen sich für die BNE. Dazu gehören z. B. <strong>de</strong>r<br />
Klimaschutz, Energieeffi zienz und Erneuerbare<br />
Energien, Konsum und Lebensstile, Mobilität und<br />
Verkehr, Armut und Hunger sowie Entwicklungszu-<br />
sammenarbeit und fairer Han<strong>de</strong>l.<br />
Im Rahmen <strong>de</strong>r BNE kommt es allerd<strong>in</strong>gs auch<br />
darauf an, wie diese Th emen vermittelt wer<strong>de</strong>n.<br />
So <strong>wir</strong>d versucht, ökologische mit sozialen und<br />
<strong>wir</strong>tschaft lichen Th emenfel<strong>de</strong>rn zu verknüpfen, wie<br />
auch Aspekte <strong>de</strong>r Geschlechtergerechtigkeit sowie<br />
<strong>in</strong>terkulturelle und generationenübergreifen<strong>de</strong><br />
Perspektiven zu berücksichtigen. Lokale o<strong>de</strong>r glo<br />
bale Nachhaltigkeits<strong>de</strong>fi zite wer<strong>de</strong>n aufgezeigt und<br />
entsprechen<strong>de</strong> Lösungswege entwickelt. 79)<br />
-<br />
4.4 Lernarrangements und -metho<strong>de</strong>n<br />
BNE basiert auf e<strong>in</strong>em Bildungsverständnis, nach<br />
<strong>de</strong>m Wissen von Lehren<strong>de</strong>n, Lernen<strong>de</strong>n und ggf.<br />
weiteren Beteiligten geme<strong>in</strong>sam geschaff en („konst-<br />
ruiert“) <strong>wir</strong>d und nach <strong>de</strong>m die Lernen<strong>de</strong>n Kom-<br />
petenzen aktiv erwerben. Sie setzt daher Metho<strong>de</strong>n<br />
e<strong>in</strong>, die partizipatives, konstruktives, forschen<strong>de</strong>s,<br />
refl exives sowie diskursives Lernen unterstützen.<br />
In Schuluntersuchungen, Audits und Umfragen<br />
(Beispiel 6) können Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är Er-<br />
kenntnisse gew<strong>in</strong>nen und dabei neue Perspektiven<br />
<strong>in</strong>tegrieren (Beispiel 7). In <strong>Zukunft</strong> swerkstätten80) können sie ihre Interessen, ihr Wissen und ihr<br />
Engagement <strong>in</strong> die Gestaltung ihres Lebensumfel<strong>de</strong>s<br />
– z. B. <strong>de</strong>r Schule – e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen.<br />
Beispiel 6: Schüler/-<strong>in</strong>nen-Umfragen im Geschwister-Scholl-Gymnasium Düsseldorf<br />
Schüler/<strong>in</strong>nen befragen Schüler/<strong>in</strong>nen. Das ist seit Jahren Standard im GSG. Die aktiven Schüler/<br />
-<strong>in</strong>nen wer<strong>de</strong>n dabei als Forscher <strong>in</strong> Sachen Nachhaltigkeit aktiv und lernen, selber Wissen zu schaf<br />
fen. Oft mals s<strong>in</strong>d diese Umfragen aber noch weit mehr, nämlich gelebte Partizipation – etwa wenn die<br />
Lehrer/-<strong>in</strong>nen die Me<strong>in</strong>ungen ihrer Schüler/-<strong>in</strong>nen zu e<strong>in</strong>er Projektwoche berücksichtigen81) o<strong>de</strong>r die<br />
Schulleitung 50:50 Gel<strong>de</strong>r entsprechend <strong>de</strong>m Schüler/-<strong>in</strong>nen-Votum für die Verbesserung <strong>de</strong>s Schul<br />
gelän<strong>de</strong>s ausgibt. 82)<br />
-<br />
-<br />
Beispiel 7: Schul-Check Integration <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Hulda-Pankok-Gesamtschule Düsseldorf<br />
Welche Lern- und Lebensbed<strong>in</strong>gungen haben Schüler/<strong>in</strong>nen mit Körperbeh<strong>in</strong><strong>de</strong>rungen an unserer<br />
Schule? Schüler/-<strong>in</strong>nen <strong>de</strong>r HPG wählten e<strong>in</strong>e ungewöhnliche Untersuchungsmetho<strong>de</strong>: Sie borgten sich<br />
Rollstühle ihrer Mitschüler/-<strong>in</strong>nen und erkun<strong>de</strong>ten die Schule und ihr Umfeld aus <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>r<br />
Rollstuhlfahrer. Dabei entwickelten sie e<strong>in</strong> ganz neues Verständnis für die Situation ihrer Mitschüler/<br />
-<strong>in</strong>nen, und sie <strong>de</strong>ckten diverse Schwachstellen auf, welche die Schule dann <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Folge behoben hat. 83)<br />
79) Freie und Hansestadt Hamburg – Behör<strong>de</strong> für Stadtentwicklung und Umwelt – Projektstelle Nachhaltige Entwicklung (Hrsg., 2005): Hambur-<br />
ger Aktionsplan (HHAP) 2005/2006 <strong>de</strong>r Initiative Hamburg lernt Nachhaltigkeit zur Unterstützung <strong>de</strong>r UN-Deka<strong>de</strong> Bildung für e<strong>in</strong>e nachhal-<br />
tige Entwicklung (2005–2014). Onl<strong>in</strong>e-Dokument; URL: http://fhh.hamburg.<strong>de</strong>/stadt/Aktuell/senat/welt/nachhaltigkeit/hamburg/bildung/<br />
hamburger-aktionsplan-pdf,property=source.pdf, zuletzt überprüft: 01.11.2007<br />
80) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/agenda/zukunftswerkstatt.html<br />
81) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/duesseldorf/projekte_akzeptanz.htm<br />
82) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/scholl/schulhof_geld.html<br />
83) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/hpg/<strong>in</strong>tegration.html<br />
><br />
2022<br />
Das 2019 verabschie<strong>de</strong>te Klimaab-<br />
Klimaschutzprojekte <strong>in</strong> Entwicklungskommen<br />
tritt <strong>in</strong> Kraft. Die globale und Schwellenlän<strong>de</strong>rn. 145 Län<strong>de</strong>r<br />
CO2-Agentur nimmt ihre Arbeit auf; <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> haben bereits nach <strong>de</strong>ut-<br />
sie verkauft streng limitierte CO2- schem Vorbild garantierte Abnah-<br />
Emissionsrechte an Unternehmen mepreise für regenerativ erzeugten<br />
und f<strong>in</strong>anziert aus <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>nahmen Strom e<strong>in</strong>geführt.<br />
>
Wenn e<strong>in</strong> größerer politischer Bezugsrahmen<br />
gewählt <strong>wir</strong>d – so etwa die Bun<strong>de</strong>s- o<strong>de</strong>r die<br />
<strong>in</strong>ternationale Politik –, dann können Lernen<strong>de</strong> <strong>in</strong><br />
Plan- o<strong>de</strong>r Rollenspielen Zielkonfl ikte nachempfi n<br />
<strong>de</strong>n und Teilhabe an kollektiven Entscheidungspro<br />
zessen tra<strong>in</strong>ieren. In Simulationen84) wie Fishbanks,<br />
Ltd 85) o<strong>de</strong>r ecopolicy86) -<br />
-<br />
