CLASSaktuell - CLASS - Association of Classical Independents in ...
CLASSaktuell - CLASS - Association of Classical Independents in ...
CLASSaktuell - CLASS - Association of Classical Independents in ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />
Klaus Heymann<br />
Klassik von NAXOS<br />
2012/Nr.2<br />
Hardy Rittner<br />
Chop<strong>in</strong>-Etüden auf<br />
historischem Terra<strong>in</strong><br />
Lisa Larsson und<br />
das Musikkollegium<br />
W<strong>in</strong>terthur<br />
Neue Strauss-Facette<br />
Vom Volksmärchen zur<br />
musikalischen Vorlage<br />
200 Jahre Märchen<br />
der Gebrüder Grimm<br />
Florian Uhlig<br />
Brennt für Schumann
NeuheiteN<br />
SAINT-SAENS/LOEVENDIE/<br />
RAVEL<br />
Klaviertrios<br />
Van Baerle Trio<br />
ETCETERA • KTC 1438<br />
GIOVANNI BOTTESINI<br />
Capriccio di bravura/Grand Duo<br />
Concertant/u.a.<br />
Rick Stotijn / Christiane Stotijn<br />
Candida Thompson / Amsterdam<br />
S<strong>in</strong>fonietta / u.a.<br />
CHANNEL <strong>CLASS</strong>ICS • CCS 32612<br />
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL<br />
Esther<br />
Rob<strong>in</strong> Blaze / Susan Hamilton<br />
Nicholas Mulroy / John Butt<br />
Duned<strong>in</strong> Consort & Players<br />
LINN • CKD 397 2 SACDs<br />
SONDeRANGeBOt<br />
C O D A e x D e u t S C h L A N D<br />
Landsberger Strasse 492, 81241 München<br />
+49 (0) 89 82 00 02 34<br />
http://blog.codaex.de<br />
www.facebook.com/codaex.deutschland<br />
JAN LADISLAV DUSSEK<br />
SOPHIA DUSSEK-CORRI<br />
Madame et Monsieur Dussek<br />
Masumi Nagasawa<br />
ETCETERA • KTC 1439 2 CDs<br />
RUTTER/MOZART/SCHUBERT/<br />
BRAHMS/ELGAR/MC KIE/+<br />
This Is The Day: Musik zu<br />
königlichen Festlichkeiten<br />
John Rutter<br />
The Cambridge S<strong>in</strong>gers<br />
COLLEGIUM • COLCD 136<br />
PETER EÖTVOS<br />
CLAUS H. HENNEBERG<br />
Three Sisters - Die drei<br />
Schwestern (Oper GA)<br />
Peter Eötvos / Kent Nagano<br />
Orchestre de l’Opera de Lyon u.a.<br />
BMC • BMC 0190 2 CDs<br />
CLAUDE DEBUSSY<br />
The Debussy Edition<br />
Pascal Rogé<br />
ONYX<br />
ONYX 4095<br />
5 CDS<br />
HERBERT HOWELLS<br />
Requiem/Gloucester Service<br />
St Paul’s Service/ u.a.<br />
Stephen Layton / Tr<strong>in</strong>ity College<br />
Choir Cambridge<br />
HYPERION • CDA 67914<br />
CHRISTOPH GRAUPNER<br />
Die sieben Worte Jesu am<br />
Kreuz<br />
Genevieve Soly<br />
Les Idées Heureuses<br />
ANALEKTA • AN 29122 2 CDs<br />
MICHAEL NYMAN<br />
Sangam - Michael Nyman<br />
meets Indian Masters<br />
Michael Nyman / Michael Nyman<br />
Band / Shr<strong>in</strong>ivas / Misra / u.a.<br />
MN RECORDS • MNRCD 119<br />
RAVI SHANKAR<br />
Symphony<br />
Anoushka Shankar<br />
David Murphy / LPO<br />
LPO • LPO 0060<br />
hYPeRiON CD OF the MONth<br />
HENRY VIEUXTEMPS<br />
Viol<strong>in</strong>konzerte Nr.1 E-Dur & Nr.2 <strong>in</strong> fis-Moll<br />
Chloë Hanslip /Martyn Brabb<strong>in</strong>s / Royal Flemish Philharmonic<br />
HYPERION • CDA 67878<br />
GLYNDeBOuRNe<br />
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL<br />
Theodora<br />
Lorra<strong>in</strong>e Hunt / David Daniels / Dawn Upshaw / William Christie<br />
The Orchestra <strong>of</strong> the Age <strong>of</strong> Enlightenment<br />
GLYNDEBOURNE • GFO 01496 3 CDs<br />
ORANGe MOuNtAiN MuSiC<br />
PHILIP GLASS<br />
S<strong>in</strong>fonie Nr.9<br />
Dennis Russell Davies / Bruckner Orchester L<strong>in</strong>z<br />
ORANGE MOUNTAIN MUSIC • OMM 0081
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
In diesem Sommer feiern wir den 150. Geburtstag des Vaters der Weltmusik.<br />
Ich me<strong>in</strong>e natürlich Claude Debussy, der als erster europäischer Komponist ganz gezielt<br />
außereuropäische Tonskalen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Musik e<strong>in</strong>brachte und die herkömmliche Harmonik<br />
damit auf den Kopf stellte. Das heißt: Eigentlich stellte er die Harmonik nicht auf den<br />
Kopf, sondern brachte sie zum Schweben – schwirrender, flirrender Impressionismus.<br />
Für die musikalischen Sittenwächter war das e<strong>in</strong> Skandal. Denn wenn die Harmonik ihren<br />
Schwerpunkt verliert, herrscht doch ke<strong>in</strong>e Ordnung mehr! Die re<strong>in</strong>e Anarchie!<br />
Der Teufel im Detail<br />
Schlimmer noch: Debussy hat Höllengeister freigesetzt. Sehen wir uns doch e<strong>in</strong>mal so<br />
e<strong>in</strong>e bal<strong>in</strong>esische Ganztonskala an. E<strong>in</strong> Tonschritt: die große Sekunde. Zwei Tonschritte:<br />
die große Terz. Drei Tonschritte: die übermäßige Quart oder halbe Oktave, auch<br />
Tritonus genannt. Aber was ist dieser Tritonus? Er ist schlimmer als der T<strong>in</strong>nitus, er ist ganz,<br />
ganz schlimm! Die musikalischen Sittenwächter nennen ihn den Teufel <strong>in</strong> der Musik.<br />
In der guten, ordentlichen Zeit vor Debussy stand dieser „Teufels<strong>in</strong>tervall“ allenfalls<br />
für das Böse, für Schmerz und Leid, für Aussatz, Fluch, Verdammung und Hexerei.<br />
Ansonsten hatten die Tonsetzer ihn gefälligst zu vermeiden und aufzulösen, denn er<br />
galt als „Querstand“ und „harter Gang“. Weil er auch im Dom<strong>in</strong>antseptakkord steckt,<br />
bekam Beethoven e<strong>in</strong>ige Rüffel zu hören – wenn er sie denn hörte. Beethoven stellte<br />
sich bekanntlich taub.<br />
Auch der amerikanische Blues galt e<strong>in</strong>mal als „the devil’s music“. Das könnte an se<strong>in</strong>en<br />
„blue notes“ liegen, denn auch sie stehen für den Ausdruck von Leid und Schmerz.<br />
Die bekannteste „blue note“ ist die „flatted fifth“, die verm<strong>in</strong>derte Qu<strong>in</strong>te, was eben<br />
nichts anderes ist als e<strong>in</strong>e übermäßige Quart, also der Tritonus. Allerd<strong>in</strong>gs kommt<br />
die „flatted fifth“ des Blues schon <strong>in</strong> der traditionellen Musik Westafrikas vor, die ja nun<br />
bekanntermaßen gar ke<strong>in</strong>e gleichmäßig temperierten halben Oktaven kennt.<br />
Genau genommen ist die afroamerikanische „flatted fifth“ auch gar ke<strong>in</strong>e verm<strong>in</strong>derte<br />
Qu<strong>in</strong>te, sondern e<strong>in</strong>e noch e<strong>in</strong> wenig mehr verm<strong>in</strong>derte Qu<strong>in</strong>te – e<strong>in</strong> Ton knapp<br />
über der Quart, der sich direkt aus der Obertonreihe ergibt. Alphorn- und Jagdhornbläser<br />
kennen ihn als elften Naturton. Da steckt der Teufel also mal wieder echt im Detail!<br />
Aber das soll jetzt nicht unser Problem se<strong>in</strong>, es gibt Wichtigeres: Bon anniversaire,<br />
Monsieur Debussy!<br />
E<strong>in</strong>en schönen Sommer wünscht<br />
Hans-Jürgen Schaal<br />
AUSGABE 2012/2 3<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell 2/2012<br />
Inhalt<br />
4 Weltmarktführer familiär<br />
Klaus Heymann und se<strong>in</strong> Label Naxos<br />
6 Unabhängigkeiterklärung<br />
Rudolf Innig spielt Orgelwerke<br />
von Horatio Parker<br />
7 „Ich brenne für Schumann“<br />
Florian Uhligs Schumann-Edition<br />
8 Glücklich mite<strong>in</strong>ander<br />
und mit Vivaldi<br />
Rachel Podger bei Channel Classics<br />
9 Karibisches Feuer und starke Glut<br />
Thomas Gabrisch dirigiert Clerch<br />
12 Klassik aus dem Stecker<br />
Theo Wubbolts auf der High End<br />
16 Neue Facette<br />
Lisa Larsson mit Strauss und dem<br />
Musikkollegium W<strong>in</strong>terthur<br />
17 Ivan Zenaty über Franz Benda<br />
18 Up de eensame Hallig<br />
Sophie Harmsen und Alexander<br />
Vasilliev entdecken Rudi Stephan<br />
19 Stürmer, Genießer, Poet<br />
Hardy Rittner mit Chop<strong>in</strong>-Etüden auf<br />
historischem Terra<strong>in</strong><br />
20 Es war e<strong>in</strong>mal...<br />
Vom Volksmärchen zur<br />
musikalischen Vorlage<br />
24 Katalog-Service mit Umfrage<br />
25 <strong>CLASS</strong>-Blickpunkte<br />
Neuheiten vorgestellt von<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Impressum<br />
Herausgeber/Verlag:<br />
<strong>CLASS</strong> e.V.<br />
<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />
Bachstraße 35, 32756 Detmold<br />
Tel. 05231-938 922<br />
class@class-germany.de<br />
Redakteur (v.i.S.d.P): Manfred Görgen<br />
Anzeigen: Gabriele Niederreiter<br />
Grafische Gestaltung: Ottilie Gaigl<br />
Druck: Westermann Druck, Braunschweig<br />
Auflage: 125.100<br />
Titelfoto: Zhang Jiangshe<br />
Alle Tonträger dieser Ausgabe f<strong>in</strong>den Sie auch<br />
unter www.bielekat.de<br />
und www.klassikrecherche.de
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Der familiäre Weltmarktführer<br />
Von Klaus Heymann und se<strong>in</strong>em Naxos-Label, das er vor 25 Jahren gründete<br />
In der „Szene“ ist er bekannt wie e<strong>in</strong> bunter Hund doch die meisten se<strong>in</strong>er Endkunden haben noch nie etwas<br />
von ihm gehört. Dabei besitzt fast jeder, der sich für Musik <strong>in</strong>teressiert, m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>er Produkte.<br />
Die Rede ist von Klaus Heymann, se<strong>in</strong>es Zeichens Gründer und Chairman der Firma Naxos.<br />
Er ist so etwas wie die „graue Em<strong>in</strong>enz“ der Klassik-Branche.<br />
Über 7.000 CDs s<strong>in</strong>d unter dem e<strong>in</strong>prägsamen Naxos-Emblem<br />
seit 1987 erschienen, monatlich kommen rund 25 neue h<strong>in</strong>zu.<br />
Die Palette reicht von mittelalterlicher Musik bis h<strong>in</strong> zur<br />
E-Musik des 21. Jahrhunderts. Orchester aus Nowosibirsk und<br />
Island s<strong>in</strong>d im Naxos-Katalog ebenso vertreten, wie das London Symphony<br />
Orchestra oder die Staatskapelle Weimar. Herausragende CDs des Labels<br />
haben sich hunderttausendfach verkauft, andere vielzehntausendfach.<br />
Wer ist der Mann, der h<strong>in</strong>ter diesem erstaunlichen Erfolg steht und<br />
es b<strong>in</strong>nen 25 Jahren geschafft hat, die Klassik-Szene umzukrempeln?<br />
Klaus Heymann wurde 1936 bei Frankfurt am Ma<strong>in</strong> geboren. Er<br />
studierte u. a. <strong>in</strong> Frankfurt, London und Lissabon, brach aber 1961 se<strong>in</strong><br />
Studium ab, weil es ihm schlicht zulange dauerte.<br />
Über e<strong>in</strong>e Anstellung als Werbeleiter bei e<strong>in</strong>er Zeitschrift kam<br />
Heymann 1967 nach Hongkong. Mit spartanischen Mitteln gründete er<br />
e<strong>in</strong>en Versandhandel für Kameras, der s<strong>of</strong>ort erfolgreich war: „Innerhalb<br />
4 AUSGABE 2012 /2<br />
e<strong>in</strong>es Jahres war ich Dollarmillionär“, so Heymann – und das mit 33 Jahren!<br />
Er begann nun auch HiFi-Geräte zu vertreiben.<br />
1975 heiratete er die Viol<strong>in</strong>virtuos<strong>in</strong> Takako Nishizaki. Spätestens nun<br />
war der junge Unternehmer von Kopf bis Fuß auf Musik gepolt. Er vertrieb<br />
jetzt Schallplatten, gründete bereits 1977 e<strong>in</strong> erstes eigenes LP-Label.<br />
Doch erst mit der E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es neuen Mediums – der CD –<br />
begann die große Erfolgsstory. 1982 gründete Heymann „Marco Polo“,<br />
das „Entdeckerlabel“.<br />
1987 folgte die Firma Naxos mit e<strong>in</strong>em für damalige Zeiten wegweisenden<br />
Konzept: Jede CD sollte e<strong>in</strong>e qualitativ hochwertige Neuproduktion<br />
se<strong>in</strong>, jedoch nicht über 10 DM kosten. Diese e<strong>in</strong>fache Idee<br />
erwies sich als marktumstürzende Revolution!<br />
Selbst Menschen, die sich vorher nie für klassische Musik <strong>in</strong>teressiert<br />
hatten, griffen nun im großen Stil zu. Und aufgrund der guten<br />
Qualität der Aufnahmen und e<strong>in</strong>er b<strong>in</strong>nen kurzer Zeit entwickelten<br />
immensen Repertoirebandbreite mit vielen Welterste<strong>in</strong>spielungen, konnte
man von Beg<strong>in</strong>n an auch die e<strong>in</strong>gefleischten Kenner für sich gew<strong>in</strong>nen.<br />
So wurde aus Naxos schon bald der Weltmarktführer für klassische<br />
Musik auf CD und konnte bis heute schon 19 Grammy-Auszeichnungen –<br />
den „Oscar“ der Musikwelt – verbuchen.<br />
Doch s<strong>in</strong>d CDs nicht <strong>in</strong>zwischen passé? Hört nicht zum<strong>in</strong>dest der<br />
Klassik-Nachwuchs heutzutage lieber onl<strong>in</strong>e – per Download oder<br />
Stream? Klaus Heymann erkannte auch diesen Megatrend früher als<br />
viele andere. Mit der voll digitalen „Naxos Music Library“ (NML) setzte<br />
der weitsichtige Geschäftsmann bereits <strong>in</strong> den 1990er-Jahren massiv auf<br />
das Internet als Verbreitungsmedium<br />
für klassische Musik. In e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong><br />
der die meisten nicht e<strong>in</strong>mal wussten,<br />
was e<strong>in</strong> mp3-Stream überhaupt ist,<br />
bot Naxos solche Dienste im Rahmen<br />
der NML bereits an.<br />
Zunächst gab es den Service für<br />
Bildungs<strong>in</strong>stitute, wie Schulen und Universitäten. Später kamen auch<br />
Angebote für Musiker, Journalisten und Privatleute h<strong>in</strong>zu. Heute übertrifft<br />
die NML alle vergleichbaren Angebote. Sie ist mit über e<strong>in</strong>er Million<br />
verfügbaren Musikstücken weit mehr als nur e<strong>in</strong> „Musikhörportal“:<br />
Sie ist e<strong>in</strong>e gigantische Datenbank, die neben Musik auch Musiker- und<br />
Komponistenbiografien, Werke<strong>in</strong>führungen, Lernmaterialien und selbst<br />
Noten zum Partiturstudium be<strong>in</strong>haltet: E<strong>in</strong>e musikalische Schatzkiste, die<br />
man zum Preis e<strong>in</strong>er Monats- oder Jahresflatrate buchen kann. Und wer<br />
die Musik auf dem mp3-Player braucht, landet bei classicsonl<strong>in</strong>e.com,<br />
dem weltgrößten Downloadportal für klassische Musik. Wer steckt<br />
dah<strong>in</strong>ter? Klaus Heymann natürlich!<br />
Obwohl dieser <strong>in</strong>zwischen Mitte 70 ist, leitet er noch immer die<br />
Naxos bietet Geschäftspartnern<br />
e<strong>in</strong> Konzept an, bei dem es<br />
fast alle Medien-Dienstleistungen<br />
aus e<strong>in</strong>er Hand gibt.<br />
AUSGABE 2012 /2 5<br />
Geschäfte des Unternehmens, das <strong>in</strong> Hongkong als „HNH <strong>in</strong>ternational“<br />
gelistet ist. W<strong>of</strong>ür das Kürzel steht? Heymann, Nishizaki, Heymann! Der<br />
Musikvermarktungskoloss Naxos ist im Kern sympathisch familiär geblieben!<br />
Dazu hat auch Heymanns Frau Takako Nishizaki entscheidend<br />
beigetragen. Die mit ihr als Solist<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gespielten Aufnahmen gehören<br />
zu den erfolgreichsten und beliebtesten <strong>in</strong> der Labelgeschichte.<br />
Angesichts der digitalen Neuerungen betrachtet Heymann das CD-<br />
Label nach eigener Aussage <strong>in</strong>zwischen eher als e<strong>in</strong>e Art Hobby. „Das<br />
Geschäft ist heute die Vertriebs- und Market<strong>in</strong>ggruppe“, erzählt er und<br />
me<strong>in</strong>t damit, dass Naxos als Vertriebs-<br />
partner für andere Medienunternehmen<br />
gar nicht mehr wegzudenken ist.<br />
Doch auch hier setzt er noch e<strong>in</strong>en<br />
drauf: Vom Vertrieb über die digitale<br />
Vermarktung bis h<strong>in</strong> zur CD-Pressung:<br />
Naxos bietet Geschäftspartnern e<strong>in</strong> Konzept<br />
an, bei dem es fast alle Medien-Dienstleistungen aus e<strong>in</strong>er Hand gibt.<br />
Hierbei spielt der Standort Deutschland e<strong>in</strong>e zentrale Rolle: Im beschaulichen<br />
Örtchen Kirchheim bei München bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e der essenziellen<br />
Schaltzentralen des Unternehmens: die Firmensparte „Naxos Global<br />
Logistics“. Sie ist als Logistikpartner nicht nur der NAXOS-Vertriebe,<br />
sondern auch als Dienstleister für andere Firmen von Bedeutung. In<br />
enger Verzahnung mit Naxos Deutschland, der hiesigen Vertretung von<br />
Heymanns Firma, hat sich die heimische Unternehmenstochter zu e<strong>in</strong>em<br />
der größten und wichtigsten deutschen Medienvertriebe entwickelt.<br />
Er beliefert von Kirchheim aus buchstäblich den Rest der Welt mit<br />
klassischer Musik – wenn alles so weiter geht, wohl auch noch die<br />
nächsten 25 Jahre! Ra<strong>in</strong>er Aschemeier
Fotos: © MDG<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Unabhängigkeitserklärung<br />
Rudolf Innig präsentiert Orgelwerke von Horatio Parker<br />
Auch über hundert Jahre nach der Unabhängigkeit<br />
orientierten sich nordamerikanische<br />
Komponisten nach wie<br />
vor an den großen europäischen Vorbildern.<br />
Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts<br />
begann sich e<strong>in</strong>e eigene amerikanische Musiksprache<br />
herauszubilden. E<strong>in</strong>en Grundste<strong>in</strong> legte<br />
Horatio Parker, der se<strong>in</strong>e Schüler, darunter<br />
Charles Ives, Schritt für Schritt von Europa<br />
emanzipierte. Parkers Stellung „zwischen den<br />
Welten“ macht Rudolf Innig mit dieser hochwillkommenen<br />
Aufnahme deutlich.<br />
