Trends in der neuen Aktorik - Messe Bremen

Bremen, 20. April 2012
Pressemitteilung
Trends in der neuen Aktorik
Feine Alternativen zum guten alten Elektromotor
Im Juni dieses Jahres wird die Hansestadt Bremen zur Weltstadt der Mikroaktorik und
der unkonventionellen neuen Aktorik. Aus aller Welt stellen Spezialisten aus
Wissenschaft und Wirtschaft ihre neuesten Entwicklungen vor. Piezoaktoren die direkt
ins Auge implantiert werden. Formgedächtnisaktoren, die im Auto mithilfe eines clever
gemachten Drahtes Lüftungsklappen und Türschlösser betätigen. Aber auch
Elektroaktive Polymere, die den neuesten Smartphones die Funktion 'taktile
Rückmeldung' verleihen und vieles andere mehr.
Als die ACTUATOR vor rund zwanzig Jahren startete galt ihr technisches Spektrum als
abgehoben vom Technikalltag. Doch seit Ultraschallmotoren und Piezoaktoren
millionenfach in Fotokameras und Dieselinjektoren verbaut wurden, hat sich das Bild
gewandelt. Wenngleich vieles, was das Programm ausweist, noch immer ein wenig
exotisch anmutet. So werden vom 18. bis 20. Juni in der Messe Bremen z.B. auch
Antriebe gezeigt, bei denen die Bewegung von 'Elektroaktiven Polymeren' ausgelöst
wird, von Kunststoffen also, die als Reaktion auf das Anlegen eines elektrischen Feldes
ihre Größe bzw. Dicke verändern. Oder 'Magnetohydrodynamische Antriebe', die auf
Flüssigkeiten basieren, die durch das Anlegen eines Magnetfeldes 'arbeiten'. Aber
auch aktive Dämpfungssysteme werden in Bremen behandelt – vom regelbaren Kfz-
Stoßdämpfer bis zu adaptronischen Lösungen, wobei die Antriebseinheit
Schwingungen durch Gegenschwingungen eliminiert.
Dr. Hubert Borgmann, Projektleiter bei der Messe Bremen und selbst Mitglied im mehr
als 25 Personen umfassenden und international besetzten Exekutivkomitee, hat
deutlich erkannt, dass die neuen Antriebs-, Nanopositionier- und Adaptroniklösungen
vor allem die Entwickler ansprechen, die unvoreingenommen nach neuen
Lösungsansätzen suchen.
Neue Lösungen für Autos von morgen
Dass der Markt vor einem bislang nie erreichten Zuwachs steht, dafür nennt Dr.
Borgmann beispielhaft die neue Actuator Solutions GmbH. Erst im vergangenen Jahr
wurde das Unternehmen gemeinsam von der italienischen SAES Getters Group und
dem international agierenden Automobilzulieferer Alfmeier Präzision gegründet. Bereits
im Spätjahr 2012 soll dort die Serienproduktion von Aktoren auf Basis von
Formgedächtnislegierungen auf mehrere Millionen Stück pro Jahr ausgeweitet werden.

In riesigen Stückzahlen sollen dort Mikrosysteme mit Formgedächtnisaktoren
entstehen, die als Verwacklungsschutz in Smartphone-Kameras dienen. Und andere,
die in Autos Lüftungsventile betätigen. Dr. Borgmann: "Der Kreativität von
Produktentwicklern sind nahezu keine Grenzen gesetzt, sofern diese gewillt sind, neue
Lösungswege zu beschreiten – und sei es nur, um den Anforderungen der
Miniaturisierung, der Gewichtseinsparung und der Kostenreduktion gerecht zu
werden." AS Actuator Solutions stellt seine innovativen und serientauglichen Produkte
im Juni erstmals auf der ACTUATOR aus; eine echte Messepremiere.
Position halten ohne Stromverbrauch
Die Mitglieder des Actuator-Komitees haben hunderte eingereichte Vortrags-
Zusammenfassungen gesichtet, auf der Suche nach den aktuellsten bzw. innovativsten
Lösungen – so auch Dr. Emmanouel Pagounis von ETO MAGNETIC. Hinsichtlich der
Magnetic Shape Memory-Aktoren hat ihm das Konzept eines 'Push-Push-Aktors'
gefallen, der praktisch stromlos eine vorgegebene Position halten kann. Aber auch ein
Aktor, bei dem die Stell- und Messfunktion in einer Funktionseinheit vereint sind sowie
eine Lösung mit einer bislang nie da gewesenen Positioniergenauigkeit. Bei MSM-
Aktoren entsteht der Hub durch ein Stellglied, das bei der Aktivierung durch ein
magnetisches Feldes seine Größe verändert.
Viele der auf der Actuator vom 18. bis 20. Juni 2012 präsentierten Entwicklungen
gehören zum innovativen Bereich der Mikroaktorik, doch längst nicht alle. Auch
größere Antriebe gehören zum Vortragsportfolio, sofern sie auf unkonventionellen
Funktionsprinzipien basieren, wie zum Beispiel auf Elektrorheologischen Flüssigkeiten
oder Gels.
Exakt ein solches stellt ein japanisches Autorenteam vor und zeigt einen flach
bauenden Förderbandantrieb, bei dem das 'Drum', also die Antriebstrommel nicht wie
üblich von einem Elektromotor angetrieben wird, sondern kraft eines ER-Gels.
Zunächst ist man geneigt zu fragen, 'wozu das'? Doch betrachtet man die Lösung im
Detail. wird deutlich, dass der Antrieb zugleich die Funktionen eines Anlagen
schonenden Sanftanlaufs sowie einer fehlertoleranten Notkupplung übernimmt. Solcher
Zusatznutzen ist durchaus typisch für viele der in Bremen gezeigten Technologien, die
für die kommerzielle Nutzung bereit stehen.
Keineswegs soll in Bremen jedoch der Eindruck vermittelt werden, dass alle Probleme
rund um die neuen Systeme der Mikroantriebstechnik, Nanopositionierung und
Adaptronik bereits so gut wie gelöst sind. So weist Professor Dr. Seung-Bok Choi von
der südkoreanischen Inha University darauf hin, dass nicht zuletzt hinsichtlich der
Fluidtechnik elektro- und magnetorheologischer Systeme noch eine ganze Reihe an
Hausaufgaben gemacht werden muss. Diese gelten ER-Medien mit reproduzierbarer
Polarität; polyanilin dispergierten ER-Fluiden; Fluiden auf der Basis von
Polyvinylbutyral-Lösungen und ER-Fluiden mit Nano-Magnetiten. Die technische

Kompetenz, die offenen Aufgaben zeitnah zu lösen, sieht er angesichts der
international besetzten Expertenszene als gegeben an.
Hoch interessante Entwicklung betreffen auch die Nanopositionierung, die unter
anderem für die Elektronikfertigung und die 'Atomic Force Microscopy' (AFM) eine
bedeutende Rolle spielt. Bimorphe Kunststofflaminate aus Polyvinnyidenfuorid (PVDF),
die sich unter Spannung ausdehnen bzw. zusammenziehen, bieten die Möglichkeit, die
Abtasteinheit von AF-Mikroskopen mit einer Abtastfrequenz von drei Kilohertz ablaufen
zu lassen und Zellen mit nur 100 Mikron Durchmesser exakt zu positionieren. Hierüber
berichtet auf der ACTUATOR 2012 eine polytechnische Forschungseinrichtung aus der
französischen Schweiz.
Den auf dem internationalen Kongress und der angeschlossenen Messe vorgestellten
Lösungen gehen zum Teil jahrzehntelange Forschungsarbeiten voraus. Doch jetzt
schaffen immer mehr den Durchbruch in die Serien- oder sogar Großserienproduktion.
Allerdings setzt das in den meisten Fällen eine sehr hohe Integrationsstufe voraus.
Entsprechende Antriebe kauft man nicht aus dem Katalog heraus, sondern konstruiert
sie in eine Baugruppe oder ein System hinein.
Professor Dr. Wolfgang Amrhein von der Keppler Universität Linz sieht eben dies auch
in Bezug auf Low Power Electromagnetic Actuators, "bei denen der elektrische Antrieb
konstruktiv und funktionell immer mehr mit der Applikation verschmilzt, besonders bei
Anwendungen mit hohen Stückzahlen."
Ganz gleich, um welches Antriebsprinzip es sich handelt, eine Megatrend berührt die
gesamte Mikroaktorik, den Trend zu immer kleineren und schnelleren Aktoren. Dabei
zeigt sich, dass die Miniaturisierung längst nicht beendet ist, sondern im Prinzip eben
erst begonnen hat.
Auf die Frage, welche Innovationen sich bei der Technologie der aktiven
Vibrationsdämpfung abzeichnet, die zum Feld der Adaptronik gehört, antwortet
Professor Dr. André Preumont vom Active Structures Laboratory der Freien Universität
Brüssel: "Die aktive Schwingungsdämpfung durchdringt alle Anwendungsbereiche der
Automobilindustrie. Vor allem aktive und semiaktive Lagerungen aller Art. Ich rechne
auch fest mit der Integration aktiver und semiaktiver Aufhängungen in ABS und ESP
Systeme."
Piezo-Aktoren als Großserien-Renner
Am weitesten durchgesetzt haben sich bislang zweifellos Piezoaktoren. Professor Dr.
Kenji Uchino von der Pennsylvania State University sowie der ONRG-Asia in Tokyo
sieht piezoelektrische Antriebe, die in Großserien produziert werden innerhalb weniger
Jahre in Kamerahandys mit integrierter Zoom-Optik. Nach seinen Ausführungen
können dafür auch piezoelektrische Trägheitsantriebe zum Einsatz kommen, die nach
dem Stick-Slip-Prinzip arbeiten und trotz ihres geringen Hubs prinzipiell einen
unbegrenzten Hub der Stellmechanik erzielen können.

Was das permanente Cost-Cutting im Automotive-Markt anbelangt erwartet Professor
Uchino drastische Kostensenkungen bei Piezoaktoren für Hochdruck-Diesel-Injektoren.
Das Hauptproblem läge momentan bei den Herstellkosten, dieses könnte jedoch durch
die Entwicklung neuer Piezo-Keramiken mit Metallelektroden gelöst werden.; die sich
wesentlich einfacher montieren lassen.
Steuerungen bilden gemeinsamen Nenner
Einem gemeinsamen Nenner der zum Teil grundverschiedenen Antriebs- und
Dämpfungslösungen hat Dr. Sven Sötebier vom ABB Forschungszentrum Deutschland
seine Aufmerksamkeit gewidmet. Durch neuartige Ansätze sowohl bei der
Antriebsverstärkern als auch den Steuerungs- und Regelungskonzepten ergibt sich
nach seinen Ausführungen "häufig eine Steigerung der Leistungsfähigkeit von
Aktorsystemen. Diese gesteigerte Performance äußert sich unter anderem in einer
größeren Energieeffizienz von Aktorsystemen, die im Anwendungsalltag immer
bedeutender wird. Aber auch signifikante Kosteneinsparungen werden möglich, zum
Beispiel durch den Verzicht auf zusätzliche oder durch die Verwendung einfacherer
Sensorsysteme."
Für den wirtschaftlichen Einsatz neuer Aktortechnologien beispielsweise auf der Basis
magnetorheologischer Flüssigkeiten oder des Piezoeffekts spielt die Aktorsteuerung
natürlich ebenfalls eine Schlüsselrolle. Gleichermaßen werden bewährte
elektromagnetische Motorsysteme wie beispielsweise hocheffiziente
Synchronreluktanzmotoren erst durch das abgestimmte Zusammenspiel mit
optimierten Antriebssteuerungen realisierbar.
Besonders innovative Anwendermärkte
Zu den innovationsfreudigsten Marktsegmenten gehört ohne Zweifel die
Medizintechnik. In diesen Märkten ein Erfolgsprodukt zu platzieren, setzt in jedem
einzelnen Konstruktionsdetail exzellente Lösungen voraus. Insofern erwartet
Konferenzteilnehmer aus diesem Bereich zahlreiche Neu- und Weiterentwicklungen.
Eine davon betrifft die von der Katholischen Universität Leuven entwickelten Systeme
für die haptische Rückmeldung. Der Chirurg steuert bei der Schlüssellochchirurgie den
'Werkzeugkopf' mithilfe von Joysticks. Hierbei fühlt er künftig – durch Aktoren in den
Steuergriffen – mit welcher Kraft die eingesetzten Werkzeuge auf Gewebe oder
Knochen wirken. Dies trägt erheblich zur Erhöhung der Sicherheit entsprechend
durchgeführter Operationen bei und natürlich auch zum Abbau der Hemmschwelle bei
den Chirurgen. Ebenfalls zu den Innovationen aus der Medizintechnik zählt ein
Piezoelektrisches System das bei Osteoakusis-Untersuchungen die Stimmgabel durch
eine voll reproduzierbare Technik ersetzt. Mit dieser Innovation wartet die Technische
Universität Ilmenau gemeinsam mit der Medizinischen Hochschule Hannover auf.
Wenngleich der Maschinenbau landläufig eher für eine statische Branche gehalten
wird, bieten ihm die 'jungen' Antriebstechnik-Forscher und –Anbieter immer mehr

Lösungsmöglichkeiten. Kupplungen mit steuerbaren Funktionen oder integriertem
Überlastungsschutz sind nur zwei davon. Andere gelten der Adaptronik in
Windenergieanlagen. Wiederum andere befassen sich mit Systemen zur Erhöhung der
Oberflächengüte bei der spanenden Metallbearbeitung, die auch mit magnetisch
gelagerten Spindeln einhergehen können.
Was auf der Actuator an Neu- und Weiterentwicklungen geboten wird, belegt die These
einer immer kürzeren Halbwertszeit des Wissens. Das heißt, das sich das technische
Wissen in immer kürzeren Zeitabschnitten verdoppelt. Wer dran bleiben will muss sich
permanent informieren. Dabei hilft das Zeitschriftenlesen ebenso wie das googeln,
doch die persönlichen Kontakte mit anerkannten Kapazitäten und die Diskussionen
über Chancen und Probleme der innovativen Lösungen, ist durch nichts zu ersetzen.
Angesichts der auf der Actuator verbal vorgetragenen rund 120 Vorträge in 17 zum Teil
parallel ablaufenden Sessions – hinzu kommen noch zahlreiche Postervorträge sowie
Messestände der 'Creme de la Creme' der Branche – kann man sich ein Bild von der
Bedeutung der Veranstaltung machen. Dr. Hubert Borgmann: "Über die internationale
Wissenschaftsszene hinaus sollten in diesem Jahr vor allem Produktentwickler und
andere 'Vordenker' aus dem Automobilbau sowie von Herstellern brauner und weißer
Konsumgeräte und Kommunikationseinrichtungen die nur alle zwei Jahre gebotene
Chance nutzen. Aber auch den Entwicklern und Herstellern von Schienenfahrzeugen,
aus der Luft- und Raumfahrt, der Elektronikfertigung sowie der Medizintechnik kann ich
die Teilnahme an der Actuator 2012 nur empfehlen."
www.actuator.de.
Bildunterschriften:
((((1))))
Dr. Hubert Borgmann, Projektleiter bei der Messe Bremen: "Die neuen Fassetten der
Antriebstechnik beleuchtet im Juni die Fachkonferenz ACTUATOR 2012, die von einer
kleinen aber feinen Fachmesse begleitet wird." Bilder: Messe Bremen
((((2))))

Rund 500 Teilnehmer aus aller Welt treffen sich zur ACTUATOR, um sich über die
neuesten Entwicklungsergebnisse und Produkte der jungen Antriebstechnik zu
informieren.
((((3))))
Antriebe auf der Basis von Shape Memory Alloys, Magnetorheologischen Fluiden,
Piezo-Keramiken und anderem mehr machen Bremen vom 18. bis 20. Juni 2012 zum
Mekka der 'Smart Actuators'.
((((4))))
Dass clevere Drähte das Ver- und Entriegeln von Autotüren, die Betätigung von
Lüftungsklappen und die Verstellung von Scheinwerfern übernehmen können, beweist
der ACTUATOR-Aussteller Actuator Solutions.
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