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Hufrollenentzündung - Pferdepraxis-reisinger.at

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EQUINE PALMAR/plantar FOOT SYNDROM<br />

bzw.<br />

<strong>Hufrollenentzündung</strong> & Co.<br />

Fesselbein<br />

Krongelenk<br />

Kronbein<br />

Hufgelenk<br />

Hufbein<br />

Strahlbein<br />

Schleimbeutel<br />

Tiefe Beugesehne<br />

Lig. distale impar<br />

Lig. sesamoidem rectum<br />

Hornkapsel<br />

Abb 1: Längsschnitt durch eine<br />

Pferdezehe<br />

Abb 2: Längsschnitt durch eine<br />

Pferdezehe - Schema<br />

Palmar Foot Syndrom<br />

„Palmar foot“ ist die Bezeichnung für die hinteren (palmaren) Anteile des Vorderhufes (foot)<br />

des Pferdes.<br />

Der Begriff „Syndrom“ weißt vereinfacht ausgedrückt darauf hin, dass in dieser Körperregion<br />

sehr viele schmerzhafte entzündliche Veränderungen auftreten können die letztendlich ein<br />

sehr ähnliches Krankheitsbild aufweisen.<br />

Die gesamte Zehe eines Pferdes umfasst:<br />

•Hornkapsel, Lederhaut, Strahl- und Ballenkissen<br />

•Knochenstrukturen (Huf-, Strahl-, Kron- und Fesselbein, Gleichbeine)<br />

•Hufknorpel<br />

•Tiefe und oberflächliche Beugesehne, Strecksehne<br />

•Haltebänder für Strahlbein, Huf-, Kron- und Fesselgelenk, Anteile des<br />

Fesseltrageappar<strong>at</strong>es<br />

•Synoviale Strukturen (Huf-, Kron-, Fesselgelenk, Fesselbeugesehnenscheide,<br />

Schleimbeutel (Bursa podotrochlearis)


Unter „palmar foot“ werden die palmaren Anteile des Hufes verstanden:<br />

•Hufanteile (Seiten-, Trachten-, Eckstrebenwände, Strahl- und Ballenkissen)<br />

•Hufgelenk (palmare Anteile)<br />

•Hufrollenkomplex (Strahlbein, Schleimbeutel, tiefe Beugesehne, Haltebänder)<br />

•Hufknorpel<br />

Hufrolle<br />

Im Reiterjargon spricht man oft davon, dass „ein Pferd Hufrolle h<strong>at</strong>“.<br />

N<strong>at</strong>ürlich, ein jedes Huftier/Pferd h<strong>at</strong> an allen vier Zehen eine Hufrolle. Es h<strong>at</strong> jedoch nicht<br />

jedes Tier an allen vier Zehen eine Erkrankung/Entzündung dieser Strukturen.<br />

Die Hufrolle (Podotrochlea) ist eine Funktionseinheit an jeder Zehe von Pferden und Eseln<br />

(Huftieren) und besteht aus:<br />

•Strahlbein (Knochen)<br />

•Bursa podotrochlearis (Schleimbeutel)<br />

•Tiefe Beugesehne (der unterste Anteil der Tiefen Beugesehne)<br />

•und Haltebändern für das Strahlbein<br />

Funktionell stellt das Strahlbein mit dem Schleimbeutel ein Gleitlager (Hypomochlion) für die<br />

Tiefe Beugesehne dar; ähnlich einer Rolle/Gleitlager die ein Seil um eine Kante gleiten lässt.<br />

Neue Erkenntnisse zum Equine-Palmar-Foot-Syndrom<br />

Astrid Rijkenhuizen, Pferde Spiegel 2/2008 (Zusammenfassung)<br />

Der Begriff Equine-Palmar(plantar)-Foot-Syndrom ist das Ergebnis wissenschaftlicher<br />

