Insekten – nur Schädlinge oder auch Nutztiere? (pdf, 783KB
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<strong>Schädlinge</strong>, Nützlinge <strong>oder</strong> einfach <strong>nur</strong> da?<br />
<strong>Insekten</strong> <strong>–</strong> <strong>nur</strong> <strong>Schädlinge</strong><br />
<strong>oder</strong> <strong>auch</strong> <strong>Nutztiere</strong>?<br />
Wenn man fragt, welche Tiere als nützlich und welche als<br />
schädlich empfunden werden, ordnen die meisten Leute<br />
<strong>Insekten</strong> und andere Gliedertiere auf der Seite der <strong>Schädlinge</strong><br />
ein. Mit Ausnahme von Honigbiene, Marienkäfer und<br />
bunten Schmetterlingen werden <strong>Insekten</strong> im Allgemeinen<br />
als unangenehm und wertlos empfunden. Woher kommt<br />
das eigentlich und stimmt diese Einschätzung?<br />
Artenreichtum der <strong>Insekten</strong><br />
<strong>Insekten</strong> sind auf der Erde allgegenwärtig.<br />
Mit Ausnahme des Meeres haben sie alle<br />
Lebensräume erobert, von den höchsten<br />
Luft- bis zu den tiefsten Bodenschichten,<br />
vom Polarkreis über die Wüsten bis hin<br />
zu den Tropen. Dabei haben sie wie keine<br />
andere Tiergruppe eine ausserordentliche<br />
Anpassungsfähigkeit an verschiedenste<br />
Umweltbedingungen bewiesen. Dies<br />
zeigt ihre grosse Artenzahl: Mit schätzungsweise<br />
einer Million bekannter Arten<br />
sind <strong>Insekten</strong> die bei weitem grösste<br />
Gruppe der auf der Erde lebenden Organismen.<br />
Demgegenüber erscheint die Zahl<br />
der heute lebenden Arten der Säugetiere<br />
(5000) und der Vögel (10 000) klein. Trotz<br />
ihrer geringen Grösse treten <strong>Insekten</strong> in<br />
ihren Lebensräumen in erstaunlich grossen<br />
Mengen auf. Vom Menschen abgesehen,<br />
machen z. B. allein die Ameisen und<br />
die Termiten weltweit über 25 % der tierischen<br />
Biomasse aus. Im tropischen Regenwald<br />
bringen <strong>nur</strong> schon die Ameisen<br />
drei- bis viermal so viel Gewicht auf die<br />
Waage wie die Säugetiere. Trotzdem kennen<br />
wir Säuger und Vögel besser als <strong>Insekten</strong><br />
und wir messen ihnen <strong>auch</strong> eine grössere<br />
Bedeutung im Naturhaushalt bei. Darüber<br />
hinaus empfinden wir im Allgemeinen Ver-<br />
treter dieser Gruppen als angenehm und<br />
für uns nützlich, während <strong>Insekten</strong> häufig<br />
als lästig <strong>oder</strong> sogar schädlich gelten. Aber<br />
entspricht dieses Bild <strong>auch</strong> der Realität?<br />
<strong>Insekten</strong> als <strong>Schädlinge</strong><br />
und Nützlinge<br />
Von den insgesamt eine Million <strong>Insekten</strong>-<br />
arten ist <strong>nur</strong> ein Bruchteil wirtschaftlich<br />
schädlich. Nach ihrer Schadwirkung las-<br />
14 UNIPRESS122/OKTOBER 2004<br />
Abb. 1: Ameisen in der Wüste Namibia sind<br />
ein Beispiel für eine <strong>Insekten</strong>gruppe mit einer<br />
unglaublichen Anpassungsfähigkeit.<br />
(Bild: Nadia Robert)<br />
sen sich <strong>Insekten</strong> im weitesten Sinn in<br />
Gesundheitsschädlinge und Pflanzenschädlinge<br />
unterteilen. Zu den wichtigsten<br />
Gesundheitsschädlingen gehören Krankheitsüberträger<br />
wie die Malariamücken,<br />
die Tsetsefliege, die in Afrika die Schlafkrankheit<br />
überträgt, sowie Rattenflöhe,<br />
die im Mittelalter die Pest, den «Schwarzen<br />
Tod», gebracht haben. Giftige <strong>Insekten</strong><br />
spielen eine vergleichsweise geringe<br />
Rolle und sind in der Regel <strong>nur</strong> für Menschen<br />
