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Schmerztherapie bei Tumorerkrankungen - Tumorzentrum Erlangen ...

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<strong>Schmerztherapie</strong> <strong>bei</strong><br />

<strong>Tumorerkrankungen</strong><br />

Informationen für Patienten,<br />

Angehörige und Laienhelfer<br />

R. Sittl, E. Winter, C. Schiessl


2 3<br />

Herausgeber:<br />

Klinik für Anästhesiologie<br />

Schmerzambulanz<br />

Direktor: Prof. Dr. med. J. Schüttler<br />

Krankenhausstr. 12<br />

91054 <strong>Erlangen</strong><br />

Autoren:<br />

Dr. med. Reinhard Sittl<br />

Dr. med. Christine Schiessl<br />

Dr. med. Eva Winter<br />

Layout:<br />

Tanja Bürgelin-Arslan<br />

Auflage:<br />

2. Auflage, Juni 2004<br />

Universitätsklinikum<br />

<strong>Erlangen</strong><br />

Mit freundlicher Unterstützung<br />

durch das <strong>Tumorzentrum</strong> <strong>Erlangen</strong>-Nürnberg


Inhalt<br />

Vorwort 4<br />

Ursachen von Tumorschmerzen 6<br />

Knochenschmerzen<br />

Weichteilschmerzen<br />

Nervenschmerzen 7<br />

Schmerzen im Bauchraum<br />

Tumorunabhängige Schmerzen<br />

Medikamentöse <strong>Schmerztherapie</strong><br />

„Kleine“ Schmerzmittel (Nichtopioide)<br />

8<br />

„Starke“ Schmerzmittel (Opioide) 9<br />

Zusatzschmerzmittel (Koanalgetika) 13<br />

Schmerzbehandlung mit Spritzen,<br />

Infusionen und Medikamentenpumpen 15<br />

Schmerzbehandlung mit Kathetern (rückenmarksnah) 16<br />

Unterbrechung der Nervenleitung (Nervenblockaden) 17<br />

Unterbrechung der Nervenleitung am sympathischen System 18<br />

Strahlentherapie 19<br />

<strong>Schmerztherapie</strong> mit Radionukliden 19<br />

Schmerzbehandlung mit Stromgeräten (z.B. TENS-Geräte) 20<br />

Akupunktur 21<br />

Neurochirurgische Verfahren 22<br />

Psychologische Methoden der Schmerzbehandlung 23<br />

Schmerzfragebögen und Schmerztagebücher 24<br />

Exemplarische Therapiepläne aus der Schmerzambulanz<br />

des Universitätsklinikums <strong>Erlangen</strong> 25


4 5<br />

Vorwort<br />

Liebe Patientin, lieber Patient,<br />

liebe Angehörige, lieber Angehörige!<br />

Viele Patienten mit <strong>Tumorerkrankungen</strong><br />

leiden unter starken<br />

Schmerzen. Deshalb glauben<br />

viele Patienten und Angehörige,<br />

dass Krebserkrankungen untrennbar<br />

mit Schmerzen verbunden<br />

seien. Ziel dieser Broschüre ist<br />

es, Sie zu informieren, dass es für<br />

alle starken Schmerzen wirksame<br />

Behandlungsmöglichkeiten gibt.<br />

Bei Tumorschmerzen<br />

gibt es wirksame<br />

Behandlungsmöglichkeiten<br />

Gelegentlich ist die Schmerzbehandlung<br />

schwierig. Für solche<br />

problematischen Fälle gibt es<br />

spezielle Schmerzambulanzen.<br />

In diesen Schmerzambulanzen<br />

befassen sich Ärzte gezielt mit<br />

der Diagnose und der Behandlung<br />

von chronischen Schmerzen.<br />

Für eine erfolgreiche <strong>Schmerztherapie</strong><br />

tragen aber auch Sie als<br />

Patient bzw. als Angehöriger eine<br />

Mitverantwortung. Diese Verantwortung<br />

liegt vor allem darin,<br />

dass Sie <strong>bei</strong> der Behandlung Ihrer<br />

Schmerzen aktiv mitar<strong>bei</strong>ten.<br />

Das heißt, dass Sie Ihren Körper<br />

genau beobachten, Ihre Schmerzempfindungen<br />

genau beschreiben<br />

und Ihrem Arzt mitteilen.<br />

Anhand seiner Befunde und Ihrer<br />

Beschreibung wird er dann mit<br />

Ihnen zusammen einen genauen,<br />

auf Ihre Beschwerden hin ausgerichteten<br />

Behandlungsplan aufstellen.<br />

Diesen Plan sollten Sie<br />

sehr genau einhalten, denn nur<br />

dann kann Ihr Arzt Ihnen auch<br />

weitgehende Schmerzfreiheit in<br />

Aussicht stellen.<br />

Beispiele für solche Behandlungspläne<br />

bzw. Medikamentenpläne<br />

finden Sie am Ende dieser<br />

Broschüre.<br />

Erfolgreiche Tumorschmerztherapie<br />

ist nur durch die aktive<br />

Mitar<strong>bei</strong>t von Patienten und<br />

Angehörigen möglich.<br />

Die nun folgenden Informationen<br />

über Schmerzmedikamente und<br />

Behandlungsmaßnahmen von<br />

Schmerzen sollen Ihr Verständnis<br />

für die ärztlichen Behandlungsbemühungen<br />

verbessern.


Wir möchten auch versuchen,<br />

Ihnen die Angst vor unerträglichen<br />

Schmerzen zu nehmen,<br />

weil wir wissen, dass Angst und<br />

Einsamkeit das Schmerzempfinden<br />

erheblich steigern<br />

können.<br />

Wir hoffen, dass Sie dank einer<br />

guten und für Sie befriedigenden<br />

<strong>Schmerztherapie</strong> in Ihrer häuslichen<br />

Umgebung bleiben können<br />

und Ihnen dadurch schmerzbedingte<br />

Krankenhausaufenthalte<br />

erspart bleiben.


