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1558 T h o m a s N o l l / U e l i G r a f / M a t t h i a s S t ü r m / F r a n k U r b a n i o k a) Delikts- und persönlichkeitszentrierte Intensivbehandlung Professionell durchgeführte forensische deliktpräventive Therapien sind, etwa aufgrund des intensiven Aktenstudiums, der kontinuierlichen Risikoeinschätzung, der notwendigen interdisziplinären Vernetzung, des Einbezugs des sozialen Empfangraums in die Therapie 11 und den bei der Therapie von dissozialen Menschen notwendigen qualitätssichernden Massnahmen 12 besonders zeitintensiv. Gemäss einer Erhebung zur Berechnung der allfallenden Kosten für den Behandlungsvollzug in der Strafanstalt Pöschwies 13 wurde pro einzel und gruppentherapeutische Sitzung eine weitere Arbeitsstunde für ergänzende therapeutische Dienstleistungen errechnet. Für die Sicherstellung des delikt und persönlichkeitsorientierten Behandlungselements ist demnach bei einer Kapazität von 8 Plätzen auf einer Wohngruppe der Massnahmenstation von einer Therapiestelle, bei 12 Plätzen von deren anderthalb und bei 24 von drei Therapeutenstellen zur Abdeckung des ausserhalb der Massnahmenstation erfolgenden delikt und persönlichkeitsorientierten Behandlungsteils auszugehen. Aufgrund zu erwartender Synergieeffekte mit bereits bestehenden Angeboten wurde dieser Ressourcenbedarf für das Projekt in der Strafanstalt Pöschwies auf zwei zusätzliche Therapeutenstellen reduziert. b) Milieutherapeutische Behandlung Der Löwenanteil der Personalressourcen ist bei der stationären Therapie für das milieutherapeutische Angebot notwendig. In der Strafanstalt Pöschwies wurde für eine Wohngruppe in der Massnahmenstation mit 12 Plätzen folgender Personalbedarf erhoben: • • • 525 Stellenprozente Aufsicht/Betreuung (25 % Abteilungsleiter, 100 % Gruppenleiter, 400 % Betreuer) 100 Stellenprozente Sozialarbeit/Sozialpädagogik 550 Stellenprozente Therapie (100 % Oberarzt/Leitender Psychologe, 100 % Psychiater/Psychologe, 350 % therapeutische Mitarbeitende). Bei 15 Plätzen in der Wohngruppe würde sich der Bedarf um 100 Stellenprozente für den Bereich Betreuung/Aufsicht und 50 Stellenprozente für den Bereich Therapie steigern, und 11 Frank Urbaniok/Matthias Stürm (2006), Das Zürcher «Ambulante IntensivProgramm» (AIP) zur Behandlung von Sexual und Gewaltstraftätern, Teil 1: Entstehungsgeschichte und methodische Grundlagen, Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie Bd. 157, S. 103–118; Teil 2: Spezifische deliktpräventive und therapeutische Konzeptionen, S. 119–133. 12 Tress/Wöller/Hartkamp/Langenbach/Ott, Persönlichkeitsstörungen – Leitlinie und Quellentext, Stuttgart 2002, S. 93– 122. 13 Vgl. «Behandlungsvollzug KSA Pöschwies: Vorschlag für eine diversifizierte Verrechnungsstruktur» vom 11.11.2006. AJP/PJA 12/2008 bei nur 8 Therapieplätzen müsste ein entsprechender Abzug erfolgen. c) Personalbedarf insgesamt Zusammenfassend ergibt sich somit bei einer Behandlungseinheit von 12 Klienten – ohne zusätzlich notwendige Ressourcen im Bereich der Administration – folgender Personalbedarf: 1175 Stellenprozente für das 3. Behandlungselement + 100 Stellenprozente für die Elemente 1 und 2 = 1275 Stellenprozente. Dies entspricht einem Stellenschlüssel von 1:1.10 zwischen Klienten und Personal. Deutlich intensiver ist das Betreuungsverhältnis in dem auf gleichem Sicherheitsniveau stattfindenden Massnahmenvollzug des Psychiatriezentrums Rheinau mit 1.85. 14 Auch in der forensischen Abteilung der Universitätsklinik Basel, die einen geringeren Sicherheitsstandard als die Strafanstalt Pöschwies aufweist, ist der Stellenschlüssel, der 1.13 beträgt, höher als in der Strafanstalt Pöschwies. 15 Mit Blick auf den Personalschlüssel wurde im Falle der Massnahmenstation in der Strafanstalt Pöschwies versucht, ein optimales Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag zu erreichen. Günstigere Kennzahlen lassen sich bei Angeboten in Strafanstalten durch die Nutzung der bereits bestehenden, auf hohe Insassenzahlen ausgelegten Infrastruktur erreichen. 5. Schlussfolgerungen Aufgrund des revidierten StGB kann seit kurzem eine deutliche Zunahme von gerichtlich angeordneten stationären Massnahmen beobachtet werden. Neu besteht gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB die Möglichkeit, diese stationären Therapien auch in geschlossenen Strafanstalten durchzuführen. Von dieser Option wird vor allem für persönlichkeitsgestörte gefährliche Straftäter oder für solche ohne eindeutig identifizierbare psychische Störungen Gebrauch gemacht. 16 Bis auf die Dauer der Massnahme äussert sich das Gesetz nicht darüber, wie diese intramuralen stationären Massnahmen ausgestaltet sein sollen, und auch Bundesgerichtsentscheide darüber stehen zurzeit noch aus. Mangels gesetzlicher und richterlicher Vorgaben wurden im Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich Richtlinien für die Durchführung der stationären Massnahmen in der Strafanstalt Pöschwies kon 14 Vgl. Antrag des Regierungsrates zur Bewilligung des Kredits für den Neubau des Sicherheitstrakt Forensik des Psychiatriezentrums Rheinau vom 14.1.2004. 15 Vgl. Antrag des Regierungsrates zur Bewilligung des Kredits für den Neubau des Sicherheitstrakt Forensik des Psychiatriezentrums Rheinau vom 14.1.2004. 16 Bei Tätern mit einer psychischen Störung im engeren Sinn, wie z. B. einer Schizophrenie, wird der Vollzug der Massnahme eher wie bisher in gesicherten Psychiatrischen Kliniken stattfinden.