Horatio Parker wurde 1863 <strong>in</strong> Massachusetts<br />
geboren – und war ke<strong>in</strong> Wunderk<strong>in</strong>d. Erst mit<br />
14 Jahren erkannte se<strong>in</strong>e Mutter – Organist<strong>in</strong> an<br />
der vom Vater (als Architekt) gebauten Stadtkirche<br />
von Auburndale – se<strong>in</strong>e enorme musikalische<br />
Begabung. 1882 kam Parker nach<br />
München zu Josef Rhe<strong>in</strong>berger <strong>in</strong><br />
die Lehre. Der 19jährige überragte<br />
se<strong>in</strong>e Mitschüler sehr bald als<br />
Komponist und Virtuose: nicht<br />
ohne Grund wird Rhe<strong>in</strong>berger dem<br />
Hochbegabten die Uraufführung<br />
se<strong>in</strong>es Orgelkonzerts anvertraut<br />
haben. Zurückgekehrt nach Amerika,<br />
sammelte Parker an der<br />
berühmten Yale Universität talentierte<br />
junge Komponisten um sich,<br />
während se<strong>in</strong>e eigenen Kompositionen<br />
das Publikum weltweit begeisterten:<br />
als erster Amerikaner<br />
wurde er <strong>in</strong> Cambridge mit der<br />
Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.<br />
In e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> der <strong>in</strong> Europa<br />
die Abkehr von der Tonalität voranschreitet,<br />
geht Parker unbeirrt<br />
e<strong>in</strong>en eigenen Weg – und se<strong>in</strong>e<br />
Werke erreichen überwältigende<br />
Ausdrucksdimensionen. Se<strong>in</strong>e Orgelsonate<br />
weist <strong>in</strong> ihrer Anlage weit<br />
über Rhe<strong>in</strong>bergers Vorbild h<strong>in</strong>aus.<br />
Hochexpressive Dramatik wird mit<br />
schalkhaftem Witz kontrapunktiert;<br />
gleichzeitig zeugen motivische Zusammenhänge<br />
von grandioser kompositorischen<br />
Meisterschaft.<br />
Rudolf Innig hat e<strong>in</strong> Faible für<br />
hoch- und spätromantische Orgel-<br />
musik auch abseits des breiten Ma<strong>in</strong>stream und<br />
eröffnet mit dieser Entdeckung erneut großartige<br />
Aussichten auf e<strong>in</strong> kaum bekanntes Feld.<br />
Se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>spielungen sämtlicher Orgelwerke von<br />
Josef Rhe<strong>in</strong>berger und Felix Nowowiejski s<strong>in</strong>d<br />
Meilenste<strong>in</strong>e der Interpretationsgeschichte. Mit<br />
der Kuhn-Orgel im Dom zu Osnabrück steht<br />
ihm e<strong>in</strong> ausgezeichnetes modernes Instrument<br />
<strong>in</strong> bester Akustik zur Verfügung, das, aufgeteilt<br />
<strong>in</strong> Hauptwerk und drei schwellbaren Werken<br />
e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>iger Hochdruckregister im<br />
Turmwerk bei perfekter Spielbarkeit, Parkers<br />
Klangvorstellung <strong>in</strong> idealer Weise entspricht.<br />
Das Booklet listet taktgenau die Registerfarben<br />
auf, so dass selbst für Organologen ke<strong>in</strong>e weiteren<br />
Fragen <strong>of</strong>fen bleiben. Chapeau!<br />
Klaus Friedrich<br />
6 AUSGABE 2012/2<br />
www.rudolf-<strong>in</strong>nig.de<br />
Horatio Parker<br />
Sonate es-Moll op. 65<br />
Orgelwerke op. 66 und 68<br />
Rudolf Innig<br />
Kuhn-Orgel, Dom Osnabrück<br />
MDG 317 1741-2<br />
Weitere E<strong>in</strong>spielungen:<br />
Felix Nowowiejski<br />
Konzerte für Orgel solo Vol. 1<br />
Konzerte op. 56, 1 + 2<br />
Orgelstücke op. 9<br />
E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> den Dom op. 8, 3<br />
Rudolf Innig, Sauer-Orgel, Bremer Dom<br />
MDG 317 1591-2<br />
Josef Rhe<strong>in</strong>berger<br />
Sämtliche Orgelwerke Vol. 12<br />
Sonate Nr. 19 op. 193<br />
Sonate Nr. 20 op. 196<br />
S<strong>in</strong>gmesse etc.<br />
Rudolf Innig, Kuhn-Orgel<br />
Stadtkirche St. Anton, Zürich<br />
MDG 317 0902-2<br />
Franz Lachner<br />
Sämtliche Orgelwerke<br />
Sonaten op. 175-177,<br />
Präludien und Fugen<br />
Rudolf Innig, Walcker-Orgel Ilmenau<br />
MDG 317 1487-2
Foto: Friedrun Re<strong>in</strong>hold<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
„Ich brenne für Schumann“<br />
Florian Uhligs Schumann-Edition bei hänssler <strong>CLASS</strong>IC<br />
Angepasstes Auftreten war nie Florian Uhligs D<strong>in</strong>g. Der<br />
1974 <strong>in</strong> Düsseldorf geborene Pianist hat immer e<strong>in</strong><br />
Augenzw<strong>in</strong>kern für Denkschablonen übrig, liebt das<br />
Exzentrische und hört nicht auf Traditionelles gegen<br />
den Strich zu bürsten. Se<strong>in</strong>en ersten Klavierabend gab er bereits<br />
mit zwölf Jahren, studiert hat er <strong>in</strong> London am Royal College und<br />
an der Royal Academy u.a. bei Peter Feuchtwanger, e<strong>in</strong>em Schüler<br />
von Edw<strong>in</strong> Fischer und Walter Giesek<strong>in</strong>g. Die stärkste Inspiration<br />
nennt Florian Uhlig die Begegnung mit dem legendären Bariton<br />
Hermann Prey, dessen letzter Klavierbegleiter er gewesen war.<br />
Vor zwei Jahren kündigte der junge Musiker den Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es<br />
ambitionierten Projektes an: Die erste Gesamtaufnahme der Klavierwerke<br />
zu zwei Händen von Robert Schumann. Florian Uhlig bezeichnet<br />
sich als „Schumannomane“, „ich brenne für Schumann,<br />
er liegt mir immens am Herzen“ sagte er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Interview. Mit<br />
Schumanns Œuvre ist er sehr vertraut, denn seit e<strong>in</strong>igen Jahren<br />
arbeitet Uhlig eng mit dem renommierten Schumann-Forscher<br />
Dr. Joachim Draheim zusammen. Letzterer hat e<strong>in</strong>ige der Werke<br />
entdeckt und /oder ediert, se<strong>in</strong>e detailreichen Booklettexte erhellen<br />
biografische und musikgeschichtliche H<strong>in</strong>tergründe der<br />
jeweiligen Werkgruppe.<br />
Immer wieder s<strong>in</strong>d Versuche unternommen worden, Robert<br />
Schumanns Klavierwerk auf Tonträgern festzuhalten. Bisher gibt es<br />
ke<strong>in</strong>e komplette E<strong>in</strong>spielung des Gesamtwerks, auch wenn die<br />
wenigen vorhandenen diesen Titel tragen. Die auf 15 CDs angelegte<br />
Gesamtaufnahme durch Florian Uhlig versucht erstmals, mit thematisch<br />
s<strong>in</strong>nvoll konzipierten CDs – z.B. „Schumann und die Sonate“,<br />
„Der junge Virtuose“, „Schumann <strong>in</strong> Wien“ – alle orig<strong>in</strong>alen Klavierwerke<br />
zwischen 1830 („Abegg-Variationen“ op. 1) und 1854 („Geister-Variationen“)<br />
zu präsentieren. Mehrere CDs werden auch neue<br />
bzw. vorher noch nie auf LP oder CD veröffentlichte Stücke vorstellen.<br />
E<strong>in</strong>bezogen werden Zweitfassungen bzw. „Neue Ausgaben“<br />
(um 1850) mit teils substantiellen Abweichungen ebenso wie unveröffentlichte<br />
Stücke sowie ergänzte Fragmente. Die erste CD der Reihe<br />
stellt die Sonate f-Moll op. 14 vor, die ursprünglich 5 Sätze hatte, von<br />
denen jedoch zwei Scherzi von Schumann vor der Drucklegung entfernt<br />
wurden. Unter dem Namen „Concert sans orchestre“ wurde das<br />
Stück dann veröffentlicht. Schumann hat jedoch verschiedene fertige<br />
Teile h<strong>in</strong>terlassen, die für die Sonate f-Moll vorgesehen waren, darunter<br />
das „Prestissimo possibile“, als erste Version des F<strong>in</strong>ales der<br />
ursprünglichen Fassung und die Romanze <strong>in</strong> f-Moll, die erst 2009<br />
aufgefunden wurden und hier zum ersten Mal auf CD erkl<strong>in</strong>gen.<br />
Die Besonderheit der zweiten CD, die den Titel „Schumann –<br />
Der junge Virtuose“ trägt, ist die Erstaufnahme der Frühfassung<br />
der Toccata op. 7, e<strong>in</strong>es der schwierigsten Klavierstücke überhaupt.<br />
Die CD-Reihe ist nun bei Folge 3 angelangt. Vorgestellt werden<br />
Schumanns „Charakterstücke“, die er zumeist Anfang der<br />
1830er Jahre komponierte. E<strong>in</strong>ige der nie zum Druck gelangten<br />
Werke werden hier als Erste<strong>in</strong>spielungen präsentiert. Mit e<strong>in</strong>er<br />
Welterste<strong>in</strong>spielung überrascht Florian Uhlig auch auf se<strong>in</strong>er CD mit<br />
AUSGABE 2012/2 7<br />
Schumanns Gesamtwerk für Klavier und Orchester.<br />
E<strong>in</strong>gespielt mit der Deutschen Radio<br />
Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern<br />
unter der Leitung von Christoph Poppen<br />
erkl<strong>in</strong>gen hier u.a. die Abegg-Variationen,<br />
Schumanns op. 1, e<strong>in</strong> Stück, das der Komponist<br />
auch für Klavier und Orchester e<strong>in</strong>gerichtet<br />
hat, etwa <strong>in</strong> demselben Stil, wie es Chop<strong>in</strong><br />
bei den Variationen über „La ci darem la<br />
mano“ gemacht hat.<br />
Diese Schumann-Edition bleibt spannend,<br />
wie e<strong>in</strong> Krimi. So viel sei jetzt schon verraten:<br />
Im Oktober ersche<strong>in</strong>t die nächste Aufnahme<br />
und diesmal dreht sich alles um „Schumann<br />
<strong>in</strong> Wien“. Claudia Schmidt<br />
Florian Uhlig<br />
Robert Schumann (1810-1856)<br />
Sämtliche Werke für Klavier solo,<br />
Vol. 3, Charakterstücke I<br />
hänssler <strong>CLASS</strong>IC 98.646<br />
Robert Schumann (1810-1856)<br />
Sämtliche Werke für Klavier solo,<br />
Vol. 2, Der junge Virtuose<br />
hänssler <strong>CLASS</strong>IC 98.632<br />
Robert Schumann (1810-1856)<br />
Sämtliche Werke für Klavier solo,<br />
Vol. 1, Schumann und die Sonate<br />
hänssler <strong>CLASS</strong>IC 98.603<br />
Robert Schumann (1810-1856)<br />
Sämtliche Werke f. Klavier u. Orchester<br />
Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken<br />
Kaiserslautern, Dirigent: Christoph Poppen<br />
SWRmusic / hänssler <strong>CLASS</strong>IC 93.264
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Rachel Podger und Channel Classics:<br />
Glücklich mite<strong>in</strong>ander und mit Vivaldi<br />
In der Waalse Kerk (Wallonische Kirche) an<br />
e<strong>in</strong>er der Amsterdamer Grachten s<strong>in</strong>d an<br />
e<strong>in</strong>em schönen W<strong>in</strong>tertag die englische<br />
Barockviolist<strong>in</strong> Rachel Podger und die<br />
Holland Baroque Society gelandet. Sie spielen<br />
dort den Zyklus von Viol<strong>in</strong>konzerten e<strong>in</strong>, dem<br />
Vivaldi den Titel „La Cetra“ gab und der mit dieser<br />
Aufführung quasi nach Hause zurückkehrt.<br />
Denn schließlich veröffentlichte der Amsterdamer<br />
Notendrucker Charles Le Cène 1727 die<br />
Sammlung der zwölf Konzerte. In dieser Stadt<br />
gab es damals die besten Notenverlage. Viele<br />
Komponisten wandten sich deshalb dorth<strong>in</strong>.<br />
Channel Classics nahm die ersten sechs<br />
Konzerte von „La Cetra“ bereits im vergangen<br />
Jahr auf. Für die übrigen sechs wurden drei<br />
Tage geplant. Das ist recht knapp, gibt Rachel<br />
Podger zu. Wenngleich Vivaldi ke<strong>in</strong> Komponist<br />
ist, der die Psyche übermäßig erschöpft, so<br />
besteht e<strong>in</strong> jedes dieser sechs Konzerte doch<br />
aus drei Sätzen, und zu jedem dieser Sätze muss<br />
der Musiker doch wieder umschalten.<br />
Antonio Vivaldi<br />
La Cetra, op.9 (12 Viol<strong>in</strong>konzerte)<br />
Rachel Podger; Holland Baroque Society<br />
CCS 33412 (2 SACDs)<br />
Foto: Jonas Sacks<br />
Die Waalse Kerk ist bei den Produzenten sehr<br />
beliebt. Jared Sacks entschlüpft daher auch e<strong>in</strong><br />
Seufzer der Erleichterung, wenn er sie für e<strong>in</strong> paar<br />
Tage belegen kann. Er lobt die angenehme Akustik:<br />
“Ich brauche hier niemals Schall h<strong>in</strong>zuzufügen”,<br />
sagt er. „Alles ist schon da.“ Rachel Podger<br />
stimmt zu: „Man hat hier wirklich das Gefühl, <strong>in</strong><br />
der Akustik zu spielen. Kurze Noten werden nicht<br />
gleich abgehackt. Gerade für Barockmusik mit<br />
ihrer scharfen Artikulation ist das ideal.“<br />
Die zwölf Viol<strong>in</strong>konzerte von „La Cetra“ s<strong>in</strong>d<br />
das letzte Hauptwerk des venezianischen Komponisten,<br />
der Konzerte so schrieb, wie e<strong>in</strong> anderer<br />
se<strong>in</strong> Tagebuch füllt. Se<strong>in</strong>e Kompositionen aber<br />
tragen nichtsdestoweniger die Frische e<strong>in</strong>er ununterbrochenen<br />
Inspiration. Unter diesen zwölf<br />
8 AUSGABE 2012/2<br />
Stücken gibt es e<strong>in</strong> herausragendes<br />
Doppelkonzert, <strong>in</strong> dem die<br />
bekannte englische Geiger<strong>in</strong> mit<br />
Konzertmeister<strong>in</strong> der Holland<br />
Baroque Society Judith Steenbr<strong>in</strong>k<br />
zusammen spielt.<br />
Rachel Podger ist glücklich<br />
mit Channel Classics. Die Zusammenarbeit<br />
mit Jared Sacks sei<br />
so hervorragend, sagt sie, dass<br />
es ke<strong>in</strong>e Pläne zu e<strong>in</strong>em anderen<br />
Label gäbe. Zu ihren ersten Projekten<br />
gehörte e<strong>in</strong> anderer Vivaldi:<br />
der Zyklus „La Stravaganza“ mit<br />
dem Ensemble Arte dei Suonatori,<br />
aufgenommen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en<br />
polnischen Barockkirche.<br />
Während der Aufnahme bekommt<br />
die Musik die nicht erbetene<br />
Mitwirkung e<strong>in</strong>es Glockenspiels<br />
aus der Nähe, so dass dem italienischen<br />
Barockkomponisten mitten<br />
im Rausch von Sechzehntelnoten<br />
e<strong>in</strong> „Halt“ zugerufen wird. Die<br />
Musiker machen e<strong>in</strong>e Pause, lassen<br />
das muntere Glockenspiel des<br />
Kirchturmes zu Ende spielen und gehen dann<br />
wieder an die Arbeit. Podger schw<strong>in</strong>gt ihren<br />
Bogen mit neuer Energie zur Holland Baroque<br />
Society h<strong>in</strong>über, und der Schwung ist wieder da.<br />
Gleich darauf merken wir, dass e<strong>in</strong>e Vivaldi-<br />
Solopartie, so selbstverständlich sie auch kl<strong>in</strong>gen<br />
mag, gefährlich se<strong>in</strong> kann, selbst bei e<strong>in</strong>er der<br />
besten Barockgeiger<strong>in</strong>nen unserer Zeit. Dann<br />
verzieht Rachel Podger den Mund, ihr rechtes<br />
Be<strong>in</strong> macht etwas, was wie Stampfen wirkt, und<br />
ihre zarte Gestalt nimmt die Haltung e<strong>in</strong>es Skispr<strong>in</strong>gers<br />
an, der <strong>in</strong> Startstellung geht. Optisch<br />
sche<strong>in</strong>bar e<strong>in</strong> Gewaltakt, doch musikalisch geht<br />
nichts verloren, Rachel Podger ist <strong>in</strong> ihrem<br />
Element und zieht die Holland Baroque Society<br />
mühelos mit. Aad van der Ven<br />
Fotos: Wouter Jansen
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Karibisches Feuer – Starke Glut<br />
Das kubanische Kammerorchester mit Thomas Gabrisch veröffentlicht se<strong>in</strong>e<br />
erste SACD mit zwei Erste<strong>in</strong>spielungen von Joaquín Clerch<br />
Emotionale Extreme, mitreißende Rhythmen,<br />
atemberaubende Virtuosität: Se<strong>in</strong>e<br />
karibische Heimat funkelt aus allen<br />
Takten der Musik von Joaquín Clerch.<br />
Dass der kubanische Gitarrist, der von den Senioren<br />
des berühmten Buena Vista Social Club<br />
respektvoll mit „Maestro“ angeredet wurde,<br />
se<strong>in</strong>e kompositorischen Vorbilder <strong>in</strong> Bach,<br />
Beethoven und Brahms sieht, lässt ihn diese<br />
Herkunft ke<strong>in</strong>eswegs verleugnen. Selten f<strong>in</strong>den<br />
kulturelle Gegensätze e<strong>in</strong>e so überzeugende<br />
Symbiose wie im „Concierto de Cáceres“ und<br />
„Concierto de Otoño“. Das s<strong>in</strong>d zwei Werke, die<br />
das virtuose Repertoire für Flöte und Gitarre mit<br />
Orchester aufs Klangschönste erweitern.<br />
Mit „El dolór“, „Der Schmerz“, ist der erste<br />
Satz des Gitarrenkonzerts überschrieben. Hochexpressive<br />
Harmonien wechseln mit packenden<br />
Rhythmen, großes Pathos im Orchester beantwortet<br />
die e<strong>in</strong>same Klage der Gitarre. Zum<br />
We<strong>in</strong>en schön, wie am Ende des zweiten Satzes<br />
die Sologeige <strong>in</strong> die Gitarrenkadenz e<strong>in</strong>steigt,<br />
www.joaqu<strong>in</strong>clerch.com<br />
bevor das Konzert mit der<br />
„Verkündigung der Freude“,<br />
e<strong>in</strong>em fulm<strong>in</strong>anten<br />
Kehraus, <strong>in</strong> ausgelassenem<br />
Jahrmarktsjubel auskl<strong>in</strong>gt!<br />
Clerch, der als Gitarrist<br />
alle großen Wettbewerbe<br />
gewonnen hat, hat sich<br />
den vertrackten Solopart<br />
natürlich selbst auf die<br />
F<strong>in</strong>ger geschrieben…<br />
Für se<strong>in</strong>e langjährige<br />
Duopartner<strong>in</strong> Anette Maiburg<br />
hat Clerch e<strong>in</strong> Flötenkonzert<br />
maßgeschneidert.<br />
Weit ausschw<strong>in</strong>gende Bögen,<br />
perlende Läufe, extreme Lagen: Der Komponist<br />
weiß um die unübertr<strong>of</strong>fene Meisterschaft<br />
se<strong>in</strong>er Solist<strong>in</strong>, die mit Bravour und opulentem<br />
Ton den anspruchsvollen Flötenpart meistert.<br />
Überraschende Anklänge an Afrika machen aus<br />
dem „Concierto de Otoño“ e<strong>in</strong> Meisterwerk, das<br />
„Clerchs Musik mit dem Orquesta de Cámara de La Habana aufzunehmen war e<strong>in</strong>e aufregende<br />
