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Seelilien aus der Obertrias von Guanling in Süd-China

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Paläontologie aktuell<br />

Von Bakterien versiegelt<br />

Die Familie Traumatocr<strong>in</strong>idae ist e<strong>in</strong>e<br />

spezialisierte Gruppe <strong>der</strong> artikulaten<br />

Cr<strong>in</strong>oiden, die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>aus</strong>gehenden<br />

Mitteltrias <strong>aus</strong> den z. B. im Muschelkalk<br />

häufi gen Encr<strong>in</strong>iden entwickelt<br />

hat. Während diese am Meeresboden<br />

lebten, begannen die Traumatocr<strong>in</strong>iden<br />

Treibhölzer zu besiedeln und<br />

konnten auf diese Weise die oberen<br />

Wasserschichten auch <strong>in</strong> Meeren bewohnen,<br />

<strong>der</strong>en Bodenwasser durch<br />

Faulschlamm vergift et war.<br />

Derartige Bed<strong>in</strong>gungen herrschten im<br />

unteren Karnium im Zentralbereich<br />

des Tethys-Meeres am SW-Rand <strong>der</strong><br />

Yangtse-Plattform <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rift becken,<br />

dem Ablagerungstrog <strong>von</strong> <strong>Guanl<strong>in</strong>g</strong>.<br />

Unter normalen Bed<strong>in</strong>gungen wären<br />

die geglie<strong>der</strong>ten Skelette <strong>der</strong> Stachelhäuter<br />

und <strong>der</strong> Reptilien am Meeresboden<br />

rasch zerfallen, doch wenn die<br />

Tiere erst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> den lebensfe<strong>in</strong>dlichen<br />

Faulschlamm gesunken waren,<br />

wurden sie nicht mehr <strong>von</strong> Aasfressern<br />

zerrissen, son<strong>der</strong>n <strong>von</strong> Bakterienmatten<br />

versiegelt. So s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>Guanl<strong>in</strong>g</strong><br />

komplette <strong>Seelilien</strong>kolonien mitsamt<br />

ihren Treibholz-Flößen perfekt konserviert<br />

worden. Darunter s<strong>in</strong>d Tiere mit<br />

Stielen, die bis zu 11 m Länge erreichten,<br />

die damit zu den größten Wirbellosen<br />

überhaupt gehören. Die im<br />

geme<strong>in</strong>samen Projekt angelaufene Erforschung<br />

<strong>der</strong> Schwarzschiefer erlaubt<br />

Rückschlüsse auf den Nahrungserwerb<br />

und die Fortpfl anzungsstrategien <strong>der</strong><br />

Traumatocr<strong>in</strong>iden sowie auf die Vorgänge,<br />

die zu ihrer E<strong>in</strong>bettung im Faulschlamm<br />

führten.<br />

Gegenstück zum Posidonienschiefer<br />

Für die Paläontologie Baden-Württembergs<br />

beson<strong>der</strong>s spannend wird diese<br />

Geschichte, weil die Xiaowa-Schwarzschiefer<br />

ihr perfektes Gegenstück im<br />

Posidonienschiefer des Albvorlandes<br />

fi nden, nur dass dieser 50 Millionen<br />

Jahre jünger ist, also E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>es Zeitfenster öff net. Wie <strong>in</strong> <strong>Guanl<strong>in</strong>g</strong><br />

gibt es <strong>in</strong> den schwäbischen Juraschichten<br />

Meeresreptilien, Fische,<br />

Ammoniten – und die riesigen Cr<strong>in</strong>oidenkolonien,<br />

die gleichfalls an Treibhölzern<br />

h<strong>in</strong>gen. Diese <strong>Seelilien</strong> <strong>der</strong><br />

Gattungen Seirocr<strong>in</strong>us und Pentacr<strong>in</strong>i-<br />

tes s<strong>in</strong>d jedoch Abkömml<strong>in</strong>ge <strong>der</strong> mitteltriassischen<br />

Holocr<strong>in</strong>iden, die ab <strong>der</strong><br />

höheren <strong>Obertrias</strong> (Norium) mit ihrer<br />

ähnlichen Spezialisierung ähnliche<br />

Anpassungen mitmachten und<br />

dabei ihre Gestalt <strong>in</strong> ähnlicher Weise<br />

verän<strong>der</strong>ten – e<strong>in</strong> Musterbeispiel biologischer<br />

Konvergenz.<br />

Spannend ist auch, wie sich die ökologische<br />

Nische „Driften an Treibholz”<br />

durch die Zeiten verän<strong>der</strong>t hat.<br />

Drei Meter langes Treibholz (abgedeckt) mit<br />

e<strong>in</strong>er Traumatocr<strong>in</strong>us-Kolonie; die Stiele<br />

<strong>der</strong> größten Individuen s<strong>in</strong>d länger als acht<br />

Meter. Konturen mit Kreide nachgezeichnet.<br />

Wolong Gong, <strong>Guanl<strong>in</strong>g</strong> County.<br />

Die Nische öffnete sich, als zu Beg<strong>in</strong>n<br />

<strong>der</strong> <strong>Obertrias</strong> Hölzer <strong>von</strong> h<strong>in</strong>reichen<strong>der</strong><br />

Größe verfügbar waren,<br />

und sie schloss sich, als die Bohrmuscheln<br />

ihre Entwicklung nahmen<br />

und dafür sorgten, dass Treibholz nur<br />

für begrenzte Zeit im Meer driftete,<br />

das heißt, bis es <strong>aus</strong>gehöhlt war und<br />

schwerere Fracht nicht mehr tragen<br />

konnte. In <strong>Guanl<strong>in</strong>g</strong> – wie auch <strong>in</strong><br />

Holzmaden – spielen Interaktionen<br />

mit byssaten Muscheln <strong>der</strong> Gattung<br />

Daonella here<strong>in</strong>, die gleichfalls an<br />

den Hölzern h<strong>in</strong>gen und die mit ihrem<br />

Gewicht das Abs<strong>in</strong>ken <strong>der</strong> Hölzer<br />

beschleunigten.<br />

Paläontologie aktuell – Berichte <strong>aus</strong> Forschung und Wissenschaft

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