CLASSaktuell - CLASS - Association of Classical Independents in ...
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<strong>CLASS</strong><br />
AKTUELL<br />
2009/1<br />
Noch Fragen?<br />
Beethoven und Mendelssohn<br />
mit dem Beethoven Quartett<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />
Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and<br />
von Preußen<br />
Der Abschluss e<strong>in</strong>er Erfolgsserie<br />
Musik aus der Heide<br />
Mittelalterliches aus den<br />
Klöstern der Lüneburger Heide<br />
So jung im Herzen …<br />
Sir Roger Norr<strong>in</strong>gton feiert<br />
se<strong>in</strong>en 75. Geburtstag<br />
Historische Orgel<br />
<strong>in</strong> neuer Schönheit<br />
Ullrich Böhme spielt Sauer-Orgel<br />
der Leipziger Thomaskirche<br />
Happy Birthday, Chandos<br />
Das britische Erfolgslabel<br />
wird 30 Jahre alt<br />
Joseph Haydn<br />
Baumeister e<strong>in</strong>er Epoche<br />
Interview mit<br />
FRIEDRICH KLEINHAPL
appassionato<br />
“musical emotion, exquisite <strong>in</strong>terpretation,<br />
an <strong>in</strong>genious<br />
record<strong>in</strong>g idea...“<br />
MDG 906 1547-6 (Hybrid-SACD)<br />
Alle 16 Titel s<strong>in</strong>d für<br />
begrenzte Zeit<br />
zum Sonderpreis<br />
im Fachhandel erhältlich!<br />
DG<br />
<strong>CLASS</strong>ICAL REFERENCES<br />
...16 klassische audiophile Hörbeispiele<br />
Leidenschaftlich!<br />
Pasticcio, Intermezzo, Furioso,<br />
New Dimension, Inspirations –<br />
die audiophilen Klangsammlungen<br />
von MDG haben absoluten<br />
Sammlerwert unter den<br />
Audiophilen und genießen<br />
Referenzcharakter bei den<br />
klassischen Sound<strong>in</strong>genieuren.<br />
Nun steht appassionato bereit,<br />
um mit fe<strong>in</strong>sten, natürlich aufgenommenen<br />
Klangbeispielen<br />
jede Audio-Kette musikalisch<br />
auf den Prüfstand zu schicken<br />
oder e<strong>in</strong>fach musikalisch zu<br />
erfreuen.<br />
Überwältigend!<br />
„Die Botschaft ist klar:<br />
Dabr<strong>in</strong>ghaus und Grimm steht<br />
für exquisite Interpretation und<br />
geniales Klangkonzept. Seit<br />
1978 entdecken die Tonmeister<br />
und Produzenten Werner<br />
Dabr<strong>in</strong>ghaus und Reimund<br />
Grimm klassisches Repertoire<br />
vom Allerfe<strong>in</strong>sten. Die Tonmeister<br />
von MDG haben <strong>in</strong><br />
ihrer langen und erfolgreichen<br />
Zeit klanglich Überwältigendes<br />
e<strong>in</strong>gespielt. E<strong>in</strong>ige der Perlen<br />
haben sie nun zusammengefasst…“<br />
(Stereoplay)<br />
Philosophisch!<br />
„Die Produktionsphilosophie<br />
dieser kle<strong>in</strong>en, aber fe<strong>in</strong>en<br />
Firma ist kurz umrissen: so<br />
wenig Gerät wie möglich für<br />
soviel natürlichen Klang wie<br />
möglich. ‚Verschlimmbesserer’<br />
wie Filter, Nachhallgerät,<br />
Regelverstärker u.a. s<strong>in</strong>d tabu,<br />
aufgenommen wird mit sowenig<br />
Mikr<strong>of</strong>onen wie möglich <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em jeweils geeigneten<br />
Raum.“ (Tonmeister<strong>in</strong>formation)<br />
Musikproduktion<br />
Dabr<strong>in</strong>ghaus und Grimm<br />
Tel. 05231-93890<br />
Vertrieb: Codaex Deutschland GmbH<br />
Tel. 089-82000233 - Fax 089-82000093<br />
Gramola Wien: klassik@gramola.at<br />
MusiKontakt Zürich: <strong>in</strong>fo@musikontakt.ch
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Associat ion <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />
Im Vorwort e<strong>in</strong>es Klassikmagaz<strong>in</strong>s rechnet der Leser mit Namen wie Karajan und Callas,<br />
Pagan<strong>in</strong>i und Pavarotti, Villazón und Villa-Lobos. Ich möchte zur Abwechslung mal e<strong>in</strong>en<br />
ganz anderen Namen <strong>in</strong>s Spiel br<strong>in</strong>gen: Freddy Breck. Der hat so Schnulzen gesungen<br />
wie „Bianca“ und „Rote Rosen“ – und ich sehe schon, wie sich Leser und Leser<strong>in</strong> mit<br />
Grausen abwenden. Selbst wenn ich h<strong>in</strong>zufüge, dass viele von Freddy Brecks Schlagererfolgen<br />
auf klassischen Melodien beruhen, will das Naserümpfen auf des Lesers<br />
Riechorgan nicht weichen. Freddy Breck und die Klassik: Das ist wie Bierbrauwasser,<br />
beworben mit Edvard Griegs „Morgenstimmung“. In jeder H<strong>in</strong>sicht geschmacklos.<br />
Micky Maus und Kaffeelikör<br />
Nun muss ich Sie aber bitten zu bedenken: Nicht jeder Mensch genießt das Glück, e<strong>in</strong>en<br />
Konzertmeister zum Vater zu haben. Nicht jedes K<strong>in</strong>dergartenk<strong>in</strong>d wird vom Babyschnuller<br />
direkt an die Blockflöte umgewöhnt. Nicht jeder Teenie wird am Wochenende von e<strong>in</strong>er<br />
bildungsbeflissenen Erbtante <strong>in</strong>s S<strong>in</strong>foniekonzert verschleppt. Mit anderen Worten: Es gibt<br />
Menschen, für deren musikalische Erleuchtung erst e<strong>in</strong> Freddy Breck daherkommen<br />
musste – so wie e<strong>in</strong>st Johannes der Täufer den Messias ankündigte. Warum sonst sollte<br />
jemand auf die Idee verfallen, e<strong>in</strong> Stück mit dem todlangweiligen Titel „Capriccio Italien“<br />
auszuchecken, wenn nicht, um dar<strong>in</strong> die „Bianca“-Melodie zu suchen?<br />
Überhaupt Tschaikowsky: Kann e<strong>in</strong>em jungen Menschen irgendetwas spießiger, uncooler,<br />
prätentiöser ersche<strong>in</strong>en als Tschaikowsky? Nie hätte ich als Rockmusik-begeisterter<br />
Teenager den Spaß an Tschaikowsky entdeckt ohne Dieter Hildebrandts Kabarettsendung<br />
„Notizen aus der Prov<strong>in</strong>z“ (1. Klavierkonzert, Kopfsatz), ohne Emerson Lake & Palmers<br />
Konzertzugabe „Nutrocker“ (Marsch aus der Nussknacker-Suite), ohne Walt Disneys Film<br />
„Fantasia“ (mit fast der kompletten Nussknacker-Suite) oder Deep Purples rockende<br />
„Exposition“ (mit e<strong>in</strong>em Thema aus „Romeo und Julia“). Nicht unterschlagen darf ich<br />
Vicky Leandros’ Schmachtschlager von den wilden Schwänen („Tanz der Schwäne“ aus<br />
Schwanensee) und eben Freddy Brecks „Bianca“: Ich habe sie wahrsche<strong>in</strong>lich gehasst,<br />
aber man konnte ihnen nicht entkommen. So wenig wie der Brauwasserwerbung.<br />
Viele Wege führen zur klassischen Musik. Und dass man auf verschlungenen Pfaden <strong>of</strong>t<br />
<strong>in</strong>teressantere Entdeckungen macht als auf viel befahrenen Autobahnen, das weiß jeder.<br />
Wie hätte ich dem wilden G<strong>in</strong>astera jemals begegnen sollen ohne den Eklektizisten Keith<br />
Emerson? Die Bekanntschaft mit Dukas’ Impressionismus verdanke ich dem Zauberlehrl<strong>in</strong>g<br />
Micky Maus. Borod<strong>in</strong>s russischen Charme vermittelten mir die Broadway-Autoren<br />
Wright und Forrest, die aus Borod<strong>in</strong>s Melodien Musicalsongs machten, an denen selbst<br />
Jazzmusiker nicht vorbeikamen. Und für die Entdeckung von Khatchaturians Ballett-<br />
Melancholie stehe ich ganz <strong>in</strong> der Schuld des Filmregisseurs Stanley Kubrick sowie e<strong>in</strong>es<br />
beliebten Kaffeelikörs. Übrigens: Freddy Breck ist kurz vor Weihnachten gestorben. Ich<br />
werde ihn nicht vergessen und wünsche auch Ihnen viele Entdeckungen am Wegesrand.<br />
Ihr<br />
Hans-Jürgen Schaal<br />
AUSGABE 2009/1 3<br />
<strong>CLASS</strong> aktuell 1/2009<br />
Inhalt<br />
4 Schw<strong>in</strong>gung direkt <strong>in</strong>s Herz<br />
Interview mit dem Cellisten<br />
Friedrich Kle<strong>in</strong>hapl<br />
6 Musik aus der Heide<br />
Die Klostermusik der Lüneburger Heide<br />
7 Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and<br />
von Preußen<br />
Der Abschluss e<strong>in</strong>er Erfolgsserie<br />
8 Die Dimension des Göttlichen<br />
Das Trio Cantraiano erweckt uralte<br />
Sonnengesänge zu neuem Leben<br />
9 Bravourstück<br />
Hardy Rittner spielt Brahms<br />
im Orig<strong>in</strong>alklang<br />
10 Mitten wir im Leben s<strong>in</strong>d<br />
Siebenbürgische Passionsmusik<br />
11 Leichtes Spiel<br />
Stefan Irmer präsentiert<br />
Sigismund Thalberg<br />
12 Joseph Haydn<br />
Baumeister e<strong>in</strong>er Epoche<br />
19 High End 2009<br />
Leistungsschau der Edel-Elektronik<br />
20 So jung im Herzen …<br />
Sir Roger Norr<strong>in</strong>gton feiert se<strong>in</strong>en<br />
75. Geburtstag<br />
21 Historische Orgel <strong>in</strong><br />
neuer Schönheit<br />
Ullrich Böhme spielt restaurierte<br />
Sauer-Orgel der Leipziger Thomaskirche<br />
22 Noch Fragen?<br />
Beethoven und Mendelssohn im Dialog<br />
mit dem Beethoven Quartett<br />
23 Happy Birthday, Chandos Records<br />
Das britische Erfolgslabel wird<br />
30 Jahre alt<br />
24 Blickpunkte<br />
Neuveröffentlichungen vorgestellt<br />
von <strong>CLASS</strong><br />
32 <strong>CLASS</strong> - Katalog Service<br />
Die neuen Klassik-Kataloge s<strong>in</strong>d da<br />
Auflage: 137.500<br />
Titelfoto: © Christian Jungwirth · www.bigshot.at<br />
Grafik: Ottilie Gaigl<br />
<strong>CLASS</strong><br />
<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany e.V.<br />
Bachstraße 35, 32756 Detmold<br />
www.class-germany.de · class@class-germany.de
FRIEDRICH KLEINHAPL<br />
Schw<strong>in</strong>gung direkt <strong>in</strong>s Herz<br />
Friedrich Kle<strong>in</strong>hapl war im Frühjahr 2009<br />
zu Gast im Musiksalon der Tageszeitung<br />
Die Presse im Wiener Musikvere<strong>in</strong>. Im<br />
Gespräch mit Musikkritiker Dr. Wilhelm<br />
S<strong>in</strong>kovicz entstand dabei e<strong>in</strong> aufschlussreiches<br />
Porträt des Musikers, das <strong>in</strong> der Folge auszugsweise<br />
wiedergegeben wird.<br />
S<strong>in</strong>kovicz: Herr Kle<strong>in</strong>hapl, Sie gelten als<br />
besonders ausdrucksstarker Cellist.<br />
Was bedeutet das Violoncello für Sie?<br />
Kle<strong>in</strong>hapl: Es ist me<strong>in</strong> Leben. Das Cello hat<br />
mich vom ersten Moment an fasz<strong>in</strong>iert. Se<strong>in</strong>e<br />
Nähe zur menschlichen Stimme, der <strong>in</strong>tensive<br />
Kontakt zum Körper des Cellisten – ke<strong>in</strong> anderes<br />
Instrument wird beim Spielen so umarmt<br />
wie das Cello. Physisch wie psychisch überträgt<br />
Friedrich Kle<strong>in</strong>hapl mit<br />
Andreas Woyke<br />
Photos: © Christian Jungwirth<br />
sich se<strong>in</strong>e Schw<strong>in</strong>gung direkt <strong>in</strong>s Herz. Außerdem<br />
liegt es im idealen Frequenzbereich des<br />
menschlichen Ohrs, ist mit se<strong>in</strong>en klanglichen<br />
Möglichkeiten unglaublich farbenreich, vielschichtig<br />
und ausdrucksstark.<br />
Wie s<strong>in</strong>d Sie zum Cello gekommen? Sie<br />
stammen ja nicht wie viele andere Musiker<br />
aus e<strong>in</strong>er Musikerfamilie.<br />
Im Haus me<strong>in</strong>er Eltern spielte ständig klassische<br />
Musik. Dabei hatte es mir als dreijähriges<br />
K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> altes großes Radiogerät besonders angetan.<br />
Wenn ich mich daneben <strong>in</strong>s Regal zwängte,<br />
konnte ich me<strong>in</strong> Ohr ganz nah an das Radio legen<br />
und die Schw<strong>in</strong>gungen spüren. So wurde ich<br />
zur musikalischen Früherziehung gebracht. Mit 4<br />
oder 5 Jahren hatte ich dann den Wunsch, Dirigent<br />
zu werden, w<strong>of</strong>ür ich e<strong>in</strong><br />
Streich<strong>in</strong>strument erlernen<br />
wollte. Me<strong>in</strong>e Lehrer empfahlen<br />
mir das Cello. Dabei<br />
b<strong>in</strong> ich geblieben, fasz<strong>in</strong>iert<br />
von se<strong>in</strong>em Klang<br />
und se<strong>in</strong>er Wirkung.<br />
Wie g<strong>in</strong>g es dann weiter?<br />
Zuerst Konservatorium,<br />
mit 14 Jahren Wechsel<br />
an die Musikhochschule<br />
Graz. Dabei hatte<br />
ich das Glück, <strong>in</strong> den Jahren<br />
vor me<strong>in</strong>em Diplom<br />
regelmäßig Unterricht bei<br />
dem renommierten Pr<strong>of</strong>essor<br />
Phillippe Muller <strong>in</strong><br />
Paris zu erhalten. Nach<br />
Ende me<strong>in</strong>es Studiums zog<br />
ich schließlich mit e<strong>in</strong>em<br />
Stipendium für zwei Jahre<br />
ganz nach Paris, um bei<br />
Muller me<strong>in</strong>e Ausbildung<br />
zu beenden.<br />
4 AUSGABE 2009/1<br />
Er hat Sie also als Cellist maßgeblich geprägt?<br />
Ich verdanke ihm, wie Chronopoulos und<br />
e<strong>in</strong>igen anderen Lehrern, sehr viel. Außerdem<br />
hat mich Muller <strong>in</strong>spiriert, me<strong>in</strong>e Technik noch<br />
e<strong>in</strong>mal völlig zu verändern und me<strong>in</strong>en eigenen,<br />
persönlichen Weg zu suchen. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
hatte ich aber auch das Glück, vielen anderen<br />
großen Musikerpersönlichkeiten zu begegnen wie<br />
Yehudi Menuh<strong>in</strong>, Claudio Abbado, Tibor Varga.<br />
Allen voran aber dem berühmten Cellisten Paul<br />
Tortelier, der mich enthusiastisch ermutigte,<br />
den solistischen Weg e<strong>in</strong>zuschlagen.<br />
Für jeden Solisten spielt Klang e<strong>in</strong>e große<br />
Rolle. Doch bei Ihnen hat man den E<strong>in</strong>druck,<br />
dass Klang so etwas wie e<strong>in</strong> Leitthema darstellt.<br />
Das geht aus den Booklet-Texten Ihrer<br />
CDs ebenso hervor wie aus Ihrer Webseite.<br />
Schon sehr früh hat sich so etwas wie e<strong>in</strong>e<br />
Klangvision <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Kopf festgesetzt, die ich<br />
dann durch viele Jahre wie besessen zu realisieren<br />
versuchte. Endlos habe ich dabei an me<strong>in</strong>er<br />
Bogentechnik, me<strong>in</strong>em Vibrato gearbeitet.<br />
Ebenso <strong>in</strong>tensiv war aber auch die klangliche<br />
Optimierung me<strong>in</strong>es Instruments. Jetzt habe ich<br />
das Gefühl, diesen Klang gefunden zu haben.<br />
Worauf führen Sie es zurück, dass Sie<br />
diese Klangvision, wie Sie es nennen, jetzt<br />
erreicht haben?<br />
Das hängt mit dem jetzigen Instrument<br />
zusammen. Ich habe das Glück, seit 1998 auf<br />
Celli aus der Sammlung der Österreichischen<br />
Nationalbank zu spielen. Seit Juni letzten Jahres<br />
spiele ich e<strong>in</strong> Instrument, das für mich fast wie<br />
aus e<strong>in</strong>er anderen Welt ist: e<strong>in</strong> Cello von<br />
Giovanni Battista Guadagn<strong>in</strong>i, Piacenza 1743.<br />
Dieses Instrument war für mich von Anfang an<br />
mehr als e<strong>in</strong> Violoncello – fast wie e<strong>in</strong> Wesen<br />
mit e<strong>in</strong>er ungeheuren Persönlichkeit und Kraft.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Wie setzt sich Ihr Repertoire zusammen?<br />
Wie entwickelt es sich?<br />
Ich konzentriere mich auf das Konzertrepertoire,<br />
die Cello solo Literatur und auf das<br />
Duo Cello-Klavier. Ich b<strong>in</strong> zutiefst Romantiker.<br />
In dieser Stilepoche ist me<strong>in</strong> Herz immer schon<br />
aufgegangen. Nach schweren gesundheitlichen<br />
Krisen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em zweiten Lebensjahrzehnt fand<br />
e<strong>in</strong>e Öffnung zur zeitgenössischen Musik statt,<br />
danach zu Bachs Solosuiten. Im Augenblick entdecke<br />
ich die Klassik, die für mich als expressiven<br />
Musiker sicherlich zum Schwierigsten gehört,<br />
gleichzeitig aber auch zum Spannendsten.<br />
An Ihrem Repertoire fällt aber auch auf,<br />
dass Sie auch unbekanntere Literatur und<br />
Uraufführungen spielen.<br />
Das stimmt. Ich habe viele Konzerte uraufgeführt,<br />
wurde daher schon als Uraufführungs-Spezialist<br />
bezeichnet. Mich <strong>in</strong>teressieren aber auch selten<br />
gespielte Konzerte wie beispielsweise die von Rozsa,<br />
Rota, Honegger, Korngold oder Friedrich Gulda.<br />
Sie s<strong>in</strong>d also pr<strong>in</strong>zipiell <strong>of</strong>fen für Neues?<br />
Solange ich es emotional verstehe, ja. Schwierig<br />
wird es, wenn ich nur e<strong>in</strong>en rationalen Zugang<br />
f<strong>in</strong>de. Außerdem verkümmere ich emotional,<br />
wenn es ke<strong>in</strong>e Möglichkeiten gibt, das Cello kl<strong>in</strong>gen<br />
zu lassen. Etwas mehr Neugierde würde ich<br />
mir auch von Veranstaltern wünschen. Viele große<br />
Werke weniger bekannter Komponisten werden <strong>of</strong>t<br />
nur selten gespielt. Interessante Stil übergreifende<br />
Experimente werden <strong>of</strong>t pauschal und vorschnell<br />
<strong>in</strong> die Cross-Over Ecke abgeschoben.<br />
Ihrer umfassenden Diskografie ist zu entnehmen,<br />
dass das Duo Cello-Klavier für Sie<br />
e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielt.<br />
Diese Literatur war mir immer schon sehr<br />
wichtig. Dabei lag me<strong>in</strong> Wunsch seit je her <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em festen Duo. Seit 2003 spiele ich fix mit<br />
dem deutschen Pianisten Andreas Woyke.<br />
Die neue E<strong>in</strong>spielung:<br />
Ludwig van Beethoven<br />
Sonaten op. 5 Nr. 1, 2 und op. 69<br />
Ars 38 035 (HybridSACD)<br />
AUSGABE 2009/1 5<br />
Und wie versteht man sich nach sechs Jahren<br />
<strong>in</strong>tensiver Zusammenarbeit, wenn man <strong>in</strong><br />
Europa, den USA, Ch<strong>in</strong>a reist und konzertiert?<br />
Daneben haben Sie bereits Ihre fünfte<br />
geme<strong>in</strong>same SACD veröffentlicht.<br />
Wunderbar! Musikalisch s<strong>in</strong>d Andreas Woyke<br />
und ich wesensverwandt <strong>in</strong> unserem expressiven<br />
und emotionalen Spiel. Da hat sich so etwas wie<br />
bl<strong>in</strong>des Verständnis und Vertrauen entwickelt.<br />
Das heißt, Sie f<strong>in</strong>den leicht zu geme<strong>in</strong>samen<br />
Interpretationen?<br />
Zum<strong>in</strong>dest gibt es nur wenige Diskussionen<br />
und Erörterungen bei der Erarbeitung neuer<br />
Literatur. Nach der anfänglich analytischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
kann sich e<strong>in</strong>e Interpretation<br />
so meist aus sich selbst heraus weiterentwickeln<br />
und vor allem <strong>in</strong> jedem Konzert ‚neu entstehen’.<br />
Das grenzt manchmal schon an e<strong>in</strong> Mysterium<br />
des gegenseitigen Verstehens im Augenblick.<br />
Und was war Ihr bisher schönstes<br />
Konzerterlebnis?<br />
Konzerte wie <strong>in</strong> der Londoner Wigmore Hall<br />
oder im Wiener Musikvere<strong>in</strong> waren sehr<br />
beglückend. Herausragend war dabei sicherlich<br />
me<strong>in</strong>e Begegnung mit Valery Gergiev und dem<br />
Mari<strong>in</strong>sky Orchester, mit denen ich im letzten<br />
Jahr Anton<strong>in</strong> Dvoraks Cellokonzert gespielt<br />
habe. Gergievs begeisterte Reaktion nach dem<br />
Konzert hat dazu natürlich auch beigetragen.<br />
Diskographie:<br />
Schubert, Schnittke: Sonaten und Lieder<br />
Ars 38 028 (HybridSACD)<br />
Franck, Rachman<strong>in</strong>ow: Sonaten<br />
Ars 38 025 (HybridSACD)<br />
J.S. Bach: Solosuiten Nr. 1, 3 und 5<br />
Ars 38 018 (HybridSACD)<br />
Johannes Brahms: Sonaten und Lieder<br />
Ars 38 015 (HybridSACD)<br />
Dmitri Schostakowitsch: Sonaten<br />
Ars 38 003 (HybridSACD)<br />
Gulda, Neumeister: Cellokonzerte<br />
Ars 368 403 (CD)<br />
weitere Informationen unter:<br />
www.kle<strong>in</strong>hapl.com / www.ars-produktion.de<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy<br />
Gesamtwerk für Orgel Vol. I<br />
Mart<strong>in</strong> Schmed<strong>in</strong>g<br />
Kuhn-Orgel der Philharmonie Essen<br />
ARS 38046 (Hybrid-SACD)<br />
Exklusiv-Vertrieb für Deutschland:<br />
Joseph Haydn<br />
Die sieben letzten<br />
Worte unseres<br />
Erlösers am Kreuze<br />
Anja Schiffel<br />
Cappella Coloniensis<br />
Bruno Weil<br />
ARS 38044<br />
(2 Hybrid-SACD)<br />
Olivier Messiaen<br />
Le Banquet Céleste<br />
La Nativité du Seigneur<br />
Wolfgang Sieber,<br />
Kuhn-Orgel der<br />
Philharmonie Essen<br />
ARS 38037<br />
(Hybrid-SACD)<br />
Note 1 Musikvertrieb GmbH<br />
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E<strong>in</strong>spielungen<br />
auf Cantate:<br />
God sy gelovet<br />
Kloster Lüne<br />
L<strong>of</strong>f unde ere<br />
Kloster Med<strong>in</strong>gen<br />
Wy wullen alle vrolick syn<br />
Kloster Ebstorf<br />
Vorlehn uns freden gnediglich<br />
Kloster Walsrode<br />
Herre unser Herrscher<br />
Kloster Isenhagen<br />
Danck unde L<strong>of</strong>f<br />
Kloster Wienhausen<br />
C 58032<br />
�<br />
C 58037 C 58036<br />
C 58035<br />
C 58034<br />
C 58033<br />
���<br />
Musik aus der Heide<br />
Mittelalterliche Musik aus den Klöstern Walsrode, Wienhausen,<br />
Med<strong>in</strong>gen, Isenhagen, Lüne und Ebstorf <strong>in</strong> Erste<strong>in</strong>spielung mit dem<br />
Ensemble devotio moderna unter der Leitung von Ulrike Volkhardt<br />
Im weitläufigen Gebiet der Lüneburger<br />
Heide gab und gibt es bis heute e<strong>in</strong>e Reihe<br />
von Frauenklöstern, die nach der Reformation<br />
als evangelische E<strong>in</strong>richtungen weitergeführt<br />
wurden. In den Archiven der sechs Lüneburger<br />
Klöster (bzw. <strong>in</strong> externen Bibliotheken)<br />
bef<strong>in</strong>den sich zahlreiche bislang unbekannte<br />
Musikhandschriften des Mittelalters, die <strong>in</strong> ihrer<br />
E<strong>in</strong>zigartigkeit von nicht zu unterschätzender<br />
Bedeutung für die Geschichte der Klöster <strong>in</strong> der<br />
Lüneburger Heide s<strong>in</strong>d. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts<br />
hatten immer wieder Musikwissenschaftler<br />
e<strong>in</strong>zelne, <strong>of</strong>fensichtlich besonders <strong>in</strong>teressante<br />
Manuskripte beschrieben. Hierbei wurden<br />
allerd<strong>in</strong>gs z.B. <strong>in</strong> Unkenntnis der zeitgenössischen<br />
Notationspraxis sche<strong>in</strong>bar unnotierte Lieder mit<br />
„Neuschöpfungen“ des Editors versehen.<br />
Die Hannoveraner Musiker<strong>in</strong> Pr<strong>of</strong>. Ulrike<br />
Volkhardt und die Musikwissenschaftler<strong>in</strong> Dr.<br />
Ulrike Hascher-Burger haben nun, auf der Basis<br />
<strong>in</strong>zwischen erheblich erweiterter Kenntnisse der<br />
mittelalterlichen Musikhandschriften und ihrer<br />
Tradierung e<strong>in</strong>e erste systematische Sichtung<br />
des musikalischen Materials <strong>in</strong> allen<br />
Lüneburger Klöstern vorgenommen,<br />
bei der erstaunliche Funde, vor allem<br />
an „versteckten“ Orten wie auf und<br />
<strong>in</strong> E<strong>in</strong>bänden von Rechnungs- und<br />
anderen Büchern (wiederverwertete,<br />
nicht mehr im Gebrauch bef<strong>in</strong>dliche<br />
Pergamente, teils aus karol<strong>in</strong>gischer<br />
Zeit), gemacht wurden. Die beiden Forscher<strong>in</strong>nen<br />
haben die Musik neu transkribiert<br />
und <strong>in</strong>strumentiert.<br />
Fundierte Wissenschaft, künstlerische Praxis<br />
und Erfahrung <strong>in</strong> der Vermittlung von Inhalten<br />
beider Aspekte wirkten bei diesem Projekt <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>zigartiger Weise zusammen. So wurde für die<br />
Aufnahmen der „übersetzten“ Musik sogar eigens<br />
mittelalterliches Instrumentarium rekonstruiert.<br />
6 AUSGABE 2009/1<br />
Dies war möglich, weil erstmalig auch die Ikonographie<br />
der Musikausübung systematisch erfasst<br />
wurde – die Schreiber der meist prachtvoll ausgestatteten<br />
mittelalterlichen Handschriften haben<br />
immer wieder Musiker <strong>in</strong> Aktion abgebildet –<br />
was <strong>in</strong>s<strong>of</strong>ern von enormer Bedeutung ist, als es<br />
im Mittelalter kaum schriftliche H<strong>in</strong>weise zu<br />
Instrumenten und musikalischer Praxis gibt.<br />
Ausgewählte Beispiele dieser ganz<br />
besonderen musikalischen Welt werden<br />
nun, e<strong>in</strong>gespielt vom Ensemble<br />
devotio moderna, auf dem Label CAN-<br />
TATE erstmals der Öffentlichkeit<br />
zugänglich gemacht, wobei jede CD<br />
