Der Wald und wir - Landeskirche
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Unter Eichen<br />
– Raum für<br />
Begegnung<br />
Foto: hmz<br />
Von Bäumen …<br />
Es gibt gewichtige Baum-Erzählungen in der Bibel. Bereits<br />
im dritten Kapitel entscheidet sich das Schicksal<br />
von Adam <strong>und</strong> Eva an den Früchten des Baumes der<br />
Erkenntnis von gut <strong>und</strong> böse. In Psalm 1 <strong>wir</strong>d ein<br />
Mensch, der sich an die Gebote Gottes hält, mit einem<br />
Baum verglichen, der am Wasser steht <strong>und</strong> dessen<br />
Früchte gedeihen. Und auch wenn ein Baum abgehauen<br />
wurde, kann aus ihm wieder ein neuer Trieb<br />
wachsen: Aus dem Baumstumpf Isais <strong>wir</strong>d ein Schössling<br />
hervorgehen <strong>und</strong> ein Spross aus seinen Wurzeln<br />
<strong>wir</strong>d Frucht tragen (Jesaja 11) – so erklärt der Prophet<br />
Jesaja seinem Volk die Hoffnung auf den Messias.<br />
Auch Jesus scheint auf seinen Wanderungen durch das<br />
Land immer wieder mit Bäumen zu tun gehabt zu haben.<br />
Mal ärgert er sich über einen Baum, der keine<br />
Früchte trägt, ein andermal rät er, einem Baum, der<br />
keine Früchte trägt, den Boden zu lockern <strong>und</strong> ihn gut<br />
zu düngen; dann, so die Hoffnung, trage er übers Jahr<br />
doch noch Früchte. Wie jeder Förster <strong>und</strong> alle Gärtnerinnen<br />
<strong>wir</strong>d auch Jesus mit den wechselnden Erfolgen<br />
seiner Arbeit konfrontiert: Schenken die Menschen<br />
seiner Botschaft vom Reich Gottes, das auf Erden beginnt,<br />
Glauben oder ist sie ihnen gleichgültig? Sicher<br />
scheint, dass das Leben Jesu in einer Holzkrippe begann<br />
<strong>und</strong> an einem Holzkreuz endete. In einer Legende<br />
wetteifern denn auch drei Bäume darum, wer<br />
von ihnen wichtiger <strong>und</strong> wertvoller sei: der erste<br />
möchte zu einer Schatztruhe werden, der zweite zu<br />
einem Segelschiff, der dritte möchte, dass man an ihm<br />
hochsieht. Und so <strong>wir</strong>d der erste Baum zur Krippe Jesu,<br />
der zweite zum Fischerboot, mit dem er auf dem See<br />
Genezareth unterwegs war, der dritte zu seinem Kreuz.<br />
Biblische Betrachtung<br />
… <strong>und</strong> von der Gastfre<strong>und</strong>schaft<br />
MAGNET Nr.5/2012 2<br />
Wie gesagt, es gibt Erzählungen in der Bibel, in denen<br />
Bäume eine gewichtige Rolle spielen. Aber meine<br />
liebste Baumgeschichte aus der Bibel ist eine Erzählung,<br />
in der der Baum eher eine beiläufige Rolle spielt.<br />
Meine liebste Baumgeschichte handelt von der Gastfre<strong>und</strong>schaft<br />
<strong>und</strong> ist nachzulesen in 1. Mose 18:<br />
Abraham wohnte bei den Eichen von Mamre. Dort<br />
erschien ihm der HERR. Abraham sass gerade in der<br />
Mittagshitze am Eingang seines Zeltes. Als er aufblickte,<br />
sah er wenige Schritte vor sich drei Männer stehen.<br />
Sofort sprang er auf, warf sich vor ihnen nieder <strong>und</strong><br />
sagte: «Mein Herr, wenn ich Gnade vor dir gef<strong>und</strong>en<br />
habe, dann geh nicht hier vorüber. Ich stehe dir zu<br />
Diensten! Man <strong>wir</strong>d euch sogleich Wasser bringen. Ihr<br />
könnt euch die Füsse waschen <strong>und</strong> es euch unter dem<br />
Baum bequem machen. Ich will inzwischen eine kleine<br />
Erfrischung holen, damit ihr euch stärken <strong>und</strong> dann<br />
euren Weg fortsetzen könnt. Abraham lief sogleich ins<br />
Zelt <strong>und</strong> sagte zu Sarah: «Schnell, nimm drei Backschüsseln<br />
von deinem feinsten Mehl, mach einen Teig<br />
<strong>und</strong> backe Fladenbrot!» Dann lief er zum Vieh, suchte<br />
ein schönes, ges<strong>und</strong>es Kalb aus <strong>und</strong> befahl dem Knecht,<br />
es zuzubereiten. Er holte süsse <strong>und</strong> saure Milch, nahm<br />
das gekochte Fleisch <strong>und</strong> trug alles hinaus unter den<br />
Baum. Mit eigener Hand bediente er seine Gäste <strong>und</strong><br />
stand dabei, während sie assen.<br />
Welch schöne Szenerie: Drei Männern lagern im<br />
Schatten unter einer Eiche <strong>und</strong> <strong>wir</strong>d von Abraham <strong>und</strong><br />
Sarah aufs Schönste umsorgt <strong>und</strong> be<strong>wir</strong>tet. Ob Abrahm<br />
<strong>und</strong> Sarah wissen, dass die Fremden Gott sind, wissen<br />
<strong>wir</strong> nicht. Aber dass in jedem Fremden Gott selber zu<br />
Gast kommen kann, wie es uraltem Glauben entspricht,<br />
dass wissen die beiden wohl schon – jedenfalls verhalten<br />
sie sich so. Und machen damit die Welt ein kleines<br />
bisschen mehr zu einem gastlichen Ort. Und das<br />
scheint mir nicht wenig zu sein, im Gegenteil, man<br />
kann es nicht hoch genug einschätzen, in einer doch<br />
allzu oft ungastlichen Welt.<br />
Noch einmal: <strong>Der</strong> Baum spielt in dieser Erzählung<br />
keine allzu bedeutende Rolle. Aber für mich ist er ein<br />
Zeichen der Gastfre<strong>und</strong>schaft – <strong>und</strong> dass Gott uns gelegentlich<br />
besuchen kommt.<br />
Sigrun Holz, Pfarrerin in Speicher