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<strong>Auswirkungen</strong> <strong>des</strong> <strong>erwarteten</strong> <strong>globalen</strong> <strong>Temperaturanstiegs</strong> <strong>der</strong><br />

Atmosphäre auf die Temperaturverteilung im Boden und mögliche<br />

Konsequenzen für chemische und biologische Bodenprozesse<br />

Uta Beyersdorf<br />

TU Bergakademie Freiberg<br />

Adresse: Lange Sraße 27, 09599 Freiberg<br />

e-mail: uta.beyersdorf@gmx.de<br />

Abstract. In den folgenden Betrachtungen wird versucht verschiedene Aspekte <strong>der</strong><br />

möglichen <strong>Auswirkungen</strong> <strong>des</strong> <strong>globalen</strong> <strong>Temperaturanstiegs</strong> <strong>der</strong> Atmosphäre auf den Boden<br />

und die in ihm ablaufenden Prozesse zu erläutern. Aufgrund <strong>des</strong> aktuellen Bezugs wird als<br />

erstes exemplarisch auf die Permafrostböden und <strong>der</strong>en zunehmende Degradation<br />

eingegangen werden. Da Permafrostböden etwa ein Viertel <strong>der</strong> Landoberfläche bedecken,<br />

einen großen Anteil <strong>des</strong> <strong>globalen</strong> Bodenkohlenstoffs speichern und sich auf physikalische,<br />

chemische sowie biologische Bodenprozesse auswirken, kommt diesen Böden eine zentrale<br />

Bedeutung bei <strong>der</strong> Entwicklung von Klimaän<strong>der</strong>ungen zu.<br />

Anhand von verschiedenen aufgeführten Experimenten soll die Temperaturverteilung sowie<br />

chemische und biologische Reaktionen <strong>des</strong> Bodens auf die globale Erwärmung dargelegt<br />

werden.<br />

1. Einführung<br />

Innerhalb <strong>der</strong> letzten 100 Jahre erwärmte sich die Erde um etwa 0,6 °C. Dabei gab es<br />

zwischen 1910 und 1945 sowie ab 1976 zwei Hauptperioden <strong>der</strong> Erwärmung. Die<br />

Erwärmung in <strong>der</strong> letzten Periode war nahezu doppelt so hoch wie die <strong>der</strong> ersten und größer<br />

als zu irgendeiner an<strong>der</strong>en Zeit innerhalb <strong>der</strong> letzten 1000 Jahre [10]<br />

Die auf die globale Erwärmung zurückgeführte Temperaturzunahme weist dabei regionale<br />

Unterschiede auf (Abb.1). Beispielsweise konnte in den mittleren und hohen Breitengraden<br />

<strong>der</strong> nördlichen Hemisphäre eine beson<strong>der</strong>s starke Erwärmung verzeichnet werden. Weil die<br />

Minimaltemperaturen zweimal so schnell ansteigen wie die Maximaltemperaturen, nehmen<br />

die täglichen Temperaturschwankungen ab. Demnach verlängern sich die frostfreien<br />

1


Perioden in den meisten mittleren und hohen Breitengraden [10]. Gerade diese Bereiche<br />

sind von steigenden Bodentemperaturen und damit verbundenen Tauvorgängen <strong>des</strong><br />

Permafrostes betroffen.<br />

Der globale Temperaturanstieg wirkt sich auch auf die mikrobielle Aktivität, das<br />

Wurzelwachstum sowie den <strong>globalen</strong> Kohlenstoffkreislauf aus. Eine ansteigende Intensität<br />

<strong>der</strong> Bodenatmung zieht eine vermehrte Abgabe von CO2 nach sich, was die Konzentration<br />

dieses Treibhausgases in <strong>der</strong> Atmosphäre erhöht.<br />

Abbildung 1: Räumliche Verteilung <strong>der</strong> jährlichen Temperaturtrends (°C pro Jahrzehnt) seit<br />

1976 bezüglich <strong>der</strong> normalen Werte von 1961 bis 1990 [10]<br />

2. Beeinflussung <strong>der</strong> Temperaturverteilung im Boden am Beispiel <strong>der</strong><br />

Permafrostböden<br />

2.1 BEDEUTUNG DES PERMAFROSTES<br />

Als Permafrostböden bezeichnet man Material unterhalb <strong>der</strong> Bodenoberfläche, das<br />

kontinuierlich für mehr als zwei darauf folgende Jahre gefroren bleibt [5].<br />