unter e<strong>in</strong>em eigenen Thema steht.<br />
Neben klösterlichen Tagesabläufen<br />
wird auch musikalisch jeweils e<strong>in</strong>e besondere<br />
liturgische Feier zum Schwerpunkt gemacht.<br />
Die CDs s<strong>in</strong>d mit ausführlichen, illustrierten<br />
Booklets ausgestattet, die <strong>in</strong> allen Aspekten über<br />
diese e<strong>in</strong>zigartige Musikkultur unterrichten.<br />
Diese Reihe bietet e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigartige Möglichkeit,<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e uns ferne (und, bezüglich z.B. der teils<br />
heute noch gesungenen Choräle) zugleich doch<br />
so nahe Musikkultur e<strong>in</strong>zutauchen. A. Ra<strong>in</strong>er
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and von Preußen<br />
Zum Abschluss der Serie: Trio Parnassus mit Folge 3<br />
Im Herbst 2008 erhielt das Trio Parnassus<br />
den „ECHO Klassik” für se<strong>in</strong>e fulm<strong>in</strong>ante<br />
E<strong>in</strong>spielung des Klaviertrios op. 1 und der<br />
Suite op. 23 von Erich Wolfgang Korngold,<br />
und bei den derzeit laufenden Verhandlungen um<br />
den BBC-Award gehören die drei Musiker ebenfalls<br />
zu den heißesten Anwärtern, weil ihre Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit der Kammermusik von Peteris<br />
Vasks nicht nur den lettischen Komponisten selbst<br />
über die Maßen entzückte.<br />
Was dabei ganz generell überrascht, ist das<br />
F<strong>in</strong>gerspitzengefühl, mit dem das Ensemble von<br />
Wolfgang Amadeus Mozart bis zur aktuellen<br />
Gegenwart den jeweiligen Puls der Werke ertastet<br />
und selbst solche Raritäten wie die Trio-Kompositionen<br />
von Woldemar Bargiel oder jetzt wieder<br />
Louis Ferd<strong>in</strong>and von Preußen gerade deshalb<br />
„entdeckt”, weil man nie nach uns<strong>in</strong>nigem Bedeutungsdunst<br />
strebt, sondern die Partituren ganz e<strong>in</strong>fach<br />
beim Worte nimmt. So löst sich unversehens<br />
Clara Wiecks Halbbruder aus der Schulmeisterlichkeit,<br />
die ihm oberflächliche Enzyklopäden<br />
angeheftet haben, und so wird aus dem Neffen des<br />
„Alten Fritz” tatsächlich jener „Romantiker der<br />
klassischen Periode”, den der <strong>of</strong>t so treffsichere<br />
Robert Schumann <strong>in</strong> ihm erkannte.<br />
Auf zwei CDs hat das Trio Parnassus im Verbund<br />
mit e<strong>in</strong>igen musikalischen Freunden die delikaten<br />
Kreationen des Hohenzollern-Pr<strong>in</strong>zen bislang dargeboten.<br />
Jetzt beendet e<strong>in</strong>e dritte Produktion die<br />
Serie, <strong>in</strong> der wir e<strong>in</strong>en Künstler vor uns sehen, der<br />
sowohl als Schaffender wie auch als Pianist <strong>in</strong><br />
Fachkreisen hohe Wertschätzung erfuhr und<br />
durchaus hätte stilbildend wirken können, wenn<br />
er nicht ob se<strong>in</strong>es soldatischen Wagemutes im falschen<br />
Moment am falschen Ort gewesen und am<br />
10. Oktober 1806 bei der Schlacht von Saalfeld<br />
umgekommen wäre: „In hohem Grade geistreich,<br />
von fe<strong>in</strong>er Lebensbildung, voll Witz, Belesenheit<br />
und Talenten mancher Art, unter anderem für die<br />
Musik, denn er konnte auf dem Klavier für re<strong>in</strong>en<br />
Virtuosen gelten”, beschrieb General Carl von<br />
Clausewitz, der berühmte Militärstratege, den Kameraden,<br />
der da mit eben mal 34 Jahren auf dem<br />
zweifelhaften Felde der Ehre se<strong>in</strong>en schöpferischen<br />
Geist ausgehaucht hatte.<br />
Louis Ferd<strong>in</strong>and muss geahnt haben, dass er<br />
e<strong>in</strong> Opfer se<strong>in</strong>es aristokratischen Berufs werden<br />
würde, denn noch wenige Monate vor se<strong>in</strong>em<br />
Tode publizierte er e<strong>in</strong>e ganze Reihe durchweg<br />
hörenswerter, zumeist für kle<strong>in</strong>ere Formationen<br />
geschriebene Kammermusiken, über deren eloquente<br />
Eigenständigkeit wir nur staunen können.<br />
Dazu gehören auch die drei auf der abschließen-<br />
den dritten CD des Trio Parnassus veröffentlichten<br />
Stücke, zu deren E<strong>in</strong>spielung Yamei Yu, Michael<br />
Groß und Chia Chou ihre Kollegen Thomas Selditz<br />
und Stanislau Anishchanka e<strong>in</strong>geladen haben.<br />
Und wir fragen uns unwillkürlich, was denn wohl<br />
aus diesem Pr<strong>in</strong>zen geworden wäre, der irgendwo<br />
zwischen Haydn und Danzi begonnen, vor Carl<br />
Maria von Weber wie Carl Maria von Weber komponiert<br />
und gegen Ende se<strong>in</strong>es kurzen Lebens<br />
expressive Regionen des Ausdrucks erreicht hat,<br />
die namentlich <strong>in</strong> dem be<strong>in</strong>ahe ETA-H<strong>of</strong>fmannesken<br />
„Kreisleriana” des Opus 11 erahnen lässt, was<br />
unter den Händen von Frédéric Chop<strong>in</strong> und Robert<br />
Schumann kl<strong>in</strong>gende Realität werden sollte.<br />
Eckhardt van den Hoogen<br />
AUSGABE 2009/1 7<br />
Foto: Wilfried Hösl<br />
Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and von Preußen<br />
Andante mit Variationen op. 4,<br />
Quartett op. 5 und Larghetto op. 11<br />
Trio Parnassus; Thomas Selditz, Viola<br />
Stanislau Anishchanka, Kontrabass<br />
MDG 303 1549 2<br />
Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and von Preußen<br />
Sämtliche Klaviertrios Vol. 1<br />
Trios opp. 2 + 10<br />
MDG 303 1347-2<br />
Sämtliche Klaviertrios Vol. 2<br />
Trio op. 3, Klavierquartett op. 6<br />
Trio Parnassus, Thomas Selditz, Viola<br />
MDG 303 1361-2<br />
Erich Wolfgang Korngold<br />
Trio op. 1 / Suite op. 23 für<br />
2 Viol<strong>in</strong>en, Violoncello und Klavier<br />
Trio Parnassus; Matthias Wollong, Viol<strong>in</strong>e<br />
MDG 303 1463-2<br />
Pēteris Vasks<br />
Klaviertrio / Klavierquartett<br />
Trio Parnassus; Avri Levitan, Viola<br />
MDG 303 1513-2 (CD)<br />
MDG 903 1513-6 (SACD)<br />
Woldemar Bargiel<br />
Sämtliche Klaviertrios Vol.1<br />
Trio op. 20 & op. 37<br />
MDG 303 0805-2<br />
Sämtliche Klaviertrios Vol.2<br />
Trio op. 6 / Adagio op. 38<br />
Sonate op. 10<br />
MDG 303 0806-2<br />
Aktuelle Konzerte:<br />
Trio Parnassus<br />
09. 04. 2009 Darmstadt<br />
25. 04. 2009 Müns<strong>in</strong>gen<br />
26. 04. 2009 Stuttgart<br />
27. 04. 2009 Nagold<br />
30. 04. 2009 Madlitz<br />
03. 05. 2009 Warwick<br />
05. 05. 2009 Southampton<br />
09. 05. 2009 Nott<strong>in</strong>gham<br />
10. 05. 2009 London<br />
12. 07. 2009 Stuttgart<br />
21. 08. 2009 Santa Maria de<br />
Vilabertran, Spanien<br />
23. 08. 2009 Graus, Spanien<br />
05. 09. 2009 Brüssel, Flandernfestival<br />
06. 09. 2009 Brüssel, Flandernfestival<br />
04. 10. 2009 Usedom Festival<br />
18. 10. 2009 Stuttgart<br />
26. 11. 2009 Ingolstadt<br />
Weitere Informationen:<br />
www.trioparnassus.com
Felix Mendelssohn<br />
Felix Mendelssohn<br />
Sämtliche Streichquartette<br />
Oktett op. 20<br />
Orchesterwerke arr. für<br />
Viol<strong>in</strong>e, Violoncello und<br />
Klavier zu 4 Händen:<br />
Die Hebriden op. 26<br />
S<strong>in</strong>fonie Nr. 1 op. 11<br />
S<strong>in</strong>fonie Nr. 5 op. 107<br />
Ruy Blas op. 95<br />
Leipziger Streichquartett<br />
5 CDs<br />
MDG 307 1571-2<br />
Limitierte Auflage<br />
UVP 39,95 EUR<br />
"exzellentes Niveau"<br />
(Fono Forum)<br />
"längst überfällig" (Ensemble)<br />
"schieres musikalisches Feuer"<br />
(NMZ)<br />
"sehr überzeugend und klangprächtig,<br />
sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser<br />
H<strong>in</strong>sicht sicher mit das Beste,<br />
was derzeit zu haben und<br />
zu erleben ist."<br />
(Crescendo)<br />
Musikproduktion<br />
Dabr<strong>in</strong>ghaus und Grimm<br />
Vertrieb: Codaex Deutschland GmbH<br />
Tel. 089-82000233 - Fax 089-82000093<br />
Gramola Wien: klassik@gramola.at<br />
MusiKontakt Zürich: <strong>in</strong>fo@musikontakt.ch<br />
Sonnengesänge<br />
Werke von Frank Michael,<br />
Michael Töpel, Jörg Duda,<br />
Thomas D. Schlee,<br />
Thomas Buchholz, Walter Steffens<br />
und Bernhard Schneyer<br />
Trio Cantraiano<br />
Brigitte Krey, Sopran, Ele Grau, Flöte<br />
Albert Kaul, Klavier<br />
Audiomax 703 1545-2<br />
Die Dimension des Göttlichen<br />
kl<strong>in</strong>gt wunderbar<br />
„Trio Cantraiano“ lässt uralte Sonnengesänge und -gedichte<br />
lebendig werden<br />
Monatelang soll der bewusst<br />
<strong>in</strong> Armut lebende<br />
und 1228 heilig<br />
gesprochene Franz von Assisi <strong>in</strong><br />
gesuchter E<strong>in</strong>samkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
f<strong>in</strong>steren Hütte verbracht haben,<br />
als er – völlig lichtbl<strong>in</strong>d und<br />
der Verzweiflung nahe – den<br />
„Sonnengesang“ dichtete. Drei<br />
Musiker setzen auf die Kraft der Sonne: Das Trio<br />
Cantraiano <strong>in</strong>terpretiert uralte Sonnengesänge<br />
und -gedichte, die von Komponisten des 21. Jahrhunderts<br />
eigens für das Trio vertont wurden.<br />
Brigitte Krey (Sopran), Ele Grau (Flöte, Altflöte)<br />
und Albert Kaul (Klavier) verb<strong>in</strong>den dabei<br />
antike Kulturen und lebendige Gegenwart und<br />
br<strong>in</strong>gen die Dimension des Göttlichen, die allen<br />
literarischen Vorlagen immanent ist, klangvoll<br />
zum Strahlen.<br />
Walter Steffens hat Franz von Assisis „Dank<br />
an Gott für alle se<strong>in</strong>e Kreaturen“ <strong>in</strong> Annäherung<br />
an alte kirchenmusikalische Kompositionstechniken<br />
als Bic<strong>in</strong>ium für Sopran und Altflöte<br />
gesetzt. Der „Sonnen.Lieder.Zyklus“ von<br />
Thomas Buchholz entstand nach Texten von<br />
Louize Labé, Friedrich Hölderl<strong>in</strong> und Georg Heym<br />
und reflektiert die späten Sonnen<br />
der Liebe. Jörg Duda legt se<strong>in</strong>er<br />
Komposition zwei Gedichte zugrunde.<br />
Der erste Gesang (nach<br />
Eduard Mörike) beschreibt den<br />
statischen Zustand samtweicher<br />
Stille zwischen Traum und Wachen<br />
vor Tagesanbruch. Das zweite<br />
Lied (nach Theodor Körner)<br />
Trio Cantraiano<br />
www.trio-cantraiano.de<br />
8 AUSGABE 2009/1<br />
schildert das Auflodern der Empf<strong>in</strong>dungen beim<br />
Anblick der aufsteigenden Sonne.<br />
Frank Michael vertont <strong>in</strong> „Sonnengesänge,<br />
verwehend“ Poesie von Nikolaus Cyb<strong>in</strong>ski, deren<br />
Knappheit und Melancholie den Komponisten<br />
von jeher fasz<strong>in</strong>iert. Der Österreicher Thomas<br />
Daniel Schlee <strong>in</strong>terpretiert mit se<strong>in</strong>er Komposition<br />
e<strong>in</strong> 1946 entstandenes Gedicht des Lyrikers<br />
Re<strong>in</strong>hold Schneider. Durch die Komb<strong>in</strong>ation von<br />
Sopran und Altflöte kostet er die speziellen Farben<br />
der klanglichen Grenzbereiche des tiefen<br />
Instrumentes aus und nutzt das komplette Spektrum<br />
der Flöte. Zwei auf zeitgenössischen Texten<br />
basierende Werke von Bernhard Schneyer und<br />
Michael Töpel runden e<strong>in</strong>e exklusive Aufnahme<br />
ab, die im wahrsten S<strong>in</strong>ne unerhörte Klänge<br />
dokumentiert. Thomas Trappmann<br />
„Es war die Nachtigall und<br />
nicht die Lerche ...“<br />
Liebes-Lyrik und -Musik aus<br />
fünf Jahrhunderten<br />
Trio Cantraiano<br />
Brigitte Krey, Sopran<br />
Ele Grau, Flöte<br />
Gunther Friedrich, Klavier<br />
Audiomax 703 1284-2
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Hardy Rittner<br />
Bravourstück<br />
Brahms im Orig<strong>in</strong>alklang,<br />
kraftvoll, expressiv<br />
und mit emotionaler Tiefe<br />
Mit Brahms Vol. 1 gelang Hardy Rittner<br />
e<strong>in</strong> Paukenschlag, der <strong>in</strong> der Musikwelt<br />
äußerst positiven Widerhall fand.<br />
Nun legt der hochbegabte junge deutsche Pianist<br />
se<strong>in</strong>e zweite Aufnahme mit den frühen<br />
Klaviersonaten Nr. 1 und 3 vor – auf e<strong>in</strong>em<br />
bisher nicht dokumentierten, hervorragend<br />
Johannes Brahms<br />
Frühe Klavierwerke Vol. 2 / Sonaten op. 1 + 5<br />
Hardy Rittner, Ignaz Bösendorfer-Flügel 1849/1850<br />
aus der Sammlung von Gert Hecher, Wien<br />
SACD: MDG 904 1538-6<br />
Johannes Brahms<br />
Frühe Klavierwerke Vol. 1 / Sonate Nr. 2 op. 2<br />
Variationen op. 9, Balladen op. 10<br />
Hardy Rittner, Flügel von Johann Baptist Streicher<br />
1851 aus der Sammlung von Gert Hecher, Wien<br />
CD: MDG 604 1494-2 / SACD: MDG 904 1494-6<br />
Ignaz Bösendorfer-<br />
Flügel 1849/50<br />
AUSGABE 2009/1 9<br />
restaurierten Bösendorfer-Flügel aus dem Jahr<br />
1849/50, den der <strong>in</strong> Wien lebende Sammler<br />
Gert Hecher zur Verfügung stellte.<br />
„E<strong>in</strong> Programm stelle ich nicht gerne fest,<br />
ohne den Saal – und hauptsächlich den Flügel<br />
zu kennen“, äußert sich Brahms <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief.<br />
Dass er den zwei Jahre vorher entstandenen<br />
235 cm Flügel des Wiener Klavierbauers Ignaz<br />
Bösendorfer mit se<strong>in</strong>em unvergleichlich erdigen,<br />
dunklen Klang sehr schätzte, ist genau so<br />
gewiss. So ist es im S<strong>in</strong>ne des 19. Jahrhunderts<br />
absolut logisch, Flügel zu verwenden, die die<br />
jeweiligen Stücke klanglich unterstützen.<br />
Unzählige Lieder, Klavierstücke und Streichquartette<br />
hatte Brahms schon komponiert, verworfen<br />
und umgehend vernichtet, bis er sich<br />
mit op. 1 erstmals öffentlich positionierte. Ganz<br />
bewusst schafft er Bezüge zu Beethoven: Hier<br />
e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf die „Hammerklavier-Sonate“, da<br />
werden Verb<strong>in</strong>dungen zur „Waldste<strong>in</strong>sonate“<br />
erkennbar… Mit der f-Moll-Sonate op. 5 entwickelt<br />
Brahms die fünfsätzige symmetrische<br />
Sonatenform, die sich Bélá Bartók später mit<br />
se<strong>in</strong>er „Brückenform“ zueigen machte. Kurz vor<br />
Schluss erkl<strong>in</strong>gt erstmals das Motto f-a-e (Frei<br />
Aber E<strong>in</strong>sam), das für Brahms se<strong>in</strong> Leben lang von<br />
Bedeutung blieb. Und Anklänge des „Deutschlandliedes“<br />
mögen als Signal der H<strong>of</strong>fnung auf<br />
e<strong>in</strong> gee<strong>in</strong>tes demokratisches Vaterland gelten.<br />
Hardy Rittner präsentiert auch auf se<strong>in</strong>er<br />
zweiten SACD <strong>in</strong> aufregend authentischem Klanggewand<br />
e<strong>in</strong>en stürmischen Brahms, der sich<br />
immer im Grenzbereich des klanglich gerade<br />
noch Darstellbaren bewegt. Wie sche<strong>in</strong>bar mühelos<br />
der Pianist die spieltechnischen Widrigkeiten<br />
der Wiener Prellmechanik mit fe<strong>in</strong>stem Klangs<strong>in</strong>n<br />
und ungebremster Musizierlust zu verb<strong>in</strong>den<br />
weiß, ist bee<strong>in</strong>druckend. Und bei jedem Wiederhören<br />
tun sich neue Aspekte auf: Bravo!<br />
Lisa Eranos<br />
WERGO<br />
Neu bei WERGO<br />
Helmut Lachenmann<br />
Dal niente … Kammermusik<br />
WER 66822<br />
Das Ensemble Phorm<strong>in</strong>x zeigt zentrale<br />
Stationen aus dem Schaffen Helmut<br />
Lachenmanns auf: ausgehend von dem<br />
Cellosolo „Pression“ aus dem Jahre<br />
1969 über Werke wie „Dal niente“ für<br />
Klar<strong>in</strong>ette, „Toccat<strong>in</strong>a“ für Viol<strong>in</strong>e oder<br />
„temA“ für Flöte, S<strong>in</strong>gstimme und Cello<br />
bis h<strong>in</strong> zum Trio „Allegro sostenuto“<br />
von 1986–88.<br />
Es s<strong>in</strong>d Stationen, die sich <strong>in</strong> die Kont<strong>in</strong>uität<br />
se<strong>in</strong>er wichtigsten kompositorischen<br />
Frage- und Problemstellungen<br />
e<strong>in</strong>reihen lassen, die aber ebenso nachdrücklich<br />
e<strong>in</strong>en stets voranschreitenden<br />
Entwicklungsgang dokumentieren, der<br />
nirgendwo zum Stillstand kommt oder<br />
sich gar zu e<strong>in</strong>em „Stil“ beruhigt.<br />
„Dal niente … Kammermusik“ präsentiert<br />
das Ergebnis e<strong>in</strong>er engen Zusammenarbeit<br />
von Ensemble und Komponist.<br />
„Empfehlung – musikalisch wie aufnahmetechnisch<br />
auf hohem und höchstem<br />
Niveau“ (Neue Zeitschrift für Musik)<br />
„Virtuos … e<strong>in</strong> Feuerwerk der Techniken<br />
des 20. Jahrhunderts“ (Fono Forum)<br />
Vertriebe<br />
Deutschland: Note 1, 06221/720351 · <strong>in</strong>fo@note-1.de<br />
Österreich: Lotus Records, 06272/73175 · <strong>of</strong>fice@lotusrecords.at<br />
Schweiz: Tudor, 044/4052646 · <strong>in</strong>fo@tudor.ch<br />
WERGO<br />
Weihergarten 5 · 55116 Ma<strong>in</strong>z · Germany<br />
service@wergo.de · www.wergo.de
Mitten wir im Leben s<strong>in</strong>d<br />
Alte kirchenmusikalische Traditionen<br />
leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erste<strong>in</strong>spielung zeitgenössischer<br />
Musik wieder auf: Hans<br />
Peter Türk hat e<strong>in</strong>e Karfreitags-Passionsmusik<br />
für Soli, Chor und Orgel komponiert,<br />
die seit ihrer Uraufführung vor zwei Jahren<br />
nicht nur <strong>in</strong> den protestantischen Kirchen<br />
se<strong>in</strong>er Heimat Siebenbürgen <strong>of</strong>t zu hören ist.<br />
Anklänge an 1000 Jahre Musikgeschichte ordnen<br />
sich <strong>in</strong> dem dreiteiligen Werk den Texten<br />
aus e<strong>in</strong>em alten Gesangbuch unter, die aus<br />
Teilen des Matthäus-Evangeliums, Chorälen und<br />
Psalmen bestehen.<br />
Siebenbürgen ist e<strong>in</strong>e alte Kulturlandschaft,<br />
deren deutsche Siedlungsgeschichte <strong>in</strong> die Zeit<br />
des Nibelungenliedes zurückreicht. Es ist e<strong>in</strong><br />
Gebiet, <strong>in</strong> dem sich die E<strong>in</strong>flüsse mehrerer Kulturen<br />
überschneiden, und e<strong>in</strong>e geistliche Landschaft,<br />
die <strong>in</strong> ihren deutschsprachigen Teilen<br />
vom Protestantismus und authentischen Musiktraditionen<br />
geprägt ist. In diesem Umfeld wuchs<br />
Hans Peter Türk auf, der früh se<strong>in</strong>en eigenen<br />
Vater verlor und sich stattdessen von e<strong>in</strong>em<br />
Kirchenmusiker prägen und ausbilden ließ.<br />
Se<strong>in</strong>em großen Talent und der Fürsorge se<strong>in</strong>es<br />
Mäzens verdankt es Türk, dass er trotz Rumäniens<br />
Diktatur ohne Parteimitgliedschaft<br />
promovieren<br />
und e<strong>in</strong>e Stelle als Lektor für<br />
Tonsatz annehmen durfte. Erst<br />
1990 reiste er zu Verwandten<br />
nach Deutschland, kehrte aber<br />
immer <strong>in</strong>s siebenbürgische<br />
Klausenburg zurück, wo der<br />
68-Jährige heute als Komponist<br />
und Musikwissenschaftler lebt.<br />
Der Ursprung von Türks<br />
Passionsmusik liegt <strong>in</strong> den<br />
Dorf- und Wehrkirchen se<strong>in</strong>er<br />
Heimat, <strong>in</strong> denen traditionell<br />
Passionsmusiken aufgeführt werden. Und dennoch<br />
ist se<strong>in</strong> Werk alles andere als schlicht. Im<br />
Gegenteil: Er lässt die frühe mittelalterliche<br />
Mehrstimmigkeit ankl<strong>in</strong>gen, nutzt und erweitert<br />
die Formen- und Figurensprache des Barock,<br />
setzt starke Dissonanzen e<strong>in</strong> und hebt kunstvoll<br />
die Grenze zwischen Sprache und Musik auf.<br />
Große Bedeutung kommt dabei der Orgel zu.<br />
Siebenbürgische Passionsmusik<br />
Die Farben ihrer Register ergänzen die musikalischen<br />
Konturen von Jesus, Judas oder Pilatus,<br />
die Gewalt ihrer Klangfülle überwältigt nach<br />
nüchtern gesprochenen Textstellen und sie<br />
vermag zugleich Er<strong>in</strong>nerungen an die Flöte spielenden<br />
Hirten <strong>in</strong> den siebenbürgischen Bergen<br />
zu wecken.<br />
Die tragenden Säulen dieser Erste<strong>in</strong>spielung,<br />
die Meißner Kantorei 1961, unter der<br />
Die Meißner Kantorei 1961 unter<br />
der Leitung von Christfried Brödel<br />
Hans Peter Türk (Abb. l<strong>in</strong>ks)<br />
Leitung von Christfried<br />
Brödel, und die Organist<strong>in</strong><br />
Ursula Philippi, haben<br />
auch die Uraufführung<br />
an der historischen Sauer-<br />
Orgel <strong>in</strong> Hermannstadt /<br />
Siebenbürgen und die<br />
deutsche Erstaufführung im März 2008 <strong>in</strong> der<br />
Dresdner Kreuzkirche mitgestaltet. Den Klange<strong>in</strong>druck<br />
der Uraufführung gibt bei dieser Aufnahme<br />
die hervorragend kl<strong>in</strong>gende Sauer-Orgel<br />
(1904) <strong>in</strong> der Stadtkirche Burgstädt mit ihrer<br />
romantischen Vielfalt exzellent wieder. E<strong>in</strong>e<br />
ebenso willkommene wie fasz<strong>in</strong>ierende Entdeckung!<br />
Thomas Trappmann<br />
10 AUSGABE 2009/1<br />
Hans Peter Türk (*1940)<br />
Siebenbürgische Passionsmusik für Karfreitag<br />
Solisten / Meißner Kantorei 1961<br />
Ursula Philippi, Orgel<br />
Christfried Brödel, Ltg.<br />
MDG 902 1554-6 (SACD)<br />
Aktuelle Konzerte:<br />
Aufführungen der Passionsmusik:<br />
04. 04. 2009 Burgstädt, Stadtkirche<br />
05. 04. 2009 Leipzig, Michaeliskirche<br />
09. 04. 2009 Sendung der Passionsmusik<br />
im Mitteldeutschen Rundfunk<br />
a-cappella-Programm:<br />
13. 08. 2009 Leisnig, St. Matthäi-Kirche<br />
14. 08. 2009 Rochlitz, Kunigundenkirche<br />
15. 08. 2009 Leipzig, Nikolaikirche<br />
Das Notenmaterial wird auf Anforderung<br />
von der Meißner Kantorei 1961<br />
kostenlos als pdf-Datei geliefert und<br />
kann frei kopiert werden.<br />
www.meissner-kantorei.de
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Stefan Irmer liebt das Besondere und wurde<br />
als herausragender Interpret unbekannter<br />
und selten gespielter Werke der Klavierliteratur<br />
bekannt. Für se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>spielung der<br />
späten Sonaten von Clementi bei MDG<br />
erhielt er den französischen Schallplattenpreis<br />
„CHOC“. Die Aufnahme sämtlicher<br />
Klavierwerke von Ross<strong>in</strong>i verhalf ihm zum<br />
<strong>in</strong>ternationalen Durchbruch und wurde für die<br />
beste editorische Leistung des Jahres<br />
mit dem „Echo Klassik 2008“ ausgezeichnet.<br />
Leichtes Spiel<br />
Stefan Irmer präsentiert Sigismund Thalberg, e<strong>in</strong>en der<br />
bedeutendsten Pianisten des 19. Jahrhunderts<br />
Für Sigismund Thalberg war Gioacch<strong>in</strong>o<br />
Ross<strong>in</strong>i e<strong>in</strong> musikalischer Held. Ihm widmete<br />
der deutsche Tastenvirtuose und Komponist<br />
nicht nur zahlreiche se<strong>in</strong>erzeit kaum<br />
nachspielbare Opernphantasien, er vermochte auch<br />
dessen meisterhaften Gesangsstil wie ke<strong>in</strong> anderer<br />
aufs Klavier zu übertragen. Wen wundert es, dass<br />
sich Stefan Irmer von diesem italienischen E<strong>in</strong>fluss<br />
<strong>in</strong> Thalbergs Musik <strong>in</strong>spirieren lässt, um den<br />
erfolgreichen Aufnahmen sämtlicher Klavierwerke<br />
Ross<strong>in</strong>is nun e<strong>in</strong>e furiose Erste<strong>in</strong>spielung der<br />
Etüden von Sigismund Thalberg folgen zu lassen.<br />
An Thalberg kam Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
<strong>in</strong> der adeligen Musikwelt Europas kaum jemand<br />
vorbei. Es war die Zeit der reisenden Virtuosen<br />
und des künstlerischen Wettstreits. Für He<strong>in</strong>rich<br />
Backkatalog / Diskografie<br />
Gioacch<strong>in</strong>o Ross<strong>in</strong>i:<br />
„Péchés de Vieillesse“<br />
Vol. 1: MDG 618 0654-2 Vol. 2: MDG 618 0918-2<br />
Vol. 3: MDG 618 1108-2 Vol. 4: MDG 618 1260-2<br />
Vol. 5: MDG 618 1353-2 Vol. 6: MDG 618 1386-2<br />
Vol. 7: MDG 618 1426-2 Vol. 8: MDG 618 1448-2<br />
Muzio Clementi:<br />
Klavierwerke<br />
Vol. 1: 3 Sonaten op. 40 MDG 618 0651-2<br />
Vol. 2: 3 Sonaten op. 50 MDG 618 0652-2<br />
Vol. 3: Sonate op. 25, 4-6; 33, 1+2<br />
MDG 618 0653-2<br />
George Onslow:<br />
Grand Septuour op.79, Nonett op. 77<br />
Stefan Irmer, Klavier,<br />
Consortium Classicum MDG 301 1480-2<br />
He<strong>in</strong>e war er „der“ Gentleman-Pianist. Der deutsche<br />
Dichter stellte den <strong>in</strong> Genf geborenen Sohn<br />
