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Substitution und Drogenfreiheit (Dr. Manfred Nowak ... - Ludwigsmühle

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<strong>Substitution</strong> <strong>und</strong><br />

<strong><strong>Dr</strong>ogenfreiheit</strong><br />

<strong>Dr</strong>. med. <strong>Manfred</strong> <strong>Nowak</strong><br />

Therapieverb<strong>und</strong> <strong>Ludwigsmühle</strong><br />

26.03.2011 Symposion Neustadt<br />

Miteinander- to learn each from the other<br />

1


Opiate? Kokain, Amphetamine<br />

THC, Liquid usw?<br />

Jede Zeit hat Ihre <strong>Dr</strong>oge, jede <strong>Dr</strong>oge hat<br />

ihre Zeit


Abstinenz<br />

Fliessender Übergang von<br />

Abstinenz bis Sucht<br />

Konsum<br />

Gewohnheit<br />

Risikokonsum


Ernst Jünger<br />

„Nichts mit der Sache zu tun haben, das ist ein angenehmes Gefühl, es<br />

ist mehr als ein zeitlicher Dispens. Es ist der Dispens von der Zeit, ist<br />

die Absolution, die sich der Einzelne erteilt. Sie stärkt ihn noch auf dem<br />

Weg zur Hinrichtung. Er wohnt ihr bei, wie einer „Hängerei in einer<br />

anderen Welt“. In einer Welt, die nicht die seine ist.<br />

Mohn ist der Saft des Vergessens <strong>und</strong> des Schlafes, mit der<br />

Eigenschaft, die Zeit unendlich auszudehnen, die Zeit die ganz <strong>und</strong> gar<br />

Wohnung <strong>und</strong> Eigentum des zugleich An- <strong>und</strong> Abwesenden ist. Das ist<br />

der größte Luxus: seine eigene Zeit haben. Das gilt vor allem für heute,<br />

wo die Uhren ins Kraut geschossen sind<br />

Ernst Jünger, Annäherungen, <strong>Dr</strong>ogen <strong>und</strong> Rausch 1980


Einfluss von Opiaten auf Literaten<br />

Novalis <strong>und</strong> Friedrich Schlegel über E.T.A.<br />

Hoffmann, E.A. Poe, dessen Einfluss auf<br />

Baudelaire, den Dichter der »Modernité«<br />

hinlänglich beschrieben worden ist, Arthur<br />

Rimbaud sowie die Protagonisten der<br />

»schwarzen Romantik« <strong>und</strong> der »europäischen<br />

Dekadenz« wie u.a. Paul Verlaine, Lautréamont<br />

<strong>und</strong> Oscar Wilde bis hin zu Georg Trakl <strong>und</strong> die<br />

Surrealisten, die Baudelaires postulierte<br />

»Verschwisterung von Traum <strong>und</strong> Tat« am<br />

konsequentesten umzusetzen versuchten<br />

(DIECKHOFF 1997).


Aufstieg zum himmlischen Paradies<br />

Hieronymus Bosch


Coleridge (1802)<br />

Alone, alone, all all alone<br />

Alone on the wide wide Sea;<br />

And Christ would take no pity on<br />

My soul in agony.


Umgang mit Morphinen<br />

Anfang 20. JH<br />

1905 Suchtexperten rieten zu stufenweisem<br />

Entwöhnen von Opiaten in psychiatrischer<br />

Obhut - inklusive Internierung. Außerdem:<br />

Den Morphiumgenuss durch herkömmliche,<br />

bekannte Genussmittel zu ersetzen:<br />

Champagner, Portwein, Cognac;<br />

Oder durch Substituierung durch Opium, durch<br />

Kokain oder – zwischenzeitlich sehr beliebt<br />

Diacetylmorphin, bekannt als Heroin, das im<br />

Vergleich 6 bis 8mal stärker ist, länger schon u.<br />

a.gegen lästigen Husten eingesetzt wurde


1871 <strong>Dr</strong>. Laehr<br />

„ohne dass die Kranken selbst wussten,<br />

welche Substanz in der inicjierten<br />

Flüssigkeit war“. Dafür verantwortlich sei<br />

wohl – so Laehr weiter – die beschränkte<br />

Zeit des Arztes, die ihm nicht immer<br />

gestatte „zu bestimmter St<strong>und</strong>e dem Rufe<br />

des Kranken zu folgen“; <strong>und</strong> zum andern<br />

die „beschränkte Kasse des Patienten, die<br />

durch die täglichen Besuche des Arztes<br />

erheblich belastet“ werde. (...)


