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CLASSaktuell - CLASS - Association of Classical Independents in ...

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<strong>CLASS</strong><br />

AKTUELL<br />

2009/1<br />

Noch Fragen?<br />

Beethoven und Mendelssohn<br />

mit dem Beethoven Quartett<br />

<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />

Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and<br />

von Preußen<br />

Der Abschluss e<strong>in</strong>er Erfolgsserie<br />

Musik aus der Heide<br />

Mittelalterliches aus den<br />

Klöstern der Lüneburger Heide<br />

So jung im Herzen …<br />

Sir Roger Norr<strong>in</strong>gton feiert<br />

se<strong>in</strong>en 75. Geburtstag<br />

Historische Orgel<br />

<strong>in</strong> neuer Schönheit<br />

Ullrich Böhme spielt Sauer-Orgel<br />

der Leipziger Thomaskirche<br />

Happy Birthday, Chandos<br />

Das britische Erfolgslabel<br />

wird 30 Jahre alt<br />

Joseph Haydn<br />

Baumeister e<strong>in</strong>er Epoche<br />

Interview mit<br />

FRIEDRICH KLEINHAPL


appassionato<br />

“musical emotion, exquisite <strong>in</strong>terpretation,<br />

an <strong>in</strong>genious<br />

record<strong>in</strong>g idea...“<br />

MDG 906 1547-6 (Hybrid-SACD)<br />

Alle 16 Titel s<strong>in</strong>d für<br />

begrenzte Zeit<br />

zum Sonderpreis<br />

im Fachhandel erhältlich!<br />

DG<br />

<strong>CLASS</strong>ICAL REFERENCES<br />

...16 klassische audiophile Hörbeispiele<br />

Leidenschaftlich!<br />

Pasticcio, Intermezzo, Furioso,<br />

New Dimension, Inspirations –<br />

die audiophilen Klangsammlungen<br />

von MDG haben absoluten<br />

Sammlerwert unter den<br />

Audiophilen und genießen<br />

Referenzcharakter bei den<br />

klassischen Sound<strong>in</strong>genieuren.<br />

Nun steht appassionato bereit,<br />

um mit fe<strong>in</strong>sten, natürlich aufgenommenen<br />

Klangbeispielen<br />

jede Audio-Kette musikalisch<br />

auf den Prüfstand zu schicken<br />

oder e<strong>in</strong>fach musikalisch zu<br />

erfreuen.<br />

Überwältigend!<br />

„Die Botschaft ist klar:<br />

Dabr<strong>in</strong>ghaus und Grimm steht<br />

für exquisite Interpretation und<br />

geniales Klangkonzept. Seit<br />

1978 entdecken die Tonmeister<br />

und Produzenten Werner<br />

Dabr<strong>in</strong>ghaus und Reimund<br />

Grimm klassisches Repertoire<br />

vom Allerfe<strong>in</strong>sten. Die Tonmeister<br />

von MDG haben <strong>in</strong><br />

ihrer langen und erfolgreichen<br />

Zeit klanglich Überwältigendes<br />

e<strong>in</strong>gespielt. E<strong>in</strong>ige der Perlen<br />

haben sie nun zusammengefasst…“<br />

(Stereoplay)<br />

Philosophisch!<br />

„Die Produktionsphilosophie<br />

dieser kle<strong>in</strong>en, aber fe<strong>in</strong>en<br />

Firma ist kurz umrissen: so<br />

wenig Gerät wie möglich für<br />

soviel natürlichen Klang wie<br />

möglich. ‚Verschlimmbesserer’<br />

wie Filter, Nachhallgerät,<br />

Regelverstärker u.a. s<strong>in</strong>d tabu,<br />

aufgenommen wird mit sowenig<br />

Mikr<strong>of</strong>onen wie möglich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em jeweils geeigneten<br />

Raum.“ (Tonmeister<strong>in</strong>formation)<br />

Musikproduktion<br />

Dabr<strong>in</strong>ghaus und Grimm<br />

Tel. 05231-93890<br />

Vertrieb: Codaex Deutschland GmbH<br />

Tel. 089-82000233 - Fax 089-82000093<br />

Gramola Wien: klassik@gramola.at<br />

MusiKontakt Zürich: <strong>in</strong>fo@musikontakt.ch


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Associat ion <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />

Im Vorwort e<strong>in</strong>es Klassikmagaz<strong>in</strong>s rechnet der Leser mit Namen wie Karajan und Callas,<br />

Pagan<strong>in</strong>i und Pavarotti, Villazón und Villa-Lobos. Ich möchte zur Abwechslung mal e<strong>in</strong>en<br />

ganz anderen Namen <strong>in</strong>s Spiel br<strong>in</strong>gen: Freddy Breck. Der hat so Schnulzen gesungen<br />

wie „Bianca“ und „Rote Rosen“ – und ich sehe schon, wie sich Leser und Leser<strong>in</strong> mit<br />

Grausen abwenden. Selbst wenn ich h<strong>in</strong>zufüge, dass viele von Freddy Brecks Schlagererfolgen<br />

auf klassischen Melodien beruhen, will das Naserümpfen auf des Lesers<br />

Riechorgan nicht weichen. Freddy Breck und die Klassik: Das ist wie Bierbrauwasser,<br />

beworben mit Edvard Griegs „Morgenstimmung“. In jeder H<strong>in</strong>sicht geschmacklos.<br />

Micky Maus und Kaffeelikör<br />

Nun muss ich Sie aber bitten zu bedenken: Nicht jeder Mensch genießt das Glück, e<strong>in</strong>en<br />

Konzertmeister zum Vater zu haben. Nicht jedes K<strong>in</strong>dergartenk<strong>in</strong>d wird vom Babyschnuller<br />

direkt an die Blockflöte umgewöhnt. Nicht jeder Teenie wird am Wochenende von e<strong>in</strong>er<br />

bildungsbeflissenen Erbtante <strong>in</strong>s S<strong>in</strong>foniekonzert verschleppt. Mit anderen Worten: Es gibt<br />

Menschen, für deren musikalische Erleuchtung erst e<strong>in</strong> Freddy Breck daherkommen<br />

musste – so wie e<strong>in</strong>st Johannes der Täufer den Messias ankündigte. Warum sonst sollte<br />

jemand auf die Idee verfallen, e<strong>in</strong> Stück mit dem todlangweiligen Titel „Capriccio Italien“<br />

auszuchecken, wenn nicht, um dar<strong>in</strong> die „Bianca“-Melodie zu suchen?<br />

Überhaupt Tschaikowsky: Kann e<strong>in</strong>em jungen Menschen irgendetwas spießiger, uncooler,<br />

prätentiöser ersche<strong>in</strong>en als Tschaikowsky? Nie hätte ich als Rockmusik-begeisterter<br />

Teenager den Spaß an Tschaikowsky entdeckt ohne Dieter Hildebrandts Kabarettsendung<br />

„Notizen aus der Prov<strong>in</strong>z“ (1. Klavierkonzert, Kopfsatz), ohne Emerson Lake & Palmers<br />

Konzertzugabe „Nutrocker“ (Marsch aus der Nussknacker-Suite), ohne Walt Disneys Film<br />

„Fantasia“ (mit fast der kompletten Nussknacker-Suite) oder Deep Purples rockende<br />

„Exposition“ (mit e<strong>in</strong>em Thema aus „Romeo und Julia“). Nicht unterschlagen darf ich<br />

Vicky Leandros’ Schmachtschlager von den wilden Schwänen („Tanz der Schwäne“ aus<br />

Schwanensee) und eben Freddy Brecks „Bianca“: Ich habe sie wahrsche<strong>in</strong>lich gehasst,<br />

aber man konnte ihnen nicht entkommen. So wenig wie der Brauwasserwerbung.<br />

Viele Wege führen zur klassischen Musik. Und dass man auf verschlungenen Pfaden <strong>of</strong>t<br />

<strong>in</strong>teressantere Entdeckungen macht als auf viel befahrenen Autobahnen, das weiß jeder.<br />

Wie hätte ich dem wilden G<strong>in</strong>astera jemals begegnen sollen ohne den Eklektizisten Keith<br />

Emerson? Die Bekanntschaft mit Dukas’ Impressionismus verdanke ich dem Zauberlehrl<strong>in</strong>g<br />

Micky Maus. Borod<strong>in</strong>s russischen Charme vermittelten mir die Broadway-Autoren<br />

Wright und Forrest, die aus Borod<strong>in</strong>s Melodien Musicalsongs machten, an denen selbst<br />

Jazzmusiker nicht vorbeikamen. Und für die Entdeckung von Khatchaturians Ballett-<br />

Melancholie stehe ich ganz <strong>in</strong> der Schuld des Filmregisseurs Stanley Kubrick sowie e<strong>in</strong>es<br />

beliebten Kaffeelikörs. Übrigens: Freddy Breck ist kurz vor Weihnachten gestorben. Ich<br />

werde ihn nicht vergessen und wünsche auch Ihnen viele Entdeckungen am Wegesrand.<br />

Ihr<br />

Hans-Jürgen Schaal<br />

AUSGABE 2009/1 3<br />

<strong>CLASS</strong> aktuell 1/2009<br />

Inhalt<br />

4 Schw<strong>in</strong>gung direkt <strong>in</strong>s Herz<br />

Interview mit dem Cellisten<br />

Friedrich Kle<strong>in</strong>hapl<br />

6 Musik aus der Heide<br />

Die Klostermusik der Lüneburger Heide<br />

7 Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and<br />

von Preußen<br />

Der Abschluss e<strong>in</strong>er Erfolgsserie<br />

8 Die Dimension des Göttlichen<br />

Das Trio Cantraiano erweckt uralte<br />

Sonnengesänge zu neuem Leben<br />

9 Bravourstück<br />

Hardy Rittner spielt Brahms<br />

im Orig<strong>in</strong>alklang<br />

10 Mitten wir im Leben s<strong>in</strong>d<br />

Siebenbürgische Passionsmusik<br />

11 Leichtes Spiel<br />

Stefan Irmer präsentiert<br />

Sigismund Thalberg<br />

12 Joseph Haydn<br />

Baumeister e<strong>in</strong>er Epoche<br />

19 High End 2009<br />

Leistungsschau der Edel-Elektronik<br />

20 So jung im Herzen …<br />

Sir Roger Norr<strong>in</strong>gton feiert se<strong>in</strong>en<br />

75. Geburtstag<br />

21 Historische Orgel <strong>in</strong><br />

neuer Schönheit<br />

Ullrich Böhme spielt restaurierte<br />

Sauer-Orgel der Leipziger Thomaskirche<br />

22 Noch Fragen?<br />

Beethoven und Mendelssohn im Dialog<br />

mit dem Beethoven Quartett<br />

23 Happy Birthday, Chandos Records<br />

Das britische Erfolgslabel wird<br />

30 Jahre alt<br />

24 Blickpunkte<br />

Neuveröffentlichungen vorgestellt<br />

von <strong>CLASS</strong><br />

32 <strong>CLASS</strong> - Katalog Service<br />

Die neuen Klassik-Kataloge s<strong>in</strong>d da<br />

Auflage: 137.500<br />

Titelfoto: © Christian Jungwirth · www.bigshot.at<br />

Grafik: Ottilie Gaigl<br />

<strong>CLASS</strong><br />

<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany e.V.<br />

Bachstraße 35, 32756 Detmold<br />

www.class-germany.de · class@class-germany.de


FRIEDRICH KLEINHAPL<br />

Schw<strong>in</strong>gung direkt <strong>in</strong>s Herz<br />

Friedrich Kle<strong>in</strong>hapl war im Frühjahr 2009<br />

zu Gast im Musiksalon der Tageszeitung<br />

Die Presse im Wiener Musikvere<strong>in</strong>. Im<br />

Gespräch mit Musikkritiker Dr. Wilhelm<br />

S<strong>in</strong>kovicz entstand dabei e<strong>in</strong> aufschlussreiches<br />

Porträt des Musikers, das <strong>in</strong> der Folge auszugsweise<br />

wiedergegeben wird.<br />

S<strong>in</strong>kovicz: Herr Kle<strong>in</strong>hapl, Sie gelten als<br />

besonders ausdrucksstarker Cellist.<br />

Was bedeutet das Violoncello für Sie?<br />

Kle<strong>in</strong>hapl: Es ist me<strong>in</strong> Leben. Das Cello hat<br />

mich vom ersten Moment an fasz<strong>in</strong>iert. Se<strong>in</strong>e<br />

Nähe zur menschlichen Stimme, der <strong>in</strong>tensive<br />

Kontakt zum Körper des Cellisten – ke<strong>in</strong> anderes<br />

Instrument wird beim Spielen so umarmt<br />

wie das Cello. Physisch wie psychisch überträgt<br />

Friedrich Kle<strong>in</strong>hapl mit<br />

Andreas Woyke<br />

Photos: © Christian Jungwirth<br />

sich se<strong>in</strong>e Schw<strong>in</strong>gung direkt <strong>in</strong>s Herz. Außerdem<br />

liegt es im idealen Frequenzbereich des<br />

menschlichen Ohrs, ist mit se<strong>in</strong>en klanglichen<br />

Möglichkeiten unglaublich farbenreich, vielschichtig<br />

und ausdrucksstark.<br />

Wie s<strong>in</strong>d Sie zum Cello gekommen? Sie<br />

stammen ja nicht wie viele andere Musiker<br />

aus e<strong>in</strong>er Musikerfamilie.<br />

Im Haus me<strong>in</strong>er Eltern spielte ständig klassische<br />

Musik. Dabei hatte es mir als dreijähriges<br />

K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> altes großes Radiogerät besonders angetan.<br />

Wenn ich mich daneben <strong>in</strong>s Regal zwängte,<br />

konnte ich me<strong>in</strong> Ohr ganz nah an das Radio legen<br />

und die Schw<strong>in</strong>gungen spüren. So wurde ich<br />

zur musikalischen Früherziehung gebracht. Mit 4<br />

oder 5 Jahren hatte ich dann den Wunsch, Dirigent<br />

zu werden, w<strong>of</strong>ür ich e<strong>in</strong><br />

Streich<strong>in</strong>strument erlernen<br />

wollte. Me<strong>in</strong>e Lehrer empfahlen<br />

mir das Cello. Dabei<br />

b<strong>in</strong> ich geblieben, fasz<strong>in</strong>iert<br />

von se<strong>in</strong>em Klang<br />

und se<strong>in</strong>er Wirkung.<br />

Wie g<strong>in</strong>g es dann weiter?<br />

Zuerst Konservatorium,<br />

mit 14 Jahren Wechsel<br />

an die Musikhochschule<br />

Graz. Dabei hatte<br />

ich das Glück, <strong>in</strong> den Jahren<br />

vor me<strong>in</strong>em Diplom<br />

regelmäßig Unterricht bei<br />

dem renommierten Pr<strong>of</strong>essor<br />

Phillippe Muller <strong>in</strong><br />

Paris zu erhalten. Nach<br />

Ende me<strong>in</strong>es Studiums zog<br />

ich schließlich mit e<strong>in</strong>em<br />

Stipendium für zwei Jahre<br />

ganz nach Paris, um bei<br />

Muller me<strong>in</strong>e Ausbildung<br />

zu beenden.<br />

4 AUSGABE 2009/1<br />

Er hat Sie also als Cellist maßgeblich geprägt?<br />

Ich verdanke ihm, wie Chronopoulos und<br />

e<strong>in</strong>igen anderen Lehrern, sehr viel. Außerdem<br />

hat mich Muller <strong>in</strong>spiriert, me<strong>in</strong>e Technik noch<br />

e<strong>in</strong>mal völlig zu verändern und me<strong>in</strong>en eigenen,<br />

persönlichen Weg zu suchen. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

hatte ich aber auch das Glück, vielen anderen<br />

großen Musikerpersönlichkeiten zu begegnen wie<br />

Yehudi Menuh<strong>in</strong>, Claudio Abbado, Tibor Varga.<br />

Allen voran aber dem berühmten Cellisten Paul<br />

Tortelier, der mich enthusiastisch ermutigte,<br />

den solistischen Weg e<strong>in</strong>zuschlagen.<br />

Für jeden Solisten spielt Klang e<strong>in</strong>e große<br />

Rolle. Doch bei Ihnen hat man den E<strong>in</strong>druck,<br />

dass Klang so etwas wie e<strong>in</strong> Leitthema darstellt.<br />

Das geht aus den Booklet-Texten Ihrer<br />

CDs ebenso hervor wie aus Ihrer Webseite.<br />

Schon sehr früh hat sich so etwas wie e<strong>in</strong>e<br />

Klangvision <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Kopf festgesetzt, die ich<br />

dann durch viele Jahre wie besessen zu realisieren<br />

versuchte. Endlos habe ich dabei an me<strong>in</strong>er<br />

Bogentechnik, me<strong>in</strong>em Vibrato gearbeitet.<br />

Ebenso <strong>in</strong>tensiv war aber auch die klangliche<br />

Optimierung me<strong>in</strong>es Instruments. Jetzt habe ich<br />

das Gefühl, diesen Klang gefunden zu haben.<br />

Worauf führen Sie es zurück, dass Sie<br />

diese Klangvision, wie Sie es nennen, jetzt<br />

erreicht haben?<br />

Das hängt mit dem jetzigen Instrument<br />

zusammen. Ich habe das Glück, seit 1998 auf<br />

Celli aus der Sammlung der Österreichischen<br />

Nationalbank zu spielen. Seit Juni letzten Jahres<br />

spiele ich e<strong>in</strong> Instrument, das für mich fast wie<br />

aus e<strong>in</strong>er anderen Welt ist: e<strong>in</strong> Cello von<br />

Giovanni Battista Guadagn<strong>in</strong>i, Piacenza 1743.<br />

Dieses Instrument war für mich von Anfang an<br />

mehr als e<strong>in</strong> Violoncello – fast wie e<strong>in</strong> Wesen<br />

mit e<strong>in</strong>er ungeheuren Persönlichkeit und Kraft.


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Wie setzt sich Ihr Repertoire zusammen?<br />

Wie entwickelt es sich?<br />

Ich konzentriere mich auf das Konzertrepertoire,<br />

die Cello solo Literatur und auf das<br />

Duo Cello-Klavier. Ich b<strong>in</strong> zutiefst Romantiker.<br />

In dieser Stilepoche ist me<strong>in</strong> Herz immer schon<br />

aufgegangen. Nach schweren gesundheitlichen<br />

Krisen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em zweiten Lebensjahrzehnt fand<br />

e<strong>in</strong>e Öffnung zur zeitgenössischen Musik statt,<br />

danach zu Bachs Solosuiten. Im Augenblick entdecke<br />

ich die Klassik, die für mich als expressiven<br />

Musiker sicherlich zum Schwierigsten gehört,<br />

gleichzeitig aber auch zum Spannendsten.<br />

An Ihrem Repertoire fällt aber auch auf,<br />

dass Sie auch unbekanntere Literatur und<br />

Uraufführungen spielen.<br />

Das stimmt. Ich habe viele Konzerte uraufgeführt,<br />

wurde daher schon als Uraufführungs-Spezialist<br />

bezeichnet. Mich <strong>in</strong>teressieren aber auch selten<br />

gespielte Konzerte wie beispielsweise die von Rozsa,<br />

Rota, Honegger, Korngold oder Friedrich Gulda.<br />

Sie s<strong>in</strong>d also pr<strong>in</strong>zipiell <strong>of</strong>fen für Neues?<br />

Solange ich es emotional verstehe, ja. Schwierig<br />

wird es, wenn ich nur e<strong>in</strong>en rationalen Zugang<br />

f<strong>in</strong>de. Außerdem verkümmere ich emotional,<br />

wenn es ke<strong>in</strong>e Möglichkeiten gibt, das Cello kl<strong>in</strong>gen<br />

zu lassen. Etwas mehr Neugierde würde ich<br />

mir auch von Veranstaltern wünschen. Viele große<br />

Werke weniger bekannter Komponisten werden <strong>of</strong>t<br />

nur selten gespielt. Interessante Stil übergreifende<br />

Experimente werden <strong>of</strong>t pauschal und vorschnell<br />

<strong>in</strong> die Cross-Over Ecke abgeschoben.<br />

Ihrer umfassenden Diskografie ist zu entnehmen,<br />

dass das Duo Cello-Klavier für Sie<br />

e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielt.<br />

Diese Literatur war mir immer schon sehr<br />

wichtig. Dabei lag me<strong>in</strong> Wunsch seit je her <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em festen Duo. Seit 2003 spiele ich fix mit<br />

dem deutschen Pianisten Andreas Woyke.<br />

Die neue E<strong>in</strong>spielung:<br />

Ludwig van Beethoven<br />

Sonaten op. 5 Nr. 1, 2 und op. 69<br />

Ars 38 035 (HybridSACD)<br />

AUSGABE 2009/1 5<br />

Und wie versteht man sich nach sechs Jahren<br />

<strong>in</strong>tensiver Zusammenarbeit, wenn man <strong>in</strong><br />

Europa, den USA, Ch<strong>in</strong>a reist und konzertiert?<br />

Daneben haben Sie bereits Ihre fünfte<br />

geme<strong>in</strong>same SACD veröffentlicht.<br />

Wunderbar! Musikalisch s<strong>in</strong>d Andreas Woyke<br />

und ich wesensverwandt <strong>in</strong> unserem expressiven<br />

und emotionalen Spiel. Da hat sich so etwas wie<br />

bl<strong>in</strong>des Verständnis und Vertrauen entwickelt.<br />

Das heißt, Sie f<strong>in</strong>den leicht zu geme<strong>in</strong>samen<br />

Interpretationen?<br />

Zum<strong>in</strong>dest gibt es nur wenige Diskussionen<br />

und Erörterungen bei der Erarbeitung neuer<br />

Literatur. Nach der anfänglich analytischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

kann sich e<strong>in</strong>e Interpretation<br />

so meist aus sich selbst heraus weiterentwickeln<br />

und vor allem <strong>in</strong> jedem Konzert ‚neu entstehen’.<br />

Das grenzt manchmal schon an e<strong>in</strong> Mysterium<br />

des gegenseitigen Verstehens im Augenblick.<br />

Und was war Ihr bisher schönstes<br />

Konzerterlebnis?<br />

Konzerte wie <strong>in</strong> der Londoner Wigmore Hall<br />

oder im Wiener Musikvere<strong>in</strong> waren sehr<br />

beglückend. Herausragend war dabei sicherlich<br />

me<strong>in</strong>e Begegnung mit Valery Gergiev und dem<br />

Mari<strong>in</strong>sky Orchester, mit denen ich im letzten<br />

Jahr Anton<strong>in</strong> Dvoraks Cellokonzert gespielt<br />

habe. Gergievs begeisterte Reaktion nach dem<br />

Konzert hat dazu natürlich auch beigetragen.<br />

Diskographie:<br />

Schubert, Schnittke: Sonaten und Lieder<br />

Ars 38 028 (HybridSACD)<br />

Franck, Rachman<strong>in</strong>ow: Sonaten<br />

Ars 38 025 (HybridSACD)<br />

J.S. Bach: Solosuiten Nr. 1, 3 und 5<br />

Ars 38 018 (HybridSACD)<br />

Johannes Brahms: Sonaten und Lieder<br />

Ars 38 015 (HybridSACD)<br />

Dmitri Schostakowitsch: Sonaten<br />

Ars 38 003 (HybridSACD)<br />

Gulda, Neumeister: Cellokonzerte<br />

Ars 368 403 (CD)<br />

weitere Informationen unter:<br />

www.kle<strong>in</strong>hapl.com / www.ars-produktion.de<br />

Felix Mendelssohn Bartholdy<br />

Gesamtwerk für Orgel Vol. I<br />

Mart<strong>in</strong> Schmed<strong>in</strong>g<br />

Kuhn-Orgel der Philharmonie Essen<br />

ARS 38046 (Hybrid-SACD)<br />

Exklusiv-Vertrieb für Deutschland:<br />

Joseph Haydn<br />

Die sieben letzten<br />

Worte unseres<br />

Erlösers am Kreuze<br />

Anja Schiffel<br />

Cappella Coloniensis<br />

Bruno Weil<br />

ARS 38044<br />

(2 Hybrid-SACD)<br />

Olivier Messiaen<br />

Le Banquet Céleste<br />

La Nativité du Seigneur<br />

Wolfgang Sieber,<br />

Kuhn-Orgel der<br />

Philharmonie Essen<br />

ARS 38037<br />

(Hybrid-SACD)<br />

Note 1 Musikvertrieb GmbH<br />

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E<strong>in</strong>spielungen<br />

auf Cantate:<br />

God sy gelovet<br />

Kloster Lüne<br />

L<strong>of</strong>f unde ere<br />

Kloster Med<strong>in</strong>gen<br />

Wy wullen alle vrolick syn<br />

Kloster Ebstorf<br />

Vorlehn uns freden gnediglich<br />

Kloster Walsrode<br />

Herre unser Herrscher<br />

Kloster Isenhagen<br />

Danck unde L<strong>of</strong>f<br />

Kloster Wienhausen<br />

C 58032<br />

�<br />

C 58037 C 58036<br />

C 58035<br />

C 58034<br />

C 58033<br />

���<br />

Musik aus der Heide<br />

Mittelalterliche Musik aus den Klöstern Walsrode, Wienhausen,<br />

Med<strong>in</strong>gen, Isenhagen, Lüne und Ebstorf <strong>in</strong> Erste<strong>in</strong>spielung mit dem<br />

Ensemble devotio moderna unter der Leitung von Ulrike Volkhardt<br />

Im weitläufigen Gebiet der Lüneburger<br />

Heide gab und gibt es bis heute e<strong>in</strong>e Reihe<br />

von Frauenklöstern, die nach der Reformation<br />

als evangelische E<strong>in</strong>richtungen weitergeführt<br />

wurden. In den Archiven der sechs Lüneburger<br />

Klöster (bzw. <strong>in</strong> externen Bibliotheken)<br />

bef<strong>in</strong>den sich zahlreiche bislang unbekannte<br />

Musikhandschriften des Mittelalters, die <strong>in</strong> ihrer<br />

E<strong>in</strong>zigartigkeit von nicht zu unterschätzender<br />

Bedeutung für die Geschichte der Klöster <strong>in</strong> der<br />

Lüneburger Heide s<strong>in</strong>d. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts<br />

hatten immer wieder Musikwissenschaftler<br />

e<strong>in</strong>zelne, <strong>of</strong>fensichtlich besonders <strong>in</strong>teressante<br />

Manuskripte beschrieben. Hierbei wurden<br />

allerd<strong>in</strong>gs z.B. <strong>in</strong> Unkenntnis der zeitgenössischen<br />

Notationspraxis sche<strong>in</strong>bar unnotierte Lieder mit<br />

„Neuschöpfungen“ des Editors versehen.<br />

Die Hannoveraner Musiker<strong>in</strong> Pr<strong>of</strong>. Ulrike<br />

Volkhardt und die Musikwissenschaftler<strong>in</strong> Dr.<br />

Ulrike Hascher-Burger haben nun, auf der Basis<br />

<strong>in</strong>zwischen erheblich erweiterter Kenntnisse der<br />

mittelalterlichen Musikhandschriften und ihrer<br />

Tradierung e<strong>in</strong>e erste systematische Sichtung<br />

des musikalischen Materials <strong>in</strong> allen<br />

Lüneburger Klöstern vorgenommen,<br />

bei der erstaunliche Funde, vor allem<br />

an „versteckten“ Orten wie auf und<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>bänden von Rechnungs- und<br />

anderen Büchern (wiederverwertete,<br />

nicht mehr im Gebrauch bef<strong>in</strong>dliche<br />

Pergamente, teils aus karol<strong>in</strong>gischer<br />

Zeit), gemacht wurden. Die beiden Forscher<strong>in</strong>nen<br />

haben die Musik neu transkribiert<br />

und <strong>in</strong>strumentiert.<br />

Fundierte Wissenschaft, künstlerische Praxis<br />

und Erfahrung <strong>in</strong> der Vermittlung von Inhalten<br />

beider Aspekte wirkten bei diesem Projekt <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>zigartiger Weise zusammen. So wurde für die<br />

