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Sinnesphysiologie - Institut für Biologie und Neurobiologie, FU Berlin

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<strong>Sinnesphysiologie</strong><br />

* Wir sehen <strong>und</strong> empfinden die Welt nur durch unsere Sinne.<br />

Aristoteles: Nichts ist im Bewußtsein was nicht die Sinne durchlebt hat<br />

* Sensoren sind die Sinneszellen, die einzeln verteilt sind oder zu Sinnesorganen<br />

zusammengefaßt sind.<br />

* Sinneszellen arbeiten als:<br />

Filter:<br />

nur bestimmte aus dem Gesamtspektrum aller Reize werden<br />

aufgenommen <strong>und</strong> erregen die entsprechende Sinneszelle<br />

Energiewandler (Transducer):<br />

spezifische physikalische Reizenergie (Reizmodaltät) wird in ein elektrochemisches<br />

Signal der Nervenzelle (neuronales Signal, Rezepotorpotenzial)<br />

umgewandelt<br />

Verstärker:<br />

Der Energiegehalt des physikalischen Reizes ist geringer als der Energiegehalt<br />

des neuronalen Signals


Sinneszellen arbeiten als Verstärker<br />

Reizenergie des elektrischen Signals ist um ein Vielfaches höher als die<br />

Reizenergie des physikalischen Signals.<br />

z.B. 1 Photon rotes Licht ca 10 -19 J (Strahlungsenergie)<br />

Rezeptorstrom ca 10 -13 J („bump“)<br />

Da Photorezeptoren auf die Absorption einzelner Quanten<br />

mit Erregung reagieren ist die Verstärkung ca 10 6 fach.<br />

Weitere Signalenergien:<br />

Mechanischer Reiz Fadenhaar<br />

(Deformation im Bereich von Atomdurchmessern): < 10 -19 J<br />

1 Molekül, chemischer Reiz (Detektion einzelner Moleküle): etwa 10 -20 J


Sinneszellen reagieren nur auf die adäquaten Reize<br />

einer bestimmten Reizmodalität.<br />

Name des Rezeptor Reizenergie Beispiele<br />

Chemorezeptor chemisch Geschmacksrezeptoren (Zunge)<br />

Geruchsrezeptoren (Nase)<br />

Elektrorezeptor elektrisch Elektrorezeptoren (Fische)<br />

Mechanorezeptor mechanisch Berührungsrezeptor, Druckrezeptor,<br />

Gleichgewichtsorgan, Ohr<br />

(Haarsinneszelle) (Propriorezeptoren,<br />

Eigenrezeptoren, Sinn <strong>für</strong> die innere Umwelt)<br />

Photorezeptor Licht (Welle) Stäbchen, Zapfen<br />

Thermorezeptor Infrarot (Welle) Temperaturezeptoren der Haut<br />

Hygrorezeptor Wasserdampf Antenne der Insekten<br />

Magnetorezeptor elektromagnetisch bei Vögeln im Schnabelgr<strong>und</strong>, Auge<br />

Nocizeptor (Schmerzrez.) mechanisch, chemisch in der Haut (freie Nervenendigung)


Reiztransduktion:<br />

Übersetzung des physikalischen Reizes in ein Rezeptorpotenzial<br />

Reiztransformation:<br />

Amplitude des Rezeptorpotenzials wird in eine Folge von Aktionspotenzialen<br />

übersetzt<br />

Die Intensität des Reizes wird übersetzt in die Amplitude des<br />

Rezeptorpotenzials (Amplitudenmodulation) bzw. in die<br />

Frequenz der Aktionspotenziale (Frequenzmodulation)<br />

Frequenz: Ereignisse (z. B. AP) pro Sek<strong>und</strong>e (in Hz)<br />

oder Bezeichnung c/s, cycles per second<br />

Die Dauer des Reizes wird übersetzt in die Dauer des Rezeptorpotenzials<br />

oder die Dauer der Salve von Aktionspotenzialen<br />

(„Burstdauer“)


