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Koliken-3 - Dr. Renate Reisinger

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PFERDEMEDIZIN Der KOLIKPATIENT in der täglichen Praxis<br />

Fortbildungsseminar März 2009<br />

3. Teil<br />

Magen-Darm-Erkrankungen KOLIK<br />

Auszug Vortrag <strong>Dr</strong>. Monika VENNER<br />

(Tierklinik Kaufungen, BRD)<br />

Magenschleimhautläsionen sind sehr häufig beim Pferd und verursachen meistens <strong>Koliken</strong><br />

aber auch häufig klinisch kaum erkennbare Beschwerden. Darüberhinaus treten bei Pferden<br />

akute Magenüberladungen, Magentumoren und chronische Magendilatationen auf.<br />

MAGENERKRANKUNGEN<br />

Magenschleimhautläsionen<br />

Im Gegensatz zu Fohlen, die durch <strong>Koliken</strong> in Rückenlage und Bruxismus (Leerkauen,<br />

Zähneknirschen und Speicheln) Magenschmerzen äußern, zeigen erwachsene Pferde mit<br />

Magenschleimhautläsionen häufig keine oder nur unspezifische Symptome wie periprandiale<br />

<strong>Koliken</strong> (=Kolik in zeitlichem Zusammenhang mit Futteraufnahme), Kolikattacken,<br />

wiederholte <strong>Koliken</strong>, verminderter und/oder selektiver Appetit, Leistungsminderung sowie<br />

schlechtes Allgemeinbefinden und Abmagerung. Seltener wird von chronischem Durchfall<br />

und Bruxismus und übel riechendem Ruktus berichtet.<br />

Keine Laborparameter sind von diagnostischem Wert beim Pferd, mit Ausnahme einer<br />

Anämie und veränderter Serum-Elektrophorese beim Magenkarzinom. Die Diagnose wird<br />

beim Pferd endoskopisch gesichert Gastroskopie.<br />

Die Gastroskopie erfolgt am sedierten Pferd nach einer Hungerphase von 10<br />

14 Stunden.<br />

Die Schleimhaut des gesamten Magens, des Pylorus und des proximalen Duodenums kann<br />

eingesehen werden.<br />

Die Entstehung von Magenschleimhautläsionen wird beim Pferd durch Erreger wie Rotavirus<br />

beim Fohlen, durch fehlerhafte Futterration, Fütterungsmanagement, Stress und Medikamente<br />

wie nichtsteroidale Antiphlogistika.<br />

Die medikamentöse Therapie der Magenläsionen (z.B. Cimetidin, Ranitidin, Omeprazol) soll<br />

über eine Neutralisation oder Reduktion der Magensekretion zur Regeneration der<br />

Magenschleimhaut beitragen.<br />

Schleimhautläsionen können allerdings auch spontan oder durch Änderung der Haltungs- und<br />

Fütterungsbedingungen abheilen. Wenn Magenulzera bei verbesserter Haltung und Fütterung<br />

sowie konsequenter Behandlung eine gute Prognose haben, trifft dies bei Magentumoren und<br />

Pylorusstenose nicht zu.<br />

1


Akute Magenüberladung<br />

Eine Magenüberladung kann primär vorliegen, wenn Pferde eine zu große Menge an Futter<br />

(meist Kraftfutter, z.B. Pferd in die Futterkammer ausgebrochen) in kurzer Zeit einnehmen. In<br />

anderen Fällen ist die Magenüberladung sekundär zu einem mechanischen oder funktionellen<br />

Dünndarmileus (Dünndarmverschluss).<br />

In beiden Fällen zeigt das Pferd akute Koliksymptome mit beeinträchtigtem Kreislauf. Zur<br />

Behandlung der primären Magenüberladung wird der Magen über eine Nasenschlundsonde<br />

entleert. Bei der sekundären Magenüberladung wird für eine Entlastung des Magens durch das<br />

