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Anforderungen an den Vollzug stationärer Massnahmen ... - FOTRES

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<strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Vollzug</strong> <strong>stationärer</strong> <strong>Massnahmen</strong> in einer geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalt<br />

rung solcher Mindest<strong>an</strong>forderungen scheint aber wichtig –<br />

einerseits um Massnahmeklienten vor inhaltlich und formal<br />

ungenügen<strong>den</strong> stationären Therapien zu schützen, <strong>an</strong>derseits<br />

um die Gerichte nicht unnötig mit klagen<strong>den</strong> Massnahmeklienten<br />

zu belasten.<br />

Ziel des folgen<strong>den</strong> Textes ist, die Resultate der Arbeitsgruppen<br />

zu skizzieren, die für die Konzeptualisierung der<br />

in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies mit je 12 Beh<strong>an</strong>dlungsplätzen<br />

vorgesehenen <strong>Massnahmen</strong>stationen eingesetzt wur<strong>den</strong>. 2 Das<br />

hier dargestellte Konzept will für sich keine Allgemeingültigkeit<br />

be<strong>an</strong>spruchen, sondern nur als Vorschlag einer möglichen<br />

St<strong>an</strong>dardisierung verst<strong>an</strong><strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Es dürften mittelfristig<br />

bundesgerichtliche Entscheide darüber zu erwarten<br />

sein, was eine stationäre Massnahme im geschlossenen <strong>Vollzug</strong><br />

zu beinhalten hat. Es wird also <strong>an</strong> <strong>den</strong> Gerichten sein zu<br />

entschei<strong>den</strong>, in wieweit die hier beschriebenen Beh<strong>an</strong>dlungsst<strong>an</strong>dards<br />

– die bis spätestens Mitte 2009 in einer <strong>Massnahmen</strong>station<br />

innerhalb der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies umgesetzt<br />

sein sollen – <strong>den</strong> <strong>Anforderungen</strong> des Gesetzgebers genügen.<br />

2. Die drei Elemente der stationären<br />

Therapie<br />

In <strong>den</strong> meisten geschlossenen Straf<strong>an</strong>stalten der Schweiz<br />

bestehen bereits heute verschie<strong>den</strong>e Therapie<strong>an</strong>gebote unterschiedlicher<br />

Qualität und Intensität zur Durchführung<br />

gerichtlich <strong>an</strong>geordneter ambul<strong>an</strong>ter <strong>Massnahmen</strong>. Im Fall<br />

der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies wurde teilweise die Meinung geäussert,<br />

die intensive deliktorientiere Therapie, die etwa im<br />

Ambul<strong>an</strong>ten Intensiv­Programm (AIP) <strong>an</strong>geboten wurde,<br />

genüge bereits <strong>den</strong> <strong>Anforderungen</strong> des Gesetzgebers <strong>an</strong> eine<br />

stationäre Massnahme. Diese Auffassung wird hier nicht<br />

geteilt, <strong>den</strong>n bereits in der Botschaft des Bundesrates zur<br />

StGB­Revision vom 21.9.1998 wird nicht nur klar zwischen<br />

<strong>stationärer</strong> und ambul<strong>an</strong>ter Massnahme unterschie<strong>den</strong> 3 , sondern<br />

auch festgehalten, dass die stationäre Therapie deutlich<br />

mehr zu erreichen in der Lage sein muss als die ambul<strong>an</strong>te. 4<br />

Zentrales Unterscheidungskriterium zwischen ambul<strong>an</strong>ter<br />

und <strong>stationärer</strong> Massnahme ist der milieutherapeutische<br />

Ansatz der letzteren. In einer stationären therapeutischen<br />

Beh<strong>an</strong>dlung leben und arbeiten die Klienten bzw. Gef<strong>an</strong>genen<br />

zusammen und gestalten ein geführtes Zusammenleben,<br />

was sich <strong>an</strong> milieutherapeutischen Überlegungen orientiert.<br />

Die Therapie findet nicht nur isoliert in <strong>den</strong> Therapieräumen<br />

während der Therapiestunde statt, sondern gewissermassen<br />

2 Ueli Graf/Fr<strong>an</strong>k Urb<strong>an</strong>iok, Konzeptentwurf <strong>stationärer</strong><br />

<strong>Massnahmen</strong>vollzug gemäss Art. 59 Abs. 1 StGB in der Straf<strong>an</strong>stalt<br />