mit allergischen Reaktionen bedrohlich.<br />
Pflanzenschädlinge befallen nicht <strong>nur</strong><br />
Kulturpflanzen während ihres Wachstums<br />
auf dem Feld, sondern können <strong>auch</strong> als<br />
Vorratsschädlinge grossen Schaden anrichten.<br />
Es wird geschätzt, dass weltweit<br />
etwa 10 % der Kulturpflanzen <strong>Insekten</strong><br />
zum Opfer fallen.<br />
Den weitaus grössten Teil der <strong>Insekten</strong><br />
kann man aber als nützlich einstufen. Der<br />
Nutzen ist allerdings nicht immer direkt<br />
offensichtlich. Einige <strong>Insekten</strong> stellen Produkte<br />
her, die direkt vom Menschen genutzt<br />
werden. Dazu zählen unter anderem<br />
Honig, Seide, Farbstoffe, Schelllack<br />
und Wachs. Die meisten <strong>Insekten</strong> nützen<br />
dem Menschen aber eher indirekt, durch<br />
ihre Leistung, die sie im Ökosystem erbringen.<br />
Zu den bekanntesten Nützlingen zählen<br />
die Bestäuber, allen voran die Honigbiene.<br />
Zahlreiche Wildbienen sind ebenfalls<br />
bei vielen unserer Kulturpflanzen<br />
für den Fruchtansatz unabdingbar. Der<br />
volkswirtschaftliche Wert der Bestäubung<br />
durch Bienen wird in der Schweiz auf jährlich<br />
rund 360 Millionen Franken geschätzt.<br />
Schwer zu schätzen, aber wahrscheinlich<br />
weitaus bedeutender ist der Wert der unzähligen<br />
für uns unauffälligen <strong>Insekten</strong>arten:<br />
zum Beispiel Boden bewohnende<br />
Arten, die tierische und pflanzliche Abfälle<br />
und Kadaver wieder der Nahrungskette<br />
zuführen und somit Boden bilden.<br />
Viele <strong>Insekten</strong> halten andere Organismen<br />
in Schach und verhindern somit, dass sich<br />
andere Arten zu <strong>Schädlinge</strong>n <strong>oder</strong> Unkräutern<br />
entwickeln. Diese natürliche Schädlingsbekämpfung<br />
geschieht überall um<br />
uns herum, ohne dass wir sie gross wahrnehmen<br />
<strong>oder</strong> gar honorieren. Trotzdem<br />
ist dieser natürliche Regulationsmechanismus<br />
von kaum abzuschätzender Bedeutung<br />
für den Menschen und seine Umwelt,<br />
denn viele Arten entwickeln sich erst dann<br />
zu <strong>Schädlinge</strong>n, wenn sie nicht mehr durch<br />
ihre natürlichen Gegenspieler kontrolliert<br />
und im Zaum gehalten werden.<br />
Wie entstehen <strong>Schädlinge</strong>?<br />
Auf drei Wegen kann sich eine Art zum<br />
Schädling entwickeln. Die Einwanderung<br />
einer Art in ein vormals von ihr nicht<br />
besiedeltes Gebiet ist eine Möglichkeit.<br />
Sie ist heute wahrscheinlich die häufigste.<br />
Hauptsächlich durch den globalen Güter-<br />
und Personenverkehr werden in zunehmendem<br />
Masse Arten von einem Teil der
Abb. 2: Seit Beginn der industriellen Revolution und dem damit verbundenen zunehmenden<br />
globalen Transport nimmt weltweit die Zahl der gebietsfremden Arten zu. Als Beispiel<br />
die Zahl der in den USA gebietsfremden <strong>Insekten</strong> in den letzten vier Jahrhunderten.<br />
(Quelle: Van Driesche & Bellows, Biological Control, 1996, Chapman & Hall, New York.<br />
Welt in einen anderen verschleppt (Abb. 2).<br />
Der weitaus grösste Teil dieser Arten geht<br />
allerdings schnell wieder zugrunde, weil<br />
sie in der neuen Heimat keine geeigneten<br />
Lebensbedingungen vorfinden. Viele Organismen,<br />
die z. B. mit tropischen Früchten<br />
zu uns kommen, können bei den tiefen<br />
Temperaturen hier nicht überleben. Doch<br />
es gibt immer ein paar, die sich im neuen<br />
Gebiet ansiedeln können. Da sie meist<br />