Permafrostböden nehmen etwa ein Viertel <strong>der</strong> Landoberfläche ein [5] und speichern etwa 25<br />

% <strong>des</strong> <strong>globalen</strong> Bodenkohlenstoffs (180*10 15 g) sowie 12 % <strong>des</strong> weltweiten Kohlenstoffs in<br />

<strong>der</strong> saisonal auftauenden aktiven Schicht. Dieses CO2 hat das Potential zu einer Hauptquelle<br />

<strong>des</strong> atmosphärischen CO2 anzuwachsen. Permafrostböden besitzen daher eine zentrale<br />

Bedeutung bei <strong>der</strong> Entwicklung von Klimaän<strong>der</strong>ungen. Die Variationen in <strong>der</strong> Ausdehnung<br />

<strong>der</strong> Permafrostgebiete stellen einen Spiegel <strong>des</strong> <strong>globalen</strong> Klimawandels dar [1]. In diesem<br />

Zusammenhang ist gefrorener Boden von <strong>der</strong> Internationalen Union <strong>der</strong> Geologischen<br />

2


Wissenschaften als „Geoindikator“ beschrieben worden, da er ein bedeuten<strong>des</strong> Phänomen<br />

für die Beurteilung <strong>der</strong> Umweltverän<strong>der</strong>ungen über einen relativ kurzen Zeitraum darstellt [5].<br />

Die in <strong>der</strong> andauernd gefrorenen Bodenzone ablaufenden Tauvorgänge beeinflussen die<br />

Bedingungen in <strong>der</strong> Biosphäre und die <strong>der</strong> Pedosphäre. Die Verteilung und die Dynamik <strong>des</strong><br />

Permafrostes wirken sich auf physikalische, chemische und biologische Bodenprozesse<br />

nachhaltig aus. Folglich sind Reaktion <strong>der</strong> Böden unter Permafrostbedingungen auf<br />

Klimaän<strong>der</strong>ungen von beson<strong>der</strong>em Interesse [1].<br />

2.2 VERBREITUNG VON PERMAFROSTBÖDEN<br />

Permafrostböden erstrecken sich in den mittleren und hohen Breitengraden <strong>der</strong> nördlichen<br />

Hemisphäre. Sie können aber auch in Hochgebirgen niedrigerer Breitengrade auftreten.<br />

Anhaltend gefrorene Böden erreichen teilweise mehrere hun<strong>der</strong>t Meter Mächtigkeit. Ihre<br />

Verteilung und Struktur ist ein Produkt <strong>der</strong> vergangenen und gegenwärtigen Klima- und<br />

Gebietseigenschaften [1]. Gemäß <strong>der</strong> Internationalen Permafrost Assoziation (IPA) teilt man<br />

die um die Arktis gelegenen Permafrostböden in kontinuierlich (90-100% Vereisung),<br />

diskontinuierlich (50-90% Vereisung) sowie gelegentlich (


2.3 TEMPERATURVERTEILUNG<br />

Der kontinuierliche Prozess <strong>der</strong> Erwärmung resultiert in einem Auftauen <strong>der</strong><br />

Permafrostböden und einer ansteigenden Mächtigkeit <strong>der</strong> aktiven Schicht. Die Tiefe <strong>der</strong><br />

saisonal auftauenden aktiven Schicht zeigt das dynamische Gleichgewicht, das sich<br />

zwischen hydrologischen und thermischen Eigenschaften <strong>des</strong> Bodens und <strong>der</strong> Atmosphäre<br />

eingestellt hat.<br />

Als Nebeneffekte bezüglich <strong>der</strong> <strong>globalen</strong> Erwärmung treten Verän<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> Albedo, <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>schlagsverteilung und Wolkenbildung auf [1]. Wenn die <strong>der</strong>zeitige Erwärmung anhält,<br />

wird sich weiterer Permafrostboden erwärmen und auftauen. Im letzten Vierteljahrhun<strong>der</strong>t<br />

stieg die Besorgnis über <strong>der</strong>artige Tauvorgänge an [6].<br />

Die gegenüber <strong>der</strong> Aufheizung empfindlichsten Gebiete sind Regionen, in denen geringe<br />

klimatische Variationen zu Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausdehnung <strong>der</strong> Pernafrostes führen. Die<br />