Reizschwelle<br />

Die geringste Reizintensität, die notwendig ist, um in der Sinneszelle eine erste<br />

merkliche Erregung zu erzeugen (absolute Reizschwelle)<br />

hier kommt es zum erstenmal zu einer Aktivierung der Sinneszelle


Kodierung der Reizintensität (Erregungstransformation)<br />

schwache Erregung<br />

schwacher Reiz<br />

stärkere Erregung<br />

stärkerer Reiz


Jede Sinneszelle besitzt eine<br />

KENNLINIE<br />

Sie beschreibt jeden quantitativen<br />

Zusammenhang zwischen Eingangs- <strong>und</strong><br />

Ausgangsgrösse eines Systems<br />

(Reizintensität gegen Amplitude des<br />

Rezeptorpotentials aufgetragen).<br />

Für die meisten Sinneszellen gilt:<br />

Die Amplitude des Rezeptorpotentials<br />

ist proportional zum Logarithmus der<br />

Reizintensität<br />

Arbeitsbereich einer Sinneszelle:<br />

Der Intensitätsbereich der Reize, die von der<br />

Sinneszelle kodiert werden<br />

Schwelle<br />

log Reizintensität<br />

Sättigung


Die logarithmische Beziehung ist <strong>für</strong> die Größe des Arbeitsbereich<br />

von Sinneszellen bedeutend (dadurch viel größerer Arbeitsbereich):<br />

* Zwischen Mondlicht <strong>und</strong> Sonnenlicht besteht ein10 9 facher Intensitätsunterschied.<br />

* Das Gehör kann Tonintensitäten unterscheiden, die um das 10 12 fache variieren.<br />

* Die Rezeptorantwort steigt im Verhältnis zur Zunahme der Reizintensität wesentlich<br />

langsamer an.<br />

* Bei niedrigen Reizintensitäten wird ein kleinerer Unterschied in zwei<br />

Reizintensitäten wahrgenommen als bei hohen Reizintensitäten.<br />

* Eine zehnfache Erhöhung der Reizintensität führt zu einer Verdopplung der<br />

Amplitude des Rezeptorpotenzials oder der Frequenz der AP<br />

* Bei sehr hohen Reizintensitäten kommt es zur Sättigung <strong>und</strong> Unterschiede in der<br />

Reizintensität können nicht mehr kodiert werden.


Typen von Sinneszellen:<br />

Primäre Sinneszellen:<br />

Sinneszelle ist eine umgewandelte Nervenzellen mit Dendrit (Reizaufnahme <strong>und</strong><br />

Reiztransduktion, Eingang), Soma (Integration des Rezeptorpotenzials) <strong>und</strong> Axon<br />

(ab dem Axonhügel: Aktionspotenziale) mit Terminalstrukturen (Präsynapse, Ausgang)<br />

Bei Wirbellosen Tieren, <strong>und</strong> Riechsinneszellen bei Wirbeltieren<br />

Sek<strong>und</strong>äre Sinneszellen:<br />

Umgewandelte Epithelzellen mit reizaufnehmender Struktur, Bildung eines<br />

Rezeptorpotenzials <strong>und</strong> einer Ausgangssynapse, kein Axon). Ein afferentes Neuron<br />

wird durch die sek<strong>und</strong>äre Sinneszelle erregt <strong>und</strong> sendet sein Axon in das ZNS<br />

Bei Wirbeltieren<br />

Afferentes Neuron: alle Somata im Spinalganglion (Hinterwurzel), Terminalstrukturen<br />

im ZNS (bei Wirbeltieren)<br />

Sinnesnervenzellen:<br />

Mit reizaufnehmender Struktur in der Peripherie, Soma im Spinalganglion, <strong>und</strong> axonale<br />

Terminalstrukturen im ZNS (bei Wirbeltieren)