ohne ihre natürlichen Feinde verschleppt<br />
werden, vermehren sie sich ungehindert<br />
und können viel höhere Dichten erreichen<br />
als in ihrer ursprünglichen Heimat. Etwa<br />
10 % der neu etablierten <strong>Insekten</strong>arten entwickeln<br />
sich so zu wirtschaftlich bedeutenden<br />
<strong>Schädlinge</strong>n.<br />
Y-Achse: Gebietsfremde <strong>Insekten</strong>, x-Achse: Jahr)<br />
Wenn sich durch ökologische Veränderungen<br />
bislang unauffällige Arten auf einmal<br />
in Massen vermehren, richten sie wirtschaft-<br />
liche Schäden an. Gerade die Landwirt-<br />
schaft hat dazu beigetragen, indem sie<br />
Hochertragssorten in Monokulturen anbaute<br />
und Konkurrenzpflanzen und natürliche<br />
Gegenspieler ausschloss. Dies hat<br />
weltweit viele neue <strong>Schädlinge</strong> hervorgebracht.<br />
Auch ein verändertes Konsumentenverhalten<br />
ist schuld daran, dass <strong>Schädlinge</strong> entstehen.<br />
Der Schorf auf Äpfeln ist ein Beispiel<br />
dafür: Rauhe Stellen auf der Haut,<br />
Schorf, entstehen durch geringfügige Beschädigung<br />
durch die Apfelsägewespe im<br />
Abb. 3: Der Schildkäfer Cassida rubiginosa, ein natürlicher Feind der Ackerkratzdistel.<br />
frühen Wachstumsstadium der Früchte <strong>–</strong><br />
ein sogenannter kosmetischer Schädling<br />
der nicht die Qualität beeinträchtigt, sondern<br />
<strong>nur</strong> das Aussehen. Solche Äpfel gelten<br />
als zweite Wahl; der Kunde bevorzugt<br />
makellose Früchte.<br />
Schliesslich kann <strong>auch</strong> die Öffnung neuer<br />
Märkte zur Entstehung von <strong>Schädlinge</strong>n<br />
führen. Auch hierzu ein Beispiel: Eine<br />
Milbe, die in den USA auf Zitrusfrüchten<br />
vorkommt, ist dort wirtschaftlich unbedeutend.<br />
Sie wurde zum Schädling erklärt,<br />
als Japan seinen Markt für Importe<br />
aus den USA öffnete. Die Japaner befürchteten<br />
zu Recht, dass die Milbe nach<br />
Japan eingeschleppt werden könnte <strong>–</strong> mit<br />
unabsehbaren Konsequenzen. Während<br />
die Milbe bis anhin in den USA toleriert<br />
wurde, mussten die exportierenden Produzenten<br />
quasi über Nacht eine Nulltoleranz<br />
gegenüber diesem «neuen» Schädling<br />
einhalten.<br />
Was tun gegen <strong>Schädlinge</strong>?<br />
Seit dem zweiten Weltkrieg werden hauptsächlich<br />
synthetische Insektizide zur Bekämpfung<br />
von Schadinsekten eingesetzt.<br />
Diese Methode ist sehr effektiv, weshalb<br />
sie bis heute dominiert. Doch sie verursacht<br />
erhebliche unerwünschte Nebenwirkungen<br />
mit teils enormen volkswirtschaftlichen<br />
Kosten (s. Tabelle 1, Seite 16). Dies<br />
hat in letzter Zeit zum Ruf nach verstärktem<br />
Einsatz alternativer Bekämpfungsmethoden<br />
geführt. Zu diesen zählen u. a.<br />
die Züchtung resistenter Kulturpflanzen<br />
<strong>oder</strong> die Fruchtfolge. Die Fruchtfolge verhindert,<br />
dass dieselbe Kulturpflanze mehrere<br />
Jahre hintereinander auf derselben<br />
Parzelle angebaut wird. <strong>Schädlinge</strong>, die<br />
auf der Parzelle überwintern, finden im<br />
nächsten Jahr eine fremde Wirtspflanze<br />
vor und stehen so ohne Nahrung da. Neuerdings<br />
werden <strong>auch</strong> Kulturpflanzen mit<br />
Hilfe der Gentechnik in die Lage versetzt,<br />
in ihrem Gewebe für <strong>Insekten</strong> giftige<br />
Stoffe zu produzieren.<br />
Biologische<br />
Schädlingsbekämpfung<br />
Eine in Europa bisher wenig beachtete und<br />
angewandte Technik ist die biologische<br />
Schädlingsbekämpfung: Natürliche Feinde<br />