e<strong>in</strong>er Baron<strong>in</strong> und e<strong>in</strong>es Fürsten auf e<strong>in</strong>e Stufe mit<br />
Chop<strong>in</strong> und Liszt. In Sachen Etikette und Ausstrahlung<br />
zog er den virtuosen deutschen Romantiker<br />
sogar dem großen Konkurrenten Liszt vor.<br />
Auch Clara Schumann lobte das Spiel des <strong>in</strong> der<br />
Öffentlichkeit ausschließlich mit eigenen Werken<br />
auftretenden Pianisten <strong>in</strong> den höchsten Tönen:<br />
„Ihm missglückt ke<strong>in</strong> Ton, se<strong>in</strong>e Läufe kann man<br />
mit Perlenreihen vergleichen, se<strong>in</strong>e Oktaven s<strong>in</strong>d<br />
die schönsten, die ich je gehört.“<br />
Nach se<strong>in</strong>em phänomenalen Debut <strong>in</strong> Paris<br />
1835 bereiste Thalberg als Konzertpianist die<br />
ganze Welt. 1863 – welche Parallele zu Ross<strong>in</strong>i<br />
– zog er sich völlig aus dem Musikleben zurück,<br />
Sigismund Thalberg (1812-1871)<br />
12 Études op. 26<br />
Fantaisie op. 33 + 40<br />
Stefan Irmer, Klavier<br />
MDG 618 1551-2<br />
AUSGABE 2009/1 11<br />
Aktuelle Konzerte:<br />
Stefan Irmer<br />
11. 03. 2009 Luxemburg, Nationaltheater<br />
03. 04. 2009 Zwickau, Schumannhaus<br />
09. 05. 2009 München, Pr<strong>in</strong>zregententheater<br />
Weitere Informationen: www.stefan-irmer.de<br />
um sich bis zu se<strong>in</strong>em Tode 1871 erfolgreich<br />
dem We<strong>in</strong>bau zu widmen.<br />
Die zwölf Etüden op. 26 stellen e<strong>in</strong> komplettes<br />
Kompendium von Thalbergs legendärem<br />
Klavierstil dar, dem man die „magische dritte<br />
Hand“ unterstellte, und der bis heute für jeden<br />
Virtuosen schon alle<strong>in</strong> handwerklich e<strong>in</strong>e Herausforderung<br />
darstellt. Sie wurden <strong>in</strong> zwei Heften<br />
a 6 veröffentlicht und widmen sich jeweils<br />
e<strong>in</strong>er ganz speziellen klavieristischen Thematik.<br />
Die Fantasie über Themen aus der Ross<strong>in</strong>i-Oper<br />
Moses aus dem Jahr 1837 ist Thalbergs bekannteste<br />
Komposition. Zwar liegt die Inspiration <strong>in</strong><br />
Ross<strong>in</strong>is Opermelodien, es s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nur<br />
wenige Orig<strong>in</strong>alzitate, die der Komponist als<br />
Inspirationsquelle für eigene Erf<strong>in</strong>dungen nutzt.<br />
Und natürlich steigert er se<strong>in</strong>en ebenso orchestralen<br />
wie klanglich differenzierten Klaviersatz<br />
letztlich zu e<strong>in</strong>em unfassbaren Klangrausch.<br />
Noch <strong>in</strong>tensiver und mit selbstverständlich<br />
höchster Brillanz verarbeitet er die Ross<strong>in</strong>i-Vorlage<br />
La Donna del Lago <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Fantasie op.40.<br />
All dieses geht <strong>in</strong> Stefan Irmers unaufdr<strong>in</strong>glicher<br />
Virtuosität und se<strong>in</strong>em klangs<strong>in</strong>nigen Spiel e<strong>in</strong>e<br />
hervorragende klangliche Symbiose mit dem<br />
Ste<strong>in</strong>way-Konzertflügel von 1901 e<strong>in</strong>, den MDG<br />
mit gewohnt perfekter Klangbalance auslotet.<br />
Lisa Eranos
Joseph Haydn (1732-1809) im Porträt von Thomas Hardy (1791)<br />
Undank ist der Welt Lohn, wie wir alle<br />
aus leidvoller Erfahrung wissen. Auch<br />
<strong>in</strong> der (europäischen) Musikgeschichte<br />
stoßen wir immer wieder auf Persönlichkeiten,<br />
die zu Lebzeiten hoch geschätzt,<br />
vielleicht auch dekoriert wurden, dann aber <strong>in</strong><br />
Vergessenheit gerieten oder der Ger<strong>in</strong>gschätzung<br />
anheim fielen. Dieses Schicksal erlitt, zum<strong>in</strong>dest<br />
Teile se<strong>in</strong>es Schaffens betreffend, auch Joseph<br />
Haydn, dessen Todestag sich <strong>in</strong> diesem Jahr zum<br />
200. Mal jährt. Der Komponist, der europaweit<br />
das Publikum zu „stand<strong>in</strong>g ovations“ h<strong>in</strong>riss,<br />
wurde späterh<strong>in</strong> eher milde als „Papa Haydn“<br />
belächelt – e<strong>in</strong> zwar liebenswerter, aber doch<br />
e<strong>in</strong> bisschen verstaubter Meister aus vergangener<br />
Zeit. Mozart, ja, und Beethoven – was für<br />
große Geister! Aber Haydn? Na ja, die S<strong>in</strong>fonie<br />
Joseph Haydn<br />
Baumeister e<strong>in</strong>er Epoche<br />
mit dem Paukenschlag, oder die Abschiedss<strong>in</strong>fonie<br />
– e<strong>in</strong> lustiger Vogel ist er ja wohl gewesen,<br />
der gute Papa Haydn. Was für drollige E<strong>in</strong>fälle!<br />
Und dann natürlich die „Schöpfung“. Das ist<br />
schon was. Und die „Sonnenquartette“. Aber die<br />
ganz großen Meisterwerke, die haben <strong>in</strong> dieser<br />
Epoche eben doch Mozart oder Beethoven<br />
geschrieben. Der Haydn ist eher was zum<br />
Anwärmen, im Konzert sozusagen die Vorgruppe<br />
für den Starauftritt. Wer so denkt, tut e<strong>in</strong>em<br />
Künstler bitter unrecht, ohne den die nicht <strong>in</strong><br />
Frage stehende Meisterschaft e<strong>in</strong>es Mozart oder<br />
e<strong>in</strong>es Beethoven nicht denkbar gewesen wäre.<br />
Haydn wurde 1732 <strong>in</strong> Rohrau, Niederösterreich,<br />
geboren, als Bach, Händel und Telemann<br />
noch auf der Höhe ihres Schaffens standen, und<br />
starb 1809, als Beethoven bereits e<strong>in</strong> Name war.<br />
12 AUSGABE 2009/1<br />
Mit anderen Worten: Wie kaum e<strong>in</strong> anderer<br />
stand Haydn mit e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong> noch im Hochoder<br />
Spätbarock, mit dem anderen aber schon<br />
<strong>in</strong> der Überw<strong>in</strong>dung der Wiener Klassik durch<br />
die Romantik. Und er schaffte es, die verschiedenen<br />
Stile, den sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
<strong>in</strong> der so genannten „Mannheimer<br />
Schule“ anbahnenden Stilwandel, fortgeführt <strong>in</strong><br />
der Zeit des „Sturm und Drang“, als e<strong>in</strong> gewisser<br />
Carl Philipp Emanuel Bach mit se<strong>in</strong>en<br />
Orchesterwerken das Publikum zum We<strong>in</strong>en<br />
brachte, all dies zu kanalisieren und e<strong>in</strong>e neue,<br />
gültige Formensprache zu f<strong>in</strong>den, die das Stilempf<strong>in</strong>den<br />
e<strong>in</strong>er ganzen Musikepoche prägen<br />
sollte: die Zeit der „Wiener Klassik“. Die Instrumentalmusik<br />
dieser Zeit gründet auf zwei Gattungen:<br />
S<strong>in</strong>fonie und Streichquartett. Und für<br />
beide fand Haydn die gültige Form, ohne dies<br />
überhaupt beabsichtigt zu haben, denn der langjährige<br />
Kapellmeister <strong>in</strong> Diensten des Fürstenhauses<br />
Esterhazy war alles andere als e<strong>in</strong> Theoretiker.<br />
Und doch folgte er, der <strong>of</strong>fenbar nie<br />
e<strong>in</strong>en wirklich planmäßigen Unterricht <strong>in</strong> Komposition<br />
genossen hatte, der von allen „großen“<br />
Komponisten wohl am meisten Autodidakt war,<br />
e<strong>in</strong>em systematischen musikalischen Denken,<br />
das ihn die klassischen Formen f<strong>in</strong>den ließ. Dies<br />
ist umso erstaunlicher, als er se<strong>in</strong> Leben vorwiegend<br />
als Kapellmeister <strong>in</strong> der Abgeschiedenheit<br />
e<strong>in</strong>es Landsitzes zubrachte. Er sagt selbst: „Ich<br />
war von der Welt abgesondert, niemand <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er<br />
Nähe konnte mich an mir selbst irremachen und<br />
quälen, und so musste ich orig<strong>in</strong>al werden.“<br />
Die S<strong>in</strong>fonien<br />
Im Alter von 29 Jahren wurde Haydn auf<br />
Schloss Esterhazy angestellt, und hier entwickelte<br />
er sich über die nächsten dreißig Jahre zu<br />
e<strong>in</strong>em hauptsächlich s<strong>in</strong>fonischen Komponisten.<br />
Davor war er Kapellmeister bei Baron Fürnberg<br />
<strong>in</strong> der Nähe von Melk; dort begann er, Streichquartette<br />
zu schreiben, danach wurde er Musikdirektor<br />
im böhmischen Lukavec bei Graf Morz<strong>in</strong>.<br />
Obwohl präzise Daten fehlen, so muss es doch<br />
<strong>in</strong> dieser Zeit, von 1757 an, gewesen se<strong>in</strong>, als er<br />
se<strong>in</strong>e ersten S<strong>in</strong>fonien schrieb. Stilistisch s<strong>in</strong>d<br />
sie als Werke anzusehen, die italienische und<br />
österreichische, leichte und ernsthafte, traditionelle<br />
und moderne Elemente verb<strong>in</strong>den und überwiegend<br />
dreisätzig s<strong>in</strong>d. Strukturell gesehen<br />
besteht jeder Satz aus zwei Teilen, die jeweils<br />
wiederholt werden. Sie wurden für die ursprüngliche<br />
Besetzung Streicher, 2 Oboen, 2 Hörner<br />
und e<strong>in</strong>e Bassgruppe geschrieben, die aus
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Haydns Haus <strong>in</strong> der<br />
Vorstadt W<strong>in</strong>dmühle,<br />
unbezeichnete<br />
Lithographie (1840)<br />
Nikolaus I., „der<br />
Prachtliebende“, Graf<br />
und später Fürst<br />
Esterházy de Galantha<br />
(1714 - 1790)<br />
Cello, Kontrabass, Fagott und Cembalo bestand.<br />
In den langsamen Sätzen spielten nur die Streicher.<br />
Schon <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en ersten Versuchen im Bereich<br />
der S<strong>in</strong>fonik (nicht weniger als 104 Werke<br />
<strong>in</strong> dieser Gattung sollte er schreiben) f<strong>in</strong>den<br />
sich Versuche, e<strong>in</strong>e ausgewogene, „symmetrische“<br />
Form zu f<strong>in</strong>den, wie dies die auf Musicaphon<br />
(M 56886) erschienene E<strong>in</strong>spielung der „S<strong>in</strong>fonien<br />
A und B“ durch das Ensemble il capriccio<br />
unter Leitung von Friedemann Wezel sehr deutlich<br />
nachvollziehen lässt.<br />
Direkt daran anschließend, ebenfalls <strong>in</strong> historischer<br />
Aufführungspraxis, ist die Haydn-Aufnahme<br />
der S<strong>in</strong>fonien 1 bis 5 von Hyperion mit<br />
Roy Goodman und der Hanover Band – e<strong>in</strong> großartiges<br />
Hörvergnügen (CDH 55111). Mit se<strong>in</strong>em<br />
lebendigen und kraftvollen Spiel und der Klarheit<br />
im Ausdruck gel<strong>in</strong>gt es dem Orchester sehr überzeugend,<br />
das ganz besondere Flair dieser Musik<br />
e<strong>in</strong>zufangen. Diese e<strong>in</strong>fallsreichen Interpretationen<br />
gehören zu den besten Aufnahmen der Haydn-<br />
S<strong>in</strong>fonien auf historischen Instrumenten.<br />
Wie Haydn se<strong>in</strong>en kompositorischen Ansatz<br />
weiterentwickelte, schließlich zu e<strong>in</strong>em an Ebenmaß<br />
nicht mehr zu übertreffenden Ganzen fand,<br />
lässt sich wunderbar an Spätwerken studieren:<br />
den „Londoner S<strong>in</strong>fonien“. Wie war es überhaupt<br />
zu diesen Werken gekommen?<br />
1790 starb Fürst Nikolaus von Esterhazy; se<strong>in</strong><br />
Nachfolger war völlig unmusikalisch, entließ die<br />
gesamte H<strong>of</strong>musik und schickte Haydn <strong>in</strong> Pension.<br />
Dieser akzeptierte darauf e<strong>in</strong> lukratives Angebot<br />
des Konzertunternehmers und Musikers Johann<br />
Peter Salomon, 1791–1792 und nochmals<br />
1794–1795 nach England zu gehen und dort<br />
se<strong>in</strong>e Werke aufzuführen. Das Publikum stürmte<br />
die Konzerte, und Haydn erwarb schnell Ruhm<br />
und Vermögen. Und „nebenbei“ entstanden so<br />
e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er bekanntesten Werke, darunter die<br />
AUSGABE 2009/1 13<br />
„S<strong>in</strong>fonie mit dem Paukenschlag“, die „Militärs<strong>in</strong>fonie“,<br />
die „Londoner S<strong>in</strong>fonie“…<br />
Es ist der Haydn Philharmonie unter Leitung<br />
von Adam Fischer zu verdanken, dass wir nicht<br />
nur e<strong>in</strong>e ältere Gesamtaufnahme, sondern jetzt<br />
frisch auf SACD für das Label MDG e<strong>in</strong>gespielt<br />
auch e<strong>in</strong>e absolut spannende Neuaufnahme<br />
eben dieser Londoner S<strong>in</strong>fonien vorliegen haben.<br />
Der bis heute unveränderte Haydn-Saal des Esterhazy-Schlosses<br />
bildet bei diesen Aufnahmen die<br />
historische Klangkulisse, e<strong>in</strong> barocker Ballsaal,<br />
dessen wunderbar kostbaren Marmorboden<br />
Joseph Haydn e<strong>in</strong>st gegen schlichte Holzdielen<br />
austauschen wollte: Der Fürst gehorchte – und<br />
das alles nur der bemerkenswerten Akustik wegen,<br />
welche sich den vorliegenden Aufnahmen wohltuend<br />
mitteilt.<br />
Vermutlich die erste S<strong>in</strong>fonie, die Haydn <strong>in</strong><br />
London präsentierte, war die S<strong>in</strong>fonie Nr. 92 –<br />
er dirigierte sie e<strong>in</strong> zweites Mal <strong>in</strong> Oxford, als<br />
man ihn dort zum Doktor der Musik machte.<br />
Aufgrund dieser Aufführung hat sich für die<br />
S<strong>in</strong>fonie der Be<strong>in</strong>ame „Oxford“ e<strong>in</strong>gebürgert.<br />
Eigentlich müsste man sie eher „Paris“ nennen,<br />
denn Haydn hatte sie ursprünglich für die „Loge<br />
Olympique", e<strong>in</strong>e freimaurerische Pariser Konzertgesellschaft,<br />
geschrieben.<br />
In London traf Haydn zweifellos auf ausgesprochen<br />
aufmerksame und mitdenkende Zuhörer<br />
– doch zugleich scheute er sich nicht, se<strong>in</strong>e<br />
Uraufführungen mit Überraschungseffekten zu<br />
garnieren. Der berühmteste davon f<strong>in</strong>det sich im<br />
langsamen Satz der S<strong>in</strong>fonie Nr. 94, die Haydn<br />
am 23. März 1792 <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er zweiten Londoner<br />
Konzertsaison uraufführte. Dass Haydn mit dem<br />
Paukenschlag aus heiterem Himmel die <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Konzert e<strong>in</strong>geschlafenen Engländer zu wecken<br />
gedachte, dementierte er später heftig. Die schier<br />
atemberaubende audiophile Variante des Paukenschlags<br />
bei Adam Fischer (MDG 901 1325-6)<br />
hätte den Meister noch mehr begeistert...<br />
Haydns Augenzw<strong>in</strong>kern übertrug sich auch auf<br />
die Musikanten, was man auf MDG 901 1441-6<br />
überprüfen kann: Inmitten e<strong>in</strong>er Aufführung der<br />
S<strong>in</strong>fonien<br />
S<strong>in</strong>fonie A & B + W.A. Mozart<br />
Fagottkonzert B-Dur / Viol<strong>in</strong>konzert Nr. 1<br />
Ensemble il capriccio<br />
Musicaphon M56886<br />
S<strong>in</strong>fonien 1 – 5<br />
The Hanover Band / Roy Goodman, Dirigent<br />
Hyperion CDH 55111<br />
S<strong>in</strong>fonien Nr. 60 und Nr. 61 / Ouvertüre D-Dur<br />
Heidelberger S<strong>in</strong>foniker / Thomas Fey, Ltg.<br />
hänssler <strong>CLASS</strong>IC 98.522<br />
S<strong>in</strong>fonien Nr. 88 + 101<br />
Ouvertüre „L’isola disabitata“<br />
MDG 901 1441-6 (SACD)<br />
S<strong>in</strong>fonien Nr. 92 + 94<br />
Ouvertüre „La fedeltà premiata“<br />
Haydn-Philharmonie / Adam Fischer, Leitung<br />
MDG 901 1325-6 (SACD)
S<strong>in</strong>fonien<br />
S<strong>in</strong>fonien Nr. 97 + 102<br />
Ouvertüre „L’anima del filos<strong>of</strong>o“<br />
Haydn-Philharmonie<br />
Adam Fischer, Dirigent<br />
MDG 901 1452-6 (SACD)<br />
Londoner S<strong>in</strong>fonien Vol.2<br />
S<strong>in</strong>fonien 94, 101, 102<br />
Collegium Musicum 90<br />
Richard Hickox, Dirigent<br />
Chandos CHAN 0662<br />
S<strong>in</strong>fonien 95,103,104<br />
Collegium Musicum 90<br />
Richard Hickox, Dirigent<br />
Chandos CHAN 0655<br />
S<strong>in</strong>fonie 100 / S<strong>in</strong>fonia Concertante<br />
L’isola disabitata<br />
Netherland Chamber Orchestra<br />
Gordan Nikoliç, Viol<strong>in</strong>e und Dirigent<br />
Pentatone PTC 5186300<br />
Ouvertüre zur Oper „La fedeltà premiata“ verschwanden<br />
die Hornisten von der Bühne, um im<br />
geeigneten Moment an anderer Stelle des Konzertsaales<br />
erneut <strong>in</strong>s Spiel e<strong>in</strong>zugreifen – e<strong>in</strong>e<br />
Überraschung nicht nur für den Dirigenten<br />
und das Publikum, sondern auch für den Hörer<br />
dieser Mehrkanalproduktion.<br />
Noch mehr Verwirrung stiftete der österreichische<br />
Komponist <strong>in</strong> London, als er dort die<br />
Aufführung se<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>fonien bei den „Salomon’s<br />
Concerts“ höchstpersönlich leitete. Eigentlich wäre<br />
diese Aufgabe dem Konzertmeister Johann Peter<br />
Salomon zugefallen. Doch selbst die britische<br />
Presse räumte e<strong>in</strong>, dass Haydns Dirigat e<strong>in</strong>en<br />
Großteil des Erfolgs der Konzertreihe ausgemacht<br />
hatte. Se<strong>in</strong>en Freund Salomon „ehrte“ er ausdrücklich<br />
am Ende des Trios mit dem H<strong>in</strong>weis „Salomon<br />
solo“, e<strong>in</strong>er w<strong>in</strong>zigen, absolut belanglosen Passage,<br />
die der gefeierte Solist e<strong>in</strong>e Oktave höher zu<br />
spielen hat – „ma piano“, wie der Komponist<br />
augenzw<strong>in</strong>kernd anmerkt (MDG 901 1452-6).<br />
E<strong>in</strong>en anderen <strong>in</strong>terpretatorischen Ansatz<br />
verfolgt das Niederländische Kammerorchester,<br />
bei dem der musikalische Leiter und Konzertmeister<br />
Gordan Nikoliç vom ersten Pult aus das<br />
Orchester leitet. Dies folgt dem historischen Vorbild,<br />
denn noch bis <strong>in</strong> Haydns Zeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> gab es<br />
den Dirigenten, wie wir ihn kennen, nur <strong>in</strong> absoluten<br />
Ausnahmefällen – wenn die Besetzung und<br />
Komplexität e<strong>in</strong>es Werkes e<strong>in</strong>e Leitung vom ersten<br />
Pult (oder durch den Cembalisten) nicht zuließ.<br />
Auf Pentatone (PTC 5186300) ist e<strong>in</strong>e SACD<br />
erschienen, die Haydns „S<strong>in</strong>fonia concertante“<br />
und die S<strong>in</strong>fonie Nr. 100 vorstellt. Die S<strong>in</strong>fonia<br />
Concertante wurde am 9. März 1792 aus der<br />
Taufe gehoben, und Publikum und Presse<br />
reagierten außergewöhnlich enthusiastisch auf<br />
das Werk. Am 31. März 1794 stellte Haydn dem<br />
Publikum se<strong>in</strong>e S<strong>in</strong>fonie Nr. 100 vor, die „Militärische“,<br />
die <strong>in</strong> späteren Ausgaben auch unter<br />
dem Titel „Türkische S<strong>in</strong>fonie“ erschienen ist.<br />
In jüngster Zeit wird das Stück öfters als antimilitaristische<br />
und Anti-Kriegs-S<strong>in</strong>fonie <strong>in</strong>terpretiert.<br />
Es ist aber durchaus fraglich, ob das<br />
der Intention Haydns gerecht wird.<br />
Dass Haydn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Londoner S<strong>in</strong>fonien<br />
neben der üblichen Streicherbesetzung je zwei<br />
Flöten, Oboen, Klar<strong>in</strong>etten und Fagotte verwendet,<br />
zeigt zwar die Partitur an – aber so gut wie<br />
<strong>in</strong> den auf Chandos erschienenen Aufnahmen<br />
(0662, 0655) mit dem Collegium Musicum 90<br />
14 AUSGABE 2009/1<br />
Haydn-Saal des Esterházy-Schlosses<br />
unter der Leitung von Richard Hickox konnte<br />
man es bislang kaum hören! Hickox grundiert<br />
die Musik nicht nur, er formt e<strong>in</strong>en räumlichen,<br />
reliefartigen Körper, hier satt, dort elegant, hier<br />
durchsche<strong>in</strong>end, dort wie aus dem Innersten<br />
des Klangs. Hickox' „barocker“ Sound erreicht<br />
klassische Schwerelosigkeit, gerade <strong>in</strong>dem man<br />
ihre <strong>in</strong>tensive Erdung spürt.<br />
S<strong>in</strong>fonien aus früherer Zeit (Nr. 60 und 61)<br />
haben, zusammen mit der Ouvertüre Hob. Ia:7,<br />
vol. 10, die Heidelberger S<strong>in</strong>foniker unter der<br />
Leitung von Thomas Frey auf Hänssler (98.522)<br />
veröffentlicht. Der E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> dieses Programm<br />
durch Eckardt van den Hoogen s<strong>in</strong>d<br />
viele <strong>in</strong>teressante Bemerkungen über Haydns<br />
Kompositionsweise zu entnehmen, weshalb hier<br />
auszugsweise zitiert sei:<br />
„Verloren g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> der Nacht vom 18. November<br />
1779, als das gesamte Theater von Schloss<br />
Esterhazy abbrannte, auch viele Partituren Haydns.<br />
So dürfte die Musik zu mehreren Marionettenopern<br />
endgültig dah<strong>in</strong> se<strong>in</strong>, bis auf e<strong>in</strong>ige Fragmente,<br />
die sich durch Übernahme <strong>in</strong> andere<br />
Stücke erhielten wie die Ouvertüre D-Dur Hob.<br />
Ia:7. Ursprünglich endete daher das Presto auch<br />
nicht mit dem heutigen Konzertschluss: Den ergänzte<br />
Haydn erst, als er den Satz für die zweite<br />
Fassung se<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>fonie Nr. 53 benutzte.<br />
Überhaupt: Haydn und das Presto! Nehmen<br />
wir nur das F<strong>in</strong>ale der S<strong>in</strong>fonie Nr. 61 D-Dur von<br />
1776: Ob ‚programmatisch’ oder nicht – nur<br />
e<strong>in</strong> unheilbarer Melancholiker wird hier gleichgültig<br />
bleiben angesichts der raff<strong>in</strong>ierten Andeutungen<br />
e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en ‚Chasse’. Wer könnte es<br />
sich leisten, im Kopfsatz e<strong>in</strong> zweites ‚Thema’ zu<br />
verwenden, das aus nichts als der Grundkadenz<br />
besteht, wer die Luftlöcher komponieren, die<br />
dem Flötensolo vorangehen, das dann doch e<strong>in</strong>e<br />
Art Thema wird? Haydn tut es, und alles wirkt<br />
selbstverständlich und unbeschwert.<br />
Klar ist bei der 60. S<strong>in</strong>fonie der Ursprung<br />
des Werks, <strong>in</strong> dem sich alle Erztugenden Joseph<br />
Haydns wie Perlen aufreihen. Was 1774 die<br />
Musik zu der Komödie ‚Le Distrait’ von Jean-<br />
François Regnard war, das fügte Haydn zu e<strong>in</strong>em<br />
Konzertwerk aus sechs Sätzen, das er e<strong>in</strong>fach<br />
‚S<strong>in</strong>fonie’ nannte! Er präsentiert uns e<strong>in</strong>e Ouvertüre<br />
nebst mehreren Entr’actes, die e<strong>in</strong> wenig<br />
unorthodox verlaufen: Im Andante sollen die<br />
Streicher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e, die Bläser aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ganz<br />
andere Stimmungsrichtung; im Trio des Menuetts<br />
kippt, was tragisch anhebt, durch die falschen<br />
Vorzeichen der Oboe und ersten Viol<strong>in</strong>e <strong>in</strong>s<br />
Lächerliche; das Presto hätte die e<strong>in</strong>e oder
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />
Eigenhändige Partitur der E<strong>in</strong>lagearie<br />
„Chi vive amante“ von Joseph Haydn für die<br />
Partie der Erissena <strong>in</strong> der Oper „Alessandro<br />
nell’Indie“ von Francesco Bianchi<br />
andere formale Korrektur nötig. Nun aber, wo<br />
wir glauben könnten, e<strong>in</strong>e etwas ‚unmögliche’<br />
S<strong>in</strong>fonie sei zu Ende, folgt das eigentliche Adagio:<br />
Léandre, der ‚Zerstreute’, hat nicht vergessen –<br />
im Gegensatz zu dem Kapellmeister und den<br />
ersten Geigen, die vor dem Anfang des kurzen<br />
Nachspiels auf jeden Fall hätten nachstimmen<br />
sollen. So prescht man Prestissimo los und bemerkt<br />
erst nach e<strong>in</strong>igen Takten den Fehler.“<br />
Oper<br />
Nicht weniger als dreimal ist Haydn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Leben durch Feuer zu Schaden gekommen.<br />
Man kann nur darüber spekulieren, wie viele<br />
Werke des Meisters auf diese Weise unwiederbr<strong>in</strong>glich<br />
verloren g<strong>in</strong>gen. Bei dem erwähnten<br />
Brand im Theater, wen wundert es, s<strong>in</strong>d natürlich<br />
vor allem Bühnenwerke verbrannt. Ohneh<strong>in</strong><br />
wird Haydn heute vor allem als Komponist von<br />
S<strong>in</strong>fonien, Streichquartetten und Klaviersonaten<br />
wahrgenommen – dabei ist se<strong>in</strong> Schaffen im<br />
Bereich der Vokalmusik nicht weniger umfangreich,<br />
aber abseits der späten Oratorien<br />
(„Schöpfung“, „Jahreszeiten“) kaum bekannt.<br />
Se<strong>in</strong> frühester Versuch im Bereich der Oper war<br />