Überprüfungen der bisherigen Vorstellungen über „Podotrochlose“ (chronisch-degener<strong>at</strong>ive<br />

<strong>Hufrollenentzündung</strong>), dem alten Begriff des 20. Jhd.<br />

Es gilt mittlerweile als nachgewiesen, dass das Strahlbein nicht die einzige Struktur ist, das<br />

die klinischen Symptome der sogenannten „Podotrochlose“ verursacht.<br />

Die klassischen klinischen Symptome des Palmar-Foot-Syndroms können zum einen das<br />

Result<strong>at</strong> von Veränderungen im Knochengewebe des Strahlbeines sein (Podotrochlose,<br />

zystenähnliche Defekte), zum anderen können die Veränderungen auch im Weichteilgewebe<br />

liegen (Tendinitis = Sehnenentzündung, Desmitis = Entzündung der Haltebänder, Synovitis =<br />

Entzündung z.B. des Schleimbeutels).<br />

Zudem können Kombin<strong>at</strong>ionen verschiedener, gleichzeitig auftretender Veränderungen, z.B.<br />

Sehnenläsionen und Knochenveränderungen auftreten.<br />

Durch verbesserte diagnostische Untersuchungsverfahren (Magnetresonanztomographie/MRI,<br />

Computertomographie/CT) ergibt sich heute die Möglichkeit, die Behandlung den t<strong>at</strong>sächlich<br />

vorliegenden Krankheitsprozessen anzupassen. Es wurde auch möglich, verschiedene<br />

p<strong>at</strong>hologische Mechanismen zu identifizieren, die das klinische Symptom „Schmerz“ in der<br />

palmaren Zehe verursachen.<br />

Langzeituntersuchungen haben ergeben, dass primäre Weichteil-Läsionen, bei vorsichtiger<br />

Prognose, die Rückkehr zur vollen <strong>at</strong>hletischen Funktion erwarten lassen. Dagegen sind<br />

Läsionen im Strahlbein mit einer schlechten Prognose verbunden.


Klinische Symptome des Palmar-Foot Syndroms<br />

Result<strong>at</strong>e von Veränderungen in unterschiedlichen Geweben<br />

1. Veränderungen im Knochengewebe<br />

Podotrochlose<br />

Krankhafte Prozesse innerhalb des Strahlbeins:<br />

•Ödem (Flüssigkeitsansammlung im Knochen)<br />

•Gefäßstasis (verminderter bzw. aufgehobener Blutfluss in den Blutgefäßen)<br />

•Vergrößerung der Ernährungskanäle (Canales sesamoidales) an den distalen und<br />

proximalen Rändern, zystenähnliche Defekte in medullären (Knocheninnenteil) Bereichen<br />

•Subchondrale Knochenveränderungen<br />

•Änderungen auf der Flexor-Seite des Strahlbeines (raue Oberfläche, Knorpelschäden)<br />

•Fragmente des distalen Strahlbeinrandes (kleine Frakturen des Strahlbeines)<br />

Zystenähnliche („Löcher im Knochen“) Defekte am<br />

•Kronbein<br />

•Hufbein<br />

Diagnose mittels Röntgen und Computertomographie CT.<br />

2. Veränderungen im Weichteilgewebe<br />

Tendinitis<br />

Mögliche Lokalis<strong>at</strong>ionen an der tiefen Beugesehne:<br />

Insertion (Ans<strong>at</strong>z am Hufbein)<br />

Palmar (auf Höhe) des Strahlbeines<br />

Proximal (oberhalb) des Strahlbeines<br />

Einteilung der distalen (unteren) tiefen Beugesehnenläsionen:<br />

Zentralläsionen<br />

Dorsale Randläsionen (= Läsionen zum Strahlbein hin)<br />

Spalten und Insertionsläsionen (am Hufbeinans<strong>at</strong>z)<br />

Desmitis<br />

•der koll<strong>at</strong>eralen Ligamente (Gelenkseitenbänder)<br />

•des Strahlbein-Hufbeinbandes<br />

•des distalen Ringbands oder des geraden Gleichbeinbandes<br />

Einteilung der Desmitis:<br />

•Zentralläsionen<br />

•Insertionsläsionen (oft mit Fragement<strong>at</strong>ion des Knochens, sagittaler Spaltung der Sehne<br />