Ionenkanal<br />

Rezeptorpotenzial<br />

Aktionspotenziale<br />

Transmitterfreisetzung<br />

G-Protein-<br />

Rezeptor<br />

Signalkaskade<br />

Rezeptorpotenzial<br />

Aktionspotenziale<br />

Transmitterfreisetzung<br />

Reiz<br />

Ionenkanal<br />

Rezeptorpotenzial<br />

Transmitterfreisetzung<br />

Aktionspotenziale<br />

Transmitterfreisetzung<br />

G-Protein-Rezeptor<br />

Signalkaskade<br />

Rezeptorpotenzial<br />

Transmitterfreisetzung<br />

Aktionspotenziale<br />

Afferentes Neuron Afferentes Neuron<br />

Transmitterfreisetzung<br />

primäre Sinneszellen sek<strong>und</strong>äre Sinneszellen


Sinneszellen reagieren nur auf die adäquaten Reize<br />

einer bestimmten Reizmodalität.<br />

Name des Rezeptor Reizenergie Beispiele<br />

Chemorezeptor chemisch Geschmacksrezeptoren (Zunge)<br />

Geruchsrezeptoren (Nase)<br />

Elektrorezeptor elektrisch Elektrorezeptoren (Fische)<br />

Mechanorezeptor mechanisch Berührungsrezeptor, Druckrezeptor,<br />

Gleichgewichtsorgan, Ohr<br />

(Haarsinneszelle) (Propriorezeptoren,<br />

Eigenrezeptoren, Sinn <strong>für</strong> die innere Umwelt)<br />

Photorezeptor Licht (Welle) Stäbchen, Zapfen<br />

Thermorezeptor Infrarot (Welle) Temperaturezeptoren der Haut<br />

Hygrorezeptor Wasserdampf Antenne der Insekten<br />

Magnetorezeptor elektromagnetisch bei Vögeln im Schnabelgr<strong>und</strong>, Auge<br />

Nocizeptor (Schmerzrez.) mechanisch, chemisch in der Haut (freie Nervenendigung)


Adaptation (Anpassung)<br />

Eigenschaft vieler Sinneszellen: Trotz anhaltender Reizintensität nimmt die<br />

Amplitude des Rezeptorpotenzials (<strong>und</strong> damit die AP-Frequenz) ab.<br />

0<br />

V M Membranpotential<br />

Rezeptorpotenzial<br />

Reizintensität<br />

Zeit


Tonischer Rezeptor<br />

Phasischer Rezeptor


Sinne<br />

Sehen, Hören, Tasten, Schmecken, Riechen<br />

(Die 5 Sinne des Menschen)<br />

Tiere können Sinne besitzen, die dem Menschen fehlen, z. B.<br />

Magnetsinn, elektrischer Sinn, oder die Sinne haben andere<br />

Arbeitsbereiche (Ultraviolett, Polsehen, Infrarot, Ultraschall,<br />

Infraschall).<br />

Diese Tatsache macht die Beschäftigung mit Sinnesorganen von<br />

Tieren <strong>und</strong> uns oft fremden Sinneswelten zu einem aufregenden<br />

Gebiet der Zoologie <strong>und</strong> Neurowissenschaft.


Mechanorezeption<br />

* Alle Mechanorezeptoren reagieren auf mechanische Reize<br />

Druck, Schub, Zug, Dehnung, Auslenkung, Scherung<br />

* große Vielfalt der Rezeptoren:<br />

- taktile <strong>und</strong> filiforme Haare bei Arthropoden,<br />

Chordotonalorgane: sehr komplexe Mechanorezeptoren in den<br />

Gelenken von Arthropoden, Tympanalorgane: Hörorgane der<br />

Insekten, Streckrezeptoren bei Crustaceen, Berührungsrezeptoren in<br />

der Haut bei Anneliden<br />

- Seitenlinienorgane Fische <strong>und</strong> Amphibien, Gleichgewichtsinnesorgane,<br />

Haarzellen im Innenohr, Vater-Pacinische Körperchen in der Haut von<br />

Säugern, Druckrezeptoren in den Gefäßen, Muskelspindel,<br />

Sehnenorgane, Streckrezeptoren, Dehnungsrezeptoren in den<br />

Eingeweiden


* Mechanorezeptoren haben oft akzessorische oder Hilfsstrukturen,<br />

die z.B. <strong>für</strong> die Filtereigenschaften des Rezeptors von Bedeutung sind<br />

(z.B. weitere Hilfszellen bilden komplizierte mechanische Leitstrukture<br />

aus, z.B. Skolopidialorgane der Insekten, oder Bindegewebslamellen<br />

beim Vater-Pacinischen Körperchen)<br />

* Arbeiten sehr schnell, da ein mechanosensitiver Ionenkanal direkt<br />

geöffnet wird<br />

(zwischen Reiz <strong>und</strong> erstem Rezeptorpotenzial vergehen nur<br />

Mikrosek<strong>und</strong>en!)