„Acide“, e<strong>in</strong> „Festa teatrale“, geschrieben für<br />
die Hochzeit von Fürst Anton Esterhazy und<br />
Gräf<strong>in</strong> Maria Theresia Erdödy am 11.1.1763 <strong>in</strong><br />
Eisenstadt. Dieses Frühwerk ist jetzt auf BIS<br />
als SACD erschienen; es musiziert die Haydn<br />
S<strong>in</strong>fonietta Wien unter der Leitung von Manfred<br />
Huss (BIS-SACD-1812). Vier Arien und die<br />
meisten Rezitative dieser Urfassung s<strong>in</strong>d verlo-<br />
AUSGABE 2009/1 15<br />
ren, doch konnte Manfred Huss für diese E<strong>in</strong>spielung<br />
auf spätere Ergänzungen Haydns zurückgreifen,<br />
die der für e<strong>in</strong>e zweite, nicht mehr<br />
realisierte Produktion 1773 geschaffen hatte.<br />
Messen<br />
Mit se<strong>in</strong>en zwölf „Londoner S<strong>in</strong>fonien“ hatte<br />
Joseph Haydn den Gipfel der Kunst erobert. Die<br />
Jahre, <strong>in</strong> denen er als Pionier, Experimentator,<br />
Wegbereiter und Visionär dieser Gattung der<br />
Instrumentalmusik ungeahnte Perspektiven<br />
erschlossen hatte, fanden <strong>in</strong> der unvergleichlichen<br />
Werkreihe ihre Vollendung und ihr Ziel.<br />
Es war undenkbar, dass Haydn nach se<strong>in</strong>en<br />
triumphalen Gastspielen <strong>in</strong> London, nach se<strong>in</strong>er<br />
Rückkehr <strong>in</strong> den Dienst der Esterhazys, noch<br />
e<strong>in</strong>mal S<strong>in</strong>fonien schriebe – zumal unter der<br />
Herrschaft des neuen Fürsten, e<strong>in</strong>es arroganten<br />
Lebemannes von konservativem musikalischem<br />
Geschmack. Doch ihm, Nikolaus II., stand nach<br />
derlei ohneh<strong>in</strong> nicht der S<strong>in</strong>n. Obwohl dieser<br />
Aristokrat e<strong>in</strong>e alles andere als fromme Ges<strong>in</strong>nung<br />
an den Tag legte und das Vermögen se<strong>in</strong>er<br />
Vorväter bei luxuriösen Vergnügungen und<br />
ungezählten Affären verprasste, hegte er e<strong>in</strong>e an<br />
Bigotterie grenzende Vorliebe für die Kirchenmusik.<br />
Und so wurde dem aus England heimgekehrten<br />
Esterhazy’schen Kapellmeister Haydn<br />
die Pflicht auferlegt, „aus billiger Anordnung“<br />
se<strong>in</strong>es Regenten „alljährlich e<strong>in</strong>e neue Mess zu<br />
komponieren“, die am oder zum Namenstag der<br />
Fürst<strong>in</strong> Maria Josepha Hermenegild <strong>in</strong> Eisenstadt<br />
aufgeführt werden sollte: Jahr um Jahr an<br />
den Festen Mariae Geburt oder Mariae Namen<br />
im September. Diesem Anlass und Auftrag verdanken<br />
wir fünf jener sechs Messen, die der<br />
Oper<br />
Acide / Festa teatrale<br />
Haydn S<strong>in</strong>fonietta<br />
Manfred Huss, Dirigent<br />
BIS-SACD-1812<br />
Messen<br />
Harmoniemesse<br />
Solisten, Gäch<strong>in</strong>ger Kantorei Stuttgart<br />
Radio-S<strong>in</strong>fonieorchester Stuttgart des SWR<br />
Heiligmesse<br />
Solisten, Oregon Bach Festival<br />
Chorus und Orchestra<br />
Helmuth Rill<strong>in</strong>g, Dirigent<br />
hänssler <strong>CLASS</strong>IC 98.538<br />
Sämtliche Messen<br />
Collegium Musicum 90<br />
Richard Hickox, Dirigent<br />
Chandos CHAN 0734<br />
Große Orgelmesse / Missa Celensis<br />
Collegium Musicum 90<br />
Richard Hickox, Dirigent<br />
Chandos CHAN 0674
Klavierwerke<br />
Klaviersonaten<br />
23, 24, 32, 37, 40, 41, 43, 46, 50, 52<br />
Marc-André Hamel<strong>in</strong><br />
Hyperion CDA 67554 (2 CDs)<br />
Klavierkonzerte D-Dur, F-Dur, D-Dur, G-Dur<br />
Ronald Brautigam,<br />
Concerto Copenhagen / Lars Ulrik Mortensen<br />
BIS-CD-1318<br />
Klaviersonaten 20, 39, 40, 43, 50<br />
Malcom Bilson<br />
CLAVES CLA 50-2501<br />
Klavierwerke<br />
Capriccio G-Dur, Sonaten e-Moll, c-Moll, Es-Dur,<br />
Variationen f-Moll, Fantasie C-Dur<br />
András Schiff<br />
Hungaroton HDVD32441 (DVD)<br />
Joseph Haydn um ca.1770<br />
Porträt von Ludwig Guttenbrunn<br />
Komponist an der Wende zum 19. Jahrhundert<br />
schuf, bewegende Zeugnisse e<strong>in</strong>er tiefen, reflektierten<br />
Religiosität und e<strong>in</strong>es musikalisch<br />
überreichen Spätwerks. Ludwig van Beethoven<br />
sprach ehrfürchtig von den „unnachahmlichen<br />
Meisterstücken des großen Haydn“. Zwei dieser<br />
Meisterwerke s<strong>in</strong>d nun auf Hänssler erschienen<br />
(98.538): Die „Harmoniemesse“ (mit der Gäch<strong>in</strong>ger<br />
Kantorei) und die „Heiligmesse“ (mit dem<br />
Oregon Bach Festival Choir). Die Leitung der<br />
Aufnahme hat Helmuth Rill<strong>in</strong>g.<br />
E<strong>in</strong>e der wenigen Aufnahmen von Haydns<br />
„Mariazeller Messe“, die auf CD erhältlich ist,<br />
ist auf Chandos 0674 erschienen – zusammen<br />
mit der „großen Orgelmesse“. Und wer sich<br />
sämtliche Messen Haydns anhören will, dem sei<br />
Chandos 0734 empfohlen: Richard Hickox' mit<br />
Lob überhäufte Edition (mit dem Collegium<br />
Musicum 90) ist nun endlich auch gesammelt <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Box erhältlich. Auf historischen Instrumenten<br />
<strong>in</strong>terpretiert, kommen die teilweise nahezu<br />
unbekannten Werke hier besonders zur Geltung.<br />
Sonstige Orchesterwerke<br />
und Konzerte,<br />
Kammermusik<br />
Vor se<strong>in</strong>er langen und erfolgreichen Zeit als<br />
musikalischer Direktor am Schloss Esterhazy war<br />
Haydn als junger Komponist Musikdirektor des<br />
Grafen Karl von Morz<strong>in</strong> auf Schloss Lukavec bei<br />
Pilsen. Im 18. Jahrhundert gab es an diesen<br />
Höfen e<strong>in</strong>e so genannte „Harmoniemusik", e<strong>in</strong>e<br />
Orchesterbesetzung aus Holz- und Blechbläsern,<br />
die ungefähr um 1770 entstand und besonders<br />
für Freiluftkonzerte oder Tafelmusiken e<strong>in</strong>gesetzt<br />
wurde. Die für e<strong>in</strong>e auf Campanella unter<br />
Best.nr. C130069 erschienene CD von Hansjörg<br />
Schellenberger und dem Haydn Ensemble e<strong>in</strong>gespielten<br />
8 Divertimenti schrieb Haydn für die<br />
Harmoniemusik des Grafen Morz<strong>in</strong>.<br />
Divertimenti hatte der H<strong>of</strong>kapellmeister zur<br />
abendlichen Unterhaltung der Herrschaften<br />
natürlich auch <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erer Besetzung zu<br />
schreiben. Das Belvedere-Trio Wien hat zehn<br />
der Baryton-Trios (Liebl<strong>in</strong>gs<strong>in</strong>strument des<br />
Fürsten Esterhazy) für die moderne Besetzung<br />
Viol<strong>in</strong>e, Viola und Cello adaptiert, e<strong>in</strong>e Bearbeitung,<br />
die übrigens auch Haydn selbst bei<br />
vielen dieser Trios vornahm – wohl, um ihre<br />
Verbreitung zu fördern. Das Baryton war eben<br />
e<strong>in</strong> zu exotisches Instrument.<br />
16 AUSGABE 2009/1<br />
Überhaupt hat Haydn ja nicht nur S<strong>in</strong>fonien<br />
komponiert. Zum Haydn-Jahr 2009 hat BIS e<strong>in</strong>e<br />
Zusammenarbeit mit der Haydn S<strong>in</strong>fonietta<br />
Wien begonnen, die vor allem auf die E<strong>in</strong>spielung<br />
wenig bekannter Werke des Meisters<br />
abzielt, <strong>in</strong>cl. Bühnenmusiken, Konzertarien und<br />
Orchesterwerke. BIS-CD-1796 br<strong>in</strong>gt mit den<br />
Werken für Baryton, hier allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Orig<strong>in</strong>al<strong>in</strong>strumentierung,<br />
und den acht Notturni für<br />
den König von Neapel, entstanden 1790, sowie<br />
den sechs Scherzandi von 1761 Kompositionen,<br />
die e<strong>in</strong>en weiten Zeitraum abdecken und weith<strong>in</strong><br />
unbekannt s<strong>in</strong>d.<br />
Die meisten Konzerte Haydns für Tasten<strong>in</strong>strumente<br />
und Orchester sche<strong>in</strong>en eigentlich<br />
für die Orgel gedacht gewesen zu se<strong>in</strong>. Allesamt<br />
entstanden sie vor 1784, zu e<strong>in</strong>er Zeit, als<br />
Mozart se<strong>in</strong>e ersten Meisterwerke <strong>in</strong> diesem<br />
Genre vorlegte. Ob Haydn die Komposition von<br />
Klavierkonzerten aufgab, nachdem er Mozart<br />
gehört und festgestellt hatte, dass er auf diesem<br />
Gebiet mit dem jungen Kollegen nicht konkurrieren<br />
konnte? Auf e<strong>in</strong>er mehrfach ausgezeichneten<br />
E<strong>in</strong>spielung hat sich Ronald Brautigam<br />
als Spezialist für historische Aufführungspraxis<br />
dieses Genres angenommen. Er musiziert am<br />
Fortepiano auf BIS-CD-1318 zusammen mit<br />
dem Concerto Copenhagen unter der Leitung<br />
von Lars Ulrik Mortensen.<br />
Um 1781 war e<strong>in</strong>e enge Freundschaft zwischen<br />
Haydn und Mozart entstanden, dessen<br />
Werk er schon über Jahre h<strong>in</strong>weg bee<strong>in</strong>flusst<br />
hatte. Die zwei Komponisten genossen es, <strong>in</strong><br />
Streichquartetten zusammen zu spielen. Haydn<br />
war sehr von Mozarts Werk bee<strong>in</strong>druckt. Es<br />
ist augenfällig, dass Haydn zu dieser Zeit<br />
großenteils aufhörte, Opern und Konzerte zu<br />
schreiben – zwei der Gattungen, <strong>in</strong> denen Mozart<br />
am stärksten war. Mozart dagegen arbeitete
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />
Joseph Haydns eigenhändiges<br />
„Verzeichnis der Operntextbüchern“<br />
hart daran, sechs Streichquartette zu schreiben,<br />
die mit dem Niveau mithalten konnten, das<br />
Haydn mit se<strong>in</strong>er kurz davor vollendeten Reihe<br />
op. 33 erreicht hatte; als Mozart damit fertig<br />
war, widmete er die Quartette se<strong>in</strong>em Freund.<br />
Drei dieser herausragenden Streichquartette<br />
Haydns aus op. 33 hat vor e<strong>in</strong>iger Zeit<br />
das Quatuor Terpsychorde auf historischen<br />
Instrumenten (Darmsaiten) bei Claves e<strong>in</strong>gespielt<br />
(CLA50-2608). Mit diesen Werken schuf<br />
Haydn e<strong>in</strong>en grundlegenden Wandel <strong>in</strong> Form<br />
und Stil des Streichquartetts. So tritt das<br />
Scherzo an die Stelle des Menuetts, und zwar<br />
meist im zweiten Satz, die Rhythmik ist von<br />
subtilen Kontrasten geprägt, und die breit angelegte<br />
Melodik verhilft e<strong>in</strong>er tiefen Emotionalität<br />
zum Durchbruch. Die thematische Arbeit<br />
ist von bemerkenswerter Intensität; hier kommt<br />
der seit Johann Sebastian Bach verloren geglaubte<br />
„Klangraum“ wieder <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er ganzen<br />
Fülle zum Tragen.<br />
Später entstandene Quartette aus op. 77<br />
und 103 legt das Edd<strong>in</strong>g Quartet auf EtCetera<br />
KTC 1379 vor. Die leidenschaftliche und farbenreiche<br />
Darbietung <strong>in</strong> historischer Aufführungspraxis<br />
lässt uns fast glauben, dass diese Quartette<br />
Haydns gerade erst komponiert wurden.<br />
Im Jahr 2007 gründeten die beiden Musiker<br />
Paul De Clerck und Ageet Zweistra das Edd<strong>in</strong>g<br />
AUSGABE 2009/1 17<br />
Quartet <strong>in</strong> der Vorstellung, das „klassische<br />
Streichquartett – Repertoire“ auf historisch<br />
korrekten Instrumenten und mit dem den Musikern<br />
ganz eigenen Verständnis von Interpretation<br />
vorzutragen.<br />
E<strong>in</strong>e Sonderstellung im Schaffen nehmen<br />
„Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am<br />
Kreuze“, e<strong>in</strong>e Passionsmusik für Orchester aus<br />
dem Jahr 1786, die Haydn im Auftrag e<strong>in</strong>es Priesters<br />
für die traditionelle Karfreitagszeremonie<br />
<strong>in</strong> der kle<strong>in</strong>en Kapelle Santa Cueva im südspanischen<br />
Càdiz komponiert hatte, bevor er sie<br />
später selbst fürs Streichquartett bearbeitete.<br />
Die Vorgaben für den H<strong>of</strong>kapellmeister <strong>in</strong><br />
Schloss Esterhazy waren präzise: Sieben Instrumentalsätze<br />
<strong>in</strong> getragenem Tempo sollten im<br />
Wechsel mit der Lesung und der Deutung der<br />
Christusworte als Meditationsmusik vorgetragen<br />
werden, um den Gläubigen Gelegenheit zur<br />
Andacht zu geben. Für belebende Dynamikwechsel<br />
und andere Kunstgriffe des Komponistenhandwerks<br />
blieb da ke<strong>in</strong> Spielraum.<br />
Zuerst bittet Jesus um Vergebung für se<strong>in</strong>e<br />
Pe<strong>in</strong>iger, dann wendet er sich an die Mitgekreuzigten,<br />
schließlich steht Maria im Mittelpunkt…<br />
E<strong>in</strong>em Erdbeben gleich, schildert<br />
Haydn im letzten Satz den Tod des Gekreuzigten:<br />
Synkopen, Akzente auf leichten Taktzeichen,<br />
rhythmische Figuren, die sich nicht mehr <strong>in</strong><br />
den Dreiertakt e<strong>in</strong>fügen – der Boden gerät <strong>in</strong>s<br />
Wanken, die Schwerkraft wird aufgehoben, die<br />
Klavierwerke<br />
Klaviertrio 12, 25, 27, 29<br />
Wiener Klaviertrio<br />
MDG 342 1556-2<br />
Die Londoner Sonaten No 60-62<br />
Ludger Rémy / Broadwood Hammerflügel von 1794<br />
Audiomax 704 0251-2<br />
Kammermusik<br />
Streichquartette op. 77 Nr. 1 + 2 / op. 103<br />
Edd<strong>in</strong>g Quartet<br />
KTC 1379<br />
Divertimenti für Holzbläser<br />
Haydn Ensemble Berl<strong>in</strong><br />
Campanella C 130060<br />
Streichquartette op.33 Nr.1,2,5<br />
Quatuor Terpsycordes<br />
Claves CLA50-2608
Kammermusik<br />
Musik für Fürst Esterházy u. d. König v. Neapel<br />
Haydn S<strong>in</strong>fonietta / Manfred Huss, Dirigent<br />
BIS-CD-1796 (6 CDs)<br />
Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuz<br />
Leipziger Streichquartett<br />
MDG 907 1550-6 (SACD)<br />
Divertimenti Hob. IV: 6-11<br />
Paul Meisen, Flöte / Ernö Sebestyen, Viol<strong>in</strong>e<br />
Mart<strong>in</strong> Ostertag, Violoncello<br />
MDG 302 0363-2<br />
Konzerte<br />
Joseph Haydn, Trompetenkonzert Es-Dur,<br />
S<strong>in</strong>fonie Nr. 83 „La Poule“<br />
Michael Haydn, Trompeten-Concerti, Serenade<br />
Wolfgang Bauer, Trompete<br />
Württembergisches Kammerorchester Heilbronn,<br />
Ruben Gazarian, Dirigent<br />
MDG 601 1395-2 (CD)<br />
MDG 901 1395-6 (SACD)<br />
Katastrophe ist da. Wie sich das anhört, erfahren<br />
wir auf der brandaktuellen SACD-E<strong>in</strong>spielung<br />
mit dem wie immer hervorragenden<br />
Leipziger Streichquartett (MDG 907 1550-6)<br />
Das Wiener Publikum sehnte sich nach<br />
hochwertigen Alternativen zum Streichquartett.<br />
Mit se<strong>in</strong>em e-Moll-Trio (Hob. XV:12) erfüllte<br />
Haydn 1789 noch vor se<strong>in</strong>en England-Reisen<br />
die Erwartungen voll und ganz. Kaum fertig<br />
gestellt, wurde es ihm von se<strong>in</strong>en Verlegern<br />
schon förmlich aus den Händen gerissen. Was<br />
kaum e<strong>in</strong>er bemerkte: Den unterhaltsamen<br />
Gesellschaftston früherer Jahre hatte der Komponist<br />
längst h<strong>in</strong>ter sich gelassen. Er schuf e<strong>in</strong><br />
außergewöhnlich kontrastreiches und leidenschaftliches<br />
Werk, das deutlich den E<strong>in</strong>fluss<br />
se<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>fonien zeigt.<br />
Angespornt durch die Erfolge se<strong>in</strong>er Werke<br />
sowie die Erwartungen von Publikum und Verleger,<br />
ließ sich Haydn während der zweiten<br />
England-Reise <strong>in</strong> den Jahren 1794/95 zusätzlich<br />
von der Pianist<strong>in</strong> Therese Jansen-Bartolozzi zu<br />
se<strong>in</strong>en bedeutendsten Trios <strong>in</strong>spirieren. Die<br />
Tochter e<strong>in</strong>es Aachener Tanzlehrers war für<br />
Haydn damals e<strong>in</strong>e der begabtesten Pianist<strong>in</strong>nen<br />
überhaupt, hielt er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Londoner Notizbuch<br />
fest. Haydn widmete ihr die beiden Trios<br />
C-Dur und Es-Dur (Hob. XV:27 und 29) und<br />
stand ihr außerdem bei der Hochzeit mit e<strong>in</strong>em<br />
Kunsthändler als Trauzeuge zur Seite.<br />
Das Wiener Klaviertrio lässt mit se<strong>in</strong>er<br />
exquisiten Aufnahme von vier Klaviertrios aus<br />
der mittleren und späten Schaffensphase aufhorchen,<br />
darunter das äußerst populäre<br />
„Zigeunertrio“ (MDG 342 1556-2) Ke<strong>in</strong>e Frage:<br />
Hier f<strong>in</strong>den Wiener Charme und sprichwörtlicher<br />
Haydnscher Witz zu e<strong>in</strong>er zw<strong>in</strong>genden<br />
und absolut elektrisierenden Wiedergabe.<br />
Klavierwerke<br />
Haydns besonderes Verdienst ist es, zur<br />
Entwicklung der Sonatenform von e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fachen,<br />
von der „Sonata bipartita“ herkommenden<br />
Formschema zu e<strong>in</strong>er subtilen und<br />
flexiblen musikalischen Ausdrucksform beigetragen<br />
zu haben. Die meisten se<strong>in</strong>er Werke s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong> dieser so genannten „Sonatenhauptsatzform“<br />
gehalten. Er erfand auch die Sonatenrond<strong>of</strong>orm,<br />
die Variationsform mit zwei Themen, und er war<br />
der erste bedeutende Komponist, der Fuge und<br />
kontrapunktische Elemente <strong>in</strong> die klassische<br />
Form e<strong>in</strong>brachte.<br />
E<strong>in</strong> zentrales Charakteristikum von Haydns<br />
Musik ist die Entwicklung von größeren Struk-<br />
18 AUSGABE 2009/1<br />
turen aus sehr kle<strong>in</strong>en und e<strong>in</strong>fachen musikalischen<br />
Motiven heraus. Die Musik ist formal <strong>of</strong>t<br />
recht konzentriert, und die wichtigen musikalischen<br />
Ereignisse e<strong>in</strong>es Satzes können sich rasch<br />
entfalten.<br />
All dies ist natürlich auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Klavierwerken<br />
zu beobachten, sehr schön <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Interpretation von zehn Klaviersonaten durch<br />
Marc-André Hamel<strong>in</strong> auf Hyperion (CDA67554).<br />
Hamel<strong>in</strong> spielt klar und präzise, entwickelt<br />
sehr behutsam und mit kultiviertem Pedal e<strong>in</strong>en<br />
fe<strong>in</strong>en Klang, kehrt ungewöhnliche Harmoniewechsel<br />
mit Genuss hervor und sorgt durch<br />
subtile Phrasierung für hübsche Überraschungen.<br />
Seit Alfred Brendel hat das wohl niemand<br />
besser gemacht.<br />
Wer sich mehr für historische Aufführungspraxis<br />
begeistern kann, der mag sich für zwei<br />
E<strong>in</strong>spielungen mit den Spezialisten Malcolm<br />
Bilson und Ronald Brautigam <strong>in</strong>teressieren.<br />
Bilson hat für Claves (CLA50-2501) fünf Klaviersonaten<br />
an e<strong>in</strong>em historischen Schanz-Fortepiano<br />
aufgenommen, die ihm ganz besonders<br />
am Herzen liegen. Und Ronald Brautigam, der<br />
„König des historischen Ungeheuers namens<br />
Fortepiano“ (The Times), hat zwischen 1999<br />
und 2004 für BIS das gesamte Werk Haydns für<br />
Klavier solo aufgenommen: die 55 Sonaten, Tänze<br />
und Variationen, Die sieben letzten Worte...<br />
Diese Leistung wurde 2004 mit dem Cannes<br />
<strong>Classical</strong> Award belohnt. Diese Aufnahmen s<strong>in</strong>d<br />
jetzt als Gesamtausgabe erhältlich (BIS-CD-1731).<br />
E<strong>in</strong>gespielt wurde auf e<strong>in</strong>em 1992 von Paul<br />
McNulty <strong>in</strong> Amsterdam fertig gestellten Nachbau<br />
e<strong>in</strong>es Flügels von A. G. Walter (ca. 1795).<br />
E<strong>in</strong>e ganz andere <strong>in</strong>terpretatorische Welt<br />
betreten wir mit der bei Hungaroton unter<br />
Nr. HDVD 32441 auf DVD Video erschienenen<br />
Liveaufnahme von unterschiedlichen Klavierwerken<br />
durch András Schiff, der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
unnachahmlichen Art auch <strong>in</strong> die Werke e<strong>in</strong>führt.<br />
Und diese Aufnahme steht auch deshalb<br />
am Ende dieses kle<strong>in</strong>en Rundgangs durch Neuersche<strong>in</strong>ungen<br />
mit Werken des Jubilars, weil sie<br />
zusätzlich e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>führenden Film enthält:<br />
„Joseph Haydn und die Familie Esterhazy“.<br />
Es bleibt zu h<strong>of</strong>fen, dass <strong>in</strong> diesem Jubiläumsjahr<br />
noch so manche Entdeckung auf<br />
den CD-Markt kommen wird – bei vielleicht<br />
ke<strong>in</strong>em der großen Komponisten der „Wiener<br />
Klassik“ gibt es noch so viel zu entdecken wie<br />
bei Joseph Haydn. A. Ra<strong>in</strong>er
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Die HIGH END als Leistungsschau<br />
der Edel-Elektronik für<br />
den besten Ton und das beste Bild<br />
Zum 28. Mal <strong>in</strong> Folge haben Liebhaber hochwertiger Unterhaltungselektronik<br />
die Gelegenheit, sich auf der HIGH END Messe von den neuesten<br />
Entwicklungen der Branche begeistern zu lassen. Die HIGH END ist<br />
Europas Dreh- und Angelpunkt für Liebhaber des guten Tons und des<br />
perfekten Bildes. Die weltweit führenden Anbieter für hochwertige Unterhaltungselektronik<br />
zeigen auf der HIGH END wieder e<strong>in</strong>mal, was im<br />
Ton- und Bildbereich heutzutage alles möglich ist und <strong>in</strong> der Regel<br />
durchaus auch erschw<strong>in</strong>glich bleibt. Freunde fe<strong>in</strong>ster Klangqualität und<br />
e<strong>in</strong>es echten Heimk<strong>in</strong>o-Erlebnisses f<strong>in</strong>den auf mehr als 18.000 qm<br />
Ausstellungsfläche das neueste Angebot der Unterhaltungselektronik.<br />
Die HIGH END präsentiert Technik<br />
und Genuss für Auge und Ohr<br />
Auch dieses Jahr werden wieder alle wichtigen Hersteller und Importeure<br />
der hochwertigen Unterhaltungselektronik auf der HIGH END vertreten<br />
se<strong>in</strong>. Das Themenspektrum reicht vom Analog-Plattenspieler über<br />
HDTV bis zum AV-Receiver mit mobilem MP3-Player-Anschluss. Die HIGH<br />
END komb<strong>in</strong>iert klassische HiFi-Wiedergabe und moderne Multimediasysteme<br />
mite<strong>in</strong>ander. Neben dem Trend zu hoch auflösenden Bildern wird<br />
das moderne Wohnzimmer immer mehr zum Knotenpunkt für die multimediale<br />
Vernetzung des gesamten Haushalts. Musikserver erobern zwischenzeitlich<br />
das Wohnzimmer der Kunden und dennoch stehen traditionelle<br />
und zukunftsweisende Technologien gleichberechtigt nebene<strong>in</strong>ander.<br />
Interessierte Besucher können auf der HIGH END die komplette<br />
Bandbreite der Unterhaltungselektronik mit allen S<strong>in</strong>nen erfahren: Von<br />
der bewährten Zweikanaltechnologie über Verstärker, Plattenspieler und<br />
High-Tech-Lautsprecher bis zu Festplattenservern, drahtlosen Mulitroom-<br />
Audiosystemen und LCD und Plasmascreens. Eben genau so, wie der<br />
Untertitel es auch schon verspricht: „Der Beste Ton – Das Beste Bild“.<br />
AUSGABE 2009/1 19<br />
HIGH END 2009:<br />
Der Beste Ton – Das Beste Bild<br />
M.O.C. München – Lilienthalallee 40<br />
80939 München-Freimann<br />
Term<strong>in</strong>: 21. – 24. Mai 2009<br />
Täglich von 10 bis 18 Uhr<br />
Fachbesucher: Do, 21. Mai 2009<br />
E<strong>in</strong>tritt: Tageskarte 10 Euro<br />
www.highendsociety.de<br />
Umfangreiches Rahmenprogramm<br />
mit Live-Musik<br />
Klangerlebnisse der besonderen Art garantierten nicht nur hochwertige<br />
technische Pretiosen, sondern auch die verschiedenen Live Musik<br />
Darbietungen während der Messe. E<strong>in</strong> umfassendes Programm aus<br />
Workshops, Vorträgen, Vorführungen und Livemusik rundet das Messeerlebnis<br />
ab. Auch dieses Jahr bietet die HIGH END dem Messebesucher<br />
wieder e<strong>in</strong> facettenreiches musikalisches Unterhaltungsprogramm mit<br />
zahlreichen Live-Konzerten.<br />
Audiophile Schätze im „Tonträgerdorf“<br />
Audiophile Schätze fristen <strong>in</strong> der Musikbranche e<strong>in</strong> Nischendase<strong>in</strong>. Bei<br />
der HIGH END können Fans erlesener Tonträger e<strong>in</strong>e große Vielfalt musikalischer<br />
Schätze entdecken und kaufen. Im „Tonträgerdorf“ auf der HIGH<br />
END s<strong>in</strong>d die Hersteller und Importeure erlesener S<strong>of</strong>tware positioniert.<br />
Hier gibt es exemplarische Aufnahmen, musikalische Raritäten, Sammlerstücke<br />
und Klangperlen von ca. 130 Labels auf CD, SACD, DVD und V<strong>in</strong>yl.