können die Lernen<strong>de</strong>n aktiv<br />
experimentieren und vorausschauend potenziell<br />
künft ige Entwicklungen analysieren und beurteilen.<br />
Dass <strong>de</strong>r Kompetenzerwerb nicht von <strong>de</strong>n Th emen<br />
und Metho<strong>de</strong>n gelöst wer<strong>de</strong>n kann, ist übrigens<br />
ke<strong>in</strong>e Erfi ndung <strong>de</strong>r BNE. Auch z. B. die Bildungs-<br />
standards <strong>de</strong>r KMK für Mathematik und die Natur-<br />
wissenschaft en for<strong>de</strong>rn <strong>leben</strong>snahe Erwerbskontexte<br />
für die zu vermitteln<strong>de</strong>n Kompetenzen.<br />
Didaktische Merkposten (vgl. Kapitel 9)<br />
• Vermittlung von Gestaltungskompetenz<br />
• Nachhaltigkeit als Bezugssystem, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Wissen organisiert wer<strong>de</strong>n kann<br />
• Struktur <strong>de</strong>s Wissens: von <strong>de</strong>r fachzentrierten Perspektive zur problem- und themenzentrierten<br />
Perspektive<br />
• Rolle <strong>de</strong>r Lehrperson: vom Wissensvermittler zum Lernbegleiter<br />
• Rolle <strong>de</strong>s Lernen<strong>de</strong>n: vom Wissensempfänger zur Ressource für <strong>de</strong>n Lernprozess<br />
84) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/agenda/simulationsspiele-zur-bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung.html<br />
85) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/net/fishbanks.html<br />
86) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/net/ecopolicy.html<br />
2023<br />
Unter <strong>de</strong>m E<strong>in</strong>druck weltweiter<br />
Proteste und zunehmend energischer<br />
Boykottaktionen gegen die Abholzung<br />
<strong>de</strong>r letzten Regenwäl<strong>de</strong>r beschließt<br />
das Europaparlament drastische<br />
E<strong>in</strong>schränkungen für <strong>de</strong>n Import von<br />
Produkten, die durch <strong>de</strong>n Raubbau<br />
am Regenwald erzeugt wur<strong>de</strong>n. Dazu<br />
zählen Tropenholz und Zellstoff, aber<br />
auch Palmöl und Soja aus Plantagen<br />
auf ehemaligem Regenwaldgebiet.<br />
2025<br />
Der Energiekonzern Shell <strong>in</strong>vestiert<br />
erstmals mehr Kapital <strong>in</strong> Erneuerba-<br />
re Energien als <strong>in</strong> die Ölför<strong>de</strong>rung.<br />
23
24<br />
5. Bauste<strong>in</strong>e <strong>de</strong>r Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung<br />
Vielfältige Maßnahmen, Programme und Projekte<br />
wur<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>n vergangenen Jahren <strong>in</strong>itiiert, um die<br />
BNE <strong>in</strong> Schulen zu verankern. Welche Rolle spielt<br />
dabei die Lan<strong>de</strong>shauptstadt Düsseldorf? Und welche<br />
Anknüpfungspunkte ergeben sich daraus für Düs-<br />
seldorfer Schulen?<br />
5.1 BLK-Mo<strong>de</strong>llprogramme<br />
Die bun<strong>de</strong>sweiten Mo<strong>de</strong>llprogramme „21“ und<br />
„Transfer 21“ dienten <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Jahren 1999 bis 2008<br />
dazu, verschie<strong>de</strong>ne Ansätze <strong>de</strong>r BNE <strong>in</strong> Schulen<br />
auszuprobieren und sie dann später zu verbreiten.<br />
Drei e<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r ergänzen<strong>de</strong> Unterrichts- und Orga-<br />
nisationspr<strong>in</strong>zipien sollten implementiert wer<strong>de</strong>n:<br />
<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres Wissen, partizipatives Lernen und<br />
<strong>in</strong>novative Strukturen. Je<strong>de</strong>s dieser Pr<strong>in</strong>zipien wur-<br />
5.2 Düsseldorfer Netzwerk Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung<br />
Die meisten <strong>de</strong>r oben genannten Schulen s<strong>in</strong>d<br />
noch heute <strong>in</strong> <strong>de</strong>r BNE aktiv; das Netzwerk, das sie<br />
gegrün<strong>de</strong>t haben, lebt als Agenda-Projekt Nr. 16<br />
weiter. Es bietet se<strong>in</strong>en Mitglie<strong>de</strong>rn u. a. aktuelle<br />
Fach<strong>in</strong>formationen, <strong>in</strong>spirieren<strong>de</strong>n persönlichen<br />
87) www.transfer-21.<strong>de</strong><br />
88) Vgl. Kap. 8.7 bzw. www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/<br />
89) www.duesseldorf.<strong>de</strong>/agenda21/projekte/projekt_16.shtml, www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/duesseldorf/<br />
2026<br />
Die Vere<strong>in</strong>ten Nationen rufen die<br />
Wasser<strong>de</strong>ka<strong>de</strong> aus. Weltweit sollen<br />
nationale und regionale Programme<br />
<strong>in</strong>itiiert wer<strong>de</strong>n, um die Wasser-<br />
verschmutzung zu bekämpfen, die<br />
<strong>de</strong> durch mehrere e<strong>in</strong>zelne Aspekte unterlegt, die<br />
dann <strong>in</strong> sogenannten „Sets“ von jeweils mehreren<br />
Schulen an e<strong>in</strong>em Ort umgesetzt wur<strong>de</strong>n. 87)<br />
Die Lan<strong>de</strong>shauptstadt Düsseldorf war hieran betei<br />
ligt; Düsseldorfer Schulen haben das Nachhaltig<br />
keitsaudit88) -<br />
-<br />
als e<strong>in</strong> Beispiel für <strong>in</strong>novative Struktu-<br />
ren <strong>de</strong>r BNE entwickelt.<br />
Austausch, gegenseitige Hilfe, direkte Kontakte zu<br />
<strong>de</strong>n relevanten Ämtern, zu Unternehmen und an<strong>de</strong>-<br />
ren externen Partnern. Es organisiert Veranstaltun-<br />
gen und leistet Lobbyarbeit für die BNE. Das Netz-<br />
werk ist je<strong>de</strong>rzeit off en für neue Interessenten. 89)<br />
Tr<strong>in</strong>kwasserversorgung zu sichern<br />
und <strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m fortschreiten<strong>de</strong>n<br />
Klimawan<strong>de</strong>l resultieren<strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>-<br />
rungen im globalen Wasserkreislauf<br />
zu begegnen.<br />
>> >
5.3 UN-Deka<strong>de</strong><br />
Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
Die Vere<strong>in</strong>ten Nationen haben die Jahre 2005 bis<br />
2014 als UN-Deka<strong>de</strong> „Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung“ ausgerufen. Weltweit soll <strong>in</strong> diesem<br />