Abhebern von Reflux (=Rückfluss von Darminhalt in den Magen) und vor allem das<br />

medikamentelle oder chirurgische Beheben des Dünndarmileus gesorgt.<br />

Chronische Magendilatation<br />

Die chronische Magendilatation ist sehr selten und wird als Folge einer Wandschwäche<br />

gesehen. Betroffene Pferde zeigen eine Leistungsschwäche, rezidivierende milde <strong>Koliken</strong>,<br />

langsames Fressverhalten und im späteren Verlauf auch akute Kolikschmerzen.<br />

Die Prognose ist ungünstig.<br />

Magentumoren<br />

Die Magentumoren sind meistens Plattenepithelkarzinome, die erst im fortgeschrittenem<br />

Stadium diagnostiziert werden. Der Patient ist abgemagert, frisst wenig, zeigt rezidivierende<br />

Kolik und speichelt vermehrt. Prognose in Faust (= aussichtslos).<br />

Pylorusstenose<br />

Die Pylorusstenose ist sehr selten. Sie wird bei jungen Pferden (meist unter 6 Jahren)<br />

diagnostiziert. Die Patienten sind abgemagert, liegen viel und zeigen eine langsame<br />

Futteraufnahme und Leistungsschwäche. Die Betrachtung des Pylorus bei der Gastroskopie<br />

führt zur Diagnose.<br />

Die Prognose ist in Faust.<br />

DÜNNDARMERKRANKUNGEN<br />

Missbildungen<br />

Zu den insgesamt seltenen Missbildungen des Dünndarms (DÜD) beim Pferd stellt das<br />

Meckel-Divertikel die häufigste dar.<br />

Betroffene Tiere sind oft jahrelang oder sogar lebenslang beschwerdefrei. Aufgrund der<br />

gestörten anatomischen Verhältnisse besteht jedoch eine hohe Prädisposition an akuter oder<br />

chronischer Kolik zu erkranken.<br />

Akute entzündliche Erkrankungen<br />

Bei Fohlen in den ersten drei Lebenswochen verursacht Rotavirus sporadisch aber auch<br />

endemisch auf einigen Gestüten eine lebensbedrohliche Enteritis. Erkrankte Fohlen zeigen<br />

einen anfangs gräulich pastösen, später flüssigen Durchfall und eine hochgradige<br />

Dehydratation und Anorexie. Erregernachweis im Kot.<br />

Beim erwachsenen Pferd sind akute Entzündliche Erkrankungen des DÜD selten in Europa.<br />

Dabei spielt die Duodeno-Jejunitis die Hauptrolle. Betroffene Pferde zeigen akute<br />

Koliksymptome mit erheblicher Kreislaufbeeinträchtigung, eine Magenüberladung und<br />

meistens rektal fühlbare dilatierte Dünndarmschlingen. Die Ursache ist meistens unbekannt.<br />

2


Chronisch entzündliche Erkrankungen<br />

Das Bakterium Lawsonia intracellularis verursacht bei älteren Fohlen im Absetzalter eine<br />

chronische Dünndarm-Enteritis. Die Lawsonia-Erkrankung ist in Europa selten.<br />

Charakteristisch ist ein chronischer Krankheitsverlauf mit Abmagerung, Teilnahmslosigkeit<br />

und Kümmern.<br />

Beim erwachsenen Pferd stellt die granulomatöse Enteritis die häufigste chronische DÜD<br />

Erkrankung dar. Die Ursache ist unbekannt und der Krankheitsverlauf meistens chronisch<br />

gekennzeichnet durch rezidivierende milde <strong>Koliken</strong> und Abmagerung.<br />

Mechanische Veränderungen<br />

Hernien, Volvulus und Invagination stellen die häufigsten mechanischen Veränderung des<br />

DÜD beim Pferd dar. Diese Erkrankungen verursachen stets eine akute Kolik, die sich rasch<br />

als chirurgisch darstellt.<br />

Funktionelle Veränderungen<br />

Der paralytische Ileus des DÜD ist meistens sekundär zu einer mechanisch bedingten<br />

Dilatation des DÜD oder zu einer Manipulation des Darms während eines chirurgischen<br />