Bodenbedingungen werden instabil und ein Rückzug o<strong>der</strong> Vorrücken von Randbereichen<br />

<strong>des</strong> Permafrostes sind die weit reichenden Folgen [1].<br />

Bei eisreichen Permafrostböden können sich durch Tauvorgänge sogenannte<br />

Thermokarsterscheinungen ausbilden [6]. Aufgrund <strong>der</strong> Volumenreduktion bei <strong>der</strong><br />

Umwandlung von Eis in Wasser entstehen beim Schmelzen von eisreichen Sedimenten<br />

Setzungen <strong>der</strong> Bodenoberfläche [5]. Diese ziehen einen verän<strong>der</strong>ten Massen- und<br />

Energiefluss nahe <strong>der</strong> Oberfläche nach sich. Außerdem wird <strong>der</strong> Menschen und an<strong>der</strong>e<br />

Lebewesen beeinflusst sowie Ökosysteme und die Infrastruktur geschädigt o<strong>der</strong> zerstört [6].<br />

Thermakarsterscheinungen sind dort verbreitet, wo fließen<strong>des</strong> Wasser zu thermalen Erosion<br />

führt o<strong>der</strong> in geraden Vertiefungen [5].<br />

Der Energieaustausch im Boden stellt den entscheidenden Faktor für die Ausdehnung und<br />

Mächtigkeit <strong>des</strong> Permafrostes, die Entwicklung von Frostmusterböden sowie an<strong>der</strong>en<br />

periglzialer Erscheinungen dar. Entlang <strong>des</strong> Nordhangs von Alaska wurde ein<br />

Temperaturanstieg von 2-4 °C im letzten Jahrhun<strong>der</strong>t festgestellt. Die Än<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong><br />

Temperaturhaushaltes <strong>der</strong> aktiven Schicht wurden in Alaska über sechs Jahre (1987-1992)<br />

untersucht. Die Ergebnisse zeigen einen engen Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Mächtigkeit<br />

<strong>der</strong> aktiven Schicht und den Lufttemperaturen im Sommer. Allerdings können diese lokalen<br />

Daten im Gegensatz zu den deutlich selteneren großräumigen Daten lediglich kurzzeitige<br />

Effekte und mikroklimatische Bedingungen aufzeigen [1].<br />

Permafrost wird als Wärmesenke angesehen und reagiert als Puffer für die Wärmekapazität<br />

<strong>des</strong> Bodens. Mit ansteigenden Temperaturen verliert dieser Puffer allmählich an Bedeutung.<br />

Die gegenwärtig südliche Grenze <strong>des</strong> Permafrostes wird sich unwie<strong>der</strong>bringlich um hun<strong>der</strong>te<br />

von Kilometern nach Norden verlagern [5].<br />

4


Im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Degradation <strong>des</strong> Permafrostes stehen weitere Faktoren wie<br />

beispielsweise die Vegetation o<strong>der</strong> die Schneebedeckung. Die Vegetation schirmt den<br />

Boden vor solarer Strahlung ab. Ein vegetationsloser Boden o<strong>der</strong> Felsen zeigt ein an<strong>der</strong>es<br />

Reflexionsvermögen als ein stark bewachsener, was sich in einer Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Evaporation<br />

und Wärmeleitfähigkeit äußert. In Abhängigkeit <strong>der</strong> Bodenbedeckung weisen verschiedene<br />

Böden Unterschiede bezüglich <strong>der</strong> vertikalen Temperaturprofile und Feuchtigkeit auf. Das<br />

Entfernen <strong>des</strong> Bewuchses durch oberflächliche Beschädigungen <strong>des</strong> Bodens haben die<br />

Degradation <strong>des</strong> darunter befindlichen Permafrostes sowie eine Verlagerung <strong>der</strong><br />

Permafrostdecke in die Tiefe zur Folge. Die Schneebedeckung sorgt für die Stabilität <strong>des</strong><br />