Joseph Haydn<br />
S<strong>in</strong>fonien Nr. 1, 96 und 101<br />
und Porträt Roger Norr<strong>in</strong>gton<br />
„Dirigent zwischen<br />
Stuttgart und Berkshire“<br />
SWR music /<br />
hänssler <strong>CLASS</strong>IC<br />
Best.-Nr. 93.904 (DVD)<br />
Er hat sich <strong>in</strong>zwischen als Markenzeichen<br />
etabliert, der „Stuttgart Sound“. Seit<br />
Roger Norr<strong>in</strong>gton im Jahr 1998 das Amt<br />
des Chefdirigenten des Radio S<strong>in</strong>fonieorchesters<br />
Stuttgart des SWR übernahm, hat er<br />
beharrlich e<strong>in</strong> Ziel verfolgt: die Übertragung der<br />
Informationen aus der historischen Aufführungspraxis<br />
auf e<strong>in</strong>en modernen S<strong>in</strong>fonieorchesterapparat.<br />
Neben all jenen Anforderungen, die das<br />
Musizieren mit historischen Instrumenten <strong>in</strong> Bezug<br />
auf Orchesterbesetzung, Sitzordnung, Artikulation,<br />
Bogenführung, Notenlängen, Phrasierung<br />
oder Zeitmaß stellt, steht vor allem die Aneignung<br />
des „Klangs früherer Zeiten“ im Zentrum<br />
von Norr<strong>in</strong>gtons Klangideal: jener „re<strong>in</strong>e Ton“,<br />
welcher „der normale Klang e<strong>in</strong>es jeden Orchesters<br />
von Bachs bis h<strong>in</strong> zu Mahlers Zeiten war“<br />
(Norr<strong>in</strong>gton) und auf den im 20. Jahrhundert<br />
das üblich gewordene Dauervibrato folgte.<br />
In der Rückschau sche<strong>in</strong>t Norr<strong>in</strong>gtons Weg<br />
h<strong>in</strong> zum „Stuttgart Sound“ geradezu vorgezeichnet.<br />
Nach dem Studium am Royal College <strong>of</strong> Music <strong>in</strong><br />
London gründete er zunächst mehrere Ensembles,<br />
die sich der historischen Aufführungspraxis verpflichtet<br />
fühlten: 1962 den Schütz Choir und 1968<br />
die London Baroque Players, mit denen er überwiegend<br />
Repertoire des 17. und 18. Jahrhunderts<br />
aufführte. 1978 folgten die London <strong>Classical</strong> Players,<br />
mit denen er die Aufführungspraxis mit Orig<strong>in</strong>al<strong>in</strong>strumenten<br />
<strong>in</strong> der Zeit von 1750 bis 1900 erforschte.<br />
Mit spektakulärem Ergebnis: Auf die vielfach<br />
ausgezeichnete E<strong>in</strong>spielung mit Beethovens<br />
S<strong>in</strong>fonien folgten aufregende Aufnahmen mit Wer-<br />
So jung im Herzen ...<br />
Sir Roger Norr<strong>in</strong>gton feiert se<strong>in</strong>en 75. Geburtstag<br />
ken von Haydn, Mozart, Mendelssohn, Schubert,<br />
Schumann, Brahms, Wagner und Bruckner.<br />
Angesichts dieses Repertoires überrascht es<br />
nicht, dass Norr<strong>in</strong>gton seit den 1980er Jahren<br />
(bis heute) auch bei den großen S<strong>in</strong>fonieorchestern<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Leipzig, Wien, Amsterdam,<br />
Paris, New York, Cleveland, Boston, San Francisco,<br />
Los Angeles, Chicago und vor allem London als<br />
Gastdirigent gefragt ist.<br />
Ab Ende der 1990er Jahre schließlich sollte<br />
es Norr<strong>in</strong>gton aber nicht etwa mit e<strong>in</strong>em Klangkörper<br />
aus den Musikmetropolen Europas, sondern<br />
mit dem RSO Stuttgart gel<strong>in</strong>gen, se<strong>in</strong>e Vision<br />
e<strong>in</strong>er historisch <strong>in</strong>formierten Aufführungspraxis<br />
mit e<strong>in</strong>em modernen S<strong>in</strong>fonieorchester zu verwirklichen.<br />
Den schlanken, vibratolosen und<br />
farbigen Klang, den Norr<strong>in</strong>gton erzielte und der<br />
wegen se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zigartigkeit als „Stuttgart Sound“<br />
bekannt wurde, hat das Label SWR music /<br />
hänssler <strong>CLASS</strong>IC von Beg<strong>in</strong>n an dokumentiert.<br />
So s<strong>in</strong>d bis heute rund 40 mit viel Kritikerlob<br />
bedachte CD- und DVD-Aufnahmen entstanden,<br />
<strong>in</strong> deren Zentrum das klassisch-romantische Orchesterrepertoire<br />
steht: von Beethoven, Berlioz,<br />
Schubert, Mendelssohn, Schumann über Brahms,<br />
Bruckner und Tschaikowsky bis h<strong>in</strong> zu Mahler.<br />
Die „Süddeutsche Zeitung“ hat kürzlich an<br />
den Jubilar, der am 16. März se<strong>in</strong>en 75. Geburtstag<br />
feiert, e<strong>in</strong>en besonderen musikalischen Wunsch<br />
gerichtet: „Würde Roger Norr<strong>in</strong>gton e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />
Bayreuth antreten, so würden die Wagnerianer<br />
e<strong>in</strong>e kolossale Überraschung erleben.“ E<strong>in</strong> Versuch<br />
wäre es allemal wert! Michael Sawall<br />
20 AUSGABE 2009/1<br />
Aktuelle Konzerte:<br />
12. 03. 09 Stuttgart, Liederhalle, Beethovensaal<br />
13. 03. 09 Stuttgart, Liederhalle, Beethovensaal<br />
15. 03. 09 Luxemburg, Philharmonie<br />
16. 03. 09 London, Southbank Centre,<br />
Royal Festival Hall<br />
17. 03. 09 Wien, Konzerthaus, Großer Saal<br />
19. 03. 09 Thessaloniki, Megaron<br />
20. 03. 09 Athen, Megaron<br />
21. 03. 09 Berl<strong>in</strong>, Philharmonie<br />
09. 05. 09 Schwetz<strong>in</strong>ger Festspiele, Schloss,<br />
Rokokotheater<br />
W. A. Mozart – Essential Symphonies I-VI<br />
SWR music / hänssler <strong>CLASS</strong>IC<br />
Best.-Nr. 93.230 (6 CDs)<br />
P. I. Tschaikowsky<br />
S<strong>in</strong>fonie Nr. 5 <strong>in</strong> e-Moll op. 64<br />
Suite „Der Nussknacker“ op. 71a<br />
SWR music / hänssler <strong>CLASS</strong>IC<br />
Best.-Nr. 93.254 (CD)
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
ich von der Schönheit der e<strong>in</strong>zelnen<br />
Stimmen sprechen, so würde der Bericht<br />
‚‚Wollte<br />
Bände füllen“, schreibt Thomasorganist<br />
Karl Straube 1908 im Abnahmegutachten für die<br />
erweiterte Sauer-Orgel. Die Orgel der Leipziger<br />
Thomaskirche, an dem Straube zahlreiche<br />
Werke Max Regers erstmals spielte, darf als e<strong>in</strong><br />
Meisterstück Wilhelm Sauers gelten. Der<br />
renommierte Meister des Orgelbaus hatte das<br />
Instrument 1908 zu e<strong>in</strong>er der größten und bedeutendsten<br />
Orgeln des Landes erweitert – mit<br />
der Berl<strong>in</strong>er Domorgel<br />
auf e<strong>in</strong>em Niveau, von<br />
den klanglichen Möglichkeiten<br />
im Raum der<br />
Thomaskirche gleichwohl<br />
noch begünstigt.<br />
Seit ihrer E<strong>in</strong>weihung<br />
im Jahr 1889 hatte die<br />
Orgel der Thomaskirche<br />
Fotos: Matthias Knoch Historische<br />
e<strong>in</strong> bewegtes Schicksal.<br />
Ursprünglich mit 63 Registern<br />
und mechanischer<br />
Traktur erbaut,<br />
wurde sie schon 13 Jahre<br />
später auf das pneumatische<br />
System umgestellt.<br />
1908 erfolgte auf Veranlassung<br />
von Thomasorganist<br />
Karl Straube die<br />
Erweiterung auf ihre<br />
heutige Größe von 88<br />
Stimmen. Nach mehreren<br />
Umbauten unterschiedlicher<br />
Konsequenz ist es<br />
dem heutigen Thomasorganisten<br />
Ullrich Böhme<br />
zu verdanken, dass die<br />
Orgel jetzt wieder im<br />
orig<strong>in</strong>alen Zustand von<br />
1908 erkl<strong>in</strong>gt. Bereits<br />
1987 entwickelte er den<br />
Wunsch, das historische<br />
Die Sauer-Orgel der Thomaskirche zu Leipzig<br />
Werke von Marcel Dupré, César Franck,<br />
Eugène Gigout, Franz Liszt und Max Reger<br />
Thomasorganist Ullrich Böhme<br />
ROP6017 / Super-Audio-CD<br />
Orgel <strong>in</strong><br />
neuer Schönheit<br />
Thomasorganist Ullrich Böhme spielt restaurierte<br />
Sauer-Orgel der Leipziger Thomaskirche<br />
Auch im Detail liebevoll restauriert:<br />
die Register und freie Komb<strong>in</strong>ationen<br />
Zum ersten Mal auf CD: Die Sauer-Orgel<br />
erkl<strong>in</strong>gt wieder <strong>in</strong> der orig<strong>in</strong>alen<br />
Klangpracht wie vor 100 Jahren.<br />
AUSGABE 2009/1 21<br />
Instrument denkmalgerecht zu restaurieren und<br />
<strong>in</strong> ihren orig<strong>in</strong>alen Zustand zurückzuführen.<br />
Damals absolutes Neuland: Nie zuvor war e<strong>in</strong><br />
großes spätromantisches Orgelwerk mit pneumatischer<br />
Traktur restauriert worden. Die aufwändigen<br />
Arbeiten durch die Orgelwerkstatt<br />
Christian Scheffler aus Sieversdorf sollten erst<br />
2005 beendet se<strong>in</strong>. Zahlreiche Restaurierungen<br />
<strong>in</strong> Deutschland orientieren sich seit 1988 an<br />
dem Leipziger Konzept, darunter die der<br />
Sauer-Orgeln des Berl<strong>in</strong>er und des Bremer<br />
Doms, der Erlöserkirche<br />
Bad Homburg oder der<br />
Mühlhausener Marienkirche.<br />
Für se<strong>in</strong>e Vorstellung<br />
der detailgenau rekonstruierten<br />
Sauer-Orgel hat<br />
Böhme drei Werke von<br />
Marcel Dupré, César<br />
Franck und Eugène<br />
Gigout ausgewählt, die<br />
die dezent französischen<br />
Anflüge des Instruments<br />
charakteristisch zur Wirkung<br />
br<strong>in</strong>gen. Mit Max<br />
Regers Fantasie und Fuge<br />
d-Moll op. 135 b erkl<strong>in</strong>gt<br />
e<strong>in</strong> Werk, das aufs Engste<br />
mit der Orgel der<br />
Thomaskirche und ihrem<br />
Organisten Karl Straube<br />
verbunden ist. Auch Franz<br />
Liszts großes Variationswerk<br />
<strong>in</strong> f-Moll über We<strong>in</strong>en,<br />
Klagen, Sorgen, Zagen<br />
hat e<strong>in</strong>e besondere<br />
Beziehung zur Thomaskirche:<br />
Es setzt sich mit<br />
e<strong>in</strong>er Kantate ause<strong>in</strong>ander,<br />
die Johann Sebastian<br />
Bach hier aufgeführt hat.<br />
Teres Feiertag
Noch Fragen?<br />
Beethoven und Mendelssohn im Dialog mit Peter Gülke<br />
und dem Beethoven Quartett<br />
f<strong>in</strong>den Sie alles, was Sie über die<br />
Kunst der Fuge wissen, hören und<br />
sehen wollten und nicht zu fragen<br />
‚‚Hier<br />
wagten.“ Diese Aussage könnte über<br />
der Debut-E<strong>in</strong>spielung des Beethoven Quartetts<br />
gestanden haben, das mit e<strong>in</strong>er klug disponierten<br />
Zusammenstellung zum B-A-C-H-Motiv mit<br />
Werken von Bach, Beethoven und Krenek aufhorchen<br />
ließ. Das 2006 von Mitgliedern des ehemaligen<br />
Sonare Quartetts gegründete Beethoven<br />
Quartett hat sich zum Ziel gesetzt, Konzertzyklen<br />
zu präsentieren, die Musikgeschichte erfahrbar<br />
machen. Die Konzeption umfasst nicht nur die<br />
Foto: © Ute Schendel<br />
Beethoven Quartett mit Jacek Klimkiewicz, Angela<br />
Schwartz, Hideko Kobayashi und Laurentius Bonitz<br />
programmatische Gestaltung der Zyklen, sondern<br />
bezieht auf raff<strong>in</strong>ierte Weise auch das Medium<br />
Film <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er DVD mit e<strong>in</strong>, die auf außergewöhnliche<br />
Weise mit der filmischen Umsetzung<br />
durch den Regisseur Jan Schmidt-Garre<br />
(„Bruckners Entscheidung“, „Celibidache“) zur<br />
Erläuterung des Konzeptes beiträgt.<br />
Doch was verb<strong>in</strong>det op. 132 mit dem frühen<br />
Mendelssohn op. 13? Beethovens Quartett a-Moll<br />
op. 132 trägt die Umstände se<strong>in</strong>er Entstehung <strong>in</strong><br />
den Satzbezeichnungen: Im Zentrum des Werkes<br />
steht der „Heilige Dankgesang e<strong>in</strong>es Genesenden<br />
an die Gottheit“ überschriebene langsame Satz.<br />
In der Tat war Beethoven während der Komposition<br />
1825 ernsthaft erkrankt, konnte dann<br />
aber die angefangene Arbeit vollenden. Trotz<br />
des Titels und des Gebrauchs von Choralsatz<br />
und Kirchentonart ist das Quartett ke<strong>in</strong>e Programmmusik<br />
im engeren S<strong>in</strong>ne sondern absolute<br />
Musik. Und schon der Beg<strong>in</strong>n markiert e<strong>in</strong><br />
leicht als Ableitung von B-A-C-H zu erkennendes<br />
Motiv, das dann <strong>in</strong> immer neuen Umschreibungen<br />
nicht nur als Motto und Keimzelle des gesamten<br />
Quartetts gesehen werden kann.<br />
Mendelssohn schrieb se<strong>in</strong> jugendliches<br />
Meisterwerk 1827 im Alter von nur 18 Jahren<br />
nach dem Studium dieser gerade im Druck erschienenen<br />
späten Streichquartette Beethovens.<br />
Beethovens Werke<br />
als Gipfel der bislang<br />
erreichten Kunst des<br />
Streichquartetts bee<strong>in</strong>druckten<br />
den jungen<br />
Mendelssohn, forderten<br />
ihn aber gleichzeitig<br />
zur eigenen<br />
schöpferischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit<br />
der Gattung heraus.<br />
Noch im Todesjahr<br />
Aktuelle Konzerte:<br />
Beethoven Quartett<br />
29. 04. 2009 Zürich<br />
30. 04. 2009 Hasliberg-Goldern<br />
02. 05. 2009 Schloss Heiligenberg<br />
03. 05. 2009 Köln<br />
05. 05. 2009 Duisburg<br />
10. 05. 2009 Bonn<br />
27. 05. 2009 Frankfurt/Ma<strong>in</strong><br />
11. 06. 2009 Basel<br />
Weitere Informationen:<br />
www.beethovenquartett.de<br />
Beethovens gelang Mendelssohn mit op. 13 e<strong>in</strong><br />
Werk voller Anspielungen, das nicht nur <strong>in</strong> der<br />
Bauart der Sätze, sondern auch an e<strong>in</strong>zelnen<br />
Stellen überdeutlich Bezug auf Beethovens<br />
op. 132 nimmt, wenn etwa am Ende des Adagios<br />
<strong>in</strong> der hohen Lage die Beethovensche „Heilige<br />
Danksagung“ ankl<strong>in</strong>gt.<br />
22 AUSGABE 2009/1<br />
Auf der Basis des großen Vorbilds Beethoven<br />
vollbr<strong>in</strong>gt Mendelssohn gleichzeitig e<strong>in</strong>en wahren<br />
Geniestreich: Nicht mehr bis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne Bestandteile<br />
quasi atomisierte Motive Beethovens<br />
bestimmen se<strong>in</strong> Quartett: Es ist – ganz im S<strong>in</strong>ne<br />
der Romantik – e<strong>in</strong> „Gefühl“, das <strong>in</strong> Form des<br />
schlichten Klavierliedes „Ist es wahr?“ das ganze<br />
Werk durchzieht und es gleichsam umklammert:<br />
„Du wirst es im ersten und letzten Stücke mit<br />
se<strong>in</strong>en Noten, <strong>in</strong> allen vier Stücken mit se<strong>in</strong>er<br />
Empf<strong>in</strong>dung sprechen hören.“<br />
Mit dem Lied als Inspiration und Grundlage<br />
wird das Quartett op. 13 somit zu e<strong>in</strong>em großen<br />
„Lied ohne Worte“, zu e<strong>in</strong>em Experiment auf<br />
dem Weg h<strong>in</strong> zu Mendelssohns ganz eigener<br />
lyrischer Form, die die Grenzen von absoluter<br />
und programmatischer Musik verwischt.<br />
Die Aufnahme ist im exzellenten 222- SACD-<br />
Mehrkanalformat erschienen, und das Beethoven<br />
Quartett vermag technisch und musikalisch zu<br />
überzeugen. Und wer es genau wissen will, f<strong>in</strong>det<br />
<strong>in</strong> Peter Gülkes ebenso klug wie eloquent vorgetragenen<br />
Anmerkungen und passenden Klangbeispielen<br />
auf der beiliegenden DVD Antworten<br />
auch auf alle Fragen, die man sich nie zu fragen<br />
traute. Es bleibt die Empfehlung: Ansehen und<br />
Anhören. Unbed<strong>in</strong>gt! Cordelia Berggötz<br />
Ab 15. 04. 09 erhältlich:<br />
Ludwig v. Beethoven:<br />
Streichquartett op. 132<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy:<br />
Streichquartett op. 13<br />
BeethovenQuartett<br />
audiomax 946 1573-6 / Hybrid-SACD + DVD<br />
J. S. Bach: Contrapunctus XVIII<br />
Ludwig v. Beethoven: Streichquartett op. 131<br />
Ernst Krenek: Streichquartett No 1 op. 6<br />
BeethovenQuartett<br />
audiomax 946 1517-6 / Hybrid-SACD + DVD
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Happy Birthday, Chandos Records –<br />
alles Gute zum 30. Geburtstag!<br />
Brian Couzens war, als er sich im Mai<br />
1979 mit se<strong>in</strong>er eigenen Schallplattenfirma<br />
selbständig machte, <strong>in</strong> der<br />
Branche schon e<strong>in</strong> alter Hase. Er<br />
hatte für EMI und RCA als Produzent und Ton<strong>in</strong>genieur<br />
gearbeitet und kannte sich sogar mit<br />
der künstlerischen Seite des Geschäfts aus: Er<br />
hatte als Arrangeur mit dem Komponisten Ron<br />
Goodw<strong>in</strong> zusammengearbeitet („Die tollkühnen<br />
Männer <strong>in</strong> ihren fliegenden Kisten“ und „Agenten<br />
sterben e<strong>in</strong>sam“ gehören zu den mehr als 30<br />
Filmmusiken, an denen er beteiligt war) und<br />
hatte auch selbst komponiert.<br />
Das junge Unternehmen Chandos hatte e<strong>in</strong>en<br />
guten Start – bald schon brauchte Brian Couzens<br />
Unterstützung und erhielt sie von<br />
se<strong>in</strong>em Sohn Ralph. Geme<strong>in</strong>sam<br />
lenkten sie den Familienbetrieb zu<br />
den neuen Horizonten der 80er<br />
Jahre: Chandos gehörte zu den<br />
Pionieren von CD und Digitaltechnik.<br />
Von Anfang an setzte die<br />
Firma auf seltenes, bisher vernachlässigtes<br />
Repertoire und traf<br />
damit den Nerv des Publikums.<br />
So schlug beispielsweise die Aufnahme<br />
von zwei Klavierkonzerten des Beethoven-<br />
Zeitgenossen Johann Nepomuk Hummel mit dem<br />
Pianisten Stephen Hough <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> wie<br />
e<strong>in</strong>e Bombe: Nach e<strong>in</strong>er hymnischen Besprechung<br />
<strong>in</strong> der FAZ war die Nachfrage kaum zu<br />
befriedigen. Mit e<strong>in</strong>er 30 CDs umfassenden Jubiläumsbox<br />
feiert Chandos jetzt se<strong>in</strong>e 30-jährige<br />
Erfolgsgeschichte <strong>in</strong> der ganzen Breite des seither<br />
aufgenommenen Programms: Künstler wie<br />
der kürzlich verstorbene Richard Hickox, Neeme<br />
Järvi, Bryden Thomson, Mathias Bamert und viele<br />
andere haben Musik englischer Komponisten wie<br />
Walton und Bax, von Mozart-Zeitgenossen wie<br />
Vanhal oder Werke von Schostakowitsch und<br />
Respighi (um nur wenige Beispiele zu nennen) <strong>in</strong><br />
die Sammlungen der Musikliebhaber gebracht.<br />
„Wenn ich die letzten dreißig Jahre zurückblicke,<br />
er<strong>in</strong>nere ich mich an die harte Arbeit,<br />
besonders <strong>in</strong> den frühen Tagen, als Ralph und ich<br />
alles machten. Ich hatte die Gelegenheit mit wunderbaren<br />
Künstlern zu arbeiten und ich denke,<br />
”serious about classical music“ – dieses Motto ist Teil des Firmenlogos auf dem<br />
Briefpapier von Chandos Records. Und ernst mit der Musik me<strong>in</strong>te die Firma es<br />
von Anfang an, ist sie doch 1979 gegründet worden, kurz bevor der neue Tonträger<br />
CD die Klassikbranche aus e<strong>in</strong>er ihrer vielen Umsatzkrisen erlöste. Brian Couzens,<br />
der Gründervater von Chandos, setzt bis heute auf die Musikliebhaber als treue<br />
Kunden und auf stabile Partnerschaften zwischen sich und se<strong>in</strong>en Künstlern.<br />
wir haben e<strong>in</strong>ige gute E<strong>in</strong>spielungen gemacht.<br />
Me<strong>in</strong>e Philosophie war immer, schöne Aufnahmen<br />
zu produzieren, die die Leute hören wollten.<br />
Ich habe den Fortschritt von der LP und MC zur<br />
CD und DAT und weiter zum Musikdownload<br />
gesehen und es ist heute schon e<strong>in</strong>e ganz andere<br />
Welt verglichen mit damals, als ich anf<strong>in</strong>g Schallplatten<br />
zu machen. Ich b<strong>in</strong> stolz auf Chandos und<br />