werden als Agenten gegen Schadorganismen<br />
eingesetzt. Biologische Bekämpfung<br />
unterscheidet sich von chemischer grundsätzlich<br />
darin, dass es eine Rückwirkung<br />
UNIPRESS122/OKTOBER 2004<br />
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• Vergiftungserscheinungen durch Pestizide beim Menschen 184 000 000 $<br />
• Vergiftungserscheinungen durch Pestizide bei <strong>Nutztiere</strong>n und<br />
kontaminierte Nutztierprodukte 12 000 000 $<br />
• Reduzierte Nützlingsdichten und Pestizidresistenz 287 000 000 $<br />
• Vergiftung von Bestäubern und reduzierte Bestäubung 135 000 000 $<br />
• Verlust von Nutzpflanzen und Bäumen 70 000 000 $<br />
• Verlust in Fischerei und Jagd 11 000 000 $<br />
• Kosten staatlicher Massnahmen zur Eindämmung<br />
von Pestizidvergiftungen 140 000 000 $<br />
Total 839 000 000 $<br />
Tabelle 1: Geschätzte jährliche Umwelt- und soziale Kosten für den Gebr<strong>auch</strong> von Pestiziden<br />
in den USA (Stand 1980). (Quelle: D. Pimentel et al. 1980, Oikos 34: 126<strong>–</strong>140) Abb. 4: Förderung von Schlupfwespen zur<br />
Bekämpfung der Kastanienminiermotte in<br />
der <strong>Schädlinge</strong> auf die Agenten gibt. Gibt<br />
es viele <strong>Schädlinge</strong>, haben die Agenten genug<br />
zu fressen und können sich vermehren.<br />
Gibt es <strong>nur</strong> wenige <strong>Schädlinge</strong> <strong>oder</strong><br />
wurden sie bereits dezimiert (z. B. durch<br />
die Frasstätigkeit der eingesetzten Agenten),<br />
herrscht für die Agenten Nahrungsknappheit<br />
und ihre Zahl nimmt ab. Schädling<br />
und Agent bilden daher ein biologisch<br />
gekoppeltes System, dass sich selbst reguliert.<br />
Ziel einer biologischen Bekämpfung<br />
ist in der Regel <strong>auch</strong> nicht die Ausrottung<br />
des Schädlings, sondern die Regulierung<br />
seiner Population unterhalb einer wirtschaftlichen<br />
Schadschwelle. Wir sprechen<br />
daher häufig <strong>auch</strong> von biologischer Kontrolle<br />
eines Schädlings.<br />
Gerade der Trick, den Schädling nicht aus-<br />
zurotten, sondern immer eine Restpopula-<br />
tion überleben zu lassen, erhöht die Stabili-<br />
tät und damit die Nachhaltigkeit des Sys-<br />
tems. So gibt es immer eine Nahrungs-<br />
grundlage für die Agenten, die ansonsten<br />
aus Nahrungsmangel ebenfalls aussterben<br />
würden. Da die <strong>Schädlinge</strong> an einem Ort,<br />
an dem sie vorher ausgerottet wurden, aus<br />
der Umgebung immer wieder neu einwandern<br />
können, würde so das Problem ohne<br />
eine bestehende Agentenpopulation immer<br />
wieder neu auftreten. Dies ist z. B. bei der<br />
chemischen Bekämpfung der Fall. Die biolo-<br />
gische Schädlingskontrolle funktioniert<br />
sehr gut bei <strong>Schädlinge</strong>n, die durch Ein-<br />
wanderung in ein neues Gebiet gekommen<br />
sind.<br />
Sicherheit geht vor<br />
Damit man sowohl bei der biologischen<br />
wie <strong>auch</strong> bei allen andern Bekämpfungsmethoden<br />
keine bösen Überraschungen<br />
erlebt, muss man vor einem Einsatz von<br />
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Agenten sicher stellen, dass diese nicht<br />
selbst ungewollt Schaden anrichten. Es<br />
muss gewährleistet werden, dass die Agenten<br />
keine Arten ausser dem Schädling fressen.<br />
Dies lässt sich in sogenannten Spezifi-<br />
tätstests mit hoher Sicherheit feststellen.<br />
Auch bei der biologischen Bekämpfung<br />
gab es in der Vergangenheit einige Missgeschicke,<br />
die manchmal starke Auswirkungen<br />