Permafrostes und steht in direktem Zusammenhang mit <strong>der</strong> Vegetationsbedeckung und <strong>der</strong><br />

Bodenentwicklung [1]. Weil Schnee einen effektiven Wärmeisolator darstellt, ist die<br />

Bodentemperatur mit Schneebedeckung höher als ohne [9].<br />

In den folgenden Ausführungen werden die Temperaturverteilung und <strong>der</strong>en Beeinflussung<br />

durch die globale Erwärmung anhand eines in Alaska von 1977 bis 2002 durchgeführten<br />

Projektes erläutert.<br />

Im Jahr 1977 wurde ein Programm initiiert um ein staatenübergreifen<strong>des</strong> System von<br />

Permafrostbeobachtungen mit Hilfe von Bohrlöchern zu entwickeln. Hiermit sollten die<br />

Effekte <strong>der</strong> Klimaän<strong>der</strong>ungen auf den kontinuierlichen und diskontinuierlichen Permafrost<br />

untersucht werden. Weiterhin bestand das Ziel den gegenwärtigen Erwärmungstrends <strong>des</strong><br />

Permafrostes und <strong>der</strong> aktiven Schicht zu dokumentieren sowie die Eigenschaften dieser<br />

sowie <strong>der</strong> in ihnen ablaufenden Prozesse zu analysieren.<br />

An 22 Untersuchungsstandorten, die sich in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Alyeska-Ölpipline befinden,<br />

wurden Bohrlöcher mit einer Tiefe zwischen 15 und 80 m abgeteuft. Hinzu kamen sieben<br />

an<strong>der</strong>e Bohrlöcher mit denselben Tiefen. Die Untersuchungsstandorte befanden sich in <strong>der</strong><br />

Nähe von meteorologischen Stationen mit langen Klimaaufzeichnungen, was die<br />

Rekonstruktion <strong>der</strong> ehemaligen Mächtigkeit <strong>der</strong> aktiven Schicht und Permafrostbedingungen<br />

ermöglichte. Die Bohrungen wurden im Frühling vorgenommen als die aktive Schicht<br />

gefroren und die Schneebedeckung am geringsten war.<br />

Ausgewählte Temperaturprofile <strong>des</strong> nördlichsten Untersuchungsstandortes Deadhorse von<br />

1983 bis 2001 zeigen eine deutliche Tendenz zur Erwärmung, die sich bis in eine Tiefe von<br />

über 50 m deutlich erkennen lässt (Abb.3). Obwohl die ermittelten Bodentemperaturen noch<br />

deutlich unter 5°C liegen und damit ein stabiler Permafrost vorherrscht, ist diese Entwicklung<br />

als kritisch zu bewerten. Bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> zeitlichen Verteilung <strong>der</strong><br />

Permafrosttemperaturen für verschiedene Tiefen ist in 20 m Tiefe von 1984 bis 2001 eine<br />

Nettoerwärmung um 1,7°C festzustellen (Abb.4). Tiefere Temperaturen weisen auf eine<br />

Erwärmung um 1980 hin. Die Amplitude <strong>der</strong> Erwärmung <strong>der</strong> Bodenoberfläche wird mit 3 bis<br />

4°C abgeschätzt.<br />

5


Abbildung 3: Ausgewählte Temperaturprofile<br />

im kontinuierlichen Permafrost bei dem Untersuchungsstandort<br />

Deadhorse [6]<br />

Bei <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> täglichen Temperaturen <strong>der</strong> Luft, <strong>der</strong> Bodenoberfläche und <strong>der</strong><br />

Permafrostoberfläche <strong>der</strong> Untersuchungsstation Deadhorse fällt auf, dass die Temperaturen<br />

<strong>der</strong> Bodenoberfläche nicht mit denen <strong>der</strong> Luft übereinstimmen (Abb.5). Die durchschnittliche<br />

Lufttemperatur beträgt -12,2°C; die <strong>der</strong> Bodenoberfläche -5,9°C und <strong>der</strong><br />

Permafrostoberfläche -6,2°C. Zwischen <strong>der</strong> Bodenoberfläche und <strong>der</strong> Oberfläche <strong>der</strong><br />

Permafrostdecke besteht demnach eine durchschnittliche Differenz von 0,3°C. Die von <strong>der</strong><br />

