Lagebild 2011 Rauschgift - Polizei Nordrhein-Westfalen
Lagebild 2011 Rauschgift - Polizei Nordrhein-Westfalen
Lagebild 2011 Rauschgift - Polizei Nordrhein-Westfalen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
LKA NRW, 62.05 <strong>Lagebild</strong> „<strong>Rauschgift</strong>kriminalität“<br />
2.6 „Krokodil“ (Desomorphin) 26<br />
Im Oktober <strong>2011</strong> ging bei der <strong>Polizei</strong> Bochum ein Hinweis der Krisenhilfe Bochum ein, dass bei mehreren<br />
Klienten extreme Auffälligkeiten der Haut aufgetreten seien. Der Leitende Arzt der Krisenhilfe äußerte den<br />
Verdacht, dass Heroin mit Desomorphin kontaminiert gewesen sein könnte, da nur hierdurch diese Verletzungen<br />
erklärbar wären.<br />
Bei einer Konsumentin wurden Hautgewebeproben gesichert, die dem KTI des LKA NRW zu weiteren<br />
Untersuchungen zur Verfügung gestellt wurden. Bisher gibt es weder in diesem noch in weiteren Fällen in<br />
Hessen und Bremen konkrete Anhaltspunkte, dass die Gewebeschädigungen durch den Konsum von<br />
Desomorphin verursacht worden sind.<br />
Das Opioid Desomorphin ist ein nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel im Sinne des BtMG. Die Pharmaindustrie<br />
produziert kein Desomorphin. Durch die illegale Herstellung über Codein (aus codeinhaltigen<br />
Arzneimitteln), Jod und rotem Phosphor ist das Endprodukt mit stark toxischen Nebenprodukten angereichert.<br />
Diese Nebenprodukte sind für die nach Injektion auftretenden Haut- und Gewebeschäden verantwortlich.<br />
Desomorphin ist als billiger Heroinersatz in der russischen Föderation weit verbreitet und stellt<br />
dort ein zunehmendes Problem dar.<br />
2.7 Schmuggel von BtM durch polnische Staatsangehörige<br />
Im August <strong>2011</strong> registrierte das LKA NRW einen Anstieg von Schmuggelfällen, in denen polnische Tatverdächtige<br />
größere Mengen BtM - überwiegend Marihuana und Amphetamin - aus den Niederlanden<br />
über Deutschland nach Polen transportieren wollten. Die meisten Aufgriffe erfolgten durch Dienststellen<br />
des Zolls. Eine Recherche in der Falldatei <strong>Rauschgift</strong> ergab für die Kalenderjahre 2003 bis 2009 lediglich<br />
einen Fall. 2010 war ein Anstieg auf acht Fälle zu verzeichnen. <strong>2011</strong> stiegen die Fälle dann sprunghaft<br />
auf 41 an. Dieser Anstieg korreliert auch mit dem Anstieg der polnischen Tatverdächtigen um 49,3 % 27 .<br />
Nach ersten Feststellungen Anfang 2012 dürfte sich die Entwicklung fortsetzen. Das LKA NRW leitete eine<br />
Sonderauswertung ein, die 2012 gemeinsam mit dem Zollkriminalamt fortgeführt wird, um mögliche<br />
(OK-)Strukturen zu erkennen und Vorsorge für die Verhinderung künftiger Schmuggelfahrten treffen zu<br />
können.<br />
2.8 Handreichung „K.O.-Mittel“ 28 für Beratungsstellen<br />
Frauenberatungsstellen und andere Hilfeeinrichtungen berichteten über einen steigenden Beratungsbedarf<br />
für Menschen, die befürchten, dass ihnen sogenannte „K.O.-Mittel“ verabreicht worden sind. Insoweit<br />
besteht ein hohes Informationsbedürfnis zu „K.O.-Mitteln“. Konkrete Fallzahlen liegen jedoch nicht vor,<br />
weil Betroffene oft keine Anzeige erstatten oder nicht (rechtzeitig) zum Arzt oder ins Krankenhaus gehen.<br />
Spuren werden nicht gesichert und Analysen können nicht (mehr zeitgerecht) vorgenommen werden.<br />
Das LKA NRW hat „Informationen und Hinweise zu K.O.-Mitteln – eine Handreichung für Beratungsstellen“<br />
in Abstimmung mit dem Institut für Rechtsmedizin Düsseldorf sowie der Landesarbeitsgemeinschaft<br />
autonomer Frauennotrufe NRW erstellt. Die Informationsschrift zielt aus polizeilicher Sicht vor allem darauf<br />
ab, die Beweisführung bei Verdachtsfällen zu verbessern. Beratungseinrichtungen sind oftmals erste<br />
Ansprechstellen möglicher Opfer und können die zeit- und sachgerechte Beweissicherung fördern.<br />
Die Verteilung der Informationsschrift erfolgt im zweiten Quartal 2012.<br />
3 Fazit<br />
Die erfasste <strong>Rauschgift</strong>kriminalität in NRW stieg <strong>2011</strong> zwar erstmals seit 2007 wieder leicht an, zeigt im<br />
10-Jahres-Vergleich aber eine leicht fallende Tendenz. Mittelfristig ist mit einer Stagnation zu rechnen.<br />
Steigende Fall- und Tatverdächtigenzahlen bei Delikten mit Amphetaminen und erneut sinkende bei Delikten<br />
mit Heroin belegen den langjährigen Trend zu leistungssteigernden und aufputschenden Drogen.<br />
Kontinuierlich sinkende Tatverdächtigenzahlen bei jungen Cannabiskonsumenten seit vier Jahren deuten<br />
auf ein erhöhtes Problembewusstsein für illegale Drogen in dieser Altersgruppe hin. Stark gesunkene<br />
26<br />
Siehe auch http://intrapol.polizei.nrw.de/Kriminalitaet/Praevention/Drogen/Seiten/Hinweise%20zur%20Droge%20Krokodil.aspx<br />
27<br />
Siehe Tab. 26.<br />
28<br />
Stoffe, die Opfer betäuben oder willenlos machen, um an ihnen oder zu ihrem Nachteil Straftaten zu begehen.<br />
10