Aufnahmen der „übersetzten“ Musik sogar eigens<br />

mittelalterliches Instrumentarium rekonstruiert.<br />

6 AUSGABE 2009/1<br />

Dies war möglich, weil erstmalig auch die Ikonographie<br />

der Musikausübung systematisch erfasst<br />

wurde – die Schreiber der meist prachtvoll ausgestatteten<br />

mittelalterlichen Handschriften haben<br />

immer wieder Musiker <strong>in</strong> Aktion abgebildet –<br />

was <strong>in</strong>s<strong>of</strong>ern von enormer Bedeutung ist, als es<br />

im Mittelalter kaum schriftliche H<strong>in</strong>weise zu<br />

Instrumenten und musikalischer Praxis gibt.<br />

Ausgewählte Beispiele dieser ganz<br />

besonderen musikalischen Welt werden<br />

nun, e<strong>in</strong>gespielt vom Ensemble<br />

devotio moderna, auf dem Label CAN-<br />

TATE erstmals der Öffentlichkeit<br />

zugänglich gemacht, wobei jede CD<br />

unter e<strong>in</strong>em eigenen Thema steht.<br />

Neben klösterlichen Tagesabläufen<br />

wird auch musikalisch jeweils e<strong>in</strong>e besondere<br />

liturgische Feier zum Schwerpunkt gemacht.<br />

Die CDs s<strong>in</strong>d mit ausführlichen, illustrierten<br />

Booklets ausgestattet, die <strong>in</strong> allen Aspekten über<br />

diese e<strong>in</strong>zigartige Musikkultur unterrichten.<br />

Diese Reihe bietet e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigartige Möglichkeit,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e uns ferne (und, bezüglich z.B. der teils<br />

heute noch gesungenen Choräle) zugleich doch<br />

so nahe Musikkultur e<strong>in</strong>zutauchen. A. Ra<strong>in</strong>er


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and von Preußen<br />

Zum Abschluss der Serie: Trio Parnassus mit Folge 3<br />

Im Herbst 2008 erhielt das Trio Parnassus<br />

den „ECHO Klassik” für se<strong>in</strong>e fulm<strong>in</strong>ante<br />

E<strong>in</strong>spielung des Klaviertrios op. 1 und der<br />

Suite op. 23 von Erich Wolfgang Korngold,<br />

und bei den derzeit laufenden Verhandlungen um<br />

den BBC-Award gehören die drei Musiker ebenfalls<br />

zu den heißesten Anwärtern, weil ihre Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit der Kammermusik von Peteris<br />

Vasks nicht nur den lettischen Komponisten selbst<br />

über die Maßen entzückte.<br />

Was dabei ganz generell überrascht, ist das<br />

F<strong>in</strong>gerspitzengefühl, mit dem das Ensemble von<br />

Wolfgang Amadeus Mozart bis zur aktuellen<br />

Gegenwart den jeweiligen Puls der Werke ertastet<br />

und selbst solche Raritäten wie die Trio-Kompositionen<br />

von Woldemar Bargiel oder jetzt wieder<br />

Louis Ferd<strong>in</strong>and von Preußen gerade deshalb<br />

„entdeckt”, weil man nie nach uns<strong>in</strong>nigem Bedeutungsdunst<br />

strebt, sondern die Partituren ganz e<strong>in</strong>fach<br />

beim Worte nimmt. So löst sich unversehens<br />

Clara Wiecks Halbbruder aus der Schulmeisterlichkeit,<br />

die ihm oberflächliche Enzyklopäden<br />

angeheftet haben, und so wird aus dem Neffen des<br />

„Alten Fritz” tatsächlich jener „Romantiker der<br />

klassischen Periode”, den der <strong>of</strong>t so treffsichere<br />

Robert Schumann <strong>in</strong> ihm erkannte.<br />

Auf zwei CDs hat das Trio Parnassus im Verbund<br />

mit e<strong>in</strong>igen musikalischen Freunden die delikaten<br />

Kreationen des Hohenzollern-Pr<strong>in</strong>zen bislang dargeboten.<br />

Jetzt beendet e<strong>in</strong>e dritte Produktion die<br />

Serie, <strong>in</strong> der wir e<strong>in</strong>en Künstler vor uns sehen, der<br />

sowohl als Schaffender wie auch als Pianist <strong>in</strong><br />

Fachkreisen hohe Wertschätzung erfuhr und<br />

durchaus hätte stilbildend wirken können, wenn<br />

er nicht ob se<strong>in</strong>es soldatischen Wagemutes im falschen<br />

Moment am falschen Ort gewesen und am<br />

10. Oktober 1806 bei der Schlacht von Saalfeld<br />

umgekommen wäre: „In hohem Grade geistreich,<br />

von fe<strong>in</strong>er Lebensbildung, voll Witz, Belesenheit<br />

und Talenten mancher Art, unter anderem für die<br />

Musik, denn er konnte auf dem Klavier für re<strong>in</strong>en<br />

Virtuosen gelten”, beschrieb General Carl von<br />

Clausewitz, der berühmte Militärstratege, den Kameraden,<br />

der da mit eben mal 34 Jahren auf dem<br />

zweifelhaften Felde der Ehre se<strong>in</strong>en schöpferischen<br />

Geist ausgehaucht hatte.<br />

Louis Ferd<strong>in</strong>and muss geahnt haben, dass er<br />

e<strong>in</strong> Opfer se<strong>in</strong>es aristokratischen Berufs werden<br />

würde, denn noch wenige Monate vor se<strong>in</strong>em<br />

Tode publizierte er e<strong>in</strong>e ganze Reihe durchweg<br />

hörenswerter, zumeist für kle<strong>in</strong>ere Formationen<br />

geschriebene Kammermusiken, über deren eloquente<br />

Eigenständigkeit wir nur staunen können.<br />

Dazu gehören auch die drei auf der abschließen-<br />

den dritten CD des Trio Parnassus veröffentlichten<br />

Stücke, zu deren E<strong>in</strong>spielung Yamei Yu, Michael<br />

Groß und Chia Chou ihre Kollegen Thomas Selditz<br />

und Stanislau Anishchanka e<strong>in</strong>geladen haben.<br />

Und wir fragen uns unwillkürlich, was denn wohl<br />

aus diesem Pr<strong>in</strong>zen geworden wäre, der irgendwo<br />

zwischen Haydn und Danzi begonnen, vor Carl<br />

Maria von Weber wie Carl Maria von Weber komponiert<br />

und gegen Ende se<strong>in</strong>es kurzen Lebens<br />

expressive Regionen des Ausdrucks erreicht hat,<br />

die namentlich <strong>in</strong> dem be<strong>in</strong>ahe ETA-H<strong>of</strong>fmannesken<br />

„Kreisleriana” des Opus 11 erahnen lässt, was<br />

unter den Händen von Frédéric Chop<strong>in</strong> und Robert<br />

Schumann kl<strong>in</strong>gende Realität werden sollte.<br />

Eckhardt van den Hoogen<br />

AUSGABE 2009/1 7<br />

Foto: Wilfried Hösl<br />

Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and von Preußen<br />

Andante mit Variationen op. 4,<br />

Quartett op. 5 und Larghetto op. 11<br />

Trio Parnassus; Thomas Selditz, Viola<br />

Stanislau Anishchanka, Kontrabass<br />

MDG 303 1549 2<br />

Pr<strong>in</strong>z Louis Ferd<strong>in</strong>and von Preußen<br />

Sämtliche Klaviertrios Vol. 1<br />

Trios opp. 2 + 10<br />

MDG 303 1347-2<br />

Sämtliche Klaviertrios Vol. 2<br />

Trio op. 3, Klavierquartett op. 6<br />

Trio Parnassus, Thomas Selditz, Viola<br />

MDG 303 1361-2<br />

Erich Wolfgang Korngold<br />

Trio op. 1 / Suite op. 23 für<br />

2 Viol<strong>in</strong>en, Violoncello und Klavier<br />

Trio Parnassus; Matthias Wollong, Viol<strong>in</strong>e<br />

MDG 303 1463-2<br />

Pēteris Vasks<br />

Klaviertrio / Klavierquartett<br />

Trio Parnassus; Avri Levitan, Viola<br />

MDG 303 1513-2 (CD)<br />

MDG 903 1513-6 (SACD)<br />

Woldemar Bargiel<br />

Sämtliche Klaviertrios Vol.1<br />

Trio op. 20 & op. 37<br />

MDG 303 0805-2<br />

Sämtliche Klaviertrios Vol.2<br />

Trio op. 6 / Adagio op. 38<br />

Sonate op. 10<br />

MDG 303 0806-2<br />

Aktuelle Konzerte:<br />

Trio Parnassus<br />

09. 04. 2009 Darmstadt<br />

25. 04. 2009 Müns<strong>in</strong>gen<br />

26. 04. 2009 Stuttgart<br />

27. 04. 2009 Nagold<br />

30. 04. 2009 Madlitz<br />

03. 05. 2009 Warwick<br />

05. 05. 2009 Southampton<br />

09. 05. 2009 Nott<strong>in</strong>gham<br />

10. 05. 2009 London<br />

12. 07. 2009 Stuttgart<br />

21. 08. 2009 Santa Maria de<br />

Vilabertran, Spanien<br />

23. 08. 2009 Graus, Spanien<br />

05. 09. 2009 Brüssel, Flandernfestival<br />

06. 09. 2009 Brüssel, Flandernfestival<br />

04. 10. 2009 Usedom Festival<br />

18. 10. 2009 Stuttgart<br />

26. 11. 2009 Ingolstadt<br />

Weitere Informationen:<br />

www.trioparnassus.com


Felix Mendelssohn<br />

Felix Mendelssohn<br />

Sämtliche Streichquartette<br />

Oktett op. 20<br />

Orchesterwerke arr. für<br />

Viol<strong>in</strong>e, Violoncello und<br />

Klavier zu 4 Händen:<br />

Die Hebriden op. 26<br />

S<strong>in</strong>fonie Nr. 1 op. 11<br />

S<strong>in</strong>fonie Nr. 5 op. 107<br />

Ruy Blas op. 95<br />

Leipziger Streichquartett<br />

5 CDs<br />

MDG 307 1571-2<br />

Limitierte Auflage<br />

UVP 39,95 EUR<br />

"exzellentes Niveau"<br />

(Fono Forum)<br />

"längst überfällig" (Ensemble)<br />

"schieres musikalisches Feuer"<br />

(NMZ)<br />

"sehr überzeugend und klangprächtig,<br />

sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser<br />

H<strong>in</strong>sicht sicher mit das Beste,<br />

was derzeit zu haben und<br />

zu erleben ist."<br />

(Crescendo)<br />

Musikproduktion<br />

Dabr<strong>in</strong>ghaus und Grimm<br />

Vertrieb: Codaex Deutschland GmbH<br />

Tel. 089-82000233 - Fax 089-82000093<br />

Gramola Wien: klassik@gramola.at<br />

MusiKontakt Zürich: <strong>in</strong>fo@musikontakt.ch<br />

Sonnengesänge<br />

Werke von Frank Michael,<br />

Michael Töpel, Jörg Duda,<br />

Thomas D. Schlee,<br />

Thomas Buchholz, Walter Steffens<br />

und Bernhard Schneyer<br />

Trio Cantraiano<br />

Brigitte Krey, Sopran, Ele Grau, Flöte<br />

Albert Kaul, Klavier<br />

Audiomax 703 1545-2<br />

Die Dimension des Göttlichen<br />

kl<strong>in</strong>gt wunderbar<br />

„Trio Cantraiano“ lässt uralte Sonnengesänge und -gedichte<br />

lebendig werden<br />

Monatelang soll der bewusst<br />

<strong>in</strong> Armut lebende<br />

und 1228 heilig<br />

gesprochene Franz von Assisi <strong>in</strong><br />

gesuchter E<strong>in</strong>samkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

f<strong>in</strong>steren Hütte verbracht haben,<br />

als er – völlig lichtbl<strong>in</strong>d und<br />

der Verzweiflung nahe – den<br />

„Sonnengesang“ dichtete. Drei<br />

Musiker setzen auf die Kraft der Sonne: Das Trio<br />

Cantraiano <strong>in</strong>terpretiert uralte Sonnengesänge<br />

und -gedichte, die von Komponisten des 21. Jahrhunderts<br />

eigens für das Trio vertont wurden.<br />

Brigitte Krey (Sopran), Ele Grau (Flöte, Altflöte)<br />

und Albert Kaul (Klavier) verb<strong>in</strong>den dabei<br />

antike Kulturen und lebendige Gegenwart und<br />

br<strong>in</strong>gen die Dimension des Göttlichen, die allen<br />

literarischen Vorlagen immanent ist, klangvoll<br />

zum Strahlen.<br />

Walter Steffens hat Franz von Assisis „Dank<br />

an Gott für alle se<strong>in</strong>e Kreaturen“ <strong>in</strong> Annäherung<br />

an alte kirchenmusikalische Kompositionstechniken<br />

als Bic<strong>in</strong>ium für Sopran und Altflöte<br />

gesetzt. Der „Sonnen.Lieder.Zyklus“ von<br />

Thomas Buchholz entstand nach Texten von<br />

Louize Labé, Friedrich Hölderl<strong>in</strong> und Georg Heym<br />

und reflektiert die späten Sonnen<br />

der Liebe. Jörg Duda legt se<strong>in</strong>er<br />

Komposition zwei Gedichte zugrunde.<br />

Der erste Gesang (nach<br />

Eduard Mörike) beschreibt den<br />

statischen Zustand samtweicher<br />

Stille zwischen Traum und Wachen<br />

vor Tagesanbruch. Das zweite<br />

Lied (nach Theodor Körner)<br />

Trio Cantraiano<br />

www.trio-cantraiano.de<br />

8 AUSGABE 2009/1<br />

schildert das Auflodern der Empf<strong>in</strong>dungen beim<br />

Anblick der aufsteigenden Sonne.<br />

Frank Michael vertont <strong>in</strong> „Sonnengesänge,<br />

verwehend“ Poesie von Nikolaus Cyb<strong>in</strong>ski, deren<br />

Knappheit und Melancholie den Komponisten<br />

von jeher fasz<strong>in</strong>iert. Der Österreicher Thomas<br />

Daniel Schlee <strong>in</strong>terpretiert mit se<strong>in</strong>er Komposition<br />

e<strong>in</strong> 1946 entstandenes Gedicht des Lyrikers<br />

Re<strong>in</strong>hold Schneider. Durch die Komb<strong>in</strong>ation von<br />

Sopran und Altflöte kostet er die speziellen Farben<br />

der klanglichen Grenzbereiche des tiefen<br />

Instrumentes aus und nutzt das komplette Spektrum<br />

der Flöte. Zwei auf zeitgenössischen Texten<br />

basierende Werke von Bernhard Schneyer und<br />

Michael Töpel runden e<strong>in</strong>e exklusive Aufnahme<br />

ab, die im wahrsten S<strong>in</strong>ne unerhörte Klänge<br />

dokumentiert. Thomas Trappmann<br />

„Es war die Nachtigall und<br />

nicht die Lerche ...“<br />

Liebes-Lyrik und -Musik aus<br />

fünf Jahrhunderten<br />

Trio Cantraiano<br />

Brigitte Krey, Sopran<br />

Ele Grau, Flöte<br />

Gunther Friedrich, Klavier<br />

Audiomax 703 1284-2


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Hardy Rittner<br />

Bravourstück<br />

Brahms im Orig<strong>in</strong>alklang,<br />

kraftvoll, expressiv<br />

und mit emotionaler Tiefe<br />

Mit Brahms Vol. 1 gelang Hardy Rittner<br />

e<strong>in</strong> Paukenschlag, der <strong>in</strong> der Musikwelt<br />

äußerst positiven Widerhall fand.<br />

Nun legt der hochbegabte junge deutsche Pianist<br />

se<strong>in</strong>e zweite Aufnahme mit den frühen<br />

Klaviersonaten Nr. 1 und 3 vor – auf e<strong>in</strong>em<br />

bisher nicht dokumentierten, hervorragend<br />

Johannes Brahms<br />

Frühe Klavierwerke Vol. 2 / Sonaten op. 1 + 5<br />

Hardy Rittner, Ignaz Bösendorfer-Flügel 1849/1850<br />

aus der Sammlung von Gert Hecher, Wien<br />

SACD: MDG 904 1538-6<br />

Johannes Brahms<br />

Frühe Klavierwerke Vol. 1 / Sonate Nr. 2 op. 2<br />

Variationen op. 9, Balladen op. 10<br />

Hardy Rittner, Flügel von Johann Baptist Streicher<br />

1851 aus der Sammlung von Gert Hecher, Wien<br />

CD: MDG 604 1494-2 / SACD: MDG 904 1494-6<br />

Ignaz Bösendorfer-<br />

Flügel 1849/50<br />

AUSGABE 2009/1 9<br />

restaurierten Bösendorfer-Flügel aus dem Jahr<br />

1849/50, den der <strong>in</strong> Wien lebende Sammler<br />

Gert Hecher zur Verfügung stellte.<br />

„E<strong>in</strong> Programm stelle ich nicht gerne fest,<br />

ohne den Saal – und hauptsächlich den Flügel<br />

zu kennen“, äußert sich Brahms <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief.<br />

Dass er den zwei Jahre vorher entstandenen<br />

235 cm Flügel des Wiener Klavierbauers Ignaz<br />

Bösendorfer mit se<strong>in</strong>em unvergleichlich erdigen,<br />

dunklen Klang sehr schätzte, ist genau so<br />

gewiss. So ist es im S<strong>in</strong>ne des 19. Jahrhunderts<br />

absolut logisch, Flügel zu verwenden, die die<br />

jeweiligen Stücke klanglich unterstützen.<br />

Unzählige Lieder, Klavierstücke und Streichquartette<br />

hatte Brahms schon komponiert, verworfen<br />

und umgehend vernichtet, bis er sich<br />

mit op. 1 erstmals öffentlich positionierte. Ganz<br />

bewusst schafft er Bezüge zu Beethoven: Hier<br />

e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf die „Hammerklavier-Sonate“, da<br />

werden Verb<strong>in</strong>dungen zur „Waldste<strong>in</strong>sonate“<br />

erkennbar… Mit der f-Moll-Sonate op. 5 entwickelt<br />

Brahms die fünfsätzige symmetrische<br />

Sonatenform, die sich Bélá Bartók später mit<br />

se<strong>in</strong>er „Brückenform“ zueigen machte. Kurz vor<br />

Schluss erkl<strong>in</strong>gt erstmals das Motto f-a-e (Frei<br />

Aber E<strong>in</strong>sam), das für Brahms se<strong>in</strong> Leben lang von<br />

Bedeutung blieb. Und Anklänge des „Deutschlandliedes“<br />

mögen als Signal der H<strong>of</strong>fnung auf<br />

e<strong>in</strong> gee<strong>in</strong>tes demokratisches Vaterland gelten.<br />

Hardy Rittner präsentiert auch auf se<strong>in</strong>er<br />

zweiten SACD <strong>in</strong> aufregend authentischem Klanggewand<br />

e<strong>in</strong>en stürmischen Brahms, der sich<br />

immer im Grenzbereich des klanglich gerade<br />

noch Darstellbaren bewegt. Wie sche<strong>in</strong>bar mühelos<br />

der Pianist die spieltechnischen Widrigkeiten<br />

der Wiener Prellmechanik mit fe<strong>in</strong>stem Klangs<strong>in</strong>n<br />

und ungebremster Musizierlust zu verb<strong>in</strong>den<br />

weiß, ist bee<strong>in</strong>druckend. Und bei jedem Wiederhören<br />

tun sich neue Aspekte auf: Bravo!<br />

Lisa Eranos<br />

WERGO<br />

Neu bei WERGO<br />

Helmut Lachenmann<br />

Dal niente … Kammermusik<br />

WER 66822<br />

Das Ensemble Phorm<strong>in</strong>x zeigt zentrale<br />

Stationen aus dem Schaffen Helmut<br />

Lachenmanns auf: ausgehend von dem<br />

Cellosolo „Pression“ aus dem Jahre<br />

1969 über Werke wie „Dal niente“ für<br />

Klar<strong>in</strong>ette, „Toccat<strong>in</strong>a“ für Viol<strong>in</strong>e oder<br />

„temA“ für Flöte, S<strong>in</strong>gstimme und Cello<br />

bis h<strong>in</strong> zum Trio „Allegro sostenuto“<br />

von 1986–88.<br />

Es s<strong>in</strong>d Stationen, die sich <strong>in</strong> die Kont<strong>in</strong>uität<br />

se<strong>in</strong>er wichtigsten kompositorischen<br />

Frage- und Problemstellungen<br />

e<strong>in</strong>reihen lassen, die aber ebenso nachdrücklich<br />

e<strong>in</strong>en stets voranschreitenden<br />

Entwicklungsgang dokumentieren, der<br />

nirgendwo zum Stillstand kommt oder<br />

sich gar zu e<strong>in</strong>em „Stil“ beruhigt.<br />

„Dal niente … Kammermusik“ präsentiert<br />

das Ergebnis e<strong>in</strong>er engen Zusammenarbeit<br />

von Ensemble und Komponist.<br />

„Empfehlung – musikalisch wie aufnahmetechnisch<br />

auf hohem und höchstem<br />

Niveau“ (Neue Zeitschrift für Musik)<br />

„Virtuos … e<strong>in</strong> Feuerwerk der Techniken<br />

des 20. Jahrhunderts“ (Fono Forum)<br />

Vertriebe<br />

Deutschland: Note 1, 06221/720351 · <strong>in</strong>fo@note-1.de<br />

Österreich: Lotus Records, 06272/73175 · <strong>of</strong>fice@lotusrecords.at<br />

Schweiz: Tudor, 044/4052646 · <strong>in</strong>fo@tudor.ch<br />

WERGO<br />

Weihergarten 5 · 55116 Ma<strong>in</strong>z · Germany<br />

service@wergo.de · www.wergo.de


Mitten wir im Leben s<strong>in</strong>d<br />

Alte kirchenmusikalische Traditionen<br />

leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erste<strong>in</strong>spielung zeitgenössischer<br />

Musik wieder auf: Hans<br />

Peter Türk hat e<strong>in</strong>e Karfreitags-Passionsmusik<br />

für Soli, Chor und Orgel komponiert,<br />

die seit ihrer Uraufführung vor zwei Jahren<br />

nicht nur <strong>in</strong> den protestantischen Kirchen<br />

se<strong>in</strong>er Heimat Siebenbürgen <strong>of</strong>t zu hören ist.<br />

Anklänge an 1000 Jahre Musikgeschichte ordnen<br />

sich <strong>in</strong> dem dreiteiligen Werk den Texten<br />

aus e<strong>in</strong>em alten Gesangbuch unter, die aus<br />

Teilen des Matthäus-Evangeliums, Chorälen und<br />

Psalmen bestehen.<br />

Siebenbürgen ist e<strong>in</strong>e alte Kulturlandschaft,<br />

deren deutsche Siedlungsgeschichte <strong>in</strong> die Zeit<br />

des Nibelungenliedes zurückreicht. Es ist e<strong>in</strong><br />

Gebiet, <strong>in</strong> dem sich die E<strong>in</strong>flüsse mehrerer Kulturen<br />

überschneiden, und e<strong>in</strong>e geistliche Landschaft,<br />

die <strong>in</strong> ihren deutschsprachigen Teilen<br />

vom Protestantismus und authentischen Musiktraditionen<br />

geprägt ist. In diesem Umfeld wuchs<br />

Hans Peter Türk auf, der früh se<strong>in</strong>en eigenen<br />

Vater verlor und sich stattdessen von e<strong>in</strong>em<br />

Kirchenmusiker prägen und ausbilden ließ.<br />

Se<strong>in</strong>em großen Talent und der Fürsorge se<strong>in</strong>es<br />

Mäzens verdankt es Türk, dass er trotz Rumäniens<br />

Diktatur ohne Parteimitgliedschaft<br />

promovieren<br />

und e<strong>in</strong>e Stelle als Lektor für<br />

Tonsatz annehmen durfte. Erst<br />

1990 reiste er zu Verwandten<br />

nach Deutschland, kehrte aber<br />

immer <strong>in</strong>s siebenbürgische<br />

Klausenburg zurück, wo der<br />

68-Jährige heute als Komponist<br />

und Musikwissenschaftler lebt.<br />

Der Ursprung von Türks<br />

Passionsmusik liegt <strong>in</strong> den<br />

Dorf- und Wehrkirchen se<strong>in</strong>er<br />

Heimat, <strong>in</strong> denen traditionell<br />

Passionsmusiken aufgeführt werden. Und dennoch<br />

ist se<strong>in</strong> Werk alles andere als schlicht. Im<br />

Gegenteil: Er lässt die frühe mittelalterliche<br />

Mehrstimmigkeit ankl<strong>in</strong>gen, nutzt und erweitert<br />

die Formen- und Figurensprache des Barock,<br />

setzt starke Dissonanzen e<strong>in</strong> und hebt kunstvoll<br />

die Grenze zwischen Sprache und Musik auf.<br />

Große Bedeutung kommt dabei der Orgel zu.<br />

Siebenbürgische Passionsmusik<br />

Die Farben ihrer Register ergänzen die musikalischen<br />

Konturen von Jesus, Judas oder Pilatus,<br />

die Gewalt ihrer Klangfülle überwältigt nach<br />

nüchtern gesprochenen Textstellen und sie<br />

vermag zugleich Er<strong>in</strong>nerungen an die Flöte spielenden<br />

Hirten <strong>in</strong> den siebenbürgischen Bergen<br />

zu wecken.<br />

Die tragenden Säulen dieser Erste<strong>in</strong>spielung,<br />

die Meißner Kantorei 1961, unter der<br />

Die Meißner Kantorei 1961 unter<br />

der Leitung von Christfried Brödel<br />

Hans Peter Türk (Abb. l<strong>in</strong>ks)<br />

Leitung von Christfried<br />

Brödel, und die Organist<strong>in</strong><br />

Ursula Philippi, haben<br />

auch die Uraufführung<br />

an der historischen Sauer-<br />

Orgel <strong>in</strong> Hermannstadt /<br />

Siebenbürgen und die<br />

deutsche Erstaufführung im März 2008 <strong>in</strong> der<br />

Dresdner Kreuzkirche mitgestaltet. Den Klange<strong>in</strong>druck<br />

der Uraufführung gibt bei dieser Aufnahme<br />

die hervorragend kl<strong>in</strong>gende Sauer-Orgel<br />

(1904) <strong>in</strong> der Stadtkirche Burgstädt mit ihrer<br />

romantischen Vielfalt exzellent wieder. E<strong>in</strong>e<br />

ebenso willkommene wie fasz<strong>in</strong>ierende Entdeckung!<br />

Thomas Trappmann<br />

10 AUSGABE 2009/1<br />

Hans Peter Türk (*1940)<br />

Siebenbürgische Passionsmusik für Karfreitag<br />

Solisten / Meißner Kantorei 1961<br />

Ursula Philippi, Orgel<br />

Christfried Brödel, Ltg.<br />

MDG 902 1554-6 (SACD)<br />

Aktuelle Konzerte:<br />

Aufführungen der Passionsmusik:<br />

04. 04. 2009 Burgstädt, Stadtkirche<br />

05. 04. 2009 Leipzig, Michaeliskirche<br />

09. 04. 2009 Sendung der Passionsmusik<br />

im Mitteldeutschen Rundfunk<br />

a-cappella-Programm:<br />

13. 08. 2009 Leisnig, St. Matthäi-Kirche<br />

14. 08. 2009 Rochlitz, Kunigundenkirche<br />

15. 08. 2009 Leipzig, Nikolaikirche<br />

Das Notenmaterial wird auf Anforderung<br />

von der Meißner Kantorei 1961<br />

kostenlos als pdf-Datei geliefert und<br />

kann frei kopiert werden.<br />

www.meissner-kantorei.de


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Stefan Irmer liebt das Besondere und wurde<br />

als herausragender Interpret unbekannter<br />

und selten gespielter Werke der Klavierliteratur<br />

bekannt. Für se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>spielung der<br />

späten Sonaten von Clementi bei MDG<br />

erhielt er den französischen Schallplattenpreis<br />

„CHOC“. Die Aufnahme sämtlicher<br />

Klavierwerke von Ross<strong>in</strong>i verhalf ihm zum<br />

<strong>in</strong>ternationalen Durchbruch und wurde für die<br />

beste editorische Leistung des Jahres<br />

mit dem „Echo Klassik 2008“ ausgezeichnet.<br />

Leichtes Spiel<br />

Stefan Irmer präsentiert Sigismund Thalberg, e<strong>in</strong>en der<br />

bedeutendsten Pianisten des 19. Jahrhunderts<br />

Für Sigismund Thalberg war Gioacch<strong>in</strong>o<br />

Ross<strong>in</strong>i e<strong>in</strong> musikalischer Held. Ihm widmete<br />

der deutsche Tastenvirtuose und Komponist<br />

nicht nur zahlreiche se<strong>in</strong>erzeit kaum<br />

nachspielbare Opernphantasien, er vermochte auch<br />

dessen meisterhaften Gesangsstil wie ke<strong>in</strong> anderer<br />

aufs Klavier zu übertragen. Wen wundert es, dass<br />

sich Stefan Irmer von diesem italienischen E<strong>in</strong>fluss<br />

<strong>in</strong> Thalbergs Musik <strong>in</strong>spirieren lässt, um den<br />

erfolgreichen Aufnahmen sämtlicher Klavierwerke<br />

Ross<strong>in</strong>is nun e<strong>in</strong>e furiose Erste<strong>in</strong>spielung der<br />