Produktionszahlen jährlich<br />

Cannabiskraut 40.000<br />

Tonnen (6000 Tonnen<br />

Cannabisharz)<br />

500 Tonnen<br />

Amphetamine<br />

900 Tonnen<br />

Kokain<br />

8000 Tonnen<br />

Opium


Jährliche Beschlagnahmungen<br />

30.000<br />

25.000<br />

20.000<br />

15.000<br />

10.000<br />

5.000<br />

0<br />

25.580<br />

Iran<br />

Pakistan<br />

13.863 13.397<br />

Türkei<br />

Afghanistan<br />

10.057<br />

4.759<br />

2.938 2.447 1.9001.5501.188 1.1651.074 1.0441.0411.009 548 535 522 519 515 501 484 431 423 326 293<br />

China<br />

Russische Föderation<br />

USA<br />

Italien<br />

Tadschikistan<br />

Myanmar<br />

Bulgarien<br />

Deutschland<br />

Frankreich<br />

Vereinigtes Königreich<br />

Indien<br />

Belgien<br />

Kolumbien<br />

Kasachstan<br />

Niederlande<br />

Ukraine<br />

Usbekistan<br />

Serbien<br />

Kirgisistan<br />

Mexiko<br />

Turkmenistan<br />

Thailand


Wie entsteht Abhängigkeit?<br />

Und wie kommt man wieder raus?


Risikofaktoren für Suchterkrankungen


Russisches Yoga


Indisches Yoga


<strong>Dr</strong>ittelregel Langzeitprognose<br />

Nach Meili/Dober/Eiyal 2008<br />

1/3 Tod<br />

2/3 Überlebende<br />

1/3 drogenfrei (illegal)<br />

1/3 sporadischer/kontrollierter Konsum<br />

1/3 schwerer chronischer Verlauf


Anzahl <strong>Dr</strong>ogentoter 2008<br />

Ecstasy<br />

Ecstasy i. V. m. sonst. <strong>Dr</strong>ogen<br />

Amphetamin<br />

Kokain<br />

Amphetamin i. V. m. sonst. <strong>Dr</strong>ogen<br />

<strong>Substitution</strong>smittel<br />

Suizid<br />

<strong>Substitution</strong>smittel i. V. m. sonst. <strong>Dr</strong>ogen<br />

Sonst. Betäubungsmittel, <strong>Dr</strong>ogenart nicht bekannt<br />

Kokain i. V. m. sonst. <strong>Dr</strong>ogen<br />

Unfall, Sonstige<br />

Langzeitschäden<br />

Heroin i. V. m. sonst. <strong>Dr</strong>ogen<br />

Heroin<br />

3<br />

10<br />

10<br />

15<br />

34<br />

57<br />

81<br />

131<br />

135<br />

136<br />

163<br />

166<br />

0 100 200 300 400 500 600<br />

357<br />

550


Zielsetzungen suchttherapeutischer<br />

Maßnahmen<br />

Verbesserung der Lebensqualität <strong>und</strong><br />

Lebensbewältigung<br />

Ausbau von Fähigkeiten<br />

Stabilisierung der Lebenssituation<br />

Schadensminderung<br />

Sicherung des Überlebens<br />

(modifiziert nach Meili)