Eingriffs. Betroffene Pferde zeigen Koliksymptome, Apathie und Anorexie.<br />

DICKDARMERKRANKUNGEN<br />

<strong>Dr</strong>. Martin KUMMER FVH, DECVS<br />

(Pferdklinik, Vetsuisse Fakultät Universität Zürich, CH)<br />

Der Dickdarm (DID) des Pferdes besteht aus dem Blinddarm (Caecum), dem grossen<br />

Grimmdarm (Colon ascendens) und dem kleinen Grimmdarm (Colon descendens). Die<br />

grossen Gärkammern Caecum und Colon ascendens fassen zusammen etwa 120 l. Das Colon<br />

descendens ist ca. 3-4 Meter lang. Die Hauptfunktion des Dickdarmes liegt in der Absorption<br />

von Wasser und Elektrolyten und in der mikrobiellen Fermentation (siehe Fütterung & Kolik).<br />

Es werden dabei ca. 20 30 % des Körpergewichtes täglich absorbiert, das heisst für ein 500<br />

kg schweres Pferd ca. 100<br />

150 Liter. Des weiteren haben Caecum und Colon eine<br />

Speicherfunktion, welches über längere Zeit eine mikrobielle Fermentation und Absorption<br />

von freien Fettsäuren erlaubt.<br />

Häufigkeitsverteilung der Dickdarmkoliken<br />

Ca. 60-65% der gastrointestinalen Kolikursachen sind im Bereich des Dickdarms anzusiedeln:<br />

(Daten aus Dissertation Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig, 2000)<br />

33 % Verstopfung Colon ascendens<br />

22 % Dickdarmverlagerung<br />

9 % Verstofpung Colon descendens<br />

9 % Verlagerung DID in Milz-Nieren-Raum<br />

7 % Torsio coli (DID Verdrehung > 180°)<br />

7 % Kolitis<br />

6 % Meteorismus<br />

6 % Caecumobstipation<br />

1 % Mesokolonruptur<br />

3


Verstopfungen des Dickdarms<br />

Obstipation Colon ascendens<br />

Ist die häufigste Erkrankungen des Dickdarms. Die Symptomatik solcher <strong>Koliken</strong> ist in der<br />

Regel mild und intermittierend. Die Pferde zeigen zudem Inappetenz, verringerter Kotabsatz,<br />

reduzierte Wasseraufnahme, häufiges Liegen und Umschauen zum Bauch. Normalerweise<br />

führt eine konservative Therapie zum Ziel. In seltenen Fällen bei über mehrere Tage<br />

persistierenden Obstipationen, beginnenden Darmwandschaden oder sekundärer<br />

Colonverlagerungen muss eine chirurgische Therapie durchgeführt werden.<br />

Die allgemeine Prognose bei Colonobstipationen kann als gut bezeichnet werden. Falls aber<br />

eine chirurgische Intervention unumgänglich ist, wird die Prognose vorsichtiger.<br />

Obstipation des Caecums<br />

Kann akut einmalig auftreten oder dann chronisch rezidivierend sein. Die<br />

Caecumobstipationen beginnen jeweils mit milder Symptomatik, welche sich dann bis zu<br />

hochgradig entwickeln kann. Bei der chronischen Form zeigen die Pferde häufiges Liegen,<br />

Abmagerung und Leistungsabfall.<br />

Die Indikation zur Operation besteht bei hochgradiger Obstipation des Caecumkörpers bei<br />

bestehender Rupturgefahr. Die Prognose ist deutlich vorsichtiger als bei der Colonobstipation,<br />

da das Risiko einer Ruptur oder auch der Chronizität besteht.<br />

Obstipation des Colon descendens<br />

Ist oft auf schlechte Zahnpflege, Heu minderer Qualität, Bewegungsmangel oder<br />

Wassermangel zurückzuführen. Es wird auch in dieser Problematik eine konservative<br />

Therapie bevorzugt; jedoch wenn nötig auch chirurgisch eingegriffen.<br />

Dickdarmverlagerungen<br />

Verlagerung des Colons in den Nieren-Milz-Raum (NMR)<br />

Die Ursache dafür ist unbekannt. Es wird angenommen, dass es aufgrund von<br />

Gasansammlungen und/oder Verstopfungen im Colon ascendens zu einer Lageveränderung<br />

des DID an der linken Bauchseite zwischen Milz und Bauchwand bzw. bis hinauf zwischen<br />