und <strong>in</strong>tensive Erfahrung. Mit diesem hoch motivierten und fähigen jungen<br />
Orchester, das technisches Können ebenso wie unverwechselbares kubanisches Temperament<br />
e<strong>in</strong>brachte, war es e<strong>in</strong>e Freude, diese beiden erstklassigen Solisten mit dem<br />
raff<strong>in</strong>iert <strong>in</strong>strumentierten Orchesterpart zu begleiten.“ Thomas Gabrisch<br />
AUSGABE 2012/2 9<br />
www.thomasgabrisch.com www.anettemaiburg.de<br />
kulturelle Grenzen mit spielerischer Leichtigkeit<br />
überw<strong>in</strong>det.<br />
Das Orquesta de Cámera de La Habana hat<br />
den Rhythmus im Blut. Unter der e<strong>in</strong>fühlsamen<br />
Leitung von Thomas Gabrisch umschmeicheln<br />
die jungen Kubaner die Flötist<strong>in</strong>, setzen po<strong>in</strong>tierte<br />
Akzente der Gitarre entgegen und f<strong>in</strong>den im funkelnden<br />
Klang der dreidimensionalen 2+2+2<br />
Aufnahme dieser SACD doch immer wieder mit<br />
den Solisten zu e<strong>in</strong>em ebenso feurigen wie glutvollen<br />
Mite<strong>in</strong>ander. Stark. Lisa Eranos<br />
Joaquín Clerch: Konzert für Flöte und Orchester<br />
Konzert für Gitarre und Orchester<br />
Anette Maiburg, Flöte<br />
Joaquín Clerch, Gitarre<br />
Orquesta de Cámara de la Habana<br />
Thomas Gabrisch, Dirigent<br />
MDG 903 1742-6<br />
Foto: © FotoSchiko
Berühmte Oper<br />
10 CD | 8.501054<br />
Königliches Ballett<br />
10 CD | 8.501055<br />
Virtuose Klavierkonzerte<br />
10 CD | 8.501056<br />
NAXOS – E<strong>in</strong>e Erfolgsge<br />
Die NAXOS Jubiläums-Edition<br />
Zum 25. Jubiläum präsentiert NAXOS e<strong>in</strong>e Sonder-<br />
edition mit neun Themen-Boxen. Auf jeweils zehn<br />
CDs f<strong>in</strong>det der Hörer sorgfältig zusammengestellte<br />
Aufnahmen der berühmtesten und populärsten<br />
Kompositionen des NAXOS-Repertoires – künst-<br />
lerisch erstklassig <strong>in</strong>terpretiert und technisch<br />
hochwertig produziert. Ob Oper, S<strong>in</strong>fonie, Konzert,<br />
Ballett oder Chormusik – ke<strong>in</strong> Bereich der<br />
vielfältigen Klassiklandschaft wird ausgelassen.<br />
Jede Box enthält e<strong>in</strong> Booklet mit detaillierten<br />
Informationen über das jeweilige Genre, ausführliche<br />
Werkbeschreibungen und aufschlussreiche Erläu-<br />
terungen über die Komponisten und ihre Musik.<br />
Romantische S<strong>in</strong>fonien<br />
10 CD | 8.501057<br />
Brillante Viol<strong>in</strong>konzerte<br />
10 CD | 8.501058<br />
NAXOS Deutschland Musik & Video Vertriebs-GmbH | Hürderstr. 4 | D-85551 Kirchheim b. München
schichte <strong>in</strong> der Klassischen Musik<br />
Der NAXOS Jubiläums-Sampler<br />
18 Tracks aus den<br />
millionenfach verkauften<br />
Bestsellern 1987-2012,<br />
von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“<br />
bis Coplands „Fanfare<br />
for the Common Man“<br />
1 CD | 8.578217<br />
E<strong>in</strong> attraktives Layout der Hardcover-Box mit<br />
ansprechender Cover-Gestaltung rundet die<br />
Jubiläums-Edition ab. E<strong>in</strong> Muss für jeden Klassik-<br />
liebhaber! Weitere Informationen f<strong>in</strong>den Sie unter<br />
www.naxos.de/Jubilaeumsboxen.html.<br />
Russische S<strong>in</strong>fonien<br />
10 CD | 8.501059<br />
Klassische S<strong>in</strong>fonien<br />
10 CD | 8.501060<br />
Den NAXOS-<br />
Jubiläums-Sampler<br />
erhalten Sie zum<br />
dauerhaften<br />
Jubiläums-Preis:<br />
UVP 3,99 €<br />
Geistliche Musik<br />
10 CD | 8.501062<br />
Barocke Meisterwerke<br />
10 CD | 8.501061<br />
NAXOS.DE | <strong>CLASS</strong>ICSONLINE.COM | NAXOSMUSICLIBRARY.COM | NAXOSLICENSING.COM
Fotos: Theo Wubbolts<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Klassik aus dem Stecker…<br />
Theo Wubbolts berichtet von der High-End<br />
Als großer Klassik-Musikliebhaber und<br />
regelmäßiger Konzertbesucher b<strong>in</strong> ich<br />
überzeugt, dass es nie zuvor solche<br />
Möglichkeiten für hochqualitative<br />
Wiedergabe zu Hause gab wie heute. Auf der<br />
High-End-Ausstellung <strong>in</strong> München, Anfang Mai<br />
diesen Jahres, habe ich als Fachbesucher feststellen<br />
können, dass es <strong>in</strong> vielen Hörräumen fast<br />
konzertartige Vorführungen gab, wie man sie<br />
sich auch zu Hause wünscht.<br />
Plattenfirmen stellen das Beste derzeit an<br />
Aufnahmequalität existierende Material zur Verfügung.<br />
Dazu entwickeln die Gerätehersteller benutzerfreundliche<br />
Bedienungsmöglichkeiten –<br />
so e<strong>in</strong>fach wie e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>derspiel. Ob mit traditioneller<br />
CD-Scheibe, der mehrkanalfähigen Super-<br />
Audio-CD oder modernsten Dateibeständen. Von<br />
Stereo bis Surround mit bis zu acht Kanälen, die<br />
Theo Wubbolts Chef-Redakteur<br />
Hifi Video Test, „das führende<br />
Niederländische Magaz<strong>in</strong> – erst<br />
40 Jahre jung!...“ und neben<br />
e<strong>in</strong>er gehörigen Portion Humor auch<br />
absolut von Klassik begeistert.<br />
auch die dritte Dimension real erfahrbar werden<br />
lassen. Alles <strong>in</strong> hochauflösenden Formaten<br />
mit fe<strong>in</strong>sten Details, wobei nur das Hüsteln des<br />
Publikums fehlt…<br />
Gehören Sie auch zu denjenigen, die e<strong>in</strong>fach<br />
gute Musik gut hören wollen? Möchten Sie trotzdem<br />
genauer wissen, was ich mit dem bisher<br />
Gesagten me<strong>in</strong>e? – Bitte, folgen Sie mir bei e<strong>in</strong>em<br />
Blick <strong>in</strong>s digitale Zeitalter, das ja schon längst<br />
begonnen hat. Wie schon bekannt, war die<br />
Compact Disc, – übrigens e<strong>in</strong>e Entwicklung<br />
schon aus dem vorigen Jahrhundert (genauer<br />
1982) – e<strong>in</strong> richtig digitales Format. Aufnahmen<br />
wurden analog – vom Mikrophon <strong>in</strong>s Mischpult<br />
geleitet und dann umgewandelt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> digitales<br />
Dateiformat und im sogenannten PCM (Pulse<br />
Code Modulation) gespeichert. Technisch gesehen<br />
können 78:30 M<strong>in</strong>uten Musik (16-Bit und<br />
INGO SCHMIDT-LUCAS: ist Diplom-Ton<strong>in</strong>genieur und hat neben se<strong>in</strong>em Klassiklabel<br />
Cybele Records das Downloadportal „HD-Klassik“ gegründet: „Ich f<strong>in</strong>de es sehr spannend:<br />
Mittlerweile verfügen die neuesten HiFi-Verstärker alle über e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>gang für<br />
USB-Stick und können neben 24bit-FLAC-Dateien sogar hochauflösende DSD-Dateien<br />
(1bit 2.8224MHz) <strong>in</strong> Stereo abspielen. Genau da setzen wir mit unserem Portal an. Als<br />
Beispiel möchte ich nur den Pioneer N-50 nennen, den man nicht nur als Netzwerk-Player<br />
mit NAS-Festplatte betreiben kann, sondern alternativ auch an se<strong>in</strong>em Mac oder PC. Somit<br />
ist er e<strong>in</strong>e hochwertige Schnittstelle zur HiFi-Anlage und steht schon zur Verfügung.<br />
Ich b<strong>in</strong> sehr gespannt, wie viele Hardware-Hersteller auf der diesjährigen IFA <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
mit weiteren mehrkanalfähigenAbspielgeräten<br />
aufwarten werden.“<br />
Pioneer Network<br />
Audio Player N-50 S<br />
Stimmungsbild mit Laptop<br />
12 AUSGABE 2012 /2<br />
44,1 kHz) auf den 12 Zentimeter großen Scheiben<br />
gespeichert werden. Im CD-Spieler wird es<br />
mit bestimmter Genauigkeit wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong> analoges<br />
Signal umgewandelt und dem Verstärker angeboten.<br />
In s<strong>of</strong>ern nicht viel Neues unter der Sonne.<br />
Längst gibt es neue Scheiben: Der CD folgte<br />
die DVD-Audio und die SA-CD: Beide können<br />
nicht nur Stereo, sondern bis zu sechs Tonkanäle<br />
<strong>in</strong> weitaus besserer Qualität (24-Bit und<br />
96kHz) speichern und zu Hause wiedergeben.<br />
Dass man hierbei nicht bei der 5.1 – Filmtonwiedergabe<br />
stehen bleiben muss, zeigte MDG mit<br />
der Entwicklung des 2+2+2 Record<strong>in</strong>g, bei dem<br />
2 Höhenkanäle tatsächlich die dritte Dimension<br />
<strong>in</strong>s Spiel br<strong>in</strong>gen. Und wie praktisch: Die SA-CD<br />
<strong>in</strong> ihrer Hybrid-Form kann dabei weiterh<strong>in</strong> wie<br />
e<strong>in</strong>e CD benutzt werden. Heute steht die Blu-ray<br />
zur Verfügung, die nicht nur hervorragend fe<strong>in</strong>st<br />
strukturierte Bilder, sondern auch Mehrkanal-<br />
Ton mit bis zu 8 Kanälen wiedergeben kann.<br />
Aber wovon reden die ‘Digitalos’ heutzutage?<br />
FLAC? DSD? Und was ist überhaupt ‘Stream<strong>in</strong>g’?<br />
Und w<strong>of</strong>ür brauche ich e<strong>in</strong>en Rechner und e<strong>in</strong><br />
Netzwerk? Lassen Sie es mich e<strong>in</strong>fach erklären.
WERNER DABRINGHAUS: Werner Dabr<strong>in</strong>ghaus ist Diplom-<br />
Tonmeister und Miteigentümer des Labels MDG. Er hat das 2+2+2<br />
Record<strong>in</strong>g entwickelt, bei dem 2 nach oben gesetzte Frontlautsprecher<br />
aus der flächigen 2D Stereo- und Surroundperspektive<br />
e<strong>in</strong>e reale 3D-Wiedergabe erzeugen.<br />
„Seit der ersten E<strong>in</strong>führung der DVD-Audio bzw. der SA-CD haben<br />
wir über 100 Aufnahmen im 2+2+2 Record<strong>in</strong>g veröffentlicht. Das<br />
war problemlos möglich, da alle 2+2+2 Aufnahmen auch <strong>in</strong> 5.1,<br />
5.0., Quadro und Stereo abspielbar s<strong>in</strong>d. Für uns ist HD-Klassik<br />
e<strong>in</strong>e grandiose Chance nun unsere Aufnahmen sogar im 2222+<br />
Format anzubieten.“<br />
Mit dem Internet öffnet sich e<strong>in</strong>e richtige<br />
Fundgrube an Musik welche wir nie zuvor für<br />
möglich gehalten haben. Selbstverständlich<br />
können CDs, SA-CDs und Blu-rays bei e<strong>in</strong>em<br />
Versandhändler wie <strong>in</strong> traditioneller Art und<br />
Weise im Warenkorb bestellt werden. Das kann<br />
ganz praktisch se<strong>in</strong>.<br />
Aber, jetzt kommt e<strong>in</strong> neuer Begriff <strong>in</strong>s<br />
Spiel: digital download. H<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>em Portal (zu<br />
deutsch: Tür) stecken riesige Kataloge von Verlegern<br />
klassischer Musik, die durch e<strong>in</strong>faches<br />
Klicken auf die eigene Computerfestplatte geladen<br />
werden können. Das existiert schon von<br />
verschiedenen Klassikanbietern. Dazu brauchen<br />
Sie e<strong>in</strong>e Festplatte, sei es im Mac oder PC-<br />
Format, oder e<strong>in</strong>gebunden im Netzwerk, NAS<br />
genannt. Mit e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen USB-Kabel geht’s<br />
dann zum Verstärker.<br />
HD-Klassik-Stick<br />
AUSGABE 2012 /2 13<br />
Was aber wirklich<br />
neu ist: Mit HD-Klassik ist<br />
e<strong>in</strong> pr<strong>of</strong>essionell aufgestelltes<br />
neues Portal auf<br />
der High-End vorgestellt<br />
worden, auf dem High-End-<br />
Aufnahmen erstmals <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Qualität von bis zu<br />
8 Wiedergabekanälen angeboten<br />
werden. Ich habe<br />
hier schon erste Aufnahmen<br />
von Cantate, Cybele<br />
Records, Divox, Kairos, MDG, Musicaphon und<br />
Wergo gefunden. Alle <strong>in</strong> Mehrkanalversion<br />
angeboten. Und noch e<strong>in</strong>e Novität: Hier können<br />
Sie selber ihr Programm zusammenstellen und<br />
auf e<strong>in</strong>en USB-Stick laden lassen. Dieser USB-<br />
Stick kann heutzutage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dazu vorbereiteten<br />
Verstärker, Fernseher oder Blu-ray-<br />
Spieler gesteckt werden, und die Musik läßt<br />
sich abhören, so wie, wo und wann Sie wollen.<br />
Das Grandiose: In beiden Fälle erhalten Sie<br />
das orig<strong>in</strong>ale Format, quasi direkt vom Mischpult,<br />
also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Qualität, die bisher nur den<br />
Tonmeistern selbst vorbehalten war (<strong>in</strong> PCM<br />
24-Bit – zu Gunsten bester Dynamik – und <strong>in</strong><br />
96kHz zur Gunsten größter Präzision). Die<br />
Daten werden <strong>in</strong> sogenannten FLAC (Free Lossless<br />
Audio Codec) angeboten – was für Sie<br />
soviel bedeutet wie: ohne jeden Klangverlust.<br />
Auch DSD-Liebhaber kommen hier <strong>in</strong>s<br />
Blickfeld. Dieses Format – von Sony/Philips<br />
speziell für die SA-CD entwickelt – stand noch<br />
nicht für Endverbraucher zum download zur<br />
Verfügung. Falls e<strong>in</strong>e Aufnahme ursprünglich <strong>in</strong><br />
diesem Format gemacht wurde, ist es natürlich<br />
von Vorteil, wenn sie ohne Umrechnung auf e<strong>in</strong><br />
anderes Format zu Hause benutzt werden kann.<br />
Hiermit komme ich zurück zum Anfang<br />
dieses Artikel. Ob ‘Traurigkeit oder Herzeleid’<br />
über das vertraute Format CD oder SACD, die<br />
es beide noch sehr lange geben wird. Aber die<br />
Entwicklung ist nicht zu stoppen. Immer mehr<br />
Hersteller werden immer mehr Geräte auf den<br />
Markt br<strong>in</strong>gen, die diese hohe Qualität nicht nur<br />
<strong>in</strong> Stereo abspielen, sondern auch mehrkanalige<br />
Aufnahmen zu Gehör br<strong>in</strong>gen können: 5.0-kanalig,<br />
5.1-kanalig, 7.1-kanalig oder <strong>in</strong> realen 3D-<br />
Formaten wie 2+2+2-RECORDING.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim<br />
Genießen Ihrer Liebl<strong>in</strong>gsmusik. Vielleicht <strong>in</strong><br />
Zukunft noch bequemer, noch reizvoller und<br />
noch genauer als je zuvor – und vielleicht aus<br />
dem Stecker… Theo Wubbolts<br />
Pr<strong>of</strong>il<br />
NEUHEITEN<br />
FERDINAND LEITNER . Zum 100. Geburtstag<br />
Anniversary Edition<br />
JOHANNES BRAHMS - Variationen für Orchester op. 56<br />
ERMANNO WOLF-FERRARI - Der Schmuck der Madonna<br />
JOSEPH HAYDN - Symphonien Nr. 6, 7, 8<br />
WOLFGANG AMADEUS MOZART - Symphonie C Dur KV 200/KV 189k,<br />
Symphonie D Dur KV 385 „Haffner“, Der Schauspieldirektor KV 486<br />
Viol<strong>in</strong>konzert Nr. 5 KV 219,<br />
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 23 <strong>in</strong> A Dur KV 488<br />
MAX BRUCH - Viol<strong>in</strong>konzert Nr. 1<br />
LUDWIG VAN BEETHOVEN - Romancen Nr. 1 & 2<br />
PETER CORNELIUS - Der Barbier von Bagdad<br />
RICHARD WAGNER - Parsifal, GEORG FRIEDRICH HÄNDEL - Tamerlano<br />
Marth Mödl, Wolfgang W<strong>in</strong>dgassen, Helen Donath, Wolfgang Schneiderhan,<br />
Monique Haas, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks,<br />
Württembergisches Staatsorchester Stuttgart,<br />
Berl<strong>in</strong>er Philharmoniker, Wiener Symphoniker, Bamberger Symphoniker,<br />
WDR Rundfunkchor Köln, WDR S<strong>in</strong>fonieorchester Köln,<br />
Chor der Württembergischen Staatsoper Stuttgart,<br />
Orchestre de l´Opéra de Paris, Cappella Coloniensis<br />
12 CD: PH12019<br />
PETER TSCHAIKOWSKY<br />
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 op. 23<br />
MODEST MUSSORGSKY<br />
Bilder e<strong>in</strong>er Ausstellung (Maurice Ravel)<br />
NDR S<strong>in</strong>fonieorchester, Jorge Bolet - Klavier, Günter Wand<br />
CD: PH09029<br />
CARL MARIA VON WEBER . Der Freischütz<br />
Semperoper Edition Vol. 5 (Komplette Aufnahme aus dem Jahr 1951)<br />
Karl Paul, Werner Faulhaber, Elfride Trötschel, Irma Beilke,<br />
Kurt Böhme, Bernd Aldenh<strong>of</strong>f, Chor der Staatsoper Dresden,<br />
Staatskapelle Dresden, Rudolf Kempe<br />
3 CD: PH10032<br />
Erhältlich im Fachhandel!<br />
Pr<strong>of</strong>il<br />
Edition<br />
Günter<br />
Hänssler<br />
Edition<br />
Günter<br />
Hänssler<br />
Pr<strong>of</strong>il Medien GmbH . Edition Günter Hänssler<br />
www.haensslerpr<strong>of</strong>il.de<br />
NEU<br />
NEU<br />
NEU<br />
Vertrieb: NAXOS DEUTSCHLAND GmbH . www.naxos.de
www.br-klassik.de/ label<br />
www.haensslerpr<strong>of</strong>il.de<br />
www.ourrecord<strong>in</strong>gs.com<br />
www.capriccio.at<br />
www.cmajor-enterta<strong>in</strong>ment.com<br />
www.preiserrecords.at
www.arthaus-musik.com<br />
Klaus Heymann hatte 1987 die Vision,<br />
mit NAXOS möglichst vielen <strong>in</strong>teressierten<br />
Menschen e<strong>in</strong> möglichst großes Spektrum<br />
an klassischer Musik zu erschw<strong>in</strong>glichen Preisen<br />
verfügbar zu machen.<br />
Wir gratulieren zu 25 Jahren e<strong>in</strong>drücklicher,<br />
flexibler Umsetzung der Ausgangsvision und<br />
freuen uns, dass NAXOS unsere Vertriebsheimat ist.<br />
Wir danken dem NAXOS-Gründer Klaus Heymann<br />
und se<strong>in</strong>em hervorragenden Team für die<br />
vertrauensvolle, erfolgreiche Zusammenarbeit und<br />
wünschen für die Zukunft weiterh<strong>in</strong> viel<br />
Neugier im Entdecken und E<strong>in</strong>spielen klassischer<br />
Werke aller Art und <strong>in</strong> junger Frische.<br />
www.Allegr<strong>of</strong>ilms.com<br />
www.divox.com<br />
www.opusarte.com<br />
www.ond<strong>in</strong>e.net<br />
www.haenssler-classic.de<br />
www.carpediem-records.de<br />
www.rondeau.de<br />
www.euroarts.com<br />
www.tudor.ch<br />