Etüden von Sigismund Thalberg folgen zu lassen.<br />

An Thalberg kam Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

<strong>in</strong> der adeligen Musikwelt Europas kaum jemand<br />

vorbei. Es war die Zeit der reisenden Virtuosen<br />

und des künstlerischen Wettstreits. Für He<strong>in</strong>rich<br />

Backkatalog / Diskografie<br />

Gioacch<strong>in</strong>o Ross<strong>in</strong>i:<br />

„Péchés de Vieillesse“<br />

Vol. 1: MDG 618 0654-2 Vol. 2: MDG 618 0918-2<br />

Vol. 3: MDG 618 1108-2 Vol. 4: MDG 618 1260-2<br />

Vol. 5: MDG 618 1353-2 Vol. 6: MDG 618 1386-2<br />

Vol. 7: MDG 618 1426-2 Vol. 8: MDG 618 1448-2<br />

Muzio Clementi:<br />

Klavierwerke<br />

Vol. 1: 3 Sonaten op. 40 MDG 618 0651-2<br />

Vol. 2: 3 Sonaten op. 50 MDG 618 0652-2<br />

Vol. 3: Sonate op. 25, 4-6; 33, 1+2<br />

MDG 618 0653-2<br />

George Onslow:<br />

Grand Septuour op.79, Nonett op. 77<br />

Stefan Irmer, Klavier,<br />

Consortium Classicum MDG 301 1480-2<br />

He<strong>in</strong>e war er „der“ Gentleman-Pianist. Der deutsche<br />

Dichter stellte den <strong>in</strong> Genf geborenen Sohn<br />

e<strong>in</strong>er Baron<strong>in</strong> und e<strong>in</strong>es Fürsten auf e<strong>in</strong>e Stufe mit<br />

Chop<strong>in</strong> und Liszt. In Sachen Etikette und Ausstrahlung<br />

zog er den virtuosen deutschen Romantiker<br />

sogar dem großen Konkurrenten Liszt vor.<br />

Auch Clara Schumann lobte das Spiel des <strong>in</strong> der<br />

Öffentlichkeit ausschließlich mit eigenen Werken<br />

auftretenden Pianisten <strong>in</strong> den höchsten Tönen:<br />

„Ihm missglückt ke<strong>in</strong> Ton, se<strong>in</strong>e Läufe kann man<br />

mit Perlenreihen vergleichen, se<strong>in</strong>e Oktaven s<strong>in</strong>d<br />

die schönsten, die ich je gehört.“<br />

Nach se<strong>in</strong>em phänomenalen Debut <strong>in</strong> Paris<br />

1835 bereiste Thalberg als Konzertpianist die<br />

ganze Welt. 1863 – welche Parallele zu Ross<strong>in</strong>i<br />

– zog er sich völlig aus dem Musikleben zurück,<br />

Sigismund Thalberg (1812-1871)<br />

12 Études op. 26<br />

Fantaisie op. 33 + 40<br />

Stefan Irmer, Klavier<br />

MDG 618 1551-2<br />

AUSGABE 2009/1 11<br />

Aktuelle Konzerte:<br />

Stefan Irmer<br />

11. 03. 2009 Luxemburg, Nationaltheater<br />

03. 04. 2009 Zwickau, Schumannhaus<br />

09. 05. 2009 München, Pr<strong>in</strong>zregententheater<br />

Weitere Informationen: www.stefan-irmer.de<br />

um sich bis zu se<strong>in</strong>em Tode 1871 erfolgreich<br />

dem We<strong>in</strong>bau zu widmen.<br />

Die zwölf Etüden op. 26 stellen e<strong>in</strong> komplettes<br />

Kompendium von Thalbergs legendärem<br />

Klavierstil dar, dem man die „magische dritte<br />

Hand“ unterstellte, und der bis heute für jeden<br />

Virtuosen schon alle<strong>in</strong> handwerklich e<strong>in</strong>e Herausforderung<br />

darstellt. Sie wurden <strong>in</strong> zwei Heften<br />

a 6 veröffentlicht und widmen sich jeweils<br />

e<strong>in</strong>er ganz speziellen klavieristischen Thematik.<br />

Die Fantasie über Themen aus der Ross<strong>in</strong>i-Oper<br />

Moses aus dem Jahr 1837 ist Thalbergs bekannteste<br />

Komposition. Zwar liegt die Inspiration <strong>in</strong><br />

Ross<strong>in</strong>is Opermelodien, es s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nur<br />

wenige Orig<strong>in</strong>alzitate, die der Komponist als<br />

Inspirationsquelle für eigene Erf<strong>in</strong>dungen nutzt.<br />

Und natürlich steigert er se<strong>in</strong>en ebenso orchestralen<br />

wie klanglich differenzierten Klaviersatz<br />

letztlich zu e<strong>in</strong>em unfassbaren Klangrausch.<br />

Noch <strong>in</strong>tensiver und mit selbstverständlich<br />

höchster Brillanz verarbeitet er die Ross<strong>in</strong>i-Vorlage<br />

La Donna del Lago <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Fantasie op.40.<br />

All dieses geht <strong>in</strong> Stefan Irmers unaufdr<strong>in</strong>glicher<br />

Virtuosität und se<strong>in</strong>em klangs<strong>in</strong>nigen Spiel e<strong>in</strong>e<br />

hervorragende klangliche Symbiose mit dem<br />

Ste<strong>in</strong>way-Konzertflügel von 1901 e<strong>in</strong>, den MDG<br />

mit gewohnt perfekter Klangbalance auslotet.<br />

Lisa Eranos


Joseph Haydn (1732-1809) im Porträt von Thomas Hardy (1791)<br />

Undank ist der Welt Lohn, wie wir alle<br />

aus leidvoller Erfahrung wissen. Auch<br />

<strong>in</strong> der (europäischen) Musikgeschichte<br />

stoßen wir immer wieder auf Persönlichkeiten,<br />

die zu Lebzeiten hoch geschätzt,<br />

vielleicht auch dekoriert wurden, dann aber <strong>in</strong><br />

Vergessenheit gerieten oder der Ger<strong>in</strong>gschätzung<br />

anheim fielen. Dieses Schicksal erlitt, zum<strong>in</strong>dest<br />

Teile se<strong>in</strong>es Schaffens betreffend, auch Joseph<br />

Haydn, dessen Todestag sich <strong>in</strong> diesem Jahr zum<br />

200. Mal jährt. Der Komponist, der europaweit<br />

das Publikum zu „stand<strong>in</strong>g ovations“ h<strong>in</strong>riss,<br />

wurde späterh<strong>in</strong> eher milde als „Papa Haydn“<br />

belächelt – e<strong>in</strong> zwar liebenswerter, aber doch<br />

e<strong>in</strong> bisschen verstaubter Meister aus vergangener<br />

Zeit. Mozart, ja, und Beethoven – was für<br />

große Geister! Aber Haydn? Na ja, die S<strong>in</strong>fonie<br />

Joseph Haydn<br />

Baumeister e<strong>in</strong>er Epoche<br />

mit dem Paukenschlag, oder die Abschiedss<strong>in</strong>fonie<br />

– e<strong>in</strong> lustiger Vogel ist er ja wohl gewesen,<br />

der gute Papa Haydn. Was für drollige E<strong>in</strong>fälle!<br />

Und dann natürlich die „Schöpfung“. Das ist<br />

schon was. Und die „Sonnenquartette“. Aber die<br />

ganz großen Meisterwerke, die haben <strong>in</strong> dieser<br />

Epoche eben doch Mozart oder Beethoven<br />

geschrieben. Der Haydn ist eher was zum<br />

Anwärmen, im Konzert sozusagen die Vorgruppe<br />

für den Starauftritt. Wer so denkt, tut e<strong>in</strong>em<br />

Künstler bitter unrecht, ohne den die nicht <strong>in</strong><br />

Frage stehende Meisterschaft e<strong>in</strong>es Mozart oder<br />

e<strong>in</strong>es Beethoven nicht denkbar gewesen wäre.<br />

Haydn wurde 1732 <strong>in</strong> Rohrau, Niederösterreich,<br />

geboren, als Bach, Händel und Telemann<br />

noch auf der Höhe ihres Schaffens standen, und<br />

starb 1809, als Beethoven bereits e<strong>in</strong> Name war.<br />

12 AUSGABE 2009/1<br />

Mit anderen Worten: Wie kaum e<strong>in</strong> anderer<br />

stand Haydn mit e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong> noch im Hochoder<br />

Spätbarock, mit dem anderen aber schon<br />

<strong>in</strong> der Überw<strong>in</strong>dung der Wiener Klassik durch<br />

die Romantik. Und er schaffte es, die verschiedenen<br />

Stile, den sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts<br />

<strong>in</strong> der so genannten „Mannheimer<br />

Schule“ anbahnenden Stilwandel, fortgeführt <strong>in</strong><br />

der Zeit des „Sturm und Drang“, als e<strong>in</strong> gewisser<br />

Carl Philipp Emanuel Bach mit se<strong>in</strong>en<br />

Orchesterwerken das Publikum zum We<strong>in</strong>en<br />

brachte, all dies zu kanalisieren und e<strong>in</strong>e neue,<br />

gültige Formensprache zu f<strong>in</strong>den, die das Stilempf<strong>in</strong>den<br />

e<strong>in</strong>er ganzen Musikepoche prägen<br />

sollte: die Zeit der „Wiener Klassik“. Die Instrumentalmusik<br />

dieser Zeit gründet auf zwei Gattungen:<br />

S<strong>in</strong>fonie und Streichquartett. Und für<br />

beide fand Haydn die gültige Form, ohne dies<br />

überhaupt beabsichtigt zu haben, denn der langjährige<br />

Kapellmeister <strong>in</strong> Diensten des Fürstenhauses<br />

Esterhazy war alles andere als e<strong>in</strong> Theoretiker.<br />

Und doch folgte er, der <strong>of</strong>fenbar nie<br />

e<strong>in</strong>en wirklich planmäßigen Unterricht <strong>in</strong> Komposition<br />

genossen hatte, der von allen „großen“<br />

Komponisten wohl am meisten Autodidakt war,<br />

e<strong>in</strong>em systematischen musikalischen Denken,<br />

das ihn die klassischen Formen f<strong>in</strong>den ließ. Dies<br />

ist umso erstaunlicher, als er se<strong>in</strong> Leben vorwiegend<br />

als Kapellmeister <strong>in</strong> der Abgeschiedenheit<br />

e<strong>in</strong>es Landsitzes zubrachte. Er sagt selbst: „Ich<br />

war von der Welt abgesondert, niemand <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er<br />

Nähe konnte mich an mir selbst irremachen und<br />

quälen, und so musste ich orig<strong>in</strong>al werden.“<br />

Die S<strong>in</strong>fonien<br />

Im Alter von 29 Jahren wurde Haydn auf<br />

Schloss Esterhazy angestellt, und hier entwickelte<br />

er sich über die nächsten dreißig Jahre zu<br />

e<strong>in</strong>em hauptsächlich s<strong>in</strong>fonischen Komponisten.<br />

Davor war er Kapellmeister bei Baron Fürnberg<br />

<strong>in</strong> der Nähe von Melk; dort begann er, Streichquartette<br />

zu schreiben, danach wurde er Musikdirektor<br />

im böhmischen Lukavec bei Graf Morz<strong>in</strong>.<br />

Obwohl präzise Daten fehlen, so muss es doch<br />

<strong>in</strong> dieser Zeit, von 1757 an, gewesen se<strong>in</strong>, als er<br />

se<strong>in</strong>e ersten S<strong>in</strong>fonien schrieb. Stilistisch s<strong>in</strong>d<br />

sie als Werke anzusehen, die italienische und<br />

österreichische, leichte und ernsthafte, traditionelle<br />

und moderne Elemente verb<strong>in</strong>den und überwiegend<br />

dreisätzig s<strong>in</strong>d. Strukturell gesehen<br />

besteht jeder Satz aus zwei Teilen, die jeweils<br />

wiederholt werden. Sie wurden für die ursprüngliche<br />

Besetzung Streicher, 2 Oboen, 2 Hörner<br />

und e<strong>in</strong>e Bassgruppe geschrieben, die aus


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Haydns Haus <strong>in</strong> der<br />

Vorstadt W<strong>in</strong>dmühle,<br />

unbezeichnete<br />

Lithographie (1840)<br />

Nikolaus I., „der<br />

Prachtliebende“, Graf<br />

und später Fürst<br />

Esterházy de Galantha<br />

(1714 - 1790)<br />

Cello, Kontrabass, Fagott und Cembalo bestand.<br />

In den langsamen Sätzen spielten nur die Streicher.<br />

Schon <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en ersten Versuchen im Bereich<br />

der S<strong>in</strong>fonik (nicht weniger als 104 Werke<br />

<strong>in</strong> dieser Gattung sollte er schreiben) f<strong>in</strong>den<br />

sich Versuche, e<strong>in</strong>e ausgewogene, „symmetrische“<br />

Form zu f<strong>in</strong>den, wie dies die auf Musicaphon<br />

(M 56886) erschienene E<strong>in</strong>spielung der „S<strong>in</strong>fonien<br />

A und B“ durch das Ensemble il capriccio<br />

unter Leitung von Friedemann Wezel sehr deutlich<br />

nachvollziehen lässt.<br />

Direkt daran anschließend, ebenfalls <strong>in</strong> historischer<br />

Aufführungspraxis, ist die Haydn-Aufnahme<br />

der S<strong>in</strong>fonien 1 bis 5 von Hyperion mit<br />

Roy Goodman und der Hanover Band – e<strong>in</strong> großartiges<br />

Hörvergnügen (CDH 55111). Mit se<strong>in</strong>em<br />

lebendigen und kraftvollen Spiel und der Klarheit<br />

im Ausdruck gel<strong>in</strong>gt es dem Orchester sehr überzeugend,<br />

das ganz besondere Flair dieser Musik<br />

e<strong>in</strong>zufangen. Diese e<strong>in</strong>fallsreichen Interpretationen<br />

gehören zu den besten Aufnahmen der Haydn-<br />

S<strong>in</strong>fonien auf historischen Instrumenten.<br />

Wie Haydn se<strong>in</strong>en kompositorischen Ansatz<br />

weiterentwickelte, schließlich zu e<strong>in</strong>em an Ebenmaß<br />

nicht mehr zu übertreffenden Ganzen fand,<br />

lässt sich wunderbar an Spätwerken studieren:<br />

den „Londoner S<strong>in</strong>fonien“. Wie war es überhaupt<br />

zu diesen Werken gekommen?<br />

1790 starb Fürst Nikolaus von Esterhazy; se<strong>in</strong><br />

Nachfolger war völlig unmusikalisch, entließ die<br />

gesamte H<strong>of</strong>musik und schickte Haydn <strong>in</strong> Pension.<br />

Dieser akzeptierte darauf e<strong>in</strong> lukratives Angebot<br />

des Konzertunternehmers und Musikers Johann<br />

Peter Salomon, 1791–1792 und nochmals<br />

1794–1795 nach England zu gehen und dort<br />

se<strong>in</strong>e Werke aufzuführen. Das Publikum stürmte<br />

die Konzerte, und Haydn erwarb schnell Ruhm<br />

und Vermögen. Und „nebenbei“ entstanden so<br />

e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er bekanntesten Werke, darunter die<br />

AUSGABE 2009/1 13<br />

„S<strong>in</strong>fonie mit dem Paukenschlag“, die „Militärs<strong>in</strong>fonie“,<br />

die „Londoner S<strong>in</strong>fonie“…<br />

Es ist der Haydn Philharmonie unter Leitung<br />

von Adam Fischer zu verdanken, dass wir nicht<br />

nur e<strong>in</strong>e ältere Gesamtaufnahme, sondern jetzt<br />

frisch auf SACD für das Label MDG e<strong>in</strong>gespielt<br />

auch e<strong>in</strong>e absolut spannende Neuaufnahme<br />

eben dieser Londoner S<strong>in</strong>fonien vorliegen haben.<br />

Der bis heute unveränderte Haydn-Saal des Esterhazy-Schlosses<br />

bildet bei diesen Aufnahmen die<br />

historische Klangkulisse, e<strong>in</strong> barocker Ballsaal,<br />

dessen wunderbar kostbaren Marmorboden<br />

Joseph Haydn e<strong>in</strong>st gegen schlichte Holzdielen<br />

austauschen wollte: Der Fürst gehorchte – und<br />

das alles nur der bemerkenswerten Akustik wegen,<br />

welche sich den vorliegenden Aufnahmen wohltuend<br />

mitteilt.<br />

Vermutlich die erste S<strong>in</strong>fonie, die Haydn <strong>in</strong><br />

London präsentierte, war die S<strong>in</strong>fonie Nr. 92 –<br />

er dirigierte sie e<strong>in</strong> zweites Mal <strong>in</strong> Oxford, als<br />

man ihn dort zum Doktor der Musik machte.<br />

Aufgrund dieser Aufführung hat sich für die<br />

S<strong>in</strong>fonie der Be<strong>in</strong>ame „Oxford“ e<strong>in</strong>gebürgert.<br />

Eigentlich müsste man sie eher „Paris“ nennen,<br />

denn Haydn hatte sie ursprünglich für die „Loge<br />

Olympique", e<strong>in</strong>e freimaurerische Pariser Konzertgesellschaft,<br />

geschrieben.<br />

In London traf Haydn zweifellos auf ausgesprochen<br />

aufmerksame und mitdenkende Zuhörer<br />

– doch zugleich scheute er sich nicht, se<strong>in</strong>e<br />

Uraufführungen mit Überraschungseffekten zu<br />

garnieren. Der berühmteste davon f<strong>in</strong>det sich im<br />

langsamen Satz der S<strong>in</strong>fonie Nr. 94, die Haydn<br />

am 23. März 1792 <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er zweiten Londoner<br />

Konzertsaison uraufführte. Dass Haydn mit dem<br />

Paukenschlag aus heiterem Himmel die <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Konzert e<strong>in</strong>geschlafenen Engländer zu wecken<br />

gedachte, dementierte er später heftig. Die schier<br />

atemberaubende audiophile Variante des Paukenschlags<br />

bei Adam Fischer (MDG 901 1325-6)<br />

hätte den Meister noch mehr begeistert...<br />

Haydns Augenzw<strong>in</strong>kern übertrug sich auch auf<br />

die Musikanten, was man auf MDG 901 1441-6<br />

überprüfen kann: Inmitten e<strong>in</strong>er Aufführung der<br />

S<strong>in</strong>fonien<br />

S<strong>in</strong>fonie A & B + W.A. Mozart<br />

Fagottkonzert B-Dur / Viol<strong>in</strong>konzert Nr. 1<br />

Ensemble il capriccio<br />

Musicaphon M56886<br />

S<strong>in</strong>fonien 1 – 5<br />

The Hanover Band / Roy Goodman, Dirigent<br />

Hyperion CDH 55111<br />

S<strong>in</strong>fonien Nr. 60 und Nr. 61 / Ouvertüre D-Dur<br />

Heidelberger S<strong>in</strong>foniker / Thomas Fey, Ltg.<br />

hänssler <strong>CLASS</strong>IC 98.522<br />

S<strong>in</strong>fonien Nr. 88 + 101<br />

Ouvertüre „L’isola disabitata“<br />

MDG 901 1441-6 (SACD)<br />

S<strong>in</strong>fonien Nr. 92 + 94<br />

Ouvertüre „La fedeltà premiata“<br />

Haydn-Philharmonie / Adam Fischer, Leitung<br />

MDG 901 1325-6 (SACD)


S<strong>in</strong>fonien<br />

S<strong>in</strong>fonien Nr. 97 + 102<br />

Ouvertüre „L’anima del filos<strong>of</strong>o“<br />

Haydn-Philharmonie<br />

Adam Fischer, Dirigent<br />

MDG 901 1452-6 (SACD)<br />

Londoner S<strong>in</strong>fonien Vol.2<br />

S<strong>in</strong>fonien 94, 101, 102<br />

Collegium Musicum 90<br />

Richard Hickox, Dirigent<br />

Chandos CHAN 0662<br />

S<strong>in</strong>fonien 95,103,104<br />

Collegium Musicum 90<br />

Richard Hickox, Dirigent<br />

Chandos CHAN 0655<br />

S<strong>in</strong>fonie 100 / S<strong>in</strong>fonia Concertante<br />

L’isola disabitata<br />

Netherland Chamber Orchestra<br />

Gordan Nikoliç, Viol<strong>in</strong>e und Dirigent<br />

Pentatone PTC 5186300<br />

Ouvertüre zur Oper „La fedeltà premiata“ verschwanden<br />

die Hornisten von der Bühne, um im<br />

geeigneten Moment an anderer Stelle des Konzertsaales<br />

erneut <strong>in</strong>s Spiel e<strong>in</strong>zugreifen – e<strong>in</strong>e<br />

Überraschung nicht nur für den Dirigenten<br />

und das Publikum, sondern auch für den Hörer<br />

dieser Mehrkanalproduktion.<br />

Noch mehr Verwirrung stiftete der österreichische<br />

Komponist <strong>in</strong> London, als er dort die<br />

Aufführung se<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>fonien bei den „Salomon’s<br />

Concerts“ höchstpersönlich leitete. Eigentlich wäre<br />

diese Aufgabe dem Konzertmeister Johann Peter<br />

Salomon zugefallen. Doch selbst die britische<br />

Presse räumte e<strong>in</strong>, dass Haydns Dirigat e<strong>in</strong>en<br />

Großteil des Erfolgs der Konzertreihe ausgemacht<br />

hatte. Se<strong>in</strong>en Freund Salomon „ehrte“ er ausdrücklich<br />

am Ende des Trios mit dem H<strong>in</strong>weis „Salomon<br />

solo“, e<strong>in</strong>er w<strong>in</strong>zigen, absolut belanglosen Passage,<br />

die der gefeierte Solist e<strong>in</strong>e Oktave höher zu<br />

spielen hat – „ma piano“, wie der Komponist<br />

augenzw<strong>in</strong>kernd anmerkt (MDG 901 1452-6).<br />

E<strong>in</strong>en anderen <strong>in</strong>terpretatorischen Ansatz<br />

verfolgt das Niederländische Kammerorchester,<br />

bei dem der musikalische Leiter und Konzertmeister<br />

Gordan Nikoliç vom ersten Pult aus das<br />

Orchester leitet. Dies folgt dem historischen Vorbild,<br />

denn noch bis <strong>in</strong> Haydns Zeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> gab es<br />

den Dirigenten, wie wir ihn kennen, nur <strong>in</strong> absoluten<br />

Ausnahmefällen – wenn die Besetzung und<br />

Komplexität e<strong>in</strong>es Werkes e<strong>in</strong>e Leitung vom ersten<br />

Pult (oder durch den Cembalisten) nicht zuließ.<br />

Auf Pentatone (PTC 5186300) ist e<strong>in</strong>e SACD<br />

erschienen, die Haydns „S<strong>in</strong>fonia concertante“<br />

und die S<strong>in</strong>fonie Nr. 100 vorstellt. Die S<strong>in</strong>fonia<br />

Concertante wurde am 9. März 1792 aus der<br />

Taufe gehoben, und Publikum und Presse<br />

reagierten außergewöhnlich enthusiastisch auf<br />

das Werk. Am 31. März 1794 stellte Haydn dem<br />

Publikum se<strong>in</strong>e S<strong>in</strong>fonie Nr. 100 vor, die „Militärische“,<br />

die <strong>in</strong> späteren Ausgaben auch unter<br />

dem Titel „Türkische S<strong>in</strong>fonie“ erschienen ist.<br />

In jüngster Zeit wird das Stück öfters als antimilitaristische<br />

und Anti-Kriegs-S<strong>in</strong>fonie <strong>in</strong>terpretiert.<br />

Es ist aber durchaus fraglich, ob das<br />

der Intention Haydns gerecht wird.<br />

Dass Haydn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Londoner S<strong>in</strong>fonien<br />

neben der üblichen Streicherbesetzung je zwei<br />

Flöten, Oboen, Klar<strong>in</strong>etten und Fagotte verwendet,<br />

zeigt zwar die Partitur an – aber so gut wie<br />

<strong>in</strong> den auf Chandos erschienenen Aufnahmen<br />

(0662, 0655) mit dem Collegium Musicum 90<br />

14 AUSGABE 2009/1<br />

Haydn-Saal des Esterházy-Schlosses<br />

unter der Leitung von Richard Hickox konnte<br />

man es bislang kaum hören! Hickox grundiert<br />

die Musik nicht nur, er formt e<strong>in</strong>en räumlichen,<br />

reliefartigen Körper, hier satt, dort elegant, hier<br />

durchsche<strong>in</strong>end, dort wie aus dem Innersten<br />

des Klangs. Hickox' „barocker“ Sound erreicht<br />

klassische Schwerelosigkeit, gerade <strong>in</strong>dem man<br />

ihre <strong>in</strong>tensive Erdung spürt.<br />

S<strong>in</strong>fonien aus früherer Zeit (Nr. 60 und 61)<br />

haben, zusammen mit der Ouvertüre Hob. Ia:7,<br />

vol. 10, die Heidelberger S<strong>in</strong>foniker unter der<br />

Leitung von Thomas Frey auf Hänssler (98.522)<br />

veröffentlicht. Der E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> dieses Programm<br />

durch Eckardt van den Hoogen s<strong>in</strong>d<br />

viele <strong>in</strong>teressante Bemerkungen über Haydns<br />

Kompositionsweise zu entnehmen, weshalb hier<br />

auszugsweise zitiert sei:<br />

„Verloren g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> der Nacht vom 18. November<br />

1779, als das gesamte Theater von Schloss<br />

Esterhazy abbrannte, auch viele Partituren Haydns.<br />

So dürfte die Musik zu mehreren Marionettenopern<br />

endgültig dah<strong>in</strong> se<strong>in</strong>, bis auf e<strong>in</strong>ige Fragmente,<br />

die sich durch Übernahme <strong>in</strong> andere<br />

Stücke erhielten wie die Ouvertüre D-Dur Hob.<br />

Ia:7. Ursprünglich endete daher das Presto auch<br />

nicht mit dem heutigen Konzertschluss: Den ergänzte<br />

Haydn erst, als er den Satz für die zweite<br />

Fassung se<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>fonie Nr. 53 benutzte.<br />