Zeitraum die BNE vorangebracht wer<strong>de</strong>n. Auch<br />
Deutschland ist Teil dieser Deka<strong>de</strong>, und die bei<strong>de</strong>n<br />
folgen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Aktivitäten s<strong>in</strong>d auch für<br />
Düsseldorf relevant:<br />
Als bun<strong>de</strong>sweite Informations- und Kommuni-<br />
kationsplattform wur<strong>de</strong> das www.bne-portal.<strong>de</strong><br />
aufgebaut. Hier fi n<strong>de</strong>n Interessenten alle relevan-<br />
5.4 Schule <strong>de</strong>r <strong>Zukunft</strong><br />
Auch die NRW-Kampagne „Schule <strong>de</strong>r <strong>Zukunft</strong> “,<br />
getragen vom Schul- sowie <strong>de</strong>m Umweltm<strong>in</strong>isteri-<br />
um <strong>in</strong> NRW, will vorbildliche BNE-Aktivitäten mit<br />
Hilfe e<strong>in</strong>er i<strong>de</strong>ellen Anerkennung stärken. -<br />
90) Mehre<br />
re Düsseldorfer Schulen haben diese Auszeichnung<br />
90) www.agenda21schulen.nrw.<strong>de</strong><br />
2027<br />
Die Investitionen <strong>de</strong>r globalen CO2- Agentur <strong>in</strong> Klimaschutzprojekte <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />
unterentwickelten Län<strong>de</strong>rn, f<strong>in</strong>anziert<br />
durch <strong>de</strong>n Verkauf von CO2-Emissi- onsrechten vor allem <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Industrie-<br />
län<strong>de</strong>rn, haben <strong>in</strong> Afrika e<strong>in</strong>en Boom<br />
ten politischen Grundlagen, aktuelle Meldungen,<br />
Praxisbeispiele und vieles mehr. Hilfreich ist auch<br />
e<strong>in</strong>e Suchfunktion, die neben <strong>de</strong>m Portal diverse<br />
verwandte Websites mit durchsucht.<br />
Vorbildliche BNE-Aktivitäten können als offi ziel-<br />
le „Deka<strong>de</strong>-Projekte“ ausgezeichnet wer<strong>de</strong>n. Das<br />
Düsseldorfer Netzwerk „Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung“ gehört mit dazu.<br />
bereits errungen, so z. B. das Max-Weber-Berufs-<br />
kolleg, das Geschwister-Scholl-Gymnasium, die<br />
Hulda-Pankok-Gesamtschule, die Paulusschule, die<br />
Katholische Grundschule Essener Straße und das<br />
Berufskolleg Neuss We<strong>in</strong>gartstraße.<br />
beim Aufbau e<strong>in</strong>er regenerativen<br />
Energieerzeugung und damit e<strong>in</strong>en<br />
enormen <strong>wir</strong>tschaftlichen Aufschwung<br />
ausgelöst. Ernährungssicherheit und<br />
Schulbildung haben sich <strong>de</strong>shalb<br />
<strong>de</strong>utlich verbessert.<br />
>>25
26<br />
6. Beispiele von BNE <strong>in</strong> Düsseldorf<br />
BNE ist e<strong>in</strong> großes und anspruchsvolles Konzept<br />
(Kap. 6). Düsseldorfer Akteure können auf hilfrei-<br />
che Unterstützungsstrukturen zurückgreifen (Kap.<br />
7). Was ist auf dieser Basis entstan<strong>de</strong>n? Welche be-<br />
währten und übertragbaren Ansätze gibt es? Nach-<br />
folgend sollen e<strong>in</strong>ige Beispiele vorgestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
6.1 Der Umgang mit Papier<br />
als Beispiel für Suffi zienz<br />
Deutschland verbraucht sehr viel Papier – mehr<br />
als 250 kg pro Kopf und Jahr; und <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Summe<br />
weit mehr als alle Län<strong>de</strong>r Afrikas zusammen.<br />
Papier steht beispielhaft für weltweite Umwelt<br />
zerstörungen, die <strong>wir</strong> durch e<strong>in</strong>en be<strong>de</strong>nkenlosen<br />
Konsum verursachen: Dazu zählen vor allem die<br />
Abholzung von Primärwäl<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>r Wasser- und<br />
Energieverbrauch sowie die chemischen Abfälle<br />
<strong>de</strong>r Zellstoffi ndustrie. Mit <strong>de</strong>r Sammlung von<br />
Altpapier leisten die meisten Deutschen e<strong>in</strong>en<br />
Beitrag zum Umweltschutz. Aus <strong>de</strong>m Altpapier<br />
hergestelltes Recycl<strong>in</strong>gpapier ist <strong>de</strong>r Rohstoff<br />
für Kartonagen und für Zeitungen; als Schreib-,<br />
Druck- und Kopierpapier ist es bislang noch<br />
nicht so beliebt, obwohl es heute <strong>in</strong> hervorra<br />
gen<strong>de</strong>r Qualität erhältlich ist. Die Folge ist, dass<br />
Deutschland Altpapier exportiert und Zellstoff<br />
importiert. 91)<br />
-<br />
-<br />
E<strong>in</strong> rechtes Maß ist hier gefragt: <strong>Wie</strong> viel Papier<br />
brauchen <strong>wir</strong> und welche Papierqualität <strong>wollen</strong><br />
<strong>wir</strong> uns leisten? Dafür wur<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Düsseldorf<br />
verschie<strong>de</strong>ne gute Lösungen gefun<strong>de</strong>n.<br />
Die Stadtverwaltung hat 2009 e<strong>in</strong>e Dienstanwei<br />
sung Recycl<strong>in</strong>gpapier verabschie<strong>de</strong>t. Demnach ist<br />
für Kopien und <strong>de</strong>n <strong>in</strong>ternen Schrift verkehr – also<br />
ausdrücklich auch für <strong>de</strong>n überwiegen<strong>de</strong>n Bedarf<br />
von Schulen – Recycl<strong>in</strong>gpapier zu verwen<strong>de</strong>n. 92)<br />
-<br />
2010 hat die Stadtverwaltung die Papierausstel-<br />
91) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/abfall/abfallratgeber_papier.html<br />
92) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/download/papier<strong>in</strong>fo.pdf<br />
93) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/duesseldorf/archiv_papierausstellung.html<br />
94) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/comenius2006/projekt_papierverbrauch.htm<br />
95) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/paulusschule/papier.html<br />
2028<br />
Der Autobauer VW eröffnet <strong>in</strong><br />
Detroit (USA) se<strong>in</strong>e bislang größte<br />
Fertigungsstrecke für M<strong>in</strong>i-Block-<br />
heizkraftwerke. Schon ab 2030 will<br />
lung von ARA e.V. nach Düsseldorf geholt und so<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern und Lehrer<strong>in</strong>nen und<br />
Lehrern die Möglichkeit zur umfangreichen Aufk lä<br />
rung gegeben. 93)<br />
-<br />
Bereits seit 2002 arbeitet <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Hulda-Pankok-Ge-<br />
