Georg Büchner Leonce und Lena - Kerber-Net
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ZUSCHAUER<br />
DER KOMÖDIE<br />
Sieht:<br />
FAMA<br />
(Glanz <strong>und</strong> Gloria)<br />
§ Fiktive Realität<br />
§ Figuren der<br />
Komödie:<br />
König Peter,<br />
<strong>Leonce</strong>,<br />
Prinzessin,<br />
Valerio<br />
§ Müßiggang <strong>und</strong><br />
Nutzlosigkeit des<br />
Adels<br />
§ Bauern als<br />
applaudierende<br />
Kulisse<br />
ZUSCHAUER<br />
ergänzt<br />
soziale Perspektive<br />
Indirekte<br />
Korrelationen<br />
(Andeutungen<br />
SOZIALE<br />
PERSPEKTIVE<br />
Ergänzt:<br />
FAME<br />
(Hunger)<br />
§ Empirische Realität<br />
§ Personen der<br />
Realität:<br />
Fürsten,<br />
Hofgesinde,<br />
Bauern,<br />
...<br />
§ Arbeit <strong>und</strong><br />
Ausbeutung der<br />
Bevölkerung<br />
§ Bauern als<br />
Unterdrückte ,<br />
aber Erwirtschafter<br />
des Sozialprodukts<br />
Die damit ausgeübte Kritik bezieht sich aber nicht allein auf den Adel, sondern schließt<br />
auch die Bauern ein. Sie werden als ungebildet <strong>und</strong> dumm dargestellt. Sie werden<br />
gezwungen, als Kulisse zu agieren; jedoch ist auch zu bedenken, dass <strong>Büchner</strong>s Satz, man<br />
werde am Ende dieses „transparenten Balles“ sich „Cocarden an die Köpfe schlagen“, so<br />
verstanden werden könnte, dass damit die Revolution gemeint sein könnte (s. auch die<br />
Anspielung an Hamlet).<br />
Nach Lage der politischen Dinge musste <strong>Büchner</strong> 1836 damit rechnen, dass eine politische<br />
Komödie weder einen Preis bei dem Preisausschreiben [ Entstehung] bekommen würde, noch<br />
aufgeführt werden könnte.<br />
Sein Spiel mit Versatzstücken der literarischen Tradition, die Parodie romantischer<br />
Inhalte wird deswegen nicht zuletzt den Zweck gehabt haben, die Zensur zu unterlaufen.<br />
Texte nämlich, die unter Zensurdruck stehen <strong>und</strong> die mit unterschiedlichen politischen<br />
Parteilichkeiten <strong>und</strong> Ansichten rechnen müssen, können anders nicht vorgehen; sie müssen in<br />
der Gattung der Komödie dem Lachen unterschiedliche Ansatzmöglichkeiten bieten. Hier reicht<br />
die Spannweite offenbar von einem Lachen, das die Darstellung tölpelhafter Bauern goutiert,<br />
bis hin zur Freude derer, die die Konterbande agitatorischen Sprechens in den scheinbaren<br />
Komödienharmlosigkeiten entdecken. Auch im übrigen Text muss man ja ständig mit derartig<br />
agitatorischen Spuren rechnen. Der größte Teil dieser Spuren dürfte freilich inzwischen nicht<br />
mehr erkennbar sein. Denn trotz eines bemerkenswerten philologischen Fleißes sind die<br />
Bezüge <strong>und</strong> Anspielungen dieser Komödie immer noch nicht vollständig aufgehellt. So wird<br />
auch vor allem an dieser Stelle klar, dass sich das Drama rein immanent gar nicht verstehen<br />
lässt <strong>und</strong> dass etliches an Hintergr<strong>und</strong>wissen notwendig ist, um die außerhalb liegenden<br />
Bezugspunkte literarischer, philosophischer <strong>und</strong> historischer Art zu erfassen.