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Jugendschwangerschaften in Deutschland - Jugendsex Forschung

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<strong>Jugendschwangerschaften</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> Z Sexualforsch 2006; 19 341<br />

zu kommunizieren und zu verhandeln ist zudem vermutlich bildungsabhängig.<br />

– Die Kenntnis der „Pille danach“ ist nach den Erhebungen der BZgA (2006) bei<br />

den Gymnasiast<strong>in</strong>nen verbreiteter: Von ihnen kennen sie 77% gegenüber 63 %<br />

der Hauptschüler<strong>in</strong>nen. Dieser Befund wird durch unsere Daten gestützt (vgl.<br />

S. 349).<br />

Die größere Verbreitung von Teenagerschwangerschaften bei Hauptschüler<strong>in</strong>nen<br />

ist durch den früheren Beg<strong>in</strong>n sexueller Beziehungen mitbed<strong>in</strong>gt. Die größere<br />

Kenntnis der „Pille danach“ mag dazu beitragen, dass Gymnasiast<strong>in</strong>nen sie <strong>in</strong> kritischen<br />

Situationen auch häufiger anwenden. Nicht auszuschließen ist e<strong>in</strong>e etwas ger<strong>in</strong>gere<br />

Konsistenz zuverlässiger Verhütung bei Hauptschüler<strong>in</strong>nen. Diese Faktoren<br />

aber reichen nicht aus, um die gravierenden schichttypischen Unterschiede <strong>in</strong> der<br />

Prävalenz von <strong>Jugendschwangerschaften</strong> zu erklären. Man kann vermuten, dass<br />

die sexuelle Aktivität von Hauptschüler<strong>in</strong>nen nach dem ersten Verkehr womöglich<br />

konstanter und frequenter ist als die der Gymnasiast<strong>in</strong>nen. Hierzu liegen allerd<strong>in</strong>gs<br />

ke<strong>in</strong>e empirischen Daten vor.<br />

Insgesamt s<strong>in</strong>d die Unterschiede im Sexualverhalten junger Frauen verschiedener<br />

Bildungsschichten, soweit Daten darüber vorliegen, heute sehr ger<strong>in</strong>g. Wie können<br />

solche ger<strong>in</strong>gen Unterschiede so große Differenzen <strong>in</strong> der Schwangerschaftsrate<br />

hervorbr<strong>in</strong>gen? Teenager-Schwangerschaften s<strong>in</strong>d, statistisch gesehen, e<strong>in</strong><br />

sehr seltenes Ereignis (8 bis 9 von 1000 15- bis 17-Jährigen s<strong>in</strong>d jährlich davon betroffen,<br />

s. o.). Es genügen offenbar schon ger<strong>in</strong>ge Unterschiede im Sexualverhalten<br />

von Teilpopulationen, um deutliche Differenzen im H<strong>in</strong>blick auf statistisch „seltene<br />

Ereignisse“ zu erzeugen. Dies ist e<strong>in</strong> wichtiger Befund. Er verbietet generalisierende<br />

Äußerungen über die betroffenen Teilpopulationen, also etwa <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne, dass<br />

„die“ Hauptschüler<strong>in</strong>nen besonders früh anfangen oder besonders sorglos verhüten.<br />

Tab. 5 zeigt, dass m<strong>in</strong>derjährige Schwangere nicht nur im H<strong>in</strong>blick auf<br />

die Schulbildung sozial benachteiligt s<strong>in</strong>d: Von denjenigen, die ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong><br />

bildende Schule mehr besuchen, ist die Hälfte ohne Arbeit oder<br />

Ausbildungsplatz. E<strong>in</strong> verhältnismäßig hoher Anteil der Eltern ist arbeitslos.<br />

Von den Hauptschüler<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d besonders viele betroffen, sowohl<br />

im H<strong>in</strong>blick auf die eigene Arbeitssituation als auch im H<strong>in</strong>blick auf die ihrer<br />

Väter und Mütter. Die soziale Situation der Partner doppelt den Befund<br />

der sozialen Benachteiligung noch (Tab. 5): Verhältnismäßig viele von ihnen,<br />

nämlich 59%, s<strong>in</strong>d Hauptschüler, und von denen, die ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong><br />

bildende Schule mehr besuchen, s<strong>in</strong>d verhältnismäßig viele, nämlich 31%,<br />

arbeitslos oder ohne Ausbildungsplatz.<br />

Insgesamt zeigt sich: <strong>Jugendschwangerschaften</strong> s<strong>in</strong>d stark assoziiert mit<br />

sozialer Benachteiligung. Damit bestätigen wir die im britischen Regierungsbericht<br />

(Teenage Pregnancy 1999: 7; vgl. auch Peckham 1992) präsentierten<br />

Befunde, denen zufolge ger<strong>in</strong>ge Bildungschancen, soziale Deprivation<br />

und Armut das Vorkommen von Teenager-Schwangerschaften<br />

deutlich bee<strong>in</strong>flussen. Zusammenfassend heißt es dort: “Throughout the<br />

developed world, teenage pregnancy is more common amongst young<br />

people who have been disadvantaged <strong>in</strong> childhood and have poor expectations<br />

of education or the job market.” Prävention von Teenager-Schwangerschaften<br />

heißt deshalb auch, die sozialen Chancen und Perspektiven<br />

der unterprivilegierten jungen Frauen zu stärken.

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