ICF-Praxisleitfaden 3 - BAR
ICF-Praxisleitfaden 3 - BAR
ICF-Praxisleitfaden 3 - BAR
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
6<br />
<strong>BAR</strong>: <strong>ICF</strong>-<strong>Praxisleitfaden</strong> 3 • 2010<br />
Vorwort<br />
Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (<strong>BAR</strong>) veröffentlichte 2006 ihren „<strong>ICF</strong>-<strong>Praxisleitfaden</strong><br />
1“, der wichtige Informationen und Grundlagen für die Vertragsärzte an der Schnittstelle<br />
zur Rehabilitation zur Verfügung stellt. Von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wird<br />
der <strong>ICF</strong>-<strong>Praxisleitfaden</strong> 1 als Basisliteratur im Rahmen des von der Rehabilitations-Richtlinie vorgesehenen<br />
Curriculums angegeben.<br />
2008 folgte der „<strong>ICF</strong>-<strong>Praxisleitfaden</strong> 2“, der sich in erster Linie an die in Rehabilitationseinrichtungen<br />
tätigen Ärzte und Therapeuten wendet.<br />
Der nun vorliegende „<strong>Praxisleitfaden</strong> 3“ möchte Krankenhausmitarbeitern in akutmedizinischen<br />
Einrichtungen Möglichkeiten aufzeigen, wie sie möglichst ohne wesentlichen Mehraufwand ihrer<br />
seit dem 01.04.2007 bestehenden Verpflichtung aus dem § 11 Abs. 4 SGB V nachkommen<br />
können. Seither ist festgeschrieben, dass Patienten Anspruch darauf haben, von Krankenhäusern<br />
auch bei der Problemlösung im Zusammenhang mit ihrer Entlassung beim Übergang in andere<br />
Versorgungsbereiche unterstützt zu werden.<br />
Im Fokus der <strong>BAR</strong> stehen in erster Linie die Aktivitäten, die für die Einleitung einer Rehabilitationsleistung<br />
notwendig sind. Insbesondere den an der Schnittstelle zur Rehabilitation (z. B. Rehabilitationszugang<br />
und -nachsorge) tätigen Mitarbeitern soll die Konzeption der Internationalen Klassifikation<br />
der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (<strong>ICF</strong>) näher gebracht werden. Der<br />
<strong>Praxisleitfaden</strong> 3 möchte die Grundlage für eine systematische und ganzheitliche Erfassung sowohl<br />
der zur Krankenhausaufnahme führenden Erkrankung, ihrer Auswirkungen als auch der für<br />
die weitere Versorgung relevanten Aspekte ermöglichen. Der Zielgruppe soll in kurzen und verständlichen<br />
Worten aufgezeigt werden, wie sie die übliche, krankheitsbezogene (bio-medizinische)<br />
Sichtweise um die psycho-soziale Komponente ergänzen kann.<br />
Die Orientierung an der <strong>ICF</strong>-Konzeption erscheint auch für die akut-medizinische Behandlung<br />
im Krankenhaus in vielen Fällen sinnvoll und hilfreich. Für diejenigen, die sich intensiver mit der<br />
Thematik auseinandersetzen möchten, verweist der <strong>Praxisleitfaden</strong> auf die jeweils ausführlicheren<br />
Passagen in den anderen <strong>ICF</strong>-Praxisleitfäden. Der <strong>Praxisleitfaden</strong> 3 soll hingegen in seiner knappen<br />
Form einen Einblick in die Bedeutung und praxisnahen Nutzungsmöglichkeiten der <strong>ICF</strong> in<br />
der akut-medizinischen Krankenhausbehandlung vermitteln. Dabei berücksichtigt er die notwendigen<br />
<strong>ICF</strong>-bezogenen Anforderungen und zeigt zukünftige Herausforderungen der weiteren Organisationsentwicklung<br />
von Akutkrankenhäusern auf.<br />
Bernd Petri Prof. Dr. med. Wolfgang Seger<br />
Geschäftsführer der Vorsitzender des Sachverständigenrates<br />
Bundesarbeitsgemeinschaft der Ärzteschaft der <strong>BAR</strong><br />
für Rehabilitation (<strong>BAR</strong>)<br />
<strong>BAR</strong>: <strong>ICF</strong>-<strong>Praxisleitfaden</strong> 3 • 2010<br />
Einleitung<br />
Der <strong>ICF</strong>-<strong>Praxisleitfaden</strong> 3 soll mit der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung<br />