Überhaupt: Haydn und das Presto! Nehmen<br />

wir nur das F<strong>in</strong>ale der S<strong>in</strong>fonie Nr. 61 D-Dur von<br />

1776: Ob ‚programmatisch’ oder nicht – nur<br />

e<strong>in</strong> unheilbarer Melancholiker wird hier gleichgültig<br />

bleiben angesichts der raff<strong>in</strong>ierten Andeutungen<br />

e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en ‚Chasse’. Wer könnte es<br />

sich leisten, im Kopfsatz e<strong>in</strong> zweites ‚Thema’ zu<br />

verwenden, das aus nichts als der Grundkadenz<br />

besteht, wer die Luftlöcher komponieren, die<br />

dem Flötensolo vorangehen, das dann doch e<strong>in</strong>e<br />

Art Thema wird? Haydn tut es, und alles wirkt<br />

selbstverständlich und unbeschwert.<br />

Klar ist bei der 60. S<strong>in</strong>fonie der Ursprung<br />

des Werks, <strong>in</strong> dem sich alle Erztugenden Joseph<br />

Haydns wie Perlen aufreihen. Was 1774 die<br />

Musik zu der Komödie ‚Le Distrait’ von Jean-<br />

François Regnard war, das fügte Haydn zu e<strong>in</strong>em<br />

Konzertwerk aus sechs Sätzen, das er e<strong>in</strong>fach<br />

‚S<strong>in</strong>fonie’ nannte! Er präsentiert uns e<strong>in</strong>e Ouvertüre<br />

nebst mehreren Entr’actes, die e<strong>in</strong> wenig<br />

unorthodox verlaufen: Im Andante sollen die<br />

Streicher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e, die Bläser aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ganz<br />

andere Stimmungsrichtung; im Trio des Menuetts<br />

kippt, was tragisch anhebt, durch die falschen<br />

Vorzeichen der Oboe und ersten Viol<strong>in</strong>e <strong>in</strong>s<br />

Lächerliche; das Presto hätte die e<strong>in</strong>e oder


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />

Eigenhändige Partitur der E<strong>in</strong>lagearie<br />

„Chi vive amante“ von Joseph Haydn für die<br />

Partie der Erissena <strong>in</strong> der Oper „Alessandro<br />

nell’Indie“ von Francesco Bianchi<br />

andere formale Korrektur nötig. Nun aber, wo<br />

wir glauben könnten, e<strong>in</strong>e etwas ‚unmögliche’<br />

S<strong>in</strong>fonie sei zu Ende, folgt das eigentliche Adagio:<br />

Léandre, der ‚Zerstreute’, hat nicht vergessen –<br />

im Gegensatz zu dem Kapellmeister und den<br />

ersten Geigen, die vor dem Anfang des kurzen<br />

Nachspiels auf jeden Fall hätten nachstimmen<br />

sollen. So prescht man Prestissimo los und bemerkt<br />

erst nach e<strong>in</strong>igen Takten den Fehler.“<br />

Oper<br />

Nicht weniger als dreimal ist Haydn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Leben durch Feuer zu Schaden gekommen.<br />

Man kann nur darüber spekulieren, wie viele<br />

Werke des Meisters auf diese Weise unwiederbr<strong>in</strong>glich<br />

verloren g<strong>in</strong>gen. Bei dem erwähnten<br />

Brand im Theater, wen wundert es, s<strong>in</strong>d natürlich<br />

vor allem Bühnenwerke verbrannt. Ohneh<strong>in</strong><br />

wird Haydn heute vor allem als Komponist von<br />

S<strong>in</strong>fonien, Streichquartetten und Klaviersonaten<br />

wahrgenommen – dabei ist se<strong>in</strong> Schaffen im<br />

Bereich der Vokalmusik nicht weniger umfangreich,<br />

aber abseits der späten Oratorien<br />

(„Schöpfung“, „Jahreszeiten“) kaum bekannt.<br />

Se<strong>in</strong> frühester Versuch im Bereich der Oper war<br />

„Acide“, e<strong>in</strong> „Festa teatrale“, geschrieben für<br />

die Hochzeit von Fürst Anton Esterhazy und<br />

Gräf<strong>in</strong> Maria Theresia Erdödy am 11.1.1763 <strong>in</strong><br />

Eisenstadt. Dieses Frühwerk ist jetzt auf BIS<br />

als SACD erschienen; es musiziert die Haydn<br />

S<strong>in</strong>fonietta Wien unter der Leitung von Manfred<br />

Huss (BIS-SACD-1812). Vier Arien und die<br />

meisten Rezitative dieser Urfassung s<strong>in</strong>d verlo-<br />

AUSGABE 2009/1 15<br />

ren, doch konnte Manfred Huss für diese E<strong>in</strong>spielung<br />

auf spätere Ergänzungen Haydns zurückgreifen,<br />

die der für e<strong>in</strong>e zweite, nicht mehr<br />

realisierte Produktion 1773 geschaffen hatte.<br />

Messen<br />

Mit se<strong>in</strong>en zwölf „Londoner S<strong>in</strong>fonien“ hatte<br />

Joseph Haydn den Gipfel der Kunst erobert. Die<br />

Jahre, <strong>in</strong> denen er als Pionier, Experimentator,<br />

Wegbereiter und Visionär dieser Gattung der<br />

Instrumentalmusik ungeahnte Perspektiven<br />

erschlossen hatte, fanden <strong>in</strong> der unvergleichlichen<br />

Werkreihe ihre Vollendung und ihr Ziel.<br />

Es war undenkbar, dass Haydn nach se<strong>in</strong>en<br />

triumphalen Gastspielen <strong>in</strong> London, nach se<strong>in</strong>er<br />

Rückkehr <strong>in</strong> den Dienst der Esterhazys, noch<br />

e<strong>in</strong>mal S<strong>in</strong>fonien schriebe – zumal unter der<br />

Herrschaft des neuen Fürsten, e<strong>in</strong>es arroganten<br />

Lebemannes von konservativem musikalischem<br />

Geschmack. Doch ihm, Nikolaus II., stand nach<br />

derlei ohneh<strong>in</strong> nicht der S<strong>in</strong>n. Obwohl dieser<br />

Aristokrat e<strong>in</strong>e alles andere als fromme Ges<strong>in</strong>nung<br />

an den Tag legte und das Vermögen se<strong>in</strong>er<br />

Vorväter bei luxuriösen Vergnügungen und<br />

ungezählten Affären verprasste, hegte er e<strong>in</strong>e an<br />

Bigotterie grenzende Vorliebe für die Kirchenmusik.<br />

Und so wurde dem aus England heimgekehrten<br />

Esterhazy’schen Kapellmeister Haydn<br />

die Pflicht auferlegt, „aus billiger Anordnung“<br />

se<strong>in</strong>es Regenten „alljährlich e<strong>in</strong>e neue Mess zu<br />

komponieren“, die am oder zum Namenstag der<br />

Fürst<strong>in</strong> Maria Josepha Hermenegild <strong>in</strong> Eisenstadt<br />

aufgeführt werden sollte: Jahr um Jahr an<br />

den Festen Mariae Geburt oder Mariae Namen<br />

im September. Diesem Anlass und Auftrag verdanken<br />

wir fünf jener sechs Messen, die der<br />

Oper<br />

Acide / Festa teatrale<br />

Haydn S<strong>in</strong>fonietta<br />

Manfred Huss, Dirigent<br />

BIS-SACD-1812<br />

Messen<br />

Harmoniemesse<br />

Solisten, Gäch<strong>in</strong>ger Kantorei Stuttgart<br />

Radio-S<strong>in</strong>fonieorchester Stuttgart des SWR<br />

Heiligmesse<br />

Solisten, Oregon Bach Festival<br />

Chorus und Orchestra<br />

Helmuth Rill<strong>in</strong>g, Dirigent<br />

hänssler <strong>CLASS</strong>IC 98.538<br />

Sämtliche Messen<br />

Collegium Musicum 90<br />

Richard Hickox, Dirigent<br />

Chandos CHAN 0734<br />

Große Orgelmesse / Missa Celensis<br />

Collegium Musicum 90<br />

Richard Hickox, Dirigent<br />

Chandos CHAN 0674


Klavierwerke<br />

Klaviersonaten<br />

23, 24, 32, 37, 40, 41, 43, 46, 50, 52<br />

Marc-André Hamel<strong>in</strong><br />

Hyperion CDA 67554 (2 CDs)<br />

Klavierkonzerte D-Dur, F-Dur, D-Dur, G-Dur<br />

Ronald Brautigam,<br />

Concerto Copenhagen / Lars Ulrik Mortensen<br />

BIS-CD-1318<br />

Klaviersonaten 20, 39, 40, 43, 50<br />

Malcom Bilson<br />

CLAVES CLA 50-2501<br />

Klavierwerke<br />

Capriccio G-Dur, Sonaten e-Moll, c-Moll, Es-Dur,<br />

Variationen f-Moll, Fantasie C-Dur<br />

András Schiff<br />

Hungaroton HDVD32441 (DVD)<br />

Joseph Haydn um ca.1770<br />

Porträt von Ludwig Guttenbrunn<br />

Komponist an der Wende zum 19. Jahrhundert<br />

schuf, bewegende Zeugnisse e<strong>in</strong>er tiefen, reflektierten<br />

Religiosität und e<strong>in</strong>es musikalisch<br />

überreichen Spätwerks. Ludwig van Beethoven<br />

sprach ehrfürchtig von den „unnachahmlichen<br />

Meisterstücken des großen Haydn“. Zwei dieser<br />

Meisterwerke s<strong>in</strong>d nun auf Hänssler erschienen<br />

(98.538): Die „Harmoniemesse“ (mit der Gäch<strong>in</strong>ger<br />

Kantorei) und die „Heiligmesse“ (mit dem<br />

Oregon Bach Festival Choir). Die Leitung der<br />

Aufnahme hat Helmuth Rill<strong>in</strong>g.<br />

E<strong>in</strong>e der wenigen Aufnahmen von Haydns<br />

„Mariazeller Messe“, die auf CD erhältlich ist,<br />

ist auf Chandos 0674 erschienen – zusammen<br />

mit der „großen Orgelmesse“. Und wer sich<br />

sämtliche Messen Haydns anhören will, dem sei<br />

Chandos 0734 empfohlen: Richard Hickox' mit<br />

Lob überhäufte Edition (mit dem Collegium<br />

Musicum 90) ist nun endlich auch gesammelt <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Box erhältlich. Auf historischen Instrumenten<br />

<strong>in</strong>terpretiert, kommen die teilweise nahezu<br />

unbekannten Werke hier besonders zur Geltung.<br />

Sonstige Orchesterwerke<br />

und Konzerte,<br />

Kammermusik<br />

Vor se<strong>in</strong>er langen und erfolgreichen Zeit als<br />

musikalischer Direktor am Schloss Esterhazy war<br />

Haydn als junger Komponist Musikdirektor des<br />

Grafen Karl von Morz<strong>in</strong> auf Schloss Lukavec bei<br />

Pilsen. Im 18. Jahrhundert gab es an diesen<br />

Höfen e<strong>in</strong>e so genannte „Harmoniemusik", e<strong>in</strong>e<br />

Orchesterbesetzung aus Holz- und Blechbläsern,<br />

die ungefähr um 1770 entstand und besonders<br />

für Freiluftkonzerte oder Tafelmusiken e<strong>in</strong>gesetzt<br />

wurde. Die für e<strong>in</strong>e auf Campanella unter<br />

Best.nr. C130069 erschienene CD von Hansjörg<br />

Schellenberger und dem Haydn Ensemble e<strong>in</strong>gespielten<br />

8 Divertimenti schrieb Haydn für die<br />

Harmoniemusik des Grafen Morz<strong>in</strong>.<br />

Divertimenti hatte der H<strong>of</strong>kapellmeister zur<br />

abendlichen Unterhaltung der Herrschaften<br />

natürlich auch <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erer Besetzung zu<br />

schreiben. Das Belvedere-Trio Wien hat zehn<br />

der Baryton-Trios (Liebl<strong>in</strong>gs<strong>in</strong>strument des<br />

Fürsten Esterhazy) für die moderne Besetzung<br />

Viol<strong>in</strong>e, Viola und Cello adaptiert, e<strong>in</strong>e Bearbeitung,<br />

die übrigens auch Haydn selbst bei<br />

vielen dieser Trios vornahm – wohl, um ihre<br />

Verbreitung zu fördern. Das Baryton war eben<br />

e<strong>in</strong> zu exotisches Instrument.<br />

16 AUSGABE 2009/1<br />

Überhaupt hat Haydn ja nicht nur S<strong>in</strong>fonien<br />

komponiert. Zum Haydn-Jahr 2009 hat BIS e<strong>in</strong>e<br />

Zusammenarbeit mit der Haydn S<strong>in</strong>fonietta<br />

Wien begonnen, die vor allem auf die E<strong>in</strong>spielung<br />

wenig bekannter Werke des Meisters<br />

abzielt, <strong>in</strong>cl. Bühnenmusiken, Konzertarien und<br />

Orchesterwerke. BIS-CD-1796 br<strong>in</strong>gt mit den<br />

Werken für Baryton, hier allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Orig<strong>in</strong>al<strong>in</strong>strumentierung,<br />

und den acht Notturni für<br />

den König von Neapel, entstanden 1790, sowie<br />

den sechs Scherzandi von 1761 Kompositionen,<br />

die e<strong>in</strong>en weiten Zeitraum abdecken und weith<strong>in</strong><br />

unbekannt s<strong>in</strong>d.<br />

Die meisten Konzerte Haydns für Tasten<strong>in</strong>strumente<br />

und Orchester sche<strong>in</strong>en eigentlich<br />

für die Orgel gedacht gewesen zu se<strong>in</strong>. Allesamt<br />

entstanden sie vor 1784, zu e<strong>in</strong>er Zeit, als<br />

Mozart se<strong>in</strong>e ersten Meisterwerke <strong>in</strong> diesem<br />

Genre vorlegte. Ob Haydn die Komposition von<br />

Klavierkonzerten aufgab, nachdem er Mozart<br />

gehört und festgestellt hatte, dass er auf diesem<br />

Gebiet mit dem jungen Kollegen nicht konkurrieren<br />

konnte? Auf e<strong>in</strong>er mehrfach ausgezeichneten<br />

E<strong>in</strong>spielung hat sich Ronald Brautigam<br />

als Spezialist für historische Aufführungspraxis<br />

dieses Genres angenommen. Er musiziert am<br />

Fortepiano auf BIS-CD-1318 zusammen mit<br />

dem Concerto Copenhagen unter der Leitung<br />

von Lars Ulrik Mortensen.<br />

Um 1781 war e<strong>in</strong>e enge Freundschaft zwischen<br />

Haydn und Mozart entstanden, dessen<br />

Werk er schon über Jahre h<strong>in</strong>weg bee<strong>in</strong>flusst<br />

hatte. Die zwei Komponisten genossen es, <strong>in</strong><br />

Streichquartetten zusammen zu spielen. Haydn<br />

war sehr von Mozarts Werk bee<strong>in</strong>druckt. Es<br />

ist augenfällig, dass Haydn zu dieser Zeit<br />

großenteils aufhörte, Opern und Konzerte zu<br />

schreiben – zwei der Gattungen, <strong>in</strong> denen Mozart<br />

am stärksten war. Mozart dagegen arbeitete


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

<strong>Association</strong> <strong>of</strong> <strong>Classical</strong> <strong>Independents</strong> <strong>in</strong> Germany<br />

Joseph Haydns eigenhändiges<br />

„Verzeichnis der Operntextbüchern“<br />

hart daran, sechs Streichquartette zu schreiben,<br />

die mit dem Niveau mithalten konnten, das<br />

Haydn mit se<strong>in</strong>er kurz davor vollendeten Reihe<br />

op. 33 erreicht hatte; als Mozart damit fertig<br />

war, widmete er die Quartette se<strong>in</strong>em Freund.<br />

Drei dieser herausragenden Streichquartette<br />

Haydns aus op. 33 hat vor e<strong>in</strong>iger Zeit<br />

das Quatuor Terpsychorde auf historischen<br />

Instrumenten (Darmsaiten) bei Claves e<strong>in</strong>gespielt<br />

(CLA50-2608). Mit diesen Werken schuf<br />

Haydn e<strong>in</strong>en grundlegenden Wandel <strong>in</strong> Form<br />

und Stil des Streichquartetts. So tritt das<br />

Scherzo an die Stelle des Menuetts, und zwar<br />

meist im zweiten Satz, die Rhythmik ist von<br />

subtilen Kontrasten geprägt, und die breit angelegte<br />

Melodik verhilft e<strong>in</strong>er tiefen Emotionalität<br />

zum Durchbruch. Die thematische Arbeit<br />

ist von bemerkenswerter Intensität; hier kommt<br />

der seit Johann Sebastian Bach verloren geglaubte<br />

„Klangraum“ wieder <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er ganzen<br />

Fülle zum Tragen.<br />

Später entstandene Quartette aus op. 77<br />

und 103 legt das Edd<strong>in</strong>g Quartet auf EtCetera<br />

KTC 1379 vor. Die leidenschaftliche und farbenreiche<br />

Darbietung <strong>in</strong> historischer Aufführungspraxis<br />

lässt uns fast glauben, dass diese Quartette<br />

Haydns gerade erst komponiert wurden.<br />

Im Jahr 2007 gründeten die beiden Musiker<br />

Paul De Clerck und Ageet Zweistra das Edd<strong>in</strong>g<br />

AUSGABE 2009/1 17<br />

Quartet <strong>in</strong> der Vorstellung, das „klassische<br />

Streichquartett – Repertoire“ auf historisch<br />

korrekten Instrumenten und mit dem den Musikern<br />

ganz eigenen Verständnis von Interpretation<br />

vorzutragen.<br />

E<strong>in</strong>e Sonderstellung im Schaffen nehmen<br />

„Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am<br />

Kreuze“, e<strong>in</strong>e Passionsmusik für Orchester aus<br />

dem Jahr 1786, die Haydn im Auftrag e<strong>in</strong>es Priesters<br />

für die traditionelle Karfreitagszeremonie<br />

<strong>in</strong> der kle<strong>in</strong>en Kapelle Santa Cueva im südspanischen<br />

Càdiz komponiert hatte, bevor er sie<br />

später selbst fürs Streichquartett bearbeitete.<br />

Die Vorgaben für den H<strong>of</strong>kapellmeister <strong>in</strong><br />

Schloss Esterhazy waren präzise: Sieben Instrumentalsätze<br />

<strong>in</strong> getragenem Tempo sollten im<br />

Wechsel mit der Lesung und der Deutung der<br />

Christusworte als Meditationsmusik vorgetragen<br />

werden, um den Gläubigen Gelegenheit zur<br />

Andacht zu geben. Für belebende Dynamikwechsel<br />

und andere Kunstgriffe des Komponistenhandwerks<br />

blieb da ke<strong>in</strong> Spielraum.<br />

Zuerst bittet Jesus um Vergebung für se<strong>in</strong>e<br />

Pe<strong>in</strong>iger, dann wendet er sich an die Mitgekreuzigten,<br />

schließlich steht Maria im Mittelpunkt…<br />

E<strong>in</strong>em Erdbeben gleich, schildert<br />

Haydn im letzten Satz den Tod des Gekreuzigten:<br />

Synkopen, Akzente auf leichten Taktzeichen,<br />

rhythmische Figuren, die sich nicht mehr <strong>in</strong><br />

den Dreiertakt e<strong>in</strong>fügen – der Boden gerät <strong>in</strong>s<br />

Wanken, die Schwerkraft wird aufgehoben, die<br />

Klavierwerke<br />

Klaviertrio 12, 25, 27, 29<br />

Wiener Klaviertrio<br />

MDG 342 1556-2<br />

Die Londoner Sonaten No 60-62<br />

Ludger Rémy / Broadwood Hammerflügel von 1794<br />

Audiomax 704 0251-2<br />

Kammermusik<br />

Streichquartette op. 77 Nr. 1 + 2 / op. 103<br />

Edd<strong>in</strong>g Quartet<br />

KTC 1379<br />

Divertimenti für Holzbläser<br />

Haydn Ensemble Berl<strong>in</strong><br />

Campanella C 130060<br />

Streichquartette op.33 Nr.1,2,5<br />

Quatuor Terpsycordes<br />

Claves CLA50-2608


Kammermusik<br />

Musik für Fürst Esterházy u. d. König v. Neapel<br />

Haydn S<strong>in</strong>fonietta / Manfred Huss, Dirigent<br />

BIS-CD-1796 (6 CDs)<br />

Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuz<br />

Leipziger Streichquartett<br />

MDG 907 1550-6 (SACD)<br />

Divertimenti Hob. IV: 6-11<br />

Paul Meisen, Flöte / Ernö Sebestyen, Viol<strong>in</strong>e<br />

Mart<strong>in</strong> Ostertag, Violoncello<br />

MDG 302 0363-2<br />

Konzerte<br />

Joseph Haydn, Trompetenkonzert Es-Dur,<br />

S<strong>in</strong>fonie Nr. 83 „La Poule“<br />

Michael Haydn, Trompeten-Concerti, Serenade<br />

Wolfgang Bauer, Trompete<br />

Württembergisches Kammerorchester Heilbronn,<br />

Ruben Gazarian, Dirigent<br />

MDG 601 1395-2 (CD)<br />

MDG 901 1395-6 (SACD)<br />

Katastrophe ist da. Wie sich das anhört, erfahren<br />

wir auf der brandaktuellen SACD-E<strong>in</strong>spielung<br />

mit dem wie immer hervorragenden<br />

Leipziger Streichquartett (MDG 907 1550-6)<br />

Das Wiener Publikum sehnte sich nach<br />

hochwertigen Alternativen zum Streichquartett.<br />

Mit se<strong>in</strong>em e-Moll-Trio (Hob. XV:12) erfüllte<br />

Haydn 1789 noch vor se<strong>in</strong>en England-Reisen<br />

die Erwartungen voll und ganz. Kaum fertig<br />

gestellt, wurde es ihm von se<strong>in</strong>en Verlegern<br />

schon förmlich aus den Händen gerissen. Was<br />

kaum e<strong>in</strong>er bemerkte: Den unterhaltsamen<br />

Gesellschaftston früherer Jahre hatte der Komponist<br />

längst h<strong>in</strong>ter sich gelassen. Er schuf e<strong>in</strong><br />

außergewöhnlich kontrastreiches und leidenschaftliches<br />

Werk, das deutlich den E<strong>in</strong>fluss<br />

se<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>fonien zeigt.<br />

Angespornt durch die Erfolge se<strong>in</strong>er Werke<br />

sowie die Erwartungen von Publikum und Verleger,<br />

ließ sich Haydn während der zweiten<br />

England-Reise <strong>in</strong> den Jahren 1794/95 zusätzlich<br />

von der Pianist<strong>in</strong> Therese Jansen-Bartolozzi zu<br />

se<strong>in</strong>en bedeutendsten Trios <strong>in</strong>spirieren. Die<br />

Tochter e<strong>in</strong>es Aachener Tanzlehrers war für<br />

Haydn damals e<strong>in</strong>e der begabtesten Pianist<strong>in</strong>nen<br />

überhaupt, hielt er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Londoner Notizbuch<br />

fest. Haydn widmete ihr die beiden Trios<br />

C-Dur und Es-Dur (Hob. XV:27 und 29) und<br />

stand ihr außerdem bei der Hochzeit mit e<strong>in</strong>em<br />

Kunsthändler als Trauzeuge zur Seite.<br />

Das Wiener Klaviertrio lässt mit se<strong>in</strong>er<br />

exquisiten Aufnahme von vier Klaviertrios aus<br />

der mittleren und späten Schaffensphase aufhorchen,<br />

darunter das äußerst populäre<br />

„Zigeunertrio“ (MDG 342 1556-2) Ke<strong>in</strong>e Frage:<br />

Hier f<strong>in</strong>den Wiener Charme und sprichwörtlicher<br />

Haydnscher Witz zu e<strong>in</strong>er zw<strong>in</strong>genden<br />

und absolut elektrisierenden Wiedergabe.<br />

Klavierwerke<br />

Haydns besonderes Verdienst ist es, zur<br />

Entwicklung der Sonatenform von e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fachen,<br />

von der „Sonata bipartita“ herkommenden<br />

Formschema zu e<strong>in</strong>er subtilen und<br />

flexiblen musikalischen Ausdrucksform beigetragen<br />

zu haben. Die meisten se<strong>in</strong>er Werke s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> dieser so genannten „Sonatenhauptsatzform“<br />

gehalten. Er erfand auch die Sonatenrond<strong>of</strong>orm,<br />

die Variationsform mit zwei Themen, und er war<br />

der erste bedeutende Komponist, der Fuge und<br />

kontrapunktische Elemente <strong>in</strong> die klassische<br />

Form e<strong>in</strong>brachte.<br />

E<strong>in</strong> zentrales Charakteristikum von Haydns<br />

Musik ist die Entwicklung von größeren Struk-<br />

18 AUSGABE 2009/1<br />

turen aus sehr kle<strong>in</strong>en und e<strong>in</strong>fachen musikalischen<br />

Motiven heraus. Die Musik ist formal <strong>of</strong>t<br />

recht konzentriert, und die wichtigen musikalischen<br />

Ereignisse e<strong>in</strong>es Satzes können sich rasch<br />

entfalten.<br />

All dies ist natürlich auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Klavierwerken<br />

zu beobachten, sehr schön <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Interpretation von zehn Klaviersonaten durch<br />

Marc-André Hamel<strong>in</strong> auf Hyperion (CDA67554).<br />

Hamel<strong>in</strong> spielt klar und präzise, entwickelt<br />

sehr behutsam und mit kultiviertem Pedal e<strong>in</strong>en<br />

fe<strong>in</strong>en Klang, kehrt ungewöhnliche Harmoniewechsel<br />

mit Genuss hervor und sorgt durch<br />

subtile Phrasierung für hübsche Überraschungen.<br />

Seit Alfred Brendel hat das wohl niemand<br />

besser gemacht.<br />

Wer sich mehr für historische Aufführungspraxis<br />

begeistern kann, der mag sich für zwei<br />

E<strong>in</strong>spielungen mit den Spezialisten Malcolm<br />

Bilson und Ronald Brautigam <strong>in</strong>teressieren.<br />

Bilson hat für Claves (CLA50-2501) fünf Klaviersonaten<br />

an e<strong>in</strong>em historischen Schanz-Fortepiano<br />

aufgenommen, die ihm ganz besonders<br />

am Herzen liegen. Und Ronald Brautigam, der<br />

„König des historischen Ungeheuers namens<br />

Fortepiano“ (The Times), hat zwischen 1999<br />

und 2004 für BIS das gesamte Werk Haydns für<br />

Klavier solo aufgenommen: die 55 Sonaten, Tänze<br />

und Variationen, Die sieben letzten Worte...<br />

Diese Leistung wurde 2004 mit dem Cannes<br />

<strong>Classical</strong> Award belohnt. Diese Aufnahmen s<strong>in</strong>d<br />

jetzt als Gesamtausgabe erhältlich (BIS-CD-1731).<br />

E<strong>in</strong>gespielt wurde auf e<strong>in</strong>em 1992 von Paul<br />

McNulty <strong>in</strong> Amsterdam fertig gestellten Nachbau<br />

e<strong>in</strong>es Flügels von A. G. Walter (ca. 1795).<br />

E<strong>in</strong>e ganz andere <strong>in</strong>terpretatorische Welt<br />

betreten wir mit der bei Hungaroton unter<br />

Nr. HDVD 32441 auf DVD Video erschienenen<br />

Liveaufnahme von unterschiedlichen Klavierwerken<br />

durch András Schiff, der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

unnachahmlichen Art auch <strong>in</strong> die Werke e<strong>in</strong>führt.<br />