Milz und Niere (NMR) kommt.<br />

Die Pferde zeigen sehr oft milde, manchmal auch intermittierende Symptomatik, selten ist<br />

heftige Kolik. Wenn es die Koliksymptomatik zulässt, ist zuerst eine konservative Therapie<br />

angezeigt; jedoch wenn nötig auch chirurgisch eingegriffen.<br />

Torsio coli<br />

Dabei dreht sich das Colon ascendens häufig um 360°. Die Pferde zeigen sehr oft perakute,<br />

hochgradige, unstillbare Kolik. Bei diesen Patienten muss so rasch als möglich eine<br />

chirurgische Therapie eingeleitet werden. Die Prognose hängt stark von der vorgefundenen<br />

Darmwandschädigung ab. Postoperative Komplikationen wie Thrombophlebitis, Hufrehe,<br />

chronischer Proteinverlust über die geschädigte Darmschleimhaut usw. sind anzutreffen.<br />

4


Kolitis / Typhlocolitis<br />

Die Colitis (Dickdarmentzündung) beim Pferd kann aus mehreren Gründen hervorgerufen<br />

werden. Dazu gehören die Salmonellose, Cyathostominose (siehe Endoparasiten & Kolik),<br />

Potomac Horse Fever, Medikamente wie z.B. nichtsteroidale Antiphlogistika oder gewisse<br />

Antibiotika und die Colitis X. Bei der Colitis X geht man heute davon aus, dass es durch ein<br />

Toxin von Clostridium perfringens Typ B verursacht wird.<br />

Zunächst zeigen die Pferde Apathie und Inapetenz, dann Koliksymptomatik mit profusem,<br />

übelriechendem Durchfall. Wenig später kommt es zu einer starken Endotoxämie, welche sich<br />

typischerweise durch ziegelrote bis zyanotische Schleimhäute äussert. Bei diesen Patienten ist<br />

es wichtig, dass die nötigen Absonderungs- und Schutzmassnahmen getroffen werden bis eine<br />

Salmonellose mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.<br />

Solche Patienten brauchen eine sehr aufwändige, intensive Therapie und trotzdem bleibt die<br />

Prognose vorsichtig.<br />

Meteorismus (Gaskolik, Tympanie)<br />

Gasansammlung kann im gesamten Gastrointestinaltrakt oder nur in gewissen Abschnitten<br />

auftreten.<br />

Beim primären Meteorismus liegt eine alimentäre Ursache zu Grunde. Da ist die Aufnahme<br />

von jungem Gras, Klee, erhitztem Grünfutter, Obst, Brot, Getreideschrot zu erwähnen, welche<br />

generell zu einer verstärkten mikrobiellen Aktivität führt.<br />

Beim sekundären Meteorismus liegt eine Passagestörung im Darmtrakt vor.<br />

Bei sehr starker Symptomatik kann durch den massiven <strong>Dr</strong>uck auf das Zwerchfell das<br />

Allgemeinbefinden sehr stark gestört sein.<br />

Bei erfolgloser konservativer Therapie ist die Chirurgie unumgänglich, wobei bei primärem<br />

Meteorismus die Prognose als gut bezeichnet werden kann.<br />

Mesocolonruptur<br />

Die Ruptur des Mesocolon (= Riss der Dickdarmaufhängung) ist hauptsächlich eine<br />

Komplikation der Stute bei der Geburt. Dabei wird das Gekröse (=Darmaufhängung) durch<br />

abrupte Bewegungen des Fohlens während der Geburt zerrissen. Die Koliksymptomatik ist<br />

variabel und tritt meist in den ersten 24 Stunden nach der Geburt auf.<br />

Die chirurgische Therapie besteht im Entfernen des nekrotischen Darmstückes. Jedoch ist der<br />

Darm oft soweit nach distal/hinten geschädigt, dass eine erfolgversprechende Operation kaum<br />

noch möglich ist; daher ist die Prognose vorsichtig.<br />

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