Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
“WIR SIND ALLE MIGRANTEN”<br />
Sie hat Gaddafi und<br />
Ahmadinedschad<br />
interviewt, hat auf<br />
drei Kontinenten<br />
gelebt und moderiert<br />
die Nachrichten<br />
auf “Al Jazeera”.<br />
Die libanesische<br />
Journalistin Ghida<br />
Fakhry im Gespräch<br />
über verbotene Fragen<br />
und den arabischen<br />
Medienmarkt.<br />
Von Simon Kravagna und<br />
Marina Delcheva<br />
biber: Sie wurden im Libanon geboren, sind in der<br />
Schweiz zur Schule gegangen, haben in den USA gelebt<br />
und arbeiten jetzt in Doha. Wo sind Sie zu Hause,<br />
wo sind Ihre Wurzeln?<br />
FAKHRY: Wenn man so viel herum reist, wird die<br />
Idee vom „Zuhause“ etwas Abstraktes und Relatives.<br />
Du bist überall zu Hause und überall fremd. Das hat<br />
natürlich Auswirkungen auf die eigenen Wurzeln.<br />
Aber da gibt es noch den Baumstamm, die Äste und<br />
die Blätter. Und diese formen wir selbst auf unserem<br />
Weg durchs Leben. Mein Zuhause ist, wo meine Tochter<br />
und mein Mann sind.<br />
Das “5. Global Forum” der UNAOC in Wien behandelt<br />
den Dialog zwischen den Kulturen. Viele bedeutende<br />
Staatsmänner werden über ihre Bemühungen<br />
um Dialog und Frieden referieren. Können solche<br />
Konferenzen überhaupt etwas bewirken?<br />
Ich bin seit dem ersten Forum vor fünf Jahren in Madrid<br />
dabei. Solche Treen sich wichtig, auch wenn ihr<br />
Erfolg überschaubar ist. Ich habe das Gefühl, dass sich<br />
in diesem Forum Menschen treen, die ohnehin übereinstimmen,<br />
während der wachsende Extremismus<br />
zur weltweiten Gefahr wird. Auch hier, im Herzen Europas,<br />
wo Neo-Nazi-Gruppen aktiv werden.<br />
BIBER BEI DER UNO<br />
Das biber war exklusiver Medienpartner des fünften „United<br />
Nations Alliance of Civilizations“ Global Forum in Wien.<br />
Vom 26. bis 28. Februar produzierten wir drei Ausgaben des<br />
englischsprachigen Konferenz-Magazins „Universe“, das an<br />
24 POLITIKA & GESELLSCHAFT<br />
Welche Rolle spielen Medien in einem solchen „Dialog<br />
der Kulturen“?<br />
Das ist eine schwierige Frage. Medien können sowohl<br />
bestehende Spannungen abschwächen, als auch zusätzlichen<br />
Zündsto liefern.<br />
Wie unterscheiden sich arabische von westlichen Medien?<br />
Zunächst durch die Sprache. Aber es gibt nicht „die<br />
westlichen“ und „die arabischen“ Medien. In den letzten<br />
Jahren explodiert der Medienmarkt im arabischen<br />
Raum. Er ist vielfältiger als noch vor 15 Jahren. Und<br />
natürlich gibt es da eine sehr potente Medienkra, die<br />
weder arabisch, noch westlich ist: das Internet.<br />
Auf der Konferenz wird ebenfalls über Medien- und<br />
Pressefreiheit diskutiert. Wurde Ihnen als Journalistin<br />
jemals verboten, eine bestimmte Frage zu stellen?<br />
Nein, niemals. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht,<br />
meine Fragen weder meinem Herausgeber,<br />
noch dem Interviewten zu zeigen. Das hat mir schon<br />
Schwierigkeiten eingebracht, aber das ist eben Teil des<br />
Jobs. Ich habe sogar auf Interviews mit bedeutenden<br />
Staatsmännern verzichtet, weil sie meine Fragen vorher<br />
sehen wollten.<br />
Zur Person: Ghida Fakhry ist<br />
eine libanesische Journalistin<br />
und Nachrichtensprecherin<br />
beim englischsprachigen<br />
Fernsehsender „Al<br />
Jazeera“. Sie hat zahlreiche<br />
Staatsoberhäupter aus<br />
dem Nahen Osten wie den<br />
verstorbenen lybischen Diktator<br />
Muammar Gaddafi, den<br />
afghanischen Präsidenten<br />
Hamid Karzai und Israels<br />
Staatschef Shimon Peres<br />
interviewt. Am 27. und 28.<br />
Februar hat sie die Eröffnung<br />
des 5. „United Nations Alliance<br />
of Civilizations“ Global<br />
Forum in Wien moderiert.<br />
mehr als 1.200 Konferenzteilnehmer verteilt wurde. Unter den<br />
Gästen und Referenten des Global Forum befanden sich UN-<br />
Generalsekretär Ban Ki-moon, der türkische Ministerpräsident<br />
Recep Erdoğan und die UNESCO-Chefin Irina Bokova.<br />
Foto: Ghida Kakhry