Und diese Aufnahme steht auch deshalb<br />

am Ende dieses kle<strong>in</strong>en Rundgangs durch Neuersche<strong>in</strong>ungen<br />

mit Werken des Jubilars, weil sie<br />

zusätzlich e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>führenden Film enthält:<br />

„Joseph Haydn und die Familie Esterhazy“.<br />

Es bleibt zu h<strong>of</strong>fen, dass <strong>in</strong> diesem Jubiläumsjahr<br />

noch so manche Entdeckung auf<br />

den CD-Markt kommen wird – bei vielleicht<br />

ke<strong>in</strong>em der großen Komponisten der „Wiener<br />

Klassik“ gibt es noch so viel zu entdecken wie<br />

bei Joseph Haydn. A. Ra<strong>in</strong>er


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Die HIGH END als Leistungsschau<br />

der Edel-Elektronik für<br />

den besten Ton und das beste Bild<br />

Zum 28. Mal <strong>in</strong> Folge haben Liebhaber hochwertiger Unterhaltungselektronik<br />

die Gelegenheit, sich auf der HIGH END Messe von den neuesten<br />

Entwicklungen der Branche begeistern zu lassen. Die HIGH END ist<br />

Europas Dreh- und Angelpunkt für Liebhaber des guten Tons und des<br />

perfekten Bildes. Die weltweit führenden Anbieter für hochwertige Unterhaltungselektronik<br />

zeigen auf der HIGH END wieder e<strong>in</strong>mal, was im<br />

Ton- und Bildbereich heutzutage alles möglich ist und <strong>in</strong> der Regel<br />

durchaus auch erschw<strong>in</strong>glich bleibt. Freunde fe<strong>in</strong>ster Klangqualität und<br />

e<strong>in</strong>es echten Heimk<strong>in</strong>o-Erlebnisses f<strong>in</strong>den auf mehr als 18.000 qm<br />

Ausstellungsfläche das neueste Angebot der Unterhaltungselektronik.<br />

Die HIGH END präsentiert Technik<br />

und Genuss für Auge und Ohr<br />

Auch dieses Jahr werden wieder alle wichtigen Hersteller und Importeure<br />

der hochwertigen Unterhaltungselektronik auf der HIGH END vertreten<br />

se<strong>in</strong>. Das Themenspektrum reicht vom Analog-Plattenspieler über<br />

HDTV bis zum AV-Receiver mit mobilem MP3-Player-Anschluss. Die HIGH<br />

END komb<strong>in</strong>iert klassische HiFi-Wiedergabe und moderne Multimediasysteme<br />

mite<strong>in</strong>ander. Neben dem Trend zu hoch auflösenden Bildern wird<br />

das moderne Wohnzimmer immer mehr zum Knotenpunkt für die multimediale<br />

Vernetzung des gesamten Haushalts. Musikserver erobern zwischenzeitlich<br />

das Wohnzimmer der Kunden und dennoch stehen traditionelle<br />

und zukunftsweisende Technologien gleichberechtigt nebene<strong>in</strong>ander.<br />

Interessierte Besucher können auf der HIGH END die komplette<br />

Bandbreite der Unterhaltungselektronik mit allen S<strong>in</strong>nen erfahren: Von<br />

der bewährten Zweikanaltechnologie über Verstärker, Plattenspieler und<br />

High-Tech-Lautsprecher bis zu Festplattenservern, drahtlosen Mulitroom-<br />

Audiosystemen und LCD und Plasmascreens. Eben genau so, wie der<br />

Untertitel es auch schon verspricht: „Der Beste Ton – Das Beste Bild“.<br />

AUSGABE 2009/1 19<br />

HIGH END 2009:<br />

Der Beste Ton – Das Beste Bild<br />

M.O.C. München – Lilienthalallee 40<br />

80939 München-Freimann<br />

Term<strong>in</strong>: 21. – 24. Mai 2009<br />

Täglich von 10 bis 18 Uhr<br />

Fachbesucher: Do, 21. Mai 2009<br />

E<strong>in</strong>tritt: Tageskarte 10 Euro<br />

www.highendsociety.de<br />

Umfangreiches Rahmenprogramm<br />

mit Live-Musik<br />

Klangerlebnisse der besonderen Art garantierten nicht nur hochwertige<br />

technische Pretiosen, sondern auch die verschiedenen Live Musik<br />

Darbietungen während der Messe. E<strong>in</strong> umfassendes Programm aus<br />

Workshops, Vorträgen, Vorführungen und Livemusik rundet das Messeerlebnis<br />

ab. Auch dieses Jahr bietet die HIGH END dem Messebesucher<br />

wieder e<strong>in</strong> facettenreiches musikalisches Unterhaltungsprogramm mit<br />

zahlreichen Live-Konzerten.<br />

Audiophile Schätze im „Tonträgerdorf“<br />

Audiophile Schätze fristen <strong>in</strong> der Musikbranche e<strong>in</strong> Nischendase<strong>in</strong>. Bei<br />

der HIGH END können Fans erlesener Tonträger e<strong>in</strong>e große Vielfalt musikalischer<br />

Schätze entdecken und kaufen. Im „Tonträgerdorf“ auf der HIGH<br />

END s<strong>in</strong>d die Hersteller und Importeure erlesener S<strong>of</strong>tware positioniert.<br />

Hier gibt es exemplarische Aufnahmen, musikalische Raritäten, Sammlerstücke<br />

und Klangperlen von ca. 130 Labels auf CD, SACD, DVD und V<strong>in</strong>yl.


Joseph Haydn<br />

S<strong>in</strong>fonien Nr. 1, 96 und 101<br />

und Porträt Roger Norr<strong>in</strong>gton<br />

„Dirigent zwischen<br />

Stuttgart und Berkshire“<br />

SWR music /<br />

hänssler <strong>CLASS</strong>IC<br />

Best.-Nr. 93.904 (DVD)<br />

Er hat sich <strong>in</strong>zwischen als Markenzeichen<br />

etabliert, der „Stuttgart Sound“. Seit<br />

Roger Norr<strong>in</strong>gton im Jahr 1998 das Amt<br />

des Chefdirigenten des Radio S<strong>in</strong>fonieorchesters<br />

Stuttgart des SWR übernahm, hat er<br />

beharrlich e<strong>in</strong> Ziel verfolgt: die Übertragung der<br />

Informationen aus der historischen Aufführungspraxis<br />

auf e<strong>in</strong>en modernen S<strong>in</strong>fonieorchesterapparat.<br />

Neben all jenen Anforderungen, die das<br />

Musizieren mit historischen Instrumenten <strong>in</strong> Bezug<br />

auf Orchesterbesetzung, Sitzordnung, Artikulation,<br />

Bogenführung, Notenlängen, Phrasierung<br />

oder Zeitmaß stellt, steht vor allem die Aneignung<br />

des „Klangs früherer Zeiten“ im Zentrum<br />

von Norr<strong>in</strong>gtons Klangideal: jener „re<strong>in</strong>e Ton“,<br />

welcher „der normale Klang e<strong>in</strong>es jeden Orchesters<br />

von Bachs bis h<strong>in</strong> zu Mahlers Zeiten war“<br />

(Norr<strong>in</strong>gton) und auf den im 20. Jahrhundert<br />

das üblich gewordene Dauervibrato folgte.<br />

In der Rückschau sche<strong>in</strong>t Norr<strong>in</strong>gtons Weg<br />

h<strong>in</strong> zum „Stuttgart Sound“ geradezu vorgezeichnet.<br />

Nach dem Studium am Royal College <strong>of</strong> Music <strong>in</strong><br />

London gründete er zunächst mehrere Ensembles,<br />

die sich der historischen Aufführungspraxis verpflichtet<br />

fühlten: 1962 den Schütz Choir und 1968<br />

die London Baroque Players, mit denen er überwiegend<br />

Repertoire des 17. und 18. Jahrhunderts<br />

aufführte. 1978 folgten die London <strong>Classical</strong> Players,<br />

mit denen er die Aufführungspraxis mit Orig<strong>in</strong>al<strong>in</strong>strumenten<br />

<strong>in</strong> der Zeit von 1750 bis 1900 erforschte.<br />

Mit spektakulärem Ergebnis: Auf die vielfach<br />

ausgezeichnete E<strong>in</strong>spielung mit Beethovens<br />

S<strong>in</strong>fonien folgten aufregende Aufnahmen mit Wer-<br />

So jung im Herzen ...<br />

Sir Roger Norr<strong>in</strong>gton feiert se<strong>in</strong>en 75. Geburtstag<br />

ken von Haydn, Mozart, Mendelssohn, Schubert,<br />

Schumann, Brahms, Wagner und Bruckner.<br />

Angesichts dieses Repertoires überrascht es<br />

nicht, dass Norr<strong>in</strong>gton seit den 1980er Jahren<br />

(bis heute) auch bei den großen S<strong>in</strong>fonieorchestern<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Leipzig, Wien, Amsterdam,<br />

Paris, New York, Cleveland, Boston, San Francisco,<br />

Los Angeles, Chicago und vor allem London als<br />

Gastdirigent gefragt ist.<br />

Ab Ende der 1990er Jahre schließlich sollte<br />

es Norr<strong>in</strong>gton aber nicht etwa mit e<strong>in</strong>em Klangkörper<br />

aus den Musikmetropolen Europas, sondern<br />

mit dem RSO Stuttgart gel<strong>in</strong>gen, se<strong>in</strong>e Vision<br />

e<strong>in</strong>er historisch <strong>in</strong>formierten Aufführungspraxis<br />

mit e<strong>in</strong>em modernen S<strong>in</strong>fonieorchester zu verwirklichen.<br />

Den schlanken, vibratolosen und<br />

farbigen Klang, den Norr<strong>in</strong>gton erzielte und der<br />

wegen se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zigartigkeit als „Stuttgart Sound“<br />

bekannt wurde, hat das Label SWR music /<br />

hänssler <strong>CLASS</strong>IC von Beg<strong>in</strong>n an dokumentiert.<br />

So s<strong>in</strong>d bis heute rund 40 mit viel Kritikerlob<br />

bedachte CD- und DVD-Aufnahmen entstanden,<br />

<strong>in</strong> deren Zentrum das klassisch-romantische Orchesterrepertoire<br />

steht: von Beethoven, Berlioz,<br />

Schubert, Mendelssohn, Schumann über Brahms,<br />

Bruckner und Tschaikowsky bis h<strong>in</strong> zu Mahler.<br />

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat kürzlich an<br />

den Jubilar, der am 16. März se<strong>in</strong>en 75. Geburtstag<br />

feiert, e<strong>in</strong>en besonderen musikalischen Wunsch<br />

gerichtet: „Würde Roger Norr<strong>in</strong>gton e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />

Bayreuth antreten, so würden die Wagnerianer<br />

e<strong>in</strong>e kolossale Überraschung erleben.“ E<strong>in</strong> Versuch<br />

wäre es allemal wert! Michael Sawall<br />

20 AUSGABE 2009/1<br />

Aktuelle Konzerte:<br />

12. 03. 09 Stuttgart, Liederhalle, Beethovensaal<br />

13. 03. 09 Stuttgart, Liederhalle, Beethovensaal<br />

15. 03. 09 Luxemburg, Philharmonie<br />

16. 03. 09 London, Southbank Centre,<br />

Royal Festival Hall<br />

17. 03. 09 Wien, Konzerthaus, Großer Saal<br />

19. 03. 09 Thessaloniki, Megaron<br />

20. 03. 09 Athen, Megaron<br />

21. 03. 09 Berl<strong>in</strong>, Philharmonie<br />

09. 05. 09 Schwetz<strong>in</strong>ger Festspiele, Schloss,<br />

Rokokotheater<br />

W. A. Mozart – Essential Symphonies I-VI<br />

SWR music / hänssler <strong>CLASS</strong>IC<br />

Best.-Nr. 93.230 (6 CDs)<br />

P. I. Tschaikowsky<br />

S<strong>in</strong>fonie Nr. 5 <strong>in</strong> e-Moll op. 64<br />

Suite „Der Nussknacker“ op. 71a<br />

SWR music / hänssler <strong>CLASS</strong>IC<br />

Best.-Nr. 93.254 (CD)


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

ich von der Schönheit der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Stimmen sprechen, so würde der Bericht<br />

‚‚Wollte<br />

Bände füllen“, schreibt Thomasorganist<br />

Karl Straube 1908 im Abnahmegutachten für die<br />

erweiterte Sauer-Orgel. Die Orgel der Leipziger<br />

Thomaskirche, an dem Straube zahlreiche<br />

Werke Max Regers erstmals spielte, darf als e<strong>in</strong><br />

Meisterstück Wilhelm Sauers gelten. Der<br />

renommierte Meister des Orgelbaus hatte das<br />

Instrument 1908 zu e<strong>in</strong>er der größten und bedeutendsten<br />

Orgeln des Landes erweitert – mit<br />

der Berl<strong>in</strong>er Domorgel<br />

auf e<strong>in</strong>em Niveau, von<br />

den klanglichen Möglichkeiten<br />

im Raum der<br />

Thomaskirche gleichwohl<br />

noch begünstigt.<br />

Seit ihrer E<strong>in</strong>weihung<br />

im Jahr 1889 hatte die<br />

Orgel der Thomaskirche<br />

Fotos: Matthias Knoch Historische<br />

e<strong>in</strong> bewegtes Schicksal.<br />

Ursprünglich mit 63 Registern<br />

und mechanischer<br />

Traktur erbaut,<br />

wurde sie schon 13 Jahre<br />

später auf das pneumatische<br />

System umgestellt.<br />

1908 erfolgte auf Veranlassung<br />

von Thomasorganist<br />

Karl Straube die<br />

Erweiterung auf ihre<br />

heutige Größe von 88<br />

Stimmen. Nach mehreren<br />

Umbauten unterschiedlicher<br />

Konsequenz ist es<br />

dem heutigen Thomasorganisten<br />

Ullrich Böhme<br />

zu verdanken, dass die<br />

Orgel jetzt wieder im<br />

orig<strong>in</strong>alen Zustand von<br />

1908 erkl<strong>in</strong>gt. Bereits<br />

1987 entwickelte er den<br />

Wunsch, das historische<br />

Die Sauer-Orgel der Thomaskirche zu Leipzig<br />

Werke von Marcel Dupré, César Franck,<br />

Eugène Gigout, Franz Liszt und Max Reger<br />

Thomasorganist Ullrich Böhme<br />

ROP6017 / Super-Audio-CD<br />

Orgel <strong>in</strong><br />

neuer Schönheit<br />

Thomasorganist Ullrich Böhme spielt restaurierte<br />

Sauer-Orgel der Leipziger Thomaskirche<br />

Auch im Detail liebevoll restauriert:<br />

die Register und freie Komb<strong>in</strong>ationen<br />

Zum ersten Mal auf CD: Die Sauer-Orgel<br />

erkl<strong>in</strong>gt wieder <strong>in</strong> der orig<strong>in</strong>alen<br />

Klangpracht wie vor 100 Jahren.<br />

AUSGABE 2009/1 21<br />

Instrument denkmalgerecht zu restaurieren und<br />

<strong>in</strong> ihren orig<strong>in</strong>alen Zustand zurückzuführen.<br />

Damals absolutes Neuland: Nie zuvor war e<strong>in</strong><br />

großes spätromantisches Orgelwerk mit pneumatischer<br />

Traktur restauriert worden. Die aufwändigen<br />

Arbeiten durch die Orgelwerkstatt<br />

Christian Scheffler aus Sieversdorf sollten erst<br />

2005 beendet se<strong>in</strong>. Zahlreiche Restaurierungen<br />

<strong>in</strong> Deutschland orientieren sich seit 1988 an<br />

dem Leipziger Konzept, darunter die der<br />

Sauer-Orgeln des Berl<strong>in</strong>er und des Bremer<br />

Doms, der Erlöserkirche<br />

Bad Homburg oder der<br />

Mühlhausener Marienkirche.<br />

Für se<strong>in</strong>e Vorstellung<br />

der detailgenau rekonstruierten<br />

Sauer-Orgel hat<br />

Böhme drei Werke von<br />

Marcel Dupré, César<br />

Franck und Eugène<br />

Gigout ausgewählt, die<br />

die dezent französischen<br />

Anflüge des Instruments<br />

charakteristisch zur Wirkung<br />

br<strong>in</strong>gen. Mit Max<br />

Regers Fantasie und Fuge<br />

d-Moll op. 135 b erkl<strong>in</strong>gt<br />

e<strong>in</strong> Werk, das aufs Engste<br />

mit der Orgel der<br />

Thomaskirche und ihrem<br />

Organisten Karl Straube<br />

verbunden ist. Auch Franz<br />

Liszts großes Variationswerk<br />

<strong>in</strong> f-Moll über We<strong>in</strong>en,<br />

Klagen, Sorgen, Zagen<br />

hat e<strong>in</strong>e besondere<br />

Beziehung zur Thomaskirche:<br />

Es setzt sich mit<br />

e<strong>in</strong>er Kantate ause<strong>in</strong>ander,<br />

die Johann Sebastian<br />

Bach hier aufgeführt hat.<br />

Teres Feiertag


Noch Fragen?<br />

Beethoven und Mendelssohn im Dialog mit Peter Gülke<br />

und dem Beethoven Quartett<br />

f<strong>in</strong>den Sie alles, was Sie über die<br />

Kunst der Fuge wissen, hören und<br />

sehen wollten und nicht zu fragen<br />

‚‚Hier<br />

wagten.“ Diese Aussage könnte über<br />

der Debut-E<strong>in</strong>spielung des Beethoven Quartetts<br />

gestanden haben, das mit e<strong>in</strong>er klug disponierten<br />

Zusammenstellung zum B-A-C-H-Motiv mit<br />

Werken von Bach, Beethoven und Krenek aufhorchen<br />

ließ. Das 2006 von Mitgliedern des ehemaligen<br />

Sonare Quartetts gegründete Beethoven<br />

Quartett hat sich zum Ziel gesetzt, Konzertzyklen<br />

zu präsentieren, die Musikgeschichte erfahrbar<br />

machen. Die Konzeption umfasst nicht nur die<br />

Foto: © Ute Schendel<br />

Beethoven Quartett mit Jacek Klimkiewicz, Angela<br />

Schwartz, Hideko Kobayashi und Laurentius Bonitz<br />

programmatische Gestaltung der Zyklen, sondern<br />

bezieht auf raff<strong>in</strong>ierte Weise auch das Medium<br />

Film <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er DVD mit e<strong>in</strong>, die auf außergewöhnliche<br />

Weise mit der filmischen Umsetzung<br />

durch den Regisseur Jan Schmidt-Garre<br />

(„Bruckners Entscheidung“, „Celibidache“) zur<br />

Erläuterung des Konzeptes beiträgt.<br />

Doch was verb<strong>in</strong>det op. 132 mit dem frühen<br />

Mendelssohn op. 13? Beethovens Quartett a-Moll<br />

op. 132 trägt die Umstände se<strong>in</strong>er Entstehung <strong>in</strong><br />

den Satzbezeichnungen: Im Zentrum des Werkes<br />

steht der „Heilige Dankgesang e<strong>in</strong>es Genesenden<br />

an die Gottheit“ überschriebene langsame Satz.<br />

In der Tat war Beethoven während der Komposition<br />

1825 ernsthaft erkrankt, konnte dann<br />

aber die angefangene Arbeit vollenden. Trotz<br />

des Titels und des Gebrauchs von Choralsatz<br />

und Kirchentonart ist das Quartett ke<strong>in</strong>e Programmmusik<br />

im engeren S<strong>in</strong>ne sondern absolute<br />

Musik. Und schon der Beg<strong>in</strong>n markiert e<strong>in</strong><br />

leicht als Ableitung von B-A-C-H zu erkennendes<br />

Motiv, das dann <strong>in</strong> immer neuen Umschreibungen<br />

nicht nur als Motto und Keimzelle des gesamten<br />

Quartetts gesehen werden kann.<br />

Mendelssohn schrieb se<strong>in</strong> jugendliches<br />

Meisterwerk 1827 im Alter von nur 18 Jahren<br />

nach dem Studium dieser gerade im Druck erschienenen<br />

späten Streichquartette Beethovens.<br />

Beethovens Werke<br />

als Gipfel der bislang<br />

erreichten Kunst des<br />

Streichquartetts bee<strong>in</strong>druckten<br />

den jungen<br />

Mendelssohn, forderten<br />

ihn aber gleichzeitig<br />

zur eigenen<br />

schöpferischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit<br />

der Gattung heraus.<br />

Noch im Todesjahr<br />

Aktuelle Konzerte:<br />

Beethoven Quartett<br />

29. 04. 2009 Zürich<br />

30. 04. 2009 Hasliberg-Goldern<br />

02. 05. 2009 Schloss Heiligenberg<br />

03. 05. 2009 Köln<br />

05. 05. 2009 Duisburg<br />

10. 05. 2009 Bonn<br />

27. 05. 2009 Frankfurt/Ma<strong>in</strong><br />

11. 06. 2009 Basel<br />

Weitere Informationen:<br />

www.beethovenquartett.de<br />

Beethovens gelang Mendelssohn mit op. 13 e<strong>in</strong><br />

Werk voller Anspielungen, das nicht nur <strong>in</strong> der<br />

Bauart der Sätze, sondern auch an e<strong>in</strong>zelnen<br />

Stellen überdeutlich Bezug auf Beethovens<br />

op. 132 nimmt, wenn etwa am Ende des Adagios<br />

<strong>in</strong> der hohen Lage die Beethovensche „Heilige<br />

Danksagung“ ankl<strong>in</strong>gt.<br />

22 AUSGABE 2009/1<br />

Auf der Basis des großen Vorbilds Beethoven<br />

vollbr<strong>in</strong>gt Mendelssohn gleichzeitig e<strong>in</strong>en wahren<br />

Geniestreich: Nicht mehr bis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne Bestandteile<br />

quasi atomisierte Motive Beethovens<br />

bestimmen se<strong>in</strong> Quartett: Es ist – ganz im S<strong>in</strong>ne<br />

der Romantik – e<strong>in</strong> „Gefühl“, das <strong>in</strong> Form des<br />

schlichten Klavierliedes „Ist es wahr?“ das ganze<br />

Werk durchzieht und es gleichsam umklammert:<br />

„Du wirst es im ersten und letzten Stücke mit<br />

se<strong>in</strong>en Noten, <strong>in</strong> allen vier Stücken mit se<strong>in</strong>er<br />

Empf<strong>in</strong>dung sprechen hören.“<br />

Mit dem Lied als Inspiration und Grundlage<br />

wird das Quartett op. 13 somit zu e<strong>in</strong>em großen<br />

„Lied ohne Worte“, zu e<strong>in</strong>em Experiment auf<br />

dem Weg h<strong>in</strong> zu Mendelssohns ganz eigener<br />

lyrischer Form, die die Grenzen von absoluter<br />

und programmatischer Musik verwischt.<br />

Die Aufnahme ist im exzellenten 222- SACD-<br />

Mehrkanalformat erschienen, und das Beethoven<br />

Quartett vermag technisch und musikalisch zu<br />

überzeugen. Und wer es genau wissen will, f<strong>in</strong>det<br />

<strong>in</strong> Peter Gülkes ebenso klug wie eloquent vorgetragenen<br />

Anmerkungen und passenden Klangbeispielen<br />

auf der beiliegenden DVD Antworten<br />

auch auf alle Fragen, die man sich nie zu fragen<br />

traute. Es bleibt die Empfehlung: Ansehen und<br />

Anhören. Unbed<strong>in</strong>gt! Cordelia Berggötz<br />

Ab 15. 04. 09 erhältlich:<br />

Ludwig v. Beethoven:<br />

Streichquartett op. 132<br />

Felix Mendelssohn Bartholdy:<br />

Streichquartett op. 13<br />

BeethovenQuartett<br />

audiomax 946 1573-6 / Hybrid-SACD + DVD<br />

J. S. Bach: Contrapunctus XVIII<br />

Ludwig v. Beethoven: Streichquartett op. 131<br />

Ernst Krenek: Streichquartett No 1 op. 6<br />

BeethovenQuartett<br />

audiomax 946 1517-6 / Hybrid-SACD + DVD


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Happy Birthday, Chandos Records –<br />

alles Gute zum 30. Geburtstag!<br />

Brian Couzens war, als er sich im Mai<br />

1979 mit se<strong>in</strong>er eigenen Schallplattenfirma<br />

selbständig machte, <strong>in</strong> der<br />

Branche schon e<strong>in</strong> alter Hase. Er<br />

hatte für EMI und RCA als Produzent und Ton<strong>in</strong>genieur<br />

gearbeitet und kannte sich sogar mit<br />

der künstlerischen Seite des Geschäfts aus: Er<br />

hatte als Arrangeur mit dem Komponisten Ron<br />

Goodw<strong>in</strong> zusammengearbeitet („Die tollkühnen<br />

Männer <strong>in</strong> ihren fliegenden Kisten“ und „Agenten<br />

sterben e<strong>in</strong>sam“ gehören zu den mehr als 30<br />

Filmmusiken, an denen er beteiligt war) und<br />

hatte auch selbst komponiert.<br />

Das junge Unternehmen Chandos hatte e<strong>in</strong>en<br />

guten Start – bald schon brauchte Brian Couzens<br />

Unterstützung und erhielt sie von<br />

se<strong>in</strong>em Sohn Ralph. Geme<strong>in</strong>sam<br />

lenkten sie den Familienbetrieb zu<br />

den neuen Horizonten der 80er<br />

Jahre: Chandos gehörte zu den<br />

Pionieren von CD und Digitaltechnik.<br />

Von Anfang an setzte die<br />

Firma auf seltenes, bisher vernachlässigtes<br />

Repertoire und traf<br />

damit den Nerv des Publikums.<br />

So schlug beispielsweise die Aufnahme<br />

von zwei Klavierkonzerten des Beethoven-<br />

Zeitgenossen Johann Nepomuk Hummel mit dem<br />

Pianisten Stephen Hough <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> wie<br />

e<strong>in</strong>e Bombe: Nach e<strong>in</strong>er hymnischen Besprechung<br />

<strong>in</strong> der FAZ war die Nachfrage kaum zu<br />

befriedigen. Mit e<strong>in</strong>er 30 CDs umfassenden Jubiläumsbox<br />

feiert Chandos jetzt se<strong>in</strong>e 30-jährige<br />

Erfolgsgeschichte <strong>in</strong> der ganzen Breite des seither<br />

aufgenommenen Programms: Künstler wie<br />

der kürzlich verstorbene Richard Hickox, Neeme<br />

Järvi, Bryden Thomson, Mathias Bamert und viele<br />

andere haben Musik englischer Komponisten wie<br />

Walton und Bax, von Mozart-Zeitgenossen wie<br />

Vanhal oder Werke von Schostakowitsch und<br />

Respighi (um nur wenige Beispiele zu nennen) <strong>in</strong><br />

die Sammlungen der Musikliebhaber gebracht.<br />

„Wenn ich die letzten dreißig Jahre zurückblicke,<br />

er<strong>in</strong>nere ich mich an die harte Arbeit,<br />

besonders <strong>in</strong> den frühen Tagen, als Ralph und ich<br />

alles machten. Ich hatte die Gelegenheit mit wunderbaren<br />

Künstlern zu arbeiten und ich denke,<br />

”serious about classical music“ – dieses Motto ist Teil des Firmenlogos auf dem<br />

Briefpapier von Chandos Records. Und ernst mit der Musik me<strong>in</strong>te die Firma es<br />

von Anfang an, ist sie doch 1979 gegründet worden, kurz bevor der neue Tonträger<br />

CD die Klassikbranche aus e<strong>in</strong>er ihrer vielen Umsatzkrisen erlöste. Brian Couzens,<br />

der Gründervater von Chandos, setzt bis heute auf die Musikliebhaber als treue<br />

Kunden und auf stabile Partnerschaften zwischen sich und se<strong>in</strong>en Künstlern.<br />

wir haben e<strong>in</strong>ige gute E<strong>in</strong>spielungen gemacht.<br />