Mechanorezeption: Primärprozesse der Reiz-Erregungstransduktion<br />

* Durch mechanische Reize (Dehnung, Verformung) kommt es zur direkten Öffnung<br />

eines Ionenkanals, wodurch ein Rezeptorpotential entsteht.<br />

* Verzögerung zwischen physikalischem Reiz <strong>und</strong> Beginn des Rezeptorpotentials<br />

15 – 70s<br />

* Sehr empfindlich gegen Verformung, bereits Verformung durch 0,1nm (10 -10 m) wird<br />

beantwortet<br />

* Subgenualorgane der Schaben: Substratschwingungen 5 x 10 -10 cm<br />

(Leistung 6 x 10 -17 W)<br />

* Absolute Hörschwellen der Katze: 6,3 x 10 -6 N/m 2 (Schallstärke 10 -13 W/m 2 ),<br />

Mensch ist etwa 10mal unempfindlicher.<br />

* Hilfsstrukturen der Mechanorezeptoren sind integraler Bestandteil <strong>für</strong> die Funktion<br />

(„Filterung“ des physikalischen Reizes)


Modell eines mechanorezeptiven Ionenkanals<br />

Mensch:<br />

Familie der<br />

Degenerine<br />

Caenorhabditis elegans<br />

* 302 Neurone<br />

* Mutanten, die sich gegenüber taktilen Reizen<br />

anders verhalten (d.h. gegenüber Berührung<br />

keine Meidereaktion mehr zeigen)<br />

Nach Universität Heidelberg, Prof. Stephan Frings


Der abdominale Streckrezeptor der Krebse ist ein typischer Mechanorezeptor


Mechanorezeption<br />

Reize:<br />

- Druck<br />

- Zug<br />

- Scherung<br />

Wahrnehmung:<br />

- Fühlen<br />

- Hören<br />

- Körperstellung<br />

- Muskel- <strong>und</strong><br />

Gewebespannung<br />

Rezeptoren:<br />

- mechanosensitive Dendriten<br />

- freie Nervenendigungen<br />

- primäre <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>äre<br />

Haarsinneszellen<br />

Muskel Streckrezeptor<br />

primäre<br />

Sinneszelle


Pacinisches Körperchen in der Haut<br />

* Haut reichhaltig mit Mechanorezeptoren versorgt<br />

* Vater-Pacinisches Körperchen ist ein hervorragendes Beispiel da<strong>für</strong>, dass<br />

Hilfsstrukturen (wie die Bindegewebslamellen) <strong>für</strong> die richtige Funktion des<br />

Mechanorezeptors eine wichtige Rolle spielen.<br />

Generatorpotential im Axon<br />

Mechanischer Reiz<br />

intakt<br />

Schichten von Bindegewebe<br />

Afferentes Neuron<br />

Bindegewebelamellen entfernt


Seitenlinienorgan der Fische<br />

Aus: Smith, C.U.M. (2000) Biology of sensory systems. Wiley, Chichester<br />

* Detektion von Wasserbewegungen oder<br />

Druckunterschieden (z.B. Wirbel von anderen<br />

vorbei schwimmenden Fischen)


Die sek<strong>und</strong>ären Harrsinneszellen der<br />

Gleichgewichts- <strong>und</strong> Hörorgane bei Wirbeltieren<br />

sind Mechanorezeptoren<br />

Aus dem Labyrinth des Ochsenfrosches<br />

http://umech.mit.edu/hearing/intro/intro.html


Mit dem Seitenlinienorgan der Fische verwandt sind:<br />

* Gleichgewichtsorgan<br />

- Bogengänge mit Utrikulus (Macula utriculi) <strong>und</strong><br />

Sacculus (Macula sacculi)<br />

* Hörorgan<br />

- Cochlea (Hörschnecke)