oder Läsionen an de rmedialen oder l<strong>at</strong>eralen Seite)<br />

Synovitis (Entzündung)<br />

von Hufgelenk oder Bursa


Primäre Läsion: Tendinitis der tiefen Beugesehne (Entzündung der tiefen Beugesehne)<br />

Diagnose einer distalen Tendinitis der tiefen Beugesehne:<br />

Zuerst wird mittels Leitungsanästhesie/intrasynoviale Anästhesie die Schmerzregion<br />

lokalisiert – palmar foot.<br />

Per Ultraschalluntersuchung kann die tiefe Beugesehne proximal (oberhalb) des Strahlbeines<br />

rel<strong>at</strong>iv gut untersucht werden. Auf Höhe des Strahlbeines und am Hufbeinans<strong>at</strong>z bedarf es<br />

jedoch eines qualit<strong>at</strong>iv hochwertigen Gerätes und entsprechender Fachkenntnis des<br />

Untersuchers um Veränderungen grob einschätzen zu können; vorausgesetzt die<br />

Veränderungen an der Sehne liegen im untersuchbaren Bereich.<br />

Erst der Eins<strong>at</strong>z des MRI h<strong>at</strong> es möglich gemacht, Läsionen der tiefen Beugesehne eindeutig<br />

zu identifizieren.<br />

Therapie:<br />

Lange Ruheperiode, Ausbildungsprogramm, korrektes Ausschneiden des Hufes bzw.<br />

unterstützender orthopädischer Hufbeschlag.<br />

Hufbeschlag<br />

Eine Erhöhung der Trachten verursacht eine Beugung von Huf- und Krongelenk<br />

- eine verringerte Spannung und Druck der tiefen Beugesehne auf das Strahlbein<br />

- eine verringerte Last auf den Vordergliedmaßen<br />

- ein verringerter Druck und Deform<strong>at</strong>ion der Hufkapsel<br />

Um das Abrollen bei Trachtenerhöhung zu erleichtern und das Strahlbein zu entlasten wir eine<br />

Zehenrichtung angebracht.<br />

Bei der Bewertung der Folgen des neuen Beschlages ist zu bedenken, dass eine<br />

Anpassungsphase von 2-3 Wochen notwendig ist, um eine Schmerzerleichterung zu<br />

erreichen.; dies sollte in Betracht gezogen werden, wenn ein Pferd behandelt wird.<br />

Vorteilhaft ist auch ein an den Heilungsverlauf angepasstes Bewegungsprogramm.<br />

Den Heilungsverlauf kontrolliert man z.B. durch wiederholte MRI oder<br />

Ultraschalluntersuchungen der Sehne.<br />

Künftig kommen eventuell intra-läsionale Injektionen von Stammzellen oder<br />

Wachstumsfaktoren in Betracht.<br />

Primäre Läsion:<br />

Desmitis der koll<strong>at</strong>eralen Bänder des Hufgelenkes<br />

(Entzündung der Hufgelenk Seitenbänder)<br />

Die klinischen Symptome einer Desmitis der koll<strong>at</strong>eralen Bänder unterscheiden sich nicht von<br />

den klassischen Symptomen der Podotrochlose.<br />

Mittels Anästhesien kann die Hufrollen- inkl. Hufgelenkregion als schmerzhafter Bereich<br />

eingeschränkt werden. Zur weiteren Diagnostik wir eine zusätzlichen Hufgelenk- oder<br />