samtschule e<strong>in</strong>e Schülerfi rma unter <strong>de</strong>m program-<br />
matischen Namen „Lucky tree“. Die Schüler/-<strong>in</strong>nen<br />
verkaufen umweltfreundliche Schulmaterialien,<br />
um ihren Mitschüler/-<strong>in</strong>nen so zu helfen, die letzte<br />
Hür<strong>de</strong> zwischen Umweltbewusstse<strong>in</strong> und Han<strong>de</strong>ln<br />
zu überw<strong>in</strong><strong>de</strong>n.<br />
Das Comenius-Gymnasium veröff entlichte <strong>in</strong> sei<br />
ner Umwelterklärung 2006 e<strong>in</strong>e gründliche Analyse<br />
zum eigenen Papierverbrauch. 94)<br />
-<br />
Die Paulusschule widmet sich <strong>de</strong>m Papierthema<br />
vielseitig und kreativ: Das Th ema wur<strong>de</strong> projekt<br />
orientiert <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Unterricht aufgenommen, so beim<br />
Besuch <strong>de</strong>r o. g. Papierausstellung o<strong>de</strong>r beim Papier<br />
schöpfen mit <strong>de</strong>r Verbraucherzentrale. Die Schule<br />
setzt auf e<strong>in</strong>en sparsamen Umgang mit Papier (z. B.<br />
wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Informationsverteiler Schule–Eltern von<br />
Papier auf E-Mail umgestellt), die getrennte Samm<br />
lung von Altpapier und <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>satz von Recycl<strong>in</strong>g<br />
papier. Die Klasse 4a beteiligte sich an <strong>de</strong>r Initiative<br />
2000 plus NRW und verpfl ichtete sich, Schulheft e<br />
aus 100 % Altpapier zu verwen<strong>de</strong>n. 95)<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
<strong>de</strong>r Konzern <strong>in</strong> <strong>de</strong>n USA und Kanada<br />
mehr umweltfreundliche M<strong>in</strong>i-Kraft-<br />
werke als Autos verkaufen.<br />
>>
6.2 50:50 als Beispiel für Effi zienz<br />
Das 50:50-Programm wur<strong>de</strong> 1996 vom Umweltamt<br />
und <strong>de</strong>m Amt für Gebäu<strong>de</strong>management nach e<strong>in</strong>em<br />
Beschluss <strong>de</strong>s Ausschusses für Umweltschutz entwi-<br />
ckelt. Es startete 1997 als Pilotprojekt an 3 Schulen;<br />
zum offi ziellen Programmstart 1998 nahmen bereits<br />
13 Schulen und 9 Kitas teil.<br />
Auf Initiative <strong>de</strong>s Düsseldorfer Netzwerks „Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung“ (damals „Nachhaltig-<br />
keits-Audit an Schulen“) wur<strong>de</strong> das Programm ab<br />
<strong>de</strong>m Jahr 2000 auf Abfall ausgeweitet.<br />
Im Herbst 2011 beteiligten sich 49 Schulen (30 %<br />
<strong>de</strong>r städtischen Schulen) und 26 Kitas (23 % <strong>de</strong>r<br />
städtischen K<strong>in</strong><strong>de</strong>rtagese<strong>in</strong>richtungen) an 50:50<br />
Düsseldorf. In <strong>de</strong>n Jahren 1997 bis 2011 konnten die<br />
beteiligten Schulen <strong>in</strong>sgesamt 477.814,31 € Strom-<br />
kosten, 793.738,30 € Heizkosten und 401.052,70 €<br />
Wasserkosten e<strong>in</strong>sparen; weitere E<strong>in</strong>sparungen<br />
wur<strong>de</strong>n durch die Kitas bzw. im Bereich Abfall<br />
er<strong>wir</strong>tschaft et. Mit <strong>de</strong>r erzielten Energiee<strong>in</strong>sparung<br />
<strong>de</strong>r Schulen wur<strong>de</strong>n zugleich zwischen 300 und<br />
800 t CO2-Emissionen pro Jahr vermie<strong>de</strong>n.<br />
Die Düsseldorfer Schulen haben e<strong>in</strong>e Vielzahl <strong>in</strong>ter-<br />
essanter Ansätze entwickelt, um 50:50 mit Leben zu<br />
füllen.<br />
Im Dürer Berufskolleg wur<strong>de</strong> e<strong>in</strong>e „Verbesserungs-<br />
gruppe Sauberkeit, Umwelt und Energie“ <strong>in</strong>s Leben<br />
gerufen. Jeweils e<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong> und e<strong>in</strong> Kollege aus<br />
je<strong>de</strong>r Abteilung s<strong>in</strong>d Mitglie<strong>de</strong>r dieser Gruppe,<br />
welche die 50:50-Aktivitäten koord<strong>in</strong>iert und die<br />
50:50-Gel<strong>de</strong>r verteilt. Auf diese Weise ist e<strong>in</strong>erseits<br />
<strong>de</strong>r Informationsfl uss <strong>in</strong> je<strong>de</strong>r Abteilung gesichert,<br />
notwendige Maßnahmen wer<strong>de</strong>n kommuniziert<br />
und umgesetzt – an<strong>de</strong>rerseits kann je<strong>de</strong> Abteilung<br />
an <strong>de</strong>n 50:50-Gel<strong>de</strong>rn partizipieren. Dazu <strong>wir</strong>d<br />
e<strong>in</strong> formloser Antrag an die Verbesserungsgruppe<br />
gestellt, diese berät darüber und bewilligt die Gel<strong>de</strong>r.<br />
Für e<strong>in</strong> Berufskolleg mit e<strong>in</strong>er hohen B<strong>in</strong>nendiff e-<br />
renzierung ist das e<strong>in</strong> bemerkenswert e<strong>in</strong>faches und<br />
<strong>wir</strong>ksames Organisationsmo<strong>de</strong>ll.<br />
Das Geschwister-Scholl-Gymnasium hatte auf-<br />
grund <strong>de</strong>r Abfalltrennung 6.214,89 € an Prämien<br />
er<strong>wir</strong>tschaft et. Die Frage war: Was machen <strong>wir</strong> mit<br />
<strong>de</strong>m Geld? Dazu wur<strong>de</strong>n im November 2002 die<br />
Schüler/-<strong>in</strong>nen befragt. 662 Schüler/-<strong>in</strong>nen <strong>de</strong>r<br />
Klassen 5 bis 13 beteiligten sich; 62 % von ihnen<br />
sprachen sich für die Umgestaltung <strong>de</strong>s Schulhofes –<br />
<strong>de</strong>n Bau e<strong>in</strong>es „Forums“ – aus. Die Schule folgte die-<br />
sem Votum und verschafft e ihren Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schülern so e<strong>in</strong>e gute Erfahrung mit Partizipation.<br />
6.3 Die Handy-Diskussion<br />
als Beispiel <strong>de</strong>r Schülerpartizipation<br />
E<strong>in</strong> strenges Handy-Verbot, wie <strong>in</strong> nahezu allen E<strong>in</strong>e neue Lösung wur<strong>de</strong> ausgehan<strong>de</strong>lt: Auf <strong>de</strong>m<br />
Schulen – so stellte es sich lange Zeit auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schulhof ist das Telefonieren seit<strong>de</strong>m erlaubt, im<br />
Hulda-Pankok-Gesamtschule dar. Wer beim Telefo-<br />
Schulgebäu<strong>de</strong> müssen die Handys abgeschaltet wer-<br />