www.twopianists.com<br />
www.dacapo-records.dk<br />
www.lipk<strong>in</strong>d.<strong>in</strong>fo
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
www.lisalarsson.<strong>in</strong>fo<br />
Foto: Andrea Diglas<br />
Das Musikkollegium W<strong>in</strong>terthur hat <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren bei MDG e<strong>in</strong>e bee<strong>in</strong>druckende<br />
Edition mit sorgfältig<br />
im 2+2+2-Mehrkanalklang produzierten<br />
Aufnahmen herausgegeben. Unter der Leitung<br />
von Douglas Boyd wird die Diskographie jetzt um<br />
e<strong>in</strong>e neue Facette bereichert, mit Richard Strauss´<br />
Orchestersuite „Der Bürger als Edelmann“ und<br />
den „Vier letzten Liedern“ – e<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>es Programm<br />
und e<strong>in</strong>e Traumpartie für Lisa Larsson.<br />
Lisa Larsson begann ihre Karriere als Flötist<strong>in</strong>,<br />
bevor sie <strong>in</strong> Basel Gesang studierte. Ke<strong>in</strong> Wunder,<br />
dass sie mit ihrer wendigen und po<strong>in</strong>tierten<br />
Stimme e<strong>in</strong>e hervorragende Karriere gerade im<br />
Neue Facette<br />
Das Musikkollegium W<strong>in</strong>terthur mit e<strong>in</strong>er neuen Strauss-E<strong>in</strong>spielung<br />
Bereich Barockmusik und Klassik starten konnte,<br />
die sie auf <strong>in</strong>ternationale Festivals ebenso führte,<br />
wie an die großen Opernhäuser.<br />
Wenn sie sich jetzt an Strauss Vier letzte Lieder<br />
„wagt“, dann dürfen wir bestimmt e<strong>in</strong>e gänzlich<br />
andere, als die gewohnte Sichtweise erwarten.<br />
Und tatsächlich legt Strauss den etablierten<br />
schwülstig-üppig vibrierenden Wagner-Sound<br />
ab, und die Strausssche S<strong>in</strong>nlichkeit wird aus<br />
e<strong>in</strong>er völlig anderen – etwas schlichteren Perspektive<br />
neu erfahrbar. Man höre nur mal „Im<br />
Abendrot“ auf e<strong>in</strong>en Text von Eichendorff: Hier<br />
transzendiert Strauss die Stimmung des Sonnenuntergangs<br />
zu e<strong>in</strong>er grandiosen Metapher auf das<br />
16 AUSGABE 2012/2<br />
Lebensende. Am Ende sche<strong>in</strong>t die Musik stillzustehen;<br />
voller Zuversicht auf Erlösung öffnet sich<br />
dann das Paradies – das ist ergreifend gelungen.<br />
Die Schauspielmusik zu Molières „Der Bürger<br />
als Edelmann“ ist Strauss´ erste Zusammenarbeit<br />
mit Hugo von H<strong>of</strong>mannsthal, der das barocke<br />
französische Lustspiel bearbeitete. Die Komödie<br />
um den reichen Emporkömml<strong>in</strong>g, der die adligen<br />
Vorbilder auf täppische Weise zu imitieren versucht,<br />
illustriert Strauss mit Schalk und Witz. Der<br />
Tonfall der Musik lässt immer wieder barocke<br />
Stilelemente aufblitzen und schlägt damit e<strong>in</strong>e<br />
Brücke von der Zeit Molières zum F<strong>in</strong> de Siècle.<br />
Das Werk existiert <strong>in</strong> vier gänzlich verschiedenen<br />
Versionen, die Strauss alle unter derselben Opuszahl<br />
60 veröffentlichte. Die genial <strong>in</strong> geradezu<br />
kammermusikalischer Besetzung <strong>in</strong>strumentierte<br />
Suite op. 60(!) ist dem Schweizer Traditionsorchester<br />
wie auf den Leib geschrieben.<br />
Ke<strong>in</strong> Wunder, denn mit W<strong>in</strong>terthur verband<br />
Richard Strauss e<strong>in</strong>e lebenslange Freundschaft.<br />
Der Komponist besuchte immer wieder die<br />
Stadt und führte selbst se<strong>in</strong>e Werke mit dem<br />
Musikkollegium auf, darunter die „Alpens<strong>in</strong>fonie“<br />
und „Don Quixote“ – noch heute werden<br />
Orig<strong>in</strong>almanuskripte <strong>in</strong> W<strong>in</strong>terthur verwahrt<br />
und – wie hier hörbar – mit lebendiger Tradition<br />
fortgeführt. Lisa Eranos<br />
Richard Strauss<br />
Der Bürger als Edelmann op. 60<br />
Vier letzte Lieder; Wiegenlied op. 41,1<br />
Zueignung op. 10,1; Morgen! op. 27, 4<br />
Lisa Larsson, Sopran<br />
Musikkollegium W<strong>in</strong>terthur<br />
Douglas Boyd, Leitung<br />
MDG 901 1738-6 (Hybrid-SACD)
Foto: Tomáˇs Lébr<br />
Franz Benda: Viol<strong>in</strong>konzerte<br />
Ivan ˇZenat ´y, Prague Phlharmonia<br />
Supraphon SU 4064<br />
In Prag haben Sie mit den Musikern der Prager<br />
Kammerphilharmonie Viol<strong>in</strong>konzerte von<br />
Franz Benda e<strong>in</strong>gespielt. Warum haben Sie sich<br />
gerade diesem Komponisten zugewendet?<br />
Das Projekt wurde von der Firma Supraphon<br />
<strong>in</strong> Auftrag gegeben, die tschechische Titel<br />
bevorzugt. Mich hat aber nicht <strong>in</strong>teressiert,<br />
ohne Rücksicht auf die Qualität e<strong>in</strong>fach<br />
etwas e<strong>in</strong>zuspielen, nur weil es tschechisch<br />
ist. Paradoxerweise habe ich gerade <strong>in</strong> diesem<br />
Augenblick <strong>in</strong> der Landesbibliothek Dresden<br />
die Partituren zu vier Konzerten von Franz<br />
Benda gefunden, die vermutlich <strong>in</strong> der neuzeitlichen<br />
Geschichte noch niemand bearbeitet<br />
und gespielt hat. Als ich mich durch<br />
die nicht spartierte Musik kämpfte, konnte<br />
ich feststellen, wie bemerkenswert diese ist<br />
und dass sie sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en starken Kontrast<br />
zu den postromantischen Interpretationen<br />
der böhmischen Tradition des 18. Jahrhunderts<br />
stellen lässt.<br />
Mussten Sie im Prozess der Vorbereitung<br />
auch musikwissenschaftlich tätig se<strong>in</strong>?<br />
Diesen Ehrgeiz hatte und habe ich nicht.<br />
Natürlich musste ich e<strong>in</strong>en Weg zu Bendas<br />
Kompositionen f<strong>in</strong>den. Zum Glück hatte ich<br />
<strong>in</strong> zwei me<strong>in</strong>er Dresdner Kollegen hervorragende<br />
Konsultanten: <strong>in</strong> John Holloway, der<br />
Ivan ˇZenat´y – Benda ist<br />
<strong>in</strong>teressanter als Vivaldi<br />
Der Viol<strong>in</strong>ist Ivan ˇZenat ´y hat für<br />
Supraphon vier Konzerte von Franz Benda<br />
e<strong>in</strong>gespielt, die jetzt erschienen s<strong>in</strong>d<br />
AUSGABE 2012/2 17<br />
e<strong>in</strong>er der größten Kenner der barocken Viol<strong>in</strong>literatur<br />
ist, und dem Cembalisten Ludger<br />
Rémy, der von Bendas Musik begeistert war<br />
und mir wertvolle Ratschläge im H<strong>in</strong>blick<br />
auf Ornamentik und Artikulation gab.<br />
Wor<strong>in</strong> ist Bendas Musik bemerkenswert?<br />
Sie er<strong>in</strong>nerte mich an die besten Passagen bei<br />
Antonio Vivaldi. In technischer H<strong>in</strong>sicht gibt<br />
es dort D<strong>in</strong>ge, die die schwierigsten Stellen <strong>in</strong><br />
den Quattro Stagioni noch übertreffen und<br />
sich wirklich mit jeder Technik dieser Zeit<br />
messen können. Die Konzerte haben wir <strong>in</strong><br />
der kle<strong>in</strong>sten möglichen Besetzung e<strong>in</strong>gespielt,<br />
d. h. mit e<strong>in</strong>em Instrument pro Stimme,<br />
und e<strong>in</strong>en großen Anteil am Gesamtklang<br />
kommt dem Cembalo zu, dessen Part sehr<br />
wichtig ist. Jeder spielte für sich selbst und<br />
die Kollegen trugen auch ihre Anregungen vor.<br />
Zur Konzertform gehört auch die Kadenz.<br />
Wie sieht es damit bei Benda aus?<br />
Mit Pr<strong>of</strong>. Rémy habe ich natürlich auch dieses<br />
Thema diskutiert, weil ich mir die Kadenzen<br />
schreiben oder zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en Plan<br />
entwickeln musste, wie diese zu improvisieren<br />
s<strong>in</strong>d. Er sagte mir, dass die Kadenz zwei<br />
oder drei Phrasen nicht überschreiten und<br />
harmonisch bis extravagant gestaltet se<strong>in</strong><br />
sollte, was sowohl der Zeit als auch dem<br />
Komponisten entspricht.<br />
Wie sieht das weitere Schicksal von Bendas<br />
Viol<strong>in</strong>konzerten aus?<br />
Was mich betrifft, so habe ich beschlossen, es<br />
nicht bei der E<strong>in</strong>spielung zu belassen, sondern<br />
sie auch öffentlich anzubieten und zu<br />
spielen – h<strong>of</strong>fentlich bereits 2013.<br />
Autor des Interviews: Luboˇs Stehlík<br />
Foto © Felix Broede<br />
WERGO<br />
Pēteris Vasks:<br />
Vox Amoris<br />
WER 67502 (CD)<br />
Soloviol<strong>in</strong>e und Streichorchester – Pēteris Vasks<br />
Liebl<strong>in</strong>gsbesetzung steht im Mittelpunkt der<br />
Stücke dieser CD. Se<strong>in</strong>e Musik führt hier durch<br />
sehr gegensätzliche emotionale Zustände:<br />
Klänge der Zerrissenheit und Expressivität folgen<br />
auf Passagen schwelgerischer Schönheit. Alle<br />
hier versammelten Werke bezeugen laut Vasks<br />
diese Polarität zwischen optimistischer H<strong>of</strong>fnung<br />
auf e<strong>in</strong>e bessere Zukunft und Sorge um die moderne<br />
Welt.<br />
„Von Al<strong>in</strong>a Pogostk<strong>in</strong>a kann man ohneh<strong>in</strong> nur<br />
schwärmen: So jung, so glänzend, so musikalisch,<br />
perfekt und zugleich natürlich.“<br />
(Süddeutsche Zeitung)<br />
Vox Amoris<br />
Werke für Viol<strong>in</strong>e<br />
und Streichorchester<br />
Al<strong>in</strong>a Pogostk<strong>in</strong>a: Viol<strong>in</strong>e / S<strong>in</strong>fonietta Riga /<br />
Juha Kangas: Dirigent<br />
Vertriebe:<br />
Deutschland: note 1 music gmbh, 06221/720351,<br />
<strong>in</strong>fo@note1-music.com<br />
Österreich: Lotus Records, 06272/73175,<br />
<strong>of</strong>fice@lotusrecords.at<br />
Schweiz: Tudor, 044/4052646, <strong>in</strong>fo@tudor.ch<br />
Fordern Sie bitte unseren Katalog an!<br />
WERGO, Weihergarten 5, 55116 Ma<strong>in</strong>z, Germany<br />
service@wergo.de, www.wergo.de
Foto: © Stadtarchiv Worms<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Alexander Vassiliev<br />
Up de eensame Hallig<br />
Sophie Harmsen und Alexander Vassiliev entdecken das Liedwerk von Rudi Stephan<br />
Rudi Stephan<br />
Rudi Stephan:<br />
„Memento vivere“<br />
Sämtliche Lieder mit Epigraph und Epilog<br />
Sophie Harmsen, Mezzosopran<br />
Alexander Vassiliev, Bass<br />
Miri Yampolsky, Klavier<br />
Ryoko Morooka, Harmonium<br />
MDG 603 1748-2<br />
Sophie Harmsen<br />
Im Alter von 28 Jahren fiel Rudi Stephan<br />
im 1. Weltkrieg. Der junge Mann hatte<br />
sich bereits e<strong>in</strong>en Namen als Komponist<br />
gemacht, und wie der Krieg auf grausame<br />
Art das F<strong>in</strong> de Siècle beendet, so entrümpeln<br />
Stephans Kompositionen die Musik der Jahrhundertwende<br />
radikal. Sophie Harmsen und<br />
Alexander Vassiliev entdecken, begleitet von Miri<br />
Yampolsky am Konzertflügel und Ryoko Morooka<br />
am Harmonium, e<strong>in</strong>en bislang völlig unbekannten<br />
Kosmos tief bewegender Liedkompositionen.<br />
Stephan war eigentlich Autodidakt, wird<br />
aber durchaus an Richard Strauss und Hans<br />
Pfitzner gemessen. Er komponierte sehr selbständig,<br />
und schon die Titel lassen aufmerken:<br />
18 AUSGABE 2012/2<br />
Anstelle überkommener Gattungsbegriffe („S<strong>in</strong>fonie“<br />
oder „Sonate“) oder assoziativer Namen<br />
heißen se<strong>in</strong>e Instrumentalwerke e<strong>in</strong>fach „Musik<br />
für...“. Dass es dabei ke<strong>in</strong>eswegs asketisch zugeht,<br />
belegen se<strong>in</strong>e Lieder e<strong>in</strong>drucksvoll.<br />
Durchaus zeittypisch s<strong>in</strong>d Tod und Vergänglichkeit<br />
vorherrschende Themen, die mit sparsamen<br />
Mitteln und dennoch hochexpressiv und bisweilen<br />
schaurig schön umgesetzt werden. Tatsächlich<br />
lässt „Up de eensame Hallig“ dem Zuhörer kalte<br />
Schauer den Rücken herunter laufen!<br />
Durchaus h<strong>in</strong>tergründig er<strong>in</strong>nert „Memento<br />
vivere“ zunächst an die Vergänglichkeit, erhält aber<br />
e<strong>in</strong>e lebensbejahende Po<strong>in</strong>te; das „Pantherlied“<br />
extrovertiert die extremen Seelenzustände der<br />
Liebenden, während Richard Dehmels „Sonntag“<br />
<strong>in</strong> nur wenigen Takten die schier unglaubliche<br />
Wandlung vom heiter idyllischen Sonntagsspaziergang<br />
zum Lebensende schafft. „Mitternacht“<br />
erzeugt durch die Begleitung mit Harmonium<br />
e<strong>in</strong>e ganz besondere aparte Atmosphäre.<br />
Fast der gesamte Nachlass ist im 2. Weltkrieg<br />
verbrannt, lediglich diese 20 Lieder s<strong>in</strong>d<br />
erhalten geblieben und bilden e<strong>in</strong>en wichtigen<br />
Teil des Gesamtschaffens. Der hervorragende<br />
Ste<strong>in</strong>way-Flügel Baujahr 1901 und das historische<br />
Konzertharmonium legen e<strong>in</strong> Fundament,<br />
auf dem die beiden Sänger e<strong>in</strong>e enorme Palette<br />
an Ausdrucksmöglichkeiten entfalten können.<br />
Was für e<strong>in</strong>e besondere Klangwelt! Was für e<strong>in</strong>e<br />
Entdeckung! Lisa Eranos<br />
Foto l<strong>in</strong>ks: Kay Blaschke; rechts: Günter Komnick
Foto: Stephan Reis<strong>in</strong>g<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Stürmer, Genießer, Poet<br />
Hardy Rittner mit Chop<strong>in</strong> Etüden auf historischem Terra<strong>in</strong><br />
Sie gelten als Gipfelpunkt pianistischer<br />
Virtuosität. Welche zupackende Dramatik<br />
und welcher poetische Zauber jenseits<br />
aller F<strong>in</strong>gerfertigkeit <strong>in</strong> Frédéric<br />
Chop<strong>in</strong>s Etüden steckt, belegt Hardy Rittner<br />
e<strong>in</strong>drucksvoll <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er neuesten E<strong>in</strong>spielung.<br />
Technisch souverän und mit untrüglichem Gespür<br />
für fe<strong>in</strong>ste Nuancen verwandelt er das gefürchtete<br />
Virtuosenfutter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sammlung berührender<br />
und mitreißender Charakterstücke.<br />
Und das sogar im Super-Audio-Klangkolorit<br />
e<strong>in</strong>es orig<strong>in</strong>al erhaltenen Conrad-Graf-Flügels.<br />
Wann ist das jemals gewagt worden?<br />
Die Spanne ist groß: Von der extrovertierten<br />
Dramatik der berühmten „Revolutionsetüde“<br />
über die spielerische Leichtigkeit<br />
von op. 10/8 zur<br />
groß angestimmten Klage <strong>in</strong><br />
op. 25/7 reicht Chop<strong>in</strong>s Ausdruckspalette.<br />
Besonders bee<strong>in</strong>druckend<br />
und mit fantastisch<br />
perlender Leichtigkeit<br />
gemeistert: die gefürchteten<br />
Terzenkaskaden <strong>in</strong> op. 25/6.<br />
Hochwillkommen auch die<br />
nachgelassenen „Trois Nouvelles<br />
Etudes“, die mit ihren<br />
vertrackten rhythmischen und<br />
modulatorischen Abgründen<br />
neben ihren ungleich berühmteren<br />
Schwestern hier<br />
e<strong>in</strong>e längst überfällige Ehrenrettung<br />
erfahren.<br />
„Am besten geht´s mir,<br />
wenn ich mich auf dem wundervollen<br />
Graf´schen Piano<br />
sattgespielt habe“, schreibt<br />
Chop<strong>in</strong> an se<strong>in</strong>e Familie.<br />
Der mit 2,44 m bee<strong>in</strong>druckende<br />
Flügel aus der<br />
Sammlung Edw<strong>in</strong> Beunk ist<br />
um 1835 <strong>in</strong> der Werkstatt<br />
Conrad Graf entstanden.<br />
Se<strong>in</strong>e dynamische Bandbreite<br />
ist schier unglaublich:<br />
Man höre nur e<strong>in</strong>mal die<br />
geheimnisvolle Farbe durch<br />
E<strong>in</strong>satz des Doppelmoderatorpedals<br />
<strong>in</strong> op. 25/2 und<br />
www.hardyrittner.de<br />
im Gegensatz dazu die gewaltigen Oktavkaskaden<br />
<strong>in</strong> op. 25/10. Und wer das Instrument<br />
wirklich mit geöffnetem Deckel wahrnehmen<br />
möchte, dem sei unbed<strong>in</strong>gt die 2+2+2-Wiedergabe<br />
empfohlen!<br />
E<strong>in</strong> Glücksfall: Hardy Rittner ist auf historischem<br />
Instrumentarium ebenso selbstverständlich<br />
zu Hause wie auf jedem modernen<br />
Konzertflügel. Der mehrfache Echo-Preisträger<br />
sorgt immer wieder mit se<strong>in</strong>en Interpretationen<br />
für Furore, sei es mit se<strong>in</strong>er Brahms-Edition<br />
oder se<strong>in</strong>er Schönberg-E<strong>in</strong>spielung auf historischen<br />
Instrumenten oder zuletzt mit dem d-Moll-<br />
Klavierkonzert von Johannes Brahms auf e<strong>in</strong>em<br />
Erard-Flügel. Klaus Friedrich<br />
AUSGABE 2012/2 19<br />
Frédéric Chop<strong>in</strong><br />
Etüden op. 10 und op. 25<br />
Trois Nouvelles Études<br />
Hardy Rittner<br />
Conrad Graf Flügel (ca.1835)<br />
MDG 904 1747-6 (Hybrid-SACD)<br />
Weitere E<strong>in</strong>spielungen:<br />
Johannes Brahms:<br />
Klavierwerke<br />
Volume 1:<br />
op. 2, 9, 10 (Streicher 1851)<br />
MDG 904 1494-6 (Hybrid-SACD)<br />
Volume 2:<br />
op. 1 und 5 (Bösendorfer 1850)<br />
MDG 904 1538-6 (Hybrid-SACD)<br />
Volume 3:<br />
op. 116-119 (Schweigh<strong>of</strong>er 1877)<br />
MDG 904 1680-6 (Hybrid-SACD)<br />
Johannes Brahms:<br />
Klavierkonzert op. 15<br />
l’arte del mondo<br />
Werner Ehrhardt (Erard 1854)<br />
MDG 904 1699-6<br />
(Hybrid-SACD)<br />
Arnold Schönberg:<br />
Klavierwerke<br />
(Streicher 1870,<br />
Ste<strong>in</strong>way 1901)<br />
MDG 904 1593-6<br />
(Hybrid-SACD)
Die Gebrüder Grimm<br />
