5.9 Die Graßmann-Algebra
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<strong>5.9</strong>. DIE GRASSMANN-ALGEBRA 239<br />
<strong>5.9</strong> <strong>Die</strong> <strong>Graßmann</strong>-<strong>Algebra</strong><br />
Wir betrachten in der <strong>Algebra</strong><br />
T0(V ) = K ⊕ V ⊕ V ⊗ V ⊕ . . .<br />
der kovarianten Tensoren das Ideal I, das von den Tensoren v⊗v, v ∈ V , erzeugt<br />
wird, also<br />
I :=<br />
u ⊗ ⊗ v ⊗ v ⊗ w ⊗<br />
<br />
<br />
u ⊗ , w ⊗ <br />
∈ T0(V ), v ∈ V .<br />
Ein Ideal in einer graduierten <strong>Algebra</strong> heißt homogenes Ideal, wenn es (als K-<br />
<strong>Algebra</strong>) von homogenen Elementen erzeugt wird. Das gerade definierte Ideal I<br />
in der <strong>Algebra</strong> der kontravarianten Tensoren ist ein solches Ideal. Ein weiteres<br />
Beispiel bilden die Polynome mit lauter geraden Koeffizienten in K[x].<br />
<strong>5.9</strong>.1 Hilfssatz Ist W = Wh H-graduiert, U ein homogener Unterraum<br />
dann gilt:<br />
• U = <br />
h (U ∩ Wh), ist also ebenfalls H-graduiert.<br />
• W/U = <br />
h νU (Wh) <br />
h Wh/Uh, mit Uh := U ∩ Wh.<br />
Beweis:<br />
i) Ist E ein Erzeugendensystem von U aus lauter homogenen Elementen = 0,<br />
dann ist E = (E ∩ Wh), also<br />
U = <br />
U ∩ Wh = <br />
(U ∩ Wh).<br />
h<br />
ii) Wir betrachten αh: Wh + U → Wh/Uh, wh + U ↦→ wh + Uh. Dafür gelten<br />
offensichtlich die folgen Äquivalenzen:<br />
wh + U = w ′ h + U ⇔ wh − w ′ h ∈ U ⇔ wh − w ′ h ∈ Uh ⇔ wh + Uh = w ′ h + Uh.<br />
Liest man diese von links nach rechts, so erweist sich αh als wohldefiniert. Von<br />
rechts nach links gelesen ergibt sich die Injektivität. <strong>Die</strong> Surjektivität ist trivial.<br />
Es gilt demnach<br />
νU (Wh) K Wh/Uh.<br />
iii) Es bleibt also nur noch zu zeigen, daß die Summe νU (Wh) direkt ist. Ein<br />
Ansatz 0 = <br />
h∈ νU (wh) ergibt aber<br />
0 = wh + U =⇒ wh ∈ U =⇒ wh ∈ Uh =⇒ νU (wh) = 0.<br />
<strong>5.9</strong>.2 Satz Ist A = Ah eine H-graduierte K-<strong>Algebra</strong>, I ein homogenes Ideal,<br />
dann hat A/I die H-Graduierung<br />
A/I = <br />
νI(Ah) K Ah/Ih, mit Ih := I ∩ Ah.<br />
h<br />
✷
240<br />
Beweis: Nach <strong>5.9</strong>.1 gilt jedenfalls<br />
A/I = νI(Ah) (als K-Vektorraum).<br />
Ist jetzt xh ∈ νI(Ah), yh ′ ∈ νI(Ah ′), etwa<br />
dann gilt:<br />
xh = νI(ah), yh ′ = νI(bh ′),<br />
xh · yh ′ = νI(ah · bh ′) = νI(ch+h ′) ∈ νI(Ah+h ′).<br />
<strong>Die</strong> angegebene Zerlegung A/I = νI(Ah) ist also auch eine H−Graduierung<br />
für die Ringstruktur A/I.<br />
✷<br />
<strong>5.9</strong>.3 Definition (<strong>Graßmann</strong>–<strong>Algebra</strong>) T0(V )/I ist, wie T0(V ), N−graduierte<br />
K−<strong>Algebra</strong>, die sogenannte <strong>Graßmann</strong>-<strong>Algebra</strong> (oder auch: die äußere <strong>Algebra</strong>)<br />
über V :<br />
<br />
V := T0(V )/I = <br />
νI(⊗nV ).<br />
<strong>5.9</strong>.4 Satz Der Unterraum νI(V n<br />
0 ) von V ist isomorph zu n V . Wir können<br />
also schreiben:<br />
V <br />
n∈N<br />
Beweis: Wir betrachten die Abbildungen<br />
n∈N<br />
n V = <br />
n∈N<br />
n V .<br />
µn: n<br />
× V → νI( n<br />
⊗ V ), (v0, . . . , vn−1) ↦→ νI(v ⊗ ).<br />
i) µn ∈ Mn(× n V, νI( n<br />