nieren erwischt wur<strong>de</strong>, musste se<strong>in</strong> Handy abgeben <strong>de</strong>n. Die Strafen wur<strong>de</strong>n auf Vorschlag <strong>de</strong>r Schüler/<br />
und konnte es erst am nächsten Tag wie<strong>de</strong>r abholen. -<strong>in</strong>nen verschärft , schon beim ersten Verstoß muss<br />
Als die Lehrer/-<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>nerhalb von drei Wochen das Handy seit<strong>de</strong>m für e<strong>in</strong>e Woche abgegeben<br />
mehr als 200 Handys e<strong>in</strong>gesammelt hatten, wur<strong>de</strong><br />
klar: Diese Regelung geht an <strong>de</strong>r Lebens<strong>wir</strong>klichkeit<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
vorbei.<br />
Diese neue Regelung hat sich <strong>in</strong>sgesamt sehr gut<br />
bewährt. Sie zeigt vor allem: Gute Lösungen lassen<br />
An e<strong>in</strong>em Samstag im März 2000 wur<strong>de</strong> daher e<strong>in</strong>e sich am besten fi n<strong>de</strong>n, wenn sich alle Betroff enen<br />
Diskussionsrun<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule e<strong>in</strong>berufen – 300<br />
Schüler/-<strong>in</strong>nen, Lehrer/-<strong>in</strong>nen und Eltern kamen.<br />
„an e<strong>in</strong>en Tisch setzen“.<br />
2029<br />
Düsseldorfs Oberbürgermeister<strong>in</strong> Dr.<br />
Mathil<strong>de</strong> Schmidt kehrt begeistert<br />
und <strong>in</strong>spiriert von e<strong>in</strong>er Reise <strong>in</strong> die<br />
Partnerstadt Chongq<strong>in</strong>g zurück,<br />
welche als die erste CO 2-neutrale<br />
Großstadt <strong>de</strong>r Welt gilt.<br />
2030<br />
Der Arktische Ozean ist erstmals für<br />
vier Wochen eisfrei. Die CO2-Konzen- tration <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Atmosphäre hat 425<br />
ppm (millionstel Teile) erreicht. Im-<br />
merh<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d die weltweiten CO2-Emis- sionen seit drei Jahren rückläufig.<br />
> 27
28<br />
6.4 Der Wassermonat als cleveres<br />
Organisationsmo<strong>de</strong>ll<br />
Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen erfor<strong>de</strong>rn<br />
oft mals e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Zugang. Die Schule<br />
aber ist <strong>in</strong> Fächern organisiert, und das Überw<strong>in</strong><strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Fächerstruktur – etwa <strong>in</strong> Projektwochen – erfor-<br />
<strong>de</strong>rt e<strong>in</strong>en hohen organisatorischen Aufwand.<br />
Das Geschwister-Scholl-Gymnasium hat dieses<br />
Dilemma mit <strong>de</strong>m „Wassermonat“ <strong>de</strong>r Klassenstu-<br />
fe 8 folgen<strong>de</strong>rmaßen gelöst: Viele Lehrer/-<strong>in</strong>nen<br />
6.5 FairTra<strong>de</strong>-Projekte als Beispiele<br />
für Gerechtigkeit<br />
Die Kluft zwischen Arm und Reich ist nicht natur-<br />
gesetzlich vorgegeben – sie <strong>wir</strong>d ganz wesentlich<br />
durch politische und <strong>wir</strong>tschaft liche Machtstruktu-<br />
ren hergestellt. Diese Strukturen machen es mög-<br />
lich, dass nur e<strong>in</strong> Bruchteil <strong>de</strong>s Verkaufspreises<br />
z. B. e<strong>in</strong>er Jeans o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>er Tüte Kaff ee <strong>de</strong>n Men-<br />
schen zugute kommt, die diese Produkte herstel-<br />
len – <strong>de</strong>n Gew<strong>in</strong>n machen die Konzerne, die diese<br />
Produkte vermarkten.<br />
Der faire Han<strong>de</strong>l will diese Strukturen aufb rechen,<br />
<strong>in</strong><strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n Produzenten faire Erzeugerpreise<br />
garantiert (vgl. Beispiel 1 im Kap. 5). Auch Schulen<br />
können sich hieran beteiligen. Im E<strong>in</strong>e-Welt-Projekt<br />
96) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/scholl/e<strong>in</strong>ewelt.html<br />
97) www.duesseldorf.<strong>de</strong>/agenda21/projekte/projekte.shtml<br />
2031<br />
E<strong>in</strong>flussreiche Wirtschaftswissen-<br />
schaftler warnen davor, dass <strong>in</strong> vielen<br />
Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> die sozialen und<br />
ökologischen Kosten <strong>de</strong>s Wirtschafts-<br />
<strong>de</strong>r jeweiligen Klassenstufe behan<strong>de</strong>ln während<br />
<strong>de</strong>s Wassermonats e<strong>in</strong>en ausgewählten Aspekt <strong>de</strong>s<br />
Th emas Wasser <strong>in</strong> ihrem Unterricht. Die Th emen<br />
wer<strong>de</strong>n zuvor abgestimmt; die Stun<strong>de</strong>ntafel bleibt<br />
erhalten, so dass sich <strong>de</strong>r organisatorische Aufwand<br />
für je<strong>de</strong> Lehrer<strong>in</strong> und je<strong>de</strong>n Lehrer <strong>in</strong> Grenzen hält.<br />
E<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Präsentation br<strong>in</strong>gt die unter-<br />
schiedlichen Beiträge <strong>de</strong>r Schüler/-<strong>in</strong>nen am En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Wassermonats zusammen.<br />
<strong>de</strong>s Geschwister-Scholl-Gymnasiums verkaufen<br />
Schüler/-<strong>in</strong>nen u. a. fair gehan<strong>de</strong>lte Schokola<strong>de</strong>;<br />
wenn sie dann noch z. B. mit e<strong>in</strong>em Bananenprodu<br />
zenten aus Ecuador <strong>in</strong> Kontakt kommen, können sie<br />
verstehen, was ihr Engagement be<strong>wir</strong>kt. 96)<br />
-<br />
Die Lan<strong>de</strong>shauptstadt Düsseldorf för<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n<br />
fairen Han<strong>de</strong>l (Agenda-Projekt Nr. 37) auf vielfältige<br />
Weise. Sie beschafft fair gehan<strong>de</strong>lte Bälle (Agenda-<br />
Projekt Nr. 34) und Dienstkleidung (Agenda-Projekt<br />
Nr. 20), und sie hat <strong>de</strong>n Düsseldorf Café kreiert<br />
(Agenda-Projekt Nr. 28). Nicht umsonst wur<strong>de</strong> sie<br />
als „Hauptstadt <strong>de</strong>s fairen Han<strong>de</strong>ls“ ausgezeichnet. 97)<br />
wachstums <strong>de</strong>n ökonomischen<br />
Gew<strong>in</strong>n übersteigen. Die Weltbank<br />
beruft daraufh<strong>in</strong> die erste „Postwachs-<br />
tumskonferenz“ e<strong>in</strong>.<br />
2032<br />
Drei Viertel aller Schulen <strong>in</strong> Düssel-<br />