Hören: Schallausbreitung<br />

Druckverteilung der Luftteilchen, gemessen mit Mikrophon<br />

Wellenlänge<br />

WellenlängeGeschwindigkeit/Frequenz = s (m/s) / f (s –1 )<br />

Ausbreitungsgeschwindigkeit von Schall:<br />

in Luft 340 m/s<br />

in Wasser 1.500 m/s


Äußerer<br />

Gehörgang<br />

Vestibuläres<br />

Labyrinth<br />

Cochlea<br />

Hörschnecke


Haarsinneszellen in den Bogengängen<br />

des Vestibularorgans<br />

<strong>und</strong> der Schnecke des Innenohrs<br />

sek<strong>und</strong>äre Sinneszellen:<br />

* kein Axon<br />

* keine Aktionspotenziale


Haarsinneszellen aus dem Innenohr des Chinchilla<br />

ICH, innere Haarzellen<br />

OHC, äußere Haarzellen<br />

Stereocilien<br />

äußere Haarzelle<br />

innere Haarzelle


Das Hören beruht ausschließlich auf der Mechanorezeption !<br />

Sinneszellen sitzen im Innenohr (Schnecke)<br />

*Aufbau des Ohres<br />

* Außenohr:<br />

Ohrmuschel (Lokalisation, Richtungshören)<br />

äußerer Gehörgang (Schallleitung), Trommelfell (Abgrenzung zum<br />

Mittelohr),<br />

Gehörknöchelchen:<br />

Hammer (Ansatz am Trommelfell), Amboß <strong>und</strong> Steigbügel (Ansatz<br />

am ovalen Fenster des Innenohr), Verstärkung der Schallwellen, da im<br />

Innenohr Flüssigkeiten bewegt werden müssen, besondere Muskeln<br />

der Gehörknöchelchen können die Übertragung dämpfen<br />

* Mittelohr: mit Zugang zum Nasen-Rachenraum, Eustach‘sche Röhre<br />

* Innenohr: drei Lymphräume (Scala vestibuli <strong>und</strong> Scala tympani mit<br />

Perilymphe gefüllt <strong>und</strong> am Ende der Schnecke durch eine Öffnung<br />

miteinander verb<strong>und</strong>en (Helikotrema), Scala media mit Endolymphe gefüllt)<br />

r<strong>und</strong>es Fenster zum Innenohr (Druckausgleich)<br />

* Eigentliches Hörorgan (Corti‘sches Organ): Auf der Basilarmembran<br />

sitzen Reihen von Haarsinneszellen (innere <strong>und</strong> äußere<br />

Haarsinneszellen), deren Cilien durch eine darüberliegende Membran<br />

(Tektorialmembran) abgebogen (Scherkräfte) werden können.


Frequenzdispersion auf der Basilarmembran <strong>und</strong> des<br />

Cortischen Organs<br />

Wanderwelle<br />

Die Entstehung <strong>und</strong> Ausbreitung der Wanderwelle<br />

im Cortischen Organ


Wanderwelle in der<br />

Basilarmembran mit<br />

Maximum<br />

Umhüllende der<br />

Wanderwelle<br />

Umhüllende bei<br />

verschiedenen<br />

Amplituden


Frequenzunterscheidung:<br />

* Wanderwelle mit Schwingungsmaximum bringt Basilarmembran<br />

zum Schwingen (nach Helmholtz <strong>und</strong> von Bekesy)<br />

* Die Lage dieser Schwingungsmaxima auf der Basilarmembran (BM) ist<br />

frequenzspezifisch (hohe Frequenzen, kurze Wellenlängen, in der<br />

Nähe der Basis, tiefe Frequenzen, lange Wellenlängen, in der Nähe<br />

der Spitze) Einorttheorie<br />

* Innere Haarsinneszellen sind über die Länge des Corti‘schen Organs<br />

auf diese Frequenzen empfindlich (Hörschwellenkurven,<br />

tuning curves), <strong>und</strong> die äußeren Haarsinneszellen arbeiten als Verstärker<br />

dieser Schwingungsaxima (Cochlearverstärker)<br />

* Äußere Haarsinneszellen besitzen Myosin <strong>und</strong> Prestin als<br />

„molekulare Motoren“ <strong>und</strong> verstärken das Schwingungsmaximum der BM<br />