alles, was wir <strong>in</strong> diesen dreißig Jahren erreicht<br />
haben: die Preise, die Kritiken, die Verkäufe, doch<br />
vor allem auf die Aufnahmen selbst. Ich h<strong>of</strong>fe,<br />
Ralph wird diese Flamme noch viele Jahre weiter<br />
tragen.“ So lautet das Resümee von Brian Couzens,<br />
dem Gründer von Chandos Records.<br />
Heute leitet Ralph Couzens das Unternehmen<br />
als Manag<strong>in</strong>g Director. „Wenn man ganz von<br />
unten beg<strong>in</strong>nt wie ich, dann lernt man e<strong>in</strong>e Menge<br />
über die Industrie und wie es da läuft. Ich habe<br />
acht Jahre lang Aufnahmegeräte h<strong>in</strong>- und hergeschleppt,<br />
beobachtet und den Künstlern und dem<br />
Klang zugehört. So ist, angefangen bei me<strong>in</strong>em<br />
AUSGABE 2009/1 23<br />
Firmen<strong>in</strong>haber Brian und Ralph Couzens am Mischpult<br />
und im Gespräch mit dem Dirigenten Charles Mackerras<br />
Vater, der „Chandos-Sound“, wie er manchmal<br />
genannt wird, entstanden. Und bis heute, dreißig<br />
Jahre lang, hat dieser Sound allen Anforderungen<br />
der Zeit standgehalten und wird nach wie vor<br />
respektiert. Wir brauchen natürlich gute Künstler<br />
für diesen Sound; alles, was wir tun, ist, ihn so<br />
natürlich wie möglich e<strong>in</strong>zufangen. Wir haben<br />
großes Glück mit den Künstlern gehabt, die wir<br />
davon überzeugen konnten, mit uns aufzunehmen.<br />
Ich möchte ihnen allen heute für ihre Treue<br />
und Hilfe über all diese Jahre danken.<br />
In dreißig Jahren ist manches sehr anders<br />
geworden – aber e<strong>in</strong>s hat sich erfreulicherweise<br />
nicht verändert: Es gibt immer noch e<strong>in</strong> Publikum<br />
für die Klassik mit Appetit auf neues Repertoire<br />
und Qualitätsaufnahmen. Und da wir die Klassikliebhaber<br />
immer noch haben, werden wir weiterh<strong>in</strong><br />
gute Orig<strong>in</strong>ale<strong>in</strong>spielungen von gelegentlich<br />
vernachlässigtem Repertoire machen und dabei<br />
immer die Qualität im Auge behalten. Die Flamme<br />
strahlt so hell wie eh und je!“ Detmar Hucht<strong>in</strong>g
Im Blickpunkt<br />
Kammermusik<br />
Georg Friedrich Händel (1685-1759)<br />
Kantaten und Triosonaten<br />
Sonaten HWV 386a, 388, 390a<br />
Pensieri notturni di Filli HWV 134<br />
Agripp<strong>in</strong>a condotta a morire<br />
HWV 110<br />
Johanna Koslowsky, Sopran<br />
Musica Alta Ripa<br />
MDG 309 0399-2<br />
Mit e<strong>in</strong>em erfrischenden Programm<br />
erweist „Musica Alta Ripa“ dem großen<br />
Georg Friedrich Händel se<strong>in</strong>e Reverenz<br />
zum 250. Todestag. Johanna Koslowsky<br />
vermag ihre Stimme höchst elegant und<br />
biegsam zu führen. Mit e<strong>in</strong>em glasklaren<br />
Timbre tritt sie <strong>in</strong> engen Dialog mit dem<br />
auf historischen Instrumenten musizierenden<br />
Ensemble, das e<strong>in</strong>st mit dieser<br />
Aufnahme se<strong>in</strong> Debut bei MDG feierte.<br />
Für den jungen Händel boten die vier<br />
Jahre <strong>in</strong> Italien e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige Inspiration:<br />
Auf E<strong>in</strong>ladung der Medici besuchte er<br />
zuerst Florenz, dann reiste er nach Rom.<br />
Hier lernte er die Scarlattis kennen, hier<br />
traf er sich mit Corelli, und hier durfte er<br />
se<strong>in</strong>e Kompositionen den literarisch-musikalischen<br />
Zirkeln der Stadt präsentieren.<br />
Für dieses Umfeld s<strong>in</strong>d die beiden Kantaten<br />
dieser Aufnahme entstanden. Sie<br />
spiegeln e<strong>in</strong>erseits die Mystik der schlafenden<br />
Phyllis wider und erweisen andererseits<br />
der antiken Historie Roms e<strong>in</strong>e<br />
gelungene Reverenz.<br />
Rollenspiel<br />
Der Blockflöte kommt bei dieser E<strong>in</strong>spielung<br />
e<strong>in</strong>e bedeutsame Rolle zu: In der<br />
c-Moll-Sonate (HWV 386a) übernimmt<br />
dieses heute <strong>of</strong>tmals ger<strong>in</strong>g geschätzte<br />
Instrument die erste Stimme und tritt <strong>in</strong><br />
der Kantate „Pensieri notturni di Filli: Nel<br />
dolce del’oblio“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong> reizvolles Duett<br />
mit der Sopranstimme.<br />
Musica Alta Ripa pflegt seit 25 Jahren<br />
e<strong>in</strong> ausgefeiltes Barockmusik-Repertoire.<br />
Erstklassige Instrumentalisten, <strong>in</strong>telligent<br />
und musikalisch <strong>in</strong> jeder Beziehung, präsentieren<br />
sie die Werke mit lebendigen<br />
Tempi und fasz<strong>in</strong>ierender Spiellaune.<br />
Decacorde<br />
Pekka Jalkanen:<br />
Präludi, Fantasia, Nokturni<br />
John Dowland:<br />
Lacrimae Pavan, A Fancy<br />
J. S. Bach: 3. Lautensuite<br />
Mari Mäntylä, zehnsaitige Gitarre<br />
ABCD 261 / Alba<br />
6417513102611<br />
Die Decacorde ist e<strong>in</strong>e Kreuzung<br />
zwischen Laute und moderner Gitarre –<br />
sowohl den Klang wie auch die Geschichte<br />
des Instruments betreffend. Die<br />
Bezeichnung „Decacorde“ geht auf den<br />
französischen H<strong>of</strong>musiker Louis-Gabriel<br />
Besson zurück. E<strong>in</strong> ganz besonderer<br />
Experte für dieses Instrument war der italienische<br />
Gitarrist und Komponist Ferd<strong>in</strong>ando<br />
Carulli. Die moderne Decadorde<br />
wurde <strong>in</strong> den 1960er Jahren von dem<br />
berühmten Gitarristen Narcisco Yepes<br />
und dem Gitarrenbauer Ramirez zu ihrer<br />
jetzigen Form entwickelt.<br />
Von besonderem<br />
klanglichem Reiz<br />
Mit ihrem dunklen, lautenartigen und<br />
kräftigen Ton ist die Decacorde <strong>of</strong>t besser<br />
zur Wiedergabe von Renaissance- und<br />
Barockmusik geeignet als die moderne<br />
Gitarre, vor allem deshalb, weil die Bassnoten<br />
tatsächlich so gespielt werden können,<br />
wie sie notiert s<strong>in</strong>d. Wobei Mari<br />
Mäntylä auf ihrer E<strong>in</strong>spielung beweist,<br />
dass durchaus auch zeitgenössische<br />
Musik sich sehr reizvoll mit dem Sound<br />
der Decacorde verb<strong>in</strong>den kann. Eigentlich<br />
schade, dass nicht viel mehr Gitarristen<br />
auf dieses schöne Instrument<br />
zurückgreifen.<br />
24 AUSGABE 2009/1<br />
Franz Schubert<br />
Forellenqu<strong>in</strong>tett<br />
Variationen auf Trockne Blumen<br />
Klaviertrios <strong>in</strong> Es-Dur<br />
Mart<strong>in</strong> Helmchen, Christian Tetzlaff,<br />
Anto<strong>in</strong>e Tamestit, Marie-Elisabeth<br />
Hecker, Alois Posch, Aldo Baerten<br />
PTC 5186334 / Pentatone<br />
An Pianistennachwuchs gibt es ke<strong>in</strong>en<br />
Mangel. Es vergeht kaum e<strong>in</strong> Jahr, <strong>in</strong> dem<br />
nicht e<strong>in</strong>es der führenden Plattenlabels<br />
e<strong>in</strong>en neuen Jungstar aus dem Hut zaubert.<br />
Ihr Haltbarkeitswert ist gleichwohl unterschiedlich:<br />
Da s<strong>in</strong>d jene, die mit viel Market<strong>in</strong>gaufwand<br />
gepusht, bereits nach e<strong>in</strong><br />
oder zwei Aufnahmen wieder im Nichts<br />
verschw<strong>in</strong>den. Andere h<strong>in</strong>gegen kommen<br />
auf eher leisen Sohlen daher und haben<br />
das Zeug zu e<strong>in</strong>er länger währenden Karriere.<br />
Zu letzteren zählt ohne Zweifel der<br />
junge Berl<strong>in</strong>er Pianist Mart<strong>in</strong> Helmchen.<br />
Mit se<strong>in</strong>em hochvirtuosen und zugleich<br />
unprätentiösen Stil hat sich Helmchen <strong>in</strong><br />
wenigen Jahren <strong>in</strong> der <strong>in</strong>ternationalen<br />
Musikszene e<strong>in</strong>en hervorragenden Ruf<br />
erarbeiten können. E<strong>in</strong> schöner Beleg<br />
dafür ist e<strong>in</strong>e Konzertreihe <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Heimatstadt:<br />
Das Konzerthaus Berl<strong>in</strong> ernannte<br />
den gerademal 26-Jährigen <strong>in</strong> der<br />
Spielzeit 2008/2009 zum „Artist <strong>in</strong> Residence“<br />
und übertrug ihm die Gestaltung<br />
e<strong>in</strong>er eigenen Reihe mit <strong>in</strong>sgesamt elf<br />
Konzerten: mit dem Konzerthausorchester<br />
unter Lothar Zagrosek, mit Kammermusikern<br />
des Orchesters und als Solist.<br />
Seit 2007 ist Mart<strong>in</strong> Helmchen Exklusiv-Künstler<br />
von PentaTone. Nach hoch<br />
gelobten Aufnahmen mit Klavierkonzerten<br />
Mozarts und Solo-Werken von Schubert<br />
präsentiert er sich auf se<strong>in</strong>er neuesten CD<br />
als Kammermusiker und <strong>in</strong>terpretiert <strong>in</strong><br />
verschiedensten Besetzungen Werke von<br />
Schubert. Trotz se<strong>in</strong>er jungen Jahre kann<br />
Helmchen bereits auf reichlich Erfahrung<br />
als Kammermusikpartner zurückblicken:<br />
Er spielte auf allen namhaften Festivals für<br />
Kammermusik, mit Partnern wie Boris<br />
Pergamentschikow, Tabea Zimmermann,<br />
Christian Tetzlaff und vielen anderen.<br />
Agost<strong>in</strong>o Steffani (1654-1728)<br />
Sonate da Camera<br />
Quartetto Erasmus<br />
Isidoro Taccagni, Cembalo<br />
CON 2038 / Concerto<br />
8012665203827 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />
Steffanis Kammersonaten wurden<br />
Anfang des 18. Jahrhunderts <strong>in</strong> Holland<br />
von Estienne Roger veröffentlicht. Obwohl<br />
die Werke gattungstechnisch gesehen<br />
„Instrumentalmusik“ darstellen, enthalten<br />
sie doch vokal gedachte Elemente.<br />
Dies ist nicht verwunderlich, denn alle<br />
sechs Sonaten beziehen sich auf Opern<br />
aus Steffanis Feder. Viele Sätze s<strong>in</strong>d sogar<br />
direkt den Opern entnommen, andere<br />
entstammen Balletten, die zwar bei Aufführungen<br />
der Opern gespielt wurden,<br />
aber von Steffani nicht notiert wurden.<br />
Große<br />
Musik für kle<strong>in</strong>e<br />
Besetzung<br />
Gattungstechnisch handelt es sich um<br />
typische barocke Triosonaten für zwei<br />
Viol<strong>in</strong>en, Viola und Basso cont<strong>in</strong>uo<br />
(d.h. Cello und Cembalo). Doch gibt<br />
der Komponist häufig H<strong>in</strong>weise auf die<br />
Verwendung von Blas<strong>in</strong>strumenten wie<br />
Oboe und Fagott; im Barock war e<strong>in</strong>e<br />
spezifische Zuweisung von Musik zu<br />
e<strong>in</strong>em Instrument eher untypisch. Wie<br />
ke<strong>in</strong> anderer hat Steffani, lange Zeit<br />
Kapellmeister <strong>in</strong> Stuttgart, sich um die<br />
Verbreitung des venezianischen Geschmacks<br />
<strong>in</strong> Europa verdient gemacht.<br />
Ohne jede Frage war er e<strong>in</strong>er der ganz<br />
bedeutenden italienischen Komponisten<br />
des 17. und 18. Jahrhunderts. Großen<br />
E<strong>in</strong>fluss hatte er auf e<strong>in</strong>en der Jubilare<br />
dieses Jahres, Georg Friedrich Händel.<br />
Dieser hatte von ihm 1710 den Posten<br />
des Chor- und Musikdirektors am Hannoveraner<br />
H<strong>of</strong> übernommen.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Kammermusik<br />
Ottor<strong>in</strong>o Respighi<br />
Sämtliche Werke<br />
für Viol<strong>in</strong>e und Klavier;<br />
Vol. 3: Bearbeitungen barocker,<br />
italienischer Viol<strong>in</strong>sonaten<br />
Ilona Then-Bergh, Viol<strong>in</strong>e<br />
Michael Schäfer, Klavier<br />
GEN 89116 / GENUIN<br />
Reihe Un!erhört<br />
Aller guten D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d drei – Then-<br />
Bergh und Schäfer vollenden Respighi-<br />
Zyklus bei GENUIN<br />
Höchstpunktzahl für den Repertoirewert<br />
verdient nicht nur diese neue CD mit<br />
Werken von Ottor<strong>in</strong>o Respighi für Viol<strong>in</strong>e<br />
und Klavier, sondern die komplette Reihe,<br />
die hier e<strong>in</strong>en Abschluss f<strong>in</strong>det. Mit den<br />
drei Tonträgern haben die Geiger<strong>in</strong> Ilona<br />
Then-Bergh und der Pianist Michael<br />
Schäfer e<strong>in</strong>e geradezu unerhörte Repertoirelücke<br />
geschlossen: Nun liegt (endlich)<br />
das Gesamtwerk des großen italienischen<br />
Komponisten für diese Besetzung<br />
vor. In der Öffentlichkeit ist Respighi<br />
hauptsächlich für se<strong>in</strong>e Mittelmeerluft<br />
atmenden, explosiven und hochemotionalen<br />
symphonischen Dichtungen bekannt,<br />
mit denen er se<strong>in</strong>e Zuhörer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Heimat<br />
entführt: Die P<strong>in</strong>ien von Rom, Römische<br />
Feste, Römische Brunnen...<br />
Der Kammermusikliebhaber kann sich<br />
nun auf die großen Gefühle Respighis im<br />
kammermusikalischen Format freuen, auf<br />
französischen Grand Salon – made <strong>in</strong><br />
Italy – und auf vollblütige Novecento-<br />
Adaptionen alter italienischer Meister.<br />
In den beiden Münchner Künstlern hat<br />
das aufstrebende Leipziger Label GENUIN<br />
berufene Anwälte für die ungeme<strong>in</strong> farbige<br />
und anspruchsvolle Musik Respighis<br />
gefunden, die mit Detailgenauigkeit und<br />
Weitblick zu Werke gehen. Es bleibt<br />
jedem Hörer selbst überlassen, ob er den<br />
großen, spätromantischen Sonaten oder<br />
den liebevollen Barock-Bearbeitungen<br />
Respighis den Vorzug gibt. Hörenswert<br />
s<strong>in</strong>d sie alle!<br />
Théodore Dubois (1837-1924)<br />
Remember – Werke<br />
für Viol<strong>in</strong>e und Klavier<br />
Stépanie-Marie Degand, Viol<strong>in</strong>e<br />
Laurent Mart<strong>in</strong>, Klavier<br />
LID 030219709 / Ligia Digital<br />
3487549901970<br />
Dubois? Noch vor 15 Jahren galten als<br />
Vertreter der französischen Romantik<br />
nahezu ausschließlich Berlioz, Gounod<br />
und Massenet. Erst allmählich gerieten<br />
andere Komponisten wieder <strong>in</strong>s Rampenlicht,<br />
wie Guiraud, Rabaud, Pierné und<br />
eben Dubois. Théodore Dubois studierte<br />
am Pariser Conservatoire bei Anto<strong>in</strong>e<br />
François Marmontel, François Baz<strong>in</strong>,<br />
François Benoist und Ambroise Thomas.<br />
Er war 1861 Rompreisträger, ab 1855<br />
Organist des Invalidendomes und wurde<br />
1859 Chordirigent an Sa<strong>in</strong>te-Clotilde,<br />
während dort César Franck die große<br />
Orgel spielte. 1877 bis 1896 wirkte er als<br />
Organist an der Madele<strong>in</strong>e. Seit 1871 war<br />
er Harmonielehrer, seit 1896 Direktor<br />
des Conservatoire. Dubois schuf großartige<br />
Werke im romantischen S<strong>in</strong>n, die<br />
dabei doch erstaunlich modern wirken.<br />
Spätromantik<br />
entdeckt Moderne<br />
Se<strong>in</strong>e Neigung zu Dissonanzen und<br />
Betonung des Rhythmischen teilt er mit<br />
se<strong>in</strong>em deutschen Kollegen Max Bruch <strong>in</strong><br />
diesen hier vorgestellten Werken, die um<br />
1915 entstanden. E<strong>in</strong>e wichtige Wiederentdeckung<br />
französischer Spätromantik.<br />
Franz Schubert<br />
Qu<strong>in</strong>tett A-Dur „Die Forelle”<br />
D 667 op. 114<br />
Robert Schumann<br />
Klavierqu<strong>in</strong>tett Es-Dur op. 44<br />
Carm<strong>in</strong>a Quartett<br />
Kyoko Tabe – Petru Iuga<br />
SM 133 / Solo Musica<br />
Diese E<strong>in</strong>spielung konnte <strong>in</strong> 2008<br />
bereits den „Record Academy Award <strong>of</strong><br />
Japan”, vergleichbar mit dem amerikanischen<br />
Grammy, <strong>in</strong> der Kategorie Kammermusik<br />
gew<strong>in</strong>nen.<br />
Das Jahr 1842 gilt als das „kammermusikalische<br />
Jahr“ Schumanns. Geme<strong>in</strong>sam<br />
mit se<strong>in</strong>er Frau Clara studiert Schumann<br />
Streichquartett-Partituren von<br />
Mozart und Haydn am Klavier. Er fühlte<br />
sich aber damals noch nicht fähig, durch<br />
eigene Werke Ebenbürtiges zu schreiben.<br />
E<strong>in</strong>mal begonnen, arbeitete Schumann<br />
unermüdlich und vollendete zwischen<br />
dem 2. Juni und dem 22. Juli die drei<br />
Streichquartette op. 41. Die daraus<br />
gewonnene Erfahrung im Umgang mit den<br />
Streich<strong>in</strong>strumenten, bewog ihn dazu im<br />
September dem Streichquartett se<strong>in</strong> ihm<br />
so vertrautes Instrument, das Klavier, an<br />
die Seite zu stellen. Damit begab er sich<br />
auf kompositorisches Neuland. Ke<strong>in</strong><br />
bedeutender Komponist zuvor hatte sich<br />
an dieser Komb<strong>in</strong>ation versucht. Bei dem<br />
zweiten Werk dieser E<strong>in</strong>spielung, Schuberts<br />
Forellenqu<strong>in</strong>tett, steht das Melodische<br />
ganz im Zentrum. Weit weniger aufgewühlt<br />
als die beiden anderen, mit Liedkompositionen<br />
Schuberts verbundenen<br />
Werke, die „Wanderer-Phantasie“ C-Dur<br />
für Klavier und das d-Moll-Streichquartett<br />
„Der Tod und das Mädchen“, widerspiegelt<br />
es e<strong>in</strong>e der heitersten Zeitspannen<br />
Franz Schuberts. Es ist voll von wunderbarer<br />
Musizierlust und Heiterkeit, ohne je<br />
an Ernsthaftigkeit zu verlieren.<br />
Die „F<strong>in</strong>ancial Times“ reihte die Formation<br />
als e<strong>in</strong>e der führenden Streichquartette<br />
dieser Zeit e<strong>in</strong>. Das Quartett<br />
erhielt viele renommierten Auszeichnungen<br />
für se<strong>in</strong>e CD-E<strong>in</strong>spielungen.<br />
AUSGABE 2009/1 25<br />
Joseph Wölfl (1773-1812)<br />
Streichquartett <strong>in</strong> C-Dur<br />
(Op. 30 Nr. 2)<br />
Streichquartett <strong>in</strong> D-Dur<br />
(Op. 30 Nr. 3)<br />
Streichquartett <strong>in</strong> Es-Dur<br />
(Op. 30 Nr. 1)<br />
Pratum Integrum Orchestra Soloists<br />
CM 0032006 / Caro Mitis<br />
(SACD hybrid) / 4607062130308<br />
Wölfl, e<strong>in</strong>st populärer Komponist und<br />
Pianist, stammte aus Salzburg. In se<strong>in</strong>er<br />
Vaterstadt wurde er von Leopold Mozart<br />
und Michael Haydn ausgebildet. Mit<br />
Beethoven lieferte er sich <strong>in</strong> Wien zur<br />
Freude des Publikums lebhafte Zweikämpfe<br />
als Pianist, als Komponist beherrschte<br />
er meisterhaft alle Genres und<br />
tat sich durch die Vielfalt se<strong>in</strong>er Stilistik<br />
hervor. E<strong>in</strong>e Europatournee führte ihn<br />
1801 nach Paris, wo er gleich mehrere<br />
Jahre lang als gefeierter Pianist blieb (er<br />
wurde als „aufregendster Pianist Europas“<br />
bezeichnet).<br />
Werke e<strong>in</strong>es Überfliegers<br />
Nach nicht näher geklärten „Unregelmäßigkeiten“<br />
musste er 1805 Paris überstürzt<br />
verlassen; se<strong>in</strong> weiterer Lebensweg<br />
bleibt im Dunkeln. Schließlich landete er<br />
<strong>in</strong> London, wo se<strong>in</strong>e Karriere allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht mehr sehr erfolgreich verlief. Er<br />
starb unerwartet mit nur 39 Jahren im<br />
denkwürdigen Jahr 1812, das die Alte<br />
Welt erschütterte und als Scheidepunkt<br />
der Epochen angesehen wird – als ob er<br />
es vorgezogen hätte, im 18. Jahrhundert<br />
zu bleiben. Von se<strong>in</strong>en 18 Streichquartetten<br />
wurden für diese SACD drei frische,<br />
orig<strong>in</strong>elle Werke aus dem Jahr 1805 ausgewählt.