Schneedecke ausgehenden Effekte, Vegetation, eine kleinräumige Topographie, Wind o<strong>der</strong><br />

Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren können eine Erklärung für diese<br />

Temperaturdifferenz sein. Weiterhin konnte ein Anstieg <strong>der</strong> Temperaturen <strong>des</strong> Permafrostes<br />

um 3 bis 4°C beobachtet werden. Seit 1995 lagen diese Temperaturen über -15°C,<br />

wohingegen die sechs vorhergehenden Winter kälter waren. Die Erwärmung beschränkt sich<br />

allerdings vorwiegend auf Winter- und Frühlingsmonate.<br />

Die Messreihen <strong>des</strong> deutlich weiter südlich gelegenen Analyseortes Hogan Hill belegen eine<br />

systematische Erwärmung um wenige Zehntel Grad, die bis in eine Tiefe von 50 m reicht<br />

(Abb.6). Aufgrund dieser geringen Erwärmung in allen Tiefen, <strong>der</strong> andauernden Krümmung<br />

<strong>der</strong> Kurve sowie <strong>des</strong> Ausschließens von oberflächlichen Temperaturstörungen kann auf<br />

beträchtliche Mengen von ungefrorenem Wasser im Permafrostboden geschlussfolgert<br />

werden, das die thermische Reaktion <strong>des</strong> Bodens verzögert [6].<br />

6<br />

Abbildung 4: Zeitliche Verteilung <strong>der</strong><br />

Permafrosttemperaturen für verschiedene<br />

Tiefen für den Untersuchungsstandort<br />

Deadhorse [6]


Abbildung 5: Tägliche Temperaturen<br />

<strong>der</strong> Luft, <strong>der</strong> Bodenoberfläche und<br />

<strong>der</strong> Permafrostoberfläche für die<br />

Untersuchungsstation Deadhorse [6]<br />

Eine weitere Untersuchung in Alaska von 1994 bis 1998 zeigt eine schnelle und weit<br />

verbreitete Degradation <strong>des</strong> Permafrostes an, die die Umwandlung <strong>der</strong> vorherrschenden<br />

Birkenwäl<strong>der</strong> in Sumpflän<strong>der</strong> und Moore nach sich zieht. Nach dem Auftauen <strong>des</strong><br />

Permafrostes treten Setzungen von 1- 2,5 m. Diese Thermokarsterscheinungen erstrecken<br />

sich über 42 % <strong>des</strong> Untersuchungsgebietes. Die aufgetauten Permafrostböden werden<br />

schnell von aquatischen und grasartigen Pflanzen bewachsen, so dass sich eine dicke, auf<br />

dem Wasser schwimmende organische Auflage bildet. Die Birkenwäl<strong>der</strong> sind bereits um 35 %<br />

zurückgegangen, wohingegen sich die Sümpfe von 1949 bis 1995 um 29 % ausgebreitet<br />

haben. Insgesamt erhöhte sich <strong>der</strong> Anteil degradierter Permafrostböden in 46 Jahren von 39<br />

auf 46 %. Wenn die <strong>der</strong>zeitigen Bedingungen bestehen bleiben, wird <strong>der</strong> niedrig gelegene<br />

Birkenwald bis zum Ende <strong>des</strong> nächsten Jahrhun<strong>der</strong>ts verschwunden sein [2].<br />

3. Konsequenzen für chemische und biologische Bodenprozesse<br />

3.1 MIKROBIELLE AKTIVITÄT<br />

Die Frost-Tau-Zyklen sind für die Entwicklung von mikrobieller Aktivität verantwortlich.<br />

Nährstoffe, die durch Verwitterungsprozesse freigesetzt wurden o<strong>der</strong> von zersetzen Zellen<br />

stammen, können von Mirkoorganismen genutzt werden. Dadurch wird die enzymatische<br />

Aktivität gesteigert, was wie<strong>der</strong>um weitere biochemische Reaktionen beeinflusst. Eine<br />

7<br />

Abbildung 6: Ausgewählte Temperatur-<br />

profile <strong>des</strong> diskontinuierlichen Permafrostes<br />

für die Untersuchungsstation Hogan Hill [6]