Pöschwies vom 16. Mai 2007.<br />

3 Vgl. Botschaft des Bundesrats zur StGB­Revision vom<br />

21.9.1998, S. 97.<br />

4 Vgl. Botschaft des Bundesrats zur StGB­Revision vom<br />

21.9.1998, S. 99.<br />

AJP/PJA 12/2008<br />

rund um die Uhr – im Wohnpavillon, am Arbeitsplatz und in<br />

Gruppen­ und Einzeltherapiestun<strong>den</strong>. Die schon heuten existieren<strong>den</strong><br />

deliktorientieren Einzel­ und Gruppentherapie<strong>an</strong>gebote<br />

der ambul<strong>an</strong>ten <strong>Massnahmen</strong> müssen also durch ein<br />

milieutherapeutisches Interventions<strong>an</strong>gebot ergänzt wer<strong>den</strong>,<br />

um <strong>den</strong> stationären Beh<strong>an</strong>dlungsaspekt der <strong>Massnahmen</strong><br />

nach Art. 59 StGB abzubil<strong>den</strong>.<br />

Somit besteht eine stationäre Therapie aus insgesamt drei<br />

Elementen:<br />

1. (intensive) deliktorientierte Beh<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>gebote möglichst<br />

im Gruppensetting<br />

2. komplementär auf die Persönlichkeit abgestimmte allgemeine<br />

psychotherapeutische Beh<strong>an</strong>dlungsinterventionen<br />

3. <strong>stationärer</strong> Beh<strong>an</strong>dlungsteil im Sinne eines systematischen<br />

milieutherapeutischen Angebots<br />

Die ersten zwei Elemente wer<strong>den</strong> schon heute in strafvollzugsbegleiten<strong>den</strong><br />

ambul<strong>an</strong>ten <strong>Massnahmen</strong> in rechtsgenügsamer<br />

Weise <strong>an</strong>geboten. Den Kern jeder deliktpräventiven<br />

Therapie bildet die Anwendung des möglichst vollständigen<br />

Spektrums delikorientierter Beh<strong>an</strong>dlungsinterventionen<br />

(1. Beh<strong>an</strong>dlungselement). Ergänzend hierzu wer<strong>den</strong><br />

allgemeine therapeutische Interventionen <strong>an</strong>gewendet, die<br />

individuell auf die jeweils fallspezifisch vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>e Persönlichkeitsproblematik<br />

eines Klienten abzielen (2. Beh<strong>an</strong>dlungselement).<br />

Im Folgen<strong>den</strong> soll nur auf das (neue)<br />

3. Beh<strong>an</strong>dlungselement, <strong>den</strong> milieutherapeutischen Ansatz,<br />

eingeg<strong>an</strong>gen wer<strong>den</strong>.<br />

3. K<strong>an</strong>n die Milieutherapie wirklich aus<br />

Art. 59 Abs. 3 StGB abgeleitet wer<strong>den</strong>?<br />

Dass der Gesetzgeber mit der stationären Therapie nach<br />

Art. 59 StGB ein Beh<strong>an</strong>dlungssetting <strong>an</strong>strebte, das intensiver<br />

und effektiver auf <strong>den</strong> Klienten einwirkt als die vollzugsbegleitende<br />

ambul<strong>an</strong>te Therapie, wurde bereits im<br />

vor<strong>an</strong>gehen<strong>den</strong> Abschnitt dargelegt. Wie k<strong>an</strong>n also diese Steigerung<br />

erreicht wer<strong>den</strong>, wenn die Dichte der Therapiestun<strong>den</strong><br />

bereits im ambul<strong>an</strong>ten Rahmen sehr hoch ist? 5 Eine weitere<br />

Steigerung der Therapiestun<strong>den</strong> im Beh<strong>an</strong>dlungszimmer<br />

käme einer qu<strong>an</strong>titativen Intensivierung der bisherigen ambul<strong>an</strong>ten<br />

Therapien gleich. Eine Erhöhung der Stun<strong>den</strong>zahl<br />

muss sich aber aus der jeweils individuellen Indikation für<br />

eine bestimmte Stun<strong>den</strong>frequenz ableiten lassen. Die Therapie<br />

bliebe auch bei einer Erhöhung der Stun<strong>den</strong>zahl ihrem<br />

Charakter nach eine ambul<strong>an</strong>te Massnahme. Gefordert ist<br />

aber eine qualitative Veränderung, um die <strong>an</strong>gestrebte «the­<br />

5 Im Ambul<strong>an</strong>ten Intensiv­Programm AIP des Psychiatrisch­Psychologischen<br />

Dienstes in der Straf<strong>an</strong>stalt Pöschwies konnten<br />

die Klienten von bis zu 14 Therapiestun<strong>den</strong> pro Woche profitieren.<br />

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