und Gesundheit (<strong>ICF</strong>) vertraut machen und ihre praxisrelevante Bedeutung auch für<br />
die akutmedizinische Tätigkeit im Krankenhaus aufzeigen. Daher richtet sich die Ausarbeitung<br />
grundsätzlich an alle an der Behandlung eines Patienten beteiligten Krankenhausmitarbeiter.<br />
Der <strong>Praxisleitfaden</strong> beinhaltet eine Vielzahl von Basisinformationen und Empfehlungen, deren<br />
Umsetzungen u. a. auch Anforderungen an zertifizierte Organzentren (z. B. Brust, Prostata,<br />
Darm) darstellen. Nur bei Erfüllung auch dieser Anforderungen wird das Zertifikat erteilt. Diese<br />
Anforderungen sind in sogenannten Erhebungsbögen schriftlich fixiert und werden in jährlichen<br />
Audits überprüft. Der <strong>ICF</strong>-Leitfaden eignet sich einerseits als standardisierte Unterstützung bei<br />
der regelmäßigen Umsetzung dieser Anforderungen, andererseits kann er dabei hilfreich sein,<br />
Entscheidungsprozesse und deren Umsetzung zu dokumentieren. Auch außerhalb von zertifizierten<br />
Zentren kann durch eine Strukturierung des Behandlungsfalls nach <strong>ICF</strong>-Kriterien ein Behandlungsvorteil<br />
für alle Patienten erwartet werden.<br />
Die akutmedizinische Behandlung erfordert nicht selten die Einleitung von Leistungen zur Teilhabe<br />
und stellt somit auch die Schnittstelle zur Rehabilitation dar.<br />
Unter Leistungen zur Teilhabe werden Rehabilitationsleistungen, unterhaltssichernde und andere<br />
ergänzende Leistungen (z. B. Krankengeld, Transportkosten, Haushaltshilfe, Kinderbetreuungskosten)<br />
oder Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (z. B. Hilfsmittel, heilpädagogische<br />
Leistungen für Kinder) verstanden. Die <strong>BAR</strong> hat u. a. die Aufgabe, die o. g. Schnittstellen<br />
zu optimieren. Hierfür ist es zweckmäßig, die <strong>ICF</strong> auch im akutmedizinischen Bereich im Sinne<br />
einer „gemeinsamen Sprache“ für alle Mitarbeiter zugänglich zu machen, gleichzeitig aber auch<br />
einer damit oft befürchteten übergroßen Bürokratisierung entgegenzuwirken.<br />
Aus Sicht der Versorgungsforschung und der Gesundheitsökonomie (Kosten-Nutzen-Bewertung)<br />
ist ein Wandel in den Therapiezielen im Gang. So gewinnt die gesundheitsbezogene Lebensqualität<br />
als Outcome-Parameter ebenso wie die Bewertung von Behandlungsstrategien anhand des<br />
psychosozialen Funktionsniveaus eine immer größere Bedeutung. Die Berücksichtigung des psychosozialen<br />
Hilfebedarfs ist bereits heute schon in zunehmendem Maße Bestandteil von Zertifizierungen.<br />
K Leistungen zur Teilhabe und der Bezug zur <strong>ICF</strong><br />
Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsleistungen) können gemäß SGB IX für Personen nur dann<br />
erbracht werden, wenn deren Eingebundensein in Lebensbereiche, wie Schul-/Ausbildung, Erwerbsleben<br />
oder Selbstversorgung, krankheitsbedingt bedroht oder bereits beeinträchtigt ist.<br />
Dieser Leistungsanspruch ist mit dem Teilhabeaspekt der <strong>ICF</strong> eng verbunden. Eine rein bio-medizinische<br />
Krankheitsbetrachtung (Diagnose und Befunde) kann Leistungen zur Teilhabe sozialrechtlich<br />
allein nicht ausreichend begründen. Zusätzlich sind die Krankheitsauswirkungen vor dem individuellen<br />
Hintergrund zu berücksichtigen (bio-psycho-soziale Wechselwirkungen). Die Teilhabe<br />
muss hierdurch längerfristig beeinträchtigt oder zumindest bedroht sein.<br />
K Akutmedizinische Leistungen und der Bezug zur <strong>ICF</strong><br />
Krankenbehandlung kann gemäß SGB V stationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht<br />
werden. Im Anschluss an eine stationäre Krankenbehandlung sind nicht selten Rehabilitationsleistungen<br />
(z. B. eine Anschlussrehabilitation) erforderlich.<br />
7