Engelbert Humperd<strong>in</strong>ck<br />
Hänsel und Gretel<br />
Solisten; Orchester des Züricher<br />
Opernhaus, Franz Welser-Möst<br />
Arthaus 101536 (DVD Video)<br />
Engelbert Humperd<strong>in</strong>ck<br />
Hänsel und Gretel<br />
A. Kirchschlager, D. Damrau, Th. Allen<br />
Orchestra <strong>of</strong> the Royal Opera House<br />
Sir Col<strong>in</strong> Davis<br />
Opus Arte OA1011D (DVD Video)<br />
Engelbert Humperd<strong>in</strong>ck<br />
Hänsel und Gretel<br />
I. Spr<strong>in</strong>ger, G. Schröter, P. Schreier, Th. Adam<br />
Dresdner Staatskapelle, Otmar Suitner<br />
Berl<strong>in</strong> Classics 0092932BC<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Sicherlich ahnten die Gebrüder Grimm nicht,<br />
welchen Siegeszug ihre „K<strong>in</strong>der und Hausmärchen“<br />
antreten würden, als sie vor 200 Jahren,<br />
am 20. Dezember 1812, den ersten Teil<br />
ihrer Märchensammlung veröffentlichten. Um 1803<br />
trafen Jacob und Wilhelm Grimm auf die Romantiker<br />
Clemens von Brentano und Achim von Arm<strong>in</strong>,<br />
die <strong>in</strong> ihnen das Interesse für alte Hausmärchen<br />
weckten. Daraufh<strong>in</strong> begannen sie im Raum Kassel, <strong>in</strong><br />
ihrem bürgerlich-hugenottisch<br />
geprägten Umfeld, die<br />
bislang nur mündlich überlieferten<br />
Erzählungen zusammen<br />
zu tragen. Maßgeblichen<br />
Anteil an dieser<br />
langwierigen Aufgabe hatte<br />
Dorothea Viehmann, e<strong>in</strong>e<br />
ortsansässige Märchenerzähler<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Inspiration<br />
war der Franzose<br />
Charles Perrault, der schon<br />
die Märchen von Giovanni<br />
Francesco Straparola und<br />
vor allem Giambattista Basile<br />
zusammengetragen hatte.<br />
Es war e<strong>in</strong>mal…<br />
Vom Volksmärchen zur musikalischen Vorlage.<br />
Die Erfolgsgeschichte der Märchen der Gebrüder Grimm.<br />
Dorothea Viehmann<br />
20 AUSGABE 2012/2<br />
E<strong>in</strong> anderer Teil der Grimm-Märchen entsprang der<br />
eigenen Fantasie der Brüder. Drei Jahre später erschien<br />
1815 der zweite Band der Märchensammlung, doch<br />
beide Bände verkauften sich nur sehr schleppend,<br />
was zu Unstimmigkeiten mit dem Verleger Reimer<br />
führte. Erst mit der überarbeiteten Neuauflage von<br />
1819 begann der unaufhaltsame Erfolgskurs der<br />
Grimm-Märchen, was wohl Jahre später Adelheid<br />
Wette, Engelbert Humperd<strong>in</strong>cks Schwester, zu e<strong>in</strong>em<br />
Märchenspiel für den häuslichen<br />
Gebrauch <strong>in</strong>spiriert<br />
haben mag. Sie bat ihren<br />
Bruder um die Vertonung<br />
e<strong>in</strong>iger Textpassagen aus<br />
dem Märchen „Hänsel und<br />
Gretel“. Nach dem diese <strong>in</strong><br />
der Familie großen Anklang<br />
gefunden hatte, entschloss<br />
sich Humperd<strong>in</strong>ck daraus<br />
e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>gspiel, im weiteren<br />
Verlauf sogar e<strong>in</strong>e Oper zu<br />
machen. Schon die Uraufführung<br />
des Werkes wurde<br />
e<strong>in</strong> großer Erfolg und noch<br />
heute ist „Hänsel und Gretel“
e<strong>in</strong>e der am häufigsten aufgeführten Opern. Mit Fug<br />
und Recht lässt sich behaupten, dass es sich um die<br />
bekannteste Märchenoper handelt.<br />
E<strong>in</strong>e weitere bekannte Vorlage entstammt ursprünglich<br />
Giambattista Basile, ist aber, wenn auch <strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlich<br />
abgewandelter Form, <strong>in</strong> der Märchensammlung<br />
der Gebrüder Grimm zu f<strong>in</strong>den und gelangte durch<br />
sie zur endgültigen Berühmtheit. Gioacch<strong>in</strong>o Ross<strong>in</strong>i<br />
schuf nach dem Vorbild Aschenputtels, wohl e<strong>in</strong>e<br />
se<strong>in</strong>er berühmtesten Bühnenwerke: „La Cenerentola“.<br />
Am 25. Januar 1817 wurde das Werk – e<strong>in</strong>e Opera<br />
buffa – mit großem Erfolg erstmalig uraufgeführt und<br />
eroberte daraufh<strong>in</strong> im Sturm die Opernbühnen. Doch<br />
nicht nur Ross<strong>in</strong>i war von dem St<strong>of</strong>f um das arme<br />
Aschenputtel angetan. E<strong>in</strong>ige Jahrzehnte später, im<br />
Engelbert Humperd<strong>in</strong>ck<br />
Jules Massenet<br />
AUSGABE 2012/2 21<br />
Jahre 1899, kreierte Massenet se<strong>in</strong>e Oper „Cendrillon“<br />
anhand derselben literarischen Vorlage. Noch heute<br />
ist die Oper <strong>in</strong> Frankreich e<strong>in</strong> Renner. In Deutschland<br />
konnte sich das Werk, hier erstmalig 1967 <strong>in</strong> Darmstadt<br />
aufgeführt, nicht durchsetzen. E<strong>in</strong>e modernere<br />
Variante lieferte Sergej Prok<strong>of</strong>ieff mit se<strong>in</strong>em Ballett<br />
„Soluscha“ oder auch „C<strong>in</strong>derella“ genannt, das am<br />
21. November 1954 im Bolschoi-Theater uraufgeführt<br />
wurde. Das Ballett folgt im Gegensatz zu den<br />
anderen Vertonungen der moderneren Version der<br />
Gebrüder Grimm und nicht der ursprünglichen Vorlage<br />
Giambattista Basiles. Zusammen mit „Romeo und<br />
Julia“ gehört das Ballett zu Prok<strong>of</strong>ieffs wichtigsten<br />
Ballettkompositionen und folgt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Aufbau dem<br />
klassischen Handlungsballett.<br />
Gioach<strong>in</strong>o Ross<strong>in</strong>i<br />
Gioacch<strong>in</strong>o Ross<strong>in</strong>i<br />
La Cenerentola<br />
J.M. Lo Monaco, M. Mironov<br />
R. de Candia, E. Pidò, N. Ulivieri<br />
Dynamic CDS33662 (DVD Video)<br />
Jules Massenet<br />
Cendrillon<br />
Hong Kong Philharmonic Orchestra<br />
Kenneth Jean<br />
Naxos 8555986<br />
Sergej Prok<strong>of</strong>ieff<br />
C<strong>in</strong>derella<br />
Margot Fonteyn<br />
Sadler’s Wells Royal Ballett<br />
VAI 4296 (DVD Video)<br />
Sergej Prok<strong>of</strong>ieff<br />
C<strong>in</strong>derella-Suiten 1-3<br />
Ukra<strong>in</strong>ian State Symphony Orchestra<br />
Theodore Kuchar<br />
Naxos 855096869
Johann Strauss (Sohn)<br />
Aschenbrödel<br />
E. Petters, M. Halász, G. Hatala<br />
Euroarts 2055928 (DVD Video)<br />
Peter Tschaikowsky<br />
Dornröschen<br />
Royal Philharmonic Orchestra<br />
Barry Wordsworth<br />
RPO RPOSP030 (2 CDs)<br />
Peter Tschaikowsky<br />
Dornröschen<br />
Rudolf Nureyev, Opera National De Paris<br />
Arthaus 107021 (DVD Video)<br />
Ottor<strong>in</strong>o Resphigi<br />
La Bella Dormente Nel Bosco<br />
Solisten, Adriano, Rozehnal<br />
The Slovak Radio Symphony Orchestra<br />
Marco Polo 8223742<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Peter Iljitsch Tschaikowsky<br />
Auch Johann Strauß Sohn hatte sich schon vorher<br />
<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Ballettvertonung an demselben St<strong>of</strong>f<br />
versucht. Bis zu se<strong>in</strong>em Tode arbeitete er an dem<br />
Ballett, h<strong>in</strong>terließ se<strong>in</strong> „Aschenputtel“ jedoch unvollendet.<br />
Josef Bayer ergänzte das Werk auf Grund<br />
der von Strauß h<strong>in</strong>terlassenen Fragmente und brachte<br />
das Ballett zur Bühnenreife. Am 2. Mai 1901 fand<br />
die Uraufführung im Königlichen Opernhaus <strong>in</strong> Anwesenheit<br />
von Kaiser Wilhelm II. statt, Berühmtheit<br />
erlangte es jedoch nicht. Zu Weltruhm gelangte jedoch<br />
Tschaikowskys Ballettvertonung „Dornröschen“.<br />
Ähnlich wie bei Aschenputtel basiert das Märchen<br />
zum großen Teil auf Charles Perraults Erzählversion<br />
„La belle au bois dormant“ von 1696. Tschaikowsky<br />
erschuf das Ballett <strong>in</strong> enger Zusammenarbeit mit dem<br />
Philip Glass & Robert Moran<br />
The Juniper Tree<br />
R. Pittmann<br />
The Juniper Tree Opera Orchestra<br />
Orange Mounta<strong>in</strong> Music OMM 0057<br />
22 AUSGABE 2012/2<br />
Choreographen Marius Petipa und brachte es im<br />
Januar 1890 <strong>in</strong> St. Peterburg zur Premiere. Seit dem<br />
bezaubert das Werk se<strong>in</strong> Publikum <strong>in</strong> aller Welt. E<strong>in</strong>e<br />
Dornröschen-Vertonung der anderen Art erschuf<br />
Ottor<strong>in</strong>o Respighi. In der Zeit von 1921 bis 1933<br />
komponierte er „La bella dormente nel bosco“, e<strong>in</strong>e<br />
Märchenoper <strong>in</strong> drei Akten. Er adressierte se<strong>in</strong><br />
Werk ausdrücklich an die kle<strong>in</strong>en Zuschauer, <strong>in</strong> dem<br />
er es mit e<strong>in</strong>em Puppenensemble besetzte. Auch<br />
Engelbert Humperd<strong>in</strong>ck erschuf e<strong>in</strong>e Vertonung des<br />
Märchenklassikers. Allerd<strong>in</strong>gs wurde das Stück nach<br />
dessen Uraufführung im Jahre 1902 nicht positiv von<br />
den Kritikern aufgenommen und als „Virtuosenstück<br />
für den Dekorationsmaler und Theatertechniker“<br />
bezeichnet. Genauso wie „Der Wolf und die sieben<br />
Geißle<strong>in</strong>“ und auch „Schneewittchen“, zwei weiteren<br />
Märchenvertonungen Humperd<strong>in</strong>cks, fand das Werk<br />
bis heute nur wenig Beachtung. Auch anderen Komponisten<br />
ereilte dasselbe Schicksal. Zu erwähnen<br />
seien hierbei Siegfried Wagners „Der Bärenhäuter“,<br />
Rhe<strong>in</strong>bergers „Die sieben Raben“, „Rotkäppchen“<br />
von Boieldieu und auch Dittersdorf, sowie Xavier<br />
Montsalvatges und Cesare Cuis „Gestiefelter Kater“,<br />
um nur e<strong>in</strong>ige Beispiele zu nennen. Besser erg<strong>in</strong>g<br />
es da dem Märchen „Von dem Machandelboom (Vom<br />
Wacholderbaum)“ – e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Plattdeutsch verfassten<br />
Erzählung mit Gänsehaut- und Gruselgarantie – <strong>in</strong> der<br />
e<strong>in</strong> Vater unwissentlich, den von der Stiefmutter ermordeten<br />
und zur Suppe verkochten, Sohn verspeist.<br />
Philip Glass hatte sich im Jahre 1984 zusammen<br />
mit Robert Moran des St<strong>of</strong>fes angenommen und die<br />
zweiaktige, m<strong>in</strong>imalistische Oper „The Juniper Tree“<br />
für Kammerorchester, kle<strong>in</strong>en Chor und Solisten<br />
erschaffen. Anders als es der düstere Inhalt erwarten<br />
lässt, ist die Musik klangvoll und melodisch, auch<br />
im H<strong>in</strong>blick auf das – gottlob – glückliche Ende am<br />
Schluss. Auch Rolf Riehm verarbeitete den St<strong>of</strong>f<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Hörstück „Machandelboom“. Im Gegensatz<br />
Rolf Riehm<br />
Machandelboom<br />
Ch. Anders, K. Franke, H. Goebbels<br />
A. Harth, K. Riehm, R. Riehm<br />
Cybele SACD 960501 (SACD Hybrid)<br />
Jacques Offenbach<br />
Ritter Blaubart<br />
K.F. Voigtmann, H. Nocker, A. Schlemm<br />
Arthaus 101293 (DVD Video)
zu Philip Glass setzte er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk auf Motive<br />
im Volkston, Freejazz, Zwölftonmusik und Zitaten<br />
aus der Pop-Musik, die sich beim Zuhörer zu e<strong>in</strong>em<br />
surrealen Mosaik zusammensetzen.<br />
E<strong>in</strong> weiteres schauriges Märchen, das es zu musikalischem<br />
Weltruhm schaffte, ist „Blaubart“. Das<br />
Werk war Bestandteil der Erstausgabe der Grimmschen<br />
Märchensammlung. In den späteren Ausgaben<br />
der „K<strong>in</strong>der und Hausmärchen“ taucht es allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht mehr auf, da es von den Gebrüdern selber wieder<br />
entfernt wurde. Später nahm Ludwig Bechste<strong>in</strong><br />
das Thema um den frauenmordenden Ritter <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Märchenbuch von 1945 auf, daneben existieren noch<br />
heute viele weitere Varianten der Erzählung. Gleich<br />
mehrere Komponisten nahmen sich des St<strong>of</strong>fs an, zu<br />
Bekanntheit gelangten Bela Bartoks „Ritter Blaubarts<br />
Burg“ und „Arianne et Bart-Bleue“ von Paul Dukas.<br />
E<strong>in</strong>e komische Annäherung an das Märchen wagte<br />
Jacques Offenbach mit se<strong>in</strong>er Operette „Blaubart“.<br />
Im Gegensatz zu se<strong>in</strong>en anderen Operetten erlangte<br />
das Werk jedoch nie die große Bekanntheit. Auch<br />
Carl Orff fand <strong>in</strong> der Märchensammlung der Gebrüder<br />
Grimm die Vorlage für zwei se<strong>in</strong>er Werke. „Der Mond“<br />
entstand zwischen 1936 und 1938 und wurde zu<br />
Orffs Bühnene<strong>in</strong>stieg. Basierend auf dem gleichnamigen<br />
Märchen übernahm Orff große Teile der literarischen<br />
Vorlage und erweiterte sie mit eigenen<br />
Zudichtungen und Umgewichtungen, ohne dabei die<br />
AUSGABE 2012/2 23<br />
ursprüngliche Substanz des Märchens zu verändern.<br />
Basierend auf dem Märchen „Die kluge Bauerntochter“<br />
schrieb Carl Orff nicht nur die Musik, sondern<br />
auch das Libretto und gab se<strong>in</strong>em Märchenspiel<br />
den Namen „Die Kluge“. Er ergänzte Sprichwörter, die<br />
er Karl Simrocks „Deutsche Sprichwörter“ von 1846<br />
entlehnte und welche dem Werk se<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigarten<br />
Sprachstil verleihen. Von se<strong>in</strong>er ursprünglichen Idee,<br />
das Werk mit „Der Mond“ zu verb<strong>in</strong>den, kam er allerd<strong>in</strong>gs<br />
wieder ab. Neben „Carm<strong>in</strong>a Burana“ gehört<br />
„Die Kluge“ auch zum Hauptwerk Carl Orffs.<br />
Heute, nach 200 Jahren, s<strong>in</strong>d die Märchen der<br />
Gebrüder nicht mehr aus unserem geistigen Schatz<br />
wegzudenken. Zusammen mit Luthers Bibel gehören<br />
sie zu den weltweit verbreitetsten Büchern unserer<br />
Kultur. Zu Recht s<strong>in</strong>d die noch heute erhaltenen<br />
Kasseler Handexemplare im Jahre 2005 von der<br />
Unesco zum Weltdokumenterbe erklärt worden und<br />
werden im Kasseler Grimm Museum verwahrt. Auch<br />
die Musikgeschichte wäre ärmer ohne die berühmte<br />
Märchensammlung und hätte auf e<strong>in</strong>ige wichtige<br />
Werke verzichten müssen. Bleibt zu h<strong>of</strong>fen, dass noch<br />
viele Komponisten der Gegenwart und Zukunft sie<br />
als Inspirationsquelle zu nutzen wissen.<br />
Hans i. Glück<br />
Bela Bartok<br />
Herzog Blaubarts Burg<br />
Budapest Festival Orchestra<br />
Ivan Fischer<br />
Channel Classics CCS 90311<br />
(SACD Hybrid)<br />
Paul Dukas<br />
Arianne et Bart-Bleue<br />
Marilyn Schmiege, Roderick Kennedy<br />
Kölner Rundfunk-S<strong>in</strong>fonie-Orchester<br />
Gary Bert<strong>in</strong>i<br />
Capriccio C7112 (2 CDs)<br />
Carl Orff: Der Mond<br />
Re<strong>in</strong>er Süß, Eberhard Büchner<br />
Rundfunk S<strong>in</strong>fonie Orchester Leipzig<br />
Herbert Kegel<br />
Berl<strong>in</strong> Classics 0094312BC<br />
Carl Orff: Die Kluge<br />
Re<strong>in</strong>er Süß, Eberhard Büchner<br />
Rundfunk S<strong>in</strong>fonie Orchester Leipzig<br />
Herbert Kegel<br />
Berl<strong>in</strong> Classics 0094322BC
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
<strong>CLASS</strong> Katalog Service<br />
MDG – Musikproduktion Dabr<strong>in</strong>ghaus und Grimm – veröffentlicht<br />
seit 34 Jahren seltenes Repertoire <strong>in</strong> außergewöhnlicher Interpretation<br />
und audiophiler Klangqualität.<br />
Hörvergnügen garantiert! Mit Christian Zacharias, Frank Bungarten,<br />
Elisabeth Leonskaja, Steffen Schleiermacher, Adam Fischer,<br />
Roman K<strong>of</strong>man, Consortium Classicum, Ma'alot Bläserqu<strong>in</strong>tett,<br />
Hardy Rittner, Siegbert Rampe, Claudius Tanski, Trio Parnassus,<br />
Musica Alta Ripa, Leipziger Streichquartett, Ensemble Villa Musica,<br />
Wiener Klaviertrio, Mozart Piano Quartet …<br />
www.mdg.de<br />
NAXOS – Mit e<strong>in</strong>em Repertoire von 125.000 Tracks auf über<br />
7.000 CDs ist Naxos weltweit Marktführer auf dem Gebiet der<br />
Klassischen Musik, und der Katalog des Labels wird ständig erweitert.<br />
Spannende, vielfach preisgekrönte Aufnahmen aus Klassik, Jazz,<br />
New Age und Hörbuch machen Naxos zu e<strong>in</strong>er Fundgrube auch für<br />
Entdecker unbekannten Repertoires.<br />
www.naxos.de<br />
<strong>CLASS</strong> KATALOG SERVICE<br />
Bitte senden Sie mir den aktuellen Katalog von: (bitte ankreuzen)<br />
MDG NAXOS<br />
Bitte schicken per Fax an: 05231 / 26186<br />
mit der Post an: <strong>CLASS</strong> aktuell · Bachstraße 35 · 32756 Detmold<br />
Absender: (bitte <strong>in</strong> Druckbuchstaben)<br />
Name, Vorname<br />
Straße / Nr.<br />
PLZ / Ort<br />
E-Mailadresse<br />
Bitte beantworten Sie uns noch folgende Fragen:<br />
S<strong>in</strong>d Sie auch <strong>in</strong> Zukunft an e<strong>in</strong>em gedruckten Verlagskatalog <strong>in</strong>teressiert?<br />
Haben Sie Ihre klassische Musik schon e<strong>in</strong>mal aus dem Internet bezogen?<br />
per Tonträger Direktkauf<br />
per Download<br />
per Stream<strong>in</strong>g<br />
Können Sie sich vorstellen, <strong>in</strong> Zukunft Ihre Musik per Download<br />
aus dem Internet zu kaufen?<br />
ja eher nicht ne<strong>in</strong><br />
Kennen Sie den Bielefelder Katalog? ja ne<strong>in</strong> (www.bielekat.de)<br />
Nutzen Sie den Bielefelder Katalog? ja ne<strong>in</strong><br />
Unter den E<strong>in</strong>sendern verlosen wir 50 aktuelle Klassik-CDs.<br />