Anforderungen an den Vollzug stationärer Massnahmen in einer geschlossenen Strafanstalt zeptualisiert. Dazu gehört die Definition der intramuralen stationären Therapie bei Straftätern, die im Gegensatz zur allgemeinen stationären Therapie konventioneller Klienten nicht etwa die Verbesserung der psychischen Befindlichkeit, sondern die Optimierung der Legalprognose als vorrangiges Ziel hat. Zweck der vorliegenden Arbeit war die Darstellung der Behandlungsstandards, wie sie durch die betreffende interdisziplinäre Projektgruppe des PPD und der Strafanstalt Pöschwies für stationäre Massnahmen im geschlossenen Vollzug erarbeitet wurden. Es wurde aufgezeigt, dass sich auch bei der deliktorientierten Behandlung die stationäre von der ambulanten Therapie durch den zusätzlichen Einsatz milieutherapeutischer Interventionen unterscheidet. Diese haben quasi rund um die Uhr zu erfolgen. Das maximiert die Konfrontationsdichte und erschwert Simulationen durch die Klienten, die im regulären Setting leichter möglich sind. 17 Wichtig ist weiter, dass die Milieutherapie vor allem auf der Wohngruppe und als durchgängig konzeptualisierte Teamarbeit durchgeführt wird. In den Wohngruppen sollten begleitend gruppentherapeutische Module wie soziales Kompetenz und Kreativtraining und eine regelmässige Bewohnerrunde, bei denen die Teilnahme wie auch bei allen anderen Elementen obligatorisch ist, angeboten werden. Bezüglich Personalbedarfs wird ein Stellenschlüssel von 1.10 Mitarbeitenden pro Massnahmeklient angestrebt, wobei das Verhältnis von therapeutischen Arbeitenden und Betreuer Innen/AufseherInnen (die allerdings ebenfalls milieutherapeutische Aufgaben wahrnehmen) etwa ausgeglichen ist. Sämtliche Mitarbeitenden sind zur laufenden Fort und Weiterbildung sowie zu (Team) Supervisionen verpflichtet. Die Konkretisierung dieser grobkursorisch präsentierten Grundsätze sollte flexibel und einem laufenden Optimierungsprozess unterworfen sein. Anregungen für die Verfeinerung bestehender Abläufe werden in der Regel vom Behandlungsteam ausgehen, welches nach TSBGrundsätzen 18 mit relativ grosser Autonomie ausgestattet sein sollte. 17 Man hört im Vollzug gelegentlich von ambulanten Therapieklienten, die sich vor Mitgefangenen damit brüsten, wie gut sie sich während der einzelnen Therapiestunde vor dem Therapeuten verstellt hätten. Dies ist bei einer milieutherapeutischen Überwachung von quasi 24 Stunden pro Tag kaum noch möglich. Auch die kleinsten persönlichkeitsbedingten Defizite sollten in diesem Setting früher oder später aufgedeckt werden. 18 Vgl. Kapitel 4.3. AJP/PJA 12/2008 Le CP révisé dispose à son art. 59 al. 3 que les délinquants anormaux peuvent être traités dans un établissement pénitentiaire fermé, dans la mesure où le traitement thérapeutique nécessaire y est assuré par du personnel qualifié et qu’il y a lieu de craindre que l’auteur ne s’enfuie ou ne commette de nouvelles infractions. En comparaison avec la réglementation antérieure, l’importance des mesures stationnaires est renforcée. A l’avenir, il faudra s’attendre à ce que le juge ordonne plus souvent de telles mesures. A ce jour, il n’existe cependant pas de directives dans la jurisprudence, ni d’exigences minimales figurant dans la loi en ce qui concerne les mesures stationnaires selon l’art. 59 al. 3 CP. Ce texte aborde les points essentiels à la mise en pratique de cette nouvelle forme de sanction. Il énonce un concept qui doit permettre aux personnes juridiques concernées de se familiariser avec les standards possibles d’une thérapie stationnaire en milieu fermé. (trad. LT LAWTANK, Fribourg) 1559
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