* Tonotope Organisation (Töne sind auf der Länge der Basilarmembran<br />

nach Frequenzen geordnet)


Reiz-Erregungstransduktion in Haarsinneszellen des Innenohrs


In den Seitenlinienorganen der Fische <strong>und</strong> Amphibien (Krallenfrosch),<br />

in den Gleichgewichtsinnesorganen <strong>und</strong> im Innenohr befinden sich<br />

Mechanorezeptoren:<br />

Sek<strong>und</strong>äre Harrsinneszellen<br />

* Mit einem Bündel von Stereocilien <strong>und</strong> einem längeren Kinocilium<br />

(fehlt bei den Haarzellen im Innenohr)<br />

* Wie arbeiten diese Haarsinneszellen?<br />

* Auslenkung der Stereozilien gegen das Kinocilium: Erregung<br />

Auslemkung der Stereocilien vom Kinocilium weg: Hemmung<br />

* Richtungsspezifität<br />

(z.B. sitzen die richtungsspezifischen Zellen in den Bogengängen<br />

des Gleichgewichtssinnesorgans so angeordnet, daß immer die<br />

Bewegungen in beiden Richtungen von einer bestimmten Anzahl<br />

von Haarsinneszellen kodiert werden können).


http://umech.mit.edu/hearing/intro/intro.html


Aus: Pickles, J.O., Corey, D.P. (1992) Mechanoelectrical transduction by hair cells.<br />

Trends in Neuroscience 15:254-258


Frequenzabhängigkeit der Hörschwelle <strong>und</strong> der Isophone<br />

Schalldruckpegel L<br />

Isophone: Töne entsprechender Frequenz <strong>und</strong> Schalldruckpegel empfindet man als gleich laut<br />

Schalldruckpegel L: gemessen in Dezibel (dB) ist ein relatives Mass <strong>für</strong> die Schallstärke:<br />

L = 20 log p / p 0 wobei p = gemessene Schalldruckamplitude in N/m 2 <strong>und</strong><br />

p 0 = Referenzschalldruck (Schwelle: 20 N/m2)


Hörbereich des Menschen:<br />

Jung: ca 16 - 20 000 Hz, alt: Fähigkeit zum Hören der hohen<br />

Frequenzen nimmt rapide ab<br />

Ultraschall: über 20 kHz (Fledermäuse, Echoortung)<br />

Wale (Kommunikation)<br />

Infraschall: unter 16 Hz (Vögel??)<br />

Schalldruckpegel (spl, so<strong>und</strong> pressure level)<br />

Ein Maß der subjektiven <strong>Sinnesphysiologie</strong>, gemessen in db (Dezibel).<br />

Ein beliebiger gemessener Schalldruck p x wird mit einem Bezugsschalldruck p 0<br />

verglichen, wobei p 0 = 2 x 10 -5 N/m 2 dem Schalldruck der menschlichen<br />

Hörschwelle <strong>für</strong> einen 2 kHz Ton (2.000 Hz) entspricht.<br />

Gemessen wird die Lautstärtke L in Dezibel (dB):<br />

L = 20 log (p x/p 0) dB


Hörbahn<br />

Oberer Olivenkern<br />

Cochlearis Kern<br />

Hörnerv<br />

Seitliche Ansicht des menschlichen Gehirn Dorsale Aufsicht auf den Hirnstamm


Zentrale Hörbahn <strong>und</strong> Verarbeitung der akustischen Information<br />