Me<strong>in</strong>e Philosophie war immer, schöne Aufnahmen<br />

zu produzieren, die die Leute hören wollten.<br />

Ich habe den Fortschritt von der LP und MC zur<br />

CD und DAT und weiter zum Musikdownload<br />

gesehen und es ist heute schon e<strong>in</strong>e ganz andere<br />

Welt verglichen mit damals, als ich anf<strong>in</strong>g Schallplatten<br />

zu machen. Ich b<strong>in</strong> stolz auf Chandos und<br />

alles, was wir <strong>in</strong> diesen dreißig Jahren erreicht<br />

haben: die Preise, die Kritiken, die Verkäufe, doch<br />

vor allem auf die Aufnahmen selbst. Ich h<strong>of</strong>fe,<br />

Ralph wird diese Flamme noch viele Jahre weiter<br />

tragen.“ So lautet das Resümee von Brian Couzens,<br />

dem Gründer von Chandos Records.<br />

Heute leitet Ralph Couzens das Unternehmen<br />

als Manag<strong>in</strong>g Director. „Wenn man ganz von<br />

unten beg<strong>in</strong>nt wie ich, dann lernt man e<strong>in</strong>e Menge<br />

über die Industrie und wie es da läuft. Ich habe<br />

acht Jahre lang Aufnahmegeräte h<strong>in</strong>- und hergeschleppt,<br />

beobachtet und den Künstlern und dem<br />

Klang zugehört. So ist, angefangen bei me<strong>in</strong>em<br />

AUSGABE 2009/1 23<br />

Firmen<strong>in</strong>haber Brian und Ralph Couzens am Mischpult<br />

und im Gespräch mit dem Dirigenten Charles Mackerras<br />

Vater, der „Chandos-Sound“, wie er manchmal<br />

genannt wird, entstanden. Und bis heute, dreißig<br />

Jahre lang, hat dieser Sound allen Anforderungen<br />

der Zeit standgehalten und wird nach wie vor<br />

respektiert. Wir brauchen natürlich gute Künstler<br />

für diesen Sound; alles, was wir tun, ist, ihn so<br />

natürlich wie möglich e<strong>in</strong>zufangen. Wir haben<br />

großes Glück mit den Künstlern gehabt, die wir<br />

davon überzeugen konnten, mit uns aufzunehmen.<br />

Ich möchte ihnen allen heute für ihre Treue<br />

und Hilfe über all diese Jahre danken.<br />

In dreißig Jahren ist manches sehr anders<br />

geworden – aber e<strong>in</strong>s hat sich erfreulicherweise<br />

nicht verändert: Es gibt immer noch e<strong>in</strong> Publikum<br />

für die Klassik mit Appetit auf neues Repertoire<br />

und Qualitätsaufnahmen. Und da wir die Klassikliebhaber<br />

immer noch haben, werden wir weiterh<strong>in</strong><br />

gute Orig<strong>in</strong>ale<strong>in</strong>spielungen von gelegentlich<br />

vernachlässigtem Repertoire machen und dabei<br />

immer die Qualität im Auge behalten. Die Flamme<br />

strahlt so hell wie eh und je!“ Detmar Hucht<strong>in</strong>g


Im Blickpunkt<br />

Kammermusik<br />

Georg Friedrich Händel (1685-1759)<br />

Kantaten und Triosonaten<br />

Sonaten HWV 386a, 388, 390a<br />

Pensieri notturni di Filli HWV 134<br />

Agripp<strong>in</strong>a condotta a morire<br />

HWV 110<br />

Johanna Koslowsky, Sopran<br />

Musica Alta Ripa<br />

MDG 309 0399-2<br />

Mit e<strong>in</strong>em erfrischenden Programm<br />

erweist „Musica Alta Ripa“ dem großen<br />

Georg Friedrich Händel se<strong>in</strong>e Reverenz<br />

zum 250. Todestag. Johanna Koslowsky<br />

vermag ihre Stimme höchst elegant und<br />

biegsam zu führen. Mit e<strong>in</strong>em glasklaren<br />

Timbre tritt sie <strong>in</strong> engen Dialog mit dem<br />

auf historischen Instrumenten musizierenden<br />

Ensemble, das e<strong>in</strong>st mit dieser<br />

Aufnahme se<strong>in</strong> Debut bei MDG feierte.<br />

Für den jungen Händel boten die vier<br />

Jahre <strong>in</strong> Italien e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige Inspiration:<br />

Auf E<strong>in</strong>ladung der Medici besuchte er<br />

zuerst Florenz, dann reiste er nach Rom.<br />

Hier lernte er die Scarlattis kennen, hier<br />

traf er sich mit Corelli, und hier durfte er<br />

se<strong>in</strong>e Kompositionen den literarisch-musikalischen<br />

Zirkeln der Stadt präsentieren.<br />

Für dieses Umfeld s<strong>in</strong>d die beiden Kantaten<br />

dieser Aufnahme entstanden. Sie<br />

spiegeln e<strong>in</strong>erseits die Mystik der schlafenden<br />

Phyllis wider und erweisen andererseits<br />

der antiken Historie Roms e<strong>in</strong>e<br />

gelungene Reverenz.<br />

Rollenspiel<br />

Der Blockflöte kommt bei dieser E<strong>in</strong>spielung<br />

e<strong>in</strong>e bedeutsame Rolle zu: In der<br />

c-Moll-Sonate (HWV 386a) übernimmt<br />

dieses heute <strong>of</strong>tmals ger<strong>in</strong>g geschätzte<br />

Instrument die erste Stimme und tritt <strong>in</strong><br />

der Kantate „Pensieri notturni di Filli: Nel<br />

dolce del’oblio“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong> reizvolles Duett<br />

mit der Sopranstimme.<br />

Musica Alta Ripa pflegt seit 25 Jahren<br />

e<strong>in</strong> ausgefeiltes Barockmusik-Repertoire.<br />

Erstklassige Instrumentalisten, <strong>in</strong>telligent<br />

und musikalisch <strong>in</strong> jeder Beziehung, präsentieren<br />

sie die Werke mit lebendigen<br />

Tempi und fasz<strong>in</strong>ierender Spiellaune.<br />

Decacorde<br />

Pekka Jalkanen:<br />

Präludi, Fantasia, Nokturni<br />

John Dowland:<br />

Lacrimae Pavan, A Fancy<br />

J. S. Bach: 3. Lautensuite<br />

Mari Mäntylä, zehnsaitige Gitarre<br />

ABCD 261 / Alba<br />

6417513102611<br />

Die Decacorde ist e<strong>in</strong>e Kreuzung<br />

zwischen Laute und moderner Gitarre –<br />

sowohl den Klang wie auch die Geschichte<br />

des Instruments betreffend. Die<br />

Bezeichnung „Decacorde“ geht auf den<br />

französischen H<strong>of</strong>musiker Louis-Gabriel<br />

Besson zurück. E<strong>in</strong> ganz besonderer<br />

Experte für dieses Instrument war der italienische<br />

Gitarrist und Komponist Ferd<strong>in</strong>ando<br />

Carulli. Die moderne Decadorde<br />

wurde <strong>in</strong> den 1960er Jahren von dem<br />

berühmten Gitarristen Narcisco Yepes<br />

und dem Gitarrenbauer Ramirez zu ihrer<br />

jetzigen Form entwickelt.<br />

Von besonderem<br />

klanglichem Reiz<br />

Mit ihrem dunklen, lautenartigen und<br />

kräftigen Ton ist die Decacorde <strong>of</strong>t besser<br />

zur Wiedergabe von Renaissance- und<br />

Barockmusik geeignet als die moderne<br />

Gitarre, vor allem deshalb, weil die Bassnoten<br />

tatsächlich so gespielt werden können,<br />

wie sie notiert s<strong>in</strong>d. Wobei Mari<br />

Mäntylä auf ihrer E<strong>in</strong>spielung beweist,<br />

dass durchaus auch zeitgenössische<br />

Musik sich sehr reizvoll mit dem Sound<br />

der Decacorde verb<strong>in</strong>den kann. Eigentlich<br />

schade, dass nicht viel mehr Gitarristen<br />

auf dieses schöne Instrument<br />

zurückgreifen.<br />

24 AUSGABE 2009/1<br />

Franz Schubert<br />

Forellenqu<strong>in</strong>tett<br />

Variationen auf Trockne Blumen<br />

Klaviertrios <strong>in</strong> Es-Dur<br />

Mart<strong>in</strong> Helmchen, Christian Tetzlaff,<br />

Anto<strong>in</strong>e Tamestit, Marie-Elisabeth<br />

Hecker, Alois Posch, Aldo Baerten<br />

PTC 5186334 / Pentatone<br />

An Pianistennachwuchs gibt es ke<strong>in</strong>en<br />

Mangel. Es vergeht kaum e<strong>in</strong> Jahr, <strong>in</strong> dem<br />

nicht e<strong>in</strong>es der führenden Plattenlabels<br />

e<strong>in</strong>en neuen Jungstar aus dem Hut zaubert.<br />

Ihr Haltbarkeitswert ist gleichwohl unterschiedlich:<br />

Da s<strong>in</strong>d jene, die mit viel Market<strong>in</strong>gaufwand<br />

gepusht, bereits nach e<strong>in</strong><br />

oder zwei Aufnahmen wieder im Nichts<br />

verschw<strong>in</strong>den. Andere h<strong>in</strong>gegen kommen<br />

auf eher leisen Sohlen daher und haben<br />

das Zeug zu e<strong>in</strong>er länger währenden Karriere.<br />

Zu letzteren zählt ohne Zweifel der<br />

junge Berl<strong>in</strong>er Pianist Mart<strong>in</strong> Helmchen.<br />

Mit se<strong>in</strong>em hochvirtuosen und zugleich<br />

unprätentiösen Stil hat sich Helmchen <strong>in</strong><br />

wenigen Jahren <strong>in</strong> der <strong>in</strong>ternationalen<br />

Musikszene e<strong>in</strong>en hervorragenden Ruf<br />

erarbeiten können. E<strong>in</strong> schöner Beleg<br />

dafür ist e<strong>in</strong>e Konzertreihe <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Heimatstadt:<br />

Das Konzerthaus Berl<strong>in</strong> ernannte<br />

den gerademal 26-Jährigen <strong>in</strong> der<br />

Spielzeit 2008/2009 zum „Artist <strong>in</strong> Residence“<br />

und übertrug ihm die Gestaltung<br />

e<strong>in</strong>er eigenen Reihe mit <strong>in</strong>sgesamt elf<br />

Konzerten: mit dem Konzerthausorchester<br />

unter Lothar Zagrosek, mit Kammermusikern<br />

des Orchesters und als Solist.<br />

Seit 2007 ist Mart<strong>in</strong> Helmchen Exklusiv-Künstler<br />

von PentaTone. Nach hoch<br />

gelobten Aufnahmen mit Klavierkonzerten<br />

Mozarts und Solo-Werken von Schubert<br />

präsentiert er sich auf se<strong>in</strong>er neuesten CD<br />

als Kammermusiker und <strong>in</strong>terpretiert <strong>in</strong><br />

verschiedensten Besetzungen Werke von<br />

Schubert. Trotz se<strong>in</strong>er jungen Jahre kann<br />

Helmchen bereits auf reichlich Erfahrung<br />

als Kammermusikpartner zurückblicken:<br />

Er spielte auf allen namhaften Festivals für<br />

Kammermusik, mit Partnern wie Boris<br />

Pergamentschikow, Tabea Zimmermann,<br />

Christian Tetzlaff und vielen anderen.<br />

Agost<strong>in</strong>o Steffani (1654-1728)<br />

Sonate da Camera<br />

Quartetto Erasmus<br />

Isidoro Taccagni, Cembalo<br />

CON 2038 / Concerto<br />

8012665203827 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />

Steffanis Kammersonaten wurden<br />

Anfang des 18. Jahrhunderts <strong>in</strong> Holland<br />

von Estienne Roger veröffentlicht. Obwohl<br />

die Werke gattungstechnisch gesehen<br />

„Instrumentalmusik“ darstellen, enthalten<br />

sie doch vokal gedachte Elemente.<br />

Dies ist nicht verwunderlich, denn alle<br />

sechs Sonaten beziehen sich auf Opern<br />

aus Steffanis Feder. Viele Sätze s<strong>in</strong>d sogar<br />

direkt den Opern entnommen, andere<br />

entstammen Balletten, die zwar bei Aufführungen<br />

der Opern gespielt wurden,<br />

aber von Steffani nicht notiert wurden.<br />

Große<br />

Musik für kle<strong>in</strong>e<br />

Besetzung<br />

Gattungstechnisch handelt es sich um<br />

typische barocke Triosonaten für zwei<br />

Viol<strong>in</strong>en, Viola und Basso cont<strong>in</strong>uo<br />

(d.h. Cello und Cembalo). Doch gibt<br />

der Komponist häufig H<strong>in</strong>weise auf die<br />

Verwendung von Blas<strong>in</strong>strumenten wie<br />

Oboe und Fagott; im Barock war e<strong>in</strong>e<br />

spezifische Zuweisung von Musik zu<br />

e<strong>in</strong>em Instrument eher untypisch. Wie<br />

ke<strong>in</strong> anderer hat Steffani, lange Zeit<br />

Kapellmeister <strong>in</strong> Stuttgart, sich um die<br />

Verbreitung des venezianischen Geschmacks<br />

<strong>in</strong> Europa verdient gemacht.<br />

Ohne jede Frage war er e<strong>in</strong>er der ganz<br />

bedeutenden italienischen Komponisten<br />

des 17. und 18. Jahrhunderts. Großen<br />

E<strong>in</strong>fluss hatte er auf e<strong>in</strong>en der Jubilare<br />

dieses Jahres, Georg Friedrich Händel.<br />

Dieser hatte von ihm 1710 den Posten<br />

des Chor- und Musikdirektors am Hannoveraner<br />

H<strong>of</strong> übernommen.


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Kammermusik<br />

Ottor<strong>in</strong>o Respighi<br />

Sämtliche Werke<br />

für Viol<strong>in</strong>e und Klavier;<br />

Vol. 3: Bearbeitungen barocker,<br />

italienischer Viol<strong>in</strong>sonaten<br />

Ilona Then-Bergh, Viol<strong>in</strong>e<br />

Michael Schäfer, Klavier<br />

GEN 89116 / GENUIN<br />

Reihe Un!erhört<br />

Aller guten D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d drei – Then-<br />

Bergh und Schäfer vollenden Respighi-<br />

Zyklus bei GENUIN<br />

Höchstpunktzahl für den Repertoirewert<br />

verdient nicht nur diese neue CD mit<br />

Werken von Ottor<strong>in</strong>o Respighi für Viol<strong>in</strong>e<br />

und Klavier, sondern die komplette Reihe,<br />

die hier e<strong>in</strong>en Abschluss f<strong>in</strong>det. Mit den<br />

drei Tonträgern haben die Geiger<strong>in</strong> Ilona<br />

Then-Bergh und der Pianist Michael<br />

Schäfer e<strong>in</strong>e geradezu unerhörte Repertoirelücke<br />

geschlossen: Nun liegt (endlich)<br />

das Gesamtwerk des großen italienischen<br />

Komponisten für diese Besetzung<br />

vor. In der Öffentlichkeit ist Respighi<br />

hauptsächlich für se<strong>in</strong>e Mittelmeerluft<br />

atmenden, explosiven und hochemotionalen<br />

symphonischen Dichtungen bekannt,<br />

mit denen er se<strong>in</strong>e Zuhörer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Heimat<br />

entführt: Die P<strong>in</strong>ien von Rom, Römische<br />

Feste, Römische Brunnen...<br />

Der Kammermusikliebhaber kann sich<br />

nun auf die großen Gefühle Respighis im<br />

kammermusikalischen Format freuen, auf<br />

französischen Grand Salon – made <strong>in</strong><br />

Italy – und auf vollblütige Novecento-<br />

Adaptionen alter italienischer Meister.<br />

In den beiden Münchner Künstlern hat<br />

das aufstrebende Leipziger Label GENUIN<br />

berufene Anwälte für die ungeme<strong>in</strong> farbige<br />

und anspruchsvolle Musik Respighis<br />

gefunden, die mit Detailgenauigkeit und<br />

Weitblick zu Werke gehen. Es bleibt<br />

jedem Hörer selbst überlassen, ob er den<br />

großen, spätromantischen Sonaten oder<br />

den liebevollen Barock-Bearbeitungen<br />

Respighis den Vorzug gibt. Hörenswert<br />

s<strong>in</strong>d sie alle!<br />

Théodore Dubois (1837-1924)<br />

Remember – Werke<br />

für Viol<strong>in</strong>e und Klavier<br />

Stépanie-Marie Degand, Viol<strong>in</strong>e<br />

Laurent Mart<strong>in</strong>, Klavier<br />

LID 030219709 / Ligia Digital<br />

3487549901970<br />

Dubois? Noch vor 15 Jahren galten als<br />

Vertreter der französischen Romantik<br />

nahezu ausschließlich Berlioz, Gounod<br />

und Massenet. Erst allmählich gerieten<br />

andere Komponisten wieder <strong>in</strong>s Rampenlicht,<br />

wie Guiraud, Rabaud, Pierné und<br />

eben Dubois. Théodore Dubois studierte<br />

am Pariser Conservatoire bei Anto<strong>in</strong>e<br />

François Marmontel, François Baz<strong>in</strong>,<br />

François Benoist und Ambroise Thomas.<br />

Er war 1861 Rompreisträger, ab 1855<br />

Organist des Invalidendomes und wurde<br />

1859 Chordirigent an Sa<strong>in</strong>te-Clotilde,<br />

während dort César Franck die große<br />

Orgel spielte. 1877 bis 1896 wirkte er als<br />

Organist an der Madele<strong>in</strong>e. Seit 1871 war<br />

er Harmonielehrer, seit 1896 Direktor<br />

des Conservatoire. Dubois schuf großartige<br />

Werke im romantischen S<strong>in</strong>n, die<br />

dabei doch erstaunlich modern wirken.<br />

Spätromantik<br />

entdeckt Moderne<br />

Se<strong>in</strong>e Neigung zu Dissonanzen und<br />

Betonung des Rhythmischen teilt er mit<br />

se<strong>in</strong>em deutschen Kollegen Max Bruch <strong>in</strong><br />

diesen hier vorgestellten Werken, die um<br />

1915 entstanden. E<strong>in</strong>e wichtige Wiederentdeckung<br />

französischer Spätromantik.<br />

Franz Schubert<br />

Qu<strong>in</strong>tett A-Dur „Die Forelle”<br />

D 667 op. 114<br />

Robert Schumann<br />

Klavierqu<strong>in</strong>tett Es-Dur op. 44<br />

Carm<strong>in</strong>a Quartett<br />

Kyoko Tabe – Petru Iuga<br />

SM 133 / Solo Musica<br />

Diese E<strong>in</strong>spielung konnte <strong>in</strong> 2008<br />

bereits den „Record Academy Award <strong>of</strong><br />

Japan”, vergleichbar mit dem amerikanischen<br />

Grammy, <strong>in</strong> der Kategorie Kammermusik<br />

gew<strong>in</strong>nen.<br />

Das Jahr 1842 gilt als das „kammermusikalische<br />

Jahr“ Schumanns. Geme<strong>in</strong>sam<br />

mit se<strong>in</strong>er Frau Clara studiert Schumann<br />

Streichquartett-Partituren von<br />

Mozart und Haydn am Klavier. Er fühlte<br />

sich aber damals noch nicht fähig, durch<br />

eigene Werke Ebenbürtiges zu schreiben.<br />

E<strong>in</strong>mal begonnen, arbeitete Schumann<br />

unermüdlich und vollendete zwischen<br />

dem 2. Juni und dem 22. Juli die drei<br />

Streichquartette op. 41. Die daraus<br />

gewonnene Erfahrung im Umgang mit den<br />

Streich<strong>in</strong>strumenten, bewog ihn dazu im<br />

September dem Streichquartett se<strong>in</strong> ihm<br />

so vertrautes Instrument, das Klavier, an<br />

die Seite zu stellen. Damit begab er sich<br />

auf kompositorisches Neuland. Ke<strong>in</strong><br />

bedeutender Komponist zuvor hatte sich<br />

an dieser Komb<strong>in</strong>ation versucht. Bei dem<br />

zweiten Werk dieser E<strong>in</strong>spielung, Schuberts<br />

Forellenqu<strong>in</strong>tett, steht das Melodische<br />

ganz im Zentrum. Weit weniger aufgewühlt<br />

als die beiden anderen, mit Liedkompositionen<br />

Schuberts verbundenen<br />

Werke, die „Wanderer-Phantasie“ C-Dur<br />

für Klavier und das d-Moll-Streichquartett<br />

„Der Tod und das Mädchen“, widerspiegelt<br />

es e<strong>in</strong>e der heitersten Zeitspannen<br />

Franz Schuberts. Es ist voll von wunderbarer<br />

Musizierlust und Heiterkeit, ohne je<br />

an Ernsthaftigkeit zu verlieren.<br />

Die „F<strong>in</strong>ancial Times“ reihte die Formation<br />

als e<strong>in</strong>e der führenden Streichquartette<br />

dieser Zeit e<strong>in</strong>. Das Quartett<br />

erhielt viele renommierten Auszeichnungen<br />

für se<strong>in</strong>e CD-E<strong>in</strong>spielungen.<br />

AUSGABE 2009/1 25<br />

Joseph Wölfl (1773-1812)<br />

Streichquartett <strong>in</strong> C-Dur<br />

(Op. 30 Nr. 2)<br />

Streichquartett <strong>in</strong> D-Dur<br />

(Op. 30 Nr. 3)<br />

Streichquartett <strong>in</strong> Es-Dur<br />

(Op. 30 Nr. 1)<br />

Pratum Integrum Orchestra Soloists<br />

CM 0032006 / Caro Mitis<br />

(SACD hybrid) / 4607062130308<br />

Wölfl, e<strong>in</strong>st populärer Komponist und<br />

Pianist, stammte aus Salzburg. In se<strong>in</strong>er<br />

Vaterstadt wurde er von Leopold Mozart<br />

und Michael Haydn ausgebildet. Mit<br />

Beethoven lieferte er sich <strong>in</strong> Wien zur<br />

Freude des Publikums lebhafte Zweikämpfe<br />

als Pianist, als Komponist beherrschte<br />

er meisterhaft alle Genres und<br />

tat sich durch die Vielfalt se<strong>in</strong>er Stilistik<br />

hervor. E<strong>in</strong>e Europatournee führte ihn<br />

1801 nach Paris, wo er gleich mehrere<br />

Jahre lang als gefeierter Pianist blieb (er<br />

wurde als „aufregendster Pianist Europas“<br />

bezeichnet).<br />

Werke e<strong>in</strong>es Überfliegers<br />

Nach nicht näher geklärten „Unregelmäßigkeiten“<br />

musste er 1805 Paris überstürzt<br />

verlassen; se<strong>in</strong> weiterer Lebensweg<br />

bleibt im Dunkeln. Schließlich landete er<br />

<strong>in</strong> London, wo se<strong>in</strong>e Karriere allerd<strong>in</strong>gs<br />

nicht mehr sehr erfolgreich verlief. Er<br />

starb unerwartet mit nur 39 Jahren im<br />

denkwürdigen Jahr 1812, das die Alte<br />

Welt erschütterte und als Scheidepunkt<br />

der Epochen angesehen wird – als ob er<br />

es vorgezogen hätte, im 18. Jahrhundert<br />

zu bleiben. Von se<strong>in</strong>en 18 Streichquartetten<br />

wurden für diese SACD drei frische,<br />

orig<strong>in</strong>elle Werke aus dem Jahr 1805 ausgewählt.


Im Blickpunkt<br />

Kammermusik<br />

Conlon Nancarrow (1912-1997)<br />

Ausgewählte Studien arrangiert für<br />

Bläserqu<strong>in</strong>tett von Raaf Hekkema<br />

Calefax Reed Qu<strong>in</strong>tet<br />

Ivo Janssen, Klavier<br />

MDG 619 1548-2<br />

Das Player Piano lebt! Diesmal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Arrangement für Bläserqu<strong>in</strong>tett und Klavier:<br />