Schleimbeutel Anästhesie empfohlen.<br />

Die Seitenbänder können bis zu einem gewissen Grad mittels Ultraschall und am besten<br />

mittels MRI untersucht werden.<br />

Die Prognose für volle <strong>at</strong>hletische Funktion bei Entzündungen der Hufgelenkseitenbänder<br />

liegt bei nur ca. 30%.<br />

Therapie:<br />

Eine ausgedehnte Ruheperiode mit einem aufbauenden Bewegungsprogramm ist<br />

empfehlenswert.<br />

Hufbeschlag<br />

Asymmetrische Fußung reduzieren bzw. verhindern; unterschiedlich hohe Trachten<br />

korrigieren<br />

Breite Hufeisen Schenkel auf der Seite des Bandschadens, um das Abrollen auf der<br />

Gegenseite zu erleichtern.<br />

Extrakorporale Stoßwellentherapie<br />

Stammzellentherapie bei zentralen Läsionen<br />

Therapiekontrolle durch wiederholte MRI bzw. Ultraschalluntersuchungen


Primär Läsion: Desmitis des Strahlbein-Hufbeinbandes (Lig. distale impar)<br />

Das Impar-Ligament verläuft vom Strahlbein zum Hufbein, ist ein Teil der<br />

Hufrolle/Podotrochlea und wird folglich als mögliche Ursache einer Lahmheit mit den<br />

klinischen Symptomen der Podotrochlose ohne irgendwelche röntgenologische<br />

Abweichungen im Strahlbein betrachtet.<br />

Eine spezifische klinische Symptom<strong>at</strong>ik einer Erkrankung dieses Bandes gibt es nicht.<br />

Sowohl eine Leitunsanästhesie, eine intra-artikuläre Hufgelenk-Anästhesie als auch eine intrabursale<br />

Anästhesie eliminieren die Lahmheit.<br />

Mittels MRI wird die Diagnose eindeutig; die Ultraschalluntersuchung kann einen Hinweis<br />

geben.<br />

Therapie:<br />

Lange Ruheperiode von 3-6 Mon<strong>at</strong>en<br />

Führen an der Hand<br />

Korrigierendes Ausschneiden und ein orthopädischer Beschlag mit erhöhten Trachten und<br />

Zehenrichtung<br />

Hufgelenktherapie<br />

Jedoch ist die Prognose generell nicht günstig.<br />

Primäre Läsion: Desmitits des distalen geraden Gleichbeinbandes<br />

(Lig. sesamoideum rectum)<br />

Die Symptome einer Entzündung des unteren geraden Gleichbeinbandes entsprechen denen<br />

des palmaren Fußsyndroms.<br />

Anästhesien können die schmerzhafte Region eingrenzen helfen, sind jedoch vorsichtig zu<br />

interpretieren.<br />

Zur Diagnose können Ultraschall und MRI eingesetzt werden.<br />

Therapie:<br />

Ruheperiode 3-6 Mon<strong>at</strong>e, gefolgt von einem aufbauenden Bewegungsprogramm und<br />

regelmäßiger ultrasonographischer Kontrolle.<br />

Als Beschlag sind Egg-Bar-Shoe und Trachtenerhöhung ungeeignet.<br />

Ein flacher und dünner Beschlag mit einer breiten Zehe und schmalen/engen Trachten ist<br />

angezeigt, um die Hufgelenks-Beugung zu begrenzen. Dieser Beschlag ist deshalb sinnvoll,<br />

weil dadurch mehr Druck auf der tiefen Beugesehne liegt, die Fessel unterstützt und die<br />

Spannung der oberflächlichen Beugesehne und des Fesselträgers reduziert wird. Der Beschlag<br />

sollte die ersten 3 Mon<strong>at</strong>e beibehalten werden; danach könnte eine Erhöhung der Trachten in<br />

Frage kommen, um eine Verlängerung des geschädigten Bandes zu erreichen.<br />

Günstige Prognose.

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