im Säugergehirn<br />

Innenohr<br />

Hörnerv<br />

AC: auditorischer Kortex in der<br />

Hörrinde (temporaler Kortex)<br />

AR: auditorische Radiation<br />

IC: inferiorer Colliculus im<br />

Mittelhirn<br />

lateraler Lemniskus<br />

CN: cochlearer Nucleus im Nachhirn<br />

LSO, MSO: laterale <strong>und</strong> mediane Olive


Richtungshören: zwei Parameter werden genutzt:<br />

interauraler<br />

Zeitabstand<br />

(wird bei niedrigen<br />

Frequenzen<br />

eingesetzt)<br />

interaurale<br />

Intensitätsdifferenz<br />

(wird bei hohen<br />

Frequenzen eingesetzt)<br />

cochlearer<br />

Nucleus<br />

Verschaltung im Nachhirn zur Codierung<br />

der Schallrichtung<br />

Die Verschaltung muss Zeitunterschiede von 10 µsec detektieren


Objektive <strong>Sinnesphysiologie</strong>:<br />

• Reizaufname durch Sinneszelle<br />

• Reiztransduktion (Rezeptorpotential)<br />

• zentral geleitete Erregungen (Aktionspotentiale), sensorische Signale<br />

• Integration dieser Signale in primären sensorischen Gehirnzentren<br />

Von all diesen Aktivitäten wissen wir subjektiv nichts.<br />

• subjektiver Sinneseindruck (Empfindung, z.B. dass uns Licht der Wellenlänge 400 nm<br />

„blau“ erscheint)<br />

• Sinneseindrücke sind Elemente von Empfindungen, welche gedeutet <strong>und</strong> bewertet<br />

werden.<br />

• Erst durch die Bewertung durch Erlerntes oder die Erfahrung wird daraus eine<br />

Wahrnehmung<br />

(aus weißen sphärischen Gebilden auf blauem Hintergr<strong>und</strong> wird Brandenburger<br />

Himmel mit Schäfchenwolken)<br />

Jede Empfindung (Wahrnehmung) hat 4 Gr<strong>und</strong>dimensionen:<br />

* Räumlichkeit (z.B. Reiz im Sehfeld, Körperoberfläche)<br />

* Zeitlichkeit (der Reiz dauert)<br />

* Qualität (beim Menschen 5 Sinnesqualitäten, Hören, Sehen, Fühlen, Riechen,<br />

Schmecken)<br />

* Intensität


Subjektive <strong>Sinnesphysiologie</strong> (Psychophysik)<br />

Befaßt sich mit den physikalischen Gesetzen der Wahrnehmung<br />

Weber-Gesetz<br />

dI/I = k<br />

dI = die Änderung der Reizintensität von einem Referenzstimulus I, die gerade wahrgenommen<br />

wird. Die minimale wahrnehmbare Differenz (jnd = just noticable difference) <strong>für</strong> einen<br />

gewissen Reiz hängt von der Reizstärke ab.<br />

I = Referenzintensität<br />

K – Weber ratio<br />

Weber-Fechner-Gesetz (psychophysische Gr<strong>und</strong>regel)<br />

E = k log (I/I o )<br />

E = Empfindungsintensität, ist eine Funktion des Logarithmus des Ouotienten zwischen der<br />

Reizintensität I <strong>und</strong> der absoluten Intensitätsschwelle I o<br />

Je größer der Unterschied zwischen der wahrgenommenen Reizintensität <strong>und</strong> der Schwellenintensität<br />

ist, desto größer ist die Empfindungsintensität


Nicht der absolute Unterschied der Intensität ist ausschlaggebend <strong>für</strong> die Empfindung eines<br />

Intensitätsunterschieds, sondern der relative auf eine vorhandene Intensität bezogene<br />

Unterschied. Also: dI/I = k (dI ist die zusätzliche Intensität, die gerade als Unterschied wahr-<br />

Genommen wird).<br />

Beispiel:<br />

Bei einem Brief mit 20 g Gewicht in der rechten Hand, muß ein Brief in der linken Hand mit 2 g<br />

zusätzlich belastet werden, damit ein Gewichtsunterschied empf<strong>und</strong>en wird. Also: dI/I = 2/20 = 0,1<br />

Bei 200 g Rindfleisch/Tofu in der rechten Hand müssen jetzt 20 g in die linke Hand zusätzlich gegeben<br />

werden, damit gerade ein Gewichtsunterschied bemerkt wird.

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