24 AUSGABE 2012 /2<br />
CATALOGUE 2012<br />
CELEBRATING<br />
25 YEARS<br />
OF <strong>CLASS</strong>ICAL MUSIC<br />
Photo courtesy <strong>of</strong> Allegro Films
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Orchester und Konzert<br />
Johannes Brahms<br />
S<strong>in</strong>fonien Nr. 2 + 3<br />
s<strong>in</strong>fonieorchester Aachen<br />
Marcus Bosch, Leitung<br />
Coviello Classics COV 31206<br />
„Noch nichts Weltschmerzlicheres“<br />
als se<strong>in</strong>e zweite S<strong>in</strong>fonie habe man bisher<br />
gehört, schrieb Johannes Brahms<br />
gleich <strong>in</strong> mehreren Briefen im Sommer<br />
1877, kurz nach ihrer Vollendung –<br />
heute wirkt das erstaunlich, gilt die<br />
Zweite doch als die heiter-pastorale<br />
unter se<strong>in</strong>en vier Werken dieser im 19.<br />
Jahrhundert so bedeutungsschweren<br />
Gattung. Brahms wollte <strong>of</strong>fenbar verh<strong>in</strong>dern,<br />
dass die S<strong>in</strong>fonie auf das Klischee<br />
der beschaulichen Idylle reduziert werden<br />
könnte, <strong>in</strong>dem er den dramatischen<br />
Aspekt betonte. Doch auch wenn der<br />
Komponist es selbst nicht hören mochte,<br />
bleibt die heitere Gelassenheit als<br />
Wesenszug dieses Werks unverkennbar.<br />
Heiterkeit,<br />
Melancholie und<br />
Konzentration<br />
Offensichtlich ist dagegen der melancholische<br />
Grundton <strong>in</strong> der dritten S<strong>in</strong>fonie,<br />
<strong>in</strong> der Brahms nochmals e<strong>in</strong>e Verdichtung<br />
se<strong>in</strong>er hochkonzentrierten<br />
Musiksprache erreicht. Aber auch hier<br />
ist nichts simpel und e<strong>in</strong>dimensional: so<br />
wenig wie die Zweite nur harmlose<br />
Pastorale ist, ist die Dritte nur schwermütige<br />
Trauermusik. Bei Brahms lohnt<br />
es sich eben – auch wenn se<strong>in</strong>e S<strong>in</strong>fonien<br />
sattsam bekannt sche<strong>in</strong>en – immer<br />
wieder genau h<strong>in</strong>zuhören. Marcus<br />
Bosch und „se<strong>in</strong>“ s<strong>in</strong>fonieorchester<br />
Aachen bieten <strong>in</strong> ihrer Neue<strong>in</strong>spielung<br />
die ganze Palette der Emotionen und<br />
setzen e<strong>in</strong>mal mehr Akzente gegen<br />
ideenlose Interpretations-Rout<strong>in</strong>e.<br />
Richard Strauss: Konzert für Oboe<br />
und Orchester; Nikos Skalkottas:<br />
Concert<strong>in</strong>o für Oboe und Orchester;<br />
Kalevi Aho: Inventions and Postlude<br />
Yeon-Hee Kwak, Oboe<br />
David Pia, Violoncello<br />
Münchner Rundfunkorchester<br />
Johannes Goritzki, Dirigent<br />
MDG 903 1598-6 (Hybrid-SACD)<br />
Schon e<strong>in</strong>mal präsentierte die <strong>in</strong> München<br />
lebende Ausnahmeoboist<strong>in</strong> mit den<br />
Konzerten von Mart<strong>in</strong>u und Dorati e<strong>in</strong>e<br />
Katalograrität. Nun folgt e<strong>in</strong> weiteres<br />
Album, mit dem Yeon-Hee Kwak drei<br />
Komponisten des 20. Jahrhunderts ihre<br />
Referenz erweist. Zusammen mit dem<br />
Orchester des Bayerischen Rundfunks<br />
unter Johannes Goritzki spielt sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
taufrischen Neuaufnahme das Strauss-<br />
Oboenkonzert, e<strong>in</strong> lichtes Werk voller<br />
Luftigkeit und Witz, dem die düsteren und<br />
ungewissen Umstände des Jahres 1945<br />
nicht anzumerken s<strong>in</strong>d.<br />
Burlesker Witz<br />
E<strong>in</strong>e Entdeckung ist die Erste<strong>in</strong>spielung<br />
der Orchesterfassung des Concert<strong>in</strong>o für<br />
Oboe und Orchester von Nikos Skalkottas.<br />
Erst allmählich wird die außergewöhnliche<br />
Qualität e<strong>in</strong>es außergewöhnlichen<br />
Komponisten bekannt, den die pure Not<br />
1933 aus Berl<strong>in</strong> zurück <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e griechische<br />
Heimat Athen vertrieb. Ausglassene<br />
Spielfreude und burlesken Witz verb<strong>in</strong>det<br />
der Schönberg-Schüler <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Concert<strong>in</strong>o mit folkloristischer Rhythmik,<br />
atemberaubende Kaskaden folgen auf<br />
<strong>in</strong>nige Stimmungen – e<strong>in</strong> fesselndes Erlebnis,<br />
und e<strong>in</strong> Paradestück für die Solist<strong>in</strong>,<br />
die e<strong>in</strong>mal mehr ihre außerordentlichen<br />
Fähigkeiten präsentieren kann.<br />
E<strong>in</strong> wahres Juwel hat Yeon-Hee Kwak<br />
mit den Inventionen von Kalevi Aho aufgespürt:<br />
Geme<strong>in</strong>sam mit ihrem Cello-Partner<br />
David Pia macht sie sich auf die Reise<br />
durch e<strong>in</strong>en gewaltigen Kosmos. In fe<strong>in</strong>ster<br />
SACD-Technik produziert und dem<br />
MDG-typischen 2+2+2 Record<strong>in</strong>g aufgenommen,<br />
eröffnen sich dem Zuhörer<br />
Klangwelten von berückender Intensität –<br />
e<strong>in</strong> audiophiles Ereignis der Extraklasse.<br />
AUSGABE 2012/2 25<br />
Im Blickpunkt<br />
Édouard Lalo (1823-1892)<br />
Concerto russe für<br />
Viol<strong>in</strong>e und Orchester, op. 29<br />
Romance-Sérénade für<br />
Viol<strong>in</strong>e und Orchester<br />
Fantaisie-ballet für<br />
Viol<strong>in</strong>e und Orchester<br />
Guitare für Viol<strong>in</strong>e und<br />
Orchester, op. 28<br />
Klavierkonzert<br />
Jean-Jacques Kantorow, Viol<strong>in</strong>e<br />
Pierre-Ala<strong>in</strong> Volondat, Klavier<br />
Tapiola S<strong>in</strong>fonietta, Kees Bakels<br />
BIS-SACD-1890<br />
Zwei der hier e<strong>in</strong>gespielten Werke<br />
s<strong>in</strong>d dem großen Viol<strong>in</strong>virtuosen Pablo de<br />
Sarasate gewidmet: Das kurze Fantaisieballet<br />
und das umfangreiche Concerto<br />
russe. Das letztgenannte viersätzige<br />
Werk basiert auf Themen aus zwei<br />
Hochzeitsliedern, die Rimsky-Korsakow<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Sammlung „100 russische<br />
Volkslieder“ veröffentlicht hatte. Das<br />
beschließende Klavierkonzert war Lalos<br />
letzte größere Arbeit, 1888 entstanden.<br />
Mit zweierlei Maß<br />
Anders als <strong>in</strong> den Viol<strong>in</strong>konzerten<br />
wird das Solo<strong>in</strong>strument hier <strong>in</strong> den<br />
Orchestersatz verwoben. So bietet sich<br />
dem Solisten nur wenig Raum, zu brillieren<br />
(das Werk enthält nicht e<strong>in</strong>mal<br />
e<strong>in</strong>e Kadenz). Das mag der Grund se<strong>in</strong>,<br />
warum sich das Konzert auf Programmzetteln<br />
kaum e<strong>in</strong>mal f<strong>in</strong>det und auch<br />
diese E<strong>in</strong>spielung e<strong>in</strong>e Rarität darstellt.<br />
Dabei hatte Laolo noch 1879 an Sarasate<br />
geschrieben: „Wenn man e<strong>in</strong>en Solisten<br />
auf e<strong>in</strong>e Bühne stellt, muss man ihm die<br />
Hauptrolle geben und ihn nicht als<br />
bloßes Orchester<strong>in</strong>strument behandeln.<br />
Wenn die Gattung Solokonzert e<strong>in</strong>em<br />
Komponisten nicht zusagt, soll er Symphonien<br />
oder irgendetwas anders für<br />
Orchester alle<strong>in</strong> schreiben.“
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Orchester und Konzert<br />
Sergei Rachman<strong>in</strong>ow (1873-1943)<br />
Klavierkonzert Nr. 1 fis-Moll op. 1<br />
Klavierkonzert Nr. 4 g-Moll op. 40<br />
Rhapsodie auf e<strong>in</strong> Thema von<br />
Pagan<strong>in</strong>i op. 43<br />
Noriko Ogawa, Klavier<br />
Malmö Symphonieorchester<br />
Owa<strong>in</strong> Arwel Hughes<br />
BIS-CD-975<br />
Die e<strong>in</strong>zigartige Komb<strong>in</strong>ation russischer<br />
Melancholie, gepaart mit urbaner<br />
Eleganz, e<strong>in</strong>gängiger Melodik und reicher<br />
Harmonik <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em 2. und 3. Klavierkonzert<br />
machten Rachman<strong>in</strong>ow<br />
sowohl als Pianist wie als Komponist<br />
berühmt. Weniger bekannt s<strong>in</strong>d dagegen<br />
die zwei Klavierkonzerte, die diese berühmten<br />
e<strong>in</strong>rahmen. Das erste Konzert<br />
schrieb Rachman<strong>in</strong>ow noch als Student<br />
am Moskauer Konservatorium. Erst nach<br />
umfangreichen Revisionen 1917, kurz<br />
bevor der Komponist als Folge der<br />
Oktoberrevolution <strong>in</strong>s Exil g<strong>in</strong>g, gelangte<br />
es zu e<strong>in</strong>iger Wertschätzung.<br />
1926 veröffentlichte er das umfangreiche<br />
4. Klavierkonzert. Das Publikum<br />
erwartete natürlich e<strong>in</strong> Werk, das den<br />
beiden vorangegangenen entsprach. Das<br />
war nicht der Fall, und so wurde die<br />
Uraufführung ke<strong>in</strong> Erfolg. 1941 brachte<br />
Rachman<strong>in</strong>ow e<strong>in</strong>e gründlich überarbeitete<br />
Version, die weit besser aufgenommen<br />
wurde. Die 1934 entstandene,<br />
umfangreiche Pagan<strong>in</strong>i-Rhapsodie gehört<br />
dagegen von der Uraufführung an zu den<br />
äußerst erfolgreichen Werken.<br />
Schlußspurt mit<br />
Feuerwerk<br />
Und das ist ke<strong>in</strong> Wunder, denn was<br />
Rachman<strong>in</strong>ow <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en 24 Variationen<br />
dem berühmten a-moll-Thema des<br />
Capriccio op. 1 Nr. 24 aus der Feder des<br />
„Teufelsgeigers“ Niccolò Pagan<strong>in</strong>i entlockt,<br />
ist schlechterd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> atemberaubendes<br />
Feuerwerk.<br />
Carlo Tessar<strong>in</strong>i (1690-1767)<br />
12 Viol<strong>in</strong>konzerte op. 1<br />
Marco Pedrona, Viol<strong>in</strong>e<br />
Ensemble Guidantus<br />
Indésens CAL1207 (Erste<strong>in</strong>spielung)<br />
Das italienische Solokonzert für<br />
Viol<strong>in</strong>e und Streicher erfreute sich <strong>in</strong><br />
der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts enormer<br />
Popularität <strong>in</strong> ganz Europa, nicht<br />
zuletzt dank der weiten Verbreitung der<br />
Werke Vivaldis. E<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er talentiertesten<br />
Zeitgenossen war Carlo Tessar<strong>in</strong>i,<br />
dessen <strong>in</strong>spirierte und <strong>in</strong>spirierende<br />
Viol<strong>in</strong>konzerte op. 1 hier erstmals vorgestellt<br />
werden. Tessar<strong>in</strong>i wurde 1720<br />
als Geiger der Cappella an San Marco<br />
<strong>in</strong> Venedig engagiert. 1723 wurde er<br />
Konzertmeister am Ospedale dei Poveri<br />
Derelitti, e<strong>in</strong>e ganz ähnliche Position,<br />
wie Vivaldi sie <strong>in</strong>nehatte.<br />
Inspirierender<br />
Kollege<br />
International bekannt wurde er<br />
durch den damals berühmten deutschen<br />
Geiger Pisendel, der Tessar<strong>in</strong>is Konzerte<br />
für sich entdeckte und Kopien mit nach<br />
Dresden nahm. Vom Dresdner H<strong>of</strong> aus<br />
traten die Werke dann ihren Siegeszug<br />
durch Europa an. Schon bald wurde die<br />
Sammlung op. 1 <strong>in</strong> Amsterdam<br />
gedruckt, und Walsh übernahm diese<br />
Edition nach London. 1731 wechselte<br />
Tessar<strong>in</strong>i an die Kathedrale <strong>in</strong> Urb<strong>in</strong>o. Er<br />
unternahm ausgedehnte <strong>in</strong>ternationale<br />
Konzertreisen. Später übersiedelte er <strong>in</strong><br />
die Niederlande, wo er 1767 auch starb.<br />
26 AUSGABE 2012/2<br />
Dmitri Schostakowitsch (1906-1975)<br />
Symphonien 1-3:<br />
Symphonie Nr. 1 f-Moll op. 10<br />
Symphonie Nr. 2 B-Dur op. 14<br />
Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 20<br />
Netherlands Radio Choir<br />
Netherlands Radio Philharmonic<br />
Orchestra, Mark Wigglesworth<br />
BIS-SACD-1603<br />
Alle drei Symphonien entstanden<br />
noch vor dem 23. Geburtstag des Komponisten.<br />
Die 1. Symphonie war sogar<br />
das Prüfungsstück, das er zum Abschluss<br />
se<strong>in</strong>es Studiums am Len<strong>in</strong>grader<br />
Konservatorium e<strong>in</strong>reichte. Das Werk<br />
wurde s<strong>of</strong>ort e<strong>in</strong> großer Erfolg und dank<br />
Aufführungen durch Walter, Toscan<strong>in</strong>i<br />
und Klemperer weltweit bekannt. Die<br />
Sowjetunion hatte ihren ersten <strong>in</strong>ternationalen<br />
Star gefunden, und die Kehrseite<br />
der Medaille war, dass ab s<strong>of</strong>ort e<strong>in</strong><br />
immenser öffentlich-politischer Druck<br />
auf Schostakowitsch lastete.<br />
Politische Musik?<br />
Man merkt dies den beiden folgenden<br />
Symphonien denn auch an; schon<br />
die Kompositionsanlässe waren politischer<br />
Natur: die 2. Smyphonie entstand<br />
zur Feier des 10. Jahrestags der Oktoberrevolution,<br />
und die 3. mit dem Untertitel<br />
„Der 1. Mai“ wurde für den<br />
Arbeiterfeiertag geschrieben. Beide<br />
enden mit e<strong>in</strong>em Chorf<strong>in</strong>ale mit entsprechenden<br />
politischen Texten. Und doch<br />
galten die Partituren den politischen<br />
Autoritäten als zu experimentell und<br />
trugen wenig zur Reputation des Komponisten<br />
bei. E<strong>in</strong> langer und schwieriger<br />
Weg hatte für Dmitri Schostakowitsch<br />
se<strong>in</strong>en Anfang genommen.<br />
Im Blickpunkt<br />
Franz Schubert (1797-1828)<br />
Opernouvertüren:<br />
Der Teufel als Hydraulicus<br />
Der Spiegelritter<br />
Des Teufels Lustschloss<br />
Der vierjährige Posten<br />
Clad<strong>in</strong>e von Villa Bella<br />
Die Freunde von Salamanka<br />
Die Zwill<strong>in</strong>gsbrüder<br />
Alfonso und Estrella<br />
Die Verschworenen<br />
Fierabras<br />
Haydn S<strong>in</strong>fonietta Wien<br />
Manfred Huss<br />
BIS-CD-1862<br />
Obwohl sich Schuberts Lieder, se<strong>in</strong>e<br />
Symphonien und se<strong>in</strong>e Kammermusik<br />
auf CDs geradezu stapeln und <strong>in</strong> Konzerthäusern<br />
zum stehenden Repertoire<br />
gehören, s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e Bühnenmusiken so<br />
gut wie unbekannt geblieben. Dabei<br />
begann er schon im zarten Alter von<br />
13 Jahren für die Bühne zu schreiben,<br />
ermutigt von Antonio Salieri. Und mit<br />
dem S<strong>in</strong>gspiel „Die Zwill<strong>in</strong>gsbrüder“<br />
hatte er auch gleich e<strong>in</strong>en beachtlichen<br />
Erfolg. Später hatte er mit se<strong>in</strong>en Bühnenwerken<br />
allerd<strong>in</strong>gs weniger Glück; die<br />
meisten erlebten ihre Uraufführung erst<br />
lange nach dem Tod ihres Schöpfers und<br />
s<strong>in</strong>d bis heute Raritäten auf den Spielplänen<br />
geblieben. Das mag allerd<strong>in</strong>gs<br />
auch an den <strong>of</strong>t doch sehr zeitbezogenen<br />
Darstellungen der Sujets dieser Opern<br />
liegen, die sich nur schwer <strong>in</strong> die Erkenntniswelt<br />
unserer Tage übertragen lassen.<br />
Schubert mal<br />
anders<br />
Die Aufnahme durch die Haydn S<strong>in</strong>fonietta<br />
macht sehr schön deutlich, wie<br />
sehr sich Schuberts Tonsprache <strong>in</strong> den<br />
Ouvertüren zu se<strong>in</strong>en Opern von se<strong>in</strong>er<br />
bekannten und geliebten symphonischen<br />
Schreibweise unterscheidet.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Kammermusik<br />
Johann Christian Bach<br />
Carl Friedrich Abel<br />
Sonaten für Viola da Gamba<br />
Thomas Fritzsch, Viola da Gamba<br />
Shalev Ad-El, Pian<strong>of</strong>orte/Cembalo<br />
Coviello Classics COV 21205<br />
Sie waren e<strong>in</strong> glamouröses Künstlerduo<br />
im London des 18. Jahrhunderts:<br />
Carl Friedrich Abel und se<strong>in</strong> Freund und<br />
Geschäftspartner Johann Christian Bach,<br />
jüngster Sohn Johann Sebastians, sorgten<br />
über 20 Jahre lang für Aufsehen <strong>in</strong><br />
der schon damals verwöhnten Hauptstadt<br />
des British Empire. Bach und Abel<br />
veranstalteten Konzerte als selbständige<br />
Unternehmer und waren damit sehr<br />
erfolgreich: sie verkehrten <strong>in</strong> den besten<br />
Kreisen und setzten erhebliche Summen<br />
um; am Ende besaßen sie sogar e<strong>in</strong>en<br />
eigenen Konzertsaal. Um den regelmäßig<br />
zu bespielen, musste natürlich<br />
musikalische Top-Qualität geboten werden,<br />
und die konnten Bach und Abel<br />
zum Glück selbst produzieren: trotz<br />
ihres aufreibenden Konzertmanager-<br />
Lebens waren sie kompositorisch absolut<br />
auf der Höhe der Zeit. Abels Liebl<strong>in</strong>gs<strong>in</strong>strument<br />
war die Viola da gamba,<br />
die er virtuos wie ke<strong>in</strong> Zweiter beherrschte<br />
– für dieses Instrument haben<br />
beide zahlreiche Werke geschrieben.<br />
Welt-Erste<strong>in</strong>spielung<br />
verschollener<br />
Schätze<br />
Thomas Fritzsch, als Cello- und Gambenspezialist<br />
mit der Musikpraxis des<br />
18. Jahrhunderts bestens vertraut, und<br />
se<strong>in</strong> Klavierpartner Shalev Ad-El präsentieren<br />
e<strong>in</strong>en authentischen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong><br />
das Repertoire der damaligen Londoner<br />
Konzerte, zu dem auch die Erste<strong>in</strong>spielung<br />
