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Web 2.0 Neue Kommunikations - Netzwerk Medienethik

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Inhalt Editorial Schwerpunkt Perspektiven Tagungen Rezensionen Impressum<br />

Kerstin Blumberg, Wiebke Möhring & Beate Schneider<br />

Risiko und Nutzen der Informationspreisgabe in Sozialen <strong>Netzwerk</strong>en<br />

1 Einleitung<br />

Soziale <strong>Netzwerk</strong>e konnten seit ihrer Gründung Millionen<br />

von Nutzern für sich gewinnen. Dieser enorme<br />

Zuspruch geht mit einer zunehmenden Verlagerung<br />

der interpersonalen Kommunikation in das Internet<br />

einher. Dabei geben die Nutzer eine Vielzahl privater<br />

Informationen über sich preis und machen diese somit<br />

zu einem »allgegenwärtigen Bestandteil des <strong>Web</strong> <strong>2.0</strong>«<br />

(Reinecke & Trepte, 2008, S. 205). Dieser bisher ungekannte<br />

Grad an freiwilliger Selbstoffenbarung gibt<br />

Sozialen <strong>Netzwerk</strong>en Raum für die Entwicklung neuer<br />

Geschäftsmodelle wie z. B. personalisierte Werbung auf<br />

Basis der Nutzerprofile. Dadurch entsteht ein medienethisches<br />

Spannungsfeld zwischen ökonomischer und<br />

gesellschaftlicher Perspektive. Ökonomisch, da für Betreiber<br />

ein florierendes <strong>Netzwerk</strong> – welches sich vor<br />

allem durch die Anzahl seiner Mitglieder, dem regen<br />

Informationsaustausch und der Veröffentlichung einer<br />

Vielzahl personenbezogener Daten auszeichnet – die<br />

Basis für weitere wirtschaftliche Aktivitäten ist: Sie sind<br />

das Kapital der sozialen <strong>Netzwerk</strong>e und bestimmen die<br />

Wertigkeit der Werbekontakte. Gesellschaftlich hingegen<br />

kann die Informationspreisgabe für Mitglieder<br />

Gefahren mit sich bringen. Nicht immer ist transparent<br />

nachvollziehbar, wie die Betreiber der <strong>Netzwerk</strong>e<br />

mit den hinterlegten Daten verfahren, ob sie diese beispielsweise<br />

an Dritte weitergeben. Auch die Sicherheit<br />

der Daten ist in Sozialen <strong>Netzwerk</strong>en nicht gegeben,<br />

Unbefugte können sich einen illegalen Zugang (z. B.<br />

durch Hacken) zu nicht öffentlich hinterlegten Daten<br />

verschaffen. Und auch die Mitglieder selbst können die<br />

Privatsphäre anderer Mitglieder verletzen, z. B. durch erleichtertes<br />

Cyberstalking oder Cyberbullying. Trotz dieser<br />

Gefahren und obwohl zumindest einige Nutzer sehr um<br />

ihre Privatsphäre besorgt sind, veröffentlichen sie unzählige<br />

private Informationen auf ihren Profilen, was deswegen<br />

als »Privatsphäreparadoxon« charakterisiert wird (vgl.<br />

Acquisti & Gross, 2006; Dwyer, Hiltz & Passerini,<br />

2007).<br />

Diese Studie widmet sich daher der Frage, was Mitglieder<br />

dazu bewegt, private Daten über sich in Sozialen<br />

<strong>Netzwerk</strong>en preiszugeben. Diese Frage wird aus der<br />

Perspektive der Risiko-Nutzen-Abwägung gestellt und<br />

beantwortet.<br />

2 Theoretischer Bezugsrahmen<br />

Sich anderen selbst zu offenbaren und beispielsweise<br />

während eines Gesprächs Informationen über sich preiszugeben,<br />

ist eines der zentralen Elemente interpersonaler<br />

Kommunikation. Selbstoffenbarung (self-disclosure) wird<br />

von Archer (1980) als »act of revealing personal information<br />

to others« definiert (S. 183). Empirische Untersuchungen<br />

legen nahe, dass sich die computervermittelte<br />

Kommunikation und das generelle Verhalten im Internet<br />

durch einen hohen Grad an Selbstoffenbarung charakterisieren<br />

lassen, weil hier oftmals sogar mehr Informationen<br />

als bei der Face-to-Face-Kommunikation ausgetauscht<br />

werden ( Joinson, 2001, S. 178; vgl. Joinson & Paine,<br />

2007). Dabei variiert der Grad an Privatheit und Vertraulichkeit<br />

preisgegebener Informationen: Hochsensible<br />

Informationen können ein Individuum möglicherweise<br />

verwundbar oder angreifbar machen, so beispielsweise<br />

die Bekanntgabe von identifizierenden Informationen<br />

wie der Handynummer, persönlichen Unzulänglichkeiten<br />

oder sexuellen Vorlieben. Als weniger riskant können<br />

dagegen Informationen gelten, die nicht so intim sind,<br />

wie z. B. die Preisgabe des Heimatlandes.<br />

Privatsphäre und die Preisgabe von personenbezogenen<br />

Informationen stehen dabei in einem paradoxen Abhängigkeitsverhältnis<br />

zueinander. Denn Privatsphäre ist die<br />

Voraussetzung für den Preisgabeprozess: Gäbe es keine<br />

Privatsphäre, so wären alle Informationen über Personen<br />

bekannt und leicht zugänglich und bräuchten daher<br />

nicht mehr offenbart werden. Aber durch die Preisgabe<br />

von Informationen nähern sich Menschen dieser Situation<br />

an: Denn das Ausmaß der eigenen Privatsphäre<br />

nimmt mit der Offenbarung von Informationen ab.<br />

Folgerichtig ist im Internet die »Sorge um die Sicherung<br />

der eigenen Privatsphäre und den Umgang mit<br />

personenbezogenen Daten [...] für viele Menschen besonders<br />

relevant« (Reinecke & Trepte, 2008, S. 205).<br />

Und dennoch werden von den Nutzern Sozialer <strong>Netzwerk</strong>e<br />

private Informationen weitgehend unkontrolliert<br />

verbreitet, die sogar intime Einblicke in das Nutzerleben<br />

ermöglichen.

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