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Sozialisation als Rollenlernen PA (Busse)<br />
Für erfolgreiches Rollenhandeln sind daher mehrere<br />
Fähigkeiten nötig:<br />
1. Rollendistanz: Fähigkeit, Normen oder Rollenerwartungen<br />
wahrzunehmen, sie zu interpretieren und<br />
mit ihnen reflektierend so umzugehen, dass die eigenen<br />
Bedürfnisse in die Interaktion eingebracht werden<br />
können.<br />
2. Role-Making: aktive Interpretation der Rolle, d. h.<br />
Selbstdefinition sozialer Beziehungen durch die<br />
wechselseitige Abarbeitung der aneinander gerichteten<br />
Ansprüche und Erwartungen.<br />
3. Role-Taking: die Fähigkeit, sich in einer sozialen<br />
Interaktion in den Partner hineinzuversetzen (Empathie),<br />
sich seine Gedanken und Gefühle vorstellen zu<br />
können und diese im eigenen Rollenverhalten zu<br />
berücksichtigen.<br />
4. Ambiguitätstoleranz: die Fähigkeit, Rollenkonflikte<br />
zu erkennen und auszuhalten.<br />
5. Identitätsdarstellung: die Fähigkeit, individuelle<br />
Erwartungen und Bedürfnisse im Rollenhandeln<br />
durch Symbole (z. B.Sprache, Mimik) zu zeigen.<br />
Rollenkonflikte<br />
Ein Individuum hat in der Regel nicht nur eine Rolle,<br />
sondern mehrere Rollen inne. Es kommt häufig vor,<br />
dass sich Erwartungen, die mit verschiedenen Rollen<br />
verknüpft sind, nicht gleichzeitig erfüllen lassen. Zum<br />
Beispiel müsste ich in meiner Rolle als Schüler meine<br />
Freizeit dem Lernen für das Abitur opfern, als Freund<br />
meiner Freundin müsste ich meine Freizeit mit ihr<br />
verbringen. Da es sich hier um einen Konflikt zwischen<br />
zwei Rollen handelt, sprechen wir von einem<br />
Inter-Rollenkonflikt.<br />
Aber auch innerhalb einer Rolle können Konflikte<br />
auftreten. So erwartet die Schule von einem Lehrer<br />
ein möglichst hohes Lerntempo und ein hohes Prüfungsniveau,<br />
während sich die Schüler weniger Stoff<br />
und ein geringeres Tempo wünschen. In diesem Fall<br />
besteht ein Konflikt zwischen verschiedenen Erwartungen,<br />
die innerhalb einer Rolle wirken. Man spricht<br />
deshalb von einem Intra-Rollenkonflikt.<br />
Welche Erwartungen sind deiner Meinung nach mit<br />
der Lehrerrolle verbunden? Welche persönlichen<br />
Erwartungen hast du darüber hinaus?<br />
Welche Sanktionen stehen dir gegenüber deinen Lehrer/inne/n<br />
zur Verfügung?Welche Sanktionen stehen<br />
den Lehrer/inne/n zur Verfügung?<br />
Nenne drei komplementäre Rollenpaare.<br />
Nenne jeweils ein Beispiel für Muss-, Kann- und Soll-<br />
Erwartungen.<br />
Handelt es sich bei den Beispielen (a und b) jeweils<br />
um einen Intra- oder um einen Interrollenkonflikt?<br />
a) Ein Werkmeister steht einerseits den Forderungen<br />
der Arbeiter gegenüber, ihre Interessen zu vertreten;<br />
andererseits ist er dem Arbeitgeber gegenüber für<br />
Arbeitsdisziplin und fristgerechte Fertigstellung eines<br />
Produkts verantwortlich.<br />
b) Ein Lehrer unterrichtet in der Klasse, in der sein<br />
eigenes Kind ist. Er wird bei bestimmten Forderungen<br />
des Kindes in die Verlegenheit kommen, sie als<br />
Lehrer zurückweisen zu müssen, während er ihnen als<br />
Vater nachgeben möchte.<br />
Ein Fallbeispiel:<br />
Mein Freund Karl Heinz ruft mich an und ist sauer.<br />
„Jetzt habe ich eine Woche Landkarten studiert, weil<br />
wir zusammen wandern wollten und da schickst du<br />
mir eine E-Mail, dass du nicht mitkommen kannst,<br />
weil ihr am Freitag eine Konferenz habt. Ich kann ja<br />
verstehen, dass du nicht einfach eine Konferenz absagen<br />
kannst, aber ich habe mir extra Urlaub genommen<br />
und möchte, dass du mit mir wandern gehst. Sag<br />
doch einfach, du wärst krank!“<br />
Damit bringt er mich in eine schwierige Situation: Ich<br />
kann mir natürlich gut vorstellen, dass er nicht sehr<br />
glücklich über meine Mail war. Ich kann mir auch<br />
vorstellen, wie sehr er sich auf die Wanderung gefreut<br />
hat.<br />
Andererseits möchte ich seinen Vorschlag nicht akzeptieren.<br />
Erstens sage ich nicht gerne, dass ich krank<br />
bin, wenn es nicht stimmt und zweitens werden in<br />
dieser Konferenz Dinge besprochen, die für mich sehr<br />
wichtig sind.<br />
Ich antworte also: „Ich kann dich gut verstehen, aber<br />
ich wusste noch nichts von dem Konferenztermin, als<br />
wir die Wanderung vereinbart haben. Ich möchte die<br />
Konferenz aber nicht versäumen, das musst du verstehen.<br />
Du hast sicher recht, wenn du jetzt enttäuscht<br />
bist, aber ich erwarte von einem Freund auch Verständnis<br />
dafür, dass ich nicht einfach meine Arbeit<br />
verlassen kann. Ich schlage vor, dass wir erst nach<br />
der Konferenz starten. Dann haben wir noch das ganze<br />
Wochenende zum Wandern.<br />
Wo zeigen sich hier Inter-/Intra-Rollenkonflikte? An<br />
welcher Stelle zeigt sich Rollendistanz, Role-Taking,<br />
Role-Making, Ambiguitätstoleranz oder Identitätsdarstellung?