Langzeitstudie <strong>Substitution</strong> 40 Jahre


Prinzipien der Suchttherapie<br />

Therapieziele hinsichtlich Konsum:<br />

Abstinenz als direktes Ziel<br />

Abstinenz als langfristiges Ziel mit zunächst<br />

kontrolliertem Konsum<br />

zunächst <strong>Substitution</strong> des Suchtmittels mit dem Ziel der<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen <strong>und</strong> psychosozialen Stabilisierung, um im<br />

zweiten Schritt die Abstinenz zu projektieren<br />

Langfristige <strong>Substitution</strong> des Suchtmittels als Ultima<br />

Ratio (Maintenence bzw. harm reduction)


Freiheit <strong>und</strong> Sucht<br />

Thesen von Bochnik 1977:<br />

1. Freiheit verwirklicht sich in innerer oder<br />

äußerer Gestaltung der persönlichen<br />

gegebenen Zeit<br />

2. Suchtentwicklung ist fehl gestaltete Freiheit<br />

3. Freiheit ohne die Möglichkeit des Missbrauchs<br />

ist keine Freiheit<br />

4. Die Süchtigen sind Unfallopfer der Freiheit, die<br />

wir genießen <strong>und</strong> wollen <strong>und</strong> Beweise für<br />

Freiheit


Freiheit <strong>und</strong> Sucht<br />

Thesen von Bochnik 2:<br />

5. Trotz zahlreicher gesicherter Erkenntnisse<br />

über Einzelbedingungen süchtiger Entwicklungen ist<br />

eine sichere Früherkennung der Gefährdeten, denen<br />

die Freiheit zum Verhängnis wird nicht möglich<br />

6. Süchtige als unvermeidliche Opfer allgemeiner<br />

Freiheit verpflichten die Allgemeinheit moralisch zur<br />

Hilfe<br />

7. Suchttherapie bedeutet Rückgewinnung von Freiheit<br />

durch Übung der Gestaltung der eigenen Zeit


Prinzipien


Der richtige Moment<br />

Therapieerfolg hängt vielleicht weniger von<br />

festen Faktoren, sondern von zeitlich<br />

schwankenden Größen (Motivation, Zuversicht,<br />

Berührung) ab Diese Faktoren sind gezielt<br />

beeinflussbar z.B.<br />

Kiss<br />

Motivierende Gesprächsführung, z.B. Miller<br />

<strong>und</strong> Rollnick 1999<br />

Qualifizierter Entzug<br />

Fallbegleitung??


„Patient da abholen, wo er steht“<br />

Flexibilität in der Behandlung<br />

- Dynamische Behandlungskonzepte<br />

- Veränderungen in der Person führen zu<br />

- Veränderungen in der Behandlung<br />

Netzwerk unterschiedlicher Behandlungssettings<br />

Wechsel von <strong>Substitution</strong> in Entwöhnung erleichtern<br />

Wechsel von Entwöhnung in <strong>Substitution</strong> ermöglichen<br />

„Zementierung von Standards“ <strong>und</strong><br />

“Behandlungsleitlinien“ kritisch diskutieren


Motivationales Interview


Wie viel Abstinenz verträgt die Suchttherapie?