Verdünnung <strong>der</strong> vorliegenden gelösten organischen Substanz o<strong>der</strong> eine geringfügige<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> C/N-Verhältnisses können sich auf das Gleichgewicht zwischen<br />

Remineralisation und Immobilisierung auswirken. Feuchtigkeit erlaubt es Cyanobakterien<br />

und Algen vorzukommen, <strong>der</strong>en Schleimabson<strong>der</strong>ungen lokal als Dünger dienen. Die<br />

Aktivität <strong>der</strong> Mikroorganismen und – fauna führt zu einer Vermischung und Integration von<br />

organischem Material in die mineralische Matrix. Dadurch wird die biochemische<br />

Verwitterung und Frostsprengung verstärkt, die zusammen mit feinen und amorphen<br />

Tonpartikel sowie organische Gelen zur Erhöhung <strong>der</strong> Frostempfindlichkeit beitragen [1].<br />

3.2 WURZELSYSTEM<br />

Das Wurzelsystem trägt über die Freisetzung von nie<strong>der</strong>molekularen organischen Säuren<br />

zur Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Mineralpartikel und Aggregate bei und erzeugt dadurch<br />

eine höhere innere Oberfläche. Aufgrund <strong>des</strong>sen erhöht sich die Austauschkapazität.<br />

Außerdem verän<strong>der</strong>n sich Poren und Nischen, die nun von Mikroorganismen besiedelt<br />

werden können. Die Kohlenstoffverteilung durch Pflanzen sowie <strong>der</strong>en gesteigertes<br />

Wurzelwachstum ziehen weitere Effekte nach sich.<br />

Die Pufferung <strong>des</strong> Kohlenstoffvorrates sowie <strong>der</strong> Nährstoffreserven haben für an<strong>der</strong>e<br />

biologische Bodenprozesse Bedeutung. Die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bodenprozesse durch das<br />

Wurzelsystem geschieht über verschiedene Zeiträume in Abhängigkeit <strong>der</strong><br />

Pflanzenbedeckung. Gras- o<strong>der</strong> moosartige Gemeinschaften reagieren beispielsweise in<br />

kürzerer Zeit als Wäl<strong>der</strong>. Die Nutzung verschiedener Bodenhorizonte, um Nährstoffe zu<br />

erhalten, resultiert in einer differenzierten Anfälligkeit und Reaktion auf<br />

Umweltverän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Pflanzengemeinschaften. Da flache Wurzelsysteme an die aktive<br />

Schicht gebunden sind, reagieren Tundren beispielsweise sensibler als Wäl<strong>der</strong> [1].<br />

3.3 CO2 –KREISLAUF<br />

Die Bodenatmung ist <strong>der</strong> Hauptpfad, auf dem das durch Landpflanzen gebundene CO2<br />

zurück in die Atmosphäre gelangt. Dieser natürliche Fluss von etwa 75*10 15 gC a -1 kann<br />

durch verän<strong>der</strong>te Umweltbedingungen leicht erhöht werden [8]. Bereits geringe Än<strong>der</strong>ungen<br />

können zu einer signifikanten Rückkopplung mit den Treibhausgasen in <strong>der</strong> Atmosphäre<br />

führen. Eine Verän<strong>der</strong>ung um 10 % kämen dem gesamten anthropogen ausgestoßenen CO2<br />

<strong>der</strong> letzten 30 Jahre gleich [3].<br />

Steigende CO2-Konzentrationen in <strong>der</strong> Atmosphäre können zu einer Verstärkung <strong>des</strong> CO2-<br />

Flusses vom Boden führen [8]. Dieser Effekt beruht auf <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong> Zersetzungsrate<br />

<strong>der</strong> organischen Substanz im Zuge <strong>der</strong> <strong>globalen</strong> Erwärmung. Die Abbaurate ist abhängig von<br />

Bodeneigenschaften wie etwa dem pH-Wert und <strong>der</strong> Textur sowie Klimafaktoren und <strong>der</strong><br />

8


Menge an verfügbarem organischem Kohlenstoff [3]. Die größten Reaktionen sind in<br />

oberflächlichen Abbauprodukten und kalten Klimaten nachgewiesen worden. Der Verlust von<br />