Im Blickpunkt<br />
Kammermusik<br />
Conlon Nancarrow (1912-1997)<br />
Ausgewählte Studien arrangiert für<br />
Bläserqu<strong>in</strong>tett von Raaf Hekkema<br />
Calefax Reed Qu<strong>in</strong>tet<br />
Ivo Janssen, Klavier<br />
MDG 619 1548-2<br />
Das Player Piano lebt! Diesmal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Arrangement für Bläserqu<strong>in</strong>tett und Klavier:<br />
Conlon Nancarrow komponierte Mitte des<br />
20. Jahrhunderts fast immer für die Rolle,<br />
weil er glaubte, ke<strong>in</strong> Mensch könne se<strong>in</strong>e<br />
Musik je live spielen. Das niederländische<br />
Ensemble Calefax belehrt den US-Amerikaner<br />
mit e<strong>in</strong>er Aufnahme von 14 se<strong>in</strong>er<br />
„Studies“ postum e<strong>in</strong>es Besseren: Niemals<br />
zuvor haben die musikalischen Experimente<br />
Nancarrows so geklungen wie <strong>in</strong><br />
dieser Version des Saxophonisten Raaf<br />
Hekkema. Versprochen!<br />
Rollentausch<br />
Conlon Nancarrow stanzte se<strong>in</strong>e Werke<br />
eigenhändig <strong>in</strong>s Papier. E<strong>in</strong> Notenblatt<br />
haben se<strong>in</strong>e Studies nie gesehen, bevor sie<br />
erstmals auf dem Pianola erklangen. Die<br />
aktuelle Calefax-E<strong>in</strong>spielung haben wir dem<br />
niederländischen Hornisten und Musikmanager<br />
Jan Wolff zu verdanken, e<strong>in</strong>em<br />
glühenden Verehrer von Nancarrows Musik.<br />
Nach erfolgreicher Premiere im Beise<strong>in</strong><br />
des Komponisten war der Damm gebrochen<br />
und Calefax arrangierte <strong>in</strong> der<br />
Folge e<strong>in</strong> gutes Dutzend Player-Piano-Werke<br />
von Nancarrow für Bläserqu<strong>in</strong>tett und<br />
Klavier, die erst vor kurzem bei Wolffs Abschiedsfeier<br />
als Muziekgebouw-Direktor<br />
<strong>in</strong> Amsterdam (ur)aufgeführt wurden.<br />
Das Rohrblatt-Qu<strong>in</strong>tett Calefax ist auf<br />
allen Bühnen dieser Welt zu Hause. In<br />
mehr als 600 Konzerten haben die Musiker<br />
mit viel Humor und Erfolg ihr breites<br />
und garantiert immer spezielles Repertoire<br />
präsentiert, wobei sie sich auf ke<strong>in</strong>e<br />
etablierte Rolle festlegen: Man präsentiert<br />
Alte Musik bis zu den Klassikern ebenso<br />
ungebremst, wie Jazz und zeitgenössische<br />
Kompositionen <strong>in</strong> Orig<strong>in</strong>al und bisweilen<br />
aberwitzigsten Arrangements. Hochvirtuos<br />
und immer fe<strong>in</strong>st geblasen …<br />
Streich<strong>in</strong>strumente<br />
Elgar, Ravel, Sibelius,<br />
Vaughan Williams u.a.<br />
Homage<br />
Ehrung von 12 Meisterexemplaren<br />
der Geigenbaukunst<br />
James Ehnes, Eduard Laurel<br />
ONYX 4038<br />
Auf se<strong>in</strong>er neuesten CD „Homage“ erweist<br />
der Geiger James Ehnes, Grammyund<br />
Gramophone Award Gew<strong>in</strong>ner im Jahr<br />
2008, den berühmtesten Geigenbauern der<br />
Welt se<strong>in</strong>e Referenz. Im Mittelpunkt dieses<br />
außergewöhnlichen Projektes stehen <strong>in</strong>sgesamt<br />
12 der bedeutendsten jemals hergestellten<br />
Viol<strong>in</strong>en und Violas. Die wertvollen<br />
Exemplare von Stradivari, Guarneri,<br />
da Salò und Guadagn<strong>in</strong>i stammen ohne Ausnahme<br />
aus der Fulton Collection, der wichtigsten<br />
Privatsammlung der Welt. So konnte<br />
man beispielsweise noch nie Stradivaris<br />
La Pucelle bisher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Aufnahme<br />
hören und Guarneris Lord Wilton war das<br />
letze Instrument von Yehudi Menuh<strong>in</strong>.<br />
James Ehnes präsentiert e<strong>in</strong>e sorgfältig<br />
zusammen gestellte Auswahl von 21 Musikstücken<br />
und zeigt an ihnen die Charakteristika<br />
und Vorzüge des jeweils verwendeten<br />
Instruments. Abgerundet wird das<br />
Programm durch zwei Bonus-Tracks, auf<br />
denen jedes Instrument mit dem gleichen<br />
Ausschnitt aus e<strong>in</strong>em Stück zu hören ist.<br />
E<strong>in</strong>e wunderbare Gelegenheit, die klanglichen<br />
Qualitäten der e<strong>in</strong>zelnen Instrumente<br />
mite<strong>in</strong>ander zu vergleichen.<br />
Die beigefügte DVD be<strong>in</strong>haltet die<br />
vollständige Aufführung der Werke sowie<br />
Interviews, <strong>in</strong> denen mehr über die<br />
Instrumente selbst, die Wichtigkeit des<br />
Bogens, Ehnes’ Beziehung zur Fulton<br />
Collection und über die Vorbereitungen<br />
zur Aufnahme zu erfahren ist. Von der<br />
DVD sagt Ehnes selber, dass sie für jeden<br />
Liebhaber großartiger Instrumente<br />
sehens- und natürlich auch hörenswert<br />
ist. David Fulton berichtet über se<strong>in</strong>e Leidenschaft<br />
diese Seltenheiten zu sammeln<br />
und warum er se<strong>in</strong>e Kostbarkeiten James<br />
Ehnes anvertraut und dass er ihn mit<br />
David Oistrach vergleicht.<br />
26 AUSGABE 2009/1<br />
Johann Sebastian Bach<br />
6 Sonaten & Partiten<br />
Viktoria Mullova<br />
ONYX 4040<br />
Als „Eiskönig<strong>in</strong>“ wurde sie schon bezeichnet<br />
– die russische Geiger<strong>in</strong> Viktoria<br />
Mullova, deren Spiel so gar nicht russisch<br />
anmutet. Seit e<strong>in</strong>igen Jahren beschäftigt sie<br />
sich <strong>in</strong>tensiv mit Barockmusik, hat zuletzt<br />
mit Ottavio Dantone Bach-Sonaten und<br />
mit Il Giard<strong>in</strong>o Armonico unter Giovanni<br />
Anton<strong>in</strong>i Vivaldi-Konzerte e<strong>in</strong>gespielt.<br />
Viktoria Mullova ist es hier auf bee<strong>in</strong>druckende<br />
Weise gelungen, ihre ausgereifte<br />
Technik, die sie auf der modernen<br />
Geige besitzt, auf ihr barockes Spiel zu<br />
übertragen. Wie selbstverständlich spielt sie<br />
ihre mit Darmsaiten bespannte Guadagn<strong>in</strong>i<br />
(1750) mit e<strong>in</strong>em barocken Bogen.<br />
Barockmusik ganz ohne Vibrato zu<br />
spielen, lehnt Mullova dagegen strikt ab:<br />
Sie setzt das Vibrato sehr gezielt e<strong>in</strong>, differenziert<br />
es <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Art, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schnelligkeit<br />
und Weite. Der Kritik entgegnet sie<br />
selbstbewusst: „Man kann so viele unterschiedliche<br />
Sachen machen mit verschiedenen<br />
Vibratos. Und es gab e<strong>in</strong>e Zeit, da<br />
hat man jede Note mit viel Vibrato<br />
gespielt, dann gab es e<strong>in</strong>e Phase, wo man<br />
Vibrato nur als Farbe nutzte. Es stimmt<br />
e<strong>in</strong>fach nicht, dass man Barockmusik<br />
ohne Vibrato womöglich schief spielt. Das<br />
war immer das, was die modernen Musiker<br />
über authentisches Spiel gesagt haben.“<br />
Nach ihrer Aufnahme von drei Partiten<br />
Anfang der 1990er Jahre auf e<strong>in</strong>er<br />
modernen Geige für Philips präsentiert<br />
Viktoria Mullova nun für Onyx e<strong>in</strong>e Gesamtaufnahme<br />
sämtlicher Sonaten und<br />
Partiten Bachs auf zwei CDs. Mullovas<br />
Spiel überzeugt e<strong>in</strong>mal mehr durch e<strong>in</strong>en<br />
schlanken Klang mit sparsamem, klug<br />
e<strong>in</strong>gesetztem Vibrato und e<strong>in</strong>en differenzierten,<br />
beweglichen Ton ohne jede<br />
Schwere.<br />
Ligeti, Bloch, Britten<br />
Solosonaten<br />
Walton Cello Konzert<br />
Pieter Wispelwey<br />
Jeffrey Tate, Sydney Symphony<br />
ONYX 4042<br />
Neben der außergewöhnlichen technischen<br />
Meisterschaft se<strong>in</strong>es Cellospiels ist<br />
es vor allem se<strong>in</strong> persönlicher und unverkennbarer<br />
Interpretationsansatz, der ihn<br />
auszeichnet. Darüber h<strong>in</strong>aus ist Wispelwey<br />
e<strong>in</strong>er der ganz wenigen Cellisten se<strong>in</strong>er<br />
Generation, der sich sowohl der historischen<br />
Aufführungspraxis als auch der<br />
Interpretation der jüngsten Celloliteratur<br />
widmet. So reicht denn se<strong>in</strong> Repertoire<br />
dementsprechend auch von Johann<br />
Sebastian Bach bis h<strong>in</strong> zu Elliott Carter.<br />
Knapp 20 CDs hat Wispelwey seit<br />
Anfang der 1990er Jahre für das holländische<br />
Label Channel aufgenommen und<br />
dafür viel Kritikerlob und höchste Auszeichnungen<br />
(Diapason d’or, Gramophones<br />
Editor’s Choice usw.) geerntet. Die<br />
vorliegende Aufnahme nun markiert den<br />
Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er längerfristig angelegten<br />
Zusammenarbeit von Wispelwey mit dem<br />
Label Onyx. Im Mittelpunkt steht das Cellokonzert<br />
von William Walton, das Wispelwey<br />
auf se<strong>in</strong>em Guadagn<strong>in</strong>i-Cello<br />
(1760) spielt. Werke für Cello solo von<br />
Bloch, Britten und Ligeti, für die Wispelwey<br />
auf e<strong>in</strong> Stradivarius-Cello (1698)<br />
zurückgreift, runden das Programm ab.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Tasten<strong>in</strong>strumente<br />
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
Sämtliche Clavierwerke Vol. 9<br />
Siegbert Rampe<br />
Cembalo und Hammerklavier<br />
MDG 341 1309-2<br />
Rampes historisch <strong>in</strong>formierter Ansatz,<br />
se<strong>in</strong>e im Stil der Zeit ergänzten Verzierungen<br />
und quasi improvisierte Ausschmückungen<br />
bei Wiederholungen machen<br />
neben dem Gebrauch der Instrumente<br />
der Mozart-Zeit den besonderen<br />
Reiz dieser auch klanglich überzeugenden<br />
E<strong>in</strong>spielung aus.<br />
Überflieger<br />
Siegbert Rampe und das Aufnahmeteam<br />
von MDG mussten bis nach<br />
Tempe/Arizona reisen, um den klaren<br />
Klang des Hammerclaviers e<strong>in</strong>zufangen,<br />
das 1992 <strong>in</strong> der Werkstatt von Barbara und<br />
Thomas Wolf <strong>in</strong> Wash<strong>in</strong>gton D.C. nach<br />
e<strong>in</strong>em Vorbild des Wiener Clavierbaumeisters<br />
Johann Schantz entstanden ist.<br />
Auf dem mit Jalousieschweller (!) und<br />
e<strong>in</strong>em „Mach<strong>in</strong>e Stop“-Pedal zum Umregistrieren<br />
während des Spiels ausgestatteten<br />
Shudi-Cembalo präsentiert Rampe<br />
e<strong>in</strong>e klanglich extrem spannende Version<br />
der zwölf Variationen KV 265 (300e) über<br />
„Morgen kommt der Weihnachtsmann“.<br />
Wer am historischen Klangbild von<br />
Mozarts Werken für Tasten<strong>in</strong>strumente<br />
<strong>in</strong>teressiert ist, wird an Siegbert Rampes<br />
stets klugen, stilsicheren und <strong>of</strong>t mitreißenden<br />
Interpretationen nicht vorbeikommen.<br />
AUSGABE 2009/1 27<br />
Player Piano 8<br />
Michael Denh<strong>of</strong>f (*1955)<br />
12 Inventionen op. 88<br />
Candenabbiaer Glockenbuch op. 78a<br />
Bösendorfer Grand Piano und<br />
Fischer Grand Piano mit<br />
Ampico Selbstspiel-Mechanik<br />
MDG 645 1408-2<br />
Noch nie hat e<strong>in</strong> Komponist nach Nancarrow<br />
so umfangreich zeitgenössische Kompositionen<br />
fürs Selbstspielklavier ersonnen und zur Aufführung<br />
gebracht. Der heute <strong>in</strong> Bonn lebende<br />
Michael Denh<strong>of</strong>f hat zwei Dutzend Inventionen<br />
und Etüden geschrieben und auf den liebevoll<br />
restaurierten Orig<strong>in</strong>al-Instrumenten von Jürgen<br />
Hocker als Vol. 8 der Player-Piano-Reihe bei<br />
MDG e<strong>in</strong>gespielt.<br />
Die enormen technischen Möglichkeiten<br />
der Ampico-Selbstspielmechanik werden von<br />
Komponisten seit 90 Jahren genutzt. Zuerst überschritten<br />
Straw<strong>in</strong>sky, H<strong>in</strong>demith, Casella u. a. die<br />
Grenzen der manuellen Spielbarkeit. Dann sorgte<br />
Nancarrow mit se<strong>in</strong>en extravaganten auf Lochstreifen<br />
gestanzten Studies für Furore: Wir er<strong>in</strong>nern<br />
uns an vielstimmige Triller und unwirkliche<br />
Klangorkane mit 100 Anschlägen pro<br />
Sekunde… Die Wiedergabe kompliziertester<br />
Metren und Rhythmen <strong>in</strong> absoluter Präzision<br />
sowie e<strong>in</strong>e stufenlose Dynamik von pp bis ff<br />
s<strong>in</strong>d weitere Vorteile des um 1920 hervorragend<br />
ausgereiften Ampico-Systems, das <strong>in</strong> dieser<br />
ambitionierten MDG-Reihe e<strong>in</strong> lebendiges Denkmal<br />
erhält.<br />
In bewusster Anlehnung an J.S. Bach gab<br />
Denh<strong>of</strong>f se<strong>in</strong>en Werken den Titel „Inventionen“,<br />
weil sie dessen kontrapunktische Techniken<br />
nutzen und erweitern. Der Gesamtzyklus umfasst<br />
zwölf Stücke für zwei Player Pianos. Jede „Invention“<br />
hat dabei ihr eigenes, unverwechselbares<br />
Gesicht – von der E<strong>in</strong>- bis zur Zwölfstimmigkeit.<br />
E<strong>in</strong> Aufenthalt am Comer See verhalf Michael<br />
Denh<strong>of</strong>f zu e<strong>in</strong>er weiteren Idee: Die seit Ewigkeiten<br />
ungleich gestimmten Glocken zweier entfernt<br />
stehender Kirchen fasz<strong>in</strong>ierten ihn so sehr,<br />
dass daraus die 13 Etüden se<strong>in</strong>es Cadenabbiaer<br />
Glockenbuchs entstanden, die er dann zu e<strong>in</strong>er<br />
speziellen Fassung für zwei Selbstspielklaviere<br />
umarbeitete.<br />
2 SACDs<br />
Leonard Bernste<strong>in</strong><br />
MASS<br />
R. Scarlata, Kristjan Järvi,<br />
Tölzer Knabenchor,<br />
Tonkünstler-Orchester,<br />
Absolute Ensemble,<br />
Chorus s<strong>in</strong>e nom<strong>in</strong>e,<br />
Company <strong>of</strong> Music<br />
Codaex Deutschland GmbH<br />
Landsberger Straße 492<br />
81241 München<br />
<strong>in</strong>fode@codaex.com<br />
CHSA 5070
Im Blickpunkt<br />
Orgel<br />
Olivier Messiaen (1908-1992)<br />
Sämtliche Orgelwerke<br />
Hans-Ola Ericsson<br />
BIS-CD-1770<br />
7318591770725<br />
Olivier Messiaens Bedeutung für die<br />
Orgelmusik des 20. Jahrhunderts beschreiben<br />
zu wollen, hieße Eulen nach<br />
Athen tragen. Der eigenwillige Organist<br />
und Komponist hat Musik geschrieben,<br />
die sich jeder Kategorisierung entzieht.<br />
Modale Tonarten des Mittelalters treffen<br />
bei ihm auf <strong>in</strong>dische Rhythmen, dazwischen<br />
rufen die Vögel, deren Gesang<br />
Messiaen zeitlebens fasz<strong>in</strong>ierte... Zwischen<br />
1989 und 1992 hatte Hans-Ola<br />
Ericsson sich diesem e<strong>in</strong>zigartigen Schaffen<br />
bereits gewidmet. Damals spielte er<br />
die großen, bekannten Werke an der Grönlund-Orgel<br />
<strong>in</strong> der Kathedrale von Lulea <strong>in</strong><br />
Schweden e<strong>in</strong>. Die mehrfach prämierten<br />
Aufnahmen entstanden nach ausgiebigster<br />
Absprache mit dem Komponisten und<br />
können daher als autorisiert gelten.<br />
Denkmal für e<strong>in</strong>en<br />
Eigenwilligen<br />
Die Box enthält darüber h<strong>in</strong>aus Erste<strong>in</strong>spielungen<br />
dreier posthum zugänglich<br />
gewordener Werke aus den 1920er Jahren<br />
(Monodie, Offrande au Sa<strong>in</strong>t Sacrement<br />
und Prélude), die Ericsson an der<br />
2006 von Gerald Woehl <strong>in</strong> der Kathar<strong>in</strong>enkirche<br />
von Oppenheim erbauten Orgel<br />
vornahm. E<strong>in</strong> 232seitiges Booklet <strong>in</strong>formiert<br />
ausführlich über alle Aspekte der<br />
Werke und das Leben des Komponisten.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus gibt es noch Aufnahmen<br />
der Vogelrufe, wie sie <strong>in</strong> Messiaens Orgelmanuskripten<br />
aufgezeichnet s<strong>in</strong>d.<br />
Klavier<br />
Morton Feldman (1926-1987)<br />
Späte Klavierwerke Vol. 2<br />
For Bunita Marcus<br />
Steffen Schleiermacher, Klavier<br />
MDG 613 1522-2<br />
Die Serie mit den späten Klavierwerken<br />
von Morton Feldman gew<strong>in</strong>nt an Kontur.<br />
Das Werk der 2. Folge ist Bunita Marcus,<br />
Feldmans Schüler<strong>in</strong> und über viele Jahre<br />
engste Vertraute, gewidmet.<br />
Opulent wirken die Kompositionen von<br />
Morton Feldman eigentlich nie. M<strong>in</strong>utenlang<br />
operiert der Künstler mit wenigen<br />
E<strong>in</strong>zeltönen, die er immer wieder <strong>in</strong> ihrer<br />
Reihenfolge, ihrem Rhythmus und auch<br />
<strong>in</strong> ihren Oktavlagen austauscht. Wirkliche<br />
Akkorde tauchen <strong>in</strong> diesem gut 70 M<strong>in</strong>uten<br />
langen Werk erst spät auf. Dafür überraschen<br />
vere<strong>in</strong>zelte w<strong>in</strong>zige Störmomente<br />
die Zuhörer: Wie e<strong>in</strong> Schatten huscht h<strong>in</strong><br />
und wieder e<strong>in</strong> schnelles Motiv vorüber,<br />
das die verme<strong>in</strong>tlich strahlende „Idylle“<br />
stets als gefährdet und <strong>in</strong>stabil entlarvt.<br />
Lichtgestalt<br />
Feldman lässt Motive und Klänge<br />
se<strong>in</strong>er Musik immer wieder <strong>in</strong> anderem<br />
Licht ersche<strong>in</strong>en. Se<strong>in</strong>e Nähe zur Malerei<br />
ist hierbei <strong>of</strong>fenkundig: Mondrian,<br />
Rothko und Pollock liefern ihm Ideen<br />
und Claude Monet ist für Feldman der<br />
erste Maler, „der <strong>in</strong>s Licht geschaut hat<br />
… bei den Klängen ist es genauso – sie<br />
überlagern sich.“<br />
Steffen Schleiermacher arbeitet seit<br />
1988 als freischaffender Komponist und<br />
<strong>in</strong>ternational gefeierter Pianist. Er hat<br />
sich ausschließlich auf die Musik des<br />
20. und 21. Jahrhunderts spezialisiert<br />
und gilt als e<strong>in</strong>er der wichtigsten Neue-<br />
Musik-Interpreten unserer Zeit. Se<strong>in</strong>e<br />
klug disponierte Gesamtdiskographie –<br />
auch als Leiter des Ensemble Avantgarde<br />
– zeichnet exemplarisch e<strong>in</strong> fasz<strong>in</strong>ierendes<br />
Bild der aktuellen Musikströmungen.<br />
28 AUSGABE 2009/1<br />
Frédéric Chop<strong>in</strong><br />
Klaviersonaten Nr 2 & 3,<br />
2 Nocturnes, Berceuse u.a.<br />
Marc-André Hamel<strong>in</strong><br />
CDA 67706 / Hyperion<br />
Se<strong>in</strong>e ungeheuren technischen Fähigkeiten<br />
verbunden mit orig<strong>in</strong>ärer Musikalität<br />
und überquellender <strong>in</strong>terpretatorischer<br />
Phantasie haben den franko-kanadischen<br />
Pianisten Marc-André Hamel<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren <strong>in</strong> die Riege der führenden<br />
<strong>in</strong>ternationalen Klaviervirtuosen<br />
aufsteigen lassen. Neben exotischer, vergessener<br />
oder kaum spielbarer Klavierliteratur<br />
widmet er sich auch immer wieder<br />
dem gängigem Klavierrepertoire,<br />
zuletzt Haydn, Brahms oder Schumann.<br />
Auf se<strong>in</strong>er neuesten Aufnahme <strong>in</strong>terpretiert<br />
Hamel<strong>in</strong> erstmals jenen Komponisten,<br />
dessen Name untrennbar mit der<br />
Entwicklung des modernen Klavierspiels<br />
verbunden ist: Frédéric Chop<strong>in</strong> (1810-<br />
1849). Im Zentrum stehen die Klaviersonaten<br />
Nr. 2 und 3, Klassiker der romantischen<br />
Klaviermusik, abgerundet wird<br />
das Programm durch e<strong>in</strong>ige von Chop<strong>in</strong>s<br />
schönsten M<strong>in</strong>iaturen. Hamel<strong>in</strong>s pianistischen<br />
Fähigkeiten kommen bei Chop<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>mal mehr e<strong>in</strong>drucksvoll zur Geltung:<br />
Die kraftvollen Passagen gestaltet er impulsiv<br />
und energiegeladen, wunderbar<br />
warmherzig und e<strong>in</strong>fühlsam dagegen die<br />
lyrischen Momente, und die technisch<br />
anspruchsvollen Passagen meistert er<br />
mit e<strong>in</strong>er unvergleichlichen Brillanz und<br />
Leichtigkeit.<br />
In e<strong>in</strong>em Interview erklärte er se<strong>in</strong> Verständnis<br />
von Virtuosität, als die erhöhte<br />
Form des Gebrauches aller Mittel, die e<strong>in</strong>em<br />
Künstler zur Verfügung stehen, um e<strong>in</strong>e<br />
Konzeption umzusetzten. Leider bedeute<br />
es für die meisten nur Geschw<strong>in</strong>digkeit.<br />
Angesprochen auf die Auswahlkriterien<br />
se<strong>in</strong>es Repertoires erzählt er von se<strong>in</strong>er<br />
Leidenschaft, Musik zu sammeln, von<br />
se<strong>in</strong>em riesigen Fundus aus Bibliotheken,<br />
von Musikliebhabern, genug, um zehn<br />
Leben damit zu verbr<strong>in</strong>gen alles durchzuhören,<br />
zu spielen.<br />
Theodor Leschetizky (1830-1915)<br />
Klavierkonzert, Klavierwerke<br />
Hubert Rutkowski, Klavier<br />
Rzeszów Philharmonic Orchestra,<br />
Tomasz Chmiel<br />
AP 0191 / Acte Prealable<br />
5902634751912<br />
Leschetizky war Ende des 19. Jahrhunderts<br />
e<strong>in</strong>er der bedeutendsten europäischen<br />
Musiker. Insbesondere als<br />
Pädagoge wurde er berühmt; er hat be<strong>in</strong>ahe<br />
2000 Pianisten ausgebildet. Zu se<strong>in</strong>en<br />
Schülern gehörten u.a. Artur Schnabel,<br />
Ignacy Jan Paderewski, Henryk Melcer,<br />
Ingacy Friedman, Miecyslaw Horszowski,<br />
Benno Moiseiwitsch, Elly Ney, Paul<br />
Wittgenste<strong>in</strong>... die Reihe ließe sich endlos<br />
fortsetzen. Und auch die führenden Pianisten<br />
des 20. Jahrhunderts s<strong>in</strong>d letztlich<br />
Nachfolger der Leschetizky-Schule, darunter<br />
Sviatoslav Richter, Vladimir Horowitz,<br />
Sergei Prok<strong>of</strong>iev, Alexander Scriab<strong>in</strong>,<br />
Van Cliburn wie auch John Cage.<br />
Der Übervater des<br />
Klaviers<br />
1862 hatte Leschetizky zusammen mit<br />
Anton Rub<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Musikkonservatorium<br />
<strong>in</strong> St. Petersburg gegründet. 1878 ließ<br />
er sich <strong>in</strong> Wien nieder und widmete sich<br />
privatem Unterrichten und Komponieren.<br />
Das letzte Mal trat er konzertierend 1887<br />
<strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong> auf. Er starb 1915<br />
<strong>in</strong> Dresden. Se<strong>in</strong> künstlerisches Erbe<br />
umfasst über 50 Werke, darunter Klavierwerke,<br />
das hier e<strong>in</strong>gespielte Klavierkonzert<br />
und zwei Opern. Paderewski und<br />
Essip<strong>of</strong>f hatten viele se<strong>in</strong>er Kompositionen<br />
im Repertoire. Se<strong>in</strong>e Werke erfreuten<br />
sich generell großer Beliebtheit und wurden<br />
weltweit aufgeführt, gerieten dann<br />
aber <strong>in</strong> Vergessenheit. Hier s<strong>in</strong>d echte<br />
Entdeckungen zu machen.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Klavier mit Orchester<br />
Ludwig van Beethoven<br />
Klavierkonzerte Nr. 1 & 2<br />
Kent Nagano<br />
Mari Kodama<br />
Deutsches Symphonie-Orchester<br />
Berl<strong>in</strong><br />
AN 2 9955 / Analekta<br />
Mari Kodama zählt Dank ihrer großen<br />
Musikalität und ausdrucksvollen Virtuosität<br />
zu den <strong>in</strong>teressantesten Pianist<strong>in</strong>nen<br />
ihrer Generation. Ihre Fähigkeit, dem<br />
Klavier sche<strong>in</strong>bar anstrengungslos e<strong>in</strong>e bee<strong>in</strong>druckende<br />
Klangfülle zu entlocken und<br />
e<strong>in</strong>en ebenso warmen wie lyrischen Ton zu<br />
erzeugen, sowie ihre begeisternde technische<br />
Brillanz gehören zu den herausragenden<br />
Eigenschaften ihres Musizierens.<br />
In Osaka geboren, lebt Mari Kodama<br />
seit ihrer Jugend <strong>in</strong> Europa. Sie studierte<br />
Klavier am Pariser Musikkonservatorium<br />
und setzte später ihre Ausbildung bei renommierten<br />
Pianisten wie Murray Perahia,<br />
Andras Schiff und Tatiana Nikolaeva fort.<br />
Heute ist Mari Kodama regelmäßig Gast<br />
der großen Orchester <strong>in</strong> Japan, Europa<br />
und den USA und tritt <strong>in</strong> den wichtigsten<br />
Konzertsälen der Welt und bei führenden<br />
Festivals auf.<br />
Für das Label PentaTone spielt sie<br />
gerade e<strong>in</strong>e Gesamtaufnahme der Klaviersonaten<br />
Beethovens e<strong>in</strong>. Die ersten Folgen<br />
wurden von der Presse begeistert aufgenommen,<br />
e<strong>in</strong> Rezensent etwa schrieb, ihre<br />
„Appassionata“ sei „noch feuriger als die<br />
Poll<strong>in</strong>is“. Beethoven – hier nun die ersten<br />
beiden Klavierkonzerte – steht auch im<br />
Mittelpunkt des vorliegenden Programms.<br />
Begleitet wird sie von ihrem Mann<br />
Kent Nagano am Pult des Deutschen Symphonie-Orchesters<br />
Berl<strong>in</strong>. Die Aufnahme,<br />
entstanden im Juni 2006, bildet zugleich<br />
den Abschluss e<strong>in</strong>er äußerst erfolgreichen<br />
Zusammenarbeit: Nagano hatte<br />
von 2000 bis 2006 als Chefdirigent und<br />
künstlerischer Leiter dem Orchester<br />
voran gestanden und war – als Ausdruck<br />
der Verbundenheit – von den Musikern<br />
zum Ehrendirigenten ernannt worden.<br />
Orchester<br />
Märsche von Jakob Pazeller<br />
Blasorchester der ungarischen Armee<br />
Tibor Kovács, János Pontok, Zsolt<br />
Csizmadia<br />
HCD 16887 / Hungaroton<br />
5991811688721 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />
Pazeller (1869-1957) wirkte zunächst<br />
<strong>in</strong> Wien als Konzertmeister im Orchester<br />
von Friedrich Strauss; mit 26 Jahren war<br />
er bereits Dirigent am Carl-Theater. 1896<br />
trat er <strong>in</strong> die k.u.k. Armee e<strong>in</strong> und wurde<br />
so Militärkapellmeister der Österreich-<br />
Ungarischen Donaumonarchie.<br />
Aus Kaisers<br />
Zeiten<br />
In den Sommermonaten gehörte es<br />
zu se<strong>in</strong>en Aufgaben, im namhaften Kurort<br />
Herkulesbad (südliche Grenzregion<br />
Siebenbürgens) die Kurgäste zu unterhalten.<br />
Hier schrieb er 1903 den Walzer<br />
„Souvenir de Herkulesbad“, der ihm<br />
<strong>in</strong>nerhalb kürzester Zeit Weltruhm e<strong>in</strong>trug.<br />
In Anerkennung se<strong>in</strong>er Erfolge<br />
wurde er nach Budapest versetzt, wo<br />
er, wirtschaftlich längst gesichert, e<strong>in</strong>e<br />
Familie gründete. Nach 1945 entzogen<br />
ihm die Kommunisten se<strong>in</strong>e Pension,<br />
und der Deportation entg<strong>in</strong>g er nur<br />
wegen se<strong>in</strong>es schlechten Gesundheitszustandes.<br />
Doch Pazeller komponierte<br />
unverdrossen; er h<strong>in</strong>terließ e<strong>in</strong>e Oper,<br />
zwei Operetten, e<strong>in</strong> Ballett, drei Ouvertüren,<br />
fünf Fantasien, zahlreiche Walzer,<br />
Interludien, Lieder und Märsche: mehr<br />
als 200 Kompositionen.<br />
AUSGABE 2009/1 29<br />
Josef Bohuslav Foerster<br />
(1859-1951)<br />
Sämtliche S<strong>in</strong>fonien Vol. 2<br />
S<strong>in</strong>fonie Nr. 3 + 4<br />
S<strong>in</strong>fonieorchester Osnabrück<br />
Hermann Bäumer, Ltg.<br />
MDG 632 1492-2<br />
In der Mitte se<strong>in</strong>es Lebens gelang Josef<br />
Bohuslav Foerster se<strong>in</strong> Meisterstück: Die<br />
vierte S<strong>in</strong>fonie des böhmischen Komponisten<br />
ist sicher se<strong>in</strong> ambitioniertestes<br />
Werk. Und se<strong>in</strong>e dritte S<strong>in</strong>fonie rundet<br />
e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>drucksvolle Aufnahme mit dem<br />
S<strong>in</strong>fonieorchester Osnabrück unter der<br />
Leitung von Hermann Bäumer ab.<br />
Das Meisterwerk<br />
Zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Hamburger Zeit<br />
komponierte Foerster se<strong>in</strong>e 3. S<strong>in</strong>fonie<br />
mit dem Titel „Das Leben“. Hier zeigt sich<br />
e<strong>in</strong> hochtalentierter, von den unterschiedlichsten<br />
musikalischen E<strong>in</strong>flüssen <strong>in</strong>spirierter<br />
Komponist. Mal glaubt man Anklänge<br />
an Wagner zu hören, dann wieder<br />
von Dvorák, schließlich von Bruckner<br />
oder doch von Mahler. Foersters Botschaften<br />
s<strong>in</strong>d subtil. Wie <strong>in</strong>dividuell und<br />
mit viel Fe<strong>in</strong>gefühl er se<strong>in</strong>e dritte S<strong>in</strong>fonie<br />
gestaltet hat, erfahren aufmerksame Zuhörer<br />
dennoch – und s<strong>in</strong>d umso mehr<br />
verzaubert von slawischer Terzenseligkeit<br />
und natürlich e<strong>in</strong>em böhmisch kl<strong>in</strong>genden<br />
Scherzo.<br />
Am Karfreitag 1904 begann Foerster<br />
die Komposition der „Osternacht“. E<strong>in</strong>e<br />
re<strong>in</strong>e Meditation sollte es nicht werden,<br />
im Gegenteil: Den ersten Satz widmet er<br />
den Ostertagen, wie der Erwachsene sie<br />
erlebt, im zweiten Satz schildert er die<br />
Feiertage mit den Augen e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des.<br />
Dann e<strong>in</strong> Gebet und schließlich das<br />
F<strong>in</strong>ale zur Feier des auferstandenen<br />
Heilands… Was für e<strong>in</strong> liebenswertes<br />
Sujet, dem sich Dirigent und Orchester<br />
mit H<strong>in</strong>gabe widmen.<br />
Dedications<br />
Nordgren: Solemnity-Euphony<br />
for 19 str<strong>in</strong>gs<br />
Vasks: Musica appassionata<br />
per orchestra d‘archi<br />
Eliasson: S<strong>in</strong>fonia per archi<br />
Ostrobothnian Chamber Orchestra,<br />
Juha Kangas<br />
ABCD 245 / Alba (SACD hybrid)<br />
6417513102451 / Erste<strong>in</strong>spielungen<br />
Es beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>er Vision, und es<br />
mündet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Tradition. Das ist der<br />
Traum vieler Kreativer, und manche entfalten<br />
die Kraft und Intelligenz, ihre Vision<br />
schließlich auch zu verwirklichen. E<strong>in</strong><br />
solcher Visionär ist der f<strong>in</strong>nische Dirigent<br />
Juha Kangas. Von Herkunft Volksmusikant,<br />
sozusagen e<strong>in</strong> fiedelnder Spielmann<br />
mit klassischer Ausbildung, machte er<br />
bald e<strong>in</strong>e steile Karriere als <strong>in</strong>ternational<br />
gefragter Dirigent.<br />
E<strong>in</strong> Visionär macht<br />
Musikgeschichte<br />
Am Konservatorium <strong>in</strong> Kokkola, e<strong>in</strong>em<br />
35.000 E<strong>in</strong>wohner zählenden f<strong>in</strong>nischen<br />
Prov<strong>in</strong>znest, gründete er e<strong>in</strong> Streichorchester<br />
mit K<strong>in</strong>dern, das schließlich semipr<strong>of</strong>essionell<br />
und heute voll pr<strong>of</strong>essionell<br />
arbeitet: Das Ostrobothnian Chamber<br />
Orchestra, derzeit e<strong>in</strong>es der weltbesten<br />
Streichorchester. Und Kangas setzt sich<br />
stets für zeitgenössische Musik e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sbesondere<br />
für das Werk se<strong>in</strong>er Freunde<br />
Pehr Henrik Nordgren, Anders Eliasson<br />
und Peteris Vasks. Diese SACD legt davon<br />
Zeugnis ab.
