CLASSaktuell - CLASS - Association of Classical Independents in ...
CLASSaktuell - CLASS - Association of Classical Independents in ...
CLASSaktuell - CLASS - Association of Classical Independents in ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Joseph Haydn (1732-1809) im Porträt von Thomas Hardy (1791)<br />
Undank ist der Welt Lohn, wie wir alle<br />
aus leidvoller Erfahrung wissen. Auch<br />
<strong>in</strong> der (europäischen) Musikgeschichte<br />
stoßen wir immer wieder auf Persönlichkeiten,<br />
die zu Lebzeiten hoch geschätzt,<br />
vielleicht auch dekoriert wurden, dann aber <strong>in</strong><br />
Vergessenheit gerieten oder der Ger<strong>in</strong>gschätzung<br />
anheim fielen. Dieses Schicksal erlitt, zum<strong>in</strong>dest<br />
Teile se<strong>in</strong>es Schaffens betreffend, auch Joseph<br />
Haydn, dessen Todestag sich <strong>in</strong> diesem Jahr zum<br />
200. Mal jährt. Der Komponist, der europaweit<br />
das Publikum zu „stand<strong>in</strong>g ovations“ h<strong>in</strong>riss,<br />
wurde späterh<strong>in</strong> eher milde als „Papa Haydn“<br />
belächelt – e<strong>in</strong> zwar liebenswerter, aber doch<br />
e<strong>in</strong> bisschen verstaubter Meister aus vergangener<br />
Zeit. Mozart, ja, und Beethoven – was für<br />
große Geister! Aber Haydn? Na ja, die S<strong>in</strong>fonie<br />
Joseph Haydn<br />
Baumeister e<strong>in</strong>er Epoche<br />
mit dem Paukenschlag, oder die Abschiedss<strong>in</strong>fonie<br />
– e<strong>in</strong> lustiger Vogel ist er ja wohl gewesen,<br />
der gute Papa Haydn. Was für drollige E<strong>in</strong>fälle!<br />
Und dann natürlich die „Schöpfung“. Das ist<br />
schon was. Und die „Sonnenquartette“. Aber die<br />
ganz großen Meisterwerke, die haben <strong>in</strong> dieser<br />
Epoche eben doch Mozart oder Beethoven<br />
geschrieben. Der Haydn ist eher was zum<br />
Anwärmen, im Konzert sozusagen die Vorgruppe<br />
für den Starauftritt. Wer so denkt, tut e<strong>in</strong>em<br />
Künstler bitter unrecht, ohne den die nicht <strong>in</strong><br />
Frage stehende Meisterschaft e<strong>in</strong>es Mozart oder<br />
e<strong>in</strong>es Beethoven nicht denkbar gewesen wäre.<br />
Haydn wurde 1732 <strong>in</strong> Rohrau, Niederösterreich,<br />
geboren, als Bach, Händel und Telemann<br />
noch auf der Höhe ihres Schaffens standen, und<br />
starb 1809, als Beethoven bereits e<strong>in</strong> Name war.<br />
12 AUSGABE 2009/1<br />
Mit anderen Worten: Wie kaum e<strong>in</strong> anderer<br />
stand Haydn mit e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong> noch im Hochoder<br />
Spätbarock, mit dem anderen aber schon<br />
<strong>in</strong> der Überw<strong>in</strong>dung der Wiener Klassik durch<br />
die Romantik. Und er schaffte es, die verschiedenen<br />
Stile, den sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
<strong>in</strong> der so genannten „Mannheimer<br />
Schule“ anbahnenden Stilwandel, fortgeführt <strong>in</strong><br />
der Zeit des „Sturm und Drang“, als e<strong>in</strong> gewisser<br />
Carl Philipp Emanuel Bach mit se<strong>in</strong>en<br />
Orchesterwerken das Publikum zum We<strong>in</strong>en<br />
brachte, all dies zu kanalisieren und e<strong>in</strong>e neue,<br />
gültige Formensprache zu f<strong>in</strong>den, die das Stilempf<strong>in</strong>den<br />
e<strong>in</strong>er ganzen Musikepoche prägen<br />
sollte: die Zeit der „Wiener Klassik“. Die Instrumentalmusik<br />
dieser Zeit gründet auf zwei Gattungen:<br />
S<strong>in</strong>fonie und Streichquartett. Und für<br />
beide fand Haydn die gültige Form, ohne dies<br />
überhaupt beabsichtigt zu haben, denn der langjährige<br />
Kapellmeister <strong>in</strong> Diensten des Fürstenhauses<br />
Esterhazy war alles andere als e<strong>in</strong> Theoretiker.<br />
Und doch folgte er, der <strong>of</strong>fenbar nie<br />
e<strong>in</strong>en wirklich planmäßigen Unterricht <strong>in</strong> Komposition<br />
genossen hatte, der von allen „großen“<br />
Komponisten wohl am meisten Autodidakt war,<br />
e<strong>in</strong>em systematischen musikalischen Denken,<br />
das ihn die klassischen Formen f<strong>in</strong>den ließ. Dies<br />
ist umso erstaunlicher, als er se<strong>in</strong> Leben vorwiegend<br />
als Kapellmeister <strong>in</strong> der Abgeschiedenheit<br />
e<strong>in</strong>es Landsitzes zubrachte. Er sagt selbst: „Ich<br />
war von der Welt abgesondert, niemand <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er<br />
Nähe konnte mich an mir selbst irremachen und<br />
quälen, und so musste ich orig<strong>in</strong>al werden.“<br />
Die S<strong>in</strong>fonien<br />
Im Alter von 29 Jahren wurde Haydn auf<br />
Schloss Esterhazy angestellt, und hier entwickelte<br />
er sich über die nächsten dreißig Jahre zu<br />
e<strong>in</strong>em hauptsächlich s<strong>in</strong>fonischen Komponisten.<br />
Davor war er Kapellmeister bei Baron Fürnberg<br />
<strong>in</strong> der Nähe von Melk; dort begann er, Streichquartette<br />
zu schreiben, danach wurde er Musikdirektor<br />
im böhmischen Lukavec bei Graf Morz<strong>in</strong>.<br />
Obwohl präzise Daten fehlen, so muss es doch<br />
<strong>in</strong> dieser Zeit, von 1757 an, gewesen se<strong>in</strong>, als er<br />
se<strong>in</strong>e ersten S<strong>in</strong>fonien schrieb. Stilistisch s<strong>in</strong>d<br />
sie als Werke anzusehen, die italienische und<br />
österreichische, leichte und ernsthafte, traditionelle<br />
und moderne Elemente verb<strong>in</strong>den und überwiegend<br />
dreisätzig s<strong>in</strong>d. Strukturell gesehen<br />
besteht jeder Satz aus zwei Teilen, die jeweils<br />
wiederholt werden. Sie wurden für die ursprüngliche<br />
Besetzung Streicher, 2 Oboen, 2 Hörner<br />
und e<strong>in</strong>e Bassgruppe geschrieben, die aus