Referat Monika Clalüna - Die Informationsstelle für Ausländerinnen
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Das Fach „Deutsch als Zweitsprache“ zwischen politischen<br />
Forderungen und fachlichen Positionen ∗<br />
<strong>Monika</strong> <strong>Clalüna</strong><br />
1. Zur Situation des Fachs „Deutsch als Zweitsprache<br />
1.1 DaZ zwischen Politik und Fachdiskussion<br />
Das Fach DaZ steht wie kein anderes Sprachfach in einer Spannung zwischen<br />
fachlichen Positionen und politischen Entscheidungen. Auch andere<br />
Einflüsse bewirken Druck – die Gesellschaft erwartet, dass Deutschkurse<br />
in der Integration fast alle Probleme lösen, die Wirtschaft erhofft sich effiziente<br />
und gut funktionierende Arbeitskräfte und schliesslich müssen auch<br />
die Sprachenrechte der Migranten und Migrantinnen berücksichtigt werden.<br />
Sprachenrechte Wirtschaft Gesellschaft<br />
Deutsch als Zweitsprache<br />
politische Forderungen fachliche Positionen<br />
Besonders starke Auswirkungen haben politische Entscheide und zwar sowohl<br />
auf Bundesebene, wie auch durch die Kantone und Gemeinden. <strong>Die</strong>ser<br />
Einfluss fängt beim gesetzlichen Rahmen an und geht bis zur Subventionspolitik<br />
– denn wenn kein Geld <strong>für</strong> ein bestimmtes Projekt gesprochen<br />
wird, kann es oft einfach nicht stattfinden. Gravierender ist, dass diese<br />
Entscheide meist relativ schnell gefällt werden und oft ohne Beizug von<br />
Fachleuten und dass die politische Diskussion jedenfalls schneller läuft als<br />
die Fachdiskussion, die meist erst später zu einer fachlichen Position findet.<br />
Teilweise sind wir – als Fachleute – an dieser Situation selbst schuld,<br />
wir sind stark durch die Praxis beansprucht und vernachlässigen dabei<br />
manchmal die Fachdiskussion.<br />
Ein aktuelles Beispiel dazu: In der Gemeinde Emmen im Kanton Luzern,<br />
die es ja mindestens europaweit zu Berühmtheit gebracht hat, wurde vor<br />
kurzem beschlossen, einen obligatorischen, schriftlichen Sprachtest <strong>für</strong> die<br />
Einbürgerungswilligen einzuführen und zwar schon bevor das Verfahren<br />
eingeleitet wird. Man verspricht sich davon eine Verringerung der Einbürgerungsgesuche,<br />
der Entscheid ist also eine politischer. Der vorgesehene<br />
Test soll vor Ort entwickelt werden – wahrscheinlich aus Kostengründen<br />
∗ <strong>Referat</strong> anlässlich der Fachveranstaltung „Wie viel Sprache braucht die Integration?“ der<br />
<strong>Informationsstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Ausländerinnen</strong>- und Ausländerfragen isa, Bern, 22.5.08. Der Vortragsstil<br />
wurde beibehalten.<br />
1
und weil man wohl die Schwierigkeiten der Testerstellung unterschätzt.<br />
Auch der Politiker, der diese gute Idee hatte, ist gleich selbst in der Testentwicklungsgruppe<br />
mit dabei.<br />
1.2 Situation des Fachs Deutsch als Zweitsprache<br />
DaZ ist ein relativ junges Fach und leider ist sein Prestige nicht besonders<br />
hoch, was sich zum Beispiel auf die fachlichen Abstützung und die Arbeitsbedingungen<br />
der Personen auswirkt, die im Fach arbeiten.<br />
Bis in die späten 70er Jahre wurde im deutschsprachigen Raum Deutsch<br />
als Fremdsprache methodisch gleich unterrichtet wie z.B. in Frankreich<br />
oder in USA. Erst dann haben kluge Leute gemerkt haben, dass die Menschen<br />
im Sprachraum einen anderen Unterricht brauchen, da sie ja einerseits<br />
in ihrer Umgebung ohnehin ständig mit Deutsch konfrontierten werden,<br />
also einen reichen „input“ haben und dass sie thematisch und in der<br />
Kommunikation andere Bedürfnisse haben. So sind <strong>für</strong> sie also zum Beispiel<br />