auf Nicht-Zielorganismen, also andere<br />
Arten ausser dem Schädling hatten.<br />
Ein bekanntes Beispiel ist die Freilassung<br />
der Agarkröte in Australien im Jahr 1935,<br />
um Zuckerrohrschädlinge zu bekämpfen.<br />
Die Kröten haben trotz explosionsartiger<br />
Vermehrung die <strong>Schädlinge</strong> nicht zurückgedrängt,<br />
dafür aber zahlreiche einheimische<br />
<strong>Insekten</strong>arten dezimiert. Die Kröten<br />
waren leider nicht auf den Schädling spezialisiert,<br />
sondern nahmen alle möglichen<br />
<strong>Insekten</strong> als Beutetiere. Dank der heute<br />
üblichen Spezifitätstests gehören derartige<br />
Fehlgriffe der Vergangenheit an.<br />
<strong>Insekten</strong> im Einsatz<br />
Am häufigsten werden <strong>Insekten</strong> zur biologischen<br />
Schädlingsbekämpfung eingesetzt.<br />
Dies liegt hauptsächlich daran, dass<br />
wegen ihrer enormen Vielfalt gegen die<br />
meisten <strong>Schädlinge</strong> eine <strong>oder</strong> mehrere <strong>Insekten</strong>arten<br />
als natürliche Feinde in Frage<br />
kommen. Die erfolgreichste Gruppe sind<br />
die Schlupfwespen (Parasitoide). Sie haben<br />
sich darauf spezialisiert, ihre Eier in<br />
<strong>oder</strong> an andere <strong>Insekten</strong> zu legen. Aus<br />
den Eiern schlüpfen Larven, die ihren<br />
Wirt bei lebendigem Leib auffressen, bevor<br />
sie sich verpuppen und selbst zu einer<br />
Schlupfwespe werden (wer den Film<br />
«Alien» von Regisseur Ridley Scott kennt,<br />
kann sich in etwa vorstellen, wie so etwas<br />
für den Menschen aussehen würde). Prak-<br />
Basel. In den Kübeln befindet sich Herbstlaub,<br />
in dem sich sowohl die Motten als<br />
<strong>auch</strong> ihre natürlichen Feinde, die Schlupfwespen,<br />
befinden. Um zu verhindern, dass<br />
<strong>auch</strong> die <strong>Schädlinge</strong> aus den Behältern entweichen,<br />
sind die Ausgänge mit einem Gazestoff<br />
verschlossen, der es den kleineren<br />
Schlupfwespen erlaubt, die Behälter zu verlassen,<br />
während die grösseren Motten zurückgehalten<br />
werden.<br />
tisch jede <strong>Insekten</strong>art hat eine <strong>oder</strong> mehrere<br />
auf sie spezialisierte Schlupfwespenarten.<br />
Schlupfwespen sind deshalb eine<br />
der artenreichsten Gruppen innerhalb des<br />
<strong>Insekten</strong>reichs.<br />
Auch in der Gruppe der pflanzenfressenden<br />
(herbivoren) <strong>Insekten</strong> sind die meisten<br />
Vertreter stark spezialisiert, d. h. sie<br />
fressen <strong>nur</strong> auf einer <strong>oder</strong> wenigen Wirtspflanzen.<br />
Herbivore <strong>Insekten</strong> werden daher<br />
<strong>auch</strong> häufig, und oft erfolgreich, zur<br />
Bekämpfung von Unkräutern eingesetzt.<br />
Am Zoologischen Institut wird das Potential<br />
von <strong>Insekten</strong> zur biologischen Bekämpfung<br />
untersucht. Herbivore <strong>Insekten</strong><br />
werden zur Bekämpfung von europaweit<br />
wichtigen Unkräutern wie der Ackerkratzdistel<br />
<strong>oder</strong> dem Riesenbärenklau<br />
eingesetzt. Zur Bekämpfung der Kastanienminiermotte,<br />
einem Schädling unbekannter<br />
Herkunft, der sich in den letzten<br />
Jahren über fast ganz Europa ausgebreitet<br />
hat, werden Schlupfwespen verwendet.<br />
Vielleicht denken wir <strong>auch</strong> einmal<br />
an das nützliche Potential der meisten Insek-<br />
ten, bevor wir eines unachtsam totschlagen,<br />
<strong>nur</strong> weil uns seine Anwesenheit stört.<br />
PD Dr. Sven Bacher<br />
Zoologisches Institut