<strong><strong>Dr</strong>ogenfreiheit</strong>


Und was geschieht beim<br />

Neuroadaptation:<br />

Entzug???<br />

Durch chronischen Konsum hat sich das<br />

Gehirn an die <strong>Dr</strong>oge gewöhnt<br />

Beim Ausbleiben der <strong>Dr</strong>oge sinkt der Spiegel<br />

vieler Botenstoffe im Gehirn ab:<br />

Dopamin<br />

Opioid-Peptide<br />

Serotonin<br />

GABA


Bewilligungen stationärer Entwöhnungsbehandlungen<br />

von <strong>Dr</strong>ogen in Deutschland von 1997 bis 2008<br />

70.000<br />

60.000<br />

50.000<br />

40.000<br />

30.000<br />

20.000<br />

10.000<br />

0<br />

42.795<br />

46.473<br />

49.251<br />

51.677<br />

54.071 54.165 54.458 54.201<br />

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

53.009<br />

55.750<br />

59.940<br />

60.664<br />

Quelle: Deutsche Rentenversicherung B<strong>und</strong>


<strong>Substitution</strong>svorerfahrung bei<br />

Therapieantritt<br />

2009 hatten 26,0% der Patienten eine oder<br />

mehrere <strong>Substitution</strong>sbehandlungen in<br />

Anspruch genommen. Insgesamt betrachtet<br />

steigt die Zahl der <strong>Substitution</strong>serfahrenen<br />

an.<br />

2006 = 20,3% / 2007 = 20,4% / 2008 = 22,1%


Haltequote stationäre<br />

Entwöhnung <strong>Dr</strong>ogen<br />

50,9% der Patienten wurden 2009 regulär bzw. vorzeitig<br />

mit Einverständnis entlassen oder verlegt. Die Haltquote<br />

hat sich stabilisiert.<br />

2007 = 51% / 2008 = 49%<br />

Der Anteil der Behandlungsabbrüche 30,9%<br />

2007 = 28% / 2008 = 31%<br />

Der Anteil der disziplinarischen Entlassungen ist mit 17,1%<br />

vergleichbar zu den Vorjahren.<br />

2007 = 19% / 2008 = 19%<br />

Daten BUSS Statistik 2009


Outcome nach stationärer Entwöhnung<br />

Heroin <strong>und</strong> Kokain (Therapiestudien):<br />

Die Auswertung der Ergebnisse aus 52<br />

Langzeitstudien mit über 30.000<br />

<strong>Dr</strong>ogenabhängigen ergibt für eine 20-<br />

Jahres-Nacherhebung (Schippers & Cramer<br />

2002,)<br />

• 20% verstorben<br />

• 40% abstinent<br />

• 20% problematischer Konsum<br />

• 20% unproblematischer Konsum


1 Jahreskatamnese<br />

nach stationärer Entwöhnung<br />

44%<br />

22%<br />

28%<br />

6%<br />

Abstinent<br />

Abstinent n. R<br />

Rückfällig<br />

Rückfällig p. D<br />

Fischer, Missel, <strong>Nowak</strong>, Schwehm


Neue Module<br />

1. Handlungsorientierung ………<br />

Weniger Reden, mehr Handeln<br />

1. Videofeedback<br />

2. Bio- <strong>und</strong> Neurofeedback<br />

3. Meditative Angebote<br />

4. Ausführliche Edukation<br />

5. Bewegung, Sport<br />

6. Erlebnisorientierte Angebote<br />

7. <strong>Substitution</strong>sgestützte stationäre Angebote


Studien<br />

Weder abgeschlossene noch irregulär<br />

beendete Entwöhnungsbehandlungen<br />

lassen Rückschlüsse auf den Erfolg einer<br />

erneuten Behandlung zu<br />

Eine <strong>Substitution</strong>sbehandlung beeinflusst<br />

nicht die Erfolgswahrscheinlichkeit einer<br />

späteren Entwöhnungsbehandlung<br />

Rehakolloquium 2009 DRV B<strong>und</strong>


Übergänge schaffen<br />

Übergang nach Abbruch stationärer oder<br />

ambulanter drogenfreier Behandlung in<br />

<strong>Substitution</strong> (ambulant oder stationär)<br />

Übergang aus Haft in stationäre Therapie<br />

oder <strong>Substitution</strong><br />

Übergang Entgiftung nachfolgende<br />

Maßnahmen<br />

Übergang nach <strong>Substitution</strong> in nachfolgende<br />

Behandlungen (ambulant oder stationär)


<strong>Substitution</strong>, was dann?


Motivation


Gesetzliche u.<br />

berufsständische<br />

Vorgaben<br />

Persönliche<br />

Wertemuster,<br />

Berufsethik,<br />

Behandlungs- u.<br />

Kommunikationsstile<br />

BeraterIn/Therapeut<br />

Das Problem <strong>Dr</strong>eieck<br />

KlientIn<br />

Beziehungs-<br />

turbulenzen<br />

Bedürfnisse nach<br />

Rausch<br />

Einbindung in Milieus<br />

Abweichende<br />

Lebensstile,<br />

Wertemuster,<br />

Kommunikationsstile<br />

Gesetzliche u.<br />

berufsständische<br />

Vorgaben<br />

Persönliche<br />

Wertemuster,<br />

Berufsethik,<br />

Behandlungs- u.<br />

Kommunikationsstile<br />

ÄrztIn


Opiatentzug-Vertreibung aus dem<br />

Paradies ?