zweier jahrhundertelang verschollener<br />
Bach-Sonaten gehört.<br />
Fagott & Klavier: Werke von Bozza,<br />
Bitsch, Boutry, Dubois, Françaix, Bernaud,<br />
Sa<strong>in</strong>t-Saëns & Tansman<br />
Rodion Tolmachev, Fagott<br />
Midori Kitagawa, Klavier<br />
MDG 603 1728-2<br />
Se<strong>in</strong> nasal-kantabler Ton, se<strong>in</strong> sonorer Klang und die<br />
<strong>of</strong>tmals koboldige Raff<strong>in</strong>esse machen das Fagott <strong>of</strong>fenbar<br />
zum Liebl<strong>in</strong>gs<strong>in</strong>strument der französischen Komponisten.<br />
Im 19. und 20. Jahrhundert entwickelt sich die Technik<br />
des Instruments rasant; zusätzliche Klappen erlauben e<strong>in</strong>e<br />
Vergrösserung des Tonumfangs und erleichterten das<br />
chromatische Spiel. Nie gehörte Ausdruckswelten eröffnen<br />
sich, und die Komponisten machen davon regen Gebrauch<br />
– nicht zuletzt deswegen gehören die hier von<br />
Rodion Tolmachev e<strong>in</strong>gespielten Werke heute <strong>in</strong> jedes<br />
Wettbewerbsprogramm.<br />
AUSGABE 2012/2 27<br />
Raff<strong>in</strong>esse<br />
Im Blickpunkt<br />
Aberwitzige Läufe, dazu packende Rhythmen prägen<br />
„Nocturne - Danse“ von Eugène Bozza; „Halluc<strong>in</strong>ations“<br />
von Ala<strong>in</strong> Bernaud deuten bereits im Titel die extremen<br />
Ausdrucksbereiche an, die uns erwarten und Pièrre-Max<br />
Dubois erlaubt uns mit se<strong>in</strong>er „Sonat<strong>in</strong>e-Tango“ e<strong>in</strong>en Ausflug<br />
<strong>in</strong>s Schwül-Dekadente. Jean Françaix´ „Pétit Divertissement<br />
Militaire“ paart <strong>in</strong>telligenten Spielwitz mit e<strong>in</strong>er gehörigen<br />
Prise Groteske, und die „Interférences“ von Roger<br />
Boutry fordern die gesamte Palette der <strong>in</strong>strumentalen<br />
Klappentechnik. Die Sonaten von Camille Sa<strong>in</strong>t-Saëns und<br />
Alexandre Tansman s<strong>in</strong>d heute Klassiker des Genres, und<br />
im berühmten Concert<strong>in</strong>o von Marcel Bitch f<strong>in</strong>den wir e<strong>in</strong>e<br />
wahre Perle französischer Kammermusik – zum Träumen.<br />
„Ritardando ist me<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Ausdrucksmöglichkeit“,<br />
klagte e<strong>in</strong>st e<strong>in</strong> berühmter Kollege. Dass es auch anders<br />
geht, beweist Rodion Tolmachev, der bereits mit 22 Jahren<br />
Sol<strong>of</strong>agottist am berühmten Mari<strong>in</strong>sky-Theater <strong>in</strong><br />
St. Petersburg wurde, auf se<strong>in</strong>er Debüt-CD. Expressive Tongebung<br />
und atemberaubende Virtuosität kennzeichnen se<strong>in</strong><br />
Spiel, dabei mit Geschmack und Raff<strong>in</strong>esse am Konzertflügel<br />
unterstützt von Midori Kitagawa.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Kammermusik<br />
Josef Merk (1795-1852)<br />
20 Etüden für Violoncello solo, op. 11<br />
(hrsg. von Mart<strong>in</strong> Rummel)<br />
Mart<strong>in</strong> Rummel, Violoncello<br />
Musicaphon M56887<br />
Der Wiener Cellist Merk ist e<strong>in</strong>er<br />
jener Musiker, die mit großen Ereignissen,<br />
Komponisten oder Werken der<br />
Musikgeschichte assoziiert s<strong>in</strong>d, ohne<br />
dass die Nachwelt davon Notiz genommen<br />
hätte. Nach se<strong>in</strong>er Ausbildung wurde<br />
Merk 1821 Pr<strong>of</strong>essor am Wiener Konservatorium;<br />
e<strong>in</strong>e Stelle, die er bis 1848<br />
<strong>in</strong>nehatte. 1836 wurde er „kaiserlicher<br />
Kammervirtuos“ und bereiste neben all<br />
diesen Tätigkeiten ganz Europa.<br />
Josef Merk war zu jener Zeit e<strong>in</strong><br />
Liebl<strong>in</strong>g des Publikums und sogar des<br />
scharfzüngigen Eduard Hanslick: „ […]<br />
fleißiger Concertgeber unermüdlich und<br />
stets von der Sympathie des Publikums<br />
getragen.“ 1829 widmete Frédéric Chop<strong>in</strong><br />
Josef Merk anlässlich se<strong>in</strong>es Wien-<br />
Besuchs se<strong>in</strong>e Introduction et Polonaise<br />
brillante op. 3. Die 20 Etüden op. 11<br />
stammen vermutlich aus den 1820er<br />
Jahren und s<strong>in</strong>d mit der Widmung „à son<br />
ami François Schubert“ überschrieben.<br />
Später um sechs Etüden (op. 20)<br />
erweitert, geriet das hier e<strong>in</strong>gespielte<br />
op. 11 außerhalb Wiens relativ rasch <strong>in</strong><br />
Vergessenheit, obwohl dar<strong>in</strong> die klassische<br />
Logik des Violoncellospiels nach<br />
Jean Louis Duport dokumentiert ist.<br />
Wiederentdeckter<br />
Standard<br />
Merk ist neben den Studienwerken<br />
als Komponist nur gelegentlich <strong>in</strong><br />
Ersche<strong>in</strong>ung getreten. Nach dem<br />
Ersche<strong>in</strong>en von Lichtgestalten wie David<br />
Popper und zahlreichen anderen Starcellisten<br />
des endenden 19. Jahrhunderts<br />
ist Josef Merk – zu Unrecht – zunehmend<br />
<strong>in</strong> Vergessenheit geraten. Besonders<br />
diese 20 Etüden verdienen e<strong>in</strong>en<br />
Standardplatz <strong>in</strong> der Ausbildung e<strong>in</strong>es<br />
jeden Cellisten.<br />
Jean Françaix (1912-1997)<br />
Musik für Holzbläser:<br />
Qu<strong>in</strong>tett Nr. 1 (1948)<br />
Qu<strong>in</strong>tett Nr. 2 (1987)<br />
Quartett (1933)<br />
Divertissement (1947)<br />
Bergen Woodw<strong>in</strong>d Qu<strong>in</strong>tet<br />
BIS-SACD-2008<br />
E<strong>in</strong>e Aufnahme zur Feier des 100. Geburtstags<br />
von Jean Françaix und zur<br />
Feier se<strong>in</strong>er Musik, von ihm stets<br />
geschrieben mit dem Vorsatz „Vergnügen<br />
zu bereiten“. Er war e<strong>in</strong> staunenswertes<br />
Talent, gepriesen von Ravel für<br />
se<strong>in</strong>e Musikalität und se<strong>in</strong>e Neugier,<br />
Nadia Boulanger überraschend mit se<strong>in</strong>er<br />
Kunstfertigkeit. Das erste wichtige<br />
Werk se<strong>in</strong>er Laufbahn war das Concert<strong>in</strong>o<br />
für Klavier, das er mit 20 Jahren<br />
komponierte, und dies wurde gleich e<strong>in</strong><br />
großer Erfolg. Se<strong>in</strong> erstes Kammermusikwerk<br />
schrieb er 1933, e<strong>in</strong> Jahr später,<br />
nämlich das Quartett für Holzbläser.<br />
Gute Unterhaltung!<br />
Von diesem Werk bis zum über 50<br />
Jahre später vollendeten Qu<strong>in</strong>tett Nr. 2<br />
zeigt sich immer wieder se<strong>in</strong> Witz, se<strong>in</strong>e<br />
Leichtigkeit und Transparenz der Tonsprache,<br />
das Rhythmusgefühl, die stets<br />
überschaubare, schlichte Harmonik und<br />
die Konversation zwischen den beteiligten<br />
Instrumenten. Es ist daher nicht<br />
erstaunlich, dass se<strong>in</strong>e Werke bis heute<br />
Liebl<strong>in</strong>ge nicht nur des Publikums, sondern<br />
auch der Musiker s<strong>in</strong>d.<br />
28 AUSGABE 2012/2<br />
Joseph Haydn<br />
Streichquartette Vol. 5<br />
Quartette op. 64 Nr. 3, 4 & 5<br />
Leipziger Streichquartett<br />
MDG 307 1723-2<br />
Mit der 5. Folge erreicht die Spurenlese<br />
des Leipziger Streichquartetts bei<br />
Haydn e<strong>in</strong>en weiteren Höhepunkt: Drei<br />
Quartette aus op. 64 stehen auf dem Programm,<br />
darunter das berühmte „Lerchen-<br />
Quartett“, das zu den populärsten Werken<br />
der Gattung zählt. Komponiert auf dem<br />
Höhepunkt se<strong>in</strong>er Meisterschaft, eröffnet<br />
Haydn mit diesen Stücken den Reigen<br />
der bedeutenden Spätwerke.<br />
Spaßmacher<br />
Nach 30 Jahren im Dienste des Fürsten<br />
Nikolaus von Esterházy war Haydn<br />
nach dessen Tod plötzlich unabhängig –<br />
er siedelte bei gesicherter Pension um<br />
nach Wien. In dieser überaus komfortablen<br />
Lage entstanden Werke e<strong>in</strong>es<br />
Meisters, der niemandem etwas zu beweisen<br />
hat. Und doch sorgt Haydn<br />
immer wieder für Überraschungen: Was<br />
sich im „Lerchen-Quartett“ e<strong>in</strong>deutig wie<br />
das Hauptthema anhört, entpuppt sich<br />
bald „nur“ als Begleitfigur des eigentlichen<br />
Themas. E<strong>in</strong> genialer Schachzug,<br />
der Nikolaus sicher gefallen hätte. Die<br />
gesangliche Führung dieses Themas <strong>in</strong><br />
der ersten Viol<strong>in</strong>e hat dem Werk den<br />
populären Be<strong>in</strong>amen e<strong>in</strong>getragen.<br />
Längst zählen die E<strong>in</strong>spielungen des<br />
Leipziger Streichquartetts zur Referenzklasse.<br />
Historisch <strong>in</strong>formiert, dazu mit<br />
der ganzen Bandbreite moderner Ausdrucksmöglichkeiten,<br />
gel<strong>in</strong>gt es dem<br />
Ensemble immer wieder neue Aspekte<br />
im allzu Bekannten zu entdecken.<br />
Alte Musik<br />
Im Blickpunkt<br />
London Call<strong>in</strong>g!<br />
Händel: Auszüge aus “Amadigi di<br />
Gaula”, “Hercules” und “Theodora”<br />
Corelli: Concerto grosso D-Dur op. 6,4<br />
Verac<strong>in</strong>i: Sonate A-Dur op. 2,9<br />
Gem<strong>in</strong>iani: Concerto grosso d-Moll<br />
(La Follia)<br />
Tuva Semm<strong>in</strong>gsen, Mezzosopran<br />
Barokksolistene, Bjarte Eike<br />
BIS-SACD-1997<br />
Um 1710 war London e<strong>in</strong> Tummelplatz<br />
für italienische (Opern-)Komponisten<br />
geworden und so auch e<strong>in</strong> ideales<br />
Umfeld für den jungen Georg Friedrich<br />
Händel, der gerade erst se<strong>in</strong>e Studienjahre<br />
<strong>in</strong> Italien h<strong>in</strong>ter sich gebracht<br />
hatte. Diese Aufnahme ist e<strong>in</strong> Porträt des<br />
Chamäleons Händel, wie er sich anpasst<br />
und wandelt vom frühen italienisch gestylten<br />
„Amadigi“, dann englische Reife<br />
erreicht <strong>in</strong> „Hercules“ und schließlich<br />
<strong>in</strong> „Theodora“, se<strong>in</strong>em letzten Oratorium,<br />
zeitbezogene Stilistik kaum noch bemerkbar<br />
anwendet. Die Vokalabschnitte<br />
werden vone<strong>in</strong>ander getrennt durch<br />
bekannte und geschätzte Werke se<strong>in</strong>er<br />
italienischen Zeitgenossen, dargeboten<br />
<strong>in</strong> höchst farbenreichen und dynamischen<br />
Interpretationen durch die norwegischen<br />
Barokksolistene.<br />
Besser geht’s nicht<br />
Star der E<strong>in</strong>spielung ist aber ohne<br />
jede Frage die Mezzosopranist<strong>in</strong> Tuva<br />
Semm<strong>in</strong>gsen, die e<strong>in</strong>e geradezu unglaubliche<br />
Fähigkeit zur Stimmfärbung<br />
besitzt. Neben souveräner Technik <strong>in</strong><br />
den teils äußerst diffizilen Koloraturen<br />
verblüfft sie mit Klangfarben, die vom<br />
schlanken Altus bis zum volum<strong>in</strong>ösen<br />
Opernsopran reichen.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Klavier<br />
Franz Liszt<br />
Les Années de Pelèr<strong>in</strong>age,<br />
Livres I et II<br />
Craig Sheppard, Klavier<br />
Roméo Records ROM7289<br />
Wieder e<strong>in</strong>e herausragende Interpretation<br />
großer Musik durch Sheppard,<br />
der sich mit se<strong>in</strong>er pianistischen Leidenschaft,<br />
se<strong>in</strong>er technischen Brillanz, se<strong>in</strong>er<br />
Ehrfurcht vor dem Werk und der<br />
daraus resultierenden <strong>in</strong>terpretatorischen<br />
Sorgfalt weltweit e<strong>in</strong>en Namen<br />
gemacht hat. Sheppards Interpretation<br />
ist alles andere als Selbstdarstellung;<br />
stets sieht er sich als Diener, als Vermittler<br />
des Komponisten.<br />
Im Dienst des<br />
Werkes<br />
Der 1947 <strong>in</strong> Philadelphia geborene<br />
Künstler, Preisträger renommierter<br />
Wettbewerbe, debütierte 1972 <strong>in</strong> New<br />
York. Er konzertierte mit Serk<strong>in</strong> und<br />
Casals; 1973 übersiedelte er für 20<br />
Jahre nach London. In England unterrichtete<br />
er an verschiedenen Konservatorien<br />
und Universitäten. 1993 kehrte er<br />
<strong>in</strong> die USA zurück und widmet sich seitdem<br />
vor allem se<strong>in</strong>en Konzerten und<br />
CD-Aufnahmen, darunter e<strong>in</strong>e hoch<br />
gelobte Aufnahme sämtlicher Klaviersonaten<br />
Beethovens.<br />
S<strong>in</strong>fonie<br />
AUSGABE 2012/2 29<br />
Im Blickpunkt<br />
Robert Schumann<br />
S<strong>in</strong>fonie Nr. 2 C-Dur op. 61<br />
S<strong>in</strong>fonie Nr. 4 d-Moll op. 120<br />
Orchestre de Chambre de Lausanne<br />
Christian Zacharias, Leitung<br />
MDG 940 1745-6 (Hybrid-SACD)<br />
Es muss e<strong>in</strong>e Befreiung gewesen se<strong>in</strong>, denn zu lange<br />
dauerte die symphonische Schockstarre nach Beethovens<br />
Tod. Hier die Antwort, wenngleich mit e<strong>in</strong>iger Verspätung:<br />
Robert Schumann komponierte jahrelang Lieder und<br />
Klavierwerke, bis er sich 1841 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wahren Schaffensrausch<br />
<strong>in</strong>nerhalb kürzester Zeit der Gattung S<strong>in</strong>fonie<br />
stellte. Und er wies neue Wege und ließ Publikum wie<br />
Kritik auf e<strong>in</strong> goldenes s<strong>in</strong>fonisches Zeitalter h<strong>of</strong>fen.<br />
„Wer wollte noch an Schumanns Genius zweifeln?“<br />
Bereits die Zeitgenossen erkannten, dass zu der romantischen,<br />
bisweilen überschäumenden Erf<strong>in</strong>dungsgabe des<br />
jungen Komponisten nun e<strong>in</strong>e klassisch geschulte Meisterschaft<br />
der Komposition h<strong>in</strong>zutrat, die den fantastischen<br />
E<strong>in</strong>fällen überzeugende Form und orchestralen Klang zu<br />
geben vermochte.<br />
Geniestreich<br />
Christian Zacharias hat bereits mit se<strong>in</strong>er herausragenden<br />
Interpretation der Klavierkonzerte von Robert<br />
Schumann vehement neue Türen aufgestoßen. In der<br />
schlanken Besetzung und der dramatischen Frische<br />
„se<strong>in</strong>es“ Orchestre de Chambre de Lausanne wird die<br />
Verwandtschaft des Symphonikers Schumann mit den<br />
Klassikern besonders e<strong>in</strong>drucksvoll erlebbar. Unterstützt<br />
durch den E<strong>in</strong>satz von Natur- und Ventilhörnern vere<strong>in</strong>t<br />
sich klassische Transparenz mit romantischer S<strong>in</strong>nlichkeit<br />
– e<strong>in</strong> im Raum füllenden 2+2+2-Record<strong>in</strong>g präsentiertes<br />
audiophiles Ereignis der Extraklasse!<br />
Das Label ACOUSENCE classics präsentiert <strong>in</strong>zwischen<br />
e<strong>in</strong>e ganze Reihe bemerkenswerter<br />
E<strong>in</strong>spielungen mit den Duisburger Philharmonikern<br />
unter Jonathan Darl<strong>in</strong>gton.<br />
NEU mit Anna Malikova, Klavier:<br />
E<strong>in</strong> traumhaft schönes musikalisches Kle<strong>in</strong>od!<br />
Anna Malikova<br />
Duisburger Philharmoniker<br />
Jonathan Darl<strong>in</strong>gton<br />
Die verkörpert<br />
dabei <strong>in</strong> besonderer Art und Weise<br />
den Grundgedanken der Label-Philosophie von<br />
ACOUSENCE. Diese Musikaufnahmen überzeugen<br />
neben der musikalischen Güte und der<br />
audiophilen Klangqualität vor allem durch die<br />
emotionale Kraft und Intensität der Darbietung.<br />
Die Spontaneität und die Natürlichkeit e<strong>in</strong>er<br />
Live-Aufführung lassen Sie Ihr persönliches<br />
„Konzerterlebnis“ erfahren.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Auswahl:<br />
Johannes Brahms<br />
Konzert für Klavier<br />
undOrchesterNr.2<br />
Symphonie Nr. 5<br />
JONATHAN<br />
DARLINGTON<br />
Duisburger<br />
Philharmoniker<br />
DEBUSSY La Mer<br />
STRAVINSKY Le Sacre<br />
du Pr<strong>in</strong>temps<br />
SUSANNA YOKO<br />
HENKEL<br />
DUISBURGER PHILHARMONIKER<br />
JONATHAN DARLINGTON<br />
TSCHAIKOWSKY<br />
KONZERT FÜR VIOLINE<br />
UND ORCHESTER<br />
VAUGHAN WILLIAMS<br />
FANTASIE ÜBER EIN THEMA<br />
VONTHOMASTALLIS<br />
ACO-CD 21912<br />
ACO-CD 21811<br />
ACO-CD 21710<br />
ACO-CD 21510<br />
Auch erhältlich <strong>in</strong> hochauflösenden Formaten auf<br />
Tonträger (DVD+FLAC192) und per Download.<br />
www.acousence.de
QUARTETTE!<br />
Die junge Weltklasse<br />
Art.Nr. 98.645<br />
Mendelssohn<br />
Streichquartette op. 12 & 13<br />
M<strong>in</strong>etti Quartett<br />
Art.Nr. 98.644<br />
Schostakowitsch<br />
Streichquartette Nr. 3, 4 & 7<br />
Meta 4<br />
NEU<br />
25 Jahre Leidenschaft für<br />
Klassik! Wir gratulieren<br />
unserem Partner Naxos<br />
und freuen uns auf<br />
weitere erfolgreiche<br />
Zusammenarbeit!<br />
Vertrieb Deutschland:<br />
NAXOS DEUTSCHLAND GmbH<br />
www.naxos.de<br />
<strong>in</strong>fo@naxos.de<br />
hänssler<strong>CLASS</strong>IC<br />
im SCM-Verlag GmbH & Co. KG<br />
www.haenssler-classic.de<br />
classic@haenssler.de<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Oper<br />
Francesco Cavalli (1602-1676)<br />
Il Giasone<br />
Dumaux, Bradic, Johannsen, Wagner, Adami<br />
d’Or, Noldus, Ashw<strong>in</strong>, Pons<br />
Symfonisch Orkest van de Vlaamse Opera<br />
Federico Maria Sardelli<br />
Regie: Mariame Clément<br />
Dynamic CDS33663<br />
Erstveröffentlichung auf DVD<br />
Auch auf CD und Blu-ray erhältlich<br />
Cavalli, im Hauptberuf zweiter, später erster Organist,<br />
schließlich Maestro di cappella an San Marco <strong>in</strong> Venedig,<br />