Kohlenstoff aus dem Boden wird in den borealen Wäl<strong>der</strong>n sowie in <strong>der</strong> Tundra am größten<br />

sein, da in diesen Regionen die größten Mengen an labilem organischen Material<br />

vorkommen und die stärksten Erwärmungen prognostiziert sind [8].<br />

In einem in Michigan durchgeführten Experiment wurden die Erwärmung eines Podsols [7]<br />

und daraus resultierende Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> mikrobiellen Respiration untersucht. Dazu<br />

wurden Zylin<strong>der</strong>proben aus dem Ober- und Unterbodenhorizont eines typischen Podsols<br />

unter Wald inkubiert. Die untersuchten Böden waren sauer, von grober Textur und enthielten<br />

hohe Konzentrationen von organischem Kohlenstoff im Bereich von 10 gkg -1 .<br />

Mit Hilfe <strong>der</strong> Erwärmung <strong>der</strong> Bodenproben<br />

konnten verschiedene jahreszeitliche<br />

Temperaturverläufen über 33 Wochen simuliert<br />

werden (Abb.7). Zusätzlich wurde eine<br />

vergleichende Versuchsreihe den Temperaturen<br />

ausgesetzt, die für das Untersuchungsgebiet<br />

typisch sind. Die Mengen an CO2 und<br />

Kohlenstoff wurden gemessen und die<br />

Auslaugungsprodukte<br />

Abbildung 7: Jahreszeitliche wurden von 16 Proben im Abstand von zwei<br />

Verläufe <strong>der</strong> Bodentemperaturen <strong>des</strong> Wochen gesammelt. Die mikrobielle<br />

Inkubationsexperiments [4]<br />

Respirationsrate war nach Anpassung <strong>der</strong><br />

Unterschiede <strong>der</strong> anfänglichen Atmung bei <strong>der</strong> vorgenommenen Bodenerwärmung<br />

signifikant höher als ohne Erwärmung. Ohne Korrektur <strong>der</strong> Respirationsunterschiede zu<br />

Beginn war die Respirationsrate in den Oberbodenhorizonten 2,6 mal so hoch wie in den<br />

Unterbodenhorizonten (Abb.8). Damit konnte eindeutig eine Reaktion <strong>der</strong> mikrobiellen<br />

Atmung auf einen Temperaturanstieg belegt werden. Außerdem wurde herausgefunden,<br />

dass die Zusammensetzung <strong>der</strong> mikrobiellen Lebensgemeinschaften sich mit steigenden<br />

Temperaturen än<strong>der</strong>t [4].<br />

Vergleichende Betrachtung <strong>der</strong> CO2-Flüsse von den 1970ern und den 1990ern zeigen, dass<br />

sich arktische Regionen von einer CO2-Senke zu einer Quelle gewandelt haben. Mittlere und<br />

hohe arktische Regionen reagieren aufgrund <strong>der</strong> Ausdehnung <strong>der</strong> Vegetation als CO2-<br />

Senke. Dabei passen sich mache Pflanzen relativ schnell an erhöhte CO2-Konzentrationen<br />

an und sind auf diese Weise in <strong>der</strong> Lage CO2 zu puffern. Niedrige arktische Gebiete wirken<br />

dagegen wegen <strong>des</strong> verstärkten Abbaus organischer Substanz als CO2-Quellen [1].<br />

9


Bodenatmung[mgC/gC]<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Oberbodenhorizonte (Ahe+Ae) Unterbodenhorizonte (Bh+Bs)<br />

Horizonte<br />

Erwärmung Normalttemperaturen<br />

Abbildung 8: Nicht angepasste kumulative CO2-C-Atmung nach 33 Wochen [verän<strong>der</strong>t nach<br />

4]<br />

4. Ausblick<br />

Um die Permafrostböden und die aktive Schicht sowie die in ihnen ablaufenden Prozesse zu<br />

untersuchen, sind großräumige Beobachtungen und Experimente erfor<strong>der</strong>lich. Nur dann ist<br />

es möglich die Konsequenzen <strong>der</strong> <strong>globalen</strong> Erwärmung auf chemische und biologische<br />

Bodenprozesse sowie <strong>der</strong>en Ausmaße abzuschätzen.<br />

10


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