Pro:<br />

Wesen der <strong>Substitution</strong>:<br />

Ersatz einer illegalisierten psychoaktiven Substanz<br />

durch eine legal zugängliche Substanz, die in der Lage<br />

ist, Entzugserscheinungen u. Suchtdruck zu beeinflussen<br />

Anti-crime-Pille<br />

Antiprostitutionsmittel<br />

Integrationsfluidum<br />

Normalisierer<br />

Kontra:<br />

Suchtverlängerung = "Sucht nicht<br />

durch <strong>Dr</strong>ogen heilbar"<br />

Wechsel von Abhängigkeiten<br />

Unterdrücken von<br />

Veränderungswünschen<br />

Ruhigstellen u. Ordnungspolitik


50000<br />

45000<br />

40000<br />

35000<br />

30000<br />

25000<br />

20000<br />

15000<br />

10000<br />

5000<br />

0<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

21982<br />

21047<br />

Baden-Württemberg<br />

9981<br />

<strong>Substitution</strong> B<strong>und</strong>esländerverteilung<br />

8220<br />

6977 6614<br />

9567 7778 6613 6355<br />

Bayern<br />

Niedersachsen<br />

Hessen<br />

Hamburg<br />

4825 4599<br />

3343<br />

4568 4324 2239<br />

3230<br />

1779<br />

1998 1661 714 756 770 744 627 698 378 404 215 230 54 64<br />

Berlin<br />

Schleswig-Holstein<br />

Rheinland-Pfalz<br />

2007 2008<br />

Bremen<br />

Sachsen<br />

Saarland<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Thüringen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Brandenburg