⊗ V ), Sn, ɛ): Aus der Definition von I folgt<br />
also gilt<br />
µn(v0, . . . , vi−1, vi + vi+1, vi + vi+1, vi+2, . . . , vn−1) = 0,<br />
µn(v0, . . . , vn−1) = −µn(v0, . . . , vi−1, vi+1, vi, vi+2, . . . , vn−1),<br />
und das wiederum impliziert<br />
µ(v0, . . . , vn−1) = ɛ(π)µn(v π(0), . . . , v π(n−1)).<br />
ii) Nach i) kann µn über n V faktorisiert werden:<br />
n<br />
× V ✲ P n<br />
V<br />
ɛ Sn<br />
❅<br />
❅<br />
µn❅<br />
❅<br />
❅❅❘<br />
νI(⊗n ∃1ϕn<br />
❄<br />
V )<br />
•
<strong>5.9</strong>. DIE GRASSMANN-ALGEBRA 241<br />
es bleibt zu zeigen, daß ϕn Isomorphismus ist. Nach dem Abbildungssatz genügt<br />
— wegen der Surjektivität von P ɛ — der Nachweis der Gleichheit der Kerne.<br />
Sn<br />
ii) Wir zeigen deshalb, daß I ∩ n<br />
⊗ V = Kern(P ɛ Sn ):<br />
a) Kern(P ɛ n<br />
) ⊆ I ∩ ⊗ V : Weil P Sn ɛ Projektionsoperator ist, gilt<br />
Sn<br />
Kern(P ɛ Sn ) = Bild(id − P ɛ Sn ) = K〈(id − P ɛ Sn )v⊗ | vi ∈ V 〉<br />
und beachten, daß<br />
denn<br />
(id − P ɛ Sn )v⊗ = 1<br />
n!<br />
<br />
π<br />
(v ⊗ − ɛ(π)v ⊗ π ) ∈ I ∩ n<br />
⊗ V ,<br />
νI(v ⊗ − ɛ(π)v ⊗ π ) = µn(v0, . . . , vn−1) − ɛ(π)µn(v π(0), . . . , v π(n−1)) = i) 0.<br />
b) <strong>Die</strong> Umkehrung I ∩ n<br />
⊗ V ⊆ Kern(P ɛ Sn ) ist trivial, da jedes u⊗ ⊗ v ⊗ v ⊗ w ⊗<br />
aus n<br />
⊗ V im Kern von P ɛ Sn liegt.<br />
✷<br />
<strong>Die</strong> <strong>Graßmann</strong>-<strong>Algebra</strong> ist also direkte Summe der Symmetrieklassen n V, und<br />
diese wiederum haben, wie wir bereits seit langer Zeit wissen, als Basen die<br />
Mengen<br />
{b ∆ ϕ | ϕ streng monoton wachsend }.<br />
Streng monoton wachsende Abbildungen von n nach m gibt es aber nur für<br />
n ≤ m. Wir schließen daraus, mit Hilfe der Dimensionsformel<br />
n<br />
dimK( V ) =<br />
<br />
m<br />
,<br />
n<br />
daß folgendes richtig ist, weil 2 m = (1 + 1) m = <br />
n≤m<br />
<strong>5.9</strong>.5 Folgerung<br />
• V = n n≤m V ,<br />
• dimK( V ) = 2 dimK(V ) .<br />
m<br />
n :<br />
✷<br />
Wir benutzen im folgenden auch für die Multiplikation in V das Symbol ∧<br />
anstelle von ·, schreiben also z.B. v ∧ ∧ w ∧ anstelle von v ∧ · w ∧ .
242<br />
<strong>5.9</strong>.6 Anwendungen<br />
i) v ∧ v = 0.<br />
ii) Man kann auch die Cramersche Regel mit diesen Mitteln herleiten: Ist Ax = b<br />
ein vorgegebenes lineares Gleichungssystem mit regulärer Koeffizientenmatrix<br />
A ∈ K n×n und Spaltenvektoren ak, dann setzt man<br />
vt := a0 ∧ . . . ∧ at−1 ∧ at+1 ∧ . . . ∧ an−1, t ∈ n.<br />
Statt Ax = b können wir auch schreiben<br />
<br />
xkak = b.<br />
k<br />
um daraus xk zu ermitteln, multiplizieren wir (in V ) mit vt. Es ergibt sich<br />
dabei einerseits<br />
vt ∧ b = xk(vt ∧ ak) = xt(vt ∧ at).<br />
Andererseits gilt aber auch (beachte 5.7.8):<br />
vt ∧ b = (−1) n−t+1 a0 ∧ . . . ∧ at−1 ∧ b ∧ at+1 ∧ . . . ∧ an−1<br />
= (−1) n−t+1 det(a0, . . . , at−1, b, at+1, . . . , an−1)b0 ∧ . . . ∧ bn−1,<br />
während 5.7.8 auch noch folgendes hergibt:<br />
Also ergibt sich insgesamt<br />
das ist die Cramersche Regel.<br />
vt ∧ at = (−1) n−t · det(A) · b0 ∧ . . . ∧ bn−1.<br />
xt = det(a0, . . . , at−1, b, at+1, . . . , an−1)<br />
;<br />
det(A)<br />
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