Im Blickpunkt<br />
Lied<br />
Lieder von Clara Schumann,<br />
Alma Mahler-Werfel und<br />
Lili Boulanger<br />
Maria Riccarda Wessel<strong>in</strong>g, Mezzosopran<br />
Nathalie Dang, Klavier<br />
CLA 50-2904 / Claves<br />
7619931290423<br />
Dies ist bereits Wessel<strong>in</strong>gs drittes<br />
Album für Claves und kommt zu e<strong>in</strong>em<br />
Zeitpunkt heraus, da sie auf den Wogen<br />
des Erfolgs schwimmt. Die Wessel<strong>in</strong>g<br />
s<strong>in</strong>gt, seit sie sich er<strong>in</strong>nern kann. Schließlich<br />
entschied sie sich, es beruflich zu<br />
tun. Besonders <strong>in</strong>tensiv beschäftigte sie<br />
sich mit den Opern Händels, wovon diverse<br />
E<strong>in</strong>spielungen Zeugnis ablegen. Die<br />
Interpretation zeitgenössischer Komponisten<br />
sieht sie aber auch als wichtige<br />
Aufgabe; sie hat bereits <strong>in</strong> Opern von<br />
Saariaho, Reimann, Eötvös und Sciarr<strong>in</strong>o<br />
gesungen. Bei der Weltpremiere von<br />
Henzes Oper „Phaedra“ an der Berl<strong>in</strong>er<br />
Staatsoper Unter den L<strong>in</strong>den sang sie die<br />
Titelpartie. Derzeit fällt sie an der Pariser<br />
Oper mit brillanten Aufführungen auf.<br />
Und doch vermag sie sich immer wieder<br />
<strong>in</strong> die kle<strong>in</strong>e Form des Kunstliedes zu<br />
versenken. Die Intimität dieser hier e<strong>in</strong>gespielten<br />
Lieder kommt ihr besonders<br />
entgegen, um eben auch e<strong>in</strong>e ganz andere<br />
Seite ihres künstlerischen Vermögens<br />
zeigen zu können.<br />
Romantische<br />
Bekenntnisse<br />
Fast alle für diese CD ausgewählten<br />
Lieder haben die Komponist<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />
ihrer Jugendzeit, teils <strong>in</strong> frühester Jugend<br />
geschrieben – wobei man sagen muss,<br />
dass Lili Boulanger, die ja schon mit<br />
25 Jahren starb, auch ke<strong>in</strong> anderer<br />
Lebensabschnitt beschieden war. Wunderbar<br />
zarte Lieder, die von Liebe und<br />
Sehnsucht handeln, verb<strong>in</strong>det die Sänger<strong>in</strong><br />
zu e<strong>in</strong>em großartigen romantischen<br />
Stimmungsbild.<br />
Scottish and other Songs<br />
von Joseph Haydn und<br />
Ludwig van Beethoven sowie<br />
Trio d-Moll von Haydn<br />
Daniely Bechly, Sopran<br />
Trio Kairos<br />
M 56880 / Musicaphon<br />
4012476568805 / (SACD hybrid)<br />
Das Zeitalter der Aufklärung wollte<br />
das gesamte Wissen und Können der<br />
Menschheit gegen den Widerstand weltlicher<br />
und geistlicher Machthaber für<br />
jeden Bürger zugänglich machen. Der<br />
Zeitraum von 1730 bis 1800 brachte e<strong>in</strong>e<br />
bürgerliche Emanzipation hervor, der<br />
e<strong>in</strong>e konzentrierte Sammlung von Wissen,<br />
Denken, Fühlen und Handeln zu verdanken<br />
ist. Dieser Sammlungs-Leistung<br />
haben wir auch auf musikalischem Gebiet<br />
viel zu verdanken, was sonst verloren<br />
wäre. Auch <strong>in</strong> Schottland trachtete man<br />
nach e<strong>in</strong>er umfangreichen Sammlung des<br />
Volksliedgutes der Insel.<br />
Thomson,<br />
der Liedsammler<br />
Mehrere Verleger und Herausgeber<br />
konkurrierten <strong>in</strong> der Zeit des Scottish<br />
Enlightenment mit Sammelbänden schottischer,<br />
irischer und walisischer Lieder.<br />
Besondere Bedeutung erlangte George<br />
Thomson (1757-1851) aus Ed<strong>in</strong>burgh,<br />
der „fleißigste“ auf diesem Gebiet, der 50<br />
Jahre lang der Haupt<strong>in</strong>itiator für die<br />
Volksliedsammlungen <strong>in</strong> Schottland se<strong>in</strong><br />
sollte. Ihm gelang es, auch Joseph Haydn<br />
und später Ludwig van Beethoven für die<br />
musikalische Auf- und Ausarbeitung des<br />
gesammelten Materials zu verpflichten.<br />
E<strong>in</strong>ige der Ergebnisse werden hier vorgetragen<br />
von Daniela Bechly, gebürtige<br />
Hamburger<strong>in</strong>, aber seit 1993 <strong>in</strong> England<br />
ansässig (1987 bis 1993 an der Deutschen<br />
Oper Berl<strong>in</strong> tätig), und dem Trio<br />
Kairos, das auf Musicaphon bereits e<strong>in</strong><br />
sehr erfolgreiches Debut mit den „Klaviertrios<br />
der 20er Jahre“ hatte (Musicaphon<br />
M 56872).<br />
30 AUSGABE 2009/1<br />
Vokalmusik<br />
Abbey Road a cappella<br />
Atrium Ensemble<br />
M 56893 / Musicaphon<br />
4012476568935<br />
Die letzte Zusammenarbeit der<br />
Beatles, e<strong>in</strong>es ihrer berühmtesten Alben,<br />
gesungen von vier Männern (hoher und<br />
mittlerer Tenor, Bariton und Bass) ohne<br />
Instrumentalbegleitung – geht das überhaupt?<br />
Es geht, und wie! Die behutsamen<br />
Transkriptionen Frank Schwemmers<br />
erfassen durchweg hervorragend die<br />
Stimmung der Songs, und die wesentlichen<br />
Elemente werden mit wirklich<br />
unglaublicher Virtuosität von den vier<br />
Sängern umgesetzt, so dass man sich<br />
manches Mal an die Ohren fasst und<br />
fragt, ob da wirklich nur vier Sänger und<br />
nicht e<strong>in</strong> ganzes Ensemble am Werk s<strong>in</strong>d.<br />
Beatles<br />
mal klassisch<br />
Und so wirken die Songs trotz des fehlenden<br />
Instrumentariums ke<strong>in</strong>eswegs<br />
unvollständig, aber klanglich halt anders<br />
und neu. Nach zwei Aufnahmen mit<br />
romantischem Liedgut (M 56848 und<br />
M 56876) ist dies die dritte Veröffentlichung<br />
dieses Ausnahme-Ensembles bei<br />
Musicaphon – e<strong>in</strong> Vergnügen nicht nur<br />
für Beatles-Fans, die mit dem Orig<strong>in</strong>al<br />
vertraut s<strong>in</strong>d.<br />
Die Kunst der Emma Kirkby<br />
Geistliche und weltliche Werke<br />
von Händel, Bach, Böddecker, Couper<strong>in</strong>,<br />
de Lalande, Scarlatti, Ariosti, Amodei<br />
sowie Lautenlieder von Dowland,<br />
Johnson, Blow, Schütz, d‘India, Boesset.<br />
Emma Kirkby, Sopran<br />
Jakob L<strong>in</strong>dberg, Laute<br />
London Baroque,<br />
Theatre <strong>of</strong> Early Music u.a.<br />
BIS-CD-1734<br />
7318591734352<br />
Pünktlich zum 60. Geburtstag der<br />
Künstler<strong>in</strong> am 26.2.2009 brachte BIS auf<br />
vier CDs die Highlights der bisherigen Zusammenarbeit<br />
mit der Ausnahmesopranist<strong>in</strong><br />
heraus, die 2007 vom BBC Magaz<strong>in</strong>e<br />
auf Platz 10 unter die „20 größten Sopranist<strong>in</strong>nen<br />
aller Zeiten“ e<strong>in</strong>gereiht wurde<br />
und sich seit ihren Anfängen <strong>in</strong> den 70er<br />
Jahren des vorigen Jahrhunderts unschätzbare<br />
Verdienste um die Wiederentdeckung<br />
und -belebung der Alten Musik erworben<br />
hat. Dabei hatte sie ursprünglich gar nicht<br />
die Absicht, das S<strong>in</strong>gen zu ihrem Beruf zu<br />
machen. Als Student<strong>in</strong> der klassischen<br />
Philologie <strong>in</strong> Oxford und dann als Schullehrer<strong>in</strong><br />
sang sie aus re<strong>in</strong>em Vergnügen <strong>in</strong><br />
Chören und kle<strong>in</strong>en Ensembles, wobei sie<br />
sich <strong>in</strong> der Musik der Renaissance und<br />
des Barock am meisten zu Hause fühlte.<br />
1971 stieß sie zum Taverner Choir; 1973<br />
begann ihre langjährige Zugehörigkeit<br />
zum Consort <strong>of</strong> Musicke. Es folgten langfristige<br />
Beziehungen mit London Baroque,<br />
dem Freiburger Barockorchester, L’Orfeo<br />
und dem Orchestra <strong>of</strong> the Age <strong>of</strong> Enlightenment.<br />
Von ihr liegen derzeit weit<br />
über 100 E<strong>in</strong>spielungen vor.<br />
Happy Birthday,<br />
Emma!<br />
Als Geburtstagsgeschenk nicht an sie,<br />
sondern an ihre Fans erschien nun also<br />
die Box vorwiegend mit Kantaten und<br />
Arien des Barock und Lautenliedern der<br />
englischen Renaissance. Als besonderes<br />
Highlight bietet die Box die Erste<strong>in</strong>spielung<br />
e<strong>in</strong>er Solokantate von Christoph<br />
Graupner „Ach Gott und Herr“.
<strong>CLASS</strong> aktuell<br />
Michael Haydn (1737-1806)<br />
Responsorien zur Heiligen Woche<br />
Purcell Chor<br />
Orfeo Orchestra, György Vashegyi<br />
HCD 32596 / Hungaroton<br />
5991813259622 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />
Die Kompositionen für die Karwoche<br />
des Jahres 1778 s<strong>in</strong>d grandiose Beispiele<br />
für Chorkompositionen im stilo antico.<br />
Das Responsorium – e<strong>in</strong> Wechselgesang<br />
von Solist und Geme<strong>in</strong>de – ist <strong>in</strong> der<br />
katholischen Liturgie e<strong>in</strong>er der üblichen<br />
Gesangstypen der heiligen Messe und des<br />
Stundengebets. Die Form geht auf den<br />
Synagogalgesang zurück und gilt somit<br />
als e<strong>in</strong>e der ältesten Gesangsformen der<br />
christlichen Kirche. Mit se<strong>in</strong>en homophonen,<br />
isorhythmischen Sätzen, die<br />
nach e<strong>in</strong>em vollkommenen, <strong>in</strong>nigen Ausdruck<br />
der Bibelverse streben – als ob<br />
sich ihr Komponist, allen äußerlichen<br />
Prunk ausschließend, ausschließlich auf<br />
die „<strong>in</strong>nere Stimme konzentrieren würde<br />
– folgte Michael Haydn den Spuren solch<br />
großer Meister der Kirchenmusik wie<br />
Victoria und Ingegneri gegen Ende des<br />
16. Jahrhunderts oder Jomelli und Zelenka<br />
um die Mitte des 18. Jh.<br />
Salzburger<br />
Meisterwerke<br />
Er schrieb die Stücke <strong>in</strong> drei Versionen<br />
(a cappella, Chor mit Orgel, Chor mit<br />
Orgel und Violone). Bei der Premiere am<br />
15.4.1778 im Salzburger Dom wirkte<br />
auch der mit der Familie Mozart befreundete<br />
Kastrat Francesco Ceccarelli mit.<br />
Oper<br />
Emilio Arrieta (1823-1894)<br />
La conquista di Granata<br />
Cantarero, Ibarra, Bros, Odena,<br />
Rubiera, Miles<br />
S<strong>in</strong>fonischer Chor<br />
und Orchester Madrid,<br />
Jesús Lopez Cobos<br />
CDS 618 / Dynamic<br />
8007144606183 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />
Seit über 150 Jahren schlummerte<br />
diese Oper <strong>in</strong> den Archiven. Der Komponist,<br />
aus Navarra gebürtig, begann nach<br />
e<strong>in</strong>er Ausbildung am Mailänder Konservatorium<br />
<strong>in</strong> Harmonielehre und Komposition<br />
e<strong>in</strong>e Karriere als Sänger <strong>in</strong> Mailand,<br />
begann parallel aber Opern zu schreiben.<br />
Aus Spaniens<br />
Blütezeit<br />
Er gewann später die Gunst der jungen<br />
spanischen König<strong>in</strong> Isabella II., die ihn<br />
am Madrider H<strong>of</strong> zum „Maestro de canto“<br />
und H<strong>of</strong>komponisten machte. Er durfte<br />
se<strong>in</strong> eigenes Theater bauen und hatte weitgehende<br />
künstlerische Freiheiten. „La<br />
Conquista di Granata“ hatte ihre erfolgreiche<br />
Erstaufführung <strong>in</strong> Madrid im Oktober<br />
1850. Das Auftragswerk sollte e<strong>in</strong>en<br />
ruhmreichen Moment der spanischen Geschichte<br />
feiern, nämlich die E<strong>in</strong>nahme von<br />
Granada 1492 durch die katholischen Könige<br />
Ferd<strong>in</strong>and von Aragon und Isabella<br />
von Kastilien. Es wurde e<strong>in</strong> Libretto von<br />
Temistocle Solera gewählt, der vor allem<br />
als Textdichter für Verdis „Nabucco“ <strong>in</strong><br />
die Geschichte e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g. Trotz der Begeisterung<br />
des Publikums geriet die Oper<br />
merkwürdigerweise <strong>in</strong> Vergessenheit, bis<br />
sie 2006 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Produktion des Teatro<br />
Real <strong>in</strong> Madrid wiedererstand. Hierbei<br />
folgte man der kritischen Ausgabe des<br />
Werkes von Ramón Sobr<strong>in</strong>o und Maria<br />
Enc<strong>in</strong>a Cortizo. Diese Wiederentdeckung<br />
ist e<strong>in</strong>e wichtige Bereicherung des italienischen<br />
Opernrepertoires des 19. Jahrhunderts,<br />
zugleich e<strong>in</strong>e Wiedergutmachung<br />
an e<strong>in</strong>em Komponisten von<br />
europäischer Statur. Die Aufführung<br />
erfolgte konzertant.<br />
AUSGABE 2009/1 31<br />
Baldassare Galuppi (1706-1785)<br />
L‘Olimpiade<br />
Tucker, Rosique, Invernizzi, Basso,<br />
Gottwald<br />
Venice Baroque Orchestra,<br />
Andrea Marcon<br />
Regie: Dom<strong>in</strong>ique Zito<br />
CDS 33545 / Dynamic (DVD Video)<br />
8007144335458 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />
„L’Olimpiade“ schrieb Galuppi für die<br />
Eröffnung der Karnevalssaison am Mailänder<br />
Teatro Ducale im Dezember 1747<br />
auf e<strong>in</strong> Libretto des berühmten Metastasio.<br />
Es war dies e<strong>in</strong>er der Titel, die Metastasio<br />
selbst als zu den <strong>in</strong> Europa meistgespielten<br />
und wieder aufgenommenen zählte<br />
(„L’Olympiade“ wurde nicht weniger als<br />
hundert Mal vertont), auch wenn er nicht<br />
<strong>in</strong> der Lage war, die „beste der Musiken,<br />
die ihn vertont haben“ anzugeben – da<br />
er sich nie von Wien weg bewegte, um<br />
die diversen Aufführungen zu verfolgen.<br />
Galuppis Vertonung erfolgte 14 Jahre<br />
nach der ersten Inszenierung mit Musik<br />
von A. Caldara und erfuhr über 30 Jahre<br />
h<strong>in</strong>weg e<strong>in</strong>e Reihe von Wiederaufnahmen<br />
und Neu<strong>in</strong>szenierungen <strong>in</strong> ganz Europa.<br />
Detektivische<br />
Meisterleistung<br />
Die e<strong>in</strong>zige Partitur wurde <strong>in</strong> Mailand<br />
aufbewahrt, war aber unvollständig. Das<br />
mag erklären, warum das Werk später<br />
nicht mehr aufgeführt wurde, obwohl<br />
das Werk so lange Zeit überaus erfolgreich<br />
gewesen war. Der Dirigent Andrea<br />
Marcon nahm sich <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit der Musikwissenschaftler<strong>in</strong> Claire<br />
Genewe<strong>in</strong> der Rekonstruktion des Werkes<br />
an. Schließlich fanden sie die eröffnende<br />
S<strong>in</strong>fonia <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bibliothek <strong>in</strong> Regensburg<br />
und das F<strong>in</strong>ale <strong>in</strong> London, so dass die buffo-<br />
Oper auf e<strong>in</strong> Libretto von Pietro Metastasio<br />
endlich 2006 <strong>in</strong> Venedig wieder auf die<br />
Bühne gebracht werden konnte.<br />
Vicente Martín y Soler (1754-1806)<br />
Il burbero di bon cuore<br />
De la Merced, Chausson, Gens,<br />
Pirgu, Diaz<br />
Orquesta Titular del Teatro Real<br />
Orquesta S<strong>in</strong>fónica de Madrid,<br />
Christophe Rousset<br />
Regie: Ir<strong>in</strong>a Brook<br />
CDS 33580 / Dynamic (DVD Video)<br />
8007144335809 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />
Das Lustspiel <strong>in</strong> zwei Akten basiert auf<br />
e<strong>in</strong>er der bekanntesten und amüsantesten<br />
französischen Komödien von Carlo Goldoni,<br />
Le bourru bienfaisant. Mit triumphalem<br />
Erfolg hatte die Oper am 4.1.1786 am<br />
Wiener Burgtheater Premiere. Mozart gefiel<br />
das Werk so gut, dass er zwei „Ersatzarien“<br />
für dieses Werk komponierte, die<br />
beide auch E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> diese Produktion<br />
des Teatro Real de Madrid fanden. Aus<br />
Valencia war der Komponist gebürtig, der<br />
damals unter dem italianisierten Namen<br />
V<strong>in</strong>cenzo Mart<strong>in</strong>i e<strong>in</strong>e der absoluten<br />
Größen im europäischen Musikleben war.<br />
Den entscheidenden Durchbruch hatten<br />
ihm drei Opern gebracht, die er auf<br />
Libretti von Lorenzo da Ponte zwischen<br />
1786 und 1787 <strong>in</strong> Wien herausbrachte,<br />
darunter eben „Il burbero di buon coure“.<br />
Sehr rasch wurde das Werk <strong>in</strong> ganz Europa<br />
populär. Und dies sicher nicht nur dank<br />
der heiteren Handlung, sondern vor allem<br />
wegen der raff<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>fachen, anmutig<br />
und mit großem Farbenreichtum orchestrierten<br />
Musik. Die Handlung wird von<br />
ihr perfekt gelenkt, ohne unnötige Längen,<br />
so dass die Szenen mit drängendem Rhythmus<br />
aufe<strong>in</strong>ander folgen und der Geschichte<br />
e<strong>in</strong> Gefühl frischer Natürlichkeit<br />
verleihen. Die Regisseur<strong>in</strong> Ir<strong>in</strong>a Brook,<br />
Tochter des bekannten englischen Regisseurs<br />
Peter Brook, hatte mit dieser Inszenierung<br />
ihr Debut am Teatro Real. Sie versetzte<br />
die Handlung <strong>in</strong> unsere Zeit, wobei<br />
sie mehrere Stile und Epochen mixt, was<br />
neben der leichten, heiteren Musik Solers<br />
das Werk zu e<strong>in</strong>er wirklich amüsanten<br />
Abendunterhaltung macht.
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und weltliche – <strong>of</strong>t exklusiv auf Hyperion.<br />
Bislang s<strong>in</strong>d über 1400 CDs erschienen.<br />
www.hyperion-records.co.uk<br />
<strong>CLASS</strong> KATALOG SERVICE<br />
Coviello Hochwertige Aufnahmen mit vielfach<br />
ausgezeichneten Solisten, Orchestern und<br />
Spezialensembles garantieren e<strong>in</strong>malige Hör-<br />
Erlebnisse, ob <strong>in</strong> der authentisch <strong>in</strong>terpretierten<br />
Alten Musik, im klassischen Kammermusik-<br />
und Orchesterrepertoire, <strong>in</strong> bisher unerhörten<br />
Raritäten, <strong>in</strong> der Neuen Musik oder <strong>in</strong> genreübergreifenden<br />
Projekten.<br />
www.covielloclassics.de<br />
MDG Hörvergnügen garantiert!<br />
Christian Zacharias, Frank Bungarten,<br />
Elisabeth Leonskaja, Steffen Schleiermacher,<br />
Adam Fischer, Roman K<strong>of</strong>man, Consortium<br />
Classicum, Ma'alot Bläserqu<strong>in</strong>tett, Hardy Rittner,<br />
Siegbert Rampe, Claudius Tanski, Trio Parnassus,<br />
Musica Alta Ripa, Leipziger Streichquartett,<br />
Ensemble Villa Musica, Wiener Klaviertrio,<br />
Mozart Piano Quartet …<br />
www.mdg.de �<br />
■ MDG<br />
■ Pan Classics<br />
■ Timpani<br />
Timpani Es gibt nur wenige Labels deren<br />
Katalog so viele spannende musikalische<br />
Entdeckungen aufzuweisen hat wie das<br />
französische Label TIMPANI. Der Schwerpunkt<br />
liegt hier allerd<strong>in</strong>gs nicht nur auf seltenem,<br />
französischem Repertoire des 19. und frühen<br />
20. Jahrhunderts, sondern auch auf <strong>in</strong>ternationaler<br />
zeitgenössischer Musik.<br />
www.timpani-records.com<br />
Hänssler Classic Der Hänssler <strong>CLASS</strong>IC-<br />
Katalog stellt rund 800 Musikproduktionen –<br />
CDs, SACDs und DVDs – vor, darunter Raritäten<br />
des Musikrepertoires sowie preisgekrönte Aufnahmen<br />
herausragender Musiker wie Helmuth<br />
Rill<strong>in</strong>g, Michael Gielen, Sylva<strong>in</strong> Cambrel<strong>in</strong>g,<br />
Roger Norr<strong>in</strong>gton, Vokalensemble Stuttgart,<br />
Johannes Moser, Gerhard Oppitz, Thomas Fey u.a.<br />
www.haenssler-classic.de<br />
Genu<strong>in</strong> Fast 150 Titel im Katalog 2009 - das Leipziger<br />
Klassik-Label GENUIN stellt e<strong>in</strong> umfangreiches Programm,<br />
darunter zwei neue Editionen, mit Musik des 17.-21. Jahrhunderts<br />
vor, die bereits begehrenswerte Auszeichnungen<br />
wie den Diapason d'Or oder Nom<strong>in</strong>ierungen für<br />
den Midem <strong>Classical</strong> Award erhalten haben.<br />
www.genu<strong>in</strong>.de