Ges<strong>und</strong>heitspolitische<br />

Vorgaben:<br />

Senkung der Mortalität<br />

Senkung der Morbidität<br />

Überführung einer<br />

Mehrfach- in eine<br />

Monoabhängigkeit<br />

Verbesserung der<br />

sozialen u. psychischen<br />

Situation<br />

<strong>Dr</strong>ogenpolitische Vorgaben:<br />

Abstinenz in bezug auf <strong>Dr</strong>ogen<br />

Ausstieg aus der Kriminalität<br />

Ausstieg aus der Prostitution<br />

Auflösung öffentlicher Szenen<br />

Ziele einer<br />

<strong>Substitution</strong>sbehandlung<br />

• Realitätsdenken in Bezug<br />

auf Grenzen u.<br />

Spielräume der<br />

<strong>Substitution</strong><br />

• Durch substanzfixiertes<br />

Denken verursachtes<br />

Missverständnis in den<br />

Zielformulierungen<br />

• Ideologische<br />

Überfrachtung


% Patienten<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

0<br />

1-Jahres-Erfolg: Mortalität – Abstinenz – Haltequote<br />

Kleine Einrichtungen sind nicht schlechter!<br />

OR1: 0.6 (0.2-1.7)<br />

10<br />

OR2: 0.6 (0.2-1.4)<br />

1,5<br />

kleine mittlere große<br />

0,9<br />

1<br />

OR1: 2.2** (1.3-3.7)<br />

OR2: 2.0* (1.2-3.3)<br />

5<br />

7<br />

10,2<br />

Mortalität Wechsel<br />

Abstinenztherapie<br />

OR1: 0.6 (0.3-1.1)<br />

OR2: 0.5 (0.3-.0.99)<br />

1-Jahres outcome<br />

OR1: crude odds ratio (95% CI)<br />

OR2: odds ratio adjusted for clustering and duration of treatment<br />

5,4<br />

3,7<br />

OR1: 1.6** (1.2-2.1)<br />

OR2: 1.4* (1.1-1.9)<br />

3,1<br />

31,1<br />

32,2<br />

Abstinenz Abruchrate<br />

41,7


Erreichte Therapieziele aus der Sicht der Ärzte – Diskrepanz zu<br />

den tatsächlichen Bef<strong>und</strong>en<br />

Reduktion kriminelles Verh.<br />

Reduktion Beikonsum<br />

Reduktion psychiatr. Morbidität<br />

Reduktion körperl. Morbidität<br />

soziale Stabilisierung<br />

Motivation drogenfreie Th.<br />

vollkommene <strong><strong>Dr</strong>ogenfreiheit</strong><br />

Motivationsaufbau<br />

13<br />

22<br />

27<br />

28<br />

29<br />

26<br />

36<br />

39<br />

34<br />

35<br />

37<br />

43<br />

42<br />

47<br />

44<br />

46<br />

44<br />

46<br />

43<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

Häufigkeit in %<br />

48<br />

51<br />

51<br />

53<br />

58<br />

groß<br />

mittel<br />

klein


<strong>Substitution</strong>stypen<br />

• <strong>Substitution</strong> als Ausstiegshilfe<br />

• Ambivalenz auf Dauer gestellt<br />

• Stagnierende Dauersubstitution<br />

• Ersatzdroge bei drogen-<strong>und</strong> szenezentriertem<br />

Lebensstil<br />

• Selbstmedikation bei Depression, ADHS <strong>und</strong><br />

präpsychotischem Zustand


Typ Ausstiegshilfe<br />

• Erfolgreiche Kontrolle über den<br />

Umgang mit dem Suchtmittel<br />

• Stop der Suchtdynamik<br />

• erfolgreiche psychische <strong>und</strong> soziale<br />

Integrationsprozesse als Voraussetzung<br />

für Abdosieren zur Abstinenz


Typ Ambivalenz auf Dauer<br />

Patienten-Charakteristika:<br />

• vergleichsweise gute soziale <strong>und</strong> psychische<br />

Ressourcen, (Indikation zur<br />

Ambulanten Rehabilitation)<br />

• stützendes soziales Umfeld, evtl. familiäre<br />

Integration<br />

• schulische/berufliche Kompetenzen<br />

• häufig Erfahrungen mit (zeitweise<br />

erfolgreichen) Abstinenztherapien<br />

<strong>und</strong> Cleanphasen


Typ stagnierende<br />

Dauersubstitution<br />

Eingeschränkte Selbstwirksamkeitserwartungen<br />

• Patienten erleben sich in der<br />

Abstinenztherapie als gescheitert<br />

• geringe Zuversicht in längerfristig<br />

stabile Abstinenzfähigkeit<br />

• hohe Ängstlichkeit gegenüber Rückfallrisiken<br />

<strong>und</strong> Craving


Typ Szenenlebensstil<br />

Funktionalität des <strong>Substitution</strong>smittels<br />

• Risikovermeidung<br />

• Methadon/Subutex als „Filter“ gegen<br />

Überforderung durch<br />

- Emotionen<br />