Conlon Nancarrow komponierte Mitte des<br />

20. Jahrhunderts fast immer für die Rolle,<br />

weil er glaubte, ke<strong>in</strong> Mensch könne se<strong>in</strong>e<br />

Musik je live spielen. Das niederländische<br />

Ensemble Calefax belehrt den US-Amerikaner<br />

mit e<strong>in</strong>er Aufnahme von 14 se<strong>in</strong>er<br />

„Studies“ postum e<strong>in</strong>es Besseren: Niemals<br />

zuvor haben die musikalischen Experimente<br />

Nancarrows so geklungen wie <strong>in</strong><br />

dieser Version des Saxophonisten Raaf<br />

Hekkema. Versprochen!<br />

Rollentausch<br />

Conlon Nancarrow stanzte se<strong>in</strong>e Werke<br />

eigenhändig <strong>in</strong>s Papier. E<strong>in</strong> Notenblatt<br />

haben se<strong>in</strong>e Studies nie gesehen, bevor sie<br />

erstmals auf dem Pianola erklangen. Die<br />

aktuelle Calefax-E<strong>in</strong>spielung haben wir dem<br />

niederländischen Hornisten und Musikmanager<br />

Jan Wolff zu verdanken, e<strong>in</strong>em<br />

glühenden Verehrer von Nancarrows Musik.<br />

Nach erfolgreicher Premiere im Beise<strong>in</strong><br />

des Komponisten war der Damm gebrochen<br />

und Calefax arrangierte <strong>in</strong> der<br />

Folge e<strong>in</strong> gutes Dutzend Player-Piano-Werke<br />

von Nancarrow für Bläserqu<strong>in</strong>tett und<br />

Klavier, die erst vor kurzem bei Wolffs Abschiedsfeier<br />

als Muziekgebouw-Direktor<br />

<strong>in</strong> Amsterdam (ur)aufgeführt wurden.<br />

Das Rohrblatt-Qu<strong>in</strong>tett Calefax ist auf<br />

allen Bühnen dieser Welt zu Hause. In<br />

mehr als 600 Konzerten haben die Musiker<br />

mit viel Humor und Erfolg ihr breites<br />

und garantiert immer spezielles Repertoire<br />

präsentiert, wobei sie sich auf ke<strong>in</strong>e<br />

etablierte Rolle festlegen: Man präsentiert<br />

Alte Musik bis zu den Klassikern ebenso<br />

ungebremst, wie Jazz und zeitgenössische<br />

Kompositionen <strong>in</strong> Orig<strong>in</strong>al und bisweilen<br />

aberwitzigsten Arrangements. Hochvirtuos<br />

und immer fe<strong>in</strong>st geblasen …<br />

Streich<strong>in</strong>strumente<br />

Elgar, Ravel, Sibelius,<br />

Vaughan Williams u.a.<br />

Homage<br />

Ehrung von 12 Meisterexemplaren<br />

der Geigenbaukunst<br />

James Ehnes, Eduard Laurel<br />

ONYX 4038<br />

Auf se<strong>in</strong>er neuesten CD „Homage“ erweist<br />

der Geiger James Ehnes, Grammyund<br />

Gramophone Award Gew<strong>in</strong>ner im Jahr<br />

2008, den berühmtesten Geigenbauern der<br />

Welt se<strong>in</strong>e Referenz. Im Mittelpunkt dieses<br />

außergewöhnlichen Projektes stehen <strong>in</strong>sgesamt<br />

12 der bedeutendsten jemals hergestellten<br />

Viol<strong>in</strong>en und Violas. Die wertvollen<br />

Exemplare von Stradivari, Guarneri,<br />

da Salò und Guadagn<strong>in</strong>i stammen ohne Ausnahme<br />

aus der Fulton Collection, der wichtigsten<br />

Privatsammlung der Welt. So konnte<br />

man beispielsweise noch nie Stradivaris<br />

La Pucelle bisher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Aufnahme<br />

hören und Guarneris Lord Wilton war das<br />

letze Instrument von Yehudi Menuh<strong>in</strong>.<br />

James Ehnes präsentiert e<strong>in</strong>e sorgfältig<br />

zusammen gestellte Auswahl von 21 Musikstücken<br />

und zeigt an ihnen die Charakteristika<br />

und Vorzüge des jeweils verwendeten<br />

Instruments. Abgerundet wird das<br />

Programm durch zwei Bonus-Tracks, auf<br />

denen jedes Instrument mit dem gleichen<br />

Ausschnitt aus e<strong>in</strong>em Stück zu hören ist.<br />

E<strong>in</strong>e wunderbare Gelegenheit, die klanglichen<br />

Qualitäten der e<strong>in</strong>zelnen Instrumente<br />

mite<strong>in</strong>ander zu vergleichen.<br />

Die beigefügte DVD be<strong>in</strong>haltet die<br />

vollständige Aufführung der Werke sowie<br />

Interviews, <strong>in</strong> denen mehr über die<br />

Instrumente selbst, die Wichtigkeit des<br />

Bogens, Ehnes’ Beziehung zur Fulton<br />

Collection und über die Vorbereitungen<br />

zur Aufnahme zu erfahren ist. Von der<br />

DVD sagt Ehnes selber, dass sie für jeden<br />

Liebhaber großartiger Instrumente<br />

sehens- und natürlich auch hörenswert<br />

ist. David Fulton berichtet über se<strong>in</strong>e Leidenschaft<br />

diese Seltenheiten zu sammeln<br />

und warum er se<strong>in</strong>e Kostbarkeiten James<br />

Ehnes anvertraut und dass er ihn mit<br />

David Oistrach vergleicht.<br />

26 AUSGABE 2009/1<br />

Johann Sebastian Bach<br />

6 Sonaten & Partiten<br />

Viktoria Mullova<br />

ONYX 4040<br />

Als „Eiskönig<strong>in</strong>“ wurde sie schon bezeichnet<br />

– die russische Geiger<strong>in</strong> Viktoria<br />

Mullova, deren Spiel so gar nicht russisch<br />

anmutet. Seit e<strong>in</strong>igen Jahren beschäftigt sie<br />

sich <strong>in</strong>tensiv mit Barockmusik, hat zuletzt<br />

mit Ottavio Dantone Bach-Sonaten und<br />

mit Il Giard<strong>in</strong>o Armonico unter Giovanni<br />

Anton<strong>in</strong>i Vivaldi-Konzerte e<strong>in</strong>gespielt.<br />

Viktoria Mullova ist es hier auf bee<strong>in</strong>druckende<br />

Weise gelungen, ihre ausgereifte<br />

Technik, die sie auf der modernen<br />

Geige besitzt, auf ihr barockes Spiel zu<br />

übertragen. Wie selbstverständlich spielt sie<br />

ihre mit Darmsaiten bespannte Guadagn<strong>in</strong>i<br />

(1750) mit e<strong>in</strong>em barocken Bogen.<br />

Barockmusik ganz ohne Vibrato zu<br />

spielen, lehnt Mullova dagegen strikt ab:<br />

Sie setzt das Vibrato sehr gezielt e<strong>in</strong>, differenziert<br />

es <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Art, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schnelligkeit<br />

und Weite. Der Kritik entgegnet sie<br />

selbstbewusst: „Man kann so viele unterschiedliche<br />

Sachen machen mit verschiedenen<br />

Vibratos. Und es gab e<strong>in</strong>e Zeit, da<br />

hat man jede Note mit viel Vibrato<br />

gespielt, dann gab es e<strong>in</strong>e Phase, wo man<br />

Vibrato nur als Farbe nutzte. Es stimmt<br />

e<strong>in</strong>fach nicht, dass man Barockmusik<br />

ohne Vibrato womöglich schief spielt. Das<br />

war immer das, was die modernen Musiker<br />

über authentisches Spiel gesagt haben.“<br />

Nach ihrer Aufnahme von drei Partiten<br />

Anfang der 1990er Jahre auf e<strong>in</strong>er<br />

modernen Geige für Philips präsentiert<br />

Viktoria Mullova nun für Onyx e<strong>in</strong>e Gesamtaufnahme<br />

sämtlicher Sonaten und<br />

Partiten Bachs auf zwei CDs. Mullovas<br />

Spiel überzeugt e<strong>in</strong>mal mehr durch e<strong>in</strong>en<br />

schlanken Klang mit sparsamem, klug<br />

e<strong>in</strong>gesetztem Vibrato und e<strong>in</strong>en differenzierten,<br />

beweglichen Ton ohne jede<br />

Schwere.<br />

Ligeti, Bloch, Britten<br />

Solosonaten<br />

Walton Cello Konzert<br />

Pieter Wispelwey<br />

Jeffrey Tate, Sydney Symphony<br />

ONYX 4042<br />

Neben der außergewöhnlichen technischen<br />

Meisterschaft se<strong>in</strong>es Cellospiels ist<br />

es vor allem se<strong>in</strong> persönlicher und unverkennbarer<br />

Interpretationsansatz, der ihn<br />

auszeichnet. Darüber h<strong>in</strong>aus ist Wispelwey<br />

e<strong>in</strong>er der ganz wenigen Cellisten se<strong>in</strong>er<br />

Generation, der sich sowohl der historischen<br />

Aufführungspraxis als auch der<br />

Interpretation der jüngsten Celloliteratur<br />

widmet. So reicht denn se<strong>in</strong> Repertoire<br />

dementsprechend auch von Johann<br />

Sebastian Bach bis h<strong>in</strong> zu Elliott Carter.<br />

Knapp 20 CDs hat Wispelwey seit<br />

Anfang der 1990er Jahre für das holländische<br />

Label Channel aufgenommen und<br />

dafür viel Kritikerlob und höchste Auszeichnungen<br />

(Diapason d’or, Gramophones<br />

Editor’s Choice usw.) geerntet. Die<br />

vorliegende Aufnahme nun markiert den<br />

Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er längerfristig angelegten<br />

Zusammenarbeit von Wispelwey mit dem<br />

Label Onyx. Im Mittelpunkt steht das Cellokonzert<br />

von William Walton, das Wispelwey<br />

auf se<strong>in</strong>em Guadagn<strong>in</strong>i-Cello<br />

(1760) spielt. Werke für Cello solo von<br />

Bloch, Britten und Ligeti, für die Wispelwey<br />

auf e<strong>in</strong> Stradivarius-Cello (1698)<br />

zurückgreift, runden das Programm ab.


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Tasten<strong>in</strong>strumente<br />

Wolfgang Amadeus Mozart<br />

Sämtliche Clavierwerke Vol. 9<br />

Siegbert Rampe<br />

Cembalo und Hammerklavier<br />

MDG 341 1309-2<br />

Rampes historisch <strong>in</strong>formierter Ansatz,<br />

se<strong>in</strong>e im Stil der Zeit ergänzten Verzierungen<br />

und quasi improvisierte Ausschmückungen<br />

bei Wiederholungen machen<br />

neben dem Gebrauch der Instrumente<br />

der Mozart-Zeit den besonderen<br />

Reiz dieser auch klanglich überzeugenden<br />

E<strong>in</strong>spielung aus.<br />

Überflieger<br />

Siegbert Rampe und das Aufnahmeteam<br />

von MDG mussten bis nach<br />

Tempe/Arizona reisen, um den klaren<br />

Klang des Hammerclaviers e<strong>in</strong>zufangen,<br />

das 1992 <strong>in</strong> der Werkstatt von Barbara und<br />

Thomas Wolf <strong>in</strong> Wash<strong>in</strong>gton D.C. nach<br />

e<strong>in</strong>em Vorbild des Wiener Clavierbaumeisters<br />

Johann Schantz entstanden ist.<br />

Auf dem mit Jalousieschweller (!) und<br />

e<strong>in</strong>em „Mach<strong>in</strong>e Stop“-Pedal zum Umregistrieren<br />

während des Spiels ausgestatteten<br />

Shudi-Cembalo präsentiert Rampe<br />

e<strong>in</strong>e klanglich extrem spannende Version<br />

der zwölf Variationen KV 265 (300e) über<br />

„Morgen kommt der Weihnachtsmann“.<br />

Wer am historischen Klangbild von<br />

Mozarts Werken für Tasten<strong>in</strong>strumente<br />

<strong>in</strong>teressiert ist, wird an Siegbert Rampes<br />

stets klugen, stilsicheren und <strong>of</strong>t mitreißenden<br />

Interpretationen nicht vorbeikommen.<br />

AUSGABE 2009/1 27<br />

Player Piano 8<br />

Michael Denh<strong>of</strong>f (*1955)<br />

12 Inventionen op. 88<br />

Candenabbiaer Glockenbuch op. 78a<br />

Bösendorfer Grand Piano und<br />

Fischer Grand Piano mit<br />

Ampico Selbstspiel-Mechanik<br />

MDG 645 1408-2<br />

Noch nie hat e<strong>in</strong> Komponist nach Nancarrow<br />

so umfangreich zeitgenössische Kompositionen<br />

fürs Selbstspielklavier ersonnen und zur Aufführung<br />

gebracht. Der heute <strong>in</strong> Bonn lebende<br />

Michael Denh<strong>of</strong>f hat zwei Dutzend Inventionen<br />

und Etüden geschrieben und auf den liebevoll<br />

restaurierten Orig<strong>in</strong>al-Instrumenten von Jürgen<br />

Hocker als Vol. 8 der Player-Piano-Reihe bei<br />

MDG e<strong>in</strong>gespielt.<br />

Die enormen technischen Möglichkeiten<br />

der Ampico-Selbstspielmechanik werden von<br />

Komponisten seit 90 Jahren genutzt. Zuerst überschritten<br />

Straw<strong>in</strong>sky, H<strong>in</strong>demith, Casella u. a. die<br />

Grenzen der manuellen Spielbarkeit. Dann sorgte<br />

Nancarrow mit se<strong>in</strong>en extravaganten auf Lochstreifen<br />

gestanzten Studies für Furore: Wir er<strong>in</strong>nern<br />

uns an vielstimmige Triller und unwirkliche<br />

Klangorkane mit 100 Anschlägen pro<br />

Sekunde… Die Wiedergabe kompliziertester<br />

Metren und Rhythmen <strong>in</strong> absoluter Präzision<br />

sowie e<strong>in</strong>e stufenlose Dynamik von pp bis ff<br />

s<strong>in</strong>d weitere Vorteile des um 1920 hervorragend<br />

ausgereiften Ampico-Systems, das <strong>in</strong> dieser<br />

ambitionierten MDG-Reihe e<strong>in</strong> lebendiges Denkmal<br />

erhält.<br />

In bewusster Anlehnung an J.S. Bach gab<br />

Denh<strong>of</strong>f se<strong>in</strong>en Werken den Titel „Inventionen“,<br />

weil sie dessen kontrapunktische Techniken<br />

nutzen und erweitern. Der Gesamtzyklus umfasst<br />

zwölf Stücke für zwei Player Pianos. Jede „Invention“<br />

hat dabei ihr eigenes, unverwechselbares<br />

Gesicht – von der E<strong>in</strong>- bis zur Zwölfstimmigkeit.<br />

E<strong>in</strong> Aufenthalt am Comer See verhalf Michael<br />

Denh<strong>of</strong>f zu e<strong>in</strong>er weiteren Idee: Die seit Ewigkeiten<br />

ungleich gestimmten Glocken zweier entfernt<br />

stehender Kirchen fasz<strong>in</strong>ierten ihn so sehr,<br />

dass daraus die 13 Etüden se<strong>in</strong>es Cadenabbiaer<br />

Glockenbuchs entstanden, die er dann zu e<strong>in</strong>er<br />

speziellen Fassung für zwei Selbstspielklaviere<br />

umarbeitete.<br />

2 SACDs<br />

Leonard Bernste<strong>in</strong><br />

MASS<br />

R. Scarlata, Kristjan Järvi,<br />

Tölzer Knabenchor,<br />

Tonkünstler-Orchester,<br />

Absolute Ensemble,<br />

Chorus s<strong>in</strong>e nom<strong>in</strong>e,<br />

Company <strong>of</strong> Music<br />

Codaex Deutschland GmbH<br />

Landsberger Straße 492<br />

81241 München<br />

<strong>in</strong>fode@codaex.com<br />

CHSA 5070


Im Blickpunkt<br />

Orgel<br />

Olivier Messiaen (1908-1992)<br />

Sämtliche Orgelwerke<br />

Hans-Ola Ericsson<br />

BIS-CD-1770<br />

7318591770725<br />

Olivier Messiaens Bedeutung für die<br />

Orgelmusik des 20. Jahrhunderts beschreiben<br />

zu wollen, hieße Eulen nach<br />

Athen tragen. Der eigenwillige Organist<br />

und Komponist hat Musik geschrieben,<br />

die sich jeder Kategorisierung entzieht.<br />

Modale Tonarten des Mittelalters treffen<br />

bei ihm auf <strong>in</strong>dische Rhythmen, dazwischen<br />

rufen die Vögel, deren Gesang<br />

Messiaen zeitlebens fasz<strong>in</strong>ierte... Zwischen<br />

1989 und 1992 hatte Hans-Ola<br />

Ericsson sich diesem e<strong>in</strong>zigartigen Schaffen<br />

bereits gewidmet. Damals spielte er<br />

die großen, bekannten Werke an der Grönlund-Orgel<br />

<strong>in</strong> der Kathedrale von Lulea <strong>in</strong><br />

Schweden e<strong>in</strong>. Die mehrfach prämierten<br />

Aufnahmen entstanden nach ausgiebigster<br />

Absprache mit dem Komponisten und<br />

können daher als autorisiert gelten.<br />

Denkmal für e<strong>in</strong>en<br />

Eigenwilligen<br />

Die Box enthält darüber h<strong>in</strong>aus Erste<strong>in</strong>spielungen<br />

dreier posthum zugänglich<br />

gewordener Werke aus den 1920er Jahren<br />

(Monodie, Offrande au Sa<strong>in</strong>t Sacrement<br />

und Prélude), die Ericsson an der<br />

2006 von Gerald Woehl <strong>in</strong> der Kathar<strong>in</strong>enkirche<br />

von Oppenheim erbauten Orgel<br />

vornahm. E<strong>in</strong> 232seitiges Booklet <strong>in</strong>formiert<br />

ausführlich über alle Aspekte der<br />

Werke und das Leben des Komponisten.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus gibt es noch Aufnahmen<br />

der Vogelrufe, wie sie <strong>in</strong> Messiaens Orgelmanuskripten<br />

aufgezeichnet s<strong>in</strong>d.<br />

Klavier<br />

Morton Feldman (1926-1987)<br />

Späte Klavierwerke Vol. 2<br />

For Bunita Marcus<br />

Steffen Schleiermacher, Klavier<br />

MDG 613 1522-2<br />

Die Serie mit den späten Klavierwerken<br />

von Morton Feldman gew<strong>in</strong>nt an Kontur.<br />

Das Werk der 2. Folge ist Bunita Marcus,<br />

Feldmans Schüler<strong>in</strong> und über viele Jahre<br />

engste Vertraute, gewidmet.<br />

Opulent wirken die Kompositionen von<br />

Morton Feldman eigentlich nie. M<strong>in</strong>utenlang<br />

operiert der Künstler mit wenigen<br />

E<strong>in</strong>zeltönen, die er immer wieder <strong>in</strong> ihrer<br />

Reihenfolge, ihrem Rhythmus und auch<br />

<strong>in</strong> ihren Oktavlagen austauscht. Wirkliche<br />

Akkorde tauchen <strong>in</strong> diesem gut 70 M<strong>in</strong>uten<br />

langen Werk erst spät auf. Dafür überraschen<br />

vere<strong>in</strong>zelte w<strong>in</strong>zige Störmomente<br />

die Zuhörer: Wie e<strong>in</strong> Schatten huscht h<strong>in</strong><br />

und wieder e<strong>in</strong> schnelles Motiv vorüber,<br />

das die verme<strong>in</strong>tlich strahlende „Idylle“<br />

stets als gefährdet und <strong>in</strong>stabil entlarvt.<br />

Lichtgestalt<br />

Feldman lässt Motive und Klänge<br />

se<strong>in</strong>er Musik immer wieder <strong>in</strong> anderem<br />

Licht ersche<strong>in</strong>en. Se<strong>in</strong>e Nähe zur Malerei<br />

ist hierbei <strong>of</strong>fenkundig: Mondrian,<br />

Rothko und Pollock liefern ihm Ideen<br />

und Claude Monet ist für Feldman der<br />

erste Maler, „der <strong>in</strong>s Licht geschaut hat<br />

… bei den Klängen ist es genauso – sie<br />

überlagern sich.“<br />

Steffen Schleiermacher arbeitet seit<br />

1988 als freischaffender Komponist und<br />

<strong>in</strong>ternational gefeierter Pianist. Er hat<br />

sich ausschließlich auf die Musik des<br />

20. und 21. Jahrhunderts spezialisiert<br />

und gilt als e<strong>in</strong>er der wichtigsten Neue-<br />

Musik-Interpreten unserer Zeit. Se<strong>in</strong>e<br />

klug disponierte Gesamtdiskographie –<br />

auch als Leiter des Ensemble Avantgarde<br />

– zeichnet exemplarisch e<strong>in</strong> fasz<strong>in</strong>ierendes<br />

Bild der aktuellen Musikströmungen.<br />

28 AUSGABE 2009/1<br />

Frédéric Chop<strong>in</strong><br />

Klaviersonaten Nr 2 & 3,<br />

2 Nocturnes, Berceuse u.a.<br />

Marc-André Hamel<strong>in</strong><br />

CDA 67706 / Hyperion<br />

Se<strong>in</strong>e ungeheuren technischen Fähigkeiten<br />

verbunden mit orig<strong>in</strong>ärer Musikalität<br />

und überquellender <strong>in</strong>terpretatorischer<br />

Phantasie haben den franko-kanadischen<br />

Pianisten Marc-André Hamel<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

den letzten Jahren <strong>in</strong> die Riege der führenden<br />

<strong>in</strong>ternationalen Klaviervirtuosen<br />

aufsteigen lassen. Neben exotischer, vergessener<br />

oder kaum spielbarer Klavierliteratur<br />

widmet er sich auch immer wieder<br />

dem gängigem Klavierrepertoire,<br />

zuletzt Haydn, Brahms oder Schumann.<br />

Auf se<strong>in</strong>er neuesten Aufnahme <strong>in</strong>terpretiert<br />

Hamel<strong>in</strong> erstmals jenen Komponisten,<br />

dessen Name untrennbar mit der<br />

Entwicklung des modernen Klavierspiels<br />

verbunden ist: Frédéric Chop<strong>in</strong> (1810-<br />

1849). Im Zentrum stehen die Klaviersonaten<br />

Nr. 2 und 3, Klassiker der romantischen<br />

Klaviermusik, abgerundet wird<br />

das Programm durch e<strong>in</strong>ige von Chop<strong>in</strong>s<br />

schönsten M<strong>in</strong>iaturen. Hamel<strong>in</strong>s pianistischen<br />

Fähigkeiten kommen bei Chop<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>mal mehr e<strong>in</strong>drucksvoll zur Geltung:<br />

Die kraftvollen Passagen gestaltet er impulsiv<br />

und energiegeladen, wunderbar<br />

warmherzig und e<strong>in</strong>fühlsam dagegen die<br />

lyrischen Momente, und die technisch<br />

anspruchsvollen Passagen meistert er<br />

mit e<strong>in</strong>er unvergleichlichen Brillanz und<br />

Leichtigkeit.<br />

In e<strong>in</strong>em Interview erklärte er se<strong>in</strong> Verständnis<br />

von Virtuosität, als die erhöhte<br />

Form des Gebrauches aller Mittel, die e<strong>in</strong>em<br />

Künstler zur Verfügung stehen, um e<strong>in</strong>e<br />

Konzeption umzusetzten. Leider bedeute<br />

es für die meisten nur Geschw<strong>in</strong>digkeit.<br />

Angesprochen auf die Auswahlkriterien<br />

se<strong>in</strong>es Repertoires erzählt er von se<strong>in</strong>er<br />

Leidenschaft, Musik zu sammeln, von<br />

se<strong>in</strong>em riesigen Fundus aus Bibliotheken,<br />

von Musikliebhabern, genug, um zehn<br />

Leben damit zu verbr<strong>in</strong>gen alles durchzuhören,<br />

zu spielen.<br />

Theodor Leschetizky (1830-1915)<br />

Klavierkonzert, Klavierwerke<br />

Hubert Rutkowski, Klavier<br />

Rzeszów Philharmonic Orchestra,<br />

Tomasz Chmiel<br />

AP 0191 / Acte Prealable<br />

5902634751912<br />

Leschetizky war Ende des 19. Jahrhunderts<br />

e<strong>in</strong>er der bedeutendsten europäischen<br />

Musiker. Insbesondere als<br />

Pädagoge wurde er berühmt; er hat be<strong>in</strong>ahe<br />

2000 Pianisten ausgebildet. Zu se<strong>in</strong>en<br />

Schülern gehörten u.a. Artur Schnabel,<br />

Ignacy Jan Paderewski, Henryk Melcer,<br />

Ingacy Friedman, Miecyslaw Horszowski,<br />

Benno Moiseiwitsch, Elly Ney, Paul<br />

Wittgenste<strong>in</strong>... die Reihe ließe sich endlos<br />

fortsetzen. Und auch die führenden Pianisten<br />

des 20. Jahrhunderts s<strong>in</strong>d letztlich<br />

Nachfolger der Leschetizky-Schule, darunter<br />

Sviatoslav Richter, Vladimir Horowitz,<br />

Sergei Prok<strong>of</strong>iev, Alexander Scriab<strong>in</strong>,<br />

Van Cliburn wie auch John Cage.<br />

Der Übervater des<br />

Klaviers<br />

1862 hatte Leschetizky zusammen mit<br />

Anton Rub<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Musikkonservatorium<br />

<strong>in</strong> St. Petersburg gegründet. 1878 ließ<br />

er sich <strong>in</strong> Wien nieder und widmete sich<br />

privatem Unterrichten und Komponieren.<br />

Das letzte Mal trat er konzertierend 1887<br />

<strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong> auf. Er starb 1915<br />

<strong>in</strong> Dresden. Se<strong>in</strong> künstlerisches Erbe<br />

umfasst über 50 Werke, darunter Klavierwerke,<br />

das hier e<strong>in</strong>gespielte Klavierkonzert<br />

und zwei Opern. Paderewski und<br />

Essip<strong>of</strong>f hatten viele se<strong>in</strong>er Kompositionen<br />

im Repertoire. Se<strong>in</strong>e Werke erfreuten<br />

sich generell großer Beliebtheit und wurden<br />

weltweit aufgeführt, gerieten dann<br />

aber <strong>in</strong> Vergessenheit. Hier s<strong>in</strong>d echte<br />

Entdeckungen zu machen.


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Klavier mit Orchester<br />

Ludwig van Beethoven<br />

Klavierkonzerte Nr. 1 & 2<br />

Kent Nagano<br />

Mari Kodama<br />

Deutsches Symphonie-Orchester<br />

Berl<strong>in</strong><br />

AN 2 9955 / Analekta<br />

Mari Kodama zählt Dank ihrer großen<br />

Musikalität und ausdrucksvollen Virtuosität<br />

zu den <strong>in</strong>teressantesten Pianist<strong>in</strong>nen<br />

ihrer Generation. Ihre Fähigkeit, dem<br />

Klavier sche<strong>in</strong>bar anstrengungslos e<strong>in</strong>e bee<strong>in</strong>druckende<br />

Klangfülle zu entlocken und<br />

e<strong>in</strong>en ebenso warmen wie lyrischen Ton zu<br />

erzeugen, sowie ihre begeisternde technische<br />

Brillanz gehören zu den herausragenden<br />

Eigenschaften ihres Musizierens.<br />

In Osaka geboren, lebt Mari Kodama<br />

seit ihrer Jugend <strong>in</strong> Europa. Sie studierte<br />

Klavier am Pariser Musikkonservatorium<br />

und setzte später ihre Ausbildung bei renommierten<br />

Pianisten wie Murray Perahia,<br />

Andras Schiff und Tatiana Nikolaeva fort.<br />

Heute ist Mari Kodama regelmäßig Gast<br />

der großen Orchester <strong>in</strong> Japan, Europa<br />

und den USA und tritt <strong>in</strong> den wichtigsten<br />

Konzertsälen der Welt und bei führenden<br />

Festivals auf.<br />

Für das Label PentaTone spielt sie<br />

gerade e<strong>in</strong>e Gesamtaufnahme der Klaviersonaten<br />

Beethovens e<strong>in</strong>. Die ersten Folgen<br />

wurden von der Presse begeistert aufgenommen,<br />

e<strong>in</strong> Rezensent etwa schrieb, ihre<br />

„Appassionata“ sei „noch feuriger als die<br />

Poll<strong>in</strong>is“. Beethoven – hier nun die ersten<br />

beiden Klavierkonzerte – steht auch im<br />

Mittelpunkt des vorliegenden Programms.<br />

Begleitet wird sie von ihrem Mann<br />

Kent Nagano am Pult des Deutschen Symphonie-Orchesters<br />

Berl<strong>in</strong>. Die Aufnahme,<br />

entstanden im Juni 2006, bildet zugleich<br />

den Abschluss e<strong>in</strong>er äußerst erfolgreichen<br />

Zusammenarbeit: Nagano hatte<br />

von 2000 bis 2006 als Chefdirigent und<br />

künstlerischer Leiter dem Orchester<br />

voran gestanden und war – als Ausdruck<br />

der Verbundenheit – von den Musikern<br />

zum Ehrendirigenten ernannt worden.<br />

Orchester<br />

Märsche von Jakob Pazeller<br />

Blasorchester der ungarischen Armee<br />

Tibor Kovács, János Pontok, Zsolt<br />

Csizmadia<br />

HCD 16887 / Hungaroton<br />

5991811688721 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />

Pazeller (1869-1957) wirkte zunächst<br />

<strong>in</strong> Wien als Konzertmeister im Orchester<br />

von Friedrich Strauss; mit 26 Jahren war<br />

er bereits Dirigent am Carl-Theater. 1896<br />

trat er <strong>in</strong> die k.u.k. Armee e<strong>in</strong> und wurde<br />

so Militärkapellmeister der Österreich-<br />

Ungarischen Donaumonarchie.<br />

Aus Kaisers<br />

Zeiten<br />

In den Sommermonaten gehörte es<br />

zu se<strong>in</strong>en Aufgaben, im namhaften Kurort<br />

Herkulesbad (südliche Grenzregion<br />

Siebenbürgens) die Kurgäste zu unterhalten.<br />

Hier schrieb er 1903 den Walzer<br />

„Souvenir de Herkulesbad“, der ihm<br />

<strong>in</strong>nerhalb kürzester Zeit Weltruhm e<strong>in</strong>trug.<br />

In Anerkennung se<strong>in</strong>er Erfolge<br />

wurde er nach Budapest versetzt, wo<br />

er, wirtschaftlich längst gesichert, e<strong>in</strong>e<br />

Familie gründete. Nach 1945 entzogen<br />

ihm die Kommunisten se<strong>in</strong>e Pension,<br />

und der Deportation entg<strong>in</strong>g er nur<br />

wegen se<strong>in</strong>es schlechten Gesundheitszustandes.<br />

Doch Pazeller komponierte<br />

unverdrossen; er h<strong>in</strong>terließ e<strong>in</strong>e Oper,<br />

zwei Operetten, e<strong>in</strong> Ballett, drei Ouvertüren,<br />

fünf Fantasien, zahlreiche Walzer,<br />

Interludien, Lieder und Märsche: mehr<br />

als 200 Kompositionen.<br />

AUSGABE 2009/1 29<br />

Josef Bohuslav Foerster<br />

(1859-1951)<br />

Sämtliche S<strong>in</strong>fonien Vol. 2<br />

S<strong>in</strong>fonie Nr. 3 + 4<br />

S<strong>in</strong>fonieorchester Osnabrück<br />

Hermann Bäumer, Ltg.<br />

MDG 632 1492-2<br />

In der Mitte se<strong>in</strong>es Lebens gelang Josef<br />

Bohuslav Foerster se<strong>in</strong> Meisterstück: Die<br />

vierte S<strong>in</strong>fonie des böhmischen Komponisten<br />

ist sicher se<strong>in</strong> ambitioniertestes<br />

Werk. Und se<strong>in</strong>e dritte S<strong>in</strong>fonie rundet<br />

e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>drucksvolle Aufnahme mit dem<br />