6 7<br />

Ursachen von Tumorschmerzen<br />

Der Schmerz <strong>bei</strong>m Tumorkranken<br />

kann verschiedene Ursachen<br />

haben und muss deswegen<br />

auch unterschiedlich<br />

behandelt<br />

werden.<br />

Da sich<br />

die Behandlungsmaßnahmen<br />

nicht nur nach<br />

der Stärke, sondern<br />

auch nach der Ursache<br />

der Schmerzen richten ist es<br />

wichtig, den Grund für die<br />

Schmerzen herauszufinden.<br />

Knochenschmerzen<br />

Eine häufige Schmerzursache<br />

sind Tumoren oder Tumorabsiedlungen<br />

(Metastasen) in Knochen<br />

bzw. Knochenhaut. Diese Geschwülste<br />

führen zu Entzündungen<br />

im Knochen und erregen<br />

da<strong>bei</strong> sogenannte Schmerzmelder<br />

(Nozizeptoren), die sich<br />

im Knochen befinden. Diese<br />

Schmerzen sind meist dumpf,<br />

gut lokalisierbar und verändern<br />

sich im Laufe des Tages kaum<br />

in ihrer Stärke. Im allgemeinen<br />

verstärken sich diese Schmerzen<br />

aber <strong>bei</strong> Bewegung oder<br />

Belastung der entsprechenden<br />

Knochenabschnitte.<br />

Weichteilschmerzen<br />

Breitet sich ein Tumor weiter aus<br />

und wächst da<strong>bei</strong> in das Bindegewebe,<br />

in die Muskulatur, in die<br />

Haut oder in die Schleimhäute<br />

ein, so kann auch dies Schmerzen<br />

verursachen, denn auch in<br />

diesen Geweben befinden sich<br />

Schmerzmelder. Diese Art von<br />

Schmerzen sind meist dumpf<br />

und schlecht lokalisierbar.


Nervenschmerzen<br />

Wächst der Tumor in Nerven bzw.<br />

in ganze Nervengeflechte ein, so<br />

kann dies starke und schwer<br />

behandelbare Schmerzen erzeugen.<br />

Diese Schmerzen sind eher<br />

scharf, einschießend und elektrisierend<br />

oder werden als brennend<br />

empfunden. Sie können in<br />

das Versorgungsgebiet des<br />

zugehörigen Nerven ausstrahlen.<br />

Nervenschmerzen benötigen<br />

häufig besondere Behandlungsmaßnahmen.<br />

Schmerzen im Bauchraum<br />

Sind Hohlorgane (z.B. Gallenblase)<br />

oder andere Organe des<br />

Bauchraums vom Tumor betroffen,<br />

so entstehen dumpfe, tiefliegende<br />

oder auch kolikartige<br />

Schmerzen. Gelegentlich kommt<br />

es dadurch zu schmerzhaften<br />

Muskelverspannungen am<br />

Rumpf, oder es entstehen<br />

Berührungsempfindlichkeiten an<br />

der Haut. Da die Schmerzursache<br />

im Organ und nicht an<br />

der Haut bzw. in der Muskulatur<br />

direkt liegt, nennt man diese<br />

Schmerzen übertragene<br />

Schmerzen.<br />

Tumorunabhängige<br />

Schmerzen<br />

Neben den oben angeführten<br />

Schmerzen gibt es aber auch<br />

viele Schmerzen, die mit dem<br />

Tumor direkt nichts zu tun haben.<br />

Beispiel hierfür wären Rückenschmerzen<br />

oder Kopfschmerzen,<br />

die vielleicht daher rühren, dass<br />

Sie sich sehr viele Sorgen<br />

machen und dadurch insgesamt<br />

sehr angespannt sind.<br />

Darüber hinaus können z.B. auch<br />

Verwachsungen nach Operationen<br />

oder Strahlenbehandlungen<br />

Schmerzen verursachen.<br />

Schmerzen können das erste<br />

Zeichen eines Wiederauftretens<br />

des Tumors sein, so dass es<br />

wichtig ist, der Ursache der<br />

Schmerzen nachzugehen, um<br />

rechtzeitig eine Behandlung einleiten<br />

zu können.


8 9<br />

Medikamentöse <strong>Schmerztherapie</strong><br />

Eine medikamentöse <strong>Schmerztherapie</strong><br />

kann <strong>bei</strong> etwa 90 % der<br />

Patienten mit Tumorschmerzen<br />

eine gute Schmerzlinderung<br />

bewirken. Ist eine medikamentöse<br />

<strong>Schmerztherapie</strong> nicht mehr<br />

ausreichend, sollten Spezialverfahren<br />

wie z.B. rückenmarksnahe<br />

Verfahren eingesetzt werden.<br />

Vielleicht waren Sie etwas verwundert<br />

oder sogar entsetzt, als<br />

Ihnen Ihr Arzt einen Medikamentenplan<br />

aufgestellt hat, in dem<br />

überraschend viele verschiedene<br />

Arzneimittel vorkamen. Damit Sie<br />

diese besser verstehen, möchten<br />

wir nun im folgenden die wichtigsten<br />

Medikamente besprechen<br />

und Sie auf Wirkung, mögliche<br />

Nebenwirkungen und Einsatzgebiete<br />

dieser Medikamente hinweisen.<br />

„Kleine“ Schmerzmittel<br />

(Nichtopioide)<br />

Die sogenannten „kleinen“<br />

Schmerzmittel oder Nichtopioide<br />

werden häufig auch <strong>bei</strong> anderen<br />

Arten von Schmerzen z.B. <strong>bei</strong><br />

Zahn- oder Kopfschmerzen eingesetzt.<br />

Das bekannteste Medikament<br />

aus dieser Gruppe ist das<br />

Aspirin ® (Acetylsalicylsäure).<br />

Die wichtigsten <strong>bei</strong> uns verwendeten<br />

Vertreter dieser Medikamente<br />

sind Ibuprofen und<br />

Voltaren ® (Diclofenac). Die<br />

Hauptwirkung dieser<br />

Medikamente beruht darauf,<br />

dass sie sich im entzündeten<br />

Gewebe ansammeln und dort die<br />

Bildung schmerzverstärkender<br />

Stoffe (z.B. Prostaglandine) vermindern.<br />

Ein weiterer sehr wichtiger<br />

Vertreter dieser Schmerzmittel<br />

ist Novalgin ® (Metamizol),<br />

das <strong>bei</strong> bestimmten Schmerzformen,<br />

z.B. krampfartigen Bauchschmerzen,<br />

eine sehr gute Wirksamkeit<br />

zeigt.<br />

Darüberhinaus wird <strong>bei</strong> Kindern<br />

häufig ben-u-ron ® (Paracetamol)<br />

eingesetzt. Wie Novalgin ® wirkt<br />

auch ben-u-ron ® zusätzlich<br />

fiebersenkend. Wichtig für Sie ist<br />

die Information, dass einige<br />

dieser Medikamente (z.B.<br />

Novalgin ® , Aspirin ® ) nur 4 Stunden<br />

wirken und daher bis zu<br />

6 mal pro Tag eingenommen<br />

werden müssen. Medikamente<br />

wie Ibuprofen und Diclofenac<br />

können in unterschiedlichem<br />

Ausmaß Magenbeschwerden<br />

auslösen. Daher müssen magenempfindliche<br />

oder ältere Patienten<br />

gleichzeitig ein Magenschutzpräparat<br />

(z.B. Antra ® ) einnehmen.


Nebenwirkungen<br />

(z.B. Magenbeschwerden)<br />

frühzeitig behandeln!<br />

„Starke“ Schmerzmittel<br />

(Opioide)<br />

Wenn die Schmerzlinderung mit<br />

den vorher beschriebenen Medikamenten<br />

nicht ausreicht, ist eine<br />

zusätzliche Therapie mit Opioiden<br />

erforderlich. Opioide wirken<br />

hauptsächlich im zentralen Nervensystem,<br />

also im Rückenmark<br />

und im Gehirn. Diese Medikamente<br />

besetzen da<strong>bei</strong> bestimmte<br />

Strukturen auf der Oberfläche<br />

von Nervenzellen (Rezeptoren)<br />

und unterdrücken somit die<br />

Weiterleitung der Schmerzen. Die<br />

Information über die Schmerzen<br />

erreicht dann nur in abgeschwächter<br />

Form diejenigen<br />

Gehirnabschnitte, in denen wir<br />

Schmerz wahrnehmen.<br />

Man unterteilt die Opioide<br />

in zwei Gruppen:<br />

Zu der einen Gruppe zählt man<br />

die etwas schwächer wirksamen<br />

Opioide. Dazu gehören Tramal ®<br />

(Tramadol) und Valoron ® N<br />

(Tilidin). Tramal ® und Valoron ® N<br />

haben außer Übelkeit eine sehr<br />

geringe Nebenwirkungsrate und<br />

liegen als Retardtablette (lang<br />

wirksame Tablette mit einer<br />

Wirkdauer von<br />

8-12 Stunden), als Kapsel,<br />

Zäpfchen und in Tropfenform vor.<br />

Für die Opioide aus der stärker<br />

wirksamen Gruppe muss Ihr Arzt<br />

ein spezielles Rezept ausstellen.<br />

Das bekannteste Medikament<br />

aus dieser Gruppe ist Morphin.<br />

Es wird vor allem als Retardtablette<br />

mit einer Wirkdauer von<br />

8 - 12 Stunden verordnet,<br />

d.h. die Einnahme von 2 - 3<br />

Tabletten pro Tag ist ausreichend.<br />

Für viele Patienten ist eine Dosis<br />

von 60 - 120 mg Morphin pro Tag<br />

ausreichend wirksam. Es gibt<br />

aber Patienten (auch Kinder), <strong>bei</strong><br />

denen eine befriedigende<br />

Schmerzlinderung nur durch<br />

wesentlich höhere Mengen an<br />

Morphin, z.B. bis zu 1000 mg pro<br />

Tag, erzielt werden kann.


10 11<br />

Medikamentöse <strong>Schmerztherapie</strong><br />

Wichtig für den Gebrauch von<br />

Retardtabletten ist die Information,<br />

dass diese nicht zerbrochen<br />

(halbiert, zerkleinert) werden<br />

dürfen, denn sonst wird die verzögerte<br />

Abgabe des Wirkstoffes<br />

im Darm gestört. Es kommt dann<br />

zu rascherer Aufnahme in den<br />

Körper, Nebenwirkungen treten<br />

verstärkt auf und die Wirkung<br />

lässt bereits nach relativ kurzer<br />

Zeit wieder nach.<br />

Retardtabletten<br />

nicht zerbrechen!<br />

Wenn Sie Probleme <strong>bei</strong>m<br />

Schlucken der Medikamente<br />

haben oder Ihre Medikamente<br />

über eine Sonde einnehmen<br />

müssen, kann man retardiertes<br />

Morphin in Form von Pellets<br />

(kleinen Kügelchen), z.B. M-long ®<br />

oder als Lösung (MST ® Retard<br />

Granulat) einnehmen.<br />

Vielleicht haben Sie schon gehört,<br />

dass man Schmerzmedikamente<br />

auch mithilfe von Pflastern,<br />

gewissermaßen „durch die Haut“<br />

verabreichen kann. Auch diese<br />

„Schmerzpflaster“ enthalten<br />

starke Opioide (Fentanyl in<br />

Durogesic ® , Buprenorphin in<br />

Transtec ® ). Ihre Wirkungen und<br />

Nebenwirkungen ähneln somit<br />

denen anderer starker Schmerzmittel.<br />

Zu berücksichtigen ist allerdings<br />

der langsame Wirkungseintritt.<br />

Es dauert etwa 12 Stunden<br />

bis ein schmerztherapeutisch<br />

ausreichender Wirkspiegel erreicht<br />

ist. Vorteilhaft ist die geringere<br />

Rate an Verstopfung und der<br />

nur an jedem dritten Tag notwendige<br />

Wechsel des Pflasters.<br />

Buprenorphin steht auch als sog.<br />

„Sublingualtablette“ zur Verfügung.<br />

Diese Tablette (Temgesic ® ) muss<br />

unter die Zunge gelegt werden<br />

und wird dann über die Mundschleimhaut<br />

aufgenommen.<br />

Wird sie verschluckt, ist sie fast<br />

nicht wirksam!<br />

Prinzipiell ist es unser Ziel Sie mit<br />

Hilfe retardierter, also lang wirksamer<br />

Präparate, über 24 Stunden<br />

möglichst schmerzfrei zu halten.<br />

Trotzdem kann es vorkommen,<br />

dass <strong>bei</strong> besonderer körperlicher<br />

Belastung stärkere Schmerzen auftreten.<br />

Für diesen Fall wird Ihnen<br />

Ihr Arzt ein schnell, jedoch kürzer<br />

wirksames Opioid, z.B. Morphintropfen<br />

oder Sevredol ® -Tabletten<br />

verschreiben und Ihnen sagen, wie<br />

oft Sie diese Zusatzmedikamente<br />

einnehmen sollen.<br />

Die Verschreibung von starken<br />

Opioiden wird leider häufig<br />

verzögert, denn sowohl Sie als<br />

Patient, als auch manche Ärzte


haben leider immer noch übertriebene<br />

Vorbehalte. Viele glauben,<br />

dass man <strong>bei</strong> Einnahme von<br />

Morphin schnell abhängig und<br />

süchtig wird. Wir können Ihnen<br />

aus unseren Erfahrungen versichern,<br />

dass dies nicht der<br />

Fall ist. Eine psychische<br />

Abhängigkeit von Opioiden entsteht,<br />

wenn man Opioide in<br />

hohen Dosierungen intravenös<br />

spritzt. Dies führt zu hohen<br />

Blutspiegeln und hohen<br />

Konzentrationen des Opioids<br />

auch im Gehirn und kann zu<br />

einem Glücksgefühl führen, das<br />

Plasmakonzentration Morphin<br />

toxisch<br />

therapeutisch<br />

wirksam<br />

noch nicht<br />

wirksam<br />

man immer wieder erreichen<br />

möchte. Wenn Sie Ihre starken<br />

Schmerzmittel regelmäßig (nach<br />

der Uhr) nach ihrem Behandlungsplan<br />

einnehmen, dann<br />

werden Sie auch nicht „süchtig“.<br />

Somit können Sie z.B. nach einer<br />

erfolgreichen Operation bzw.<br />

einer Strahlenbehandlung die<br />

starken Schmerzmittel ohne<br />

Probleme schrittweise wieder<br />

absetzen.<br />

Regelmäßige Einnahme der<br />

Schmerzmittel verhindert<br />

die Suchtentwicklung!<br />

intravenös<br />

gespritztes Morphin<br />

nach Behandlungsplan<br />

regelmäßig eingenommenes<br />

Morphin<br />

Morphintabletten


12 13<br />

Medikamentöse <strong>Schmerztherapie</strong><br />

Neben der Angst vor einer Abhängigkeit<br />

und Sucht <strong>bei</strong> der<br />

Einnahme von Opioden ist auch<br />

die Meinung immer noch verbreitet,<br />

dass Opioide das letzte Mittel<br />

direkt vor dem Tod seien. Wenn<br />

Morphin<br />

Opiatrezeptor<br />

die Schmerzen noch stärker würden,<br />

stünde kein Medikament zur<br />

Schmerzlinderung mehr zur<br />

Verfügung. Wir können Ihnen versichern,<br />

dass dies nicht so ist. Es<br />

gibt Patienten, die wegen tumorbedingter<br />

Schmerzen monate-, ja<br />

sogar jahrelang Opioide einnehmen.<br />

Bei den starken Opioiden<br />

gibt es keine obere Dosisbegrenzung,<br />

so dass man <strong>bei</strong> einer<br />

Zunahme der Schmerzen durch<br />

eine Erhöhung der Opioiddosis<br />

häufig wieder eine gute Schmerzlinderung<br />

erreichen kann.<br />

Im Gegensatz zu den sogenannten<br />

„kleinen“ Schmerzmitteln<br />

brauchen Sie auch<br />

nach längerer Einnahme<br />

von<br />

Opioiden keine<br />

Angst vor Organschäden<br />

zu haben.<br />

Alle starken Opioide<br />

haben im wesentlichen<br />

die gleichen<br />

Nebenwirkungen.<br />

Bei fast allen<br />

Patienten kommt es<br />

zur Verstopfung.<br />

Diese Nebenwirkung<br />

muss bereits<br />

vorbeugend mit<br />

einem Abführmittel<br />

behandelt werden.<br />

„Hausmittel“ wie<br />

ballaststoffreiche Ernährung, ausreichende<br />

Flüssigkeitszufuhr oder<br />

ein Schälchen gedörrter Pflaumen<br />

sind sicherlich hilfreich,<br />

aber alleine nicht ausreichend.<br />

Eine weitere unangenehme Nebenwirkung<br />

der Opioide ist die<br />

gelegentlich zu Beginn der Behandlung<br />

auftretende Übelkeit.<br />

Diese kann aber gut mit Medikamenten<br />

(Paspertin ® , Haldol ® ,<br />

Vomex ® , Zofran ® Sterischer Buckel<br />

) beherrscht


werden und verschwindet meist<br />

nach 10 - 14 Tagen.<br />

Weitere Nebenwirkungen, die Sie<br />

für Ihre Schmerzlinderung in Kauf<br />

nehmen müssen, sind Müdigkeit<br />

in der Anfangsphase der Einnahme<br />

und erschwertes Wasserlassen,<br />

insbesondere <strong>bei</strong> Patienten<br />

mit Prostatavergrößerung.<br />

Für Ihren Arzt ist es wichtig,<br />

dass Sie die <strong>bei</strong> Ihnen auftretenden<br />

Nebenwirkungen genau beobachten<br />

und beschreiben, denn <strong>bei</strong> jedem<br />

Patienten ist die Ausprägung dieser<br />

Symptome anders.<br />

Nur durch Ihre Mitar<strong>bei</strong>t kann<br />

ein optimaler Therapieplan<br />

ausgear<strong>bei</strong>tet werden!<br />

Sie haben jetzt viel über behandelbare<br />

Nebenwirkungen gehört.<br />

Wir möchten Ihnen aber auch<br />

mitteilen, dass die segensreiche<br />

schmerzlindernde Wirkung dieser<br />

Medikamente alle Nebenwirkungen<br />

weit überwiegt. Dies zeigen<br />

uns immer wieder die Berichte<br />

von Patienten, aber auch von<br />

Eltern tumorkranker Kinder,<br />

die durch die regelmäßige<br />

Einnahme von starken<br />

Schmerzmitteln zu Hause<br />

oder auch in der Schule<br />

schmerzfrei und leistungsfähig<br />

sind.<br />

Zusatzschmerzmittel<br />

(Koanalgetika)<br />

Häufig werden neben den nun<br />

bereits bekannten Schmerzmitteln<br />

noch weitere Medikamente in<br />

Ihrem persönlichen Behandlungsplan<br />

zu finden sein. So werden<br />

z.B. <strong>bei</strong> krampfartigen Schmerzen<br />

im Bereich des Darmes oder der<br />

Blase Medikamente (z.B. Buscopan<br />

® ) gegeben, die krampflösend<br />

sind und die schmerzlindernde<br />

Wirkung der übrigen Schmerzmittel<br />

verbessern. Bei Muskelschmerzen<br />

helfen häufig muskelentspannende<br />

Medikamente, wie<br />

z.B. Musaril ® oder Katadolon ® .<br />

Bei Lymphstauungen, <strong>bei</strong> Nervenschmerzen,<br />

<strong>bei</strong> Kopfschmerzen<br />

durch erhöhten Hirndruck,<br />

<strong>bei</strong> Leberkapselschmerzen und<br />

<strong>bei</strong> diffusen Weichteilschmerzen<br />

können Abkömmlinge des Cortisons<br />

durch ihre abschwellende<br />

Wirkung zu einer guten Schmerzlinderung<br />

führen.


14 15<br />

Medikamentöse <strong>Schmerztherapie</strong><br />

Bei einschießenden, attackenförmigen<br />

Schmerzen können Sie<br />

mit Medikamenten (z.B. Tegretal ® ,<br />

Rivotril ® , Neurontin ® ) behandelt<br />

werden, die eigentlich zur<br />

Behandlung von Krampfanfällen<br />

eingesetzt werden. Diese Medikamente<br />

setzen die Erregbarkeit<br />

der Nervenmembran herab.<br />

Bei Knochenschmerzen kann<br />

Aredia ® als Infusion oder Ostac ®<br />

in Tablettenform zusätzlich eingesetzt<br />

werden. Diese Medikamente<br />

verhindern nicht nur das Fortschreiten<br />

der Knochenzerstörung<br />

durch den Tumor sondern<br />

führen auch zu einer Schmerzlinderung,<br />

die allerdings<br />

nicht sofort eintritt.<br />

Da Ihre Grundkrankheit<br />

für Sie auch eine außerordentlicheseelische<br />

Belastung mit<br />

Angst, Niedergeschlagenheit<br />

und Schlaflosigkeit<br />

darstellen<br />

kann, ist es in Ausnahmefällen<br />

angebracht,<br />

Beruhigungsmittel oder<br />

Schlafmittel wie Tavor ®<br />

oder Adumbran ® zu verordnen.<br />

Gelegentlich können<br />

auch Antidepressiva (Mittel<br />

gegen Niedergeschlagenheit,<br />

z.B. Saroten ® , Anafranil ® ) <strong>bei</strong><br />

Ihnen notwendig sein. Diese<br />

Antidepressiva sind auch gut<br />

wirksam <strong>bei</strong> Nervenschmerzen<br />

mit Missempfindung und Hautbrennen.<br />

Grundsätzlich sind wir<br />

aber der Meinung, dass Angst<br />

und Niedergeschlagenheit besser<br />

durch einfühlsame Gespräche<br />

zwischen Ihnen und Ihren<br />

Angehörigen, Ihren Freunden,<br />

Ihrem Arzt, Ihrer Betreuungsschwester<br />

oder eventuell mit<br />

Ihrem Psychotherapeuten zu<br />

„behandeln“ sind.<br />

Auf die Zusatzmedikamente<br />

zur Vermeidung von Nebenwirkungen<br />

wie Magenbeschwerden<br />

(Antra ® ), Übelkeit (Paspertin ® )<br />

und Verstopfung (Laxoberal ® )<br />

sind wir bereits eingegangen.<br />

Beispielhafte Medikamentenpläne<br />

aus unserer eigenen<br />

Erfahrung mit den soeben<br />

beschriebenen Schmerzmitteln<br />

finden sich am Ende dieser<br />

Broschüre.


Schmerzbehandlung mit<br />

Medikamentenpumpen<br />

Gelegentlich kann es Gründe<br />

geben, dass die Schmerzmittel<br />

nicht in Tabletten-, Zäpfchenoder<br />

Tropfenform verabreicht<br />

werden können. Die Medikamente<br />

können dann über einen<br />

Tropfer (Infusion) zugeführt werden.<br />

Wichtig ist da<strong>bei</strong>, dass die<br />

Schmerzmittel möglichst ohne<br />

Unterbrechung, zum Beispiel mit<br />

Hilfe einer kleinen Pumpe, verabreicht<br />

werden, um gleichmäßige<br />

Medikamentenkonzentrationen<br />

im Blut und damit eine konstante<br />

Wirksamkeit zu erreichen.<br />

Starke Schmerzmittel können<br />

auch ins Unterhautfettgewebe<br />

gespritzt werden (subcutan,<br />

s.c.). Hierzu<br />

wird eine kurze,<br />

dünne Nadel ins<br />

Unterhautfettgewebe<br />

geschoben.<br />

Daran wird ein<br />

dünner Schlauch,<br />

der mit einer mechanisch<br />

betriebenen<br />

Pumpe verbunden ist,<br />

angeschlossen. Diese Pumpe<br />

gibt das Medikament gleichmäßig<br />

ab. Die Nadeln sind<br />

selbstklebend und die Pumpen<br />

sehr klein, deshalb werden Sie in<br />

Ihrer Bewegungsfreiheit oder <strong>bei</strong><br />

der Körperpflege kaum eingeschränkt.<br />

Wenn Sie einen zentralvenösen<br />

Zugang (z.B. Port- oder Hickmankatheter)<br />

haben, kann<br />

man Sie auch mit einer<br />

elektronischen, individuell<br />

programmierbaren<br />

Pumpe versorgen. Hier<br />

kann man neben der<br />

kontinuierlichen<br />

Zufuhr des Schmerzmedikamentes<br />

auch<br />

die Möglichkeit eines<br />

„Bolus“ einprogrammieren.<br />

Das bedeutet für<br />

Sie, dass Sie sich <strong>bei</strong> Bedarf,<br />

z.B. <strong>bei</strong> Schmerzspitzen oder vor<br />

einer größeren Belastung zusätzlich<br />

eine kleine Menge an<br />

Schmerzmittel zuführen können,<br />

egal wo Sie sich aufhalten.<br />

Der Vorteil dieser Pumpsysteme<br />

liegt unter anderem darin, dass<br />

man Ihnen neben den Schmerzmitteln<br />

auch andere Medikamente,<br />

z.B. Mittel gegen Übelkeit,<br />

zuführen kann.


16 17<br />

Schmerzbehandlung mit Kathetern<br />

(rückenmarksnah)<br />

Eine weitere Möglichkeit der<br />

<strong>Schmerztherapie</strong> ist die Verabreichung<br />

stark wirksamer Medikamente<br />

in den „Periduralraum“ mit<br />

Hilfe eines dünnen Kunststoffschlauches<br />

(Katheter). Bei konsequenter<br />

Anwendung einer<br />

Therapie mit Tabletten, Tropfen<br />

und Zäpfchen ist ein rückenmarksnaher<br />

Katheter nur <strong>bei</strong><br />

2-3 % aller Patienten mit tumorbedingten<br />

Schmerzen notwendig.<br />

Der Periduralraum befindet sich<br />

im Wirbelsäulenkanal und ist nur<br />

durch eine dünne Haut vom<br />

Nervenwasser getrennt, welches<br />

das Rückenmark umgibt. Verabreicht<br />

man Medikamente über<br />

einen dort eingelegten Katheter,<br />

so wandert das Schmerzmittel<br />

zum Rückenmark und unterbindet<br />

dort die Schmerzleitung. Mit<br />

Hilfe dieser Methode können<br />

stärkste Schmerzen im Brust-<br />

oder Bauchraum, im Becken und<br />

in den Beinen behandelt werden,<br />

die mit Tabletten oder Tropfen<br />

nicht mehr zu beherrschen sind.<br />

Der Vorteil dieser Methode ist,<br />

dass man nur den Bruchteil der<br />

für eine Behandlung mit Tabletten<br />

notwendigen Wirkstoffmenge<br />

benötigt und weniger Nebenwirkungen<br />

auftreten. Die Anlage<br />

von Periduralkathetern und die<br />

Dosisfindung benötigen nur<br />

einen kurzfristigen Krankenhausaufenthalt.<br />

Nachteilig ist, dass Sie <strong>bei</strong> Ihrer<br />

Körperpflege auf den Kunststoffschlauch<br />

achten müssen, dass<br />

regelmäßige Verbandswechsel<br />

notwendig sind, und dass diese<br />

Katheter <strong>bei</strong> Entzündungszeichen<br />

wie z.B. Rötung der Einstichstelle<br />

gewechselt werden müssen.<br />

Die Medikamente können in den<br />

Katheter als Einzelinjektionen<br />

oder als Infusion mit Hilfe einer<br />

Pumpe verabreicht werden.<br />

Neuerdings werden die Katheter<br />

unter die Haut verlegt (getunnelt),<br />

so dass die Infektionsgefahr<br />

gering ist, und die Katheter<br />

über Monate belassen werden<br />

können.<br />

Schmerzkatheter sind <strong>bei</strong><br />

konsequenter medikamentöser<br />

Behandlung nur sehr selten<br />

notwendig!


Unterbrechung der Nervenleitung<br />

(Nervenblockaden)<br />

Eine ergänzende Maßnahme zur<br />

übrigen <strong>Schmerztherapie</strong> kann<br />

die Unterbrechung der Schmerzleitung<br />

sein (Nervenblockade).<br />

Diese Unterbrechung der<br />

Nervenleitung ist nur von kurzer<br />

Dauer, wenn der Arzt ein örtliches<br />

Betäubungsmittel verwendet.<br />

Solche Medikamente wird er anwenden,<br />

wenn z.B. Muskelverspannungen,<br />

Narbenschmerzen<br />

und Gelenkschmerzen vorliegen.<br />

Die Erfahrung hat gezeigt, dass<br />

<strong>bei</strong> wiederholter kurzfristiger<br />

Unterbrechung der Schmerzleitung<br />

bestimmte Schmerzkreisläufe<br />

unterbrochen werden und<br />

die Beschwerden langsam verschwinden.<br />

Bei manchen<br />

Schmerzen kann nach erfolgreicher<br />

Testung durch eine Nervenblockade<br />

mit einem örtlichen<br />

Betäubungsmittel der für den<br />

Schmerz verantwortliche Nerv<br />

auch chemisch zerstört werden<br />

(Neurolyse). Diese chemische<br />

Zerstörung und damit die<br />

Schmerzlinderung hält nicht nur<br />

Stunden, sondern Wochen bis<br />

Monate an. Gleichzeitig eingenommene<br />

Schmerzmittel können<br />

in dieser Zeit stufenweise verringert<br />

werden. Besonders geeignet<br />

ist dieses Verfahren der zeitweiligen<br />

Nervenausschaltung <strong>bei</strong><br />

Schmerzen im Steiß<strong>bei</strong>n und am<br />

Boden des kleinen Beckens,<br />

wenn bereits ein künstlicher<br />

Darmausgang und eine künstliche<br />

Urinableitung vorliegen.<br />

In diesem Fall brauchen keine<br />

Nebenwirkungen befürchtet<br />

werden.<br />

Eine weitere Möglichkeit,<br />

schmerzleitende Nerven zeitweilig<br />

zu zerstören ist das „Erfrieren“<br />

(Kryoanalgesie). Mit einer elektrischen<br />

Sonde wird hier<strong>bei</strong> der<br />

Nerv aufgesucht und auf minus<br />

70 Grad Celsius abgekühlt. Die<br />

Wirkdauer des schmerzlindernden<br />

Effektes schwankt zwischen<br />

2 und 6 Wochen. Insbesondere<br />

<strong>bei</strong> starken Nervenschmerzen im<br />

Bereich des Hinterkopfes ist<br />

diese Methode, die jederzeit zu<br />

wiederholen ist, empfehlenswert.


18 19<br />

Unterbrechung der Nervenleitung<br />

am sympathischen Nervensystem<br />

Bei chronischen Schmerzen mit<br />

brennendem, bohrendem und<br />

dumpfem Schmerzcharakter oder<br />

<strong>bei</strong> Berührungsempfindlichkeit<br />

von Hautbezirken liegt die<br />

Ursache häufig im sogenannten<br />

sympathischen Nervensystem.<br />

Die sympathischen Nervenfasern<br />

können an bestimmten Stellen<br />

ebenfalls unterbrochen (blockiert)<br />

werden, um den Schmerz zu<br />

lindern.<br />

Diese Unterbrechung kann z.B.<br />

im Halsbereich (Ganglion stellatum)<br />

mit einem örtlichen Betäubungsmittel<br />

erfolgen. Mit dieser<br />

sehr einfachen und schnell<br />

durchzuführenden Blockade werden<br />

vor allem Schmerzen nach<br />

Amputationen (Phantomschmerzen)<br />

und Brennschmerzen im<br />

Hals- und Armbereich nach<br />

Gürtelrose günstig beeinflusst.<br />

Die Unterbrechung sympathischer<br />

Nervenfasern kann aber<br />

auch im Bauchraum erfolgen.<br />

Hier wird vor allem <strong>bei</strong> dumpfen<br />

tumorbedingten Oberbauchschmerzen(Bauchspeicheldrüsentumor)<br />

das Sonnengeflecht<br />

(Plexus coeliacus) probeweise<br />

mit einem örtlichen Betäubungsmittel<br />

ausgeschaltet. Bei erfolgreicher<br />

Schmerzlinderung erfolgt<br />

dann die langfristige Verödung<br />

des sympathischen Nervengeflechts<br />

mit Alkohol oder Phenol.<br />

Nach der Blockade muss für<br />

mehrere Stunden der Kreislauf<br />

des Patienten überwacht werden.<br />

Die Ausschaltung des Sonnengeflechts<br />

bringt vor allem <strong>bei</strong> einem<br />

Tumor der Bauchspeicheldrüse<br />

günstige Ergebnisse.<br />

Die Verödung kann auch durch<br />

den Chirurgen während einer<br />

Operation durchgeführt werden,<br />

wenn man sieht, dass der Patient<br />

bereits an einem weit fortgeschrittenen<br />

Tumorleiden erkrankt<br />

ist.


Strahlentherapie <strong>Schmerztherapie</strong><br />

mit Radionukliden<br />

Die Bestrahlung von schmerzhaften<br />

Tumorstellen ist eine sehr<br />

wichtige Zusatzbehandlung.<br />

Insbesondere <strong>bei</strong> Knochenschmerzen<br />

erzielt man gute<br />

schmerzlindernde Effekte. Da die<br />

Bestrahlung in fast allen Fällen<br />

ambulant erfolgt, können Sie als<br />

Patient in Ihrer gewohnten Umgebung<br />

bleiben und müssen zur<br />

Bestrahlung nur jeweils für 1 bis<br />

2 Stunden in die Klinik kommen.<br />

Schmerzbestrahlung -<br />

Mittel der Wahl <strong>bei</strong><br />

Knochenschmerzen!<br />

Bei manchen Knochenmetastasen<br />

kann eine <strong>Schmerztherapie</strong><br />

mit Radionukliden z.B. Samarium ®<br />

sinnvoll sein. Besonders <strong>bei</strong><br />

Knochenmetastasen von<br />

Prostata- und Brustkrebs wurde<br />

eine gute Schmerzlinderung<br />

erzielt. Diese Radionuklide<br />

werden in eine Vene gespritzt,<br />

reichern sich besonders im<br />

erkrankten Knochen an und<br />

bestrahlen die Metastasen von<br />

innen. Auch diese Therapie kann<br />

ambulant erfolgen.


20 21<br />

Schmerzbehandlung mit Stromgeräten<br />

(z.B. TENS-Geräte)<br />

Eine<br />

weitere<br />

zusätzliche<br />

Möglichkeit,<br />

Schmerzen zu lindern,<br />

kann die Behandlung<br />

mit Reizströmen darstellen,<br />

die mittels Elektroden<br />

zugeführt werden. Sie spüren die<br />

elektrischen Reize in Form von<br />

Kribbeln oder langsamem<br />

Pochen. Die Stärke der Ströme<br />

können Sie selbst an den<br />

Geräten einstellen. Um eine gute<br />

Wirksamkeit zu erzielen, müssen<br />

der Ort der Elektrodenplazierung<br />

und die eingestellte Reizfrequenz<br />

von Ihnen und Ihrem Arzt herausgefunden<br />

werden.<br />

Die<br />

Elektroden<br />

werden da<strong>bei</strong><br />

entweder über<br />

dem Verlauf der<br />

Nerven, auf besondersschmerzhafte<br />

Stellen oder<br />

auf Akupunkturpunkte<br />

geklebt. Die<br />

Reizströme hemmen da<strong>bei</strong> die<br />

Schmerzen, diese Hemmung<br />

kann bis zu 4 Stunden anhalten.<br />

Grundsätzlich kann diese nebenwirkungsfreie<br />

Methode <strong>bei</strong> allen<br />

Schmerzen eingesetzt werden.<br />

Wir haben die besten Erfolge <strong>bei</strong><br />

gut lokalisierbaren Nervenschmerzen<br />

gesehen.


Akupunktur<br />

Die Akupunktur eignet sich nicht<br />

zur alleinigen Behandlung von<br />

Tumorschmerzen. Zum einen<br />

wirkt die Akupunktur nicht <strong>bei</strong><br />

allen Personen, zum anderen ist<br />

für das Erreichen einer ausreichenden<br />

Schmerzreduzierung<br />

eine Stimulation der Nadel mit<br />

Strom nötig, die der Patient nicht<br />

alleine durchführen kann. Auf<br />

Wunsch der Patienten wenden<br />

wir gelegentlich eine Kombination<br />

von Körper- und Ohrakupunktur<br />

an.<br />

Akupunkturbehandlung<br />

<strong>bei</strong> Tumorschmerzen<br />

nur durch Ärzte!<br />

Grundsätzlich gilt, dass Sie als<br />

Patient mitbestimmen, welche<br />

Form der <strong>Schmerztherapie</strong> Sie<br />

bevorzugen. Wir würden Ihnen<br />

aber dringend raten, eine<br />

von Ihnen gewünschteAkupunkturbehandlung<br />

nur in<br />

Schmerzambulanzen<br />

von<br />

speziell ausgebildetenÄrzten<br />

vornehmen<br />

zu lassen, die auch<br />

Erfahrung in der medikamentösenTumorschmerztherapie<br />

besitzen.


22 23<br />

Neurochirurgische Verfahren<br />

In sehr seltenen Fällen, z.B. <strong>bei</strong><br />

streng halbseitigen Schmerzen,<br />

die auf alle anderen Verfahren<br />

nicht ansprechen, kann eine<br />

Unterbrechung der gesamten<br />

schmerzleitenden Nervenbahnen<br />

im Rückenmark durch den<br />

Neurochirurgen mit Hilfe von<br />

Hitze Schmerzfreiheit bringen<br />

(Chordotomie). Andere zerstörende<br />

neurochirurgische Verfahren<br />

haben u.a. wegen der möglichen<br />

Komplikationen <strong>bei</strong> der Tumorschmerztherapie<br />

nur einen geringen<br />

Stellenwert.


Psychologische Methoden<br />

der Schmerzbehandlung<br />

Vielleicht sind Sie etwas erstaunt<br />

darüber, dass man auch mit psychologischen<br />

Methoden Schmerzen<br />

behandeln kann. Sicher wissen<br />

Sie aber auch aus Ihrer eigenen<br />

Erfahrung, dass der Schmerz<br />

nicht immer gleich empfunden<br />

wird. Bei starker Ablenkung kann<br />

der Schmerz manchmal fast vollkommen<br />

verschwinden. Weiter<br />

konnte festgestellt werden, dass<br />

bestimmte Schmerzen, z.B.<br />

Muskelschmerzen und kolikartige<br />

Bauchschmerzen durch Entspannungssübungen<br />

positiv beeinflusst<br />

werden können.<br />

Die bekannteste Entspannungsform<br />

ist wohl das autogene<br />

Training, in dem sich der Patient<br />

unter Anleitung verschiedene<br />

Empfindungen suggeriert oder<br />

einredet (z.B. Arme warm, Arme<br />

schwer usw.). Erfolgreicher werden<br />

zur <strong>Schmerztherapie</strong> die<br />

„progressive Muskelentspannung“<br />

und die „funktionelle<br />

Entspannung“ eingesetzt. Diese<br />

Verfahren sind besonders dann<br />

geeignet, wenn Angst das<br />

Schmerzerlebnis verstärkt. Dies<br />

wird häufig dann der Fall sein,<br />

wenn es durch Angst und durch<br />

seelische Belastung zu schmerzhaften<br />

Muskelverspannungen<br />

kommt. Neben diesen Entspannungsverfahren<br />

gibt es noch<br />

einige andere Ablenkungs- und<br />

Meditationsverfahren, die die<br />

Schmerzwahrnehmung beeinflussen<br />

können. Bei einigen autosuggestiven<br />

Verfahren hört man<br />

sich z.B. immer wieder bestimmte<br />

Erzählungen an, die dazu <strong>bei</strong>tragen<br />

sollen, dass man den Schmerz<br />

weniger spürt. Bei anderen Verfahren(Schmerzimmunisierungsprogramme)<br />

lernt man, sich <strong>bei</strong><br />

Auftreten von Schmerzen bewusst<br />

abzulenken.<br />

Eine weitere Möglichkeit Schmerzen<br />

bzw. die Schmerzwahrnehmung<br />

zu verringern ist die<br />

Hypnose.<br />

Alle diese hier aufgezählten psychologischen<br />

Verfahren können<br />

aber unserer Meinung nach nur<br />

dann Wirkung zeigen, wenn Sie<br />

diesen Verfahren nicht ablehnend<br />

gegenüberstehen. An dieser Stelle<br />

muss aber noch einmal ausdrücklich<br />

betont werden:<br />

Die medikamentös <strong>Schmerztherapie</strong><br />

stellt das Grundgerüst<br />

<strong>bei</strong> der Behandlung von<br />

Tumorschmerzen dar!<br />

Darüberhinaus können weitere<br />

Therapieformen wie die Elektrostimulation<br />

oder die eben dargestellten<br />

psychologischen Verfahren<br />

wertvolle zusätzliche Hilfen<br />

darstellen.


24 25<br />

Schmerzfragebögen und<br />

Schmerztagebücher<br />

Wahrscheinlich wurden auch<br />

Ihnen zu Beginn der Schmerzbehandlung<br />

Fragebögen vorgelegt.<br />

Wir würden uns freuen,<br />

wenn Sie sich Zeit nehmen<br />

würden, diese Fragebögen<br />

möglichst genau zu beantworten.<br />

Dadurch können Sie dazu <strong>bei</strong>tragen,<br />

dass ein genau auf Ihre<br />

Schmerzen ausgerichteter<br />

Behandlungsplan aufgestellt<br />

werden kann. Das genaue<br />

Führen von Schmerztagebüchern,<br />

in denen Sie die Schmerzstärke<br />

eintragen, ist ebenfalls wichtig,<br />

weil man daraus entnehmen<br />

kann, ob Ihre Schmerzmedikamente<br />

ausreichen, ob Ihre Dosis<br />

erhöht, oder ob sie vielleicht verringert<br />

werden kann.<br />

Sollten Sie einen Schmerzpass<br />

erhalten, in dem die Schmerzmedikamente<br />

eingetragen sind,<br />

so bitten wir Sie, dass Sie diesen<br />

immer <strong>bei</strong> sich tragen und vor<br />

Behandlungen dem jeweiligen<br />

Arzt zeigen.<br />

Auch <strong>bei</strong> Schmerzfreiheit die<br />

Medikamente genau nach<br />

Zeitplan einnehmen.


Exemplarische Therapiepläne aus<br />

der Schmerzambulanz des<br />

Universitätsklinikums <strong>Erlangen</strong><br />

Beispiel Nr. 1<br />

Patientin, 55 Jahre alt, Brusttumor mit Knochenmetastasen<br />

Uhrzeit<br />

07.00<br />

15.00<br />

22.00<br />

Medikament<br />

Zusatzbehandlung:<br />

MST 100 mg 1 Tabl.<br />

Ibuprofen 600 mg 1 Tabl.<br />

MST 100 mg 1 Tabl.<br />

Ibuprofen 600 mg 1 Tabl.<br />

MST 100 mg 1 Tabl.<br />

Ibuprofen 600 mg 1 Tabl.<br />

Antra 20 mg 1 Tabl.<br />

Laxoberal 20 Trpf.<br />

Art<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Magenschutz<br />

Abführmittel<br />

<strong>bei</strong> Übelkeit 30 Tropfen Paspertin 30 min vor Tabletteneinnahme<br />

<strong>bei</strong> Schmerzspitzen: 32 Tropfen Morphin Merck Lösung 2 %<br />

(entsprechend 40 mg Morphin)


26 27<br />

Exemplarische Therapiepläne<br />

der Schmerzambulanz des<br />

Universitätsklinikums <strong>Erlangen</strong><br />

Beispiel Nr. 2<br />

Patientin, 63 Jahre alt, metastasierender Eierstocktumor,<br />

krampfartige Bauchschmerzen<br />

Uhrzeit<br />

07.00<br />

11.00<br />

15.00<br />

19.00<br />

22.00<br />

Medikament<br />

Zusatzbehandlung:<br />

Novalgin 40 Trpf.<br />

Tramal long 200 mg 1 Tabl.<br />

Novalgin 40 Trpf.<br />

Novalgin 40 Trpf.<br />

Tramal long 200 mg 1 Tabl.<br />

Novalgin 40 Trpf.<br />

Novalgin 40 Trpf.<br />

Tramal long 200 mg 1 Tabl.<br />

Art<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Bei krampfartigen Schmerzen im Bauchraum zusätzlich ein Zäpfchen<br />

Buscopan, bis zu dreimal täglich.


Beispiel Nr. 3<br />

47-jähriger Patient mit metastasiertem Prostatakrebs,<br />

Metastasen in der Wirbelsäule, in das rechte Bein ausstrahlende,<br />

wie der Blitz einschießende Schmerzen<br />

Uhrzeit<br />

07.00<br />

15.00<br />

19.00<br />

22.00<br />

Medikament<br />

Zusatzbehandlung:<br />

Tegretal 400 mg 1 Tabl.<br />

L-Polamidon 20 Trpf.<br />

Ibuprofen 600 mg 1 Tabl.<br />

Movicol 1 Beutel<br />

L-Polamidon 20 Trpf.<br />

Ibuprofen 600 mg 1 Tabl.<br />

Tegretal 400 mg 1 Tabl.<br />

Antra 20 mg 1 Tabl.<br />

L-Polamidon 20 Trpf.<br />

Ibuprofen 600 mg 1 Tabl.<br />

Bei Schmerzspitzen zusätzlich 15 Trpf. L-Polamidon<br />

Falls 3 Tage kein Stuhlgang: ein Mikroklist<br />

Art<br />

gegen einschießende<br />

Schmerzen<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Abführmittel<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel<br />

gegen einschießende<br />

Schmerzen<br />

Magenschutz<br />

Schmerzmittel<br />

Schmerzmittel

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