dorf erfüllen <strong>de</strong>n Passivhaus-Standard<br />
(Agenda-Projekt Nr. 61). Damit ist die<br />
Lan<strong>de</strong>shauptstadt führend <strong>in</strong> Deutsch-<br />
land und belegt Platz 3 <strong>in</strong> Europa.<br />
>
6.6 Solidarische Aktionen als Beispiele<br />
für Werteerziehung<br />
Wo sich Gerechtigkeit nicht herstellen lässt o<strong>de</strong>r wo<br />
Menschen von unvorhersehbaren Schicksalsschlä-<br />
gen getroff en wer<strong>de</strong>n, kann Solidarität die gröbsten<br />
Probleme mil<strong>de</strong>rn. Düsseldorfer Schulen haben<br />
viele kreative solidarische Aktionen umgesetzt;<br />
bee<strong>in</strong>druckend ist dabei, dass – passen<strong>de</strong> Aktions-<br />
formate vorausgesetzt – alle Altersstufen e<strong>in</strong>bezogen<br />
wer<strong>de</strong>n können.<br />
In <strong>de</strong>r Paulusschule haben Grundschüler/-<strong>in</strong>nen<br />
2009 e<strong>in</strong>e „Sterntaler-Musik-CD“ erstellt und<br />
verkauft ; im Ergebnis konnten sie 1.200,00 € an die<br />
Stift ung Sterntaler überweisen, welche hilfsbedürf-<br />
Beispiel 8: Hier und dort: Grün<strong>de</strong> für e<strong>in</strong>e Partnerschaft<br />
(Klasse 7 <strong>de</strong>r Realschule Golzheim, 2004)<br />
Deutschland<br />
Wir haben:<br />
• mediz<strong>in</strong>ische Ausrüstung<br />
• Lehrmittel und Bildungsmaterialien<br />
• technischen Fortschritt<br />
• Geld<br />
• hohe Hygiene- und Umweltstandards<br />
• <strong>de</strong>mokratische Verfassung und<br />
• Gewaltenteilung<br />
Wir brauchen:<br />
• zwischenmenschliche Beziehungen<br />
• Verhaltensweisen neu ent<strong>de</strong>cken<br />
• Traditionen bewusster <strong>leben</strong><br />
• neue Kulturen kennenlernen<br />
• Freun<strong>de</strong> im Ausland<br />
• Rohstoff e und Naturprodukte<br />
98) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/paulusschule/soziales.html<br />
99) Damals noch „Agnes-Miegel-Realschule“<br />
100) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/ami/togo_1.htm<br />
2035<br />
Die G-20 hat sich neu strukturiert.<br />
Die Vere<strong>in</strong>igten Staaten von Europa<br />
haben dort e<strong>in</strong>en Platz, sie wer<strong>de</strong>n<br />
von <strong>de</strong>r europäischen Wirtschafts-<br />
m<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> vertreten.<br />
Togo<br />
2036<br />
tige K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche unterstützt. Mit <strong>de</strong>m<br />
Verkauf von selbst gebackenen Muffi ns haben die<br />
Schüler/-<strong>in</strong>nen 2010 Erdbebenopfer <strong>in</strong> Haiti und<br />
2011 Opfer <strong>de</strong>r Reaktorkatastrophe <strong>in</strong> Fukushima<br />
unterstützt. 98)<br />
Schüler/-<strong>in</strong>nen <strong>de</strong>r Realschule Golzheim99) starteten<br />
2003 ihren ersten Sponsorenlauf, um Partnerpro<br />
jekte im afrikanischen Togo zu unterstützen. Alle<strong>in</strong>e<br />
2003 kamen auf diese Weise 11.765,71 € zusammen.<br />
Beachtlich ist, dass die Schüler/-<strong>in</strong>nen verstan<strong>de</strong>n<br />
haben, dass e<strong>in</strong>e Entwicklungspartnerschaft Geben<br />
und Nehmen umfasst (vgl. Beispiel 8). 100)<br />
-<br />
Wir brauchen:<br />
• mediz<strong>in</strong>ische Ausrüstung<br />
• Bildungsmaterialien<br />
• technisches Material und Wissen<br />
• funktionieren<strong>de</strong> Wirtschaft<br />
• gleichberechtigte Teilhabe an <strong>de</strong>r Globalisierung<br />
• Gesundheitsfürsorge<br />
• nachhaltiges Denken im Umweltbereich<br />
• funktionieren<strong>de</strong> Politik<br />
Wir haben:<br />
• Solidarität und Toleranz<br />
• funktionieren<strong>de</strong> Familienstrukturen<br />
• <strong>leben</strong>dige Traditionen<br />
• Unbeschwertheit und Flexibilität<br />
• Vertrauen <strong>in</strong> die <strong>Zukunft</strong><br />
• große, freie Agrarfl ächen<br />
• Rohstoff e und Naturprodukte<br />
Der ch<strong>in</strong>esische Yuan hat <strong>de</strong>n US-<br />
Dollar als weltweite Leitwährung<br />
abgelöst.<br />
><br />
29
30<br />
Im Geschwister-Scholl-Gymnasium starteten 2001<br />
sechs Schüler/-<strong>in</strong>nen <strong>de</strong>r Klasse 11 die Aktion<br />
„Scholl bewegt“. Am Anfang stand ihr Wunsch,<br />
aktiv zu wer<strong>de</strong>n und zu helfen. Die I<strong>de</strong>e wur<strong>de</strong><br />
konkretisiert – das K<strong>in</strong><strong>de</strong>rhilfezentrum Eulerstraße<br />
sollte mit e<strong>in</strong>er Geldspen<strong>de</strong> unterstützt wer<strong>de</strong>n. Um<br />
Geld zu sammeln, organisierte die Gruppe zwei<br />
Aktionen:<br />
• Im Oktober 2001 wur<strong>de</strong> zum „Spen<strong>de</strong>nmarathon“<br />
aufgerufen.<br />
• Am 22. Februar 2002 fand e<strong>in</strong> Benefi zkonzert<br />
statt; als Künstler konnten u. a. <strong>de</strong>r Zirkus „Helia“,<br />
die Chansonsänger<strong>in</strong> N<strong>in</strong>i Geri und Stefano<br />
Ianello, <strong>de</strong>r „Barone“ aus <strong>de</strong>r Altstadt, gewonnen<br />
wer<strong>de</strong>n. Die 500 Gäste waren begeistert.<br />
Der Lohn für die Mühen war e<strong>in</strong> Spen<strong>de</strong>nbeitrag<br />
von 10.163,00 €. Davon erhielten das K<strong>in</strong><strong>de</strong>rhilfe<br />
zentrum 70 % und das Scholl 30 %. 101)<br />
-<br />
Auch hier können Düsseldorfer Schulen an Akti<br />
vitäten ihrer Stadt anknüpfen, so an die Nord-Süd-<br />
Arbeit (Agenda-Projekt Nr. 23), die Nord-Süd-<br />
Partnerschaft (Agenda-Projekt Nr. 22) und das<br />
E<strong>in</strong>e-Welt-Zentrum (Agenda-Projekt Nr. 9). 102)<br />
-<br />
Fast zwangsläufi g führen all diese Aktivitäten zu<br />
<strong>de</strong>r Frage: „Warum machen <strong>wir</strong> das?“ Dies ist e<strong>in</strong><br />
passen<strong>de</strong>r E<strong>in</strong>stieg, um die Werte zu refl ektieren, auf<br />
<strong>de</strong>nen Nachhaltigkeit basiert.<br />
6.7 Das Nachhaltigkeitsaudit <strong>in</strong> Schulen<br />
als Lernarrangement <strong>de</strong>r BNE<br />
Beim Nachhaltigkeitsaudit orientieren sich Schulen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em umfassen<strong>de</strong>n S<strong>in</strong>ne am Leitbild <strong>de</strong>r nach-<br />