- Spannungszustände<br />

- äußere Anforderungen<br />

• Vorsorge gegen Craving<br />

• Dämpfen von Krisen


Typ Selbstmedikation<br />

Charakteristika in der Behandlung:<br />

• Häufig sehr gute Compliance in der<br />

medizinischen <strong>und</strong> suchtherapeutisch /<br />

psychosozialen Behandlung<br />

• aktive Bewältigung von Risikosituation wird<br />

ersetzt durch Dosismodifikation<br />

• Verhandeln mit der Sucht –Verhandeln mit<br />

der Dosis


<strong>Dr</strong>op-out reasons (N = 830)<br />

drop-out reasons<br />

change to drug free therapy<br />

change of residence/doctor<br />

concomitant drug use<br />

patient does not show up anymore<br />

clean<br />

imprisonment<br />

other/unknown reasons<br />

death<br />

3,4<br />

6,9<br />

9,5<br />

12,5<br />

12,0<br />

0 5 10 15 20 25<br />

percent of patients<br />

14,5<br />

20,2<br />

21,0


Kontrolle im selbst bestimmten<br />

Substanzkonsum - KISS


Zusammenfassung I<br />

• Jede Zeit hat ihre Sucht<br />

• Jede Zeit hat ihren Umgang mit dem Süchtigen<br />

• Sucht ist ein Prozess, ein Weg in die Unfreiheit<br />

• Es bestand lange Zeit ein Paradigma der Abstinenz als einzig<br />

richtiger Weg<br />

• Sucht war/ist moralisch belegt <strong>und</strong> diskriminiert<br />

• Die Zielhierarchie des Umgangs mit der <strong>Dr</strong>ogenabhängigkeit<br />

muss ICF entsprechend verändert werden ohne<br />

Abstinenzparadigma (von Überleben zur Vermittlung von<br />

Fähigkeiten zur Verbesserung der Selbstregulierung)


Zusammenfassung II<br />

• Die <strong>Substitution</strong>sbehandlung ist ein erster Schritt zur<br />

Möglichkeit der Verbesserung von<br />

Fähigkeitsstörungen. Sie ist besser als ihr Ruf<br />

• Abstinenz bleibt auch bei <strong>Substitution</strong> ein<br />

Therapieziel, das mit dem Patienten zusammen<br />

erarbeitet werden kann<br />

• <strong>Substitution</strong> bedarf einer engeren therapeutischen<br />

Begleitung durch PSB <strong>und</strong> durch<br />

psychotherapeutische, rehabilitative Therapieformen<br />

(KISS, ambulante Rehabilitation etc)


Zusammenfassung III<br />

• Die Begleitung <strong>Dr</strong>ogenabhängiger muss ein<br />

Miteinander werden <strong>und</strong> nicht ein Nebeneinander aller<br />

Hilfsangebote (z.B. Fallkonferenzen)<br />

• Brücken zwischen den einzelnen Maßnahmen sind<br />

brüchig oder nicht vorhanden<br />

• Die stationäre Entwöhnung ist besser als ihr Ruf wie<br />

viele Katamnesen zeigen<br />

• Die Kooperation zwischen <strong>Substitution</strong>, Entgiftung,<br />

Entwöhnung, Maßregelvollzug <strong>und</strong> Beratungsstellen<br />

bedarf einer Überprüfung <strong>und</strong> Verbesserung<br />

• Die Suchthilfe bedarf eines Miteinanders <strong>und</strong> nicht<br />

eines Nebeneinanders


Zusammenfassung IV<br />

• Opiate sind Schmerzmittel<br />

• Schmerz <strong>und</strong> Zeit stehen in unmittelbarem<br />

Zusammenhang,<br />

• Sucht ist eine Krankheit von Raum <strong>und</strong> Zeit. Der<br />

Opiatabhängige lebt in seiner eigenen Zeit, die er <strong>und</strong><br />

die ihn gestaltet <strong>und</strong> formt,<br />

• Therapie ist die Gabe von Zeit, die der Süchtige<br />

braucht, um berührt werden zu können.<br />

• Wir sind Begleiter der Sucht <strong>und</strong> nicht Herrscher über<br />

die Sucht


DIE ERSTE ELEGIE<br />

Rilke<br />

WER, wenn ich schriee, hörte mich denn aus<br />

der Engel Ordnungen? <strong>und</strong> gesetzt selbst, es<br />

nähme einer mich plötzlich ans Herz: ich<br />

verginge von seinem stärkeren Dasein.<br />

Denn das Schöne ist nichts als des<br />

Schrecklichen Anfang, den wir noch grade<br />

ertragen……Ein jeder Engel ist schrecklich.<br />

Und so verhalt ich mich denn <strong>und</strong> verschlucke<br />

den Lockruf dunkelen Schluchzens……….


Hilfe


Ich danke für Ihre<br />

Aufmerksamkeit

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