war der erfolgreichste Opernkomponist Mitte des 17. Jahrhunderts.<br />
In der Nachfolge Monteverdis erlebte das noch<br />
junge Genre „Oper“ se<strong>in</strong>en ersten großen Boom und verbreitete<br />
sich sehr schnell über ganz Europa. Dies ganz<br />
e<strong>in</strong>fach deshalb, weil die europäische Upper Class sich<br />
<strong>of</strong>t genug <strong>in</strong> Venedig zum Karneval traf – und dort die<br />
Oper kennenlernte. Der dreiaktige „Giasone“ (Libretto<br />
frei nach der antiken Geschichte von Jason und dem<br />
goldenen Vlies von Giac<strong>in</strong>to Andrea Cicogn<strong>in</strong>i) zeigt sehr<br />
schön Cavallis S<strong>in</strong>n fürs Drama, musikalische Leichtigkeit<br />
wie auch e<strong>in</strong>en grotesken Humor, der für die italienische<br />
Barockoper ohneh<strong>in</strong> typisch ist. Cavalli gelang es, aus der<br />
Oper e<strong>in</strong>e populäre Unterhaltung zu machen; dies <strong>of</strong>t <strong>in</strong><br />
Zusammenarbeit mit se<strong>in</strong>em Librettisten Giovanni Fausti.<br />
Platz 1 der Charts<br />
Und se<strong>in</strong> „Giasone“ (dessen Libretto allerd<strong>in</strong>gs von<br />
Giac<strong>in</strong>to Andrea Cicogn<strong>in</strong>i stammt) wurde sogar zu e<strong>in</strong>er<br />
der erfolgreichsten Opern des 17. Jahrhunderts überhaupt.<br />
Diese Neuproduktion wurde e<strong>in</strong>gerichtet vom<br />
<strong>in</strong>ternational renommierten Barockspezialisten Federico<br />
Maria Sardelli.<br />
30 AUSGABE 2012/2<br />
Arien Rezital<br />
Im Blickpunkt<br />
„Vivaldi ma non solo“<br />
Antonio Vivaldi: Stabat Mater und Arien<br />
aus Orlando Furiosound Farnace<br />
sowie Arien von Händel und Bertoni<br />
Marita Paparizou, Mezzosopran<br />
I Solisti Veneti; Claudio Scimone, Ltg.<br />
MDG 609 1744-2<br />
Liebe, Rache, Trauer, Zorn – schon immer<br />
s<strong>in</strong>d es die großen Gefühle, die auf der<br />
Bühne das Publikum begeistern. Marita<br />
Paparizou, die griechische Mezzosopranist<strong>in</strong><br />
mit wunderbar ausgeprägtem Talent<br />
zur Koloratur, überzeugt <strong>in</strong> großen Rollen<br />
auf den Bühnen weltweit. Mit den I Solisti<br />
Veneti stehen ihr für ihr Arienalbum ausgewiesene<br />
Experten der Barockoper zur Seite.<br />
Pyrotechnik und<br />
Passion<br />
Besonders opulent geht es <strong>in</strong> der<br />
Barockzeit zu, extrovertierte Koloraturen<br />
treffen auf <strong>in</strong>tim besungenen Schmerz,<br />
zwischen Kirche und Oper machten die<br />
Komponisten ohneh<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>en Unterschied:<br />
beides ist große Leidenschaft.<br />
Antonio Vivaldis „Stabat Mater“ ist e<strong>in</strong>e<br />
schmerzerfüllte Trauerarie, was für e<strong>in</strong><br />
Kontrast die temperamentvolle Sturmszene<br />
<strong>in</strong> „Sorge l’irato nembo“ aus<br />
„Orlando Furioso“. Noch heute fasz<strong>in</strong>iert<br />
es ungeme<strong>in</strong>, wie Händel se<strong>in</strong>e<br />
Medea <strong>in</strong> „Moriró, ma vendicata“ vom<br />
herzzerreißenden Todesschmerz zur<br />
ungebändigten Rachelust führt.<br />
Ferd<strong>in</strong>ando Bertoni war lange Zeit<br />
allenfalls der Musikwissenschaft e<strong>in</strong><br />
Begriff – dabei hat der Venezianer nicht<br />
weniger als 70 Opern komponiert. Er war<br />
so populär, dass sogar Aufführungen se<strong>in</strong>er<br />
Werke durch Haydn überliefert s<strong>in</strong>d<br />
und se<strong>in</strong>e Arie „Addio miei sospiri“ sogar<br />
<strong>in</strong> Glucks Opern unverzichtbar war. „Lebe<br />
wohl, me<strong>in</strong> Seufzen“ – auch er umkleidet<br />
diese starken Worte mit halsbrecherischen<br />
Koloraturen, die buchstäblich das<br />
staunende Publikum <strong>in</strong> Atemnot br<strong>in</strong>gt<br />
und lässt im selben Moment das Blut,<br />
eben noch wild <strong>in</strong> Wallung, <strong>in</strong> den Adern<br />
gefrieren… Marita Paparizous neues<br />
Album zeigt die ganze Bandbreite existenzieller<br />
Emotionen – und fasz<strong>in</strong>iert.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Lied<br />
E<strong>in</strong> Sommertag<br />
32 schwedische romantische Lieder<br />
von<br />
Erik Gustaf Geijer, Franz Berwald,<br />
Adolf Fredrik L<strong>in</strong>dblad und<br />
August Söderman<br />
Anne S<strong>of</strong>ie von Otter, Mezzosopran<br />
Bengt Forsberg, Klavier<br />
BIS-SACD-1867<br />
Über e<strong>in</strong> Jahrhundert spannt sich der<br />
Bogen dieser Liedauswahl, vom 1783<br />
geborenen Erik Gustaf Geijer bis zum<br />
1878 gestorbenen Adolf Fredrik L<strong>in</strong>dblad,<br />
der auch „schwedischer Schubert“<br />
genannt wurde. In dieser Zeit wurde der<br />
Boden bereitet für die großen schwedischen<br />
Liedkomponisten der nächsten<br />
Generation wie Stenhammar, Peterson-<br />
Berger und Rangström. Die 32 Lieder,<br />
die von Otter und ihr langjähriger Klavierpartner<br />
Forsberg hier ausgesucht<br />
haben, bieten e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drückliches und<br />
umfangreiches Bild der Anfänge des<br />
romantischen schwedischen Liedes.<br />
Diese Lieder entstanden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong><br />
der das häusliche gesellige Musizieren<br />
e<strong>in</strong> Grundpfeiler des schwedischen<br />
Musiklebens war.<br />
Häusliches Idyll<br />
Für die Klientel des Bildungsbürgertums,<br />
für deren Musikbedarf s<strong>in</strong>d<br />
denn auch viele der Lieder <strong>in</strong>sbesondere<br />
Geijers und L<strong>in</strong>dblads ganz gezielt<br />
komponiert worden. Mit ihrer unnachahmlichen<br />
Gabe der Charakterisierung<br />
br<strong>in</strong>gt Anne S<strong>of</strong>ie von Otter diese lange<br />
Zeit vergessenen M<strong>in</strong>iaturen zu reizvollem<br />
Leben.<br />
Ludwig van Beethoven (1770-1827)<br />
Klar<strong>in</strong>ettentrios:<br />
Trio B-Dur op. 11<br />
Trio Es-Dur op. 38<br />
Trio Ecco(!):<br />
Karl Leister, Klar<strong>in</strong>ette<br />
Matthias Moosdorf, Cello<br />
Olga Gollej, Klavier<br />
Musicaphon M56940<br />
AUSGABE 2012/2 31<br />
Im Blickpunkt<br />
Nach Vorstellung der Werke von „Beethovens vergessenen<br />
Zeigenossen“ Eberl, Ries und Kreutzer (Musicaphon<br />
M56927) widmet sich das Trio Ecco(!) nun also den<br />
Stücken des Meisters selbst. Die musikalische Verb<strong>in</strong>dung<br />
von je e<strong>in</strong>em Tasten-, Blas- und Streich<strong>in</strong>strument war<br />
ganz <strong>of</strong>fensichtlich seit der Veröffentlichung von Mozarts<br />
Kegelstatt-Trio e<strong>in</strong>e Aufgabe, welcher sich die Komponisten<br />
<strong>in</strong> der Folgezeit immer wieder stellen wollten. Hatte<br />
Mozart die Begegnung mit dem Klar<strong>in</strong>ettisten Anton<br />
Stadler <strong>in</strong>spiriert, sich der Klar<strong>in</strong>ette <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Werken<br />
zu widmen, war es bei Beethoven wohl auch e<strong>in</strong>e<br />
Musiker-Begegnung. Joseph Beer, Klar<strong>in</strong>ettist der Fürstlich<br />
Liechtenste<strong>in</strong>schen H<strong>of</strong>kapelle, gilt als die Person, der<br />
wir se<strong>in</strong> Interesse verdanken. Se<strong>in</strong> erstes Trio für diese<br />
Besetzung, op. 11, hat er später aus praktischen – heute<br />
würde man sie kommerziell nennen – Gründen auch noch<br />
für herkömmliches Klaviertrio bearbeitet. Die Viol<strong>in</strong>e<br />
tritt dann an die Stelle der Klar<strong>in</strong>ette. Anders herum ist<br />
die Bearbeitung op. 38 für Klar<strong>in</strong>etten-Trio auf se<strong>in</strong><br />
gemischtes Septett op. 20 zurückzuführen. Beide Werke<br />
s<strong>in</strong>d Zeugnisse wahrer Meisterschaft. Man weiß nicht, was<br />
man mehr bewundern soll: die genialen melodischen<br />
E<strong>in</strong>fälle oder ihre Verarbeitung.<br />
Fulm<strong>in</strong>anter Abschied<br />
Die Aufnahme ist auch von besonderem Interesse,<br />
als dies die letzte E<strong>in</strong>spielung von Karl Leister ist, dem<br />
jahrzentelang gefeierten Soloklar<strong>in</strong>ettisten der Berl<strong>in</strong>er<br />
Philharmoniker. Leister wird zwar weiter konzertieren,<br />
aber ke<strong>in</strong>e Tonträgeraufnahmen mehr machen.<br />
ambitusbarock<br />
Gottfried He<strong>in</strong>rich Stölzel<br />
Sonaten für zwei Viol<strong>in</strong>en und B.c.<br />
NeoBarock, amb 96 949<br />
il violoncello cantabile e virtuoso<br />
Sonaten für Violoncello und B.c.<br />
Alborea, Gabrielli, Vivaldi, Gem<strong>in</strong>iani<br />
Ricercare von Gabrielli und Platti<br />
Juris Teichmanis, amb 96 938<br />
G. Ph. Telemann<br />
Neuentdeckte Geistliche Arien<br />
Tanya Aspelmeier, Sopran<br />
Ensemble Schirokko, amb 96 947<br />
...so dient das Clar<strong>in</strong>et auf angenehme<br />
weiss...<br />
Viviani, Händel, Telemann, Corette<br />
C. Leitherer, Clar<strong>in</strong>ette / Chalumeau<br />
amb 96 872<br />
www.ambitus.de<br />
Vertrieb:<br />
KLASSIK CENTER KASSEL
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Orgel<br />
Jan Pieterszoon Sweel<strong>in</strong>ck (1562-1621)<br />
Orgelwerke Vol. 1; Fantasia à 4 (a1/b-a-c-h)<br />
Erbarm dich me<strong>in</strong> o Herre Gott; Toccatas<br />
Allemanda etc. + Registervorführungen<br />
Harald Vogel, Schwalbennestorgel St. Marien<br />
MDG 914 1690-6 (Hybrid-SACD)<br />
Johann Sebastian Bach<br />
Frühe Orgelwerke<br />
Harald Vogel<br />
Arp-Schnitger-Orgel, Cappel<br />
MDG 914 1743-6 (Hybrid-SACD)<br />
Alte Meister <strong>in</strong> authentischer Wiedergabe<br />
MDG veröffentlich e<strong>in</strong>e Serie erstrangiger Orgeldokumente auf SACD<br />
Der Niederländer Jan Pieterszoon Sweel<strong>in</strong>ck hat wie ke<strong>in</strong> anderer<br />
Musiker den nordeuropäischen Orgelstil des 17. Jahrhunderts<br />
geprägt. Se<strong>in</strong>e besondere Klangwelt ist jetzt wieder erlebbar: In<br />
der Marienkirche <strong>in</strong> Lemgo hat e<strong>in</strong>e 400-jährige Schwalbennest-<br />
Orgel aus der Renaissance-Zeit überlebt, deren wenige fehlende Pfeifen<br />
exakt nach den historischen Vorlagen rekonstruiert wurden. Harald Vogel<br />
präsentiert dieses e<strong>in</strong>zigartige Instrument mit e<strong>in</strong>er farbigen Folge von<br />
Sweel<strong>in</strong>ck-Werken, die zum Teil erstmals e<strong>in</strong>gespielt wurden.<br />
Das Booklet verzeichnet akribisch die jeweilige Registrierung. Vor allem<br />
aber überrascht die akustisch hervorragende Mehrkanal-Produktion mit<br />
e<strong>in</strong>er kurzweiligen Orgelführung als Bonus. Harald Vogel stellt die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Register und deren Zusammenklang <strong>in</strong> kurzen Improvisationen vor.<br />
Auch die Pieterskerk im niederländischen Leiden beherbergt e<strong>in</strong>e<br />
Kostbarkeit von europäischem Rang: Die van Hagerbeer-Orgel gehört zu<br />
den ältesten Instrumenten überhaupt, und aus ihrer Entstehungszeit <strong>in</strong> der<br />
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts s<strong>in</strong>d tatsächlich die meisten Pfeifen orig<strong>in</strong>al<br />
erhalten. Aufs Liebevollste restauriert, lässt sie unter den Händen<br />
und Füßen von Leo van Doeselaar die Orgelwerke He<strong>in</strong>rich Scheidemanns<br />
im prachtvollen Glanz der Renaissance erstrahlen.<br />
Bei Sweel<strong>in</strong>ck ausgebildet, war Scheidemann Zeit se<strong>in</strong>es Lebens Organist<br />
an der Kathar<strong>in</strong>enkirche <strong>in</strong> Hamburg. Mit der Choralfantasie erf<strong>in</strong>det<br />
Scheidemann e<strong>in</strong>e völlig neue Gattung. Hier kann sich die klangliche Pracht<br />
der Orgel ebenso voll entfalten wie der überquellende Erf<strong>in</strong>dungsreichtum<br />
des Komponisten. Werke von nie gehörter Farbigkeit entstehen, die neben<br />
so <strong>in</strong>timen Stücken wie der Bearbeitung von Dowlands berühmten „Flow my<br />
Tears“ e<strong>in</strong> großartiges Panorama der Orgelmusik Scheidemanns ausbreiten.<br />
Leo van Doeselaar, Titularius an der Pieterskerk, führt auf e<strong>in</strong>em angefügten<br />
Bonustrack se<strong>in</strong>e Zuhörer – mit hörbarem Stolz – kenntnisreich durch<br />
das historische Instrument und lässt die e<strong>in</strong>zigartigen Registerfarben dieser<br />
Orgel erlebbar werden. Und wer die Möglichkeit hat, diese SACD im 2+2+2-<br />
Record<strong>in</strong>g wiederzugeben, wird fasz<strong>in</strong>iert se<strong>in</strong> von der präzisen Ortung und<br />
Höhenstaffelung der Registerfarben im dreidimensional erfahrbaren Raum.<br />
Helmut Walchas legendäre Bachaufnahme aus den 50er Jahren für die<br />
Archiv-Produktion machte die Cappeler Orgel weltberühmt. Die Aufnahmeleitung<br />
hatte Erich Thienhaus, der das Studium des musikalisch und technisch<br />
versierten Tonmeisters <strong>in</strong> Detmold begründete. Nach langer aufnahmetechnischer<br />
Enthaltsamkeit – der E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er Heizung führte zu tech-<br />
32 AUSGABE 2012/2<br />
He<strong>in</strong>rich Scheidemann<br />
Orgelwerke<br />
Leo van Doeselaar<br />
van Hagerbeer-Orgel<br />
Pieterskerk, Leiden (NL)<br />
MDG 906 1746-6 (Hybrid-SACD)<br />
Im Blickpunkt<br />
Alte Meister: Orgelwerke von<br />
Bach, Buxtehude, Kerll, Muffat, Pachelbel<br />
Strungk und Walther (bearb. v. Karl Straube)<br />
Andreas Siel<strong>in</strong>g<br />
Sauer-Orgel Berl<strong>in</strong>er Dom<br />
MDG 946 1740-6 (Hybrid-SACD)<br />
nischen Problemen – ist die berühmte Schnitger-Orgel heute im Bestzustand.<br />
Harald Vogel und das MDG-Team nutzen die Chance, das Instrument nun <strong>in</strong><br />
modernster, fe<strong>in</strong>st austarierter 2+2+2 Aufnahmetechnik auf e<strong>in</strong>er Super<br />
Audio CD mit den frühen Bachwerken zu präsentieren. E<strong>in</strong> Höhepunkt: das<br />
wohl berühmteste Orgelwerk aller Zeiten, die d-Moll- Toccata.<br />
Bachs frühe Orgelwerke s<strong>in</strong>d genial. Der E<strong>in</strong>fluss durch Vorbilder ist <strong>in</strong><br />
vielen Stücken zu ahnen. Besonders Georg Böhm, bei dem Bach als 15jähriger<br />
für zwei Jahre <strong>in</strong> die Lehre g<strong>in</strong>g, hat se<strong>in</strong>e Spuren h<strong>in</strong>terlassen, und Anklänge an<br />
Pachelbel, Buxtehude und Butstett belegen, wie aufmerksam der Studiosus die<br />
Traditionen und Entwicklungen se<strong>in</strong>er Zeit verfolgte, aufsog und für sich umsetzte.<br />
Kaum zu glauben: Die „Fantasia ex Gb duobis subjectis“, sozusagen das „Gesellenstück“<br />
zum Abschluss der Lehrzeit bei Böhm, ist hier erstmals auf CD zu hören!<br />
Und was ist das? Voll und warm tönt das Mezz<strong>of</strong>orte, e<strong>in</strong> sanftes Crescendo,<br />
nur wenig anschwellend, bevor sich der Klang <strong>in</strong> e<strong>in</strong> säuselndes Pianissimo<br />
zurückzieht. Changierende Farben entwickeln sich vollkommen bruchlos, und<br />
<strong>in</strong> schier endlosem Spannungsbogen schw<strong>in</strong>gt sich die König<strong>in</strong> der Instrumente<br />
zum prachtvollen Fortissimo <strong>in</strong> - Georg Muffats Passacaglia: Andreas Siel<strong>in</strong>g<br />
präsentiert die Sammlung „Alte Meister“ <strong>in</strong> der romantischen Ausgabe von<br />
Karl Straube an der historischen Sauer-Orgel im Berl<strong>in</strong>er Dom.<br />
E<strong>in</strong>e Sensation: Im Jahre 1904 veröffentlicht Karl Straube – gerade zum<br />
Thomaskantor berufen - se<strong>in</strong>e Notenausgabe mit Musik von Bach, Walther,<br />
Pachelbel, Buxtehude und anderen, sämtlich veralteten Komponisten, die man<br />
allenfalls noch aus dem Theorieunterricht kannte. Sie waren jetzt den modernen<br />
Möglichkeiten der Orgel gemäß so e<strong>in</strong>gerichtet, dass sie absolut den Zeitgeschmack<br />
treffen mussten. Detaillierte Spiel- und Registeranweisungen,<br />
selbstverständlich der E<strong>in</strong>satz der „Walze“, die durch stetiges H<strong>in</strong>zufügen<br />
neuer Register gewaltige Crescendowirkungen ermöglicht, neuartige Registerfarben<br />
und raff<strong>in</strong>ierte Tempowechsel sorgen für e<strong>in</strong>e bis dah<strong>in</strong> ungeahnte<br />
und unerhört spannungsvolle orchestrale Wirkung der barocken Meister.<br />
Mit über hundert Register, verteilt auf 4 Manuale plus Rückpositiv und Pedal<br />
bietet das Instrument e<strong>in</strong>en schier unendlichen Klangreichtum. Als die Orgel<br />
1905 von der berühmten Werkstatt Wilhelm Sauer aufgestellt wurde, war es die<br />
größte Orgel <strong>in</strong> Deutschland. Glücklicherweise ist sie bis heute <strong>in</strong> der ursprünglichen<br />
Gestalt erhalten, so dass diese im raumfüllenden 2+2+2 Mehrkanalklang<br />
produzierte Aufnahme e<strong>in</strong>en authentischen Blick <strong>in</strong> die Interpretationsgeschichte<br />
barocker Orgelmusik zu Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhunderts ermöglicht.<br />
F. Wilhelm