S<strong>in</strong>fonieorchester Osnabrück unter der<br />

Leitung von Hermann Bäumer ab.<br />

Das Meisterwerk<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Hamburger Zeit<br />

komponierte Foerster se<strong>in</strong>e 3. S<strong>in</strong>fonie<br />

mit dem Titel „Das Leben“. Hier zeigt sich<br />

e<strong>in</strong> hochtalentierter, von den unterschiedlichsten<br />

musikalischen E<strong>in</strong>flüssen <strong>in</strong>spirierter<br />

Komponist. Mal glaubt man Anklänge<br />

an Wagner zu hören, dann wieder<br />

von Dvorák, schließlich von Bruckner<br />

oder doch von Mahler. Foersters Botschaften<br />

s<strong>in</strong>d subtil. Wie <strong>in</strong>dividuell und<br />

mit viel Fe<strong>in</strong>gefühl er se<strong>in</strong>e dritte S<strong>in</strong>fonie<br />

gestaltet hat, erfahren aufmerksame Zuhörer<br />

dennoch – und s<strong>in</strong>d umso mehr<br />

verzaubert von slawischer Terzenseligkeit<br />

und natürlich e<strong>in</strong>em böhmisch kl<strong>in</strong>genden<br />

Scherzo.<br />

Am Karfreitag 1904 begann Foerster<br />

die Komposition der „Osternacht“. E<strong>in</strong>e<br />

re<strong>in</strong>e Meditation sollte es nicht werden,<br />

im Gegenteil: Den ersten Satz widmet er<br />

den Ostertagen, wie der Erwachsene sie<br />

erlebt, im zweiten Satz schildert er die<br />

Feiertage mit den Augen e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des.<br />

Dann e<strong>in</strong> Gebet und schließlich das<br />

F<strong>in</strong>ale zur Feier des auferstandenen<br />

Heilands… Was für e<strong>in</strong> liebenswertes<br />

Sujet, dem sich Dirigent und Orchester<br />

mit H<strong>in</strong>gabe widmen.<br />

Dedications<br />

Nordgren: Solemnity-Euphony<br />

for 19 str<strong>in</strong>gs<br />

Vasks: Musica appassionata<br />

per orchestra d‘archi<br />

Eliasson: S<strong>in</strong>fonia per archi<br />

Ostrobothnian Chamber Orchestra,<br />

Juha Kangas<br />

ABCD 245 / Alba (SACD hybrid)<br />

6417513102451 / Erste<strong>in</strong>spielungen<br />

Es beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>er Vision, und es<br />

mündet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Tradition. Das ist der<br />

Traum vieler Kreativer, und manche entfalten<br />

die Kraft und Intelligenz, ihre Vision<br />

schließlich auch zu verwirklichen. E<strong>in</strong><br />

solcher Visionär ist der f<strong>in</strong>nische Dirigent<br />

Juha Kangas. Von Herkunft Volksmusikant,<br />

sozusagen e<strong>in</strong> fiedelnder Spielmann<br />

mit klassischer Ausbildung, machte er<br />

bald e<strong>in</strong>e steile Karriere als <strong>in</strong>ternational<br />

gefragter Dirigent.<br />

E<strong>in</strong> Visionär macht<br />

Musikgeschichte<br />

Am Konservatorium <strong>in</strong> Kokkola, e<strong>in</strong>em<br />

35.000 E<strong>in</strong>wohner zählenden f<strong>in</strong>nischen<br />

Prov<strong>in</strong>znest, gründete er e<strong>in</strong> Streichorchester<br />

mit K<strong>in</strong>dern, das schließlich semipr<strong>of</strong>essionell<br />

und heute voll pr<strong>of</strong>essionell<br />

arbeitet: Das Ostrobothnian Chamber<br />

Orchestra, derzeit e<strong>in</strong>es der weltbesten<br />

Streichorchester. Und Kangas setzt sich<br />

stets für zeitgenössische Musik e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sbesondere<br />

für das Werk se<strong>in</strong>er Freunde<br />

Pehr Henrik Nordgren, Anders Eliasson<br />

und Peteris Vasks. Diese SACD legt davon<br />

Zeugnis ab.


Im Blickpunkt<br />

Lied<br />

Lieder von Clara Schumann,<br />

Alma Mahler-Werfel und<br />

Lili Boulanger<br />

Maria Riccarda Wessel<strong>in</strong>g, Mezzosopran<br />

Nathalie Dang, Klavier<br />

CLA 50-2904 / Claves<br />

7619931290423<br />

Dies ist bereits Wessel<strong>in</strong>gs drittes<br />

Album für Claves und kommt zu e<strong>in</strong>em<br />

Zeitpunkt heraus, da sie auf den Wogen<br />

des Erfolgs schwimmt. Die Wessel<strong>in</strong>g<br />

s<strong>in</strong>gt, seit sie sich er<strong>in</strong>nern kann. Schließlich<br />

entschied sie sich, es beruflich zu<br />

tun. Besonders <strong>in</strong>tensiv beschäftigte sie<br />

sich mit den Opern Händels, wovon diverse<br />

E<strong>in</strong>spielungen Zeugnis ablegen. Die<br />

Interpretation zeitgenössischer Komponisten<br />

sieht sie aber auch als wichtige<br />

Aufgabe; sie hat bereits <strong>in</strong> Opern von<br />

Saariaho, Reimann, Eötvös und Sciarr<strong>in</strong>o<br />

gesungen. Bei der Weltpremiere von<br />

Henzes Oper „Phaedra“ an der Berl<strong>in</strong>er<br />

Staatsoper Unter den L<strong>in</strong>den sang sie die<br />

Titelpartie. Derzeit fällt sie an der Pariser<br />

Oper mit brillanten Aufführungen auf.<br />

Und doch vermag sie sich immer wieder<br />

<strong>in</strong> die kle<strong>in</strong>e Form des Kunstliedes zu<br />

versenken. Die Intimität dieser hier e<strong>in</strong>gespielten<br />

Lieder kommt ihr besonders<br />

entgegen, um eben auch e<strong>in</strong>e ganz andere<br />

Seite ihres künstlerischen Vermögens<br />

zeigen zu können.<br />

Romantische<br />

Bekenntnisse<br />

Fast alle für diese CD ausgewählten<br />

Lieder haben die Komponist<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

ihrer Jugendzeit, teils <strong>in</strong> frühester Jugend<br />

geschrieben – wobei man sagen muss,<br />

dass Lili Boulanger, die ja schon mit<br />

25 Jahren starb, auch ke<strong>in</strong> anderer<br />

Lebensabschnitt beschieden war. Wunderbar<br />

zarte Lieder, die von Liebe und<br />

Sehnsucht handeln, verb<strong>in</strong>det die Sänger<strong>in</strong><br />

zu e<strong>in</strong>em großartigen romantischen<br />

Stimmungsbild.<br />

Scottish and other Songs<br />

von Joseph Haydn und<br />

Ludwig van Beethoven sowie<br />

Trio d-Moll von Haydn<br />

Daniely Bechly, Sopran<br />

Trio Kairos<br />

M 56880 / Musicaphon<br />

4012476568805 / (SACD hybrid)<br />

Das Zeitalter der Aufklärung wollte<br />

das gesamte Wissen und Können der<br />

Menschheit gegen den Widerstand weltlicher<br />

und geistlicher Machthaber für<br />

jeden Bürger zugänglich machen. Der<br />

Zeitraum von 1730 bis 1800 brachte e<strong>in</strong>e<br />

bürgerliche Emanzipation hervor, der<br />

e<strong>in</strong>e konzentrierte Sammlung von Wissen,<br />

Denken, Fühlen und Handeln zu verdanken<br />

ist. Dieser Sammlungs-Leistung<br />

haben wir auch auf musikalischem Gebiet<br />

viel zu verdanken, was sonst verloren<br />

wäre. Auch <strong>in</strong> Schottland trachtete man<br />

nach e<strong>in</strong>er umfangreichen Sammlung des<br />

Volksliedgutes der Insel.<br />

Thomson,<br />

der Liedsammler<br />

Mehrere Verleger und Herausgeber<br />

konkurrierten <strong>in</strong> der Zeit des Scottish<br />

Enlightenment mit Sammelbänden schottischer,<br />

irischer und walisischer Lieder.<br />

Besondere Bedeutung erlangte George<br />

Thomson (1757-1851) aus Ed<strong>in</strong>burgh,<br />

der „fleißigste“ auf diesem Gebiet, der 50<br />

Jahre lang der Haupt<strong>in</strong>itiator für die<br />

Volksliedsammlungen <strong>in</strong> Schottland se<strong>in</strong><br />

sollte. Ihm gelang es, auch Joseph Haydn<br />

und später Ludwig van Beethoven für die<br />

musikalische Auf- und Ausarbeitung des<br />

gesammelten Materials zu verpflichten.<br />

E<strong>in</strong>ige der Ergebnisse werden hier vorgetragen<br />

von Daniela Bechly, gebürtige<br />

Hamburger<strong>in</strong>, aber seit 1993 <strong>in</strong> England<br />

ansässig (1987 bis 1993 an der Deutschen<br />

Oper Berl<strong>in</strong> tätig), und dem Trio<br />

Kairos, das auf Musicaphon bereits e<strong>in</strong><br />

sehr erfolgreiches Debut mit den „Klaviertrios<br />

der 20er Jahre“ hatte (Musicaphon<br />

M 56872).<br />

30 AUSGABE 2009/1<br />

Vokalmusik<br />

Abbey Road a cappella<br />

Atrium Ensemble<br />

M 56893 / Musicaphon<br />

4012476568935<br />

Die letzte Zusammenarbeit der<br />

Beatles, e<strong>in</strong>es ihrer berühmtesten Alben,<br />

gesungen von vier Männern (hoher und<br />

mittlerer Tenor, Bariton und Bass) ohne<br />

Instrumentalbegleitung – geht das überhaupt?<br />

Es geht, und wie! Die behutsamen<br />

Transkriptionen Frank Schwemmers<br />

erfassen durchweg hervorragend die<br />

Stimmung der Songs, und die wesentlichen<br />

Elemente werden mit wirklich<br />

unglaublicher Virtuosität von den vier<br />

Sängern umgesetzt, so dass man sich<br />

manches Mal an die Ohren fasst und<br />

fragt, ob da wirklich nur vier Sänger und<br />

nicht e<strong>in</strong> ganzes Ensemble am Werk s<strong>in</strong>d.<br />

Beatles<br />

mal klassisch<br />

Und so wirken die Songs trotz des fehlenden<br />

Instrumentariums ke<strong>in</strong>eswegs<br />

unvollständig, aber klanglich halt anders<br />

und neu. Nach zwei Aufnahmen mit<br />

romantischem Liedgut (M 56848 und<br />

M 56876) ist dies die dritte Veröffentlichung<br />

dieses Ausnahme-Ensembles bei<br />

Musicaphon – e<strong>in</strong> Vergnügen nicht nur<br />

für Beatles-Fans, die mit dem Orig<strong>in</strong>al<br />

vertraut s<strong>in</strong>d.<br />

Die Kunst der Emma Kirkby<br />

Geistliche und weltliche Werke<br />

von Händel, Bach, Böddecker, Couper<strong>in</strong>,<br />

de Lalande, Scarlatti, Ariosti, Amodei<br />

sowie Lautenlieder von Dowland,<br />

Johnson, Blow, Schütz, d‘India, Boesset.<br />

Emma Kirkby, Sopran<br />

Jakob L<strong>in</strong>dberg, Laute<br />

London Baroque,<br />

Theatre <strong>of</strong> Early Music u.a.<br />

BIS-CD-1734<br />

7318591734352<br />

Pünktlich zum 60. Geburtstag der<br />

Künstler<strong>in</strong> am 26.2.2009 brachte BIS auf<br />

vier CDs die Highlights der bisherigen Zusammenarbeit<br />

mit der Ausnahmesopranist<strong>in</strong><br />

heraus, die 2007 vom BBC Magaz<strong>in</strong>e<br />

auf Platz 10 unter die „20 größten Sopranist<strong>in</strong>nen<br />

aller Zeiten“ e<strong>in</strong>gereiht wurde<br />

und sich seit ihren Anfängen <strong>in</strong> den 70er<br />

Jahren des vorigen Jahrhunderts unschätzbare<br />

Verdienste um die Wiederentdeckung<br />

und -belebung der Alten Musik erworben<br />

hat. Dabei hatte sie ursprünglich gar nicht<br />

die Absicht, das S<strong>in</strong>gen zu ihrem Beruf zu<br />

machen. Als Student<strong>in</strong> der klassischen<br />

Philologie <strong>in</strong> Oxford und dann als Schullehrer<strong>in</strong><br />

sang sie aus re<strong>in</strong>em Vergnügen <strong>in</strong><br />

Chören und kle<strong>in</strong>en Ensembles, wobei sie<br />

sich <strong>in</strong> der Musik der Renaissance und<br />

des Barock am meisten zu Hause fühlte.<br />

1971 stieß sie zum Taverner Choir; 1973<br />

begann ihre langjährige Zugehörigkeit<br />

zum Consort <strong>of</strong> Musicke. Es folgten langfristige<br />

Beziehungen mit London Baroque,<br />

dem Freiburger Barockorchester, L’Orfeo<br />

und dem Orchestra <strong>of</strong> the Age <strong>of</strong> Enlightenment.<br />

Von ihr liegen derzeit weit<br />

über 100 E<strong>in</strong>spielungen vor.<br />

Happy Birthday,<br />

Emma!<br />

Als Geburtstagsgeschenk nicht an sie,<br />

sondern an ihre Fans erschien nun also<br />

die Box vorwiegend mit Kantaten und<br />

Arien des Barock und Lautenliedern der<br />

englischen Renaissance. Als besonderes<br />

Highlight bietet die Box die Erste<strong>in</strong>spielung<br />

e<strong>in</strong>er Solokantate von Christoph<br />

Graupner „Ach Gott und Herr“.


<strong>CLASS</strong> aktuell<br />

Michael Haydn (1737-1806)<br />

Responsorien zur Heiligen Woche<br />

Purcell Chor<br />

Orfeo Orchestra, György Vashegyi<br />

HCD 32596 / Hungaroton<br />

5991813259622 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />

Die Kompositionen für die Karwoche<br />

des Jahres 1778 s<strong>in</strong>d grandiose Beispiele<br />

für Chorkompositionen im stilo antico.<br />

Das Responsorium – e<strong>in</strong> Wechselgesang<br />

von Solist und Geme<strong>in</strong>de – ist <strong>in</strong> der<br />

katholischen Liturgie e<strong>in</strong>er der üblichen<br />

Gesangstypen der heiligen Messe und des<br />

Stundengebets. Die Form geht auf den<br />

Synagogalgesang zurück und gilt somit<br />

als e<strong>in</strong>e der ältesten Gesangsformen der<br />

christlichen Kirche. Mit se<strong>in</strong>en homophonen,<br />

isorhythmischen Sätzen, die<br />

nach e<strong>in</strong>em vollkommenen, <strong>in</strong>nigen Ausdruck<br />

der Bibelverse streben – als ob<br />

sich ihr Komponist, allen äußerlichen<br />

Prunk ausschließend, ausschließlich auf<br />

die „<strong>in</strong>nere Stimme konzentrieren würde<br />

– folgte Michael Haydn den Spuren solch<br />

großer Meister der Kirchenmusik wie<br />

Victoria und Ingegneri gegen Ende des<br />

16. Jahrhunderts oder Jomelli und Zelenka<br />

um die Mitte des 18. Jh.<br />

Salzburger<br />

Meisterwerke<br />

Er schrieb die Stücke <strong>in</strong> drei Versionen<br />

(a cappella, Chor mit Orgel, Chor mit<br />

Orgel und Violone). Bei der Premiere am<br />

15.4.1778 im Salzburger Dom wirkte<br />

auch der mit der Familie Mozart befreundete<br />

Kastrat Francesco Ceccarelli mit.<br />

Oper<br />

Emilio Arrieta (1823-1894)<br />

La conquista di Granata<br />

Cantarero, Ibarra, Bros, Odena,<br />

Rubiera, Miles<br />

S<strong>in</strong>fonischer Chor<br />

und Orchester Madrid,<br />

Jesús Lopez Cobos<br />

CDS 618 / Dynamic<br />

8007144606183 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />

Seit über 150 Jahren schlummerte<br />

diese Oper <strong>in</strong> den Archiven. Der Komponist,<br />

aus Navarra gebürtig, begann nach<br />

e<strong>in</strong>er Ausbildung am Mailänder Konservatorium<br />

<strong>in</strong> Harmonielehre und Komposition<br />

e<strong>in</strong>e Karriere als Sänger <strong>in</strong> Mailand,<br />

begann parallel aber Opern zu schreiben.<br />

Aus Spaniens<br />

Blütezeit<br />

Er gewann später die Gunst der jungen<br />

spanischen König<strong>in</strong> Isabella II., die ihn<br />

am Madrider H<strong>of</strong> zum „Maestro de canto“<br />

und H<strong>of</strong>komponisten machte. Er durfte<br />

se<strong>in</strong> eigenes Theater bauen und hatte weitgehende<br />

künstlerische Freiheiten. „La<br />

Conquista di Granata“ hatte ihre erfolgreiche<br />

Erstaufführung <strong>in</strong> Madrid im Oktober<br />

1850. Das Auftragswerk sollte e<strong>in</strong>en<br />

ruhmreichen Moment der spanischen Geschichte<br />

feiern, nämlich die E<strong>in</strong>nahme von<br />

Granada 1492 durch die katholischen Könige<br />

Ferd<strong>in</strong>and von Aragon und Isabella<br />

von Kastilien. Es wurde e<strong>in</strong> Libretto von<br />

Temistocle Solera gewählt, der vor allem<br />

als Textdichter für Verdis „Nabucco“ <strong>in</strong><br />

die Geschichte e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g. Trotz der Begeisterung<br />

des Publikums geriet die Oper<br />

merkwürdigerweise <strong>in</strong> Vergessenheit, bis<br />

sie 2006 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Produktion des Teatro<br />

Real <strong>in</strong> Madrid wiedererstand. Hierbei<br />

folgte man der kritischen Ausgabe des<br />

Werkes von Ramón Sobr<strong>in</strong>o und Maria<br />

Enc<strong>in</strong>a Cortizo. Diese Wiederentdeckung<br />

ist e<strong>in</strong>e wichtige Bereicherung des italienischen<br />

Opernrepertoires des 19. Jahrhunderts,<br />

zugleich e<strong>in</strong>e Wiedergutmachung<br />

an e<strong>in</strong>em Komponisten von<br />

europäischer Statur. Die Aufführung<br />

erfolgte konzertant.<br />

AUSGABE 2009/1 31<br />

Baldassare Galuppi (1706-1785)<br />

L‘Olimpiade<br />

Tucker, Rosique, Invernizzi, Basso,<br />

Gottwald<br />

Venice Baroque Orchestra,<br />

Andrea Marcon<br />

Regie: Dom<strong>in</strong>ique Zito<br />

CDS 33545 / Dynamic (DVD Video)<br />

8007144335458 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />

„L’Olimpiade“ schrieb Galuppi für die<br />

Eröffnung der Karnevalssaison am Mailänder<br />

Teatro Ducale im Dezember 1747<br />

auf e<strong>in</strong> Libretto des berühmten Metastasio.<br />

Es war dies e<strong>in</strong>er der Titel, die Metastasio<br />

selbst als zu den <strong>in</strong> Europa meistgespielten<br />

und wieder aufgenommenen zählte<br />

(„L’Olympiade“ wurde nicht weniger als<br />

hundert Mal vertont), auch wenn er nicht<br />

<strong>in</strong> der Lage war, die „beste der Musiken,<br />

die ihn vertont haben“ anzugeben – da<br />

er sich nie von Wien weg bewegte, um<br />

die diversen Aufführungen zu verfolgen.<br />

Galuppis Vertonung erfolgte 14 Jahre<br />

nach der ersten Inszenierung mit Musik<br />

von A. Caldara und erfuhr über 30 Jahre<br />

h<strong>in</strong>weg e<strong>in</strong>e Reihe von Wiederaufnahmen<br />

und Neu<strong>in</strong>szenierungen <strong>in</strong> ganz Europa.<br />

Detektivische<br />

Meisterleistung<br />

Die e<strong>in</strong>zige Partitur wurde <strong>in</strong> Mailand<br />

aufbewahrt, war aber unvollständig. Das<br />

mag erklären, warum das Werk später<br />

nicht mehr aufgeführt wurde, obwohl<br />

das Werk so lange Zeit überaus erfolgreich<br />

gewesen war. Der Dirigent Andrea<br />

Marcon nahm sich <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit der Musikwissenschaftler<strong>in</strong> Claire<br />

Genewe<strong>in</strong> der Rekonstruktion des Werkes<br />

an. Schließlich fanden sie die eröffnende<br />

S<strong>in</strong>fonia <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bibliothek <strong>in</strong> Regensburg<br />

und das F<strong>in</strong>ale <strong>in</strong> London, so dass die buffo-<br />

Oper auf e<strong>in</strong> Libretto von Pietro Metastasio<br />

endlich 2006 <strong>in</strong> Venedig wieder auf die<br />

Bühne gebracht werden konnte.<br />

Vicente Martín y Soler (1754-1806)<br />

Il burbero di bon cuore<br />

De la Merced, Chausson, Gens,<br />

Pirgu, Diaz<br />

Orquesta Titular del Teatro Real<br />

Orquesta S<strong>in</strong>fónica de Madrid,<br />

Christophe Rousset<br />

Regie: Ir<strong>in</strong>a Brook<br />

CDS 33580 / Dynamic (DVD Video)<br />

8007144335809 / Erste<strong>in</strong>spielung<br />

Das Lustspiel <strong>in</strong> zwei Akten basiert auf<br />

e<strong>in</strong>er der bekanntesten und amüsantesten<br />

französischen Komödien von Carlo Goldoni,<br />

Le bourru bienfaisant. Mit triumphalem<br />

Erfolg hatte die Oper am 4.1.1786 am<br />

Wiener Burgtheater Premiere. Mozart gefiel<br />

das Werk so gut, dass er zwei „Ersatzarien“<br />

für dieses Werk komponierte, die<br />

beide auch E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> diese Produktion<br />

des Teatro Real de Madrid fanden. Aus<br />

Valencia war der Komponist gebürtig, der<br />

damals unter dem italianisierten Namen<br />

V<strong>in</strong>cenzo Mart<strong>in</strong>i e<strong>in</strong>e der absoluten<br />

Größen im europäischen Musikleben war.<br />

Den entscheidenden Durchbruch hatten<br />

ihm drei Opern gebracht, die er auf<br />

Libretti von Lorenzo da Ponte zwischen<br />

1786 und 1787 <strong>in</strong> Wien herausbrachte,<br />

darunter eben „Il burbero di buon coure“.<br />

Sehr rasch wurde das Werk <strong>in</strong> ganz Europa<br />

populär. Und dies sicher nicht nur dank<br />

der heiteren Handlung, sondern vor allem<br />

wegen der raff<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>fachen, anmutig<br />

und mit großem Farbenreichtum orchestrierten<br />

Musik. Die Handlung wird von<br />

ihr perfekt gelenkt, ohne unnötige Längen,<br />

so dass die Szenen mit drängendem Rhythmus<br />

aufe<strong>in</strong>ander folgen und der Geschichte<br />

e<strong>in</strong> Gefühl frischer Natürlichkeit<br />

verleihen. Die Regisseur<strong>in</strong> Ir<strong>in</strong>a Brook,<br />

Tochter des bekannten englischen Regisseurs<br />

Peter Brook, hatte mit dieser Inszenierung<br />

ihr Debut am Teatro Real. Sie versetzte<br />

die Handlung <strong>in</strong> unsere Zeit, wobei<br />

sie mehrere Stile und Epochen mixt, was<br />

neben der leichten, heiteren Musik Solers<br />

das Werk zu e<strong>in</strong>er wirklich amüsanten<br />

Abendunterhaltung macht.


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und weltliche – <strong>of</strong>t exklusiv auf Hyperion.<br />

Bislang s<strong>in</strong>d über 1400 CDs erschienen.<br />

www.hyperion-records.co.uk<br />

<strong>CLASS</strong> KATALOG SERVICE<br />

Coviello Hochwertige Aufnahmen mit vielfach<br />

ausgezeichneten Solisten, Orchestern und<br />

Spezialensembles garantieren e<strong>in</strong>malige Hör-<br />

Erlebnisse, ob <strong>in</strong> der authentisch <strong>in</strong>terpretierten<br />

Alten Musik, im klassischen Kammermusik-<br />

und Orchesterrepertoire, <strong>in</strong> bisher unerhörten<br />

Raritäten, <strong>in</strong> der Neuen Musik oder <strong>in</strong> genreübergreifenden<br />

Projekten.<br />

www.covielloclassics.de<br />

MDG Hörvergnügen garantiert!<br />

Christian Zacharias, Frank Bungarten,<br />

Elisabeth Leonskaja, Steffen Schleiermacher,<br />

Adam Fischer, Roman K<strong>of</strong>man, Consortium<br />

Classicum, Ma'alot Bläserqu<strong>in</strong>tett, Hardy Rittner,<br />

Siegbert Rampe, Claudius Tanski, Trio Parnassus,<br />

Musica Alta Ripa, Leipziger Streichquartett,<br />

Ensemble Villa Musica, Wiener Klaviertrio,<br />

Mozart Piano Quartet …<br />

www.mdg.de �<br />

■ MDG<br />

■ Pan Classics<br />

■ Timpani<br />

Timpani Es gibt nur wenige Labels deren<br />

Katalog so viele spannende musikalische<br />

Entdeckungen aufzuweisen hat wie das<br />

französische Label TIMPANI. Der Schwerpunkt<br />

liegt hier allerd<strong>in</strong>gs nicht nur auf seltenem,<br />

französischem Repertoire des 19. und frühen<br />

20. Jahrhunderts, sondern auch auf <strong>in</strong>ternationaler<br />

zeitgenössischer Musik.<br />

www.timpani-records.com<br />

Hänssler Classic Der Hänssler <strong>CLASS</strong>IC-<br />

Katalog stellt rund 800 Musikproduktionen –<br />

CDs, SACDs und DVDs – vor, darunter Raritäten<br />

des Musikrepertoires sowie preisgekrönte Aufnahmen<br />

herausragender Musiker wie Helmuth<br />

Rill<strong>in</strong>g, Michael Gielen, Sylva<strong>in</strong> Cambrel<strong>in</strong>g,<br />

Roger Norr<strong>in</strong>gton, Vokalensemble Stuttgart,<br />

Johannes Moser, Gerhard Oppitz, Thomas Fey u.a.<br />

www.haenssler-classic.de<br />

Genu<strong>in</strong> Fast 150 Titel im Katalog 2009 - das Leipziger<br />

Klassik-Label GENUIN stellt e<strong>in</strong> umfangreiches Programm,<br />

darunter zwei neue Editionen, mit Musik des 17.-21. Jahrhunderts<br />

vor, die bereits begehrenswerte Auszeichnungen<br />

wie den Diapason d'Or oder Nom<strong>in</strong>ierungen für<br />

den Midem <strong>Classical</strong> Award erhalten haben.<br />

www.genu<strong>in</strong>.de

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