haltigen Entwicklung.<br />
• Sie erweitern ihren Bildungsauft rag zur Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung.<br />
• Sie begreifen sich als Polis, <strong>de</strong>ren Mitglie<strong>de</strong>r<br />
Nachhaltigkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em partizipativen und dis-<br />
kursiven Prozess entwickeln.<br />
• Sie optimieren <strong>de</strong>n Schulbetrieb, so dass z. B.<br />
Ressourcen e<strong>in</strong>gespart und fairer Han<strong>de</strong>l geför<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Beim Nachhaltigkeitsaudit <strong>wir</strong>d die Schule als e<strong>in</strong><br />
Mikrokosmos verstan<strong>de</strong>n, für <strong>de</strong>n e<strong>in</strong>e nachhaltige<br />
Entwicklung angestrebt <strong>wir</strong>d. Viele globale Aspekte<br />
<strong>de</strong>s Nachhaltigkeitsdiskurses haben <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule<br />
ihre Entsprechung. Wenn e<strong>in</strong>e Schule Energie e<strong>in</strong>-<br />
spart o<strong>de</strong>r Erneuerbare Energien nutzt, dann schont<br />
sie damit die Vorräte an fossilen Energieträgern. Das<br />
Nachhaltigkeitsaudit soll es Schüler/-<strong>in</strong>nen ermögli-<br />
chen, <strong>de</strong>rartige Schlüsselthemen e<strong>in</strong>er nachhaltigen<br />
Entwicklung <strong>in</strong> <strong>de</strong>m für sie relevanten und durch sie<br />
101) www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/scholl/bewegt.html<br />
102) www.duesseldorf.<strong>de</strong>/agenda21/projekte/projekte.shtml<br />
2038<br />
Der Kabeljau (Dorsch) kann nach<br />
e<strong>in</strong>em 12-jährigen totalen Fangverbot<br />
im gesamten Nordatlantik sowie <strong>in</strong><br />
<strong>de</strong>r Nord- und Ostsee von <strong>de</strong>r Roten<br />
mit gestaltbaren Raum „Schule“ kennenzulernen.<br />
In Anlehnung an das Umwelt-Audit absolvieren<br />
die teilnehmen<strong>de</strong>n Schulen – <strong>in</strong> stark vere<strong>in</strong>fachter<br />
Darstellung – folgen<strong>de</strong> Schritte:<br />
1. Aufstellung von Leitbil<strong>de</strong>rn,<br />
2. Prüfung: gründliche Bestandsaufnahme zur<br />
vorhan<strong>de</strong>nen Situation,<br />
3. Planung von Zielen, Maßnahmen sowie Manage-<br />
ment-Strukturen (Zuständigkeiten, Abläufe),<br />
4. Praxis, d. h. Aufb au <strong>de</strong>r Management-Strukturen,<br />
Umsetzung von Zielen und Maßnahmen.<br />
Nach ca. 3 Jahren beg<strong>in</strong>nt mit <strong>de</strong>r Überprüfung <strong>de</strong>r<br />
Leitbil<strong>de</strong>r und e<strong>in</strong>er erneuten Bestandsaufnahme<br />
(dann: Evaluation) e<strong>in</strong> neuer Zyklus.<br />
Dieses formelle Verfahren bietet <strong>de</strong>n Rahmen für<br />
vielfältige weitere BNE-Aktivitäten, wie sie hier <strong>in</strong><br />
Kap. 8 skizziert bzw. auf <strong>de</strong>r Website <strong>de</strong>s Düsseldor-<br />
fer Netzwerkes www.umweltschulen.<strong>de</strong>/audit/<br />
duesseldorf/ näher vorgestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Liste <strong>de</strong>r bedrohten Tierarten gestri-<br />
chen wer<strong>de</strong>n, weil sich die Bestän<strong>de</strong><br />
langsam wie<strong>de</strong>r erholen. Der Fang<br />
bleibt aber weiterh<strong>in</strong> verboten.<br />
2039<br />
Zeitgleich zum 80-jährigen Jubiläum<br />
<strong>de</strong>s Antarktisvertrages <strong>wir</strong>d <strong>de</strong>r Ark-<br />
tisvertrag unterzeichnet, <strong>de</strong>r für das<br />
gesamte Nordpolarmeer e<strong>in</strong>e friedli-<br />
che Nutzung, Naturschutz und e<strong>in</strong>en<br />
e<strong>in</strong>geschränkten Tourismus vorsieht.<br />
>
6.8 Globalisierungskritischer Stadtrundgang<br />
als Beispiel für die Nutzung <strong>de</strong>r Kommune<br />
als Lernort<br />
Der globalisierungskritische Stadtrundgang ist e<strong>in</strong><br />
Projekt, das <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Albrecht-Dürer-Schule (Berufs-<br />
kolleg) mit e<strong>in</strong>er Bauzeichnerklasse im zweiten<br />
Ausbildungsjahr durchgeführt <strong>wir</strong>d.<br />
Das Th ema Globalisierung ist im Lehrplan <strong>de</strong>s<br />
Faches Wirtschaft slehre/-politik vorgesehen. Mit<br />
<strong>de</strong>m Projekt sollen die Schüler/-<strong>in</strong>nen dazu moti-<br />
viert wer<strong>de</strong>n, sich kritisch mit <strong>de</strong>n Vor- und Nach-<br />
teilen <strong>de</strong>r Globalisierung ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rzusetzen und<br />
eigene Ansatzpunkte für e<strong>in</strong> verantwortungsvolles<br />
Han<strong>de</strong>ln zu fi n<strong>de</strong>n. Anregungen für das Projekt<br />
bot <strong>de</strong>r globalisierungskritische Stadtrundgang von<br />
Attac.<br />
Gegenstand <strong>de</strong>s Projekts ist, dass die Schüler/-<strong>in</strong>nen<br />
selber e<strong>in</strong>en globalisierungskritischen Stadtrund-<br />
gang erarbeiten, d. h., ausgehend von konkreten<br />
Geschäft en bzw. Unternehmen <strong>in</strong> Düsseldorf re-<br />
cherchieren und bewerten sie die globalen Verfl ech-<br />
tungen ausgewählter <strong>wir</strong>tschaft licher Aktivitäten.<br />
Dabei geht es um folgen<strong>de</strong> Th emen:<br />
• Fast Food (McDonalds) – Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen,<br />
Abholzung <strong>de</strong>s Regenwal<strong>de</strong>s<br />
2041<br />
Am 14.04. <strong>wir</strong>d Corazon Aqu<strong>in</strong>o <strong>in</strong><br />
Manila (Philipp<strong>in</strong>en) als 9-milliardste<br />
Er<strong>de</strong>nbürger<strong>in</strong> geboren. Die Bevölke-<br />
rung Europas hat sich seit 2012 um<br />
100 Mio. verr<strong>in</strong>gert.<br />
• Kaff ee – FairTra<strong>de</strong>, Düsseldorf-Café<br />
• Kakao – K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarbeit<br />
• Textilien – Produktion und Verarbeitung von<br />
Baumwolle<br />
• Handys – Krieg um Rohstoff e im Kongo<br />
Je<strong>de</strong>s Th ema <strong>wir</strong>d mit e<strong>in</strong>em Unternehmensstandort<br />
verknüpft . Allerd<strong>in</strong>gs wer<strong>de</strong>n – an<strong>de</strong>rs als bei Attac<br />
– die Unternehmen nicht aktiv e<strong>in</strong>bezogen, also z. B.<br />
ke<strong>in</strong>e Verkäufer/<strong>in</strong>nen befragt.<br />
Die Schüler/-<strong>in</strong>nen erarbeiten Th esenblätter und<br />
stellen sich beim Stadtrundgang ihre Th emen<br />
gegenseitig vor. Die Vorträge und die Th esenblätter<br />
wer<strong>de</strong>n benotet, zu<strong>de</strong>m <strong>wir</strong>d zum Projekten<strong>de</strong> e<strong>in</strong><br />
Test geschrieben.<br />
Das Projekt läuft mit 2 Wochenstun<strong>de</strong>n über e<strong>in</strong><br />
halbes Schuljahr. Das bietet <strong>de</strong>n zeitlichen Rahmen<br />
für weitere ergänzen<strong>de</strong> Aktivitäten.<br />
2043<br />
Das letzte benz<strong>in</strong>betriebene Auto<br />
<strong>in</strong> Europa ist stillgelegt wor<strong>de</strong>n; es<br />
bil<strong>de</strong>t jetzt das Prunkstück im neuen<br />
„Museum für Technikgeschichte“ <strong>in</strong><br />
Düsseldorf. Der mit Elektro- bzw.<br />
Gasfahrzeugen betriebene öffentliche<br />
Nahverkehr sowie Elektroautos, Fahr-<br />
rä<strong>de</strong>r und Elektrofahrrä<strong>de</strong>r dom<strong>in</strong>ie-<br />
ren <strong>de</strong>n Transport.<br />
31
32<br />
Didaktische Merkposten für Ihre Arbeit<br />
In <strong>de</strong>n vorangehen<strong>de</strong>n Kapiteln haben Sie mehrfach<br />
„didaktische Merkposten“ gefun<strong>de</strong>n. Diese sollten<br />
Sie auf wichtige Ziele, Inhalte, methodische Aspekte<br />
und auch e<strong>in</strong>ige Mittel für die BNE <strong>in</strong> Düsseldorfer<br />
Schulen h<strong>in</strong>weisen. Hier wer<strong>de</strong>n diese Merkposten<br />
noch e<strong>in</strong>mal sortiert – ohne <strong>de</strong>n Anspruch, damit<br />
e<strong>in</strong> abgeschlossenes Bildungskonzept darzubieten.<br />
Ziele<br />
• <strong>Zukunft</strong> als gestaltbar vermitteln<br />
• Zum Wertewan<strong>de</strong>l beitragen, Gerechtigkeit und<br />
an<strong>de</strong>re grundlegen<strong>de</strong> Werte vermitteln (bzw.<br />
geme<strong>in</strong>sam erarbeiten)<br />
• Vermittlung von Gestaltungskompetenz<br />
• Langfristiges Denken schulen<br />
• Vernetztheit erfahrbar und verständlich machen<br />
• Visionen und Leitbil<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>es guten und gel<strong>in</strong>gen-<br />
<strong>de</strong>n Lebens fi n<strong>de</strong>n<br />
Inhalte<br />
• Zentrale Th emen <strong>de</strong>s Nachhaltigkeitsdiskurses:<br />
Energiewen<strong>de</strong> und Klimaschutz, Biodiversität,<br />
Land<strong>wir</strong>tschaft und Ernährung, Armutsbekämp-<br />
fung, fairer Han<strong>de</strong>l ...<br />
• Nachhaltigkeit als Bezugssystem, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Wissen<br />
organisiert wer<strong>de</strong>n kann<br />
• Struktur <strong>de</strong>s Wissens: von <strong>de</strong>r fachzentrierten<br />
Perspektive zur problem- und themenzentrierten<br />
Perspektive<br />
Metho<strong>de</strong>n<br />
• Die Partizipation von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendli-<br />
chen för<strong>de</strong>rn, d. h. K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche zur<br />
Partizipation ermutigen und befähigen sowie e<strong>in</strong><br />
off enes gesellschaft liches Klima und partizipative<br />
Strukturen schaff en<br />
• Nachhaltigkeitsstrategien bzw. Managementregeln<br />
nutzen, um Nachhaltigkeit konkret erfahrbar zu<br />
machen<br />
• Konkrete Handlungsoptionen für Nachhaltigkeit<br />
s c h a ff e n<br />
• Rolle <strong>de</strong>r Lehrperson: vom Wissensvermittler<br />
zum Lernbegleiter<br />
• Rolle <strong>de</strong>s Lernen<strong>de</strong>n: vom Wissensempfänger zur<br />
Ressource für <strong>de</strong>n Lernprozess<br />
• Erfolge wahrnehmen und sichtbar machen<br />
Mittel<br />
• Vorhan<strong>de</strong>ne Unterstützungsstrukturen nutzen<br />
• Düsseldorfer Agenda-Projekte kennen lernen<br />
BNE ist e<strong>in</strong> durch viele Beschlüsse – von <strong>de</strong>r UN<br />
über E<strong>in</strong>zelstaaten bis zu Lan<strong>de</strong>sregierungen <strong>in</strong><br />
Deutschland (hier parteiübergreifend) – legiti-<br />
miertes Konzept. BNE ist e<strong>in</strong> off ener und entwick-<br />
lungsfähiger Rahmen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m sich zukunft sfähige,<br />
kompetenzorientierte Bildung realisieren lässt. BNE<br />
bietet Antworten auf die Frage, was Schüler/-<strong>in</strong>nen<br />
heute lernen und können sollten. BNE ist realisier-<br />
bar, von <strong>de</strong>r Grundschule bis zum Berufskolleg, wie<br />
viele Beispiele zeigen. BNE motiviert Ihre Schüler/<br />
-<strong>in</strong>nen. Lassen Sie sich <strong>in</strong>spirieren, BNE-Projekte<br />
durchzuführen!<br />
> ><br />
2044<br />
Deutschland hat se<strong>in</strong>e Stromversor-<br />
gung auf 100 % erneuerbare Energien<br />
umgestellt – sechs Jahre eher, als es<br />
das Umweltbun<strong>de</strong>samt 2010 prognos-<br />
tiziert hatte.<br />
2050<br />
Die CO2-Konzentration <strong>de</strong>r Erdatmo-<br />
sphäre hat sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>n vergangenen<br />
10 Jahren stabilisiert – viel später, als<br />
es seit Langem von allen führen<strong>de</strong>n<br />
Klimawissenschaftlern angemahnt<br />
wor<strong>de</strong>n war. Die Aufforstungskampa-<br />
gne <strong>de</strong>r Vere<strong>in</strong>ten Nationen läuft auf<br />
Hochtouren – noch ist offen, ob damit<br />
genug CO2 gebun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kann,<br />
um <strong>de</strong>n Temperaturanstieg auf maxi-<br />
mal 2 °C gegenüber <strong>de</strong>m vor<strong>in</strong>dustri-<br />
ellen Niveau zu begrenzen.
Herausgegeben von <strong>de</strong>r<br />
Lan<strong>de</strong>shauptstadt Düsseldorf<br />
Der Oberbürgermeister<br />
Umweltamt<br />
Verantwortlich<br />
Dr. Werner Görtz<br />
Autor<br />
Tilman Langner<br />
Redaktion<br />
Klaus Kurtz (Düsseldorfer Netzwerk Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung)<br />
Gestaltung<br />
dot.blue – communication & <strong>de</strong>sign<br />
www.duesseldorf.<strong>de</strong>/umweltamt<br />
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