nicht touristische Redemittel wichtig, denn sie wollen ja nicht lernen,<br />
wie man im Hotel auf Deutsch ein Zimmer bestellt, sondern sie arbeiten<br />
vielleicht gerade in diesem Hotel und müssen die Gebrauchsanweisung der<br />
Waschmaschine verstehen. Der Umgang mit Behörden, das Verstehen einer<br />
Lohnabrechnung ist <strong>für</strong> sie wichtig, nicht Sehenswürdigkeiten und das<br />
Schreiben von Postkarten. So wurde das Fach Deutsch als Zweitsprache<br />
geboren, das so benannt wurde, um den Unterschied zu Deutsch als<br />
Fremdsprache, dem Lernen im nicht-deutschsprachigen Raum zu zeigen.<br />
DaZ umfasst zwei zentrale Bereiche: Einerseits das Praxisfeld mit unterschiedlichen<br />
Teilgebieten (Primarstufe, Sekundarbereich, Erwachsenenbildung)<br />
die jeweils ihre eigenen Bedürfnisse haben und relativ wenig voneinander<br />
wissen. Zweitens ist damit auch das wissenschaftliche Fach gemeint.<br />
Es hat eigentlich die Aufgabe, die Grundlagen des Fachs zu erforschen,<br />
z. B. auch psycho- und soziolinguistische Grundlagen. Ausserdem<br />
sollte es eine fundierte Methodik/Didaktik entwickeln und deren Anwendung<br />
evaluieren.<br />
Zwischen den beiden Feldern gibt es ein sehr grosses Ungleichgewicht.<br />
Während sich das Praxisfeld ziemlich stark entwickelt und verzweigt hat,<br />
vielleicht sogar unübersichtlich und wenig vernetzt ist, fehlt es noch an<br />
der fachlichen Fundierung, eine Mangel, der in der Schweiz besonders<br />
spürbar ist. Es gibt keinen einzigen eigentlichen Lehrstuhl DaZ an den Universitäten<br />
und ich vermisse z.B. immer noch eine Studie, die sich fundiert<br />
mit dem Spracherwerb von Erwachsenen unter Diglossiebedingungen<br />
befasst und die uns eine Grundlage <strong>für</strong> einen entsprechenden Unterricht<br />
geben könnte. Es fehlen auch der Schweizer Sprachsituation angepasste<br />
und zielgruppengerechte Unterrichtsmaterialien. So muss oft mit Materialien<br />
aus Deutschland oder aus anderen DaZ-Bereichen gearbeitet werden,<br />
ihre Adaptierung ist eine oft mühsame, zeitaufwendige und trotzdem oft<br />
unbefriedigende Arbeit. Es fehlt auch ein allgemeines Schweizer Curriculum,<br />
das als Basis dienen könnte und trotzdem flexibel genug wäre, der<br />
Heterogenität der Teilnehmenden gerecht zu werden. In Deutschland wur-<br />
2
de vor kurzem ein solches Rahmencurriculum <strong>für</strong> Integrationskurse entwickelt.<br />
Es kann uns durchaus als Inspiration dienen, es darf aber auf keinen<br />
Fall unangepasst eingesetzt werden.<br />
2. Aktuelle Themen und Positionen<br />
Im zweiten Teil des Vortrags sollen aktuelle Themen und Positionen aus<br />
dem Fach referiert werden. Ich beziehe mich dabei auch auf Diskussionen,<br />
die mit Kollegen und Kolleginnen in Österreich und Deutschland geführt<br />
werden. Dort sind viele Probleme schon zugespitzter und die Widersprüche<br />
zwischen Politik und Fachpositionen oft noch eklatanter. <strong>Die</strong> beiden Länder<br />
sind aber andererseits auch schon weiter mit manchen Lösungen.<br />
2.1 Sprache und Integration<br />
Auf die Frage, wer eigentlich als integriert gilt, werden im allgemeinen an<br />
erster Stelle die Deutschkenntnisse genannt, auch von PolitikerInnen, und<br />
zwar unabhängig ihrer Parteizugehörigkeit. Im aktuellen Bericht zu den<br />
Integrationsmassnahmen des Bundes und in den geplanten Integrationsvereinbarungen<br />
spielen die Sprachkenntnisse eine zentrale Rolle. Es besteht<br />
damit nach meiner Meinung die Gefahr, dass Deutschkenntnisse als<br />
Indikator <strong>für</strong> Integration überbewertet werden. Deutschkenntnisse sind<br />
kein „Synonym“ <strong>für</strong> Integration, sondern nur Teil der Integration und<br />
manchmal nicht einmal der wichtigste. EinwandererInnen aus Deutschland<br />
sind nicht automatisch integriert, nur weil sie Deutsch sprechen und jemand<br />
mit geringen Deutschkenntnissen kann an seinem Arbeitsplatz bestens<br />
integriert sein und dazu sehr viele soziale Kontakte ausserhalb der<br />
Arbeit haben, wie ja auch in der Zürcher Studie festgestellt wurde. Es<br />
muss also neben der Sprachförderung noch andere Massnahmen geben,<br />
denn Integration gelingt nur, wenn es auch eine gleichrangige Förderung<br />
der sozialen und beruflichen Eingliederung gibt und Migranten und Migrantinnen<br />
von Anfang an Gelegenheit zur Teilhabe an der Gesellschaft des<br />
Aufnahmelandes erhalten. Einem ausländischen Jugendlichen ist u. U. mit<br />
einer Lehrstelle besser gedient als mit einem Sprachkurs, idealerweise bekommt<br />
er natürlich beides.<br />
Warum Deutschkenntnisse und Integration fast zum Synonym geworden<br />
sind, darüber kann man nur spekulieren, ich vermute, dass es mit der –<br />
vermeintlichen – Messbarkeit von Sprache zu tun hat. Integration ist ja<br />
eigentlich nicht messbar, ein Sprachetest aber scheint klar und objektiv<br />
und verspricht Sicherheit, und so macht man den Sprachtest zum Integrationstest.<br />
<strong>Die</strong> Sprachtests sind aber kein aussagekräftiger Massstab <strong>für</strong> die<br />
Integration. Und es besteht auch die Gefahr, dass damit die „Integrationsarbeit“,<br />
die ja einen langen Prozess bedeutet, an den Deutschunterricht<br />
„delegiert“ wird. Denn es ist zwar selbstverständlich die Aufgabe der<br />
Deutschlehrenden, den Unterricht so zu gestalten, dass er den Bedürfnissen<br />
der Teilnehmenden entspricht, dass er also die Themen aufnimmt, die<br />
<strong>für</strong> sie in ihrem Alltag wichtig sind und dass sie im Deutschunterricht ler-<br />
3
nen können, das zu sagen, was sie sagen wollen und was ihnen hilft, ihren<br />
Alltag zu bewältigen. <strong>Die</strong> Verantwortung <strong>für</strong> die Integration kann aber<br />
nicht beim Deutschunterricht und den Lehrenden liegen, denn dazu sind<br />
sie nicht ausgebildet und es fehlen die Materialien und Strategien.<br />
2.2 Prüfungen und Niveaus<br />
Prüfungen und formale Tests werden tendenziell immer mehr eingesetzt,<br />
nicht nur im Einbürgerungsverfahren, sondern auch in Verbindung mit<br />
dem Aufenthaltsrechts. Das ist aus mehreren Gründen bedenklich.<br />
Grundsätzlich enthalten Sprachprüfungen immer ein Element der Selektion,<br />
denn es gibt immer diejenigen, die sie bestehen und diejenigen die<br />
nicht bestehen. Das ist nach meiner Meinung ein Widerspruch zum Leitgedanken<br />
der Integration, nach dem doch jeder und jede nach individuellen<br />
Möglichkeiten und Leistungen einen Platz in der Gesellschaft finden sollte.<br />
Auf den Unterricht und die Gestaltung von Kursen wirkt eine Sprachprüfung<br />
am Ende des Kurses wie ein „heimliches Curriculum“ und der Kurs<br />
wird zum Einheitskurs, der wenig Rücksicht auf individuelle Bedürfnisse<br />
nehmen kann, denn es geht ja in erster Linie um Prüfungsvorbereitung.<br />
<strong>Die</strong> Gruppen von Migrantinnen und Migranten sind aber so heterogen und<br />
sie haben so unterschiedliche Sprachbedürfnisse, dass wir ein breites, differenziertes<br />
Angebot an Kursen brauchen, in denen eine gezielte Förderung<br />
möglich ist. Auf eine allgemeine Prüfung ausgerichtete Kurse werden<br />
diesen Bedürfnissen nicht gerecht. Bedenklich ist auch die unreflektierte<br />
Übernahme der Niveaus aus dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen.<br />
Der GER wurde aber gar nicht <strong>für</strong> die Zielgruppe der Migranten<br />
und Migrantinnen entwickelt, sondern er zielt auf das allgemeine Lernen<br />
von Fremdsprachen in Europa und hat eine stark touristische Ausrichtung.<br />
Er darf also keinesfalls blind übernommen werden, sondern muss der Situation<br />
der Lernenden im Zielsprachenraum angepasst werden und Aufgaben<br />
müssen in einen <strong>für</strong> sie sinnvollen Kontext gestellt werden.<br />
Manche Gemeinden sind dazu übergegangen, eigene Tests zu entwickeln,<br />
da dies auf den ersten Blick wohl gar nicht so schwer scheint. Wie komplex<br />
die Testentwicklung aber ist, und was alles bedacht werden sollte,<br />
möchte ich durch die folgenden Beispiele aus einem Test verdeutlichen,<br />
der <strong>für</strong> die Sprachprüfung bei Einbürgerungen entwickelt wurde.<br />
Wortergänzung:<br />
1. Es ist so heiss heute, ich gehe ins Schwimm ........<br />
2. Ich trinke am liebsten Mineral ......<br />
<strong>Die</strong> erste Aufgabe enthält eine nicht undenkliche kulturelle Komponente,<br />
denn nicht alle Menschen gehen ins Schwimmbad. Sprachlich gehört das<br />
verlangte Wort „Schwimmbad“ zwar zum allgemeinen deutschen Standard,<br />
aber nicht in den Schweizer Standard, denn in den meisten Gegenden<br />
würde man von Badeanstalt oder einfach von „Badi“ reden. „Mineral“<br />
wird in der Schweiz meist ohne die Ergänzung „Wasser“ verwendet.<br />
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Was prüfen also diese Aufgaben? Das, was vermutlich in der Deutschstunde<br />
gelernt wurde. Um aber die Integration einer Person zu beurteilen oder<br />
gar zu „testen“, sind sie untauglich.<br />
Im Bewusstsein, wie komplex und wie schwierig es ist, einen aussagekräftigen<br />
und gleichzeitig fairen Test zu entwerfen, hat der Europarat darauf<br />
hingewiesen, wie hoch die ethische Verantwortung bei der Entwicklung<br />
von Tests im Zusammenhang mit Migration und Einbürgerung ist, und wie<br />
wichtig es ist, da<strong>für</strong> wirkliche Fachleute zu beauftragen.<br />
2. 3 Aufenthaltsrecht und obligatorische Sprachkurse<br />
Im neuen Ausländergesetz wird in § 54 erstmals eine Verknüpfung von<br />
Integration und Aufenthaltsrechten gemacht und die Möglichkeit vorgesehen,<br />
Integrationsvereinbarungen abzuschliessen. Verschiedene Kantone<br />
kennen obligatorische Sprachkurse, in Basel sollen schon dreijährige Kinder<br />
zum Deutschunterricht verpflichtet werden. Gegen diese Verknüpfung<br />
ist nichts einzuwenden, wenn sie tatsächlich nur als Anreiz eingesetzt<br />
wird. Nach den Erfahrungen in Österreich muss man aber vielleicht auch<br />
bei uns damit rechnen, dass Sanktionen eingeführt werden, wenn z.B. eine<br />
Integrationsvereinbarung nicht eingehalten wird oder nicht eingehalten<br />
werden kann.<br />
Gegen die Bindung des Aufenthaltsrechts an obligatorische Deutschleistungen<br />
spricht grundsätzliches Argument aus der Unterrichtspraxis:<br />
Zwang und Sanktionen, insbesondere bei Menschen, die ohnehin noch<br />
Mühe haben, sie in einem fremden Land einzugewöhnen, motivieren nicht<br />
zum Lernen, sondern sie bewirken eher das Gegenteil: Verunsicherung<br />
und Angst und oft sogar Probleme bei der Konzentration.<br />
Ausserdem kommen die Lehrenden in solchen Kursen in eine schwierige<br />
Situation: sie werden quasi zum „verlängerten Arm von Behörden“, insbesondere<br />
wenn sie auch noch eine Prüfung abnehmen sollen. Sprachförderung<br />
und aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen passen nicht zusammen und<br />
sollten entkoppelt werden.<br />
Auf keinen Fall darf es so werden,<br />
wie es hier der Zeichner der Süd-<br />
deutschen Zeitung dargestellt hat.<br />
(Süddeutsche Zeitung, 6. April 2006)<br />
2. 4 Integrationsvereinbarungen<br />
Integrationsvereinbarungen werden<br />
von manchen Instanzen im Augenblick fast als „Wundermittel“ zur Lösung<br />
aller Probleme angesehen. Es gibt aber noch sehr wenig Erfahrungen damit<br />
und es ist zu bezweifeln, ob sie wirklich so wirksam sind, wie erhofft.<br />
Ganz grundsätzlich braucht der Integrationsprozess viel Zeit, er verläuft<br />
nicht linear und kann nicht in einem Vertrag ein <strong>für</strong> alle Mal „erledigt“<br />
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werden. Eine Integrationsvereinbarung darf auch nicht „einseitig“ sein,<br />
den zu Integrierenden muss auch eine Zukunftsperspektive geboten werden.<br />
Zu bedenken ist sicherlich auch, dass damit leicht eine Ungleichbehandlung<br />
von verschiedenen „Kategorien“ von AusländerInnen entsteht, denn<br />
mit EU-Bürgern und EU-Bürgerinnen kann gar keine Vereinbarung getroffen<br />
werden, es würde der Personenfreizügigkeit widersprechen.<br />
2. 5 <strong>Die</strong> Situation der Lehrenden im Integrationsbereich<br />
Da mit dem neuen Ausländergesetz Integration quasi zur „Staatsaufgabe“<br />
erhoben wird, möchte ich schliesslich nochmals auf die Situation der Lehrenden<br />
eingehen, der Personen, die diese wichtige Aufgabe nun im<br />
Sprachbereich erfüllen sollen. Ihre Rahmenbedingungen sind oft nicht gut,<br />
sie haben meist keine festen Stellen, die Bezahlung ist bescheiden, sie<br />
haben nur sehr selten ordentliche Sozialleistungen, z. B. Beiträge an die 2.<br />
Säule und in ihrem Beruf wenig Perspektiven. Auch sind ihre Aus- und<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten immer noch total ungenügend.<br />
Sie halten ihre Kurse im allgemeinen mit viel Engagement und Eigeninitiative,<br />
denn es fehlt an fertigen Materialien. Sie gehen auf die Bedürfnisse<br />
ihrer Teilnehmenden ein und tun ihr Möglichstes, ihnen das Leben im<br />
„neuen Land“ zu erklären und zu erleichtern. Mit ihrem teilnehmerorientierten<br />
Sprachunterricht leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Integration<br />
ihrer Lernenden. Sie tragen aber nicht die Verantwortung <strong>für</strong> die gesamte<br />
„Integrationsarbeit“ und insbesondere darf das Sprachenlernen nicht zur<br />
Prüfungsvorbereitung werden. <strong>Die</strong> Lehrenden dürfen auch nicht <strong>für</strong> Tests<br />
und zur Beurteilungen ihrer Teilnehmenden eingesetzt werden, wenn dies<br />
Konsequenzen im Aufenthaltsrecht hat. Denn der „doppelte“ Status des<br />
Lehrenden und Prüfenden belastet das Vertrauensverhältnis zwischen Lernenden<br />
und Lehrenden, das <strong>für</strong> einen erfolgreichen Unterricht unabdingbar<br />
ist. Er bringt die Unterrichtenden in einen Gewissenskonflikt, der es<br />
<strong>für</strong> sie nicht leicht macht, ihrer anspruchsvolle Aufgabe gerecht zu werden.<br />
Informationen zum Thema:<br />
www.spracheundintegration.info<br />
www.sprachenrechte.at<br />
www.daz-didaktik.de<br />
http://www.goethe.de/lhr/prj/daz/pro/Rahmencurriculum_online_final_Ve<br />
rsion5.pdf (Rahmencurriculum)<br />
www.eu-milestone.de (European Language Portfolio for Migrants)<br />
www.coe.int/lang/fr (Seite des Europarats)<br />
<strong>Monika</strong> <strong>Clalüna</strong><br />
Dozentin DaF, Dozentin in der Weiterbildungen DaF/DaZ, freie Lehrbuchautorin.<br />
Alt-Grossrätin Kanton Luzern, Mitglied der Verfassungskommission<